6 Quantenoptik Aufgrund des Welle-Teilchen-Dualismus lässt sich Licht mit der Frequenz ν und der Wellenlänge λ mit νλ = c als elektromagnetische Welle beschreiben, oder auch als Teilchen bzw. Photon interpretieren. Dies geschieht nach Max Planck durch die Zuordnung der Energie E = hν und des Impulses p = h/λ mit E = pc. Welche Beschreibungsform im Einzelfall die geeignete ist, hängt vom beobachteten Wechselwirkungsprozess zwischen Licht und Materie ab. Die Beugungsfigur an einem Spalt z.B. ergibt sich im Wellenbild aus dem Verhältnis zwischen der Spaltbreite und der Wellenlänge des Lichtes, das in der Größenordnung von eins liegen muss. Bei der Registrierung des Lichtes im Detektor, dessen Durchmesser der Eintrittsöffnung groß ist im Vergleich zur Wellenlänge, ist dagegen das Teilchenbild anzuwenden, denn es werden die Energie E und der Impuls p gemessen. Trifft eine elektromagnetische Welle mit dem elektrischen Feld E z.B. auf einen Kristall, so wirkt auf jedes einzelne Kristallelektron die Kraft −e0 E. Da die elektronischen Energieniveaus nach der Quantenmechanik gebundener Atome gequantelt sind, muss die elektromagnetische Welle wie auch bei isolierten Atomen in quantisierter Form behandelt werden, wie sich das aus dem Kombinationsprinzip von Ritz bei den atomaren Spektren ergibt. Energieband bei Metallen Die elektronischen Energieniveaus in periodischen Kristallen liegen aber beliebig dicht beieinander, d.h. E(k) sie sind praktisch kontinuierlich in Energiebändern angeordnet. Beträgt nun die Frequenz der elektromagnetischen Welle z.B. ν = 50Hz, so ist E = hν = 2·10−13 eV und λ = c/ν = 6 · 106 m. Im sogenannten elektrotechnischen Bereich liegt das außerhalb der Messgenauigkeit, EF sodass Intrabandübergänge entstehen und die elektromagnetische Welle als klassisches, nicht quantisiertes Feld beschrieben werden kann. Die Elektronen können aus besetzten Niveaus dicht unterhalb der Fermi-Energie EF durch das elektrische ∆k k Feld der Welle in dicht darüber liegende unbesetzte gelangen. Nach der klassischen Mechanik ist die Impulsänderung h̄∆k = −e0 E∆t in der Zeit ∆t, und man erhält im Rahmen der klassischen Mechanik d h̄k = −e0 E. dt Das elektronische Spektrum der Kristalle enthält auch Energielücken im optischen Bereich wie bei Atomen und Molekülen, die zur Interpretation auch die Quantennatur des Lichtes erfordern. Diese Interbandübergänge gehorchen in erster Näherung der k-Auswahlregel. Liegt ein solcher Übergang im sichtbaren Bereich, führt das bei Metallen zur Einfärbung der glänzenden Oberfläche. E(k) E(k) EF Eg EF 0 k Γ Interbandübergang bei Halbleitern X Interbandübergang bei Kupfer K k Außerdem kann Licht bei der Photoemission ein Elektron vom Valenzband aus dem Kristall hinausbefördern. Die Energie des Photons entspricht dabei der Energie E(k) eines Valenzbandes plus der Austrittsarbeit an der Oberfläche und der kinetischen Energie des Elektrons außerhalb. Ferner können durch Licht auch Exzitonen erzeugt werden, also Anregungen in Mehrelektronenniveaus aufgrund von Elektron-Loch-Wechselwirkungen in Halbleitern. E(k) E(k) b N k Eg Ex EF c b Photoemission N: Nullpunkt der mikroskopischen Energie 0 k Die Exziton-Anregungsenergie Ex ist kleiner als die Bandlücke Eg 6.1 Elektron-Photon-Wechselwirkung Bei der Wechselwirkung der quantisierten elektromagnetischen Wellen, also der Photonen, mit freien oder gebundenen Atomen geht man von der Lorentz-Kraft aus, die die elektromagnetischen Felder E und B auf die als geladene Massenpunkte idealisierten Elektronen ausüben. Im Rahmen der klassischen Mechanik bewegt sich eine Punktladung der Masse m und der Ladung e auf einer Bahnkurve r(t), die bei gegebenen E und B durch die Lorentz-Kraft mr̈ = e(E + ṙ × B) bestimmt ist. Die Ladungen und Ströme, die die Felder E und B erzeugen, seien vom Ort der untersuchten Materie weit entfernt, sodass hier nur die Ladungen und Ströme der betrachteten Punktladungen eine Rolle spielen. Wir verwenden die elektrodynamischen Potenziale A und φ mit B = ∇ × A und E = −Ȧ − ∇φ in Strahlungseichung mit φ = 0 und ∇ · A = 0 also B = ∇ × A und E = −Ȧ. Im nichtrelativistischen Fall ergibt sich dann die Bahnkurve r(t) aus der Lagrange-Funktion L(r, ṙ) = m 2 ṙ + eṙ · A und den Euler-Lagrange-Gleichungen 2 Der zu r kanonisch konjugierte Impuls ist p = d ∂L ∂L − = 0. dt ∂ ṙ ∂r ∂L = mṙ + eA und die Hamilton-Funktion ist ∂ ṙ H(r, p) = ṙ · p − L(r, ṙ) = mṙ2 + eṙ · A − 2 m 1 m 2 p − eA . ṙ − eṙ · A = ṙ2 = 2 2 2m Geht man davon aus, dass sich die Elektronen bzw. die Atomkerne in einem effektiven Einteilchenpotenzial v(r) bewegen, das von der umgebenden Materie verursacht wird, so lautet die EinelektronenEnergiefunktion mit der Elektronenmasse me 2 1 p − eA + v(r). H= 2me h̄ Beim Übergang zur Quantenmechanik ist der Impulsoperator p = ∇ einzusetzen und die Energie der i freien elektromagnetischen Felder hinzuzufügen. Der Energie-Operator beschreibt dann das Elektron, die elektromagnetische Strahlung und die Wechselwirkung zwischen beiden Z 2 1 1 2 3 1 h̄ 2 ∇ − eA + v(r) + ε0 E + B dr H= 2me i 2 µ0 Z 2 i 1 h 1 1 h̄ 2 2 ∇ − eA + v(r) + ε0 Ȧ + = (∇ × A) d3r. 2me i 2 µ0 Vernachlässigt man den kleinen Term mit A2 , so erhält man wegen ∇ · A = 0 für den gemischten Term ↓ 1 h̄ 1 h̄ eh̄ − e (∇ · A + A · ∇) = − e (A · ∇ + ∇· A +A · ∇) = − A · ∇, 2me i 2me i ime wobei der Pfeil auf dem Term ∇ · A anzeigt, dass der Operator ∇ nur das A differenziert, und es folgt h̄2 H =− ∆ + v(r) 2me {z } | Kristallelektron − eh̄ A·∇ ime | {z } Elektron-Licht-WW + 1 2 | Z h i 1 2 (∇ × A) d3r ε0 Ȧ + µ0 {z } 2 freies Strahlungsfeld ein Einelektronen-Energieoperator aus drei Teilen, mit einem Teil HKE des Kristallelektrons, einem Teil HEL der Elektron-Licht-Wechselwirkung und einem Teil HL des freien Strahlungsfeldes. Der Übergang zu dem Vielelektronensystem und einem quantisierten Strahlungsfeld ist nun mit dem Teilchenzahlformalismus einfach. Wir schreiben den Operator im Fock-Raum der Elektronen und Photonen Ĥ = ĤKE + ĤEL + ĤL mit dem Operator der Kristallelektronen und den Teilchenzahloperatoren a+ nk , ank der Bloch-Zustände ĤKE = BZ XX n En (k)a+ nk ank k 1 exp {ik · r} un (k, r), mit |nki = ψn (k, r) = √ 3 N dem Operator des freien Strahlungsfeldes mit den Teilchenzahloperatoren der Photonen c+ j (q), cj (q) ĤL = 2 X X j=1 q 1 + hνj (q) cj (q, t)cj (q, t) + 1 2 und dem Operator der Elektron-Photon-Wechselwirkung mit dem Operator  des Vektorpotenzials s 2 X h 1 X eh̄ 1 h̄ √ √ exp {iq · r} uj (q) · ∇cj (q, t) HEL = − ime 2 j=1 q 2πε0 νj (q) V i 1 + + √ exp {−iq · r} uj (q) · ∇cj (q, t) . V Dieser Operator ist zunächst nur für die Photonen ein Teilchenzahloperator, in Bezug auf die Elektronen aber ein Einelektronenoperator. Er lässt sich jedoch nach Abschn. 1.2 direkt in einen Fock-Operator mit den Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren der Bloch-Zustände a+ nk , ank umschreiben XX Elekt Ĥ = hnk|H Elekt |n′ k′ ia+ nk an′ k′ , n,k n′ ,k′ und man erhält für den Fock-Operator ĤEL i X X Xh + + + ′ ′ ′ ′ = M (n, k; n , k ; j, q)ank an′ k′ cj (q, t) + M (n, k; n , k ; j, −q)ank an′ k′ cj (q, t) n,k n′ ,k′ j,q mit dem Übergangsmatrixelement zwischen den Bloch-Zuständen |nki = ψn (k, r) eh̄ 1 √ M (n, k; n , k ; j, q) = − ime 2 ′ ′ s ′ ′ 1 h̄ nk √ exp {iq · r} uj (q) · ∇n k . 2πε0 νj (q) V Hier bezeichnen also a+ nk und ank die Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperatoren für ein Elektron im Bloch-Zustand ψn (k, r) mit der Energie En (k) und c+ j (q, t) bzw. cj (q, t) die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren für ein Photon der Energie hνj (q) mit dem Impuls h̄q und der Dispersionsbeziehung 2πνj (q) = v|q|, wobei v die Lichtgeschwindigleit im Medium bezeichnet. Die Vektoren uj (q) mit q · uj (q) = 0 geben die Amplituden und die Polarisation senkrecht zum Wellenvektor q an. Zur Veranschaulichung betrachten wir einen Laserstrahl, der von einem Resonator erzeugt wird, und der aus einzelnen diskreten Linien, den sogenannten Moden besteht. Seien n1 , n2 , . . . die Besetzungszahlen der Bloch-Zustände und l1 , l2 . . . die der Photonenzustände, so sind die Teilchenzahlzustände für den Operator Ĥ = ĤKE + ĤEL + ĤL durch |nli = |n1 n2 . . . l1 l2 . . .i ˙ ˆ zu gegeben. Der Erwartungswert der elektrischen Feldstärke berechnet sich wegen Ê = − = − 1ε ~π ˆ nli = 0, hÊi = hnl|Ê|nli = hnl − 1ε ~π ˆ nur einzelne Photonenzahloperatoren mit hnl|c (q, t)|nli = 0 = hnl|c+ (q, t)|nli weil der Operator ~π j j enthält. Jedoch ergibt sich für die Streuung bei der Messung der elektrischen Feldstärke (∆Ê)2 = nl(Ê − hÊi1 )2 nl = nlhÊ2 i − hÊi2 nl = nlhÊ2 inl . Der Ausdruck ist für jede einzelne Mode proportional zu 2lν + 1 mit lν = 0, 1, 2, . . ., also von Null verschieden, wie auch beim eindimensionalen harmonischen Oszillator. Wir setzen voraus, dass der Operator der Wechselwirkung zwischen Elektronen und dem Licht ĤEL nur eine kleine Störung des durch den Operator Ĥ0 = ĤKE + ĤL beschriebenen ungestörten Systems verursacht. Er kann dann mit der zeitabhängigen Störungsthoerie berücksichtigt werden, und die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit für einen Übergang vom Anfangszustand |ai in einen Endzustand |ei von Ĥ0 lässt sich mit der Goldenen Regel der Quantenmechanik berechnen Wae 2 2π ′ ′ = . . . Nnk . . . ; . . . Mjq . . . ĤEL . . . Nnk . . . ; . . . Mjq . . . δ |Ea − Ee | , h̄ wobei Ea den Energieeigenwert zum Anfangszustand |ai = | . . . Nnk . . . ; . . . Mjq . . .i von Ĥ0 und Ee ′ ′ den Energieeigenwert zum Endzustand von Ĥ0 |ei = | . . . Nnk . . . ; . . . Mjq . . .i bezeichnen, mit den Besetzungszahlen Nnk für die Bloch-Zustände und Mjq für die Photonen. Wir gehen davon aus, dass reichlich Licht eingestrahlt wird, so dass sich das Photonenreservoir durch einen Absorptions- oder Emissionsprozess praktisch nicht verändert. Setzt man den Elektron-Licht-Wechselwirkungsoperator ĤEL i X X Xh + + + ′ ′ ′ ′ = M (n, k; n , k ; j, q)ank an′ k′ cj (q, t) + M (n, k; n , k ; j, −q)ank an′ k′ cj (q, t) n,k n′ ,k′ j,q ein, so zeigt sich, dass die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit Wae nur im Falle k′ = k nicht verschwindet. Im Bändermodell der Kristalle sind dadurch nur senkrechte Übergänge möglich, was auch als k-Auswahlregel bezeichnet wird. Der Operator ĤEL ist eine Linearkombination zweier Elementarprozesse die durch die Operatoren + + a+ nk an′ k′ cj (q, t) und ank an′ k′ cj (q, t) beschrieben werden, und deren Übergangswahrscheinlichkeiten aus Wae zu bestimmen sind. Der erste Term beschreibt den Absorptionsvorgang eines Photons mit der Energie hν mit der Anregung eines Elektrons vom Valenzband EV (k) ins Leitungsband EL (k) EL (k′ ) hνj (q) EV (k) e− e− a+ Lk′ aV k cj (q, t) EL (k′ ) oder hν EV (k) Aus der Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit Wae ergeben sich dann die Erhaltungssätze Energiesatz EV (k) + hνj (q) = EL (k′ ) und Impulssatz h̄k + h̄q = h̄k′ ≈ h̄k. Der andere Term beschreibt entsprechend den Emissionsvorgang eines Photons der Energie hν durch Übergang eines Elektrons aus dem Leitungsband EL (k) in das Valenzband EV (k) hνj (q) EL (k) e EL (k) + a+ V k′ aLk cj (q, t) − e − oder EV (k′ ) hν EV (k′ ) mit den Erhaltungssätzen Energiesatz EL (k) = EV (k′ ) + hνj (q) und Impulssatz h̄k = h̄k′ + h̄q ≈ h̄k′ .