M1 – Kurs 03435: Psychologie und kulturelle Vielfalt (SS 2016) Von: Anne Schmidt Stand: 23.04.2016 Kapitel 2 – Diversität und kultureller Einfluss Kapitel 2.1. Was ist Diversität? - Bedeutungen - Kennzeichen eines sozialen Systems (bezeichnet u.a. ein Land, eine Stadt, eine Organisation, eine Arbeitsgruppe, ein Markt für ein bestimmtes Produkt, eine Vertriebsstruktur und vieles mehr) Loden und Rosener (1991): bezeichnet auch das Anderssein im Hinblick auf verschiedene historisch-kulturell bestimmte Dimensionen „ … age differences, race, gender, physical ability, sexual orientation, religion and language. Diversity in terms of background, professional experience, skills and specialisation, values and culture, as well as social class, is a prevailing pattern” Primäre Dimension angeboren und/oder unveränderbar, kontinuierlichen Einfluss auf sein Selbstbild und seine Beziehungen zu anderen Menschen Ethnizität, Geschlecht und sexuelle Orientierung Sekundäre Dimension Werden erworben oder veränderbar, weniger Einfluss als primäre Dimensionen Ausbildung, Wohnort, sozialer Status, Familienstand, religiöse Überzeugungen, Berufsstand und Lebenserfahrung Daniels und Macdonald (2005) teilen Diversität in drei Aspekte social category diversity: Unterschiede bezüglich soziodemografischer Faktoren wie Alter oder Ethnizität (analog zur primären Diversitätsdimension) informational diversity: Unterschiede bezüglich Hintergrundvariablen wie Ausbildung und Wissen (analog zur sekundären Diversitätsdimension) NEU: Wertedimension value diversity: Unterschiede bezüglich Überzeugungen, Einstellungen und Werten Kulturelle Werte Cultural values “principles or qualities that a group of people will tend to see as good or right or worthwhile” - Intensität der Überzeugungen) & Valenz der Einstellung (Pos/neg) der sind individuelle Leitlinien für eigenen Werte - Nach einer Studie von Schwartz folgende Wertedimensionen: Harmonie, Eingebundenheit, Hierarchie, Egaliatrismus, intellektuelle Autonomie, emotionale Autonomie und Macht. (Schwartz, 1994) - Je größer die eigene Überzeugungen (beliefs), desto stärker die Intensität - Einstellung (attitude) subjeketive Wahrnehmung = wird alles durch übergeordnete kulturelle Wertvorstellungen und soziale Normen beeinflusst Kapitel 2.2. Kultureller Einfluss Begriff „Kultur“ Für diesen Kurs (1) Kultur wird sozial vermittelt und sie ist daher relativ zeitstabil. (2) Kultur bezieht sich auf soziale Fabrikationen - sozial geteilte Überzeugungen, Werte, Praktiken, Ideen und Gewohnheiten. M1 – Kurs 03435: Psychologie und kulturelle Vielfalt (SS 2016) Von: Anne Schmidt Stand: 23.04.2016 Unterscheidungsdimensionen - Individualismus: steht das Individuum und dessen Unabhängigkeit im Mittelpunkt dieser Weltanschauung - Erfüllung persönlicher Ziele, persönliche Distinktheit und persönliche Kontrolle Anglo-amerikanische Kulturen, nordeuropäische und zentraleuropäische Kulturen - Kollektivismus: die Beziehung des Individuums zur Gruppe und die sich daraus ergebenden sozialen Verpflichtungen in den Mittelpunkt stellt konfuzianisch-asiatische, sub-sahara-afrikanische oder arabische Kulturen Attributionsstil Oyserman et al. (2002) Modell - die Art und Weise, wie sie eigenes Verhalten und das Verhalten anderer Personen intuitiv erklären Wie genau menschliches Verhalten, Denken und Fühlen durch Kultur beeinflusst wird - funktionale Perspektive auf Kultur - "... [an] insight into how to be a person in the world, what makes for a good life, how to interact with others, and which aspects of situations require attention and processing capacity.” 1. 2. 3. 4. die distale Ebene (die Gesellschaft) die proximale Ebene (Werte vermittelnde Institutionen) die individuelle Ebene (Denken, Fühlen und Handeln des Individuums) die situationale Ebene (spezifische soziale und kulturelle Situationen) Dem Modell zufolge basiert die Entwicklung einer Kultur auf der evolutionären Anforderung, Lösungen für die drei grundlegenden Herausforderungen des Überlebens zu finden: die Eigengruppe über die Zeit aufrechtzuhalten und zu schützen, soziale Beziehungen zu organisieren und individuellen Wohlstand zu erlangen (Schwartz, 1992) M1 – Kurs 03435: Psychologie und kulturelle Vielfalt (SS 2016) Von: Anne Schmidt Stand: 23.04.2016 Kapitel 2.3. Gruppenzugehörigkeit und soziale Identität Begriff „Selbst“ nach Tajfel & Turner - - - Zwei Gründe: Einfluss von Kultur auf individuelles Erleben und Verhalten oft auch als Identität bezeichnet Unterscheidung zweier Selbstdefinition im Sinne personaler (oder auch individueller) Identität : einzigartiges und unverwechselbares Individuum, die auf der Differenzierung der eigenen Person von anderen Personen beruht („ich“ versus „ihr“) Selbstdefinition im Sinne sozialer (oder auch kollektiver) Identität: als austauschbares Gruppenmitglied, die auf der Wahrnehmung von sozial relevanten Ähnlichkeiten innerhalb der Eigengruppe bzw. Unterschieden zwischen Eigen- und Fremdgruppe beruht („wir“ versus „sie“) psychologische Zustände von Individuen (1) die Selbst-Definition führt im Sinne sozialer Identität dazu, dass Werte, Normen und Standards, die die kulturelle oder soziale Eigengruppe definieren (und von relevanten Fremdgruppen abgrenzen), in die eigene Selbstdefinition aufgenommen werden. (Internationalisierung) (2) die Gruppenzugehörigkeit einer Person hat unmittelbare Auswirkungen auf ihr Selbstwertgefühl. Menschen streben grundsätzlich nach einer positiven sozialen Identität. Laut Dorsch: Ziel ist es, viele positive Vergleiche auf möglichst vielen selbstwertrelevanten Dimensionen zu finden, auf denen man selbst und in der Gruppe gut abschneidet > positive soziale Identität! Positive Distinktheit Positive Abgrenzung der Eigengruppe von der Fremdgruppe: - direkter sozialer Wettbewerb oder Abwertung der Fremdgruppe - „soziale Kreativität“ neue Vergleichsdimensionen werden eingeführt, auf der man besser abschneidet als die Fremdgruppe - Legitimität, Stabilität des Intergruppenstatus und die Durchlässigkeit der Gruppengrenzen - Stärke der Identifikation mit der Eigengruppe (Identitätsmanagement) Strategien Für welche hängt von ihrer Wahrnehmung bestimmter soziostruktureller Charakteristika der Intergruppenbeziehung ab‼! Selbstwertgefühl bei sozialen Minoritäten - niedriger Status, weniger Macht und erschwerten Zugang zur Ressourcen/Bildungsmöglichkeiten - aus psychologischer Sicht stehen Angehörige sozialer Minoritäten in besonderem Maße vor der Aufgabe des Umgangs mit einer „negativen sozialen Identität" - ABER: Angehörige statusniedriger Gruppen, einschließlich Menschen mit Behinderung oder gesichtsentstellte Personen, haben häufig ein starkes Selbstwertgefühl ausgeprägt zurückzuführen, dass Angehörigen statusniedriger Gruppen eine ganze Reihe von sozialen und psychologischen Bewältigungsstrategien zur Verfügung stehen, um mit den negativen Konsequenzen der Gruppenmitgliedschaft umzugehen