Aus der Abteilung für Psychiatrie und Psychosomatik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. Topiramat und Sibutramin in der Behandlung psychopharmakainduzierter Adipositas INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. Vorgelegt: 2004 von: Marie-Christine Strobl geboren in: Memmingen Dekan: Prof. Dr.Zentner 1. Gutachter: Prof. Dr. Dr. J. Walden 2. Gutachter: Prof. Dr. Th. Feuerstein Jahr der Promotion: 2004 1 Inhaltsverzeichnis A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 1. Einleitung 1.1 Allgemeine Einleitung: Bipolare Störung 7 1.1.1 Epidemiologie 7 1.1.2 Klassifizierung 7 1.1.3 Pathogenese 8 1.1.4 Behandlungsstrategien: Psychopharmaka, Psychotherapie 8 1.2 Spezielle Einleitung: Adipositas und gewichtsassoziierte Begleiterkrankungen 10 1.2.1 Definition der Adipositas 10 1.2.2 Pathogenese 12 1.2.2.1 Genetische Veranlagung 12 1.2.2.2 Psychosomatische Hypothesen 12 1.2.3 Adipositas und assoziierte Erkrankungen 12 1.2.4 Ökonomische Bedeutung 14 1.2.5 Adipositas bei psychiatrischen Patienten 14 2. Methodik der Literaturrecherche 15 3. Ergebnisse der Literaturrecherche 16 3.1 Psychopharmakainduzierte Adipositas 16 3.1.1 16 Gewichtszunahme unter Antidepressiva 3.1.1.1 Trizyklika 16 3.1.1.2 Tetrazyklika 18 3.1.1.3 Atypische Antidepressiva 18 3.1.1.4 Selektive Serotonin Reuptake Inhibitoren 19 3.1.1.5 Monoamin-Oxidase-Hemmer 20 3.1.1.6 Neuere Antidepressiva 20 3.1.1.7 Kombinationstherapien 22 3.1.2 Gewichtszunahme unter Neuroleptika 22 3.1.2.1 Antipsychotika ohne gewichtsinduzierendes Potential 23 3.1.2.2 Klassische Neuroleptika 23 3.1.2.3 Atypische Antipsychotika 25 2 3.1.3 Inhaltsverzeichnis Gewichtszunahme unter Stimmungsstabilisierern 30 3.1.3.1 Lithium 30 3.1.3.2 Valproat 31 3.1.3.3 Carbamazepin 31 3.1.3.4 Lamotrigin 32 3.1.3.5 Neuere Antiepileptika 32 3.2 Gewichtszunahme bei bipolarer und schizoaffektiver Störung 32 3.2.1 Prävalenz von Adipositas bei der Bipolaren Störung 32 3.2.2 Pathogenese der Adipositas bei Bipolaren Störungen 33 3.2.2.1 Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme bei Bipolaren Störungen 33 3.2.2.2 Gewichtszunahme unter Antidepressiva 33 3.2.2.3 Neuroleptikainduzierte Gewichtszunahme 34 3.2.2.4 Gewichtszunahme unter Stimmungsstabilisierern 34 3.3 Pathogenese der Gewichtszunahme unter Psychopharmaka 35 3.3.1 Energieaufnahme und Verbrauch 35 3.3.2 Histamin-Antagonismus 36 3.3.3 Anticholinerge Wirkungen 36 3.3.4 Serotonin-Antagnosimus 37 3.3.5 Dopaminrezeptoren 37 3.3.6 GABA und Glutamat 37 3.3.7 Andere Hypothesen 38 3.3.7.1 Genetische Veranlagung 38 3.3.7.2 Hormoneller Einfluss 38 3.3.7.3 Stoffwechseländerungen 38 3.3.7.4 Nikotinentwöhnung 40 3.3.7.5 Wasser- und Elektrolythaushalt 41 3.4 Risikofaktoren der Gewichtszunahme unter Psychopharmaka 41 3.4.1 41 Substanzspezifische Einflussfaktoren der Gewichtszunahme 3.4.1.1 Medikamentendosis 41 3.4.1.2 „Clinical Improvement“ 42 3.4.2 43 Individuelle Risikofaktoren der Gewichtszunahme 3.4.2.1 Antidepressiva 43 3.4.2.2 Antipsychotika 44 3.4.2.3 Stimmungsstabilisierer 45 3 Inhaltsverzeichnis 3.5 Compliance bei der Psychopharmakabehandlung 45 3.5.1 Antidepressiva 46 3.5.2 Antipsychotika 46 3.5.3 Stimmungsstabilisierer 46 Tabelle 2-4: Gewichtszunahme unter Antidepressiva, Antipsychotika, Stimmungsstabilisierern 47 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 61 1. Einleitung 61 1.1 Pharmakologische Gewichtsreduktion 61 1.2 Grenzen der Pharmakotherapie 63 1.2.1 Adipositas und Komorbiditäten 63 1.2.2 Zeitliche Limitierung 64 1.2.3 „Jojoeffekt“ 64 1.2.4 Metabolische Adaptationen 64 1.3 Alternativen zur Pharmakologischen Adipositasbehandlung 64 1.3.1 Diät 65 1.3.2 Verhaltenstherapie 65 1.3.3 Körperliche Aktivität 65 1.3.4 Chirurgische Therapiemöglichkeiten 65 1.3.5 Kombinationsbehandlungen 66 1.4 Compliance bei der Adipositasbehandlung 66 1.5 Sibutramin und Topiramat in der Behandlung psychopharmakainduzierter Gewichtszunahme 67 1.6 Fragestellungen der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 68 2. Methodik 69 2.1 Rekrutierung 69 2.2 Einschluss und Ausschlusskriterien 69 4 Inhaltsverzeichnis 2.3 Titrationsschema 70 2.3.1 Topiramat 71 2.3.2 Sibutramin 71 2.4 Zielvariablen 71 2.4.1 Primäre Zielvariablen 71 2.4.2 Sekundäre Zielvariablen 71 2.4.3 Tertiäre Zielvariablen 72 2.5 Untersuchungsraster und Untersuchungsinstrumente 72 2.6 Apparative und Laboruntersuchungen 74 2.7 Vorstellung des Patientenkollektivs 74 2.8 Untersuchungszentren und ethische Aspekte 74 2.9 Statistische Auswertung 75 3. Ergebnisse 76 3.1 Primärvariablen Gewicht und BMI: deskriptive Statistik 76 3.2 Interferenzstatistik bezüglich Medikation und Gewicht 84 3.3 Beurteilung der sekundären Variablen: Taillen-Hüft-Verhältnis und Stimmung 86 3.4 Tertiäre Parameter 87 3.4.1 Analogskalen zu Sättigungsgefühl und Appetit 87 3.4.2 Komorbiditäten 87 3.5 Sonstige Daten 88 3.5.1 Gewichtsanamnese 88 3.5.2 Patientenbefragung zur Gewichtszunahme unter Psychopharmaka 89 3.5.3 Gewicht und psychische, soziale, berufliche und körperliche Beeinträchtigung 90 3.6 Nebenwirkungen 90 5 Inhaltsverzeichnis C) Diskussion 92 1. Vorbemerkung 92 2. Kritische Bewertung der Gewichtsstudien 92 3. Daten zur Bipolaren Störung 93 4. Zusammenfassung der Ergebnisse der Literaturrecherche 93 5. Zusammenfassung der Daten der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 94 6. Vergleich der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie mit anderen Studiendaten 95 6.1 Topiramat 95 6.2 Sibutramin 96 7. Grenzen der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie und Fehlerbetrachtung 98 7.1 Objektivität, Validität und Reliabilität der erfassten Daten 98 7.2 Einschränkungen durch das Studienkonzept 99 8. Fazit 99 9. Ausblick 100 D) Zusammenfassung 102 E) Literaturverzeichnis 103 F) Curriculum vitae 137 G) Anhang • Patienteninformation, Studienprotokoll • Gewichtsfragebogen 1+2, Analogskala für Sättigung und Appetit • Fachinformation Topiramat (Topamax) und Sibutramin (Reductil) 6 Inhaltsverzeichnis Exkurs Topiramat I 1. Historie I 2. Pharmakodynamik I 2.2 2.2 I II Epilepsiebehandlung Gewichtsreduktion 3. Pharmakokinetik II 4. Wechselwirkungen III 4.1 4.2 4.3 III IV V Wechselwirkungen mit Antikonvulsiva Wechselwirkungen mit oralen Kontrazeptiva Weitere Wechselwirkungen 5. Indikationen und Wirksamkeit V 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 V V VII VIII VIII IX Epilepsie Stimmungsstabilisierung Gewichtsreduktion Gewichtsassoziierte Komorbiditäten Tierversuchsmodell Andere Indikationen 6. Kontraindikationen und Nebenwirkungen X Tabelle Exkurs Topiramat XII Exkurs Sibutramin XIV 1. Historie XIV 2. Pharmakodynamik XV 3. Wechselwirkungen XVII 4. Pharmakokinetik XVII 5. Indikationen und Wirksamkeit XVIII 5.1 XVIII 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 Adipositas Therapieindikation Kurzzeitstudien Langzeitstudien Therapieleitlinien Diabetes Mellitus Typ II Arterielle Hypertonie Dyslipidämie Hyperurikämie Viszerale Fettgewebsmasse XVIII XIX XX XX XXI XXI XXII XXII XXII 6. Kontraindikationen und Nebenwirkungen XXIII Tabelle Exkurs Sibutramin XXVI 7 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 1. Einleitung 1.1 Allgemeine Einleitung: Bipolare Störung 1.1.1 Epidemiologie Die bipolare Störung ist eine ernsthafte, unter Umständen vital bedrohlich, episodenhaft verlaufende Erkrankung. Die Krankheitsinzidenz beträgt 1.3 % (Schatzberg AF 1998). Dabei beträgt der Anteil der Bipolar I Störung 0.8 %. Weitere 0.5 % entfallen auf die Bipolar II Erkrankung. Beide Geschlechter sind etwa gleich häufig betroffen. Der Anteil an Frauen ist jedoch bei Rapid Cycling und der Bipolar II Störung höher. Die Erkrankung tritt häufig bereits in jugendlichem Alter auf. Etwa 75 % der Patienten erleiden eine erste Krankheitsepisode bis zum 25. Lebensjahr. Das Auftreten in höherem Lebensalter hat häufig internistische, meist endokrinologische oder neurologische Erkrankungen, zur Ursache. Erfahrungsgemäss erfolgt die Diagnosestellung der Bipolar affektiven Störung oft verzögert. So sind nach 10 Jahren erst etwa die Hälfte der Betroffenen in medizinischer Behandlung (Ghaemi N 2000). Die Patienten sind insbesondere in depressiven Phasen und während gemischter, dysphorischer Manien von Suizidalität bedroht. Die Suizidrate liegt nach Angaben einer schottischen Studie um das 23fache höher als im Bevölkerungsdurchschnitt. Es besteht darüber hinaus eine hohe Komorbiditätsrate: Substanzmissbrauch, Panik- und Zwangsstörungen sind bei bipolar affektiven Patienten besonders häufig (nach Walden J, Grunze H 2000). 1.1.2 Klassifizierung Die Manie charakterisiert die Bipolar I Störung und äußert sich durch stimmungsgehobenes, expansivimpulsives und irritierbares Verhalten welches die berufliche Leistungsfähigkeit und die sozialen wie beruflichen Aktivitäten beeinträchtigt. Nebenkriterien sind das Auftreten von gesteigertem Selbstwertgefühl und Größenwahn, Rededrang, Ideenflucht, Ablenkbarkeit, ein vermindertes Schlafbedürfnis sowie eine gesteigerte psychomotorische Aktivität. Zur Diagnostik einer manischen Episode ist es erforderlich, dass genannte Symptome über mindestens eine Woche andauern und, laut DSM IV, nicht durch andere Erkrankungen oder die Einnahme von Drogen ausgelöst sind. Die Hypomanie zeichnet sich durch eine mildere Symptomatik aus, die mindestens vier Tage anhält. 8 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Treten hypomanische Episoden ohne das Vorangehen einer Manie auf, und wechseln diese mit depressiven Episoden ab, so spricht man von einer Bipolar II Störung. Bei 30 bis 40 % der Manien treten dysphorische Symptome auf, worunter depressiv-gereizte Zustände verstanden werden. Eine depressive Stimmungslage mit dem Verlust von Interesse und Freude an fast allen Aktivitäten über mindestens zwei Wochen sind Hauptmerkmale der Depression. An Nebenkriterien treten somatische Störungen wie Schlafstörung und Appetitverlust, psychomotorische Unruhe oder Hemmung, verminderte Energie, Gefühl der Wertlosigkeit sowie Schuldgefühle, Schwierigkeiten in Denken und Konzentration, Suizidgedanken und Suizidversuche auf (Sass H 1999). Das Auftreten von mehr als vier Krankheitsepisoden pro Jahr wird als Rapid Cycling bezeichnet. 15 bis 20 % der Patienten mit bipolar affektiven Störungen fallen in diese Kategorie. In Extremfällen wechseln manischen und depressiven Phasen innerhalb von Wochen bis Tagen (ultra rapid cycling) oder sogar innerhalb von Stunden (ultra ultra rapid cycling) ab (Walden J 2000). Eine Akzeleration der Episoden wird bestimmten Antidepressiva zugeschrieben. Bei 30-70 % der Patienten kam es unter trizyklischen Substanzen zu einem Mood-Switch in eine manische oder hypomanische Phase (Hilty DM 1999). 1.1.3 Pathogenese Die Pathogenese der bipolaren Störung ist weitgehend ungeklärt. Zwillingsstudien weisen auf eine Erblichkeit der Bipolaren Erkrankung hin. Eine Konkordanzrate von 50-70 % bei monozygoten Zwillingen wurde dokumentiert (nach Walden J 2000). Familienmitglieder von bipolaren Patienten haben ein Morbiditätsrisiko von 2.9 bis 14.5 % (Goodwin FK 1990). 1.1.4 Behandlungsstrategien: Psychopharmaka, Psychotherapie Lithium galt lange Zeit als Therapiestandard. Tatsächlich wirkt es gut bei euphorischen Manien sowie Hypomanien und besitzt eine gute prophylaktische Wirksamkeit bei Bipolar I Störung. Eine Limitierung seines Einsatzes bedingt das häufige Therapieversagen bei gemischten Manien und Rapid Cycling, möglicherweise verschlechtert es sogar die Symptomatik. Valproat erweißt sich bei diesen Indikationen und bei psychotischen Manien, sowohl akuttherapeutisch als auch phasenprophylaktisch als überlegen. Sein schneller Wirkungseintritt und eine gute Verträglichkeit sind weitere Vorteile. Auch Carbamazepin und Oxcarbamazepin besitzen eine anamnestisch gesicherte Wirksamkeit bei allen Formen der Manie, Hypomanie und Zyklothymie. 9 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Lamotrigin, zur Prophylaxe von Bipolar II Störung eingesetzt, Gabapentin und Topiramat stellen die Gruppe der neueren wirksamen Antiepileptika (Walden J 2000). Antipsychotika wie Clozapin, Olanzapin und Risperidon kommen bei der Behandlung von akuten therapieresistenten Manien zum Einsatz. Trizyklische Antidepressiva werden bei bipolaren Depressionen zurückhaltend eingesetzt. Ihre Wirksamkeit ist schwächer als bei unipolaren Depressionen und darüber hinaus besteht die Gefahr eines Mood-Switches. Bupropion, SSRIs und MAO-Hemmer scheinen diesbezüglich risikoärmer (Hilty DM 1999). Die Elektrokrampftherapie findet ihren Einsatz bei psychotischen Depressionen und therapieresistenten Episoden beider Polaritäten. Eine Phasenprophylaxe wird ab der ersten Manie über mindesten ein Jahr empfohlen. Bei weiteren Episoden wird eine Erhaltungstherapie umso dringlicher, als die Vulnerabilität zunimmt. Zur Rückfallprophylaxe zählen auch psychotherapeutische Maßnahmen wie die kognitive Verhaltenstherapie oder die interpersonelle Psychotherapie. Das Symptommanagement zielt darauf ab, Patienten für ihre Risiken und Symptome zu sensibilisieren und so eine frühe und gezielte Therapie zu ermöglichen (Walden J, Grunze H 2000). Die über Jahre und Jahrzehnte prophylaktisch notwendige Einnahme von Psychopharmaka rückt eine für die Lebensqualität der Patienten, jedoch auch klinisch bedeutsame Nebenwirkung, nämlich die Gewichtszunahme und das Auftreten von Adipositas in den Vordergrund. Die Evaluierung dieser unerwünschten Erscheinung und die Behandlung von Übergewicht bzw. Adipositas stellen deshalb wichtige Forderungen in der ganzheitlichen Behandlung von Patienten mit Bipolarer Störung dar. 10 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 1.2 Spezielle Einleitung: Adipositas und gewichtsassoziierte Begleiterkrankungen 1.2.1 Definition der Adipositas In der Klassifikation von Übergewicht und Adipositas werden verschiedene Schweregrade unterschieden (Herold G 2000): Tabelle 1: BMI-Einteilung und Klassifikation der Adipositas Grad BMI (kg/m²) Klassifikation Prozent des idealen Körpergewichts Frauen Männer 0 18.5-24.9 normal 100 100 I 25.0-29.9 Übergewicht Präadipositas 120 110 II 30.0-34.9 Adipositas, Grad I 145 135 III 35.0-39.9 Adipositas, Grad II 170 160 IV > 40 Adipositas, Grad III Adipositas per magna 195 180 Der Body Mass Index (BMI), eine international gebräuchliche Einheit, definiert das Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergröβe und wird in Kilogramm pro Quadratmeter ausgedrückt. Er dient als Maβ für den Anteil der Körperfettmasse. Ein erhöhter BMI sowie ein androides Fettverteilungsmuster, gekennzeichnet durch ein erhöhtes Taillen-Hüft-Verhältnis („waist-hip-ration“) - für Frauen größer als 0.85 (entsprechend einem Taillendurchmesser von > 88 cm), für Männer größer als 1.0 (Taille > 102 cm) – geben einen Anhalt für einen erhöhten Anteil an abdominellem Fettgewebe und ziehen ein erhöhtes Risiko für metabolische und kardiovaskuläre Erkrankungen nach sich (Greenberg I 1999). Kritikpunkt bezüglich der Einteilung in BMI-Grade ist, dass dieser Parameter dann unpräzise ist, wenn beispielsweise eine hohe Muskelmasse oder Ödeme vorliegen (Aronne LJ 2001, McNeely W 1998). Der BMI variiert des weiteren in Abhängigkeit des Alters und des Geschlechts. Möglicherweise spielen ethnische Zugehörigkeiten, in Bezug auf unterschiedliche Körpermassen-Zusammensetzungen, ebenfalls eine Rolle. Circa 35% der Erwachsenen in den westlichen Industrieländern haben einen BMI von mehr als 30 kg/m² (Van Itallie TB 1985, Poston WS 1998). Die primäre Adipositas ist neben dem Alkohol- und Nikotinabusus eine der drei wichtigsten Ursachen vermeidbarer Erkrankungen und Todesfälle (Herold G 2000). 11 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Nach Angaben des Deutschen Bundesamtes für Statistik ergab sich aus Erhebungen von Körpergröße und Gewicht im April 1999 die folgende Normalverteilung von BMI in der Erwachsenenbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland. 50% 36% 11,50% 2,50% <18,5 18,5-25 25-30 >30 BMI (kg/m²) Abbildung 1: BMI-Verteilung in der Erwachsenenbevölkerung der BRD, Stand April 1999 43% 56,50% 44% 28,50% 11% 4% <18,5 18,5-25 25-30 >30 12% 1% <18,5 18,5-25 BMI (kg/m²) 25-30 >30 BMI (kg/m²) Abbildung 2 und 3: BMI-Verteilung der weiblichen und männlichen Erwachsenenbevölkerung In Deutschland sind demzufolge fast 12 % der Bevölkerung adipös. Präadipositas (BMI von 25-30 kg/m)² und Adipositas (BMI von > 30 kg/m²) kommt in der männlichen Bevölkerung häufiger vor als bei Frauen. 12 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 1.2.2 Pathogenese 1.2.2.1 Genetische Veranlagung In der Pathogenese der Adipositas spielen mehrere Faktoren ursächlich eine Rolle. Die genetische Veranlagung soll die Gewichtsentwicklung des Menschen zu 20 bis 70 % beeinflussen (Bouchard C 1996, Atkinson RL 1997, Daniel H 1997). Etwa 20 Genloci, die mit Adipositas assoziiert sind, wurden bisher beim Menschen identifiziert, wobei die Prädisposition aus einer Addition verschiedener sogenannter Suszeptibilitätsallele resultiere (Comuzzie AG 1998). In seltenen Fällen ist Übergewichtigkeit die Folge eines einzelnen dieser Gendefekte. Bei Mäusen konnte das ob-Gen, eine autosomal rezessive Mutation, isoliert werden. Für diese Mutation homogene Mäuse können kein Leptin produzieren, ein Hormon, das über Rezeptoren im Hypothalamus den Appetit drosselt. Bei diesen Tieren wurden Adipositas und Diabetes festgestellt (Montague CT 1997, Kraus T 2001). Da alle Adipösen erhöhte Leptinspiegel aufwiesen und ob-Defekte bei Menschen selten seien, geht die Wissenschaft eher von einer verminderten Resistenz an Leptinrezeptoren aus (Kolaczynski JW 1996). 1.2.2.2 Psychosomatische Hypothesen Die psychosomatische Theorie geht bei der Entstehung von Fettsuch von einer Prägung im Zusammenspiel zwischen Stimmung und Essen in der Kindheit aus (Bruch H 1970). Gefährdet seien insbesondere Personen, die eine Neigung zur Kompensation von Stress durch Essen haben und ein orales Befriedigungsmuster, d.h. Essen als Belohnung aufwiesen (Kalucy RS 1980). Unter den psychischen Faktoren finde man weiter suchtartiges Essverhalten, „binge eating disorder“ (Heißhungerattacken) und den Verlust des normalen Hunger- und Sättigungsgefühls (Herold G 2000, Shapira NA 2000). 1.2.3 Adipositas und assoziierte Erkrankungen Adipositas ist keine Krankheit an sich, sondern bekommt Krankheitswert durch die mit ihr assoziierte Mortalität und Morbidität. Ein BMI grösser als 35 kg/m² bzw. eine Gewichtszunahme von mehr als 20 Kilogramm im Erwachsenenalter verdoppele die allgemeine Mortalität im Vergleich zu normalgewichtigen Personen mit stabilem Gewicht (Manson JE 1995: Nurses Health Study 1976, Kannel WB 2000: Framingham Heart Study). Eine Gewichtszunahme im Erwachsenenalter führe zu einem erhöhten Risiko für koronare Herzerkrankungen, kardialem und zerebralen Insult und zur Entstehung von hormonsensitiven Tumoren (Mamma, Kolon, Prostata u.a.). Fünf Prozent dieser Krebserkrankungen stehen in direktem 13 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Zusammenhang mit dem Übergewicht (Garfinkel L 1985). Die Gefahr der Entwicklung einer arteriellen Hypertonie steige mit dem Gewicht (Huang C 1998). Colditz berechnete eine Verdopplung des Diabetes Typ II-Risikos bereits durch moderate Gewichtszunahme von 5-8 Kilogramm (Colditz GA 1995). Insgesamt seien 61 % der Fälle von Diabetes mellitus Typ II durch Adipositas begründet (Wolf AM 1998). Eine, ebenfalls häufig durch Adipositas bedingte Hyperurikämie geht mit einer erhöhten Insulinresistenz einher und stellt in Kombination mit Hypercholesterin- und Hypertriglyceridämie ein erhöhtes Risiko für koronare Herzerkrankungen dar (Herold G 2000). Des weiteren sind Cholezystolithiasis (Stampfer MJ 1992), Osteoarthritis (Sturmer T 2000), chronische Atemwegserkrankungen und das Schlaf-Apnoe-Syndrom (Guilleminault C 1988) mit Adipositas assoziiert. Durch kontrollierte, moderate Gewichtsabnahme würde die Morbidität gewichtsinduzierter Erkrankungen deutlich gesenkt. Eine 10-prozentige Gewichtsreduktion senke demnach die Inzidenz koronarer Gefäßerkankungen bei Männern um 20 % (Framingham Heart Study, Kannel WB 2000). Der Stoffwechselzustand bei latentem und manifestem Diabetes mellitus werd durch Senkung von Lipiden (Triglyzeride, Cholesterin) verbessert. Die Inzidenz und Progression von Langzeitkomplikationen könne reduziert werden (The Diabetes Control and Complications Trial Research Group 1983, UKPDS Study Group 1998). Insbesondere Patienten mit einem erhöhten Risiko für gewichtsassoziierte Erkrankungen profitierten bereits von einer geringen Gewichtsabnahme (Goldstein DJ 1995). Gewichtsabnahmen von 5 bis 10 % führten außerdem zu einer signifikanten Steigerung der gesundheitsabhängigen Lebensqualität (evaluiert anhand der „health related quality of life scale, HRQOL), das allgemeine Gesundheitsbewusstsein nahm zu (Samsa GP 2001). Die folgende Graphik (Abbildung 4) stellt die U-förmige Zunahme des Mortalitätsrisikos bei erniedrigem wie auch erhöhtem BMI als Metaanalyse aus 19 prospektiven Kohortenstudien 50jähriger Männer über einen Zeitraum von 30 Jahren dar (Troiano RP 1996). 14 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Abbildung 4: Mortalitätsrisko in Abhängigkeit des BMIs (nach Troiano 1995) 1.2.4 Ökonomische Bedeutung In Deutschland betrugen, nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), 1993 die adipositasbezogenen Kosten ohne Berücksichtigung der Komorbiditäten 435 Millionen Euro. Eine Infratestuntersuchung für 1995 kalkulierte die Gesamtkosten der Adipositas inklusive assoziierte Komorbiditäten sowie die Behandlung von Folgekosten auf ein Summe von 10,6 Milliarden Euro. 1.2.5 Adipositas bei psychiatrischen Patienten Studien berichten von einer 2-3 mal häufigeren Prävalenz von Übergewicht bzw. Adipositas bei psychiatrisch behandelten Patienten (Gordon HL 1969, Gopalaswamy AK 1985). Zur Erklärung dieses Phänomens wurden unterschiedliche Hypothesen angeführt, z.B. verminderte körperliche Aktivität bei erhöhtem Nahrungsangebot von stationär behandelten Patienten, Inhibition als Symptom depressiver und schizophreniformer Zustände, sedierende Effekte von Psychopharmaka, Durststeigerung durch anticholinerge Effekte usw. (Bernstein JG 1988, Brady KT 1989). Darüber hinaus fällt jedoch auch unabhängig von den genannten Faktoren auf, dass die meisten der zur Therapie Bipolarer Störungen eingesetzten Medikamente eine Gewichtszunahme bedingen. Neben der Gefahr der Induktion beschriebener internistischer Erkrankungen resultiert die Gefährdung der Compliance und mögliche Krankheitsrückfälle (Kraus T 2001). 15 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 2. Methodik der Literaturrecherche Die im folgenden Kapitel (3. Ergebnisse) dargestellten Tabellen und Erläuterungen sollen einen repräsentativen Ausschnitt des Forschungsstandes über die Gewichtszunahme unter Psychopharmaka vermitteln. Die Informationen stammen aus einer Medline-recherchierten Literatursuche bis Februar 2002. Suchworte: Psychopharmaka und Gewichtszunahme, Antidepressiva und Gewichtszunahme, Neuroleptika und Gewichtszunahme, Lithium, Carbamazepin, Valproat, Lamotrigin, Gabapentin, Vigabatrin und Gewichtszunahme, Bipolare Störung und Gewichtszunahme. Die Studien zur Gewichtsveränderung unter Psychopharmaka wurden nach den folgenden Selektionskriterien ausgewählt: Angaben der Gewichtszunahme in Kilogramm, Prozent Körpergewichtszunahme, Prozentsatz betroffener Patienten. Es wurden solche Daten bevorzugt, die in randomisierten, placebo-kontrollierten Versuchen gewonnen wurden. Die Mindestdauer der einzelnen Studien betrug, mit Ausnahmen, 4 Wochen. Bei einer Vielzahl von aufgefundenen Daten (z.B. Clozapin) wurde ein repräsentativer Ausschnitt gewonnen, wobei nach Verfügbarkeit sowohl Kurz- als auch Langzeitstudien selektiert wurden. Des weiteren wurden auch Daten aufgegriffen, die zusätzliche Informationen, z.B. die Darstellung einer Geschlechts- oder Dosisabhängigkeit der Gewichtszunahme, die Verabreichungsform der Medikation, das Maximum der Gewichtszunahme, sowie Angaben zu Komorbiditäten lieferten. Es wurden alle auffindbaren Daten zur Gewichtszunahme bei Bipolaren und schizoaffektiven Störungen aufgenommen. Darüber hinaus wurden die unterschiedlichen Erklärungsmodelle der Gewichtszunahme unter Antidepressiva, Neuroleptika und Stimmungsstabilisierern erfasst. Informationen bezüglich der Medikamentencompliance unter Psychopharmakatherapie wurden gewonnen und der Fragestellung nach Screeningfaktoren, d. h. von Risikofaktoren der Gewichtszunahme nachgegangen. 16 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 3. Ergebnisse der Literaturrecherche 3.1 Psychopharmakainduzierte Adipositas Gewichtsveränderungen unter Psychopharmaka sind seit deren Entwicklung und Einsatz bekannt. Bereits in den 50er Jahren begann die systematische Registrierung und Erforschung dieser unerwünschten Begleiterscheinung (Mefferd RB 1958). Mit der Reduktion extrapyramidalmotorischer Nebenwirkungen und anticholinerger Effekte von Neuroleptika und Antidepressiva hat sich im Zuge der Einführung neuerer nebenwirkungsärmerer Substanzen seit den 90er Jahren die Problematik in Richtung der Gewichtszunahme als oft auch limitierendem Therapiefaktor verschoben. 3.1.1 Gewichtszunahme unter Antidepressiva Von Gewichtsschwankungen in depressiven Phasen berichtete bereits der griechische Arzt Aretaeus in der Antike (Harris B 1984). Der Zusammenhang zwischen Stimmung, Appetit und Gewichtsentwicklung gilt als erwiesen und geht in verschiedene psychometrische Depressionsskalen ein (Hamilton M 1967). Abzugrenzen von den somatischen Begleiterscheinungen während einer Depression ist die Gewichtszunahme unter antidepressiver Behandlung. Die erhobenen Daten beziehen sich, wenn nicht anders bezeichnet, in der Regel auf Untersuchungen an Patienten mit der DSM VI Diagnose der „Major Depression“. 3.1.1.1 Trizyklika 3.1.1.1.1 Amitriptylin Amitriptylin stellte in einer Untersuchung von Trizyklika die Substanz mit der höchsten Inzidenz für Gewichtszunahme dar (Fernstrom MH 1986). Bis zu 89 % der Patienten, im Vergleich zu 66 % unter Nortriptylin und Desipramin nahmen zu, wobei letzteres zu geringerer Zunahme führte (3.7 Kilogramm unter Amitriptylin versus 2.0 Kilogramm unter Desipramin). Eine ausgeprägte Gewichtszunahme ergab sich bei der Therapie mit dem trizyklischen Antidepressivum Amitriptylin bereits innerhalb der ersten 4 Behandlungswochen. Kupfer berichtete von Gewichtsanstiegen um circa 2 Kilogramm innerhalb eines Monats (Kupfer 1979). Es wurden mittlere Gewichtszunahmen von 4 Kilogramm nach 3-monatiger Therapie beobachtet (Paykel ES 1973). 17 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Nicht-medizierte Patienten nahmen über den Behandlungszeitraum von 6 Monaten kein Gewicht zu. Patienten, die nach einer 3-monatigen offenen Phase auf Placebo randomisiert wurden, nahmen ab, während die Verumgruppe (Amitriptylin) weiterhin zunahm (Berken GH 1984). Auch die Ergebnisse an 40 depressiven Patienten, die über 6 Monate mit Amitriptylin versus Nortriptylin bzw. Imipramin behandelt wurden, wiesen ersteres als stark gewichtsinduzierendes aus (7.3 Kilogramm versus 4.1 Kilogramm versus 1.4 Kilogramm Gewichtszunahme). Eine Placebokontrolle fehlte (Berken GH 1984). Ergebnissen von Paykel an 51 depressiven Patientinnen zufolge kam es bezüglich des Gewichteffektes auch nach 9 Monaten zu keiner Plateauentwicklung unter Amitriptylin (Paykel ES 1973). 3.1.1.1.2 Imipramin Imipramin soll sowohl bezüglich seiner Rezeptoraffinität als auch des gewichtsinduzierenden Potentials eine Mittelstellung einnehmen. Im Placebovergleich wurde nach 12-wöchiger Einnahme eine Gewichtszunahme von 3.6 Kilogramm registiert (Placebo 0.6 Kilogramm) (Caffey 1962). Fernstrom dokumentierte mittlere Gewichtszunahmen von 2.3 Kilogramm nach 4-monatiger Imipramin-Einnahme, wobei diese Untersuchung in einem offenen, nicht-placebokontrollierten Studiendesign durchgeführt wurde. 34 % der Patienten nahmen mehr als 2.7 Kilogramm zu (Fernstrom MH 1986). Gewichtssteigerung von mehr als 6.8 Kilogramm und Gewichtsabnahmen zwischen 2.7 und 4.5 Kilogramm traten bei je 6 % der Patienten auf (Fernstrom MH 1988). Unter der placebokontrollierter Imipramineinnahme kam es in 6 Monaten zu einem plus von 1.4 Kilogramm (Berken GH 1984). In einer Langzeituntersuchung mit Imipramin versus Placebo (Untersuchungszeitraum bis zu 3 Jahre) dokumentierten Frank und Kollegen Gewichtszunahmen über 10 % des Körpergewichts bei 13.3 % sowie mäßige Gewichtszunahme von 5 % bei 67 % der Patienten. Frauen waren in der Langzeitbeobachtung häufiger und in stärkerem Masse betroffen (Frank E 1990). 3.1.1.1.3 Desipramin Zwei Drittel der Patienten unter Desipramineinnahme verloren an Gewicht, 19 % nahmen geringfügig zu, bei 3 % kam es zu keiner Gewichtsänderung (Stern SL 1986). Levitt beobachtete in seinem Patientenkollektiv Gewichtszunahme unter Desipramin nur bei Ansprechen der Medikation, Non-Responder nahmen nicht-signifikant ab (Levitt AJ 1987). 18 3.1.1.1.4 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Trizyklika allgemein Während es in einer Kurzzeituntersuchung unter Trizyklika zu einer Gewichtzunahme kam, wurde unter der Vergleichsmedikation Zimelidin bei 69 % keine Gewichtsänderung, bei 22 % der Patienten eine Gewichtsabnahme beobachtet (Fernstrom MH 1988). In einer Vergleichsstudie von Zimelidin und Desipramin kam es in beiden Gruppen zu keiner Gewichtsveränderung (Aberg-Wistedt A 1982). Garland fasste in einem Review für trizyklische Antidepressiva allgemein eine Gewichtszunahme bis zu 4.1 Kilogramm pro Monat zusammen (Garland EJ 1988). Unter Langzeitbehandlung mit Trizyklika müsse mit einer persistierenden Gewichtszunahme gerechnet werden. 3.1.1.2 Tetrazyklika Die tetrazyklischen Antidepressiva Maprotilin und Mianserin wurden mit einer signifikanten Gewichtszunahme assoziiert (Nakra BRS 1986). Über ein Fünftel der Patienten nahmen in einer doppelt-verblindeten Studie unter Maprotilin im Vergleich zu 2.6 % unter Moclobemid zu. Eine quantitative Angabe fehlte (Vaz-Serra A 1994). Moclobemid erwies sich als schwächer gewichtsinduzierend als trizyklische Antidepressiva. Innerhalb von 7 Behandlungswochen kam es unter Trizyklikabehandlung zu 1.7 Kilogramm Gewichtszunahme, Moclobemid-Medizierte zeigten keine Gewichtsänderung. Eine Placebogruppe wurde nicht gebildet (Bakish D 1992). 3.1.1.3 Atypische Antidepressiva Für atypische Antidepressiva wurde von geringeren Gewichtsänderungen berichtet. Trazodon führte in einer nicht-placebokontrollierten Untersuchung zu Gewichtszunahmen von 0.4 Kilogramm. Unter Amoxapin betrug die mittlere Gewichtszunahme 0.7, unter Maprotilin 0.4 Kilogramm. Angaben zu prozentualen Verteilungen der Gewichtsänderung und BMI-Veränderung wurden nicht gemacht (Robinson DS 1984). In einer 6-wöchigen doppelt-verblindeten Untersuchung mit Trazodon bzw. Bupropion kam es unter ersterem zu einer Gewichtszunahme von etwa 1.0 Kilogramm, während mit Bupropion behandelte Patienten ebensoviel abnahmen. Eine Placebogruppe fehlte (Weisler RH 1994). Unter Trazodontherapie ergab sich häufiger eine Appetitsteigerung. Eine Ödementwicklung war mit als Grund der Gewichtzunahme festzuhalten (Weisler RH 1994). 19 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 3.1.1.4 Selektive Serotonin Reuptake Inhibitoren 3.1.1.4.1 Fluoxetin und Venlafaxin In einer 12-wöchigen Studie mit Fluoxetin und Venlafaxin kam es zu keiner signifikanten Gewichtsänderung (Silverstone PH 1999). Anekdotische Berichte gaben bei Langzeitbehandlung mit Venlafaxin in Einzelfällen Gewichtszunahme an. Es existieren jedoch keine systematischen Untersuchungen zum Gewichtsverlauf in der Langzeittherapie mit diesem Antidepressivum (Fava M 2000). Eine doppeltverblindete Studie verglich Fluoxetin mit Maprotilin bei depressiven Patienten. Innerhalb des Beobachtungszeitraums von 6 Wochen kam es unter dem SSRI zu einer Gewichtsabnahme, Patienten die Maprotilin einnahmen, vermerkten einen Gewichtsanstieg (de Jonghe F 1991). In einer nicht-kontrollierten Kurzzeituntersuchung von 8 Wochen Dauer kam es bei allen Patienten zu einer Gewichtsabnahme (Ferguson JM 1986). Fluoxetin führte in einer 3-Monats-Crossover-Studie mit gesunden Probanden zunächst zu einer stärkeren Gewichtsabnahme als Placebo, dann jedoch zur Gewichtssteigerung (Goldstein DJ 1995). In einer placebokontrollierten Untersuchung kam es bei 4.8 % der Patienten im Vergleich zu 6.3 % unter Placebo zu einer signifikanten Gewichtszunahme (Michelson D 1999). Wurde als signifikante Gewichtszunahme ein Anstieg um 7 % des Körpergewichts definiert, so nahmen 6.8 % der Patienten, die Fluoxetin zwischen 26 und 32 Wochen eingenommen hatten, zu. Sertralin hatte mit 4.2 % betroffener Patienten einen der Placebowirkung gleichzusetzenden Effekt. Paroxetin führte bei über einem Viertel der Patienten zu einer signifikanten Gewichtszunahme. Die maximale Zunahme betrug 7.7 Kilogramm für Fluoxetin, unter Paroxetin 14.1 Kilogramm, wobei insbesondere Frauen betroffen waren und ursprünglich übergewichtige Personen stärker zunahmen (Fava M 2000). Zur Gewichtsabnahme innerhalb von 12 Therapiewochen kam es bei 12 % der Patienten in der Fluoxetingruppe und bei 3 % der Paroxetin-Behandelten (Chouinard G 1999). 3.1.1.4.2 Paroxetin Paroxetin erwies sich in einer Doppelblind-Untersuchung als die unter den SSRI am stärksten gewichtsinduzierende Substanz (Aberg-Wistedt A 2000). Bei vierwöchiger Einnahme von 20 bis 40 Milligramm Paroxetin pro Tag kam es zu einem Gewichtsanstieg von 1.0 Kilogramm (Hinze Selch D 2000). Im Gegensatz zu Sertralin kam es während einer 24-wöchigen Studie unter Paroxetin zu einer Gewichtszunahme (Aberg-Wistedt A 2000). In einem Vergleich mit Imipramin über den Zeitraum von einem Jahr nahmen Paroxetin-Medizierte signifikant weniger an Gewicht zu als jene unter Trizyklika-Einnahme. Eine PlaceboVergleichsgruppe fehlte (Ohrberg S 1992). 20 3.1.1.4.3 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Citalopram Unter Citalopram wurde in einem Review seltener eine signifikante Gewichtzunahme vermerkt (bei 0.5 % der Patienten) als unter Placebo (0. 9 % ) (Mackle M 1998). Sein Einsatz in der Behandlung von adipöser Patienten führte jedoch zu keiner darüber hinausgehenden Gewichtsreduktion (Szkudlarek J 1993). Wade beschrieb eine signifikante Gewichtszunahme (> 7 %) bei 4.7 % der Patienten die ein Jahr mit Citalopram behandelt worden waren (Wade A 1999). Von einer Gewichtszunahme bei bis zu 33 % der mit SSRI über 3 Monate behandelten Patienten berichtet eine weitere Studie (Sachs GS 1999). Nach anfänglicher Gewichtsreduktion unter SSRI registrierte Benazzi in einer retrospektiven Beobachtung bei 58 % anschließend eine Gewichtszunahme, wobei diese nicht quantifiziert wurde und keine Angaben zum BMI vorlagen (Benazzi F 1998). Zu gleichen Ergebnissen kam eine Langzeituntersuchung zur Gewichtsentwicklung unter SSRI (Sussman N 2001). 3.1.1.5 Monoamin-Oxidase-Hemmer 3.1.1.5.1 Der Moclobemid reversible MAO-Inhibitor Moclobemid scheint im Vergleich zum irreversiblen Monoaminoaxidashemmer Phenelzin schwächer gewichtsinduzierend (Vaz-Serra A 1994, Moll E 1994). Moclobemid erwies sich in einer 7-wöchigen Untersuchung als gewichtsneutral, während Amitriptylin zu einer Gewichtszunahme von 1.7 Kilogramm führte (Bakish D 1992). In einer Studie über den Zeitraum von einem Jahr traten relevante Gewichtszunahmen und Abnahmen in gleicher Häufigkeit auf (Moll E 1994). 3.1.1.5.2 Phenelzin Angaben zu Gewichtsanstiegen von 2.3 bis 4.5 Kilogramm, in Einzelfällen bis zu 14 Kilogramm pro Jahr, verbunden mit Heisshungerattacken, weisen auf dessen stark gewichtsinduzierendes Potential hin (Rockwell WJK 1983, Bernstein JG 1988). 3.1.1.6 Neuere Antidepressiva 3.1.1.6.1 Bupropion Bupropion führe signifikant häufiger zu einer Gewichtsabnahme als Placebo (Settle EC 1998, Sussman N 2000). 21 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Eine Untersuchung verglich die Gewichtsentwicklung unter Bupropion mit jener unter Sertralin und Placebo. Bupropion-Therapierte nahmen in 8 Wochen 1.1 Kilogramm, unter Sertralin 0.8 Kilogramm ab (Croft H 1999). In einer placebokontrollierten Doppelblind-Studie trat nach 52 Behandlungswochen unter Bupropion eine mittlere Gewichtszunahme von 1.2 Kilogramm auf. In der Placebogruppe kam es zu keiner Gewichtsänderung (Weihs K 2000). In einem doppelt-verblindeten Vergleich von Bupropion mit Doxepin kam es unter letzterem signifikant häufiger zu Appetitsteigerung und Gewichtszunahme (Feighner J 1986). 3.1.1.6.2 Nefazodon Nefazodon führte mit 7.7 % betroffener Patienten seltener zu Gewichtszunahme als Placebo (8.6 %) (Feiger AD 1999). Im Gegensatz zu selektiven Serotonin-Reuptake-Inhibitoren war zwar die Gewichtsabnahme während der Akutbehandlung geringer (1.7 versus 4.3 % Gewichtsreduktion), in der Langzeitbeobachtung über 46 Wochen kam es jedoch nur bei etwa halb so vielen Patienten zu einer Gewichtszunahme: unter Nefazodon nahmen 8.3 % der Patienten zu, unter SSRI stieg das Gewicht bei 17.9 % der Behandelten an (Sussman N 2001). Im Vergleich zu Imipramin kam es in der gleichen Studie unter Nefazodon seltener zu einer signifikanten Gewichtszunahme als unter dem Trizyklikum: 9.5 % versus 24.5 % der Patienten nahmen mehr als 7 % ihres Ausgangsgewichts zu. 3.1.1.6.3 Mirtazapin Mirtazapin sei das einzige neuere Antidepressivum, welches das Gewicht steigert. Der α2-RezeptorAntagonist rief bei 24 % der Patienten Appetitsteigerung hervor, während im gleichen Behandlungszeitraum nur 6 % der Patienten unter Trazodon eine Appetitzunahme vermerkten (Davis R 1996). Montgomery dokumentierte in einer placebokontrollierten Studie über den Behandlungszeitraum von 20 Wochen bei 13 % der Therapieresponder eine Gewichtszunahme, unter Amitriptylin stieg bei 22 % der Patienten das Gewicht an. Die Gewichtsentwicklung bei Non-Respondern wurde nicht festgehalten (Montgomery SA 1998). Zwei weitere placebo-kontrollierte Studien vermerkten signifikant häufiger Gewichtszunahmen und Appetitsteigerungen unter Mirtazapin als bei Placeboeinnahme (Burrows GD 1997, Smith WT 1990). Die Gewichtszunahme erfolge hauptsächlich in den ersten 4 Behandlungswochen und scheint für untergewichtige Patienten stärker ausgeprägt (Davis R 1996, Goodnick PJ 1998). 22 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 3.1.1.7 Kombinationstherapie Zur Gewichtsentwicklungen unter Kombinationstherapien könnten keine abschliessenden Beurteilungen getroffen werden, da systematische Untersuchungen ausstehen (Fava M 2000). Es wird prinzipiell von einem additiven Effekt ausgegangen, was eine Studie von Gander bei Mischtherapien von MAO und Trizyklika dokumentiert. Nach einer durchschnittlichen Behandlungszeit von 7 Monaten machte die mittlere Gewichtsänderung ein plus von 8.8 Kilogramm aus (Gander DR 1965). Eine stärkere Gewichtszunahme trat ebenfalls während einer Kombinationstherapie von Mirtazapin mit SSRI auf. Die Gewichtsentwicklung wurde allerdings nicht mit jener unter MirtazapinMonotherapie verglichen (Carpenter LL 1999). Eine Verringerung der Gewichtszunahme sei möglicherweise durch die Kombination von Bupropion mit einem SSRI erreichbar (Fava M 2000). 3.1.2 Gewichtszunahme unter Neuroleptika Die Gewichtszunahme unter Neuroleptika-Behandlung stellt ein ebenso großes Problem wie jene unter Antidepressiva dar. Die „European Federation of Associations of Families of Mentally Ill People“ (EUFAMI) befragte 441 Patienten in verschiedenen europäischen Ländern nach ihrer Zufriedenheit mit der antipsychotischen Medikation. 91 % gaben an, Nebenwirkungen zu haben, davon betrafen 60 % die Gewichtszunahme. 54 % der Patienten beschrieben diese als die Nebenwirkung mit dem größten negativen Einfluss, sogenanntem „distress“ (Sussman N 2001). Eine weitere Untersuchung konnte belegen, dass über einen 10-Jahres-Zeitraum sich die Zahl der durch Suizid gestorbenen Patienten pro 100.000 schizophrener Patienten zwar aufgrund effizienter Medikation um 492 reduzierte, die durch Adipositas verursacht Sterblichkeit von antipsychotisch behandelten Patienten jedoch um 416 Fälle anstieg (Fontaine KR 2001). Die Risiko-Nutzen-Bilanz fällt demnach nicht zufriedenstellend aus. Silverstone untersuchten retrospektiv 226 ambulante Patienten mit kontinuierlicher Depotneuroleptika-Gabe (Fluphenazin, Flupentixol, Chlopentixol, Fluspirilen) und verzeichneten 4 Mal häufiger eine klinisch relevante Adipositas im Vergleich zur Normalbevölkerung. Bei Depotgabe ist von Gewichtssteigerung während der ersten 2 Behandlungsjahre auszugehen. Bei 37 % der Patientinnen und 31 % der behandelten Patienten trat Adipositas auf (Silverstone T 1988). Stedman fand bei 62 % der untersuchten neuroleptisch behandelten Frauen Übergewichtigkeit bzw. Adipositas (Stedman T 1993). Die meisten Daten wurden an schizophrenen Patientenkollektiven erhoben. Hier wurde nicht unterschieden ob es sich um stationär oder ambulant therapierte Patienten handelte. 23 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 3.1.2.1 Antipsychotika ohne gewichtsinduzierendes Potential Generell scheinen alle in Deutschland zugelassenen Antipsychotika potentiell das Risiko einer Gewichtszunahme zu erhöhen. Eine Ausnahme stelle Pimozid (Wetterling T 2001), sowie das in Deutschland nicht zugelassene Neuroleptikum Molindol dar (Gallant DM 1968, Gardos G 1977, Stanton JM 1995). Für Pimozid sei eine durchschnittliche Gewichtsreduktion um 2.7 Kilogramm zu erwarten (Allison DB 1999). Dufresne evaluierte im Beobachtungszeitraum von 6 Wochen eine Gewichtsabnahme von 2.3 Kilogramm unter Molindol. Unter Haloperidol kam es zu keiner Gewichtsänderung. Thioridazinbehandelte nahmen durchschnittlich 2.7 Kilogramm zu. (Dufresne RL 1993). Ähnliche Ergebnisse erzielte eine Vergleichsstudie von Molindol und Chlorpromazin: ersteres führte zu 2.2 Kilogramm Gewichtsabnahme, der BMI sank, Chlorpromazin induzierte keinerlei Veränderungen (Heikkinen H 1993). Der erwartete Gewichtsverlust nach 10-wöchiger Behandlung mit Molindol fiel der Metaregression von Allison zufolge nicht signifikant aus (Allison DB 1999). 3.1.2.2 Klassische Neuroleptika 3.1.2.2.1 Chlorpromazin Das Neuroleptikum Chlorpromazin sei unter den Phenothiazinen jenes mit dem stärksten gewichtsinduzierenden Potential. Bei 3-monatiger Behandlung wurde eine Gewichtszunahme von etwa 4 Kilogramm angegeben (Klett CJ 1960). Amdisen verglich das Phenothiazin mit Perphenazin und Clopentixol und ermittelte eine doppelt so starke Gewichtszunahmen unter Chlorpromazin (15.9 %) wie unter Perphenazin (8 %) oder Clopentixol (6.7 %). Die Gewichtszunahme scheint in den ersten Behandlungswochen am ausgeprägtesten zu sein (Amdisen A 1964). 3.1.2.2.2 Thioridazin Das Phenothiazin Thioridazin führte nach 8-wöchiger Therapie zu Gewichtszunahmen zwischen 2.3 und 5 Kilogramm (Holden JMC 1970). Masand stufte das Risiko, Gewicht unter Thioridazin zuzunehmen, gleichwertig hoch mit Chlorpromazin ein (Masand PS 2000). Auch Bernstein zufolge sei unter den konventionellen Substanzen unter Chlorpromazin und Thioridazin mit der höchsten Gewichtzunahme zu rechnen. Zusätzlich bestehe ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Diabetes Mellitus (Bernstein JG 1988). Allison errechnete einen mittleren Gewichtsanstieg von 3.5 Kilogramm nach 10 Behandlungswochen (Allison DB 1999). 24 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Eine retrospektive Erhebung verglich die Gewichtsinduktion mehrerer neuroleptischer Substanzen: während es hier unter Thiothixen, Haloperidol und Fluphenazin zu einer Gewichtszunahme kam (6 versus 3.0 versus 3.5 Kilogramm), nahmen Loxapin- wie Thioridazin-behandelte Patienten 4.1 bzw. 1.6 Kilogramm ab (Doss FW 1979). 3.1.2.2.3 Fluphenazine Trifluoperazin bewirkte im Behandlungszeitraum von 11 Wochen einen Gewichtsanstieg von 2 Kilogramm, wohingegegen es unter Molindolgabe zu einer Gewichtszunahme von 0.4 Kilogramm kam (Gallant DM 1968). Über einen Zeitraum von 9 Monaten nahmen sowohl Patienten der Pimozid-Gruppe wie der Fluphenazin-Gruppe im Durchschnitt 5.4 Kilogramm ab (McCreadie R 1982). Fluphenazin wie auch Pimozid führten innerhalb eines Jahres bei einem Zehntel der Patienten zu einer Gewichtszunahme, die jedoch nicht quantifiziert wurde (Faloon I 1978). Allison dokumentierte mittlere Gewichtsabnahmen von 3.5 Kilogramm nach bis zu 60 Behandlungswochen (Allison DB 1999). Nach 24 Monaten erhöhten 26 % ihr Ausgangsgewicht um 5 %, 11 % nahmen mehr als 10 % zu (Johnson DA 1979). Keine dieser Studien wurde placebokontrolliert durchgeführt. 3.1.2.2.4 Fluspirilen Eine schwache Gewichtszunahme bewirkte Fluspirilen in einer 6-monatigen Untersuchung: 2 % der Patienten nahmen maximal 3 Kilogramm zu (Schmidt LG 1989). 3.1.2.2.5 Haloperidol Während Allison (Allison DB 1999) dem stark antipsychotisch wirksamen Haloperidol ein geringes Potential der Gewichtsinduktion (0.18 Kilogramm mittlerer Gewichtszunahme) und eine geschätzte Gewichtszunahme von circa 0.5 Kilogramm nach 10 Wochen Therapie bescheinigte, berichtet eine andere Studie vom Auftreten von Adipositas bei der Hälfte der Männer und bei 42 % der Frauen unter Haloperidol bzw. Fluphenazin-Depotgabe (Ganguli R 1999). Johnson und Breen beobachteten unter Depotneuroleptikagabe (Fluphenazin, Flupenthixol) über 2 Jahre eine mäßige Gewichtszunahme: 26 % der behandelten Patienten nahmen mehr als 5 % ihres Ausgangsgewichts zu, Gewichtsanstiege von über 10 % trat bei 11 % der Patienten auf. 55 % nahmen mehr als 1.4 Kilogramm zu, davon 8 % mehr als 6.4 Kilogramm (Johnson DA 1979). Diese abweichenden Beobachtungen mögen zum Teil auf die unterschiedliche Darreichungsformen von Haloperidol (oral, Depot) zurückzuführen sein. 25 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 3.1.2.3 Atypische Antipsychotika 3.1.2.3.1 Clozapin Die Gewichtszunahme unter Clozapin ist mit 70-prozentiger Inzidenz und einer durchschnittlichen Gewichtszunahme von 7.4 Kilogramm nach 12 Therapiewochen ein besonders häufiges Phänomen (Briffa D 1998). Eine doppelt-verblindete placebokontrollierte Studien bei Manikern ergab nach 3 Therapiewochen ein Gewichtszunahme von 1.7 Kilogramm, unter Placebo trat eine Gewichtsabnahme von 0.4 Kilogramm auf (Tohen M 2000). Juul Povlsen beschrieb in Einzelfällen eine Gewichtszunahme von bis zu 24 Kilogramm nach 1 bis 4 Monaten Clozapin-Einnahme (Juul Povlsen U 1985). In einer 8-wöchigen Vergleichsstudie mit Risperidon nahmen dagegen nur 37 % der ClozapinBehandelten eine mittlere Summe von 2.7 Kilogramm zu (Bondolfi G 1998). Innerhalb von 10 Wochen kam es unter Clozapin zu einer signifikant stärkeren Gewichtszunahme (5.3 Kilogramm) als unter Haloperidol (0.7 Kilogramm) (Bustillo JR 1996). Es wurden mittlere Gewichtszunahmen von 8.9 % des Körpergewichts nach 4 Monaten, sowie bis 11.6 % bei Evaluation nach 12 Monaten beschrieben, was einem Gewichtsanstieg von etwa 7 Kilogramm entspricht. 75 % der Patienten nahmen über 4.5 Kilogramm zu, 41 % mehr als 9 Kilogramm. Eine Gewichtszunahme von mehr als 10 % des Ausgangsgewichts trat somit bei 38 % der Patienten auf, 28 % nahmen zwischen 5 und 10 % zu. Eine Gewichtsabnahme trat bei etwa jedem 6. Patienten auf. Drei Viertel der Patienten berichteten von Appetitsteigerung, zum Teil trat „binge-eating“ auf. Ein Plateau der Gewichtszunahme zeichnete sich trotz Diät und Bewegungstherapie erst nach 46 Monaten ab, wobei ein Grossteil des Gewichts in den ersten 12 Behandlungsmonaten zugenommen wurde (Leadbetter R 1992, Juul Povlsen U 1985). Zu gleichen Ergebnissen kam auch die Arbeitsgruppe von Hummer. Männer nahmen stärker zu als Frauen (Hummer M 1995). Nach einem Behandlungszeitraum von 7 bis 8 Jahren waren 63 % der Patienten übergewichtig (Schmauss M 1989). 50 % der Patienten waren klinisch adipös, die mittlere Gewichtszunahme in dieser Untersuchung betrug 6.4 Kilogramm (Umbricht DS 1994). 3.1.2.3.2 Olanzapin In einer 6-wöchigen doppelt-verblindeten multizentrischen Studie an einem schizophrenen Patientenkollektiv wurde das gewichtsinduzierendes Potenzial von Olanzapin evaluiert: es kam zu Gewichtszunahmen von 1.9 Kilogramm, während unter Haloperidol nur minimale Gewichtsveränderungen von 0.02 Kilogramm zu vermerken waren (Tollefson GD 1997). A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 26 Eine Studie von Tran über den gleichen Zeitraum ergab eine Gewichtszunahme von 5 Kilogramm, was einer Steigerung um 6.5 % entsprach (Tran PV 1999). Über 1 Jahr betrug die Gewichtszunahme unter Olanzapin 6.3 versus 0.7 Kilogramm unter Haloperidol. Ein Viertel der Patienten berichtete von einer Appetitzunahme (Kinon BJ 2001). McElroy registrierte bei 2 von 14 bipolaren Patienten, die 15 Wochen mit Olanzapin behandelt wurden, eine Gewichtszunahme (McElroy SL 1998). Eine placebokontrollierte Studie mit Manikern zeigte nach 4 Wochen eine mittlere Gewichtsänderung von plus 2.1 Kilogramm unter Olanzapin, von 0.4 Kilogramm unter Placebo (Tohen M 2000). In einem weiteren Vergleich kam es während der Akutphase von 6 Wochen Dauer unter Olanzapin zu einer Gewichtszunahme von 3.4 Kilogramm und von 0.2 Kilogramm unter Haloperidol. Die Placebogruppe nahm circa 1 Pfund ab. Während eine signifikante Gewichtszunahme von 7 % bei 41% der Olanzapin-Medizierten auftrat, war dies nur bei 12 % unter Haloperidol der Fall. In der Continuationphase von 46 Wochen induzierte Olanzapin eine mittlere Gewichtszunahme von 12 Kilogramm (Beasley CM 1997). Eine weitere Studie registrierte unter Olanzapin Gewichtszunahmen von 10.7 Kilogramm in 33 Wochen, während Risperidon nach über 2 Jahren zu Gewichtsanstiegen von 1.7 Kilogramm führte (Guille C 1999). Patienten, die nach einer anfänglichen Behandlung mit klassischen Neuroleptika medikamentös auf Olanzapin bzw. Risperidon umgestellt wurden, nahmen unter ersterem im Durchschnitt 2.2 Kilogramm zu, der BMI stieg um 0.8 kg/m². Unter Risperidon kam es zu keiner Änderung (Ganguli R 1999). 3.1.2.3.3 Hoyberg Risperidon konstatierte unter 8-wöchiger Risperidon-Behandlung eine dosisabhängige Gewichtszunahme. Die tägliche Einnahme von 2 Milligramm führte zu einem mittleren Gewichtsanstieg von 1.2 Kilogramm. Eine 16 Milligramm Dosis führte zu einer Gewichtszunahme von 2.3 Kilogramm (Hoyberg OJ 1993). Vergleichbare Ergebnisse erzielte eine weitere Studie über den gleichen Zeitraum. Die tägliche Einnahme von 1 Milligramm führte zu 0.3 Kilogramm Zunahme, unter 8 Milligramm kam es zu einem Gewichtsanstieg von 1.6 Kilogramm (Peuskens J 1995). Eine placebokontrollierte Untersuchung vermerkte nach 8-wöchiger Therapie mit Risperidon eine mittlere Gewichtszunahme von 2.8 Kilogramm (Anderson C 1993). Eine Vergleichsstudie mit Haloperidol ergab nach 8 Wochen eine Gewichtszunahme von 3.4 Kilogramm für das atypische, von 1.2 Kilogramm für ein konventionelles Neuroleptikum (Emsley RA 1999). Nach 12 Wochen betrug die Gewichtszunahme unter Risperidon 2 Kilogramm (Claus A 1992). 27 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Brecher und Kollegen verzeichneten nach 7 Monaten einen mittleren Gewichtsanstieg von 2.6 Kilogramm (Brecher M 2000). Bei jugendlichen Psychotikern erwies sich Risperidon nach prolongierter Einnahme (6 Monate) als stärker gewichtsinduzierend. Der BMI stieg um 3.7 kg/m², das Gewicht um 8.6 Kilogramm. Demgegenüber nahm der BMI unter klassischen Neuroleptika um 0,31 kg/m² zu, das Gewicht stieg um 3 Kilogramm. Ohne Medikation kam es nach 6 Monaten zu einer mittleren BMI-Abnahme von 1.04 kg/m². Eine Placebokontrollgruppe fehlte (Kelly DL 1998). Ein Review ermittelte für den Untersuchungszeitraum von einem Jahr gleichwertige Gewichtszunahmen von etwa 2.3 Kilogramm für Risperidon und Haloperidol (Czernansky J 1999). 3.1.2.3.4 Amisulpirid Amisulpirid führte in einer 8-wöchigen Studie zu einer Zunahme von 0.4 Kilogramm. Risperidonbehandelte Patienten nahmen 1.4 Kilogramm zu (Peuskens J 1997). Eine doppelt-verblindete, placebo-kontrollierte 6-monatige Untersuchung demonstrierte signifikant mehr Gewichtszunahme in der Amisulpirid-Gruppe (1.4 Kilogramm) als in der PlaceboVergleichspopulation (0.8 Kilogramm) (Loo H 1990). 3.1.2.3.5 Quetiapin Quetiapin steigere dosisabhängig das Gewicht: Zunahmen von über 7 % nach 6 Wochen traten unter low-dose Quetiapin-Gabe (250 mg/ Tag) bei 16 %, unter hochdosierter Einnahme (bis 750 mg/Tag) bei einem Viertel der Patienten auf. Unter Placebo nahmen 5 % der Patienten signifikant zu (Small JG 1997). Eine Dosisabhängigkeit der Gewichtszunahme vermutete auch Arivantis. Darüber hinaus war nach 6 Wochen die Zunahme unter Quetiapin signifikant stärker als unter Haloperidol und Placebo (Arivantis LA 1997). Eine weitere placebokontrollierte Untersuchung ergab nach 6 Wochen eine signifikante Gewichtszunahme (> 7 %) bei 25 % unter Verum und 4 % unter Placebo. Die mittlere Gewichtszunahme betrug 5.5 Kilogramm (Borison R 1996). Gunasekara zufolge betrug die mittlere Gewichtszunahme nach 8 Wochen 2.1 Kilogramm, nach einem Jahr 5.6 Kilogramm. 25 % der Patienten nahmen mehr als 7 % ihres Ausgangsgewichts zu (Gunasekara NS 1998). Brecher teilte 427 schizophrene Patienten in Gruppen hinsichtlich der Höhe ihres BMI ein. Er stellte nach 6-monatiger Behandlung mit Quetiapin fest, dass untergewichtige Patienten von der Medikation durch leichte Gewichtszunahme profitierten, während Übergewichtige (BMI > 30 kg/m²) tendenziell abnahmen. Die mittlere Gewichtszunahme für das Gesamtkollektiv betrug 0.4 Kilogramm (Brecher M 2000). 28 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Eine Vergleichsstudie zwischen Quetiapin und Chlorpromazin ergab signifikante Gewichtszunahmen bei 27 % versus 18 %. Die absolute Gewichtzunahme war in beiden Gruppen identisch (Peuskens J 1997). 65 über 6 Monate mit Clozapin vorbehandelte Patienten, die durchschnittlich 6.5 Kilogramm zugenommen hatten, bekamen zusätzlich Quetiapin verordnet. Quetiapin zeigte einen positiven Einfluss auf die Gewichtsentwicklung. Die Gewichtsabnahme betrug 4.2 Kilogramm. Bei 20 % der Patienten, die unter Clozapin einen manifesten Diabetes Mellitus entwickelt hatten, normalisierten sich unter Quetiapin die HbA1c-Werte (Reinstein M 1999). 3.1.2.3.6 Sertindol Eine placebokontrollierte Studie ergab nach 40 Behandlungstagen mittlere Gewichtszunahmen von 3.3 Kilogramm unter Sertindol, von 0.8 Kilogramm unter Placebo (Van Kammen DP 1996). Sertindol führte in einem Kollektiv von rund 500 Patienten nach 8 Wochen zu einer Gewichtszunahme zwischen 2.2 und 3.3 Kilogramm und scheint bezüglich seines gewichtsinduzierenden Potentials gleichwertig mit Haloperidol (Zimbroff DL 1997). Angaben eines Reviews zufolge müssen bei Langzeitbehandlungen mit Sertindol nicht von weiteren Gewichtsanstiegen ausgegangen werden. Die mittlere Gewichtszunahme nach einem Jahr betrug ebenfalls 3 Kilogramm (Tamminga CA 1997). 3.1.2.3.7 Ziprasidon Drei placebokontrollierte Studien ermittelten mittlere Gewichtszunahmen von 0.5 bis 1 Kilogramm nach 4 bis 6 Wochen Ziprasidon-Einnahme (Chou JCY 1998, Tandon R 1997, Keck PE 1998). In einer 6-wöchigen Vergleichsstudie von Ziprasidon mit Olanzapin traten unter letzterem signifikant höhere Gewichtszunahmen auf. Cholesterin, Triglyzeride und „Low Density Lipoprotein“-Level im Serum stiegen an (Simpson G 2001). In einer 52-wöchigen Untersuchung kam es bis zum letzten Untersuchungszeitpunkt in allen Dosierungsgruppen von Ziprasidon (40 Milligramm, 80 Milligramm, 160 Milligramm pro Tag) zu einer mit Placebo vergleichbaren Gewichtsentwicklung: die Gewichtsabnahme betrug zwischen 1 und 3 Kilogramm. Frauen nahmen mehr ab (Arato M nach Taylor DM 2000). Eine weitere Untersuchung verfolgte die Gewichtsveränderungen unter einem Medikamenten-switch von den konventionellen Neuroleptika Olanzapin und Risperidon zu Ziprasidon. Nach der Umstellung von Olanzapin auf Ziprasidon war eine signifikante Reduktion von Cholesterin- und Triglyzeridspiegeln zu vermerken. Olanzapin-vorbehandelte Patienten nahmen unter Ziprasidon 1.7 Kilogramm Gewicht ab, der BMI sank (Daniel DG 1999, 2000). 29 3.1.2.3.8 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Zotepin Wetterling dokumentierte nach mindestens 14-tägiger Therapie stärkere Gewichtszunahmen unter Zotepin als unter klassischen Neuroleptika: die Gewichtssteigerung betrug 3.6 versus 1.3 Kilogramm (Wetterling T 1996). Die Gewichtszunahme unter Zotepin betrug nach 8 Wochen etwa 2.3 Kilogramm versus 0.8 Kilogramm unter der Vergleichsmedikation Haloperidol. Unter Placebogabe kam es zu keiner Gewichtsänderung (Petit M 1996). In größeren Vergleichsuntersuchungen mehrerer Neuroleptika zeigten sich nach 8 Wochen die stärksten Gewichtszunahmen unter Zotepin (2.3 Kilogramm) und Clozapin (6.9 Kilogramm). Unter Risperidon und Sulpirid kam es zu 1.5 und 1.9 Kilogramm Gewichts-anstieg. Klassische Neuroleptika führten zu keiner wesentlichen Gewichtsveränderung (Wetterling T 2001). 11 % der Behandelten waren in einer Behandlungszeit von 6 Monaten von der Nebenwirkung betroffen (Cooper SJ 1998). 3.1.2.3.9 Vergleich unterschiedlicher Substanzklassen Unter hochpotenten Neuroleptika kam es bei 68.4 % der Patienten zu einer Gewichtszunahme, unter mittelpotenten bei 63.6 %, niederpotente Substanzen riefen bei 37.5 % eine Gewichtszunahme hervor. Demgegenüber nahmen 100 % der mit atypischen Antipsychotika behandelten Patienten zu. Quantitative Aussagen wurden nicht getroffen (Bhavani SM 1996). Ein Vergleich von Clozapin, Olanzapin und Haloperidol mit einer nicht-medizierten Patientengruppe ergab Gewichtszunahmen von 2.3 Kilogramm und 3.9 Kilogramm für die atypischen Antipsychotika. Die Haloperidolgruppe sowie nicht-medizierte Patienten zeigten keine wesentlichen Gewichtsänderungen (Kraus T 1999). In einer retrospektiven Langzeituntersuchung von 24 bis 73 Wochen kam es unter Clozapin zu einer wesentlich stärkeren Gewichtszunahme (6.8 kg = 8.7 %) als unter Olanzapin (2.4 kg = 3.3 %). Patienten unter Risperidon nahmen 2.3 Kilogramm (= 3.1 %) zu, unter Haloperidol 1.5 Kilogramm (= 1.9 %) und unter Sertindol und 0.6 Kilogramm (= 1.2 %) (Wirshing DA 1999). Die folgende Graphik (Abbildung 5) zeigt den Gewichtsverlauf unter verschiedenen konventionellen und atypischen Neuroleptika. Allison evaluierte in seiner Metaanalyse und Metaregression die Gewichtszunahme von diversen Neuroleptika für einen angenommenen Behandlungszeitraum von 10 Wochen. Zu erwähnen ist die gleichwertige Gewichtszunahme von Clozapin und Olanzapin mit Werten von durchschnittlich 3.5 bis 4.0 Kilogramm, bei einem maximalen Gewichtsanstieg von etwa 7 Kilogramm. Für Risperidon errechneten sich mittlere Gewichtszunahmen von 2.1 Kilogramm und Maximalwerte von 5 Kilogramm (Allison DB 1999). 30 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Abbildung 5: 95 % Konfidenzintervall: Gewichtszunahme nach einer 10-wöchigen Medikamenteneinnahme ( nach Allison DB 1999) 3.1.3 Gewichtszunahme unter Stimmungsstabilisierern Valproat, Carbamazepin und Lithium werden erfolgreich in der Behandlung akut-manischer Zustände, sowie als Phasenprophylaktika eingesetzt (Sachs GS 1999, Walden J 2000). Daten über die Gewichtsinduktion durch Stimmungsstabilisierer liegen für die etablierten Antiepileptika größtenteils aus der Epilepsieforschung vor. 3.1.3.1 Lithium Die Gewichtszunahme unter Lithium ist ein bekanntes Phänomen, das zahlreiche Studien dokumentierten: 25 % der Patienten würden adipös (Müller-Oerlinghausen B 1979). Nach 5.5 Jahren hatten fast alle Patienten einer Studienpopulation ihre Therapie wegen dieser unerwünschten Begleiterscheinung abgesetzt (Johnson RE 1996). Es existieren mehrere Langzeituntersuchungen, welche die Gewichtszunahme unter Lithiumeinnahme bewerten. Schou zufolge kam es nach einem Jahr bei 11 % der Patienten zu einer Gewichtszunahme von mehr als 5 Kilogramm (Schou M 1970). Dempsey schilderte Gewichtsanstiege von 5 bis 15 Kilogramm bei 30 bis 40 % der Patienten (Dempsey GM 1976). 74 % der mit Lithium über 2 Jahre behandelten bipolaren Patienten nahmen zu: 21 % mehr als 10 Kilogramm, 2 % mehr als 20 Kilogramm (Vestergaard P 1980, 1988). Von noch höheren Zahlen sprechen Kombinationstherapien mit anderen Psychopharmaka (Fava M 2000). 31 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 3.1.3.2 Valproat 45-70 % der mit Valproat antiepileptisch behandelten Patienten entwickelten eine Gewichtszunahme. Betroffen waren 50 % der Frauen, bei einer maximalen Gewichtsabnahme von 49 Kilogramm. Sie scheinen hinsichtlich dieser Nebenwirkung sensibler zu reagieren (Isojarvi JI 1996). Dinesen dokumentierte eine Gewichtsänderungen von weniger als 7 Pfund bei 43 % der Patienten, 57% nahmen mehr als 3.6 Kilogramm zu. Eine Kontrollgruppe wurde nicht gebildet (Dinesen H 1984). Easter wertete in einer retrospektiven Auswertung der Daten von 260 epileptischen Kindern und Jugendlichen die Gewichtszunahme unter Valproat als nicht stärker ausgeprägt als unter Carbamazepin. Wurde die Medikation wegen Therapieresistenz von Valproat auf Carbamazepin umgestellt, so stieg das Gewicht auch weiterhin an (Easter D 1997). 71 % der über eine mittlere Zeitdauer von 27 Monaten mit Valproat medizierten Patienten einer Studie nahmen mehr als 4 Kilogramm zu. Im Vergleich dazu kam es unter Carbamazepin bei 43 % der Patienten zu einer Gewichtszunahme. Eine Gewichtszunahme von weniger als 5 % des Ausgangsgewichts traten bei mehr als einem Viertel (28 %) der Valproatmedizierten auf. Vergleichbar häufig war eine Gewichtszunahme von 5 bis 10 % des Ursprungsgewichts (24 % der Behandelten) welche sich nicht signifikant von der Carbamazepin-Gruppe unterschied (28 % der Patienten). Ein Gewichtsanstieg um mehr als 10 % war bei 14 % der Carbamazepin-Therapierten und bei 47 % der Patienten mit Valproat nachweisbar (Corman C 1997). Biton verglich in einem doppelt-verblindeten, nicht placebo-kontrollierten Studiendesign das neuere Antikonvulsivum Lamotrigin mit Valproat. Aufgrund der Gewichtszunahme ergaben sich höhere NonCompliance und Drop-out-Raten unter Valproat. Durch einen Switch von Valproat zu Lamotrigin verloren diejenigen Patienten wieder Gewicht, die unter Valproat zugenommen hatten (Biton V 2001). Verotti untersuchte Veränderungen des Gewichts und dessen Einfluss auf die Insulin- und Leptinlevel bei Valproat-medizierten Epileptikern. Nach 12 Monaten Therapiedauer waren 37 % der Patienten übergewichtig (BMI > 25 kg/m²) und es wurden erhöhte Leptin- und Insulinspiegel gemessen, die mit dem BMI-Anstieg korrelierten. Die mittlere BMI-Zunahme betrug 4.7 kg/m². Ein erhöhter TaillenHüft-Quotient (Anstieg um 0.01) sprach für viszerale Fetteinlagerungen (Verotti A 1999). Eine Vergleichsstudie von Valproat und Carbamazepin ergab eine Gewichtsabnahme von mehr als 5.5 Kilogramm bei 20 % versus 8 % der Patienten (Mattson 1992). 3.1.3.3 Carbamazepin Carbamazepin wird zumeist als mässig gewichtsinduzierendes Antiepileptikum und Phasenprophylaktikum eingestuft (Masand PS 2000). 32 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Dennoch liegen Einzelfallberichte vor, die eine progressive Gewichtszunahme bis zu 15 Kilogramm registrierten, die mangelhaft auf Diät ansprach. In kausalem Zusammenhang ständen Flüssigkeitsretention und die Entwicklung von Ödemen (Lampl Y 1991). 3.1.3.4 Lamotrigin Lamotrigin sei eine, auf die Gewichtsentwicklung bezogen neutrale Substanz. Aus 32 ausgewählten Studien über mindestens 180 Behandlungstage an insgesamt 463 Patienten resultierten Gewichtsveränderungen von durchschnittlich 0.5 Kilogramm (Devinsky O 2000). Nach 8 Monaten betrug die mittlere Gewichtszunahme 0.6 Kilogramm unter Lamotrigin gegenüber 5.8 Kilogramm unter Valproat. Ein mehr als 10-prozentiger Gewichtsanstieg trat bei 8 % im Vergleich zu 38 % der Patienten auf (Biton V 2001). 3.1.3.5 Neuere Antiepileptika Unter den neueren Antikonvulsiva, die als Mood-Stabilizer in der Behandlung bipolarer Störungen eingesetzt werden, wurden Gabapentin und Vigabatrin mit einer Gewichtszunahme assoziiert. 57 % der Patienten unter Gabapentin nahmen bis zu 27 Kilogramm zu. Die mittlere Gewichtszunahme betrug 2.9 Kilogramm (Post RM 1998). Ein Plateaueffekt wurde erst nach 6 bis 9 Monaten erreicht (De Toledo JC 1997). In einer Langzeitstudie nahmen unter Vigabatrin circa 50 % der Patienten zwischen 3 und 33 % ihres Ausgangsgewichts zu (Tartara A 1992). Eine weitere Studie mit Vigabatrin stellte lediglich bei 6 % der Behandelten eine Gewichts-zunahme fest (Loeb C 1992). Felbamat und Topiramat zeichneten sich durch Gewichtsabnahme aus. In einer 23-wöchigen Untersuchung nahmen 75 % der Patienten durchschnittlich 3.2 Kilogramm ab (Ketter TA 1999). Mit Topiramat konnten dosisabhängig Gewichtsreduktionen von 1.1 bis 5.9 Kilogramm erzielt werden (Marcotte D 1998). 3.2 Gewichtszunahme bei bipolarer und schizoaffektiver Störung 3.2.1 Prävalenz von Adipositas bei der Bipolaren Störung Elmslie widmete sich einer Untersuchung mit 89 bipolaren Patienten und von Kontrollpersonen. Der Einfluss besonders schwerer Erkrankungszustände und Hospitalisierungen wurde durch die Wahl euthymer Patienten ausgeschlossen. 33 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Bei 57 % der weiblichen und 58 % der männlichen Patienten wurde ein erhöhter Taillen-HüftQuotient im Vergleich zu 17 und 35 % der gesunden Kontrollpersonen gemessen. Die Prävalenz von Übergewicht bzw. Adipositas bei Patientinnen war um das 1.8- bzw. 1.5-Fache gegenüber der Kontrollgruppe erhöht. Dieses Verhältnis blieb auch nach Ausschluss von Nikotinabusus und der Elimination sozioökonomischer Faktoren als Einflussparameter für die Genese von Adipositas bestehen. Der höchste Anteil an Adipositas fand sich bei Neuroleptika-behandelten Patienten (2.5-Faches der Norm), gefolgt von einer 1.5-fach erhöhten Prävalenz unter Lithium-Therapie. 3.2.2 Pathogenese der Adipositas bei Bipolaren Störungen Zur Klärung der Pathogenese von Adipositas bei psychopharmakabehandelten bipolar Erkrankten ermittelte Elmslie die anteilmäßige Verteilung von Kohlenhydraten, Lipiden und Proteinen in der aufgenommenen Nahrung, sowie die körperliche Aktivität im Vergleich zur Kontrollpopulation (Untersuchung in Neuseeland). Daraus ergab sich eine erhöhte Aufnahme von Kohlenhydraten bei bipolaren Patientinnen. In der Patientengruppe wurden mehr nicht-alkoholische Getränke, Kekse und Süßigkeiten konsumiert, wobei der Anteil unter neuroleptisch behandelten Patienten am größten war. Im Hinblick auf fettreiche Nahrung konnte keine Unterschiede evaluiert werden. Der Energieverbrauch der Patienten war darüber hinaus durch eine signifikant geringere körperliche Aktivität erniedrigt, woraus ein ungünstiges Verhältnis zwischen Energieaufnahme und Verbrauch resultiert (Elmslie JL 2000). 3.2.2.1 Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme bei bipolaren Störungen Bisher wurde das Auftreten von Gewichtszunahme unter der Einnahme von Psychopharmaka für bipolar affektive Patienten nur sporadisch untersucht. Die Mehrzahl der Studien beschäftigt sich mit dieser Nebenwirkung bei schizophrenen und depressiven Patientenkollektiven. Die Daten zur Gewichtszunahme unter Antidepressiva und Antipsychotika sind deshalb eingeschränkt, da bipolare Patienten aufgrund der häufigen Polypharmatherapie dieser Patientengruppe explizit aus den meisten Studien ausgeschlossen werden. 3.2.2.2 Gewichtszunahme unter Antidepressiva Zur Gewichtszunahme unter Antidepressiva konnte einzig eine retrospektive Befragung uni- und bipolar depressiver Patienten eruiert werden (Benazzi F 1998). Benazzi beurteilte die Gewichtszunahme, unabhängig von der zugrundeliegenden psychiatrischen Diagnose als Zeichen klinischer Remission und nicht als eine Nebenwirkung der Medikation. 34 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 3.2.2.3 Neuroleptikainduzierte Gewichtszunahme Diverse Autoren siedeln die Gewichtszunahme unter den am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen bei manisch-depressiven Patienten an (Bhana N 2001, Chang KD 2000, McElroy SL 1998). Eine Gewichtszunahme trat demnach bei 13 bis 36 % der mit Olanzapin behandelten Patienten auf (Vieta E 2001, Sanger TM 2001). In einem Beobachtungszeitraum von 4 Wochen nahmen Patienten mit einer manischen oder gemischten Episode unter Olanzapin durchschnittlich 2.1 Kilogramm zu (Tohen M 2000). Chang hielt in einer Fallbeschreibung von 3 präpubertären, mit Olanzapin und einem Stimmungsstabilisierer therapierten Manikern mit bipolarer Störung Sedierung und Gewichtszunahme als die häufigste unerwünschte Effekte fest (Chang KD 2000). Eine Gewichtszunahme trat nach 6-wöchiger Behandlung mit dem atypischen Antipsychotikum Olanzapin signifikant häufiger und ausgeprägter auf (mittlere Gewichtszunahme 5.0 Kilogramm) als unter Haloperidol (Tran PV 1999). Franzier berichtete nach 8-wöchiger Verabreichung von Olanzapin einem signifikanten Gewichtsanstieg von durchschnittlich 5 Kilogramm (Franzier JA 2001) In einem gemischt-psychiatrischen Patientenkollektiv (Schizophrenie, Bipolare Störung u.a.) wurde nach 3-monatiger Behandlung mit Olanzapin eine mittlere Gewichtszunahme von 5.4 Kilogramm registriert (Osser DN 1999). Eine retrospektive Untersuchung verglich Wirkung und Nebenwirkung von Risperidon, Olanzapin und Clozapin in Kombination mit Stimmungsstabilisierern bei Bipolar I-Störung. Substantielle Gewichtszunahmen von 4.5 Kilogramm oder mehr traten signifikant häufiger unter Olanzapin-Einnahme auf (Guille C 2000). Frankenburg beobachtete nach 37-monatiger Clozapingabe eine dosisabhängige Gewichts- und BMIZunahme, sowie erhöhte Taillen-Hüft-Quotienten vor allem der weiblichen schizoaffektiven Patienten (Frankenburg FR 1998). Die Gewichtsanstiege unter atypischen Antipsychotika scheinen durch die gleichzeitige Einnahme von Stimmungsstabilisierern noch potenziert (Ghaemi SN 2000, Guille C 2000). 3.2.2.4 Gewichtszunahme unter Stimmungsstabilisierern Vendsborg verfolgte die Gewichtsentwicklung von 70 manisch-depressiven Patienten unter Lithiumtherapie über den Zeitraum von 2 bis 10 Jahren. 64 % der Patienten nahmen durchschnittlich 10 Kilogramm zu. Die von Patienten beklagte Appetitsteigerung korrelierte nicht mit der tatsächlichen Gewichtszunahme. Frauen waren signifikant häufiger betroffen. Bei Therapiebeginn bereits übergewichtige Patienten nahmen in der Regel häufiger und mehr zu (Vendsborg PB 1976). Peselow demonstrierte in einer 12-monatigen Untersuchung an 32 bipolaren Patienten, daß trotz der medizinischen Remission das Gewicht weiterhin anstieg. Die Gewichtszunahme lasse sich deshalb 35 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas nicht als Zeichen der klinischen Wirksamkeit des Medikaments werten. Während eine Gewichtszunahmen von über 4.5 Kilogramm nur bei 8 % der Placebo-Randomisierten auftrat, war dies bei der Hälfte der mit Lithium behandelten Patienten der Fall. Der Grossteil des Gewichts wurde in den ersten 2 Behandlungsmonaten zugenommen. Hierbei handelt es sich um die einzige doppelt-verblindete, placebo-kontrollierte Studie zur Gewichtszunahme unter Lithium (Peselow ED 1980). Calabrese berichtete von nur geringen gewichtssteigernden Effekten von Valproat. Lediglich bei 7 % der 392 über 3 Monate und bei den 168 über 1 Jahr behandelten bipolaren Patienten trat eine Gewichtszunahme auf, wobei diese Daten retrospektiv erhoben und nicht quantifiziert wurden (Calabrese JR 1996). Bowden (Bowden CL 1998) verglich das gewichtsinduzierende Potenzial von Valproat mit dem von Lithium: nach 12 Behandlungsmonaten trat eine signifikante Gewichtszunahme (> 7 %) bei 23 % der Valproat-Medizierten und bei 16 % unter Lithium auf. Der Einfluss von Carbamazepin auf das Gewicht wurde an einem gemischt-psychiatrischen Patientengut, darunter auch bipolar Erkrankte, untersucht. Aufgrund der niedrigen Patientenzahlen lassen sich seine Schlussfolgerung, die Gewichtzunahme trete nur bei depressiven Respondern auf, nicht verallgemeinern (Joffe RT 1986). Alle weiteren Kenntnisse der Gewichtsinduktion durch Carbamazepin liegen aus der Epilepsieforschung vor. Untersuchungen zu bipolar affektiven Patienten und Gewichtszunahme liegen für Lamotrigin als gewichtsneutralen Mood-Stabilizer vor (Bowden CL 1998). In jüngster Zeit wurden Untersuchungen zum Einsatz des Antiepileptikums Topiramat in der Manie sowie als Stimmungsstabilisierer durchgeführt (Chengapapa KNR 1999/2001, McElroy SL 2000, Grunze H 2001). Marcotte beschrieb 1998 erstmalig die gewichtsreduzierende Wirkung von Topiramat als eine zusätzliche positive Eigenschaft des Antikonvulsivums (Marcotte D 1998). 3.3 Pathogenese der Gewichtszunahme unter Psychopharmaka 3.3.1 Energieaufnahme und Verbrauch Gewichtszunahme entsteht durch ein Ungleichgewicht von Energieaufnahme und Energieverbrauch (Cerulli J 1998). Zum Energieverbrauch unter psychopharmakologischer Behandlung seien die Forschungsergebnisse von Fernstrom erwähnt. 36 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Ihre Untersuchungen bewerten die Gewichtszunahme als Konsequenz eines erniedrigten metabolischen Grundumsatzes bei gleichbleibender Nahrungsaufnahme. Dies würde eine Erklärung für häufiges Versagen von Diät bei antidepressiva-induzierter Gewichtszunahme darstellen. Fernstrom widerlegte des weiteren die Meinung, Gewichtszunahme unter Trizyklika sei die Folge des sogenannten „carbohydrate craving“, worunter die vermehrte Aufnahme von Süßigkeiten, Keksen, Eiskrem etc. verstanden wird, also hochkalorischer fettreicher Nahrungsmittel (Fernstrom MH 1989). 3.3.2 Histamin-Antagonismus H1- und H2-Agonisten scheinen sich positiv auf das Sättigungsgefühl auszuwirken, während H1Antagonisten die Nahrungsaufnahme steigerten (Tuomisto L 1994, Lecklin A 1998, Roose SP 1999). Der Histaminantagonismus führe unter anderem über eine Sedation zu einer verminderten körperlichen Betätigung und somit zu reduziertem Energieverbrauch (Wetterling T 2001). Die antagonistische Wirkung an Histaminrezeptoren scheint für die massive Gewichtszunahme unter trizyklischen Antidepressiva, wie Amitriptylin und Doxepin sowie unter tetrazyklischen Substanzen wie Maprotilin und Mianserin, mitverantwortlich zu sein (Baptista T 1999, Stanton JM 1995). Auch Mirtazapin führe zu einer starken Histamin H1-Rezeptorblockade und bewirke darüber eine Appetit- und Gewichtssteigerung (Harris B 1984). Eine starke antihistaminerge Wirkung wird für die relativ stärkere Gewichtszunahme unter Paroxetin im Vergleich zu jener unter den anderen SSRI verantwortlich gemacht (Fava M 2000). Unter Desipramin, einem schwach antihistaminergen-anticholinergen Trizyklikum, wurde häufiger eine Gewichtsabnahme beobachtet (Stern SL 1986). Die geringe Affinität zu Histaminrezeptoren und der fehlende Antagonismus an Serotoninrezeptoren erkläre auch die geringe Gewichtszunahme unter Amoxapin (Bernstein JRG 1988). Wirshing und Mitarbeiter fanden eine hohe Korrelation bezüglich der Affinität von atypischen Antipsychotika zu H1-Rezeptoren und ihrer Gewichtsinduktion (Wirshing DA 1999). Andererseits beurteilte Kraus diese reine Rezeptor-Wirkungs-Beziehung als zu stark simplifiziert, da die Rezeptorwirkung wesentlich von deren Lokalisation im Organismus bestimmt würde (Kraus T 2001). Über die antihistaminerge Wirkung hinaus, scheinen andere Mechanismen eine Rolle bei der Gewichtsinduktion zu spielen. Dafür spricht auch die signifikante Gewichtszunahme unter dem schwach antihistaminergen Pharmakon Sulpririd (Wetterling T 1999). 3.3.3 Anticholinerge Wirkungen Zu den anticholinergen Nebenwirkungen der Trizyklika gehört auch das Auftreten von Mundtrockenheit. Durch die Aufnahme kalorienreicher Getränke werde die Energiezufuhr gesteigert (Bernstein JG 1988, 1992). 37 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Eine Obstipation durch Parasympatikolyse wird als weitere Erklärung der Gewichtszunahme unter Antidepressiva und Antipsychotika herangezogen (Wetterling T 2000). Ein Zusammenhang zwischen der Affinität zu M1-Rezeptoren und den genannten unerwünschten Begleiterscheinungen konnte für Clozapin, Olanzapin, Risperidon und Zotepin jedoch nicht hergestellt werden (Wetterling T 2000). 3.3.4 Serotonin-Antagonismus Eine Gewichtsabnahme wurde zumindest in Kurzzeituntersuchungen als Begleiterscheinung der Therapie mit SSRI wie Fluoxetin gefunden (Ferguson JM 1986). Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren steigerten die Verfügbarkeit von Serotonin, wirkten via 5 HT2c-Rezeptoren regulierend auf Appetit und Sättigungsgefühl und beeinflussten so das Körpergewicht (Pijl H 1996). Tecott beschrieb 5 HT2a- und 2c-Rezeptoren als die wesentlichen Ansatzpunkte, über die Serotonin die Nahrungsaufnahme steuere (Tecott LH 1995). Der Einfluss durch Stimulation von Serotoninrezeptoren gewinne insbesondere in den Nachtstunden an Bedeutung, während tagsüber die orexigene Wirkung postsynaptischer Alpha2-Rezeptoren des Nucleus paraventricularis überwiege (Currie PJ 1996). SSRI wirkten im Gegensatz zu den meisten trizyklischen Antidepressiva antriebssteigernd, was sich förderlich auf den Energieverbrauch auswirke (Karow T 1998). Die neueren Antipsychotika besäßen eine hohe antagonistische Wirkung an genannten Rezeptoren und werden daher mit signifikanter Gewichtszunahme assoziiert (Meltzer HY 1989,1991). 3.3.5 Dopaminrezeptoren Auch Dopaminrezeptoren spielten eine Rolle bei der Regulation von Sättigung. Über D1-Rezeptoren könne eine anorexigene Wirkung erzielt werden. D2-Rezeptoren hätten dahingegen ein biphasisches Wirkprofil. Niedrig dosiert, wirkten sowohl D2Agonisten wie Antagonisten stimulierend auf die Nahrungsaufnahme. Das Gegenteil würde bei hochdosierter Gabe erreicht (Terry P 1996). Obwohl experimentell ein Einfluss von D2-Rezeptoren auf die Nahrungsregulation gezeigt werden könne, bestehe keine Klarheit über deren Einfluss in vivo (Wetterling T 2000). Trotz ihrer hohen D2-Rezeptoraffinität wirkten auch Haloperidol und Pimozid nur schwach gewichtssteigernd (Baptista T 1999). 3.3.6 GABA und Glutamat Der GABAerge Mechanismus, über den Valproat seine antiepileptische Wirkung entfaltet wurde mit Gewichtszunahme in Verbindung gebracht (Ketter TA 1999). Eine antiglutamaterge Wirkung könne 38 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas für die häufigere Gewichtsabnahme unter Lamotrigin und Topiramat verantwortlich sein (McIntyre RJ 2001). 3.3.7 Andere Hypothesen Für einzelne Substanzen werden andere spezifische Mechanismen diskutiert, die für deren gewichtsinduzierendes Potential verantwortlich sein sollen. 3.3.7.1 Genetische Veranlagung Von einer genetischen Prädisposition der Gewichtszunahme unter Clozapin gehen einige Forscher aus (Umbricht DS 1994, Meltzer HY 1995). Eine spezifische Konstellation des β3-Rezeptor-Gens (Argininallel) gehe mit einer erhöhten Inzidenz von Insulinresistenz, Diabetes Mellitus Typ II und Gewichtszunahme unter Clozapin einher. Speziellen genetischen Veranlagungen für Alpha1-Rezeptoren und TNFα komme ebenfalls Bedeutung für die Gewichtszunahme unter Clozapin zu (Basile VS 2001). 3.3.7.2 Hormoneller Einfluss Diverse Studien beschäftigen sich mit den gewichtsbeeinflussenden endokrinen Veränderungen unter Psychopharmakaeinnahme. Unter Lithiumtherapie wurden vereinzelt erhöhte Kortisolspiegel gemessen und Schilddrüsenunterfunktion diagnostiziert (Platman SR 1968). Ein Hypothyroidismus wurde allerdings nur bei 5 % der untersuchten Patienten festgestellt, kann ursächlich jedoch nicht ausgeschlossen werden (Lydiard RB 1982). Endokrine Veränderungen, insbesondere die der Sexualhormone (Östradiol, Progesteron, Prolaktin, DHEA, Testosteron) durch Antipsychotika, scheinen bei der Gewichtsregulation ebenfalls eine Schlüsselrolle zu spielen (Baptista T 1999). Diese Wechselwirkungen wurden jedoch noch nicht systematisch untersucht. Baptista fand bei zahlreichen Hormonspiegeluntersuchungen (Prolactin, LH, FSH, Oestradiol, usw.) von Lithium-behandelten Frauen nur signifikante Veränderungen des Thyroidea-Stimulierenden Hormons (TSH) (Baptista T 2000). Bei 64 % der Patientinnen unter Valproat-Behandlung kam es zum Auftreten von Hyperandrogenismus, polyzystischen Ovarien sowie Hyperinsulinämie (Isojarvi JI 1993). 3.3.7.3 Stoffwechseländerungen 3.3.7.3.1 Carnitin Valproat scheint zu einer Reduktion von Carnitin zu führen. 39 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas L-Carnitin ist eine körpereigene Substanz und kann aus Aminosäuren aufgebaut werden. Sie ist in der Lage, über spezielle Umwegmechanismen langkettige, aktivierte Fettsäuren in die Mitochondrien einzuschleusen. L-Carnitin fängt darüber hinaus überschüssiges Acetyl-CoA durch die Bildung von Acetyl-L-Carnitin ab. Dadurch nimmt die Verfügbarkeit von CoA im Citratzyklus zu und der Energieverbrauch wird erhöht. Ein Mangel an Carnitin führe möglicherweise durch einen verminderten Energieverbrauch zur Gewichtszunahme. Die Glucoseverwertung und die Gluconeogenese würden gehemmt. Daraus folge eine Hypoglykämie, die sich wiederum stimulierend auf das Hungergefühl auswirke (Breum L 1992). 3.3.7.3.2 Glucose und Insulin Die Beeinflussung des Glucosestoffwechsels durch Psychopharmaka wird kontrovers diskutiert (Vendsborg PB 1973, 1976). 1943 berichtete Gildea bei bipolaren Patienten gehäuft vom Auftreten pathologischer Glucosetoleranz (Gildea EF 1943). Ein häufigeres Vorkommen von Glucosestoffwechselanomalien bei schizophrenen und manischdepressiven Patienten bestätigten auch Van der Velde und Mitarbeiter (Van der Velde CD 1969). Im Vergleich zur Normalbevölkerung konnte in einer Kohorte von 345 bipolaren Patienten eine um 3.4 % erhöhte Prävalenz der Zuckerkrankheit evaluiert werden. Patienten mit einem schwereren Krankheitsverlauf, der häufigere Hospitalisationen notwendig machte, waren stärker betroffen. Cassidy sieht die Genese der endokrinen Störung weniger im Hinblick auf eine veränderte Stoffwechselsituation unter der Behandlung mit Psychopharmaka, sondern zog Parallelen zwischen den pathogenetischen Hypothesen der bipolar affektiven Störung und des Diabetes Mellitus: Subkortikale Mikroläsionen seien sowohl bei Diabetikern wie bei bipolar Erkrankten zu finden. Depressive, manische und gemischte Episoden führten zu einer verstärkten Ausschüttung von Glucocorticoiden. Ein Hypercortizismus ist ebenfalls mit Diabetes assoziiert. Der Nucleus suprachiasmaticus übe sowohl einen Einfluss auf Schlaf-Wach-Störungen während manischer Phasen als auch auf die Regulation des Glucosemetabolismus aus (Cassidy F 1999). Außer dem Risiko der Gewichtszunahme per se interessierte sich auch Henderson in einer prospektiven Studie über den Zeitraum von 5 Jahren für das Auftreten von gestörten Glukose- und Lipidstoffwechsel unter Neuroleptikabehandlung. Er entdeckte erhöhte Glucose-Werte bei 52 % der Clozapin-Behandelten. Ein klinisch manifester Diabetes mellitus Typ II wurde bei 30.5 % der Patienten diagnostiziert. Die Zuckerkrankheit trat signifikant häufiger vor dem 50. Lebensjahr auf, als dies statistisch zu erwarten war. Eine Insulinresistenz stellte sich in 10 % der Fälle auch unabhängig von der Gewichtszunahme ein. Sowohl Clozapin wie auch Olanzapin wird deshalb eine de novo Induktion eines insulinunabhängigem Diabetes mellitus zugeschrieben (Henderson DC 2000). 40 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Angaben von Hägg zufolge entwickelten 12 % der Patienten unter Clozapin einen Diabetes, 10 % hätten eine gestörte Glucosetoleranz, während dies nur bei 6 bzw. 3 % der, mit konventionellen Neuroleptika behandelten Patienten der Fall sei (Hägg S 1998). Melkerson registrierte neben Gewichts- und BMI-Veränderungen deren positive Korrelation mit erhöhten Leptin- und Insulinspiegeln. Bei 86 % trat eine Gewichtszunahme von durchschnittlich 5 Kilogramm in 5 Monaten auf, übergewichtig waren 57 % der Olanzapin-medizierten schizophrenen Patienten. Triglyzerid- und Cholesterinlevel augmentierten, waren jedoch nicht mit Gewichtszunahme und BMI korreliert (Melkerson KI 2000). Das relative Risiko der Entwicklung eines Diabetes Mellitus scheint unter Antipsychotika über das 3fache der Norm erhöht. Das geringste Risiko existiere hierbei für Quetiapin (Turecki G 2001). 3.3.7.3.3 Leptin Eine weitere Untersuchung verglich den BMI und die Insulin- und Leptinspiegel bei Patienten, die mindestens über 2 Monate ein konventionelles Neuroleptikum (Perphenazin, Zuclopenthixol), Clozapin oder Olanzapin eingenommen hatten. Ein erhöhter BMI fand sich bei 47 % (konventionelle Neuroleptika), 50 % (Clozapin) bzw. 57 % (Olanzapin) der Patienten, wobei die Höhe des BodyMass-Index zwischen den Gruppen nicht variierte. Insulin war bei 32 % der Patienten unter konventionellen Substanzen, bei 50 % unter Clozapin und 71% unter Olanzapin erhöht. Leptin war in 26 %, 21 % und 57 % der Fälle erhöht. Während Patienten aller Substanzgruppen zunahmen, traten unter Clozapin und Olanzapin zusätzlich signifikant erhöhte Leptin und Insulinspiegel auf, was für einen direkten Einfluss dieser Pharmaka auf die Sekretion genannter Hormone, und damit auf Adipozyten und β-Zellen des Pankreas spreche (Melkerson KI 2000, 2001). Eine positive Korrelation zwischen Leptinspiegeln und dem Ausmaß der Gewichtszunahme sowie von Leptinlevel und basalem Insulinspiegel konnte Baptista (Baptista T 2000) für Sulpirid nachweisen. Die Rolle des Hormons Leptin sowie des Cytokins TNF α bei der Pathogenese der Adipositas unter Antidepressiva ist bis dato nicht geklärt (Hintze-Selch D 1999). Neuere Untersuchungen konzentrieren sich auf die Erforschung des Neuropeptids Y (NPY), dessen Serumspiegel bei chronischer Zufuhr von Neuroleptika bei Ratten ansteigt. NPY steigere die Kohlenhydrataufnahme. Leptin und Insulin als katabole Stoffwechselmediatoren hemmten die Sekretion von NPY und steigerten den Energieverbrauch (Kraus T 2001). 3.3.7.4 Nikotinentwöhnung Patienten, die Clozapin zur Behandlung ihrer schizophrenen Störung einnahmen, verringerten signifikant ihren täglichen Nikotinkonsum. Eine Nikotinentwöhnung ist wiederum häufig mit Gewichtszunahme assoziiert (George TP 1995). 41 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas 3.3.7.5 Wasser- und Elektrolythaushalt Carbamazepin verursache eine Gewichtszunahme unter anderem durch seinen Einfluss auf das Antidiuretische Hormon (ADH). Es käme zu Flüssigkeitsretention und Ödementwicklung (Kimura T 1974, Rall TW 1990). Eine Natrium-Retention führe bei bis zu 10 % der mit Lithium behandelten Patienten zu fazialen und prätibialen Ödemen (Demers R 1970, Vestergaard P 1980). 3.4 Risikofaktoren der Gewichtszunahme unter Psychopharmaka 3.4.1 Substanzspezifische Einflussfaktoren der Gewichtszunahme Es gibt diverse Hypothesen, die aufzuklären versuchen, welche Faktoren für eine Gewichtszunahme unter Psychopharmaka sensibilisieren. 3.4.1.1 Medikamentendosis Diverse Autoren ermittelten eine dosisabhängige Gewichtszunahme unter Psychopharmaka. 3.4.1.1.1 Antidepressiva Die Dosisabhängigkeit der Gewichtszunahme unter Antidepressiva wird kontrovers diskutiert. Für Amitriptylin wurde bereits bei Dosierungen mit der geringsten wirksamen Dosis (ab 25 mg/d) eine Gewichtszunahme beobachtet (Berken GH 1984). Garland fand eine Korrelation zwischen der Stärke der Gewichtszunahme und der Dosierung von Trizyklika sowie der Therapiedauer (Garland EJ 1988). Mirtazapin soll nur bei niedriger Dosierung eine Gewichtszunahme bewirken. Die Nebenwirkung verschwinde bei Dosissteigerung (Davis R 1996). 3.4.1.1.2 Antipsychotika Eine positive Korrelation der Gewichtszunahme mit steigender Dosierung zeigte auch Amdisen in einer retrospektiven Betrachtung für Chlorpromazin, Perphenazin und Chlopentixol (Amdisen A 1964). Chlorpromazin steigere bei Dosierungen von mehr als 1500 Milligramm pro Tag das Gewicht, während diese Nebenwirkung bei Dosierungen unter 800 Milligramm pro Tag selten sei (Robinson RG 1975). Zu gleichen Ergebnissen kamen auch Johnson und Mitarbeiter (Johnson DA 1979). Ein positiver Zusammenhang von Gewichtszunahme und Dosis konnte in einer pharmazeutischen Studie für Olanzapin gezeigt werden (Eli Lilly 1996). 42 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Jalenques widersprach diesen Ergebnissen. Er beschrieb Gewichtszunahme bereits bei niedrigen Dosierungen (Jalenques Y 1996), wobei anzumerken ist, dass der Schweregrad der Erkrankung und deren Verlauf die Gewichtsentwicklung ebenfalls beeinflussen und Grund für diese abweichenden Ergebnisse sein können (Baptista T 1999). Ganguli stellte eine Beziehung zwischen der Dosis von Haloperidol bzw. Fluphenazin-Depotgabe sowie der Therapiedauer und dem Ausmaß der Gewichtszunahme her (Ganguli R 1996). Auch für Risperidon und Quetiapin konnte eine dosisabhängige Gewichtssteigerung gezeigt werden (Hoyberg OJ 1993, Small JG 1997). 3.4.1.1.3 Stimmungsstabilisierer Gewichtszunahme unter Lithium und Antidepressiva treten Ergebnissen von Kalucy zufolge bereits bei niedrigster Dosierung auf (Kalucy RS 1980). 3.4.1.2 "Clinical Improvement" Endgültige Ergebnisse liegen auch für den Zusammenhang zwischen einer klinischer Besserung der Symptomatik („Clinical Improvement“) und der durch Psychopharmaka induzierten Gewichtszunahme nicht vor. 3.4.1.2.1 Antidepressiva Eine Korrelation dieser beiden Variablen stritt Kupfer für Trizyklika ab (Kupfer DJ 1979). Diese Meinung stützen auch Ergebnisse von Fernstrom und Garland (Fernstrom MH 1988, Garland EJ 1989). Benazzi hielt die Gewichtszunahme für die Folge einer Remission unter antidepressiver Therapie (Benazzi F 1998). Levitt vermerkte eine Gewichtszunahme unter Desipramin nur bei Respondern, bei Nicht-Ansprechen der Therapie kam es zu einer nicht-signifikanten Gewichtsabnahme (Levitt AJ 1987). Auch Harris wertete eine Gewichtssteigerung, bzw. vielmehr die Rückkehr zum prädepressiven Gewicht, als positives Zeichen für die Wirksamkeit der Medikation (Harris B 1984). 3.4.1.2.2 Antipsychotika Der Zusammenhang zwischen Gewichtszunahme und „clinical improvement“ unter neuroleptischer Behandlung wird kontrovers diskutiert. Die Hälfte der Patienten, die mit atypischen Antipsychotika über bis zu 90 Monate behandelt wurden, war adipös. Eine Unterscheidung der Gewichtsentwicklung zwischen Respondern und NonRespondern war nicht möglich (Umbricht DS 1994). 43 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Bei Clozapin-sensiblen Patienten wurde eine signifikante Gewichtszunahme registiert (Schmauss M 1989). Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Leadbetter (Leadbetter R 1992), Bai (Bai YM 1999) und Jalenques (Jalenques Y 1996). Eine weitere Studie stellte für Chlorpromazin eine positive Korrelation zwischen Gewichtszunahme und „clincial improvement“ dar (Planansky K 1959), wohingegen in einer multizentrischen Studie an etwa 6000 Patienten kein Zusammenhang zwischen Gewichtsänderungen und der Entwicklung der psychiatrischen Symptomatik gefunden wurde (Caffey EM 1961). 3.4.1.2.3 Stimmungsstabilisierer Für die Mehrzahl der Autoren ist die Gewichtszunahme unter Lithium-Therapie unabhängig vom Behandlungserfolg (Vendsborg PB 1976, Peselow ED 1980, Kraus T 2001). Auch die Wirksamkeit von Lamotrigin ließe sich nicht in einen Zusammenhang mit Gewichtsveränderung bringen (Biton V 2001). 3.4.2 Individuelle Risikofaktoren der Gewichtszunahme Diverse Studien versuchten Faktoren zu isolieren, die bestimmte Patienten für eine Gewichts-zunahme unter Psychopharmaka prädisponieren. Auf Stoffwechselebene könne gezeigt werden, dass eine erniedrigte Lipozytenzahl mit einer verminderten Resistenz gegenüber gewichtsauslösenden Faktoren einherginge (Vendsborg PB 1976). Bei 30 % der Behandelten wurden erniedrigte Noradrenalinplasma- und Urinspiegel gemessen, was für eine erniedrigte Sympathikusaktivität spreche (Young JB 1992). Dies gehe einher mit einem erniedrigten Grundumsatz und übe möglicherweise einen ungünstigen Einfluss auf die Regulation des Appetitzentrums aus (Astrup A 2000). Eine geringe Sympathikusaktivität prädestiniere des weiteren für eine Gewichtsresistenz bei Diäten (Astrup A 1998). Patienten mit einer derartigen Veranlagung scheinen auch eine geringe Fähigkeit für die Mobilisation von gespeicherten Fettreserven zu besitzen (Astrup A 1998). Eine Miss-Sense-Mutation an β3-Rezeptoren, wie sie bei Pima-Indianern gefunden wurden, führe ebenfalls zu einem verringerten metabolischen Grundumsatz (Walston J 1995). 3.4.2.1 Antidepressiva Fernstrom konnte keine Prädisposition für die Gewichtszunahme unter Trizyklika (Amitriptylin, Nortriptylin, Desipramin) und Zimelidin ausmachen (Fernstrom MH 1988). 44 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Eine Korrelation bestand weder bezüglich des Alters, des Geschlechts, der Schwere der derzeitigen depressiven Episode, einer vorbestehenden Adipositas, der Gewichtsabnahme während depressiver Episoden noch der klinischen Remission unter antidepressiver Therapie. Patienten mit einem niedrigeren BMI (< 25 kg/m²) hätten ein größeres Risiko der Gewichtszunahme unter Mirtazapin als solche mit einem höheren Ausgangsgewicht (Davis R 1996, Goodnick PJ 1999). 3.4.2.2 Antipsychotika 3.4.2.2.1 Geschlecht Baptista zufolge seien Frauen sensitiver für eine Gewichtszunahme unter antipsychotischer Therapie als männliche Patienten. Von 231 Patienten mit chronischer Antipsychotika-Einnahme wiesen 23 % der Frauen und nur etwa 9 % der Männer einen BMI von mehr als 30 kg/m², und damit klinisch relevante Adipositas, auf (Baptista T 1995). 78 % der Frauen und 33 % der Männer, die mit Clozapin behandelt wurden hatten einen BMI der um mehr als 5 % über der Norm lag. Durch diätetische Maßnahmen konnte dieser Anteil bei Frauen auf 40 % gesenkt werden. Alle Männer erreichten unter Diät wieder ihren Baseline-BMI (Baptista T 1998). 3.4.2.2.2 Ausgangsgewicht Ein niedrigeres Ausgangsgewicht prädestiniere für stärkere Gewichtszunahme unter Olanzapin. Von 2418 Patienten verzeichnete man bei 32 % der Untergewichtigen (BMI < 18 kg/m²), bei 18 % der Normalgewichtigen (BMI 18-25 kg/m²) und bei 14 % der Übergewichtigen (BMI > 25 kg/m²) ein Gewichtszunahme von mehr als 7 % (Beasley JR 1997). Zur Schlussfolgerung, dass ein niedriges Ausgangsgewicht mit einer stärkeren Gewichtszunahme unter Olanzapin einherginge, kam auch Tollefson (Tollefson GD 1997). 3.4.2.2.3 Alter Jüngere Patienten (mittleres Lebensalter 27 Jahre) hatten ein erhöhtes Risiko, Gewicht unter Antipsychotika zuzunehmen als Patienten, die in einem höheren Lebensalter (mittleres Lebensalter 38 Jahre) erstmalig mit Antipsychotika behandelt wurden. Eine signifikante Gewichtszunahme von mehr als 5 Kilogramm trat bei 38 % der jüngeren und 16 % der älteren Patienten auf (Wetterling T 1999). Die Studien von Leadbetter und Umbricht bestätigten diesen Zusammenhang jedoch nicht (Leadbetter RA 1990, Umbricht DS 1994). 45 3.4.2.2.4 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas Klinischer Verlauf Die Gewichtszunahme während akuter psychotischer Zustände sei stärker ausgeprägt als jene bei der Therapie chronischer Psychosen (Claus A 1992, Wetterling T 1999). In einem Vergleich von Olanzapin mit Haloperidol bzw. Risperidon faßte Basson die für eine Gewichtszunahme disponierenden Faktoren zusammen: Olazapin-Einnahme, gesteigerter Appetit, niedriger Ausgangs-BMI, männliches Geschlecht, jüngeres Patientenalter, kaukasische Rasse sowie klinische Wirksamkeit der Medikation (Basson BR 2001). 3.4.2.3 Stimmungsstabilisierer Ein höheres Ausgangsgewicht und BMI prädestiniere für eine Gewichtszunahme unter Lithium (Vendsborg PB 19976, Bech P 1976, Vestergaard P 1988). Patientinnen seien von Gewichtszunahme unter Lithium stärker betroffen als Männer (Vendsborg PB 1976). Die zugrundeliegende psychiatrische Pathologie wurde von Vestergaard und Baptista als weiterer Faktor unterschiedlich ausgeprägter Gewichtszunahme während der Lithiumeinnahme gewertet (Vestergaard P 1980, Baptista T 1995). Gesunde Probanden, denen Lithium verabreicht wurde, zeigten keinen Gewichtsanstieg (Kraus T 2001). Corman zufolge prädestiniere ein niedriger BMI bei Patienten ohne vorbestehende Gewichtsproblematik für eine Gewichtszunahme unter Valproat. Jüngere Patienten nahmen stärker zu als ältere. Während Frauen eine mittlere Gewichtszunahme von 11.6 Kilogramm verzeichneten, betrug diese für Männer 8.8 Kilogramm (Corman C 1997). Dagegen sprach eine andere Studie von höherer Gewichtszunahme bei männlichen Patienten (Spitz MC 1991). Patienten, die länger als 20 Monate mit Valproat behandelt wurden, zeigten eine stärkere Gewichtszunahme als unter Kurzzeitbehandlung (Tartara A 1992). Der Höhe der Leptinspiegel bei Patienten vor Valproat-Therapie könne kein prädiktiver Wert bezüglich einer Gewichtszunahme unter Behandlung beigemessen werden (Dinesen H 1984, Verotti A 1999). 3.5 Compliance bei der Psychopharmakabehandlung Die Compliance bei langfristiger Medikamenteneinnahme stellt sich in vielen Fällen als problematisch dar (Blackwell B 1973). Nur 60 % der Patienten nähmen ihre Medikamente nach einem Jahr noch ein, nach 2.5 Jahren seien lediglich 25 % der Patienten compliant (Young JL 1986, Weiden P 1994). Prognostisch könne gesagt 46 A) Psychopharmakainduzierte Adipositas werden, daß zwei Drittel weniger derjenigen Patienten rezidivierten, die ihre Medikamente verschreibungsgemäß einnähmen (Perkins DO 1999). Wenige Studien haben bisher den konkreten Zusammenhang zwischen Non-Compliance und dem Auftreten spezieller Nebenwirkungen untersucht. 3.5.1 Antidepressiva Berken beobachtete bei 44 % der Patienten unter Amitriptylin und bei bis zu 70 % der mit Nortriptylin behandelten Patienten das Absetzen der Medikation. Im Anschluss kam es in der Regel zu einer rückläufigen Gewichtsentwicklung (Berken GH 1984). 3.5.2 Antipsychotika Die Non-Compliance unter antipsychotischer Behandlung schizophrener Patienten betrug nach einem Jahr 50 %, nach 2 Jahren waren zwei Drittel der Patienten non-compliant (Weiden PJ 1994). Ein Viertel bis zu zwei Drittel der Patienten, die ihre Medikation absetzten, gaben Gewichtszunahme als die schwerwiegendste Nebenwirkung an (Weiden PJ 1986). Buis interviewte 44 Patienten mit Depotneuroleptika-Behandlung über aufgetretene Neben-wirkungen und deren Einfluss. Von 16 angegebenen unerwünschten Begleiterscheinungen der Therapie war die Gewichtszunahme nach Sedierung und Asthenie die dritthäufigste Nebenwirkung (Buis W 1992). Weiden stellte eine Liste der häufigen Nebenwirkungen unter Neuroleptikatherapie auf und vermerkte deren Disstress-Potential für die Patienten. Wiederum tauchte die Gewichtszunahme als höchster Distressfaktor auf: 30 bis 40 % der Patienten empfanden diese Nebenwirkung als besonders starke Beeinträchtigung (Weiden PJ 1986). Für Fenton ist die Gewichtszunahme in bis zu 90 % der Fälle für die Non-Compliance verantwortlich (Fenton WS 1997). 3.5.3 Stimmungsstabilierer Von 76 bipolaren Patienten brachen 24 % ihre Lithium-Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen, insbesondere Adipositas und kognitiver Probleme, ab, obwohl sie vom Nutzen und der Notwendigkeit der Medikamenteneinnahme für ihre psychische Erkrankung überzeugt waren. 51 Patienten mit bipolarer Störung gaben unter ihrer Medikamentenbehandlung (Lithiumprophylaxe und andere) Gewichtszunahme als belastendste Nebenwirkung an (Gitlin MJ 1989). In einem Patientenkollektiv von 1600 Personen hatten nach 5.5 Jahren fast alle Patienten ihre Behandlung mit Lithium abgebrochen (Johnson RE 1996 nach Sachs GS 1999). Für antiepileptische Substanzen betrug die NonCompliance bei Epileptikern bis zu 80 %, unter bipolar Erkrankten fand man Non-Compliance-Raten von 20 bis 57 % (Shope JT 1988, Elixhauser A 1990). Tabelle 2: Antidepressivainduzierte Gewichtszunahme Substanz 47 Anzahl Patienten Dauer Amitriptylin vs. Plazebo 47 35 Tage Amitriptylin vs.Nortriptylin vs.Desipramin vs.Zimelidin 73 4 Wochen Amit.: GZ bei 89 % (3.7 kg) Nort.: GZ bei 66 % (2.2 kg) Desi.: GZ bei 66 % (2.0 kg) Zim.: GZ bei 8% (0.1kg) GA bei 22% Amitriptylin vs Mirtazapin vs. Placebo 150 6 Wochen GZ Mirtazapin > Placebo Smith 1990 Amitryptilin vs. Moclobemid vs. Placebo 173 7 Wochen Gewichtsstabilität unter Mocl. und Placebo; Amit.:GZ 1.7 kg Bakish 1992 Amitriptylin vs. keine Medikation 51 3-9 Monate GZ: 4.1 kg/3 Monate (Amitryptilin) 0.2 kg/ 6 Monate (ohne) Paykel 1973 Amitriptylin vs. Nortriptylin vs. Imipramin 40 6 Monate GZ 7.3 kg vs. 1.8 kg vs. 1.4 kg Berken 1984 Amitriptylin vs. Mirtazapin vs. Plazebo 217 20 Wochen GZ bei 22 % vs. 13 % Imipramin vs. Plazebo 34 12 Wochen GZ 3.6 kg vs. 0.6 kg Imipramin 52 16 Wochen GZ bei 6 % (> 6.8 kg) GA bei 6 % (2.7-4.5 kg) Imipramin vs. Amitriptylin vs. Nortriptylin 40 6 Monate Imipraminvs. Paroxetin 1 Jahr Gewichtsentwicklung A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme GZ: 2 kg vs. 0.2 kg Studie Anmerkungen Kupfer 1979 Fernstrom 1988 Kein Placebo 50 % Studienabbruch Kein Placebo Montgomery 1998 Caffey 1962 Fernstrom 1986 GZ > 2.7 kg: bei 34 %; GA > 2.7kg: bei 6 % Kein Placebo GZ 1.4 kg vs. 7.3 kg vs. 1.8 kg Berken 1984 50 % Studienabbruch Kein Placebo GZ Imipramin > Paroxetin Ohrberg 1992 Kein Placebo Tabelle 2: Antidepressivainduzierte Gewichtszunahme 48 Imipramin vs. Nefazodon 1485 6-8 Wochen GA: bei 4.3 % vs 1.7 % 16-46 Wochen GZ > 7 %: 24.5 % vs. 9.5 Imipramin vs. Plazebo 128 -3 Jahre Nortriptylin vs. Amitriptylin vs.Desipramin vs.Zimelidin 73 4 Wochen Amit.: GZ bei 89 % (3.7 kg) Nort.: GZ bei 66 % (2.2 kg) Desi.: GZ bei 66 % (2.0 kg) Zim.: GZ bei 8% (0.1kg), GA bei 22% Nortriptylin vs. Amitriptylin vs. Imipramin 40 6 Monate GZ. 1.8 kg vs. 7.3 kg vs 1.4 kg Desipramin vs. Amitriptylin vs.Nortriptylin vs.Zimelidin 73 4 Wochen Amit.: GZ bei 89 %, ca. 3.7 kg Nort.: GZ bei 66 %, ca. 2.2 kg Desi.: GZ bei 66 %, ca. 2 kg Zim.: GZ bei 8%, 0.1kg, GA bei 22% Desipramin vs. Zimelidin 65 4 Wochen Gewichtsstabilität Desipramin 41 5 Wochen 77 % GA, 19 % geringe GZ ; 3 % keine Änderung Imi.: GZ < 5 % bei 67 % GZ >10 % bei 13.3 % GZ bis 4.1 kg/Monat Trizyklika A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme Sussmann 2001 Frank 1990 Fernstrom 1988 Berken 1984 Kein Placebo Frauen stärker betroffen als Männer Kein Placebo 50 % Studienabbruch Kein Placebo Fernstrom 1988 Kein Placebo Aberg-Wistedt 1982 Kein Placebo Stern 1987 Kein Placebo Garland 1988 Review 5 Studien Stärkste GZ unter Amitriptylin + Imipramin Maprotilin vs. Trazodon vs. Amoxapin 243 4 Wochen GZ 1,8 kg vs. 0,4 kg vs. 0,7 kg Robinson 1984 Kein Placebo Maprotilin vs. Mocolobemid 80 6 Wochen Map.: bei 21.6 % GZ Moclo.: bei 2.6 % GZ Vaz-Serra 1994 Doppelt-verblindet Kein Placebo Maprotilin vs. Fluoxetin 65 6 Wochen GZ vs. GA De Jonghe 1991 Kein Placebo Tabelle 2: Antidepressivainduzierte Gewichtszunahme 49 Trazodon vs. Amoxapin vs. Maprotilin 243 4 Wochen GZ 0.4 kg vs. 0.7 kg vs. 1.8 kg Trazodon vs. Bupropion 111 6 Wochen 0.5 kg GZ vs. 1.1 kg GA Retrospektion Trazodon vs. Mirtazapin vs. Plazebo Appetitsteigerung bei 6 % vs. 24 % vs. 4 % A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme Robinson 1984 Weisler 1994 Davis 1996 Kein Placebo Doppelt-verblindet, Kein Placebo Keine Gewichtsangaben Fluoxetin vs. Maprotilin 65 6 Wochen GA vs. GZ De Jonghe 1991 Kein Placebo Fluoxetin 150 8 Wochen GA Ferguson 1986 Kein Placebo Fluoxetin vs. Venlafaxin 368 12 Wochen Gewichtsstabilität Silverstone 1999 Kein Placebo 12 Wochen GA bei 12 % vs. 3 % Chouinard 1999 Kein Placebo 12 Wochen 38 Wochen GZ > 7 %: 4.8 % vs. 6.3 % Michelson 1999 Geringe GA zu Beginn dann leichte GZ Kein Placebo Fluoxetin vs. Paroxetin Fluoxetin vs. Plazebo 832 Fluoxetin vs. Sertralin vs. Paroxetin 284 26-32 Wochen GZ > 7 %: 6.8 vs .4.2 vs. 25.5 % Max GZ: 7.7 kg vs. 8.6 kg vs. 14.1 kg Paroxetin 4 Wochen GZ 1 kg Paroxetin vs. Fluoxetin 12 Wochen GA bei 3 % vs. 12 % 24 Wochen GZ unter Paroxetin Paroxetin vs. Sertralin 353 1 Jahr Paroxetin vs. Imipramin Paroxetin vs. Fluoxetin vs. Sertralin 284 GZ Paroxetin.: bei 22 % (1-7 kg) 26-32 Wochen GZ > 7 %: 25.5 vs. 6.8 vs. 4.2 % Max GZ: 14.1 kg vs. 7.7 kg vs. 8.6 kg Fava 2000 Kein Placebo Hinze-Selch 2000 Kein Placebo Chouinard 1999 Kein Placebo Aberg-Wistedt 2000 Kein Placebo Ohrberg 1992 Fava 2000 GZ Imipramin > Paroxetin, Kein Placebo Kein Placebo Tabelle 2: Antidepressivainduzierte Gewichtszunahme 50 A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme Sertralin vs. Bupropion vs. Placebo 360 - 8 Wochen GA 0.8 kg vs 1.1 kg vs. GZ 0.2 kg Croft 1999 Sertralin vs. Paroxetin 353 24 Wochen GZ unter Paroxetin Agren 2000 Kein Placebo Sertralin vs. Paroxetin vs. Fluoxetin 284 26-32 Wochen GZ > 7 %: 4.2 vs. 25.5 vs. 6.8 % Max GZ: 8.6 kg vs. 14.1 kg vs. 7.7 kg Fava 2000 Kein Placebo Citalopram vs. Placebo < 8 Wochen GZ > 7 %: bei 0.5 vs. 0.9 % Citalopram vs. Placebo 12 Wochen Gewichtsstabilität 12 Monate GZ > 7 % bei 4.7 % 4 Wochen TZA: GZ; Zim.: 69 % stabil, 23 % GA Citalopram 541 Zimelidin vs. 3 Trizyklika Mackle 1998 Szkudlarek 1993 Wade 1999 Kein Placebo Fernstrom 1986 Kein Placebo Zimelidin vs. Desipramin 65 4 Wochen Gewichtsstabilität Aberg-Wistedt 1982 Kein Placebo Zimelidin vs. Amitriptylin vs.Nortriptylin vs.Desipramin 73 4 Wochen Zim.: GZ bei 8% (0.1kg), GA bei 22% Amit.: GZ bei 89 % (3.7 kg) Nort.: GZ bei 66 % (2.2 kg) Desi.: GZ bei 66 % (2.0 kg ) Fernstrom 1988 Kein Placebo Phenelzin - 1 Jahr GZ 2.3- 4.5 kg/Jahr Rockwell 1983 Kein Placebo Phenelzin - 1 Jahr GZ bis 14 kg / Jahr Bernstein 1988 Review; Kein Placebo Vaz-Serra 1994 Doppelt-verblindet Kein Placebo Mocolobemid vs. Maprotilin 80 6 Wochen Map.: bei 21.6 % GZ Moclo.: bei 2.6 % GZ Moclobemid vs. Amit vs. Placebo 173 7 Wochen Gewichtsstabilität unter Mocl. und Placebo; Amit. :GZ 1.7 kg Bakish 1992 Tabelle 2: Antidepressivainduzierte Gewichtszunahme Moclobemid 1120 Trizyklika & MAO 51 A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme 1 Jahr + GZ >10 kg bei 2.0 % GA >10 kg bei 1.4 % Moll 1994 Kein Placebo 1-24 Monate GZ bei 52 % (8.8 kg) Gander 1965 Kein Placebo Doppelt-verblindet, Kein Placebo Bupropion vs. Trazodon 111 6 Wochen 1.1 kg GA vs. 0.5 kg GZ Weisler 1994 Bupropion vs. Sertralin vs. 360 - 8 Wochen GA 1.1 kg vs. 0.8 kg vs 0.2 kg GZ Croft 1999 Placebo Bis 13 Wochen GZ Doxepin > Bupropion Bupropion vs. Doxepin Bupropion vs. Plazebo Nefazodon vs. Plazebo 131 Nefazodon vs Imipramin 1485 Mirtazapin vs. Amitriptylin vs Placebo 150 52 Wochen GA 1.2 kg vs. Gewichtsstabilität Weihs 2000 36 Wochen GZ bei 7.7 vs. 8.6 % Feiger 1999 6-8 Wochen GA: bei 1.7 vs. 4.3 % 16-46 Wochen GZ > 7 %: 9.5 vs. 24.5 % 6 Wochen Retrospektion Mirtazapin vs. Trazodon vs. Plazebo Sussmann 2001 GZ Mirtazapin > Placebo Smith 1990 Appetitsteigerung bei 24 % vs. 6 % vs. 4 % Davis 1996 Doppelt-verblindet Kein Placebo Keine Gewichtsangaben 20 Wochen GZ bei 13 % vs. 22 % Montgomery 1998 Mirtazapin Metaanalyse GZ in ersten 4 Wochen Goodnick 1998 Kein Placebo Mirtazapin vs. Placebo Metaanalyse GZ bei 10 % vs. 1 % Burrows 1997 Appetitsteigerung bei 11 % vs. 2 % Mirtazapin vs. Amitriptylin vs. Plazebo 217 Feighner 1986 Tabelle 3: Neuroleptikainduzierte Gewichtszunahme Retrospektion Chlorpromazin vs. Perphenazin vs. Chlopentixol Chlorpromazin vs. Quetiapin 52 A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme GZ : bei 15.9 % vs. 8 % vs. 6.7 % Amdisen 1964 Kein Placebo 6 Wochen GZ bei 18 % vs. 27 % GZ von 1.3 kg vs.1.8 kg Peuskens 1997 Doppelt-verblindet Kein Placebo Kein Placebo Chlorpromazin vs. Molindol 45 8 Wochen Gewichtsstabilität vs. GA 2.2 kg Heikkinen 1993 Chlorpromazin vs.Phenothiazine vs. Plazebo 396 12 Wochen GZ: 4.1 kg (Chlorpromazin) Klett & Caffey 1960 GZ : bei 8 % vs. 15.9 % vs. 6.7 % Amdisen 1964 Kein Placebo Retrospektion Perphenazin vs. Chlorpromazin vs. Chlopentixol Perphenazin vs. Risperidon 107 8 Wochen GZ 1.2 kg - 2.2 kg (Risperidon) Hoyberg 1993 Kein Placebo; Doppelt-verblindet Thioridazin vs. Molindol vs. Haloperidol 35 6 Wochen 2.7 kg GZ vs. 2.3 kg GA vs. Gewichtsstabilität Dufresne 1993 Kein Placebo 10 Wochen GZ: 3.5 kg Allison 1999 Metaregression Thioridazin Fluspirilen 230 6 Monate GZ < 3 kg bei 2% Schmidt 1989 Kein Placebo Haloperidol vs. Molindol vs. Thioridazin 35 6 Wochen Gewichtsstabilität vs. 2.3 kg GA vs. 2.7 kg GZ Dufresne 1993 Kein Placebo 6 Wochen GZ Quetiapin>Haloperidol>Placebo Arvantis 1997 Haloperidol vs. Quetiapin vs. Placebo Haloperidol vs. Olanzapin 300 6 Wochen GZ 5.0 kg (= 6.5 %) (Olanzapin) Haloperidol vs. Olanzapin vs. Placebo 431 6 Wochen 46 Wochen GZ 0.2 kg vs. 3.4 kg vs. GA 0.5 kg Tran 1999 Beasley 1997 Tabelle 3: Neuroleptikainduzierte Gewichtszunahme 53 A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme Haloperidol vs. Risperidon 183 6 Wochen GZ 1.2 kg vs. 3.4 kg GZ bei 5 % vs. 8 % Emsley 1998 Haloperidol vs. Risperidon 1362 8 Wochen GZ unter Risperidon Peuskens 1995 Doppelt-verblindet Kein Placebo Haloperidol vs. Sertindol 497 8 Wochen GZ je 2.2 - 3.3 kg Zimbroff 1997 Kein Placebo Haloperidol vs. Zotepin 126 8 Wochen GZ 0.8 kg vs. 2.3 kg Petit 1996 Kein Placebo Haloperidol vs. Clozapin 39 10 Wochen1 Jahr GZ 0.7 kg (= 1 %) vs. 5.3 kg (= 7 %) Halopderidol vs. Risperidon 21 12 Wochen GZ 2.0 kg (= 2.8 %) (Risperidon) 1996 14 Wochen GZ 0.02 kg vs. 1.9 kg Haloperidol vs. Olanzapin Retrospektion Haloperidol 1 Jahr Haloperidol vs. Risperidon 78 36 Wochen Haloperidol vs. Olanzapin 1996 39 Wochen + Haloperidol vs. Fluphenazin 121 Haloperidol vs. Fluphenazin vs. Loxapin vs. Thioridazin vs. Thiothixen GZ: 0.48 kg/10 Wochen GZ je 2.3 kg Kein Placebo Bustillo 1996 Kein Placebo; doppelt-verblindet Claus 1992 Kein Placebo Doppelt-verblindet Tollefson 1997 Kein Placebo doppelt-verblindet Allison 1999 Csernansky 1999 Review , Kein Placebo Doppelt-verblindet GZ: 3 kg vs. 3.5 kg vs. 6 kg vs. GA 4.1 kg vs. 1.6 kg Doss 1979 Kein Placebo Retrospektion GZ 0.7 kg vs. 6.3 kg Kinon 2001 Kein Placebo Ganguli 1999 Kein Placebo 42 % d. Frauen, 49 % d. Männer adipös Tabelle 3: Neuroleptikainduzierte Gewichtszunahme 54 A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme Molindol vs. Thioridazin vs. Haloperidol 35 6 Wochen 2.3 kg GA vs. 2.7 kg GZ vs. Gewichtsstabilität Dufresne 1993 Kein Placebo Molindol vs. Chlorpromazin 45 8 Wochen 2.2 kg GA vs. Gewichtsstabilität Heikkinen 1993 Kein Placebo Molindol vs. Trifluoperazin 24 9 Wochen GZ 0.4 kg vs. 1.7 kg Gallant 1968 Kein Placebo Fluphenazin vs. Pimozid 28 9 Monate GA von 5.4 kg (Pimozid) McCreadie 1982 Kein Placebo 12 Monate je 10 % GZ Faloon 1978 Kein Placebo 24 Monate GZ > 5 % bei 26 % GZ >10 % bei 11 % Johnson & Breen 1979 Kein Placebo 37 % der Frauen, 31% der Männer adipös, für beide gleich Silverstone 1988 Kein Placebo 9 Monate GA von 5.4 kg McCreadie 1982 Kein Placebo Pimozid vs. Fluphenazin 12 Monate je 10 % GZ Faloon 1978 Kein Placebo Pimozid 60 Wochen GA 3.5 kg Allison 1999 Tohen 2000 Fluphenazin vs. Pimozid Fluphenazin & Flupenthixol 132 Fluphenazin vs. Flupentixol 226 Pimozid vs. Fluphenazin 28 Retrospektion Clozapin vs. Placebo 70 3 Wochen 1.7 kg GZ vs. 0.4 kg GA Clozapin vs.Risperidon 86 8 Wochen GZ 2.7 kg (3.5 %) bei 37 % Bondolfi 1998 Clozapin vs. Haloperidol 39 10 Wochen1 Jahr GZ 5.3 kg (= 7 %) vs. 0.7 kg (= 1 %) GZ > 10 % bei 58 % GZ > 20 % bei 21% Bustillo 1996 Clozapin 51 12 Wochen GZ: 7.5 kg, GZ bei 70 % Clozapin 21 16 Wochen GZ 6.3 kg = 8.9 %, GZ 5-10 % bei 28 % GZ > 10 % bei 38 %; GA bei 14 % Kein Placebo; doppelt-verblindet Briffa 1998 Kein Placebo, Leadbetter 1992 Kein Placebo Tabelle 3: Neuroleptikainduzierte Gewichtszunahme 55 Clozapin 82 -90 Monate Clozapin 27 7-8 Jahre Clozapin 216 Bis zu 12 Jahren Olanzapin vs. Placebo 115 4 Wochen GZ 2.1 kg vs. 0.4 kg Olanzapin vs. Haloperidol 300 6 Wochen GZ 5.0 kg (= 6.5 %) (Olanzapin) Olanzapin vs. Haloperidol vs. Placebo 431 6 Wochen 46 Wochen GZ 3.4 kg vs. 0.2 kg vs. GA 0.5 kg Olanzapin: GZ bis zu 12 kg -133 Wochen Olanzapin vs. Risperidon Olanzapin Olanzapin vs. Haloperidol Olanzapin Umbricht 1994 Kein Placebo Review 63 % übergewichtig Schmauss 1989 Kein Placebo JuulPovlsen 1985 Kein Placebo 11.6 % GZ GZ 10.7 kg vs. 1.7 kg Tohen 2000 Tran 1999 Beasley 1997 Sachs & Guille 1999 GZ: 5.4 kg (6.3 %) GZ bei 48 % 1996 14 Wochen GZ 1.9 kg vs. 0.02 kg Tollefson 1997 Kein Placebo doppelt-verblindet 14 15 Wochen GZ bei 14 % McElroy 1998 Kein Placebo GZ 2.2 kg (BMI + 0.8 kg/m²) (Olanz.) Ganguli 1999 Kein Placebo Kein Placebo 4 Monate 1996 141 Osser 1999 Kein Placebo 12 Wochen Amisulpirid vs. Risperidon Amisulpirid vs. Placebo > 50 % adiös ; GZ > 20 % 25 Olanzapin vs. Risperidon Olanzapin vs. Haloperidol A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme Triglyceridanstieg, Cholesterin stabil Kein Placebo 39 Wochen + GZ 6.3 kg vs.0.7 kg Kinon 2001 8 Wochen GZ 0.4 kg vs. 1.4 kg Peuskens 1997 Kein Placebo Doppelt-verblindet 6 Monate GZ 1.4 kg vs. 0.8 kg Loo 1990 Doppelt-verblindet Tabelle 3: Neuroleptikainduzierte Gewichtszunahme 56 A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme Risperidon vs. Haloperidol 183 6 Wochen GZ 3.4 kg vs. 1.2 kg GZ bei 8 % vs. 5 % Emsley 1998 Risperidon vs. Clozapin 86 8 Wochen GZ 2.7 kg (3.5 %) bei 37 % (Clozapin) Bondolfi 1998 8 Wochen GZ 1.4 kg vs. 0.4 kg Peuskens 1997 Kein Placebo Doppelt-verblindet 1362 8 Wochen GZ 0.3 kg -1.6 kg (Risperidon) Peuskens 1995 Doppelt-verblindet Kein Placebo Risperidon vs. Placebo 11 8 Wochen GZ 2.8 kg (= 3.9 %) Anderson 1993 Doppelt-veblindet Risperidon vs. Perphenazin 107 8 Wochen GZ 1.2 kg - 2.2 kg (Risperidon) Hoyberg 1993 Kein Placebo; Doppelt-verblindet Risperidon vs. Haloperidol 21 12 Wochen GZ 2.0 kg (= 2.8 %) (Risperidon) Risperidon vs. Amisulpirid Risperidon vs. Haloperidol 4 Monate GZ 2.2 kg (BMI + 0.8 kg/m²) (Olanz.) 50 6 Monate GZ 8.6 kg (BMI: + 3.7 kg/m²) vs. 3 kg (BMI: + 0.31 kg/m²) vs. GA 1 kg (BMI: - 1.04 kg/m²) 1156 7 Monate GZ 2.6 kg Risperidon vs. Olanzapin Risperidon vs. klassische Neuroleptika vs. keine Medikation Risperidon Risperidon vs. Haloperidol Risperidon vs. Olanzapin 1 Jahr -133 Wochen GZ je 2.3 kg GZ 1.7 kg vs. 10.7 kg Claus 1992 Kein Placebo Kein Placebo Doppelt-verblindet Ganguli 1999 Kein Placebo Kelly 1998 Kein Placebo Brecher 1996 Kein Placebo Csernansky 1999 Sachs & Guille 1999 Review , Kein Placebo Doppelt-verblindet Kein Placebo Tabelle 3: Neuroleptikainduzierte Gewichtszunahme 57 Quetiapin vs. Placebo 89 6 Wochen GZ > 7 %: 2 5 % vs. 4 % GZ 5.5 kg vs. 0.5 kg Quetiapin(<750mg) vs. Quet.(>250 mg) vs. Placebo 286 6 Wochen Quetiapin vs. Chlorpromazin Quetiapin vs. Haloperidol vs. Placebo Quetiapin 427 Quetiapin Borison 1996 Doppelt-verblindet GZ > 7 % bei 25 % vs. 16 % vs. 5 % Small 1997 Doppelt-verblindet 6 Wochen GZ bei 27 % vs. 18 % GZ von 1.8 kg vs. 1.3 kg Peuskens 1997 Doppelt-verblindet Kein Placebo 6 Wochen GZ Quetiapin>Haloperidol>Placebo Arvantis 1997 6 Monate GZ: 0.4 kg Brecher 2000 - 1 Jahr GZ 2.1 kg/8 Wochen GZ 5.6 kg/1 Jahr Sertindol vs. Placebo 205 40 Tage GZ 3.3 kg vs. 0.8 kg Sertindol vs. Haloperidol 497 8 Wochen GZ je 2.2 - 3.3 kg Sertindol A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme Gunasekara 1998 Kein Placebo Review , Kein Placebo Van Kammen 1996 Doppelt-verblindet Zimbroff 1997 1 Jahr GZ 3 kg Tamminga 1997 GZ 1 kg Keck 1998 Kein Placebo Review; Kein Placebo Ziprasidon vs. Placebo 138 28 Tage Ziprasidon vs. Placebo 975 4-6 Wochen GZ 0.5 kg Tandon 1997 Ziprasidon 702 6 Wochen GA 0.5 kg Chou 1998 Kein Placebo Ziprasidon vs. Placebo 202 6 Wochen GZ 1 kg vs. Gewichtsstabilität Daniel 1999 Doppelt-verblindet Ziprasidon:(40, 80, 160 mg/d) vs. Placebo 294 1 Jahr GA: 3 kg vs. 1 kg vs. 2 kg (Zotepin) vs. 3 kg (Placebo) Aberg-Wistedt 2000 keine Placebodaten Tabelle 3: Neuroleptikainduzierte Gewichtszunahme 58 Zotepin vs. Haloperidol 126 8 Wochen GZ 2.3 kg vs. 0.8 kg Zotepin vs Placebo 121 6 Monate GZ bei 11 % (Zotepin) Zotepin vs. klass. Neuroleptika 110 > 2Wochen Clozapin vs. Zotepin vs. Risperidon vs. Sulpirid vs. Butyrophenon vs. Phenothiazin vs. Piperidin 112 Clozapin vs. Olanzapin vs. Haloperidol vs. keine Medikation 44 Clozapin vs. Olanzapin vs. Risperidon vs. Haloperidol. vs.Sertindol 122 A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme Petit 1996 Kein Placebo Cooper 1998 GZ 3.6 kg vs. 1.3 kg Wetterling 1996 Kein Placebo 30 Tage GZ: 6.9 kg vs. 4.3 kg vs.1.5 kg vs. 1.9 kg vs. 0.5 kg vs. 0.2 kg vs. Gewichtsstabilität Wetterling 1999 Kein Placebo 4 Wochen GZ 2.3 kg (BMI: + 0.8 kg/m²) vs. 3.9 kg (BMI: + 1.3 kg/m²) vs. 0.1 kg (BMI: + 0.1 kg/m²) vs. GA 0.2 kg (BMI:: - 0.6 kg/m²) Kraus 1999 Multipharmastudien: Clozapin vs. Olanzapin vs. Risperidon vs. Haloperidol vs. Ziprasidon 24 bis 73 Wochen GZ 6.8 kg (= 8.7 %) vs. 2.4 kg (= 3.3 %) vs. 2.3 kg (= 3.1 %) vs. 1.5 kg (= 1.9 %) vs. 0.6 kg (= 1.2 %) Metaanalyse GZ: 4.5 kg (max. 6.9kg) vs. 4.2 kg (max. 6.8 kg) vs. 2.1 kg (max. 5.0 kg) vs. 0.04 kg Kein Placebo erhöhte Leptinspiegel Wirshing 1999 Kein Placebo Retrospektion Allison 1999 Kein Placebo Metaregression Tabelle 4: Gewichtszunahme durch Stimmungstabilisierer Valproat 63 Valproat 392 168 3 Monate 1 Jahr Valproat vs. Carbamazepin 90 3-189 Monate Valproat vs. Carbamazepin 260 Review GZ < 4kg bei 43 % ; GZ > 4 kg bei 57 % GZ bei 7 % GZ Valproat: bei 71 %; GZ < 5 % bei 29 %; GZ 5-10 % bei 24 %; GZ >10 % bei 47 % beide gleich GZ > 5.5 kg: bei 20 % vs. 8 % Valproat vs. Carbamazepin Valproat vs. Lamotrigin 59 133 Valproat vs. Lithium vs. Placebo A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme Dinesen 1984 Calabrese 1996 GZ Carbamazepin: bei 28 % GZ 5-10 %: bei 28 %; GZ > 10 %: bei 14 %, kein Placebo Easter 1997 kein Placebo Nach Switch Valpraoat-Carbamazepin weiter GZ Mattson 1992 32 Wochen GZ 5.8 kg vs. 0.6 kg; GZ >10 %: 38 % vs. 8 % Biton 2001 12 Monate GZ > 7 %: 23 % vs.16 % vs.4 % Bowden 2000 40 1 Jahr BMI-Zunahme: +4.7 kg/m² Verotti 1999 Carbamazepin vs. Plazebo 24 4 Wochen GZ bei dep. Respondern, keine GZ bei Manikern Joffe 1986 Carbamazepin 4 Carbamazepin vs. Valproat 260 Review Retrospektion, kein Placebo GZ nicht quantifiziert Corman 1997 Valproat Carbamazepin vs. Valproat kein Placebo kein Placebo, doppelt-verblindet Valproat hohes drop out kein Placebo Leptin, Insulin > bei Übergewichtigen Kleine Patientenzahlen GZ bis zu 15 kg Lampl 1991 kein Placebo vermindertes Ansprechen auf Diät beide gleich Easter 1997 kein Placebo Nach Switch Valpraoat-Carbamazepin weiter GZ GZ > 5.5 kg:. 8 % vs.20 % Mattson 1992 Tabelle 4: Gewichtszunahme durch Stimmungstabilisierer Carbamazepin vs. Valproat 90 Lithium vs. Valproat vs. Placebo Lithium vs. Plazebo 33 Lithium Lithium 471 3-189 Monate Corman 1997 12 Monate GZ > 7 %: 16 % vs. 23 % vs. 4 % Bowden 2000 12 Monate GZ > 4.5 kg bei 52 % vs. 8 % keine Änderung bei: 10 % vs. 33 % Peselow 1980 >1 Jahr GZ > 5 kg: bei 11 % 2 Jahre GZ bei 74 % GZ > 10 kg: bei 21 %; GZ > 20 kg: bei 2 % GZ 5-15 kg bei 30-40 % 70 A) Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme GZ Carbamazepin: bei 28 % GZ 5-10 %: bei 28 %; GZ > 10 %: bei 14 % Lithium Lithium 60 2-10 Jahre Lamotrigin Schou 1970 GZ Valproat: bei 71 %; GZ < 5 % bei 29 %; GZ 5-10 % bei 24 %; GZ >10 % bei 47 %; kein Placebo doppelt-verblindete, placebo-kontrollierte Studie GZ bei euthymer Stimmung kein Placebo Vestergaard 1988 Dempsey 1974 kein Placebo GZ 10 kg bei 64 % Vendsborg 1976 GZ bei Übergewichtigen GZ Frauen > Männer, kein Placebo Gewichtsstabilität Bowden 98 kein Placebo Devinsky 2000 kein Placebo Lamotrigin 463 180 Tage + Gewichtsstabilität Lamotrigin vs. Valproat 133 32 Wochen GZ. 0.6 kg vs. 5.8 kg ; GZ >10 %: 8 % vs. 38 % Biton 2001 kein Placebo, doppelt-verblindet Valproat hohes drop out Gabapentin 28 GZ bei 57 % (2.9 –27 kg) Post 1998 kein Placebo Vigabatrin 25 52-78 Monate GZ 3-33 % bei 48 % Tartara 92 kein Placebo 23 Wochen GA 3.2 kg bei 75 % Ketter 1999 kein Placebo Marcotte 1998 kein Placebo Felbamat Topiramat GZ: Gewichtszunahme; GA: Gewichtsabnahme GA 1.1- 5.9 kg Studien: bipolare und schizoaffektive Störung 61 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 1. Einleitung 1.1 Pharmakologische Gewichtsreduktion Eine Indikation für die pharmakologische Intervention bei Adipositas ist ab einem BMI von mehr als 30 kg/m² bzw. von 27 kg/m² gegeben, wenn Komorbiditäten wie arterielle Hypertonie, Dyslipidämie oder Diabetes mellitus mit dem Übergewicht assoziiert sind und eine Diät über 3 Monate weniger als 5 Kilogramm Gewichtsabnahme erbrachte (Poston W 1998). Gewichtsreduktion kann im Wesentlichen über 3 verschiedene Mechanismen erreicht werden. Durch Reduktion der Energieaufnahme (Diät, Appetitzügler), durch Verringerung der Absorption von Nahrungsmittelbestandteilen (Lipaseinhibitoren) oder durch Steigerung des Energieverbrauchs (körperliche Betätigung, Steigerung der Thermogenese) (Cerulli J 1998). Im historischen Rückblick betrachtet, wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts nach wirksamen Substanzen zur Behandlung der Fettsucht geforscht (nach Bray GA 1999). Diese Arzneimittel waren meist mit massiven Nebenwirkungen verbunden. Auf den Einsatz des Schilddrüsenhormons Thyroxin musste wegen der Induktion von Hyperthyroidismus, auf Dinitrophenol (1934 zugelassen) aufgrund von Katarakt und Neuropathien verzichtet werden (nach Hensrud DD 2000). Amphetamin wurde als besonders effektiver Gewichtszügler 1937 auf den Markt gebracht. Die dopaminerge Neurotransmission führe jedoch zu einer zentralen Stimulation und birgt die Gefahr von Abhängigkeit und Abusus. Amphetamin und die meisten seiner Derivate werden deshalb nicht mehr als Appetitzügler eingesetzt, und ihre Verschreibung fällt unter die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes. Ein weiterhin zugelassener Amphetaminabkömmling ist Mefenorex, das eine um das 20fache schwächere zentralaktivierende Wirkung besitzt. Ein Teil dieses Alkylderivats wird allerdings im Organismus zu Amphetamin umgewandelt. Über 90 % der Patienten sprachen in einer 60-tägigen Untersuchung auf Mefenorex an. Es kam ohne zusätzliche Diät zu einer mittleren Gewichtsabnahme von 6.5 Kilogramm. Weiter zeigte sich eine vorteilhafte Wirkung auf die Glucosetoleranz. Zentralnervöse Nebenwirkungen traten bei 40 % der Übergewichtigen auf, Suchterscheinungen bei keinem Patienten (Beyer G 1980). Diethylpropion (Amfepramon), ebenfalls ein Wirkstoff aus der Familie der Amphetamine, besitzt eine dosisabhängige, anorexigene und thermogene Wirkungen, wobei diese offensichtlich über periphere Mechanismen vermittelt wird (Lang SS 1983). In Doppeltblind-Studien kam es unter Diethylpropion zu signifikant mehr Gewichtsverlust als unter Placebo (Parsons WB Jr. 1981). In Deutschland ist es derzeit aufgrund von Nutzen-Nebenwirkungs-Abwägungen nicht mehr zugelassen. 62 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Sogenannte „rainbow pills“, worunter beispielsweise Digitalis und Diuretika verstanden werden, disqualifizierten sich für die Gewichtsreduktion durch zum Teil letale Folgen (nach Bray GA 1999). 1971 versprach man sich mit Aminorexat Erfolg bei der Adipositasbehandlung. Es verlor seine Zulassung infolge des Auftretens pulmonaler Hypertonie. Seit den 90er Jahren wurden Fenfluramin bzw. Dexfenfluramin und Phentermin in groß-angelegten Studien untersucht, und haben sich als potent gewichtsreduzierende Kombinationsbehandlung bewährt (Guy Grand B 1989, Weintraub M 1992). Das um ein 30-fach erhöhte Auftreten von Herzklappeninsuffizienzen (Aorteninsuffizienz) führte dazu, dass dieses Duo 1997 vom Hersteller zurückgezogen wurde (Vivero LE 1998). Die gewichtsreduzierenden Eigenschaften des selektiven SSRI Fluoxetin wurden in mehreren Depressionsstudien dokumentiert (de Jonghe F 1991, Fava M 2000). Neuere Studien berichten jedoch von Gewichtsreduktion nur zu Beginn der Therapie. Nach einem Jahr Fluoxetin-Behandlung persistiert die Gewichtsabnahme bei weniger als 10 % der Patienten (Goldstein DJ 1995). Fluoxetin ist nicht zur Behandlung von Adipositas zu-gelassen. Unter dem selektiven Serotonin-Reuptake-Inhibitor Sertralin kam es ebenfalls in den ersten 6 Behandlungswochen zu einer Gewichtsabnahme (Croft H 1999). Bei langfristiger Einnahme über 6 Monate kam es zu einer signifikanten Gewichtszunahme (Fava M 2000). Dopamin-Antagonisten vermögen das Gewicht effizient zu reduzieren (Floris M 2001). Amantadin wird eine fraglich positive Beeinflussung von neuroleptikainduziertem Übergewicht und Adipositas zugeschrieben (Baptista T 1997, Floris M 2001). Ephedrin wirkt sympathomimetisch und stimuliert die Sekretion von Noradrenalin. Es besitzt einen anorexigenen Effekt und steigert geringfügig die Thermogenese (Blundell JE 1991). Es wurde in Kombination mit Koffein bzw. Acetylsalicylsäure getestet, wo es zu moderater Gewichtsreduktion bei hoher Nebenwirkungsrate führte (Astrup A 1996). Ephedrin bzw. Norpseudoephedrin sind als Monotherapeutika für die unterstützende Therapie von Adipositas zugelassen (Ratheiser KM 1998). Zu einer verminderten Nahrungsaufnahme komme es durch die Stimulation von α1- und β1Rezeptoren. Medikamente die über diesen noradrenergen Mechanismus wirken, verstärkten entweder die Noradrenalinfreisetzung, dessen Reuptake oder entfalteten direkte Wirkung an Adrenozeptoren (Fenfluramin, Sibutramin , Venlafaxin) (Bray GA 1999). Eine Zulassung für die Übergewichtsbehandlung erfolgte für keine dieser Substanzen. Phenylpropanolamin, ein α3-Agonist, bewirkte in einer placebo-kontrollierten Untersuchung von Weintraub und Greenway nach 6 Wochen eine Gewichtsreduktion von 2.4 Kilogramm. Nebenwirkungen sind Hypertonie und das erhöhte Risiko eines kardialen Infarkts. Es ist in 63 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Deutschland zur begleitenden Übergewichtsbehandlung zugelassen (Weintraub M 1985, Greenway E 1992). Der Lipaseinhibitor Orlistat wurde 1999 zugelassen. Die dosisabhängige Gewichtsreduktion führte in placebo-kontrollierten Untersuchungen über den Zeitraum von ein bis zwei Jahren zu einer Gewichtsabnahme zwischen 8 und 10 % des Körpergewichts versus 5 bis 6 % unter Placebo. Patienten berichten von milden gastrointestinalen Nebenwirkungen (Richter WO 1999). Der H2-Rezeptor Antagonist Cimetidin reduziere bei adipösen Personen das Gewicht und verbessere die Glucosetoleranz bei Diabetes Mellitus Typ II (Birketvedt GS 2000). In einer Untersuchung mit Nizatidin, das ebenfalls antagonistisch an Histamin H2-Rezeptoren wirkt, konnte die Olanzapin-induzierte Gewichtszunahme reduziert werden (Sacchetti E 2000). Zusätzlicher Forschung bedarf es zu den Mechanismen von β3-Adrenozeptor-Agonisten. Über diese Rezeptoren wurden im Tierversuch Lipolyse, Thermogenese und der metabolische Grundumsatz gesteigert. Für die selektiven β3-Agonisten sprechen die fehlenden kardialen und pulmonalen Nebenwirkungen (Bray GA 1999). Interessante Perspektiven bietet die Untersuchung zerebraler H1- und H3-Rezeptoren, die das Gleichgewicht von Energieaufnahme und Verbrauch beeinflussen sollen (Haq AU 1996, Lecklin A 1998, Leonhardt M 1999). Im experimentellen Test befinden sich auch Peptidanaloga des Cholezystokinins, Glukagon und Amylin, die einen möglichen Einsatz gegen Übergewicht und assoziierten Diabetes mellitus finden könnten (Bray GA 1999). Ein zukünftiges Ziel der Adipositasforschung ist der Einsatz des Hormons Leptin. Die hochdosierte periphere Infusion führte bei Ratten zu Gewichtsabnahme. In diesem Zusammenhang sind auch Antagonisten des Neuropeptides Y ein möglicher Ansatzpunkt (Bray GA 1999, Kraus T 2001). Die Kosten gewichtsreduzierender Medikamente und hohe Abhängigkeits- und Neben- wirkungspotentiale haben zur Limitierung bei ihrer Verschreibung geführt (Hensrud DD 2000). 1.2 Grenzen der Pharmakotherapie 1.2.1 Adipositas und Komorbiditäten Bezüglich des Einsatzes von pharmakologischen Gewichtszüglern ergeben sich einige Einschränkungen. Die Verschreibung von gewichtsreduzierenden Pharmaka wäre besonders dann von Interesse, wenn dies zu einem frühen Zeitpunkt der Genese der Adipositas geschähe. So könnte der Entstehung 64 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie gewichtsassoziierter Komorbiditäten wie Hypertonie, Diabetes Mellitus und Dyslipidämie entgegengewirkt werden (Lean MEJ 1997, Guy Grand B 1989). Die Indikation der pharmakologischen Adipositasbehandlung ist jedoch erst bei klinisch relevanter Adipositas, das heißt zu einem Zeitpunkt der Erkrankung gegeben, zu dem häufig schon gewichtsassoziierte Begleiterkrankungen bestehen (Herstellerinformationen). 1.2.2 Zeitliche Limitierung Gewichtsreduzierende Arzneimittel sind zur begleitenden Behandlung von Adipositas als Bestandteil eines integrativen Behandlungskonzeptes (Diät, körperliche Betätigung, psychotherapeutische Betreuung) nur über einen maximalen Zeitraum von einem Jahr zugelassen (Herstellerinformationen). Die hohen Nebenwirkungsraten der verfügbaren Appetitzügler und Gewichtsreduzer lassen darüber hinaus meist keine prolongierte Therapie zu (Bray GA 1999). 1.2.3 „Jojo-Effekt“ Der Langzeiterfolg medikamentöser Adipositasbehandlung ist meist auf die Zeit der Einnahme dieser Pharmaka beschränkt. Nach Absetzen der Medikation erreichten nach einem Jahr zwei Drittel der Patienten wieder ihr Ausgangsgewicht (Wadden TA 2000). Nach Behandlungsabbruch stellt sich das Problem, dass die Patienten zumeist nicht in der Lage sind, ihr Essverhalten zu modifizieren. Die Diätcompliance muss als schlecht eingestuft werden (James WPT 2000). 1.2.4 Metabolische Adaptationen Problematisch wirkt sich auch die Tatsache aus, dass eine Gewichtsreduktion von 10 % kompensatorisch zu einer Verminderung des Energieverbrauchs um circa 15 % führt. Folglich müssen diese Patienten ihre Kalorienaufnahme weiter reduzieren, um das erreichte Gewicht aufrecht zu erhalten (Rosenbaum M 1994 aus Investigator Broschüre Topiramat). Sibutramin und Topiramat scheinen in diesen Fällen hilfreich, da der metabolische Grundumsatz geringfügiger reduziert wird und damit ein besserer energetischer Quotient erzielt werden kann. 65 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 1.3 Alternativen zur pharmakologischen Adipositasbehandlung Neben der pharmakologischen Übergewichtsbehandlung existieren diverse andere Möglichkeiten des Gewichtsmanagements, die an dieser Stelle kurz umrissen, jedoch im Studienrahmen nicht näher untersucht werden sollen. 1.3.1 Diät Die Langzeiteffizienz von Diäten ist umstritten. Nur etwa 40 % der Patienten konnten einen wesentlichen Prozentsatz des abgenommenen Gewichts über mehr als 2 Jahre erhalten (Astrup A 1998). 1.3.2 Verhaltenstherapie Kurze medizinisch orientierte Aufklärungsgespräche zu gesundheitsförderndem Verhalten erwiesen sich in einer Studie von Wadden als ebenso erfolgreich wie intensive verhaltenstherapeutische Interventionen (Wadden TA 1997). Die Wirksamkeit kognitiver Verhaltentherapie bei antipsychotikainduzierter Adipositas zeigte Umbricht bei 6 schizophrenen Patienten (Umbricht D 2001). Eine Verhaltenstherapie in Verbindung mit Diätmaßnahmen ermöglichte Gewichtsabnahmen von 8.4 Kilogramm über 20 Therapiewochen bei insgesamt geringen Abbruchquoten. Zwei Drittel des abgenommenen Gewichts konnten über die folgenden 9 Monate konserviert werden. Innerhalb einiger Jahre werde jedoch beim Grossteil der Patienten das Ausgangsgewicht wieder erreicht (Foreyt JP 1994). 1.3.3 Körperliche Aktivität Der Trend im Management von Übergewicht richtet sich auf eine stärkere Integration von körperlicher Betätigung. Trotz geringer Gewichtsreduktionen durch körperliche Aktivität allein könne das Mortalitätsrisiko signifikant gesenkt werden (Barlow CE 1995, Blair SN 1993). Physische Betätigung reduziere den Hunger und verringere die Nahrungsaufnahme. Sie besäßen einen positiven Effekt auf die Körperfettverteilung und das Taillen-Hüft-Verhältnis. Das Risiko einer koronaren Herzerkrankung könne durch körperliche Fitness gesenkt werden (Foreyt JP 1993, Blair SN 1993). Darüber hinaus werde das Gefühl der Selbstkontrolle gestärkt und eine bessere Langzeitwirkung erzielt (Greenberg I 1999). 66 1.3.4 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Chirurgische Therapiemöglichkeiten Chirurgische Interventionen („vertikale Gastroplasie“, „Gastric Banding“, „Bypass“) sind bei einem BMI von mehr als 40 kg/m² und Misserfolg konservativer Maßnahmen indiziert (Hauri P 2000). Diese Eingriffe beinhalten die Risiken chirurgischer Interventionen. 1.3.5 Kombinationsbehandlungen Die Gewichtsabnahme war nach 20-wöchiger Behandlung am stärksten ausgeprägt bei solchen Patienten, die neben der Einnahme von Diethylpropion an einer Verhaltenstherapie teilnahmen. Die Kombination von Placebo und Verhaltenstherapie war ebenfalls erfolgreicher als Verhaltenstherapie allein. Nach einem Zeitraum von einem Jahr hatte die Placebo- bzw. Verumgruppe signifikant mehr Gewicht zugenommen als rein psychotherapeutisch betreute Patienten. Die Autoren werteten den besseren Erfolg einer Kombination mit der Verhaltenstherapie darin, dass diese Patienten eine Kontrollüberzeugung gewannen, während rein pharmakologisch behandelte Patienten nach Absetzen der Medikation Maßnahmen zur Gewichtserhaltung nicht umsetzen könnten (Rodin J 1988). Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch Craighead, die Patienten mit Fenfluramin, Fenfluramin und Verhaltenstherapie oder letzterer isoliert über einen Zeitraum von 6 Monate behandelte. Die Gewichtsabnahme der 120 übergewichtigen Patientinnen war für alle Gruppen signifikant und betrug 15.3 Kilogramm versus 14.5 Kilogramm und 10.9 Kilogramm unter Psychotherapie. Die Langzeitergebnisse waren unter Verhaltenstherapie besser als in Kombination oder bei Fenfluramineinnahme allein. Nach einem Jahr betrug die Differenz zum Ausgangsgewicht nur noch 6.3 Kilogramm versus 4.6 Kilogramm. Die Gruppe mit Verhaltenstherapie allein konnte nahezu ihren gesamten Gewichtsverlust halten (9.0 Kilogramm) (Wilcoxon Craighead L 1981). 1.4 Compliance bei der Adipositasbehandlung Problematisch bei der Gewichtsreduktion ist die häufig unzufriedenstellende Compliance der Patienten. So ergaben sich im klinischen Setting der Gewichtsstudien über den Zeitraum von 1 bis 3 Jahre Compliance-Raten von 43 bis 85 % (Bray GA 1996, Goldstein DJ 1994). Im ambulanten Rahmen muss von noch geringerer Compliance bei fehlender Medikamentenkontrolle ausgegangen werden. Poston evaluierte für über 2000 Patienten, die sich in Gewichtsbehandlung befanden, nach 3 Monaten Dropout-Raten von 80 % (Poston WS 1998). Daher stellt sich die Frage, welche Faktoren die Compliance bei Gewichtsprogrammen, seien diese pharmakologischer oder non-pharmakologischer Art, beeinflussen. 67 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Einen Grund für den Therapieabbruch mag die Diskrepanz zwischen den Erwartungen des Patienten bezüglich des „Traumgewichts“ und den realistischen Zielen der Adipositasbehandlung darstellen. Patienten visierten vor der Therapie eine Gewichtsreduktion im Rahmen von 30 bis 38 % des Ausgangsgewichts als Wunschgewicht an. Eine Gewichtsabnahme von 17 % wurde als enttäuschend eingestuft. Gemäss der Patientenerwartungen erreichten nach 48-wöchiger Behandlung nur 9 % der Studienteilnehmer ein für sie zufriedenstellendes Ergebnis, 24 % kamen auf ein für sie akzeptables Gewicht und 67 % der Teilnehmen waren von ihrem Endgewicht enttäuscht (Foster GD 1997). Verhaltentherapeutische Strategien ermöglichten eventuell eine Verbesserung der Medikamentencompliance (Burke LE 1995). 1.5 Sibutramin und Topiramat in der Behandlung psychopharmakainduzierter Gewichtszunahme Die Wahl von Sibutramin und Topiramat zur Gewichtsreduktion bei psychopharmakainduzierter Adipositas stützt sich auf mehrere Argumente. Beiden gemeinsam ist ihre Wirkungsentfaltung über das Zentralnervensystem. Hier wird auch die Steuerung der Langzeitregulation von Appetit und Nahrungsaufnahme vermutet. Sibutramin (Reductil®) ist ein selektiver Serotonin- und Noradrenalin-Reuptake-Inhibitor und wird zu den antidepressiv wirkenden Substanzen gezählt (Buckett WE 1988). Sibutramin besitzt eine hohe therapeutische Breite, induziert weder pulmonale Hypertonie (Fenfluramin: Noradrenalin-Releasing) noch Abhängigkeit (Amphetamin: Dopamin-ReuptakeInhibition). Es ist weder kardio- noch neurotoxisch. Zusätzlich zur Gewichtsreduktion bewirke Sibutramin eine positive Beeinflussung von gewichtsinduzierten Komorbiditäten: der HbA1c-Serumspiegel sinke, die Insulinsensitivität steige. Die Blutdrucksenkung korreliere mit der Gewichtsabnahme. Triglyzeride-, Cholesterin- und Harnsäurespiegel würden signifikant reduziert. Nachteilig sind die zentralnervösen Nebenwirkungen von Sibutramin. Als für den Einsatz bei psychiatrischen Störungen limitierend muss beachtet werden, dass die Einnahme von MAO-Hemmern und SSRI in Kombination mit Sibutramin kontraindiziert ist (Herstellerinformation Knoll). Topiramat (Topamax®) besitzt eine hohe therapeutische Sicherheit. Klinisch relevante Interaktionen mit antidepressiven oder antipsychotischen Substanzen sind nicht bekannt. Eine besonders gute Wirksamkeit zeige sich bei Frauen. Dies ist von Interesse, da diese von der Gewichtzunahme unter Lithium- oder Valproattherapie häufiger und gravierender betroffen seien. 68 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Das theoretische Risiko der antimanisch wirksamen Substanzen sei der Mood-Switch in depressive Episoden. Die Zentralnervösen Nebenwirkungen, wie Schlaflosigkeit sind dosisabhängig (Investigator Brochüre Topiramat 2000). 1.6 Fragestellungen der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Die durchgeführte Studie untersucht die Wirksamkeit von Sibutramin und Topiramat auf psychopharmakainduziertes Übergewicht und Adipositas bei Bipolarer Störung und schizoaffektiver Störung vom bipolaren Typus. Weiter soll evaluiert werden, ob es zu einer Beeinflussung bestehender Komorbiditäten wie arterieller Hypertonie, pathologisch veränderter laborchemischer Parameter sowie der gewichtsbedingten Beeinträchtigung kommt und inwieweit die Stimmungslage durch die Medikation beeinflusst wird. Darüber hinaus wurden anamnestische Daten zur Gewichtszunahme unter Psychopharmaka erfasst. I Exkurs Topiramat 1. Historie Topiramat (2,3:4,5-bis-Di-O-isopropyliden-beta-D-fructopyranose-sulfamat) wurde 1980 synthetisiert. Seit 1995 wurde Topiramat in den USA und der Europäischen Union getestet und seine Wirksamkeit erwiesen, was im August 1999 zu seiner Zulassung führte. Es ist als Zusatztherapeutikum bei therapierefraktären fokal-epileptischen Anfällen mit oder ohne Generalisierung, bei primär generalisierten tonisch-klonischen sowie Lennox-Gastaut-Anfällen ab dem zweiten Lebensjahr zugelassen. Strukturformel Topiramat 2. Pharmakodynamik 2.1 Epilepsiebehandlung Topiramat beeinflusst sowohl das exzitatorische wie auch das inhibitorische System, weshalb es als Antiepileptikum vom gemischten Typ bezeichnet werden kann (Ketter TA 1999). Ersteres wird über den Antagonismus an den beiden Rezeptorsystemen N-Methyl-D-Aspartat (NMDA) und Non-NMDA an bestimmten Glutamat-Subtypen (Kainate/AMPA) erreicht (Severt L 1995). Topiramat vermindert die präsynaptische Depolarisation durch die zustandsdependente Blockade von spannungsabhängigen Natriumkanälen und reduziert so die Frequenz des Auftretens von Aktionspotentialen (Coulter DA 1993, Sombati S 1995). Exkurs Topiramat II Der wesentlich neue Mechanismus dieser Substanz im Vergleich zu anderen Antikonvulsiva der neueren Generation ist die schwache Antagonisierung von Non-NMDA-Rezeptoren (Lücke A 1997, Jahrestagung Jannsen-Cilag 1999). Die inhibitorischen, GABAergen Mechanismen werden durch Topiramat potenziert. Der Modulation durch Benzodiazepine ähnlich, jedoch an einer anderen Bindungsstelle der GABAaRezeptoren, wird der Chlorideinstrom (postsynaptische Ströme) durch eine erhöhte Öffnungsfrequenz an diesen Kanälen gesteigert (Brown SD 1993, White HS 1995). Im Hippocampus von Ratten konnte ein negativ modulatorischer Effekt an HochspannungsCalciumkanälen vom L-Typ gemessen werden (Shank RP 1995). Ein blockierender Effekt von Calcium-Kanälen vom N- und L-Typ sowie ein möglicher Effekt auf T-Typ-Kanäle wurde von Zhang nachgewiesen (Zhang X 2000). Die durch schwache Carboanhydrase (CA II und IV)-Inhibition ausgelösten Effekte scheinen für die antikonvulsive Wirkung der Substanz ohne Einfluss zu sein, jedoch die Auslösung von Parästhesien und Nierensteinen zu induzieren (Shank RP 1994/1995, Chengapapa KNR 2001). 2.2 Gewichtsreduktion Der biochemische und pharmakologische Mechanismus, über den Topiramat das Energiegleichgewicht beeinflusst, ist bis dato nicht geklärt. Antikonvulsiva sind durch ihre Potenzierung GABAerger Wirkung vielmehr mit Gewichtszunahme assoziiert worden. Vorstellbar ist die Gewichtsreduktion mittels negativer Modulation des Glutamatsystems, wie dies für Topiramat der Fall ist (Ketter TA, 1999). Calciumkanalblocker führten bei Ratten zu einer Stimulation des metabolischen Umsatzes. Ob dieser Mechanismus auch auf die Wirkung von Topiramat an spannungsabhängigen Natrium-CalciumKanälen übertragbar ist, sowie die Rolle der Carboanhydrase bei der Gewichtsregulation, konnte bislang nicht beantwortet werden. 3. Pharmakokinetik Topiramat wird nach oraler Gabe rasch resorbiert (Schneidermann JH 1998, Easterling DE 1988). Seine relative Bioverfügbarkeit von circa 80 % wird durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme nicht signifikant beeinflusst (Doose DR 1996, Streeter AJ 1995). Etwa 2 Stunden nach der oralen Einnahme von 400 Milligramm Topiramat wird der Spitzenplamaspiegel erreicht. Die Pharmakokinetik von Topiramat ist linear mit einem dosis-proportionalen III Exkurs Topiramat Anstieg der Plasmakonzentration zwischen 200 und 800 Milligramm pro Tag (Schneidermann JH 1998, Perucca E 1997). Die Proteinbindung im Serum beträgt 15 % und ist damit niedrig (Johannessen SI 1997). Sein Verteilungsvolumen entspricht dem Körperwasser. Die Plasmaeliminationshalbwertszeit beträgt 20 bis 30 Stunden. Beim Nierengesunden wird nach 4 Tagen ein Steady State erreicht. Etwa 80 % von Topiramat werden unverändert renal eliminiert, ein geringer Anteil zu inaktiven Metaboliten verstoffwechselt. Die orale Clearence von Topiramat beträgt bei gesunden Erwachsenen 20 bis 30 Milliliter pro Minute (Schneiderman JH 1998, Easterling DE 1988, Doose DR 1996) und ist bei mäßiger Niereninsuffizienz um 42 %, bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung um 54 % reduziert (Perruca E 1997, Sander JAWS 1997). Deshalb muss die Topiramat-Dosis bei Patienten mit Nieren- sowie schwerer Leberinsuffizienz reduziert werden (Doose DR 1994). Ein höheres Alter scheint nicht mit einem erhöhten Risiko für Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten einherzugehen (Lufrano L 1997, Investigator Broschüre Topiramat 2000). Topiramat besitzt eine hohe therapeutische Breite sowie eine geringe akute und chronische Toxizität (Maddox JR, De Luca RB, Yuschak MM, Investigator Broschüre Topiramat 2000). Für Topiramat wurde keine kanzerogene Wirkung gezeigt (Ben Menachem E 1995). Ein Wirksamkeitsverlust trat unter der Langzeitbehandlung nicht auf. 4. Wechselwirkungen 4.1 Wechselwirkungen mit Antikonvulsiva Für Topiramat wurde bisher kein wesentlicher Einfluss auf andere antikonvulsive Substanzen nachgewiesen. Eine Ausnahme besteht für die durch Cytochrom P450 2c19-Inhibition verminderte Metabolisierung von Phenytoin und damit um 20 % erhöhte Plasmakonzentration (Bourgeois BFD 1996). Carbamazepin und Phenytoin, potente Induktoren des hepatischen Cytochrom P 450-Systems, senken bei gleichzeitiger Verabreichung von Topiramat dessen Serumkonzentrationen um 40 bzw. 48 % (Rosenfeld WE 1997, Schneidermann JH 1998). Bei Einnahme von Topiramat und Valproat steigt die Clearence des letzteren um 13 %, die AUC sinkt um 11 % ab (Doose DR 1995). In der Regel machten diese Variationen jedoch keine Dosisanpassung erforderlich. IV Exkurs Topiramat Inwieweit die durch Topiramat induzierte verstärkte Verstoffwechslung von Valproat zu dem hepatotoxischen Metaboliten 4-ene-Valproat durch gesteigerte beta-Oxidation den Menschen gefährdet, ist noch unklar (Benedetti MS 2000). 4.2 Wechselwirkungen mit oralen Kontrazeptiva Topiramat ist ein Induktor des Cytochrom P450 3a4-Systems. Durch Induktion dieses Cytochroms wird Estradiol verstärkt in inaktive Metabolite umgewandelt, die mit dem Fäzes ausgeschieden werden. Rosenfeld untersuchte die Veränderung der Serumspiegel von Estradiol und Norethindron während 4 Menstruationszyklen an 12 epileptischen Patientinnen. Diese nahmen bereits Valproat ein und bekamen zusätzlich während der 4 Beobachtungszyklen ein orales Kontrazeptivum, bestehend aus 35 µg Estradiol und 1 mg Norethindron, sowie jeweils unterschiedliche Dosen von Topiramat (1. Zyklus: kein Topiramat, 2. Zyklus: Topiramat 2 mal 100 mg/Tag, 3. Zyklus: Topiramat 2 mal 200 mg /Tag, 4. Zyklus: Topiramat 2 mal 400 mg /Tag) verordnet. Am 20. Zyklus-Tag wurde der Estradiol-Serumspiegel, 24 Stunden später der Norethindron-Spiegel gemessen. Die Plasmakonzentrationen von Progesteron (Norethindron) änderte sich während der 4 Zyklen nicht. Kleinste Veränderungen sind jedoch aufgrund der niedrigen Patientenzahl nicht eruierbar. Die maximalen Serumkonzentrationen von Estradiol nahmen von Zyklus 1 (ohne Topiramat) zu Zyklus 4 (800 Milligramm Topiramat) um 25 % ab. Die „Area under the curve“ war bei Zyklus 3 und 4 signifikant verringert (30 %). Die Östrogen-Clearence war bei Zyklus 4 ein Drittel höher als in der ersten Messung. Die Progesteronspiegel der Patientinnen unter oraler Kontrazeption erreichten an Tag 21 Werte von < 0.005 Nanogramm pro Milliliter, was prinzipiell gegen eine stattgefundene Ovulation (Ovulation bei 10-20 ng/ml) und damit auch gegen eine mögliche Empfängnis spricht. Ein Eisprung zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt ist jedoch nicht auszuschließen. Eine Patientin hatte eine intermenstruelle Blutung, die aber trotz Aufdosierung von Topiramat nicht rezidivierte. Irreguläre Blutungen sind ein sensitives Signal für durch Enzyminduktion veränderte Östrogenkonzentrationen (Bohm S 1980). Der Einfluss durch eine mögliche Non-Compliance der Patientinnen sowie die Beeinflussung durch Valproat geht aus diesem add-on Design nicht hervor. Die Bedeutung und das Ausmaß der Enzyminduktion durch Topiramat ist schwer zu bestimmen, da genetische Faktoren oder Umwelteinflüsse unter anderem die Expression von hepatischen Isoenzymen selbst ebenfalls beeinflussen und die Metabolisierung von Östrogenen daher starken interindividuellen Schwankungen unterworfen ist. intra- und V Exkurs Topiramat Ein verringerter Anteil freien Hormons durch Steigerung des Sexualhormon-bindenden-Globulins (SHBG) bei Induktion der Proteinsynthese (wie dies z. B. für Phenobarbital beschrieben ist) wurde in dieser Studie nicht bestimmt. Letztlich ist eine verminderte Wirksamkeit der Kontrazeption nicht auszuschließen, weshalb Patientinnen unter der Einnahme von Topiramat eine höher dosierte, d. h. mindestens 35 bis 50 µg Estradiol enthaltende orale Kontrazeption einnehmen sollten, um die Versagensquote zu reduzieren (Rosenfeld WE 1997). Auch Wirkspiegel des subdermal applizierten Levonorgestrel können durch Cytochrom-Induktion vermindert sein (Haukkamaa M 1986, Odlind V 1986) 4.3 Weitere Wechselwirkungen Die Reduktion von Digitoxin-Serumkonzentrationen um bis zu 12 % sind klinisch von zu vernachlässigender Bedeutung (Bourgeois BF 1996). 5. Indikationen und Wirksamkeit 5.1 Epilepsie Die Wirksamkeit von Topiramat bei therapierefraktären partiellen Epilepsien im Erwachsenenalter wurde in mehreren doppelt-verblindeten, placebo-kontrollierten Studien zweifelsfrei bewiesen (Sharief M 1996, Faught E 1996, Privitera M 1996). Eine antiepileptische Wirkung vermittelt Topiramat bei Dosierung ab 200 Milligramm, die Richtdosis liegt zwischen 200 und 400 Milligramm pro Tag. Inzwischen hat sich für dieses neue Antikonvulsivum ein breites Indikationsspektrum in der Epilepsiebehandlung eröffnet: es eignet sich als Zusatztherapeutikum bei refraktären fokalepileptischen Anfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung, bei primär generalisierten tonischklonischen Formen, beim Lennox-Gastaut-Syndrom, bei Absenzen und Grand-mal-Attacken (Sachdeo RC 1999, Ben Menachem E 1996, Lim P 1997). Sein Einsatz als Monotherapeutikum hat sich ebenfalls bewährt (Ward CA 1998 nach Bauer J 2000). 5.2 Stimmungsstabilisierung Häufig ungenügendes Ansprechen und Therapieversagen bei 20 bis 40 % der Lithium-Behandelten hat zum vermehrten Einsatz von verschiedenen Antikonvulsiva bei der Behandlung von bipolaren Störungen geführt (Calabrese JR 1996, Soares JC 2000). VI Exkurs Topiramat Neben den klassischen Substanzen Valproat (Bowden CL 1994) und Carbamazepin (Post RM 1988, Okuma T 1989) wird auch Topiramat als Akutmedikation und zur prophylaktischen Behandlung manisch-depressiver Patienten evaluiert. Marcotte dokumentierte erstmals in einem gemischten Patientenkollektiv (bipolare Störung, Zyklothymie) eine klinische Besserung bei 62 % der 58 Patienten (Marcotte D 1998). Dieses Resultat deckt sich mit den Ergebnissen weiterer Studien: eine klinische Response (meist definiert als mehr als 50-prozentige Reduktion im YMRS bzw. HMDS und 1-Punkt Verbesserung im CGI) ergab sich bei 47 bis 72 % der behandelten Patienten (Chengapapa KNR 1999/2001, Kusumakar V 1999, Sachs GS 1999, McElroy SL 2000, McIntyre RS 2001, Vieta E 2000, Calabrese SR 2001, Grunze HC 2001). Topiramat erwiese sich insbesondere bei der Therapie manischer Episoden als erfolgreich: in einer 5wöchigen Untersuchung waren bei 60 % der manischen Patienten der YMRS und CGI-Score vermindert (Chengapapa KRS 1999). In einem bipolar-schizoaffektiven Patientenkollektiv verzeichnete McElroy nach 4 und 8 Wochen eine signifikante klinische Besserung bei Manikern, während depressive Patienten von der Medikation nicht primär profitierten (McElroy SL 2000). Eine Therapieresponse bei Manikern beschrieb auch Vieta (Vieta E 2000). In einer Untersuchung an 45 bipolaren Patienten mit einer „Major Depression Episode“ erreichten 42% eine mindestens moderate Verbesserung, 26 % zeigten eine partielle Response. Fünf Patienten schieden wegen fehlender Wirksamkeit aus der Untersuchung aus (Hussain MZ 1999). McIntyres Ergebnisse sprechen von einer gleichwertigen antidepressiven Wirksamkeit von Topiramat und Bupropion bei Manisch-Depressiven (McIntyre RS 2001). Patienten mit Rapid Cycling scheinen ebenfalls von einer Behandlung mit dieser Substanz zu profitieren (Gordon A 1999, Kusumakar V 1999). Marcotte berichtete bei 53 % der Rapid-Cycler eine moderate bis starke Verbesserung, 36 % hatten eine leicht verbesserte Symtomatik, während bei 11 % der Patienten eine Verschlechterung eintrat (Marcotte D 1998). Für den Einsatz in der Akutbehandlung der Manie scheint Topiramat dennoch nicht geeignet, da ein schnelles Aufdosieren wegen neuro-psychiatrischer Nebenwirkungen nicht möglich ist (Normann C 1999). Die Richtdosis liegt, in Abhängigkeit der Behandlungsart (Akutbehandlung oder Prophylaxe, Monooder Kombinationstherapie), zwischen 100 und 500 Milligramm Topiramat pro Tag. Topiramat ist für die Behandlung der Bipolar affektiven Störung in der Bundesrepublik Deutschland nicht zugelassen. Exkurs Topiramat VII 5.3 Gewichtsreduktion In zahlreichen Studien zur Evaluierung der antiepileptischen, stimmungsstabilisierenden und antimanischen Wirksamkeit unter Topiramat war ein gewichtsreduzierender Nebeneffekt offensichtlich. 25 % der Patienten berichteten über Appetitminderung (Chengapapa KRS 1999). Calabrese evaluierte die Gewichtsentwicklung von drei adipösen Patienten unter der Einnahme von Topiramat. Nach 4-wöchiger Behandlung betrug die Gewichtsabnahme zwischen 2.2 und 7 Kilogramm (Calabrese JR 1999). Eine Dokumentation über 6 Wochen ergab eine mittlere Gewichtsreduktion von 10.2 Kilogramm (3.6 bis 25.2 Kilogramm) (Gupta S 2000). Eine doppelt verblindete Studie an 743 epileptischen Patienten ermittelte eine dosisabhängige Gewichtsabnahme von 3.9 bis 6.9 % nach durchschnittlich 17 Therapiewochen (Barret J, Investigator Broschüre Topiramat 2000). Eine Langzeituntersuchung von Chengapapa mit adjuvanter Topiramat-Medikation über mindestens 10 Monate, erbrachte nach 5 Therapiewochen 4.3 Kilogramm und nach 10 Monaten durchschnittlich 6.1 Kilogramm Gewichtsabnahme, wobei 1 Patient sein Gewicht um 21 Kilogramm reduzieren konnte (Chengapapa KRS 1999). Allgemein erreichten Patienten mit einem höheren Ausgangs-BMI (> 30 kg/m²) eine höhere Gewichtsabnahme (4.6 Kilogramm in 5 Wochen) als weniger übergewichtige Personen (BMI < 30 kg/m²). Letztere nahmen durchschnittlich 2 Kilogramm weniger ab. Bestätigung fand dies auch in einer Studie an über 1300 epileptischen Patienten, deren Ausgangsgewicht über 100 Kilogramm lag. Diese nahmen unter Topiramat-Mono- oder Kombinationsbehandlung mehr Gewicht ab als Patienten mit einem niedrigeren Ausgangsgewicht (Kelly F 1999). McElroy wertete über einen 1-Jahres-Zeitraum maximale Gewichtsabnahme zwischen dem 3. und 6. Behandlungsmonat aus, nach einem Jahr betrug die Gewichtsabnahme 6.2 Kilogramm, der BMI sank um 2.2 kg/m² (McElroy SL 2000). Das Gewicht nach 24 Monaten betrug, ohne weitere gewichtsreduzierende Maßnahmen etwa 12 % weniger als bei Therapiebeginn (Kelly F 1999). Eine Verlaufsbeobachtung über 4 Jahre gibt an, das Gewicht der Patienten bleibe auch nach diesem Zeitraum unter dem Ausgangsgewicht bei Behandlungsbeginn (Bourgeois BF 1996). VIII Exkurs Topiramat 5.4 Gewichtsassoziierte Komorbiditäten Topiramat scheint über eine anorexigene Eigenschaft hinaus eine positiven Beeinflussung von gewichtsassoziierten Begleitpathologien zu besitzen. Chengapapa stellte dazu 3 Fallberichte von bipolar affektiven Patienten vor, die unter der Psychopharmakaeinnahme einen Diabetes mellitus bzw. einen Bluthochdruck entwickelt hatten (Chengapapa KNR 2001). Topiramat verbesserte bei diesen Patienten die Glucosetoleranz und machte eine Insulinbehandlung vermeidbar. Ob diese positiven Effekte auf den Glucosestoffwechsel direkt durch Topiramat bedingt oder vielmehr die Folge der Gewichtsabnahme waren, lässt sich nicht differenzieren. Topiramat reduzierte den arteriellen Blutdruck eines hypertonen Patienten. Die antihypertone Behandlung wurde obsolet. Einer Studie von Rae zufolge sanken systolischer und diastolischer Blutdruck im Durchschnitt um 2 bis 3 mm Quecksilbersäule. Bei adipösen (> 100 Kilogramm) Patienten mit pathologisch erhöhtem Blutdruck (> 140 systolisch, > 88 diastolisch) konnte dieser um 12 bzw. 8.5 mm Quecksilbersäule reduziert werden (Rae J, Investigator Broschüre Topiramat 2000). In Abhängigkeit der Gewichtsabnahme konnten die Triglyzeride um bis zu 28 %, Cholesterin um 9 % gesenkt werden (Kelly F 1999). 5.5 Tierversuchsmodell York untersuchte die Gewichtsentwicklung von genetisch adipösen Osborne-Mendel Ratten unter hochkalorischer Ernährung bei Einnahme von d-Fenfluramin oder Topiramat („low-dose“ = 10 Milligramm/Tag, „high-dose“ = 40 Milligramm/Tag). Mit „high-dose“ Topiramat behandelte Ratten zeigten eine Hypophagie, die Gewichtszunahme stagnierte. Im Gegensatz zu d-Fenfluramin konnte die Körperfettmasse um 21 % reduziert werden. Der Leptinspiegel fiel parallel zur Reduktion des Fettgewebes. Ein direkter Einfluss von Leptin auf die Energieregulation konnte nicht gezeigt werden. Die Insulinspiegel nahmen ab. Triacylglycerol und Kortisol im Serum fielen unter d-Fenfluramin in geringerem Masse als dies unter High-Dose Topiramat-Gabe der Fall war. Der metabolische Umsatz unter Topiramat war erhöht. Auf molekularer Ebene konnte eine verminderte Expression der Messenger-RNA von Neuropeptid YRezeptoren Y1 und Y5 nachgewiesen werden. Auch die Boten-RNA des Cortico-Releasing-Hormons (CRF) und jene der Typ II Glucocorticoid-Rezeptoren im Hypothalamus und Hippocampus der Versuchstiere waren verringert. Möglicherweise besteht ein direkter Effekt von Topiramat auf das für IX Exkurs Topiramat die Appetitregulation und Nahrungsaufnahme wesentliche Hypothalamus-Hypophysen-System (York DA 2000). Die Ergebnisse von Picard an Zucker-Ratten deuten auf eine verbesserte energetische Effizienz während der Einnahme von Topiramat hin. Schlanke Tiere steigerten ihren Energieverbrauch bei gleichbleibendem Fressverhalten, adipöse Ratten reduzierten den Kalorienüberschuss im wesentlichen über verminderte Nahrungsaufnahme, während der Energieverbrauch konstant blieb (Picard F 2000). Richard unterstrichen eine bessere Wirksamkeit bei weiblichen Tieren (Richard D 2000). Auch die bei Menschen erfassten Daten unterstützen diese Aussage, das weibliche Geschlecht prädestiniere für ein höheres Therapie-Outcome, das heißt eine stärkere Gewichtsabnahmen. Das subkutane und viszerale Fettdepot sowie die Konzentrationen an Lipoproteinlipase, einem Langzeitmarker für den Lipidmetabolismus im Fettgewebe, nahmen ab (Shorvon SD 1996). 5.6 Andere Indikationen Sachs beschrieb weitere Indikationsbereiche für das neue Antikonvulsivum. Die Symptomatik der Anorexia nervosa, der Bulimie, des posttraumatischen Stress- und des Gilles-de Tourette-Syndroms sollen demnach von Topiramat positiv beeinflusst werden (Sachs GS 2000). Topiramat wurde als add-on-Medikation bei Patienten mit therapierefraktärer bipolarer Störung, Major Depression, Zwangsstörung und zusätzlichem Binge-Eating-Disorder verabreicht. Binge-EatingDisorder* ist eine, bei adipösen Menschen häufig beobachtete Komorbidität, von der bis zu 70 % der Übergewichtigen betroffen sind. 69 % wiesen über den Zeitraum von 3 bis 30 Monaten eine signifikante Besserung ihrer Essstörung auf, bei 61 % kam es zu einer Besserung bezüglich der Bipolaren Symptomatik. Über die Hälfte der Patienten nahmen mehr als 5 Kilogramm Gewicht ab, wobei das Ausmass der Gewichtsreduktion mit der Höhe der Medimamentendosis korrelierte. Diese betrug durchschnittlich etwa 500 Milligramm pro Tag. Einer von 3 Patienten mit Major Depression verzeichnete eine leichte Besserung, die beiden anderen keine Änderung der Symptomatik. Je ein Patient mit einer Zwangsstörung remittierte bzw. war therapieresistent (Shapira NA 2000). Einen allodynen Effekt übte Topiramat im Tierversuch aus (Wild KD 1997, Kim SH 1992, Chaplan SR 1994). Dies führte zu seiner Evaluation bei der Therapie von neuropathischem Schmerz (Potter D 1998), Trigeminusneuralgie (Gilron J 2001), Cluster-Kopfschmerz (Dodick DW 2001) und von Migräne. X Exkurs Topiramat 6. Kontraindikationen und Nebenwirkungen Topiramat wurde bei Patienten mit einer Vorgeschichte für Nierensteine mit der Bildung von renalen Verkalkungen in Verbindung gebracht. Diese meist Calcium- und Phosphat-reichen Nierensteine traten bei 1.5 % der Patienten auf, was einem 2- bis 4-fach erhöhtem Risiko gegenüber der Norm entspricht (Shorvon SD 1996). Die Nephrolithiasis scheint durch eine verminderte Ausscheidung saurer Valenzen und einer gleichzeitigen Harnalkalisierung bedingt zu sein und neigt in der Regel zu Spontanzerfall oder Spontanabgang. Topiramat ist bei Patienten mit einer derartigen Vorgeschichte kontraindiziert. Des weiteren spricht eine Einnahme von Acetazolamid, Triamteren, Vitamin C und der Langzeitgebrauch von Antazida- und Calciumpräparaten sowie anderer Substanzen die mit der Bildung von Nierensteinen assoziiert sind, in den letzten beiden Monaten vor Beginn der Einnahme des Antikonvulsivums gegen dessen Verschreibung. Bei Nagern traten unter Topiramat teratogene Effekte auf (Ben Menachem E 1995, Privitera MD 1997, Glauser TA 1997). Am menschlichen Fötus muss von intrauteriner Wachstumshemmung ausgegangen werden. Des weiteren wird das Antiepileptikum in die Muttermilch sezerniert (Montvale NJ, Investigator Broschüre Topiramat 2000). Topiramat ist deshalb während der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Zu beachten ist darüberhinaus, daß unter Topiramat die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva herabsetzen sein kann (siehe Kapitel 7.2.3) und Blutungsunregelmässigkeiten auftreten können (4.2 %). Das Nebenwirkungsprofil von Topiramat unterscheidet sich nicht bezüglich der zugrundeliegenden Pathologie (Epilepsie oder bipolare Störung). Diese sind in den meisten Fällen zentralnervöser oder gastrointestinaler Genese. Die überwiegende Zahl der Nebenwirkungen tritt in den ersten 8 Wochen während der Titrationsphase auf und bildete sich teilweise zurück. Dosisabhängige unerwünschte Begleiterscheinungen sind das Auftreten von Müdigkeit (28%), von Nervosität (19 %) und Konzentrationsstörungen, die durch ein langsames Aufdosieren der Medikation größtenteils vermeidbar sind. Weitere häufige Nebenwirkungen sind: Schwindel (30 %), Müdigkeit (20 %), Appetit-losigkeit und Anorexie (25 % bzw. 11 %), Ataxie (18 %), psychomotorische Verlangsamung (18 %), Parästhesien (17 %), Abgeschlagenheit (15 %), Nystagmus (13 %), Gedächtnisstörungen (13 %), Sprachstörungen (12 %) wie z. B. Wortfindungsstörungen, Verwirrung (11 %), Übelkeit (11 %), Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen (11%), Tremor (9.5 %), Depression (8 %), sowie Ängstlichkeit (7.5 %) (Ward CA nach Bauer J 2000). XI Exkurs Topiramat Weniger häufige Nebenwirkungen, die jedoch öfter als unter Placebo auftraten, sind: Asthenie (4.5%), Koordinationsstörungen (3.7 %), Stimmungsschwankungen (3.5 %), aggressives Verhalten (3 %), Erregung (3 %), Geschmacksveränderungen (2.5 %), Psychosen und psychotische Symptome (1.7 %), sowie Leukopenie (1.4 %). Kognitive Probleme traten unter Topiramat-Monotherapie signifikant seltener auf als unter Kombinationsbehandlung mit anderen Antiepileptika (Lim P 1997). Bei Kindern ab 2 Jahren traten darüber hinaus Hyperkinesien und Halluzinationen auf (Herstellerinformation). In einigen Fällen sind Leberschäden beobachtet worden, die sich jedoch fast folgenlos zurückbildeten (Investigator Broschüre Topiramat 2000). Bis zu 50 % der Patienten setzten ihre Medikation aufgrund von Nebenwirkungen bzw. wegen fehlender Wirksamkeit ab (Huppertz HJ 2001, McElroy SL 2000). * Fußnote: Binge-Eating-Disorder ist eine im DSM IV nicht näher klassifizierte Essstörung. Es handelt sich dabei um rekurrente Episoden von Essanfällen (binge-eating). Exkurs Topiramat XII Indikation Stimmungsstabilisierer Depression Rapid Cycling n Dauer Ergebnisse Studie 20 5 Wochen 50 %-Besserung(YMRS) bei 62 % 21 6 Wochen bei 28 % Besserung 56 10 Wochen Manie: bei 55 % gebessert Depression.: bei 20 % gebessert McElroy 2000 27 16 bis 40 Wochen nach 16 Wochen: 55 % euthym Kusumaker 1999 Sonstiges Chengapapa 1999 Vieta 2000 Besserung nur bei Manie nach 40 Wochen 72 % euthym 10 80 %-Besserung bei 40 % Grunze 2000 36 50 %-Besserung bei 56 % McIntyre 2000 45 6 Monate Mind. moderate Response: bei 42% partielle Response: bei 26 % fehlende Response: bei 11 % Hussain 1999 44 16 Wochen Mind. moderate Response: bei 52% partielle Response: bei 36 % Verschlechterung: bei 11 % Marcotte 1998 on-off-on Design Topiramat versus Bupropion (add-on) (Besserung bei 56 vs. 59 %) Exkurs Topiramat XIII Übergewicht 3 4 Wochen GA 2.2 bis 7 kg 20 5 Wochen Appetitabnahme bei 25 % Chengapapa 1999 20 5 Wochen GA 4.3 kg Chengapapa 1999 5 6 Wochen GA 10.2 kg Gupta 2000 20 10 Wochen GA 6.1 kg Chengapapa 1999 743 17 Wochen GA 3.9 bis 6.9 % Barret 3 1-2 Jahre GA 16 - 20.5 % Chengapapa 2001 1 Jahr Adipositas und Bipolare Störung 14 22+/- 22 Wochen Essstörungen und Bipolare Störung 13 3-30 Monate GA 6.2 kg Besserung (CGI): bei 36 % GA > 5 kg bei 53 % Calabrese 1999 mehr GA bei höherem Ausgangsgewicht 100 % Therapieresponse dosisabhängige Gewichtsabnahme McElroy 2000 BMI-Abnahme: 2.2 kg/m² Sachs 1999 Besserung der Essstörung Shapira 2000 bei 69 % Besserung Essstörung bei 61 % Besserung Bipolare Störung XIV Exkurs Sibutramin 1. Historie Sibutramin (N-{1-[1-(4-Chlorophenyl)cyclobutyl]3-Methylbuthyl}-N,N-Dimethylamin-Hydrochlorid Monohydrat), wurde in den 80er Jahren als Monoamin-Wiederaufnahmehemmer zum Einsatz bei depressiven Störungen synthetisiert. Strukturformel Sibutramin Vorausgegangen war die Entdeckung von Vetulani und Sulser 1975, derzufolge antidepressive Substanzen ihre Wirkung über eine Verminderung der β-Adrenozeptor vermittelten Aktivität der Adenylatzyklase entfalten (Vetulani J 1975). Da Sibutramin rasch und potent zur β-Rezeptor DownRegulation (im Tierversuch über 20 % nach 3 Tagen) führt, versprach man sich von ihm eine effizient antidepressive Wirkung (Buckett WR 1988, Luscombe GP 1989). Bei repetitiver Gabe im Tierversuch konnte eine rasche Down-Regulation von β1, α2 sowie 5HT 1ARezeptoren nachgewiesen werden (Heal DJ 1989/1992, Martin KF 1993). Drei Phase II-Studien enttäuschten die Hoffnung, ein neues wirksames Antidepressivum entwickelt zu haben (Bootspharma nach Heal DJ 1989). Ein unerwarteter Nebeneffekt, Appetitlosigkeit und Gewichtabnahme unter der Einnahme von Sibutramin, fokussierte die Aufmerksamkeit auf seinen möglichen Einsatz als gewichtsreduzierendes Arzneimittel (Kelly F 1995). Exkurs Sibutramin XV Sibutramin wurde im November 1997 von der „American Food and Drug Administration“ in den USA und im Januar 1999 in der Bundesrepublik Deutschland zur unterstützenden Therapie im Rahmen des Gewichtsmanagements zugelassen. 2. Pharmakodynamik Sibutramin, ein tertiäres Amin, ist ein Monoamin-Wiederaufnahmehemmer, dessen Wirkung über seine Metabolite, das sekundäre und primäre Amin M2 und M1, entfaltet wird. Es erwies sich sowohl in vitro wie in vivo (Tierversuch, gesunde Probanden) als potenter Noradrenalin- und Serotonin-Reuptake-Inhibitor (SNRI) (Buckett 1988, Luscombe GP 1990). Seine Wirkstärke bezüglich der Wiederaufnahmehemmung von Noradrenalin entspricht der Potenz des Trizyklikums Desipramin, die Akkumulation von Serotonin durch 5HT-Reuptake-Inhibition jener des SSRI Fluoxetin Die maximale Wiederaufnahmehemmung für diese Monoamine betrug 50-60 % (Cheetham SC 1993/1996). Die Wiederaufnahme-Blockade von Dopamin ist schwach und in therapeutischen Dosen vernachlässigbar (Luscombe GP 1990). Sibutramin per se führt nicht zu einem Releasing von Monoaminen (Buckett WR 1988, Heal DJ 1992, Martin KF 1993). Es besitzt ein enges Wirkspektrum, hat keine Affinität zu Serotonin- (5 HT1A,2A,2C), Adreno- (β1,2; α1,2), Dopamin- (D1,2), Muskarin- (M1,2), Histamin- (H1), Glutamat- (NMDA) und Benzodiazepinrezeptoren, was sich unter anderem in einem limitierten Nebenwirkungsspektrum äußert (Buckett 1988, Luscombe GP 1989, Scott G 1994, Stock MJ 1997). Die Monoamino-Oxidase (MAO) wird durch Sibutramin nicht beeinflusst (Buckett WR 1988). Die Wirkung von Sibutramin konnte durch α1-Rezeptor-Antagonisten, sowie teilweise durch β1-, 5HT2A-, und 2C-Rezeptor-Antagonisten aufgehoben werden (Leibowitz SF 1978/1982, Jackson HC 1997). Alpha 2-Rezeptor-Agonisten haben eine appetitstimulierende Wirkung (Sanger DJ 1983, Goldman CK 1985), wobei diese Rezeptoren nicht durch Sibutramin beeinflusst werden. Die Gabe des SNRI reduzierte die Nahrungsaufnahme bei genetisch adipösen Zucker-Ratten (StrickerKongrad A 1995). Die physiologischen Verhaltensmuster (Fressen, Reinigen, Schlafen) wurden nicht verändert, der Prozess der Sättigung jedoch beschleunigt und das Sättigungsgefühl zeitlich verlängert. Die physiologischen Kontrollmechanismen (Autorezeptorfeedback) Amphetaminen nicht unterbrochen (Halford JCG 1995). werden im Gegensatz zu XVI Exkurs Sibutramin Die Wirkung des Appetitzüglers ist eine Zusammensetzung aus Effekten von Noradrenalin und Serotonin, was sich durch Kombination des SSRI Fluoxetin und des Noradrenalin-Reuptake-Hemmers Nisoxetin nachprüfen lässt, die je einzeln gegeben keinen, gemeinsam jedoch einen signifikant hypophagen Effekt besitzen. Die noradrenerge Wirkung scheint dabei insbesondere für die früh auftretende Hypophagie (etwa 60 Minuten nach Sibutramin-Gabe) verantwortlich zu sein (Jackson HC 1996). Sibutramin wirke nicht direkt auf Adrenozeptoren, sondern vermittle diese Wirkung indirekt durch zentralnervöse Steuerung (Connoley IP 1995). Chapelot zeigte eine verminderte Kalorienaufnahme (um ca. 12 %) bei 24 gesunden Probanden nach einmaliger Gabe von 15 Milligramm Sibutramin. Bei morgendlicher Einnahme zeigte sich mittags die beste Wirkung: Fett- und Proteinaufnahme waren signifikant reduziert, während abends weniger Kohlenhydrate bei jedoch insgesamt geringerer Kalorienreduktion aufgenommen wurden. Kausal wird die verminderte Nahrungsaufnahme durch eine möglicherweise verlangsamte Magenentleerung mittels neurohormoneller Modulationen und eine verbesserte Verwertung freier Fettsäuren durch die Stimulation des sympathischen Nervensystems erklärt (Chapelot D 2000). Einen Einfluss von Sibutramin auf Neuropeptid Y und andere, im Hypothalamus in die Energieregulation involvierter Peptide und Neurotransmitter (Galanin, Melanozyten-StimulierendesHormon, Cocain- and Amphetamin Related Transcript) (Dryden S 1996, Rogers P 1991, Williams G 2000) konnte Brown in einer Studie mit 96 Wistar-Ratten nicht nachweisen. Während die Tiere ihre Nahrungszufuhr signifikant reduzierten, Fettgewebe und Insulinresistenz abnahmen, waren keine Konzentrationsänderungen von NPY bzw. von dessen Boten-RNA im Hypothalamus messbar (Brown M 2001). Connoley vermutete einen weiteren Mechanismus von Sibutramin in der Steigerung des Energieverbrauchs. Zwei Stunden nach Sibutramin-Gabe ließ sich ein um 20 % erhöhter Sauerstoffverbrauch als Zeichen vermehrter Thermogenese nachweisen. Die Transmission über autonome Ganglien soll zu einer Stimulation sympathischer betaadrenerger Rezeptoren im braunen Fettgewebe führen (Connoley IP 1995). Beta-Oxidation und Glucose-Verbrauch stiegen. Es handelt sich dabei um einen zentralnervös vermittelten Effekt (Liu Y-L 1995). Die Steigerung der Thermogenese scheint bei Tieren einen Beitrag zum Energieverbrauch zu leisten. Inwieweit dies jedoch beim Menschen von Bedeutung ist, bleibt aufgrund der Datenlage bis dato unklar (Walsh KM 1999). Der bei Gewichtsabnahme kompensatorisch erniedrigte metabolische Grundumsatz erscheint unter Sibutramin weniger ausgeprägt (0.8 % Senkung versus 3.8 % unter Placebo), was ebenfalls zu einem XVII Exkurs Sibutramin besseren energetischen Gleichgewicht beiträgt. Hansen konnte einen erhöhten Energieverbrauch bis zu 5.5 Stunden nach Einnahme von 30 Milligramm Sibutramin messen (Hansen DL 1998). Anzumerken ist jedoch, dass es während einer 8-wöchigen Untersuchung trotz Gewichtsabnahme im Vergleich zur Placebo-Gruppe nicht zu signifikanten Unterschieden des Grundumsatzes kam (Seagel HM 1998). Sibutramin ist nicht neurotoxisch, da es nicht wie andere Appetitzügler (Fenfluramin, d-Fenfluramin) zu einer Verarmung der Speicher an Serotonin, Dopamin und Noradrenalin in Hypothalamus, Striatum und Hippocampus kommt (Butler SA 1997). Das Amin besitzt eine hohe therapeutische Breite. Trotz zentral stimulierender Wirkung hat es kein Abususpotential, ist weder halluzinogen noch euphorisierend (Cole JO 1998). 3. Wechselwirkungen Sibutramin hat keinen Einfluss auf das Cytochrom P450–System, wird selbst aber über dieses abgebaut (Luque CA 1999). Die Ko-Administration von Cytochrom P450 3A4 Inhibitoren wie Ketokonazol und Erythromycin erhöhte die Sibutramin-Plasmakonzentrationen um 23 bzw. 10 %. Induktoren des Cytochroms (Rifampicin, Phenytoin, Carbamazepin, Phenobarbital, Dexamethason) steigern möglicherweise den Abbau des Appetitzüglers (Product-Monograph Knoll 1999, McNeely W 1998). Die gleichzeitige Einnahme von anderen, die Serotoninkonzentrationen erhöhenden Arzneimitteln (SSRI, MAO-Hemmer, Sumatriptan, Dihydroergotamin, Opioide) können zum lebensbedrohlichen Serotonin-Syndrom* führen (Hersteller Information). Es existieren keine systematischen Untersuchungen zur Modulation der Vitalparameter (Herzfrequenz, arterieller Blutdruck) bei gleichzeitiger Einnahme von kardiostimulierenden Substanzen. Es gibt keine Anzeichen für Wechselwirkungen mit Alkohol sowie oralen Kontrazeptiva (Wesnes KA 2000, Back DJ 1997). Die Alkoholeinnahme ist jedoch unter anderem aus diätetischen Gründen nicht angezeigt. 4. Pharmakokinetik Sibutramin wird nach oraler Gabe rasch zu über 90 % resorbiert (Lean MEJ 1997). XVIII Exkurs Sibutramin Die gleichzeitige Nahrungsaufnahme beeinflusst die Absorption des Amins nicht wesentlich: die Spitzenkonzentrationen von M1 und M2 sind um 27 bis 32 % erniedrigt, der Plasmapeak wird später erreicht (Garrat CJ 1995). Sibutramin wird zu den Metaboliten M1 und M2 demethylisiert, die etwa 100 Mal potenter als Sibutramin selbst sind (Kaiser PE 1994). Aus dem sekundären und primären Metaboliten enstehen durch Hydroxylierung und Konjugation die inaktiven Abbauprodukte M5 und M6, die zu 77 % renal und zu 8 % über den Fäzes ausgeschieden werden. Die hepatische Metabolisierung findet über das Cytochrom P450 3A4 System statt. Die Bioverfügbarkeit von M1, M2 ist bei moderater Leberinsuffizienz (Child Pugh 5-9) erhöht (Product-Monograph Knoll 1999). Die renale Clearence beträgt 1750 Liter pro Stunde. Eine renale Dysfunktion beeinflusst die maximale Plasmakonzentration von inaktiven Metaboliten um das 3- bis 11-fache, die Konzentrationen der aktiven Abbauprodukte werden nicht beeinflusst (Fachinformation Knoll, Luque CA 1999). Die Plasmakonzentration von M2 ist etwa doppelt so hoch wie die von M1. Die Plasmaeiweissbindung beträgt für Sibutramin 97 %, M1 und M2 sind zu je 94 % an Proteine gebunden (Fachinformation Knoll, Luque CA 1999). Die Plamaspitzenkonzentration von Sibutramin wird nach einer Stunde, von M1 und M2 nach 3 bis 4 Stunden erreicht. Die Halbwertszeit des tertiären Amins beträgt 1.1 Stunde, von M1 14 und von M2 16 Stunden (Product-Monograph Knoll 1999, Mc Neely W 1998). Sibutramin besitzt eine dosislineare Kinetik. Ein Steady State wird nach 4 Tagen erreicht. Sein pharmakokinetisches Profil unterscheidet sich bei adipösen nicht von normalgewichtigen Patienten, bei jungen nicht von älteren Personen (> 70. Lebensjahr) (Garrat CJ 1995, Hind ID 1999). Sibutramin überquert die Plazentaschranke und ist deshalb in der Schwangerschaft kontraindiziert (Fachinformation Knoll). 5. Indikationen und Wirksamkeit 5.1 Adipositas 5.1.1 Therapieindikation Sibutramin sollte als Bestandteil eines Gewichtsreduktionskonzepts begleitend zu diätetischen Maßnahmen und körperlicher Betätigung angewendet werden. XIX Exkurs Sibutramin Es ist zur Behandlung ernährungsbedingter Adipositas (BMI > 30 kg/m²) und Übergewicht (> 27 kg/m²) bei gleichzeitigem Vorliegen von adipositasbedingten Risikofaktoren indiziert. Die interdisziplinäre Therapie mit Sibutramin sollte die Dauer eines Jahres nicht überschreiten. Die Behandlung sollte bei mangelhaftem Ansprechen, d. h. weniger als 2 Kilogramm Gewichtsverlust innerhalb von 4 Wochen bzw. weniger als 5 % Gewichtsabnahme nach 3 Monaten abgebrochen werden. Eine Gewichtszunahme und die fehlende positive Beeinflussung gewichtsinduzierter Begleiterkrankungen sind weitere Indikationen für einen Therapieabbruch (Fachinformation Knoll). 5.1.2 Kurzzeitstudien Sibutramin bewirkte in einer 6-wöchigen placebokontrollierten Studie zur Klärung der antidepressiven Wirksamkeit eine dosisabhängige Gewichtsabnahme. Die 78 depressiven Patienten nahmen zwischen 1.2 und 2.2 % Gewicht ab, es kam zu keiner Besserung der depressiven Symptomatik (Boots Pharma, nach Heal DJ 1998). Eine Phase I-Studie über die gleiche Zeitdauer beobachtete in einem männlichen Kollektiv bei Dosierungen zwischen 2.5 und 5 Milligramm pro Tag eine Gewichtsreduktionen von durchschnittlich 3.3 % (Bootspharma, nach Heal DJ 1998). Gesunde Probanden, denen 30 Milligramm Sibutramin pro Tag verabreicht wurde, nahmen 6 % ihres Gewichts ab, was dem 12-fachen des Placeboeffekts entsprach. Weintraub führte eine 12-wöchige placebokontrollierte Studie an 60 adipösen Patienten ( 130 bis 180% des idealen Körpergewichts) durch. Nach einer 3-wöchigen Screening-Phase, in der ein Diätplan erstellt wurde, bekamen die Patienten 5 bzw. 20 Milligramm Sibutramin täglich verabreicht. Während die Gewichtsabnahme von 3 % unter 5 Milligramm Sibutramin nicht signifikant gegenüber Placebo ausfiel, nahmen die Patienten mit der höheren Dosierung 5.1 % ihres Ausgangsgewichts ab. In der folgenden medikamentenfreien Woche kam es zu geringfügigen Erhöhungen des Gewichts in allen Gruppen. Die Gewichtsabnahme unter Sibutramin erwies sich auch ohne kalorienreduzierte Ernährung als effizient (Weintraub M 1991). Rolls ermittelte bei 14 übergewichtigen Frauen eine 19-prozentige Kalorienreduktion unter Einnahme von 10 Milligramm Sibutamin, 30 Milligramm reduzierten die Kalorienaufnahme um 26 %, wobei der Anteil der Kohlenhydrate in der Nahrung erhöht (51.6 % unter Placebo, 56.7 % unter Sibutramin) und der Fettanteil reduziert wurde (24 % Sibutramin, 27.8 Placebo) (Rolls BJ 1998). In einer 12-wöchigen placebokontrollierten Studie mit circa 200 Patienten (BMI 25-40 kg/m²) zeigten sich signifikante Gewichtsabnahmen von 3.4 bis 4.1 Kilogramm unter 10 und 20 Milligramm Sibutramin, während eine Dosis von 1 Milligramm wirkungslos war (Jones SP 1994). XX Exkurs Sibutramin Eine multizentrische Studie (1047 Patienten) über 24 Wochen ergab maximale Gewichtsabnahmen innerhalb der ersten 12 Wochen. Patienten unter 5 Milligramm Sibutramin nahmen nicht weiter ab, während solche mit 10 bis 30 Milligramm bis Studienende kontinuierlich Gewicht verloren (mittlere Gewichtsabnahme unter 15 Milligramm: 4.4 Kilogramm) (Bray GA 1994, 1999, Mendels J 1994). Bezüglich einer Appetitreduktion und einem steigenden Sättigungsgefühl der Patienten, ermittelt mit Hilfe von visuellen Analogskalen, kamen die einzelnen Studien zu abweichenden Ergebnissen (Hanotin C 1998, Fanghänel G 2000). 5.1.3 Langzeitstudien Der Langzeitverlauf der Gewichtsentwicklung unter Sibutramin wurde von mehren Studien evaluiert. Eine Untersuchung über den Zeitraum von 12 Monaten verglich die Gewichtsentwicklung unter Sibutramin mit Placebo. Nachdem in einer 4-wöchigen medikamentenfreien Phase die Patienten unter einer stark kalorienreduzierten Diät (800 kcal/Tag) mindestens 6 Kilogramm abgenommen hatten, konnte die Sibutramin-Gruppe ihr Gewicht in der Folgezeit weiter reduzieren (5.2 Kilogramm), die Placebogruppe nahm Gewicht zu (0.5 Kilogramm). Fettparameter und Harnsäurespiegel fielen unter Sibutramin weiter ab (Apfelbaum M 1999). Lean unterstrich die Langzeitwirksamkeit: über bis zu 24 Monate konnte eine stetige Gewichtsabnahme verzeichnet werden. Wurden nach 6-monatiger Einnahme von Sibutramin die Patienten für weitere 18 Monate auf Sibutramin bzw. Placebo randomisiert, so konnten erstere das abgenommene Gewicht besser konservieren als Placebopatienten: 43 % hielten 80 % ihres Gewichts, nur 16 % unter Placebo. 27 % der Sibutramin-Gruppe konnte die gesamte Gewichtsreduktion über den Zeitraum von 18 Monaten halten. Die mittlere Dosis betrug 13.5 Milligramm pro Tag, wobei Patienten mit höherer Dosis (bis zu 20 Milligramm) nicht mehr abnahmen (Lean MEJ 1997). 5.1.4 Therapieleitlinien Die Wirksamkeitsdosis von Sibutramin wurde zwischen 10 und 15 Milligramm pro Tag ermittelt. Patienten, die in den ersten 4 Behandlungswochen bei wirksamer Medikamentendosis weniger als 2 Kilogramm Gewicht abnahmen, konnten als Non-Responder erkannt werden. Fehlendes Ansprechen der Behandlung im ersten Monat prädestinierte auch im weiteren Behandlungsverlauf für einen Therapiemisserfolg. Dahingegen nahmen 73 % der Responder über eine Gesamtdauer von 6 Monaten mindestens 5 % ab. Bis zu 54 % verloren mindesten 10 % des Ausgangsgewichts (Fanghänel G 2000, Cuellar GEM 2000). Gewichtsverluste von 10 Kilogramm in 6 Monaten wurden als realistisches Ziel bei Therapierespondern anvisiert (Bray GA 1999). XXI Exkurs Sibutramin Die Gewichtszunahme nach Diskontinuation der Medikation ist relativ zur vorausgegangen Gewichtsabnahme (Hanotin C 1998). Patienten mit der höchsten Gewichtsabnahme nahmen im Folgenden am schnellsten und meisten wieder zu (Bray GA 1999). 5.2 Diabetes Mellitus Typ II Neben der Gewichtsabnahme erwies sich Sibutramin auch bei der Behandlung adipositasbedingter Komorbiditäten als effizient. Die Gewichtsabnahme bei Diabetikern ist aufgrund der veränderten Stoffwechsellage mit DiätMaßnahmen häufig nicht zu erreichen. Bei Patienten mit latentem Diabetes Mellitus konnte bei Gewichtsabnahme gleichzeitig der GlucoseStoffwechsel besser reguliert werden (Leutenegger M 1997). In einer 12-wöchigen Studie wurde bei Diabetikern die Gewichtsentwicklung bei Kalorienreduktion (Reduktion um 500 Kilokalorien pro Tag) und Einnahme von 15 Milligramm Sibutramin im Vergleich zu Placebo beobachtet. Mehr als 5 % Gewichtsverlust traten bei keinem der Diabetiker mit Placebo auf, jedoch bei 19 % unter Sibutramin. Nüchternglucosewerte und Glucosespitzenkonzentrationen waren unter Sibutramin geringer (Finer N 2000). Nach 24 Wochen Sibutramin-Einnahme hatten 33 % der Patienten ihr Gewicht um 5 % und 8 % der Behandelten um 10 % gesenkt. Nüchternglucose und HbA1c-Spiegel sanken um 0.5 bis 1.6 % (Fujioka K 2000). Die Gewichtsabnahme bei diabetischen Patienten war weniger ausgeprägt als bei Patienten ohne diese Komorbiditäten, aber bereits geringe Gewichtsreduktionen wirkten sich positiv auf die Stoffwechselsituation dieser Patienten aus (Griffiths J 1995). 5.3 Arterielle Hypertonie Das sympathomimetisch wirkende Arzneimittel (mittlerer Blutdruckanstieg: 2-3 mmHg) führte entgegen den Erwartungen bei Hypertonikern zu keinem Blutdruckanstieg (Hazenberg BP 1996) (hierzu auch Kapitel 6.2). Die Ergebnisse aus Untersuchungen mit adipösen Hypertonikern gaben keinen Anhalt für eine Exazerbation der Blutdrucksituation, möglicherweise können diastolische Werte bei substantieller Gewichtsabnahme sogar reduziert werden (Lean MEJ 1997). Exkurs Sibutramin XXII Bis zu 5 % der Sibutraminbehandelten Hypertoniker mussten die Therapie aufgrund von Blutdruckanstieg abbrechen, was gegenüber normotonen Patienten keinen erhöhten Anteil darstellte (McMahon FG 2000). 5.4 Dyslipidämie Hypertriglyzeridämie sowie erniedrigte „High Density Lipoprotein Cholesterin“ –Werte (HDL-C) sind die häufigsten adipositasinduzierten Dyslipidämien. 322 Patienten mit Hypertriglyzeridämie nahmen 20 Milligramm Sibutramin pro Tag über 24 Wochen ein. In Abhängigkeit der Gewichtsabnahme sanken die Triglyzeridspiegel um bis zu 70 Milligramm pro Deziliter, in der Placebogruppe stiegen diese an (Dujovne CA 2001). Fitchet leitete aus einer Metaanalyse von 6 Studien über den Zeitraum von 3 bis 12 Monaten eine positive Korrelation von Nüchternlipidspiegel und Gewichtsabnahme ab (Fitchet M 1997). Eine Reduktion von Triglyzeriden und Very-Low-Density-Lipoproteinen (VLDL) um 15.4 bzw. 12.5% nach 12 Wochen Sibutramin-Einnahme ermittelte eine weitere Studie. Cholesterin- und „Low-Density-Lipoprotein“-Reduktionen waren nicht statistisch signifikant (Lean MEJ 1998). 5.5 Hyperurikämie Die Hyperurikämie, ein Risikofaktor in der Genese der Koronaren Herzerkrankung und Marker der Insulinresistenz, könne Herstellerangaben zufolge in Abhängigkeit der Gewichtsabnahme signifikant um bis zu 10 % reduziert werden (Fachinformation Knoll). 5.6 Viszerales Fettgewebe Taillen- und Hüftdurchmesser sowie der Quotient aus beiden, als Parameter für die viszerale Fettgewebsmasse, waren nach 6 - bis 12-monatiger Einnahme von Sibutramin signifikant verringert ( Fitchet M 1997). Ergebnissen von Van Gaal (LF 1998) zufolge sank der Anteil des viszeralen Fettgewebes nach 6monatiger Einnahme von 10 Milligramm Nüchternglucosewerte nahmen parallel dazu ab. Sibutramin um 22 %, Insulinspiegel und Exkurs Sibutramin XXIII 6. Kontraindikationen und Nebenwirkungen 6.1 Kontraindikationen Sibutramin ist nicht für die Therapie organisch bedingter Adipositas, schwerwiegender Essstörungen wie Anorexia nervosa, Bulimie und „Binge Eating Disorder“ indiziert. Aufgrund des theoretischen Risikos eines Stimmungsumschwungs durch antidepressive Eigenschaften von Sibutramin sollte der Einsatz von Sibutramin bei psychiatrischen Erkrankungen mit Vorsicht erfolgen. Die gleichzeitige Einnahme von serotoninerg sowie allgemein zentralnervös wirkenden Substanzen muss unter medizinischer Aufsicht erfolgen. Die Einnahme von MAO-Hemmern sollte mindestens 2 Wochen vor Therapiebeginn mit Sibutramin beendet werden, da die Gefahr der Induktion eines Serotonin-Syndroms* besteht. Substanzen zur Gewichtsreduktion oder Tryptophan zur Behandlung von Schlafstörungen sind in Kombination mit Sibutramin kontraindiziert (Fachinformation Knoll). Die gleichzeitigen Einnahme des Lipaseinhibitors Orlistat zeigte keine der Sibutramin-Monotherapie überlegene Wirkung (Wadden TA 2000). Sibutramin sollte aufgrund seiner sympathomimetischen Wirkungen bei folgenden organischen Erkrankungen nicht eingesetzt werden: koronare Herzerkrankung, Herzinsuffizienz, Tachykardie (chronotrope Wirkung), periphere Verschlusserkrankung (vasoaktiv), Herzrhythmusstörungen, zerebrovaskuläre Erkrankungen, unzureichend ein-gestellte Hypertonie (>145/90), Hyperthyreose, schwere hepatische und renale Insuffizienz, benigne Prostatahyperplasie mit Restharnbildung, Phäochromozytom, Engwinkelglaukom und Gilles de Tourette Syndrom. Als ZNS-wirksame Substanz sollte Sibutramin nicht bei Patienten mit bekanntem Drogen-, Arzneimittel- und Alkolholabusus eingesetzt werden. Es ist während der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert, Frauen sollten während der Einnahme von Sibutramin ein orales Kontrazeptivum zur Empfängnisverhütung einnehmen. Die Dosierung muss bei mäßiger Leber- oder Niereninsuffizienz den Plasmakonzentrationen der aktiven Metabolite M1 und M2 angepasst werden. Ein Blutdruckanstieg über 145 systolisch und 90 diastolisch bei mehreren Messungen gelten als Abbruchkriterium der Sibutramin-Behandlung. Regelmäßige Blutdruck- und Pulskontrollen sind indiziert. XXIV Exkurs Sibutramin Während der Therapie mit dem Appetitzügler sollte auf das Auftreten von Knöchelödemen, Dyspnoe und pektanginöse Beschwerden geachtet werden (Fachinformation Knoll) . 6.2 Nebenwirkungen Sibutramin wird bis zu Dosierungen von 20 Milligramm pro Tag gut toleriert. Der Grossteil unerwünschter Begleiterscheinungen trat innerhalb der ersten 4 Behandlungswochen auf. Bis zu 80 % der mit Sibutramin behandelten Patienten gaben an, Nebenwirkungen zu haben, die jedoch in den meisten Fällen nur kurzzeitig auftraten und selbstlimitierend waren (McMahon FG 2000). Die Veränderungen der kardiovaskulären Parameter, des Blutdrucks sowie der Herzfrequenz, unter der Einnahme von Sibutramin werden kontrovers diskutiert. Dies führte 2002 zu einer zeitweiligen Aufhebung seiner Zulassung zur Nutzen-Wirkungsanalyse in Italien. Seit seiner Zulassung 1998 wurden insgesamt 397 schwere Nebenwirkungen registriert. 19 Todesfälle aufgrund von kardiovaskulären Komplikationen wurden bekannt. Bereits 1997 wurde für Sibutramin ein unzufriedenstellendes Risiko-Nutzen-Verhältnis dokumentiert, dies im speziellen aufgrund seiner signifikanten Steigerung von Puls und Blutdruck bei nur moderater Gewichtsabnahme. Die vasopressorischen Eigenschaften von Sibutramin seien als klinisch bedeutsam einzustufen. Unter Sibutramin-Einnahme käme es zu um das 3-fache häufigere Vorkommen von EKG-Anormalitäten. Bei 143 Patienten traten Herzrhythmusstörungen auf. Für Sibutramin wurde eine mögliche Involvierung für die Genese kardialer Arrhythmien, zerebrovaskulärer Unfälle, akute interstitielle Nephritis, Thrombozytopenie und Blutungsstörungen evaluiert. Es komme trotz einer verzeichneten Gewichtsabnahme zu paradoxen Blutdruckanstiegen (Wolf SM 2002). Andere Studiendaten relativieren die Aussage zu den vasopressorischen Effekten von Sibutramin. Bei einer signifikanten Gewichtsabnahme von 4.4 Kilogramm gegenüber 2.2 Kilogramm unter Placebo, führte eine Dosis von 10 Milligramm Sibutramin zu einer Reduktion des diastolischen Blutdrucks um 4.0 Millimeter Quecksilbersäule im Vergleich zu einer Abnahme um 5.7 Millimeter Quecksilbersäule unter Placebo (Hazenberg BP 2000). Walsh verzeichnete nach 12-wöchiger Sibutramineinnahme keine signifikanten Änderungen der kardiovaskulären Parameter im Vergleich zur Placebo-Kontrollgruppe (Walsh KM 1999). XXV Exkurs Sibutramin Einen Anstieg des Blutdrucks konnte auch eine weitere Studie über den gleichen Zeitraum nicht vermerken. Dahingegen stieg die Herzfrequenz unter einer Sibutramindosis von 10 bis 15 Milligramm um 4 Schläge pro Minute (Hanotin C 1998). Eine geringe, aber signifikante Steigerung des diastolischen Blutdrucks sowie der Herzfrequenz (um 2.0 mmHg und 4.9 Schläge pro Minute) zeichnete sich jedoch als die häufigste Behandlungsnebenwirkung mit Therapieabbruch aus (5.3 % der Patienten unter Sibutramin, 1.4 % unter Placebo) (McMahon FG 2000). Nach 24 Monaten Sibutramineinnahme stieg der diastolische Blutdruck durchschnittlich um 2.3 Millimeter Quecksilbersäule, der systolische Druck stieg um 0.1 Millimeter Quecksilbersäule. Ein Herzfrequenzanstieg von 4.1 Schlägen pro Minute konnte dokumentiert werden (James WP 2000). Weitere, über längere Zeit (> 28 Tage) anhaltende Nebenwirkungen sind Appetitlosigkeit (13%) und Mundtrockenheit (17.2 %). Diese Begleiterscheinungen, sowie Kopfschmerz (30 %), Obstipation (11.5 %) und Schlaflosigkeit (10.7 %) waren die häufigsten Nebenwirkungen (Luque CA 1999). Des weiteren traten folgende Nebeneffekte signifikant häufiger als unter Placebo auf: Schwindel (6.9 %), Übelkeit (5.8 %), Tachykardie (2.6 %), Vasodilatation (2.4 %), Schwitzen (2.4 %), Parästhesie (2.0 %) und hämorrhoidale Beschwerden (1.3 %). In Einzelfällen wurde eine akute interstitielle Nephritis, mesangiokapilläre Glomerulonephritis, Purpura Schoenlein-Henoch und eine Trombozytopenie unter Sibutramin beobachtet (Product Monograph 1999). *Fußnote: Erregung bis zur Bewusstseinstörung, erhöhter Muskeltonus, Myoklonien. Exkurs Sibutramin XXVI Indikation Depression n Dauer 78 6 Wochen keine Änderung 6 Wochen GA 3.3 % (2.5-5mg) GA 6 % (30 mg) 60 12 Wochen keine Änderung (5 mg) GA 5.1 % (20 mg) 12 12 Wochen keine Änderung (Placebo) Kalorienaufnahme um 19 % (10 mg), bzw. um 26 % (30 mg) verringert Rolls 1998 3 Therapiezyklen à 2 Wochen (Placebo, Sib 10 mg/d, Sib 30 mg/d) 200 12 Wochen GA 3.4 bis 4.1 kg (10-20 mg) Jones 1994 keine Änderung bei Sibutramin 1 mg 1047 24 Wochen mittlere GA (15 mg/d): 4.4 kg Bray 1994 5 mg: GA bis 12. Woche Gewichtsabnahme Adipositas Ergebnisse Studie Sonstiges Boots-Pharma (nach GA 1.2-2.2 % Heal 1998) Boots-Pharma Weintraub 1991 Sibutramin plus Diät 10/15 mg: GA über 24 Wochen 81 12 Monate > 5 % GA: bei 86 % (Sib + Diät) vs. 55 % (nur Diät) 605 24 Monate 80 % der GA gehalten: bei 43 % (Sib) vs. 16 % (Placebo) 100 %: bei 27 % vs. 0 % Apfelbaum 1999 James 2000 GA 5.2 kg (Sib) vs. GZ 0.5 kg (Diät) 6 Monate Sibutramingabe 18 Monate doppel-verblindete, placebokontrollierte Folgestudie Exkurs Sibutramin XXVII Diabetes Dyslipidämie 91 12 Wochen GA 2.4 kg ( Sib 15 mg) vs. 0.1 kg (Placebo) Finer 2000 Nüchternglucose sinkt, HbA1c fällt; vs. keine Änderung unter Placebo 175 24 Wochen GA > 5 % bei 33 % GA > 10 % bei 8 % (vs. keine Änderung unter Placebo) Fujioka 2000 Nüchternglucose fällt um 1.4 – 3.8 mmol/l; HbA1c fällt um 0.5 – 1.6 % 322 24 Wochen GA 4.9 kg vs. 0.6 kg (Placebo) Dujovne 2001 Triglyceride, LDL fallen, HDL steigt in Korrelation mit GA 3-12 Monate Triglyceride: - 15.4 % Fitchet 1997 VLDL: - 12.5 % Viszerale Fettmasse 6-12 Monate Taille: - 5.2 cm (Sib 10 mg) vs. –6.5 cm (Sib 15 mg) vs. –2.1 cm (Placebo) 6 Monate viszerale Fettmasse: -22 %, Abnahme von Insulin und Glucose Änderung von Triglyceriden, HDL, LDL, Gesamtcholesterin in Abhängigkeit von GA Fitchet 1997 VanGaal 1998 placebokontrollierte Studien 69 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 2. Methodik 2.1 Rekrutierung Ab Januar 2001 wurden niedergelassene Nervenärzte, Psychiater und Psychotherapeuten im Raum Freiburg, die Stationsärzte der Psychiatrischen Universitätsklinik Freiburg sowie umliegende Kliniken und Langzeiteinrichtungen zur Betreuung psychisch Kranker angeschrieben. Sie wurden über die Möglichkeit der medikamentösen Behandlung psychopharmakainduzierten Übergewichts bzw. Adipositas in einer Untersuchung für Bipolare und schizoaffektive Kranke unterrichtet. Betroffene und interessierte Patienten wurden gebeten, zur näheren Information Kontakt mit dem „Stanley-Zentrum für innovative Therapie bipolarer Störungen“ an der Psychiatrischen Universitätsklinik Freiburg aufzunehmen. 2.2 Einschluss- und Ausschlusskriterien Für diese prospektive Studie wurden Patienten mit einer Bipolaren Störung oder schizoaffektiven Erkrankung mit eindeutig manischer Episode gemäss DSM IV eingeschlossen. Die Patienten mussten seit mindestens einem Monat remittiert sein. Bedingung war weiterhin die Einnahme von Medikamenten zur Behandlung ihrer Erkrankung. Die Studie richtete sich an Patienten, die unter Psychopharmakatherapie in den vergangenen 12 Monaten mindestens 5 Kilogramm Gewicht zugenommen hatten und einen Body-Mass-Index von größer oder gleich 30 kg/m² aufwiesen. Patienten mit einem BMI von ≥ 27 kg/m² wurden in das Protokoll eingeschlossen, wenn sie zusätzlich an gewichtsinduzierten Pathologien erkrankt waren. Dazu zählten: • Arterielle Hypertonie, wobei systolischer und diastolischer Blutdruck stabilisiert sein mussten, wenn nötig medikamentös • Hypercholesterinämie und andere Dyslipidämien aufgrund von Übergewichtigkeit • Hyperurikämie • Gewichtsabhängiger Diabetes mellitus Typ II b Die Patienten mussten mindestens 18 Jahre alt sein und ihr schriftliches Einverständnis geben sowie Zweck und Risiken der Studie verstehen. Parallel zur Absolvierung dieser Gewichtsuntersuchung nahmen die Patienten an der „Beobachtung des Behandlungsverlaufs bei Patienten mit bipolaren affektiven und schizoaffektiven Störungen“ im gleichen Zentrum teil. 70 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Weibliche Patienten mussten, sofern sie nicht postmenopausal oder chirurgisch empfängnisunfähig waren, seit mindestens einem Monat vor Studienbeginn und während der Studie eine medizinisch akzeptierte Verhütungsmethode anwenden, sei diese hormonell, spermizid, ein intrauterines Diaphragma oder andere. Patientinnen, die auf die Einnahme von Topiramat randomisiert wurden, mussten neben einer hormonellen Empfängnisverhütung eine weitere Methode der Kontrazeption praktizieren. Ausgeschlossen wurden eigen- und fremdgefährdende Patienten sowie schwangere oder stillende Frauen. Weitere Ausschlusskriterien bestanden für: • Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber der Studienmedikation oder einen der Bestandteile; • Patienten mit schwerwiegenden medizinischen Erkrankungen, einschließlich renalen, Herz-Kreislauf, endokrinen, neurologischen oder hämatologischen Pathologien; • Vorliegen einer Epilepsie; • Nierensteine in der Vorgeschichte, sowie Vorbehandlung innerhalb der letzten 2 Monate mit Azetazolamid, Triamteren, Vitamin C (mehr als 2 mg/Tag), Langzeitgebrauch von Antazida- oder Calciumpräparaten oder anderer, mit der Bildung von Nierensteinen assoziierter Medikationen; • Behandlung mit MAO-Hemmern, serotonergen Antidepressiva, oder anderen zentral wirksamen sympathomimetischen sowie appetitreduzierenden Substanzen; • Teilnahme an anderen Gewichtsreduktionsprogrammen (z.B. Weight Watchers, Verhaltenstherapien, Diäten, etc.). Die Patienten durften sich nicht in einer akuten Episode befinden (manisch, gemischt oder depressiv entsprechend DSM IV). 2.3 Titrationsschema Bei dieser Untersuchung handelt es sich um einen offen randomisierten Vergleich von Sibutramin versus Topiramat. Der Beobachtungszeitraum betrug 6 Monate, wobei die Studienmedikation auf Wunsch für weitere 6 Monate zur Verfügung gestellt wurde. Am Tag des Einschlusses nahmen die ambulant betreuten Patienten die kleinste Dosierung der randomisierten Prüfmedikation, das heißt entweder Topiramat 25 Milligramm oder Sibutramin 5 Milligramm ein. 71 2.3.1 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Topiramat Topiramat wurde entsprechend des folgenden Dosierungsschemas und nach Verträglichkeit über 10 Wochen auf 400 Milligramm pro Tag aufdosiert. Wochen 1 Dosis 25 (mg/d) 2.3.2 2 50 3 100 4 150 5 200 6 250 7 300 8-9 350 10-24 400 Sibutramin Sibutramin wurde zur Vermeidung von Unverträglichkeitserscheinungen nach dem hier dargestellten Schema langsam aufdosiert. Wochen 1-3 Dosis 5 (mg/d) 4-6 10 7-24 15 Die Aufdosierung wurde unterbrochen, wenn Patienten ein klinisch bedeutsame Nebenwirkungen bemerkten. Patienten, die eine Minimaldosierung von Topiramat von 25 Milligramm oder Sibutramin 5 Milligramm nicht vertrugen, wurden von der weiteren Teilnahme ausgeschlossen. Wurde die initiale Studienmedikation nicht vertragen oder zeigte sich bei kompletter Aufdosierung darunter keine gewichtsreduzierende Wirkung, so wurde den Patienten die alternative Studienmedikation angeboten. 2.4 Zielvariablen 2.4.1 Primäre Zielvariablen Primäre Zielvariable der Wirksamkeit von Topiramat und Sibutramin war der Gewichtsverlust sowie die Reduktion des Body-Mass-Index. 2.4.2 Sekundäre Zielvariablen Eine Veränderung von Taillen- und Hüft-Durchmesser sowie des Taillen-Hüft-Quotienten wurden untersucht. Die Aufrechterhaltung der Stimmungsstabilität nach der „Clinical Global Impression Scale“ (CGI) in der bipolaren Version war ein weiteres sekundäres Kriterium der Studie (Spearing MK 1997). 72 2.4.3 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Tertiäre Zielvariablen Tertiäre Zielvariablen bezogen sich auf die Reduktion von Appetit und die Steigerung des Sättigungsgefühls, sowie Veränderungen der Laborwerte bezüglich gewichtsassoziierter Komorbiditäten 2.5 Untersuchungsraster und Untersuchungsinstrumente Das Körpergewicht der Patienten wurde mit einer geeichten Waage in Kilogramm ermittelt. Der Body-Mass-Index errechnete sich aus dem Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergröße im Quadrat (kg/m²), wobei die Körpergröße einmalig bei Studienbeginn und das Gewicht jeweils in 2wöchigen Abständen mit leichter Kleidung und ohne Schuhwerk erhoben wurden. Tabelle 5: Untersuchungsraster der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Woche Taillen-HüftDurchmesser „waist-hip-ratio“ Gewicht Vitalzeichen BMI (Blutdruck, Puls, sitzend + nach drei Minuten Stehen) IDS YMRS GAF CGI- BP Event-Form LFQ I * Einschluss 0 * * * * 2 * * * * 4 * * * * 6 * * * * 8 * * * * 10 * * * * 12 * * * * 14 * * * * 16 * * * * 18 * * * * 20 * * * * 22 * * * * Abschluss 24 * * * * Taillen- und Hüftdurchmesser wurden je 3 Mal gemessen und der Mittelwert berechnet. * * * * * * 73 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Der Taillendurchmesser wurde an der schmälsten Stelle des Abdomens, etwa auf Nabelhöhe, bzw. auf halben Abstand zwischen dem unteren Rand des Rippenbogens in der Medioklavikularlinie und dem höchsten Punkt des Beckenkamms bestimmt. Der Hüftdurchmesser wurde auf Höhe der Trochanter major bestimmt. Blutdruck und Puls wurden im Sitzen und nach 3 Minuten Stehen bestimmt. Die psychophathologische Evaluierung fand anhand des „Inventory of Depressive Symptoms“ (IDS) (Rush et al 1986), der „Young Mania Rating Scale“ (YMRS) (Young RC 1978), der „Clinical Global Impression Scale für bipolare Störungen“ (CGI-BP) und der „Globalen Beurteilung der Leistungsfähigkeits-Skala“ (GAF) statt (DSM-IV, American Psychiatric Association, 1994). Darüber hinaus wurden mit Hilfe der „Event Form“ Lebensereignisse registriert, die Einfluss auf die Stimmung und die Fortsetzung der Studie haben konnten (SFBN 1999). In 4-wöchigen Abständen wurde im Selbstbeurteilungsverfahren die berufliche und soziale Leistungsfähigkeit im „Life Function Questionnaire“ Teil 1 (LFQ I) erfasst (SFBN 1999). Mit Einschluss und in den Wochen 12 und 24 fand die Evaluierung des LFQ II statt (SFBN 1999). Die Verträglichkeit der Studienmedikation wurde durch Dokumentation des Auftretens von Nebenwirkungen im CGI –BP beurteilt. Im Rahmen der „Beobachtung des Behandlungsverlaufs bei Patienten mit bipolar affektiver Störungen“ (genehmigt durch die Ethikkommission der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg 114/99) wurden bei den 2-wöchentlichen ambulanten Gesprächen sogenannte „Life Charts“ erarbeitet. Aus diesen graphischen Darstellungen gehen die Stimmung des Patienten jeweils für einen Monat, diese beeinflussende Lebensereignisse sowie die jeweilige Medikamenteneinnahme hervor. Bei Studieneinschluss wurden die „Case Report Form“ (PQBP, CQBP, PDQ 4+, Demographic Form, SCID, PANNS, Retrospektive Lifecharts) bearbeitet (Leverich GS 2001). Eine von der Doktorandin konzipierte, bei Studienbeginn zu beantwortende Selbstbeurteilungs-Skala lieferte Informationen über die Gewichtsanamnese des Patienten und den Grad der Beeinträchtigung durch die Gewichtszunahme unter Psychopharmaka (siehe Anhang). Eine visuelle Analogskala diente der eigenen Einschätzung des Patienten über ihr Appetit- und Sättigungsgefühl (siehe Anhang). Diese füllten die Patient nach Woche 12 und 24 aus. Im Abschlussvisit gaben die Patient nochmals Auskunft über die Gewichtsentwicklung der vergangenen 6 Monate unter der Behandlung mit Topiramat bzw. Sibutramin, sowie über aufgetretene Nebenwirkungen. Tabelle 6: Untersuchungsraster der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Einschlusstermin, Tag 0 Nach 3 Monaten Case Report Form (PQBP, Visuelle Analogskala PDQ 4+, u. a. ) Gewichtsfragebogen Teil I Abschlusstermin, Woche 24 Visuelle Analogskala Gewichtsfragebogen Teil II 74 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 2.6 Apparative und Laboruntersuchungen Vor Studieneinschluss erfolgte neben einer ausführlichen Anamnese die internistische und neurologische Untersuchung des Patienten. Es wurden ein EKG, ein EEG und eine Laboruntersuchung durchgeführt. Über das Routinelabor hinaus (Blutbild, Elektrolyte, Leberenzyme, Kreatinin und Harnstoff, Schilddrüsenhormone) fanden die Bestimmungen von HbA1c-, Insulin-, Harnsäure-, Cholesterin-, Triglyzeridspiegel sowie eine Lipoproteinelektrophorese statt. In 4-wöchigen Abständen wurden Routine-Laborkontrollen durchgeführt. Das Abschlusslabor entsprach jenem bei Studienbeginn. 2.7 Vorstellung des Patientenkollektivs Es nahmen insgesamt 39 Patienten an der Gewichtsstudie teil, wobei 5 Patienten beide Studienmedikationen verabreicht bekamen. Es ergab sich eine Geschlechterverteilung von 32 weiblichen Patienten (= 82.1 %) und 7 männlichen Teilnehmern (= 17.9 %). Die Verteilung auf die beiden Studienmedikationen war annähernd ausgeglichen: 17 Patienten (= 43.6 %) nahmen Topiramat ein, 22 Patienten (= 56.4 %) Sibutramin. Alle Patienten, die in die Studie eingeschlossen wurden durchliefen den experimentellmedikamentösen Teil, 21 Patienten gaben darüber hinaus in einem Fragebogen Auskunft über Gewichtsanamnese und die Veränderungen der gewichtsbedingten Beeinträchtigungen im Studienverlauf. Die Analogskalen wurden von 15 Patienten validiert. Es wurden 2 Gewichtsgruppen gebildet: 48.7 % (19 Patienten) wogen bei Studienbeginn weniger als 100 Kilogramm, 51.3 % (20 Patienten) mehr als 100 Kilogramm. Das Körpergewicht betrug beim ersten Visit zwischen 71.0 und 135.1 Kilogramm, bei einem mittleren Gewicht von 99.5 Kilogramm (Standardabweichung 19.2). Der BMI lag zwischen 25.2 und 49.9 kg/m² und einem Mittelwert von 34.3 kg/m² (Standardabweichung 6.3). Das mittlere Taillen-Hüft-Verhältnis wurde mit 0.91 berechnet (Varianz zwischen 0.75 und 1.1, Standardabweichung 0.087). 2.8 Untersuchungszentren und ethische Aspekte Im Rahmen der Stanley Foundation (seit Dezember 2001: SFBN: Stanley Bipolar Treatment Network) sollten über einen geplanten Untersuchungszeitraum von 2 Jahren 60 Patienten für eine Vergleichsstudie der gewichtsreduzierenden Eigenschaften von Topiramat und Sibutramin in der 75 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Behandlung psychopharmakainduzierter Gewichtszunahme bei Patienten mit bipolarer Störung von den Network-Zentren in Los Angeles, Cincinnati, NIMH Bethesda, Dallas, Utrecht, München und Freiburg rekrutiert werden. Die Studienmedikation Topiramat (Topamax) und Sibutramin (Meridia) wurde von der StanleyFoundation, USA, zur Verfügung gestellt. Die Patienten erhielten für ihre Teilnahme an dieser Untersuchung keine Vergütung, sie bekamen die Studienmedikation kostenlos gestellt. Die Studie wurde am 3.November 2000 von der Ethikkommission im Fachbereich Medizin der AlbertLudwigs-Universität Freiburg im Ethikvotum Nummer 204/00 genehmigt. 2001 wurden zwei Amendments nachgereicht und genehmigt. Zum einen wurde das Dosierungsschema dahingehend verändert, als eine Einstiegsdosis von 10 Milligramm Sibutramin eingeführt wurde, da dieses in Deutschland als Kapseln nur mit einer Dosierungsform von 10 bzw. 15 Milligramm erhältlich ist. Weiter wurde die Aufklärung über eine mögliche Wirksamkeitsverminderung von oralen Kontrazeptiva unter Topiramat in die Patienteninformation aufgenommen. Die Patientinnen wurden zur Anwendung komplementärer Verhütungsmaßnahmen angehalten. Die Patienten erklärten sich in einem ärztlichen Aufklärungsgespräch über das Ziel und den Ablauf der Untersuchung, sowie über die mit der Studienmedikation verbundenen Risiken und die Vertraulichkeit der erhobenen Daten schriftlich und freiwillig zur Teilnahme an der Studie bereit. Ein Studienabbruch war jederzeit und ohne Angabe von Gründen möglich. Für alle Patienten wurde eine gesetzlich vorgeschriebene Versicherung bei Ecclesia unter der Nummer 89975-02 abgeschlossen. Der Versicherungsschutz entsprach den Bestimmungen nach §40 (1) Ziff. 8 und (3) des Arzneimittelgesetzes und richtete sich nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen für die klinische Prüfung von Arzneimitteln (Probandenversicherung). 2.9 Statistische Auswertung Die deskriptive Statistik wurde für Gewicht, BMI, Taillen- und Hüftumfang durchgeführt (Mittelwerte, Standardabweichungen). Die Interferenzstatistik gliederte sich in Gruppenvergleiche und Korrelationen. Die Gruppenvergleiche wurden mit dem Mann-Whitney-U-Test, dem T-Test und dem Chi-QuadratTest, sowie mit der unvariaten Varianzanalyse bestimmt. Für Korrelationen wurde der nichtparametrischen Rangkorrelations-Koeffizient berechnet. Die Datenanalyse erfolgte mit dem Statistikprogramm SPSS Version 9.0 für Windows. 76 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 3. Ergebnisse 3.1 Primärvariablen Gewicht und BMI : deskriptive Statistik Insgesamt konnten 90.7 % der Studienteilnehmer (39/43) in die statistische Analyse aufgenommen werden, da sie die Zielmedikationsdosis (Einnahme von 400 mg Topiramat bzw. 15 mg Sibutramin pro Tag) von der eine gewichtsreduzierende Wirkung erwartet wurde, erreichten. In der Topiramatgruppe nahmen 85 % der Patienten bis zu diesem Zeitpunkt teil, es waren 96 % der Patienten unter Sibutramin. Die mittlere Teilnahmedauer betrug 14 Wochen mit einer Varianz von 4 bis 24 Wochen. Die Sibutramingruppe nahm mit 15 Wochen durchschnittlich 2 Wochen länger teil als Topiramatbehandelte Patienten. Zu einem Studienabbruch wegen gravierender Nebenwirkungen kam es in 6 von 43 Fällen (14 %), wobei dies etwa 2 Mal häufiger unter Topiramat auftrat (4 von 20 Patienten versus 2 von 23 Patienten unter Sibutramin). Bei 11 von 43 Patienten (25.6 %) kam es zu einem verfrühten Abbruch aufgrund einer mangelhaften Wirksamkeit der Studienmedikation. Während der Studiendauer von 24 Wochen kam es zu einer signifikanten Gewichts- und BMIAbnahme (T= 4.90; p ≤ 0.00) bei einer durchschnittlichen Reduktion von 5.0 Kilogramm bzw. 5.0 % des Körpergewichts. Der maximale Gewichtsverlust betrug 29.2 Kilogramm (22.5 %). Die maximal verzeichnete Gewichtszunahme lag bei 3.1 Kilogramm (3 %). Abbildung 6 und 7 zeigen die mittleren Gewichts- und BMI-Veränderungen aller Patienten über einen Zeitraum von 24 Wochen (13 Visits). Für die abgebildeten Graphiken gilt, daß bei fehlenden Messzeitpunkten (missed visits) die Mittelwerte anhand von zuletzt und anschliessend erhobenen Werten errechnet wurden, bei verfrüht abgebrochener Studie wurde der letzte verfügbare Wert des Patienten verwendet (LOC). B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 77 100,00 98,96 99,00 98,49 98,00 Mittelgewicht (kg) 97,06 97,00 96,32 95,87 96,00 95,29 94,75 95,00 94,61 94,28 94,11 93,96 93,89 93,76 94,00 93,00 92,00 91,00 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Visit Abbildung 6: Mittleres Gewicht aller Patienten Der BMI sank um maximal 11.2 kg/m² bei einer mittleren BMI-Reduktion um 1.6 kg/m². Das mittlere Körpergewicht beim Messendpunkt lag bei 94.6 Kilogramm (zwischen 63.0 und 127.9 Kilogramm), der BMI bei 32.6 kg/m² (21.3 bis 44.5 kg/m²). 34,50 34,13 34,00 33,91 33,46 Mittlere BMI-Abnahme 33,50 33,22 33,05 32,85 33,00 32,64 32,63 32,45 32,50 32,40 32,35 32,32 32,26 32,00 31,50 31,00 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Visit Abbildung 7: Mittlerer BMI aller Patienten 10 11 12 13 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 78 Die folgende Abbildung (Abbildung 8) zeigt die mittlere prozentuale Gewichtsabnahme aller Patienten von Woche 2 bis Woche 24. Das Maximum der Gewichtsreduktion erfolgte demzufolge zwischen der 2. (Visit 2) und der 10. Woche (Visit 6). 0,00 3 4 5 6 7 11 12 -0,59 -0,68 -0,80 Mittlere prozentuale Gewichtsabnahme -0,20 -0,41 -0,43 -0,80 10 -0,40 -0,40 9 -0,15 -0,14 -0,20 -0,60 8 -0,15 2 -0,09 1 -1,00 -1,20 -1,40 -1,47 -1,60 Visit Abbildung 8: Mittlere prozentuale Gewichtsabnahme aller Patienten Die Gruppe der Patienten, die Topiramat einnahm, reduzierte ihr Gewicht im Durchschnitt um 5.3 Kilogramm (5.6 %) und lag zwischen einer Gewichtszunahme von 3.1 Kilogramm (3 %) und einer Reduktion um 16.9 Kilogramm (16.6 %). Die BMI-Änderung lag bei 5.3 % Mit Sibutramin behandelte Patienten verloren durchschnittlich 4.8 Kilogramm (4.5 %). Die maximale Gewichtsabnahme betrug 29.2 Kilogramm (22.5 %), die maximale Gewichtszunahme unter Therapie mit Sibutramin lag bei 1.4 Kilogramm (1.1 %). Die Abbildungen 9 und 10 zeigen den individuellen Gewichtsverlauf über 24 Wochen getrennt für die Topiramat- bzw. die Sibutramin-Gruppe. In der Sibutramin-Gruppe betrug die mittlere BMI-Abnahme 4.5 %. B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 79 140 130 Gewicht (kg) 120 110 100 90 80 70 60 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Visit Patient 1 Patient 2 Patient 3 Patient 4 Patient 5 Patient 6 Patient 7 Patient 8 Patient 9 Patient 10 Patient 11 Patient 12 Patient 13 Patient 14 Patient 15 Patient 16 Patient 17 Abbildung 9: Gewichtsveränderungen einzelner Patienten unter Topiramat 140 130 Gewicht (kg) 120 110 100 90 80 70 60 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Visit Patient 1 Patient 2 Patient 3 Patient 4 Patient 5 Patient 6 Patient 7 Patient 8 Patient 9 Patient 10 Patient 11 Patient 12 Patient 13 Patient 14 Patient 15 Patient 16 Patient 17 Patient 18 Patient 19 Patient 20 Patient 21 Patient 22 Abbildung 10: Gewichtsveränderung einzelner Patienten unter Sibutramin 13 80 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Die Tabellen 7, 8 und 9 zeigen die mittleren Gewichts-, BMI- und Taillen-Hüft-Quotient-Änderungen von Topiramat und Sibutramin, sowie von Patienten mit einem Ausgangsgewicht von über und unter 100 Kilogramm im Vergleich. Tabelle 7: Mittlere, maximale und minimale Gewichtsveränderungen in Kilogramm und Prozent (Medikamentengruppen) Mittlere Gewichtsabnahme (kg/ %) gesamt 5.0 kg (5.0 %) Topiramat 5.3 kg (5.6 %) Sibutramin 4.8 kg (4.5 %) Maximale Gewichtsabnahme (kg/ %) 29.2 kg (22.5 %) 16.9 kg (16.6 %) 29.2 kg (22.5 %) Minimale Gewichtsabnahme (kg/ %) + 3.1 kg (3.0 %) + 3.1 kg (3.0 %) + 1.4 kg (1.1 %) Standardabweichung 5.97 6.3 5.77 Tabelle 8: Mittlere BMI- und Taillen-Hüft-Quotient-Veränderungen (Medikamentengruppen) Mittlere BMIAbnahme (%) Gesamt Topiramat Sibutramin 4.9 % 5.3 % 4.5 % Tabelle 9: Mittlere (Gewichtsgruppen) Standardabweichung Mittlere BMI Abnahme Taillen-HüftQuotient (%) 5.76 1.56 6.14 1.06 5.57 1.9 Gewichts-, BMI- und Taillen-Hüft-Quotient-Veränderungen Mittlere BMIMittlere Gewichtsabnahme(%); Veränderung (%); Standardabweichung Standardabweichung Gesamt > 100 kg < 100 kg 5.0 % (5.97) 5.8 % (6.24) 4.2 % (5.74) 4.9 % (5.76) 5.4 % (6.13) 4.4 % (5.49) Standardabwei chung Taillen-HüftQuotient 4.9 6.2 3.9 Mittlere Veränderung des Taillen-HüftQuotienten (%); Standardabweichung 1.6 % (4.89) 1.0 % (6.47) 2.0 % (3.06) Die Gewichtsabnahme in der Gruppe unter 100 Kilogramm schwerer Patienten lag bei 4.0 Kilogramm (4.2 %) bei einer Streubreite zwischen einer Gewichtszunahme von 3.1 Kilogramm (3.0 %) und einer Reduktion um 16.9 Kilogramm (16.6 %). Der BMI reduzierte sich durchschnittlich um 4.4 %. Die über 100 Kilogramm schweren Patienten verloren durchschnittlich 6 Kilogramm (5.8 %). Die BMI-Abnahme lag im Durchschnitt bei 5.4 % B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 81 Abbildung 11 und 12 zeigen den mittleren Gewichtsverlauf der Patienten mit einem Ausgangskörpergewicht von über und unter 100 Kilogramm. 85,00 83,92 84,00 83,56 83,00 82,25 Mittelgewicht (kg) 82,00 81,31 80,98 81,00 80,21 79,59 80,00 79,41 78,94 79,00 78,93 78,63 78,58 78,43 78,00 77,00 76,00 75,00 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Visit Abbildung 11: Mittleres Gewicht der Patienten mit einem Ausgangsgewicht unter 100 kg 117,00 116,51 116,00 115,91 115,00 114,33 Mittelgewicht (kg) 113,83 114,00 113,25 112,88 112,43 113,00 112,35 112,18 111,81 111,84 111,76 112,00 111,64 111,00 110,00 109,00 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Visit Abbildung 12: Mittleres Gewicht der Patienten mit einem Ausgangsgewicht über 100 kg 13 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 82 In den folgenden beiden Abbildungen (Abbildung 13 und 14) ist der Verlauf der einzelnen Patienten mit einem Ausgangsgewicht über und unter 100 Kilogramm dargestellt. 100 95 90 Gewicht (kg) 85 80 75 70 65 60 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Visit Patient 1 Patient 2 Patient 3 Patient 4 Patient 5 Patient 6 Patient 7 Patient 8 Patient 9 Patient 10 Patient 11 Patient 12 Patient 13 Patient 14 Patient 15 Patient 16 Patient 17 Patient 18 Patient 19 Patient 20 Abbildung 13: Gewichtsveränderung einzelner Patienten mit einem Ausgangsgewicht unter 100 Kilogramm 140 130 Gewicht (kg) 120 110 100 90 80 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Visit Patient 1 Patient 2 Patient 3 Patient 4 Patient 5 Patient 6 Patient 7 Patient 8 Patient 9 Patient 10 Patient 11 Patient 12 Patient 13 Patient 14 Patient 15 Patient 16 Patient 17 Patient 18 Patient 19 Abbildung 14: Gewichtsveränderung einzelner Patienten mit einem Ausgangsgewicht über 100 Kilogramm B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 83 Als eine medizinisch relevante Gewichtsabnahme wurde, gemäss der Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Adipositas, eine Reduktion des Ausgangskörpergewichts um 5 % definiert. Diese erreichten 38.5 % aller Studienteilnehmer. Bezogen auf die Medikamentengruppen waren dies 41.1 % in der Topiramat- und 36.4 % in der Sibutramingruppe (siehe auch Tabelle 10). Eine erfolgreiche Gewichtsabnahme der schwergewichtigeren Patienten trat bei 37 % der Teilnehmer auf, bei der Gewichtsgruppe unter 100 Kilogramm schwerer Teilnehmer kam es bei 40 % der Patienten zu einer relevanten Gewichtsabnahme. Tabelle 10: Anzahl der Patienten, die Zieldosis erreichten; Patienten mit erfolgreicher Gewichtsabnahme (Abnahme von mindestens 5 % des Ausgangsgewichts) Erreichte Zieldosis erfolgreiche Gewichtsabnahme gesamt 90.7 % (n = 39) 38.5 % (n = 15) Topiramat 85.0 % (n = 17) 41.1 % (n = 7) Sibutramin 95.7 % (n = 22) 36.4 % (n = 8) Die Gewichtsabnahme gliederte sich in die folgenden Gruppen auf: eine Gewichtsabnahme von 5 bis 10 % des Ausgangsgewichts erreichten 17.9 % der Teilnehmer, 17.6% der Topiramatgruppe und 18.2 % der Sibutramingruppe. Zwischen 10 und 15 % Gewichtsabnahme wurden von insgesamt 15.4 % bzw. bei 17.6 % bei Einnahme von Topiramat und von 13.6 % unter Sibutramineinnahme erreicht. Mehr als 15.1 % des Körpergewichts verloren 6.0 % unter Topiramat und 4.6 % unter Sibutramin (siehe Tabelle 11). Tabelle 11: Prozentuale Gewichtsabnahme aller Patienten, unter Topiramat und unter Sibutramin gesamt Topiramat Sibutramin >5% 38.5 % 41.2 % 36.4 % 5.0-10.0 % 17.9 % 17.6 % 18.2 % 10.1-15.0 % 15.4 % 17.6 % 13.6 % > 15.1 % 5.3 % 6.0 % 4.6 % Nur auf die erfolgreichen Studienteilnehmer bezogen, d.h. diejenigen Patienten, die ihr Gewicht um mindestens 5 % im Studienverlauf reduzieren konnten, nahmen 46.7 % der Patienten 5 bis 10 % ab, 40% reduzierten ihr Gewicht um 10 und 15 %, 13.3 % verloren über 15 % ihres Ausgangsgewichts. Unter den erfolgreichen Topiramat-Patienten nahmen 43 % (3 von 7) zwischen 5 und 10 % ab, ebensoviele verloren zwischen 10 und 15 %. 14 % (1 von 7) reduzierten ihr Gewicht um mehr als 15%. In der Sibutramingruppe verloren 50 % (4 von 8) der erfolgreichen Therapieteilnehmer 5 bis 10 % ihres Ausgangsgewichts, 37.5 % (3 von 8) nahmen zwischen 10 und 15 % ab, 12.5 % (1 von 8) reduzierten das Gewicht um mehr als 15 %. B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 84 Eine Gewichtszunahme war bei 15.4 % der Patienten (23.5 % unter Topiramat, 9.0 % unter Sibutramin) zu verzeichnen. Die folgende Abbildung (Abbildung 15) zeigt die mittlere prozentuale Gewichtsänderung der Patienten unter Topiramat und Sibutramin. Die stärkste Gewichtsabnahme trat sowohl unter Topiramat als auch unter Sibutramin innerhalb der ersten 10 Behandlungswochen (Visit 5) auf. 0,1 12 -0,3 -0,1 -0,1 11 -0,6 -0,2 10 -0,2 -0,2 -0,4 9 -0,4 8 -0,2 7 -0,1 6 -1,1 -1,00 -1,3 -2,0 -1,50 -2,00 5 -0,6 -0,7 -0,5 -0,50 4 -0,8 3 -0,1 2 -0,3 1 0,0 0,00 -1,1 Mittlere prozentuale Gewichtsänderung 0,1 0,50 -2,50 Visit Topiramat Sibutramin Abbildung15: Mittlere prozentuale Gewichtsänderungen unter Topiramat und Sibutramin Während nach medizinischen Kriterien eine erfolgreiche Gewichtsabnahme bei 38.5 % der 39 Studienteilnehmer zu konstatieren war, gaben 43 % der 21 im Fragebogen antwortenden Patienten an, für sich persönlich eine erfolgreiche und zufriedenstellende Gewichtsabnahme verzeichnet zu haben. 3.2 Interferenzstatistik bezüglich Medikation und Gewicht Zu einer Gewichtsabnahme kam es unter beiden Substanzen gleich häufig. Es fand sich kein signifikanter Unterschied der Gewichtsabnahme in Prozent und Kilogramm Körpergewicht zwischen Topiramat und Sibutramin (Z= 0.43, p ≥ 0.05), auch nicht unter Be- rücksichtigung des Ausgangsgewichts der Patienten (F= 0.38, p ≥ 0.05). Hinsichtlich der Häufigkeiten von Gewichtsabnahme gab es keine statistische Differenz zwischen den beiden Studienmedikationen (Chi= 0.094; p ≥ 0.05). B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 85 Abbildung 16 zeigt die mittleren Gewichtsabnahmen der Patienten unter Topiramat und Sibutramin im graphischen Vergleich. 101,00 100,00 99,68 99,75 98,62 99,00 99,48 Mittelgewicht (kg) 98,00 97,40 98,28 96,88 97,00 96,21 96,44 96,00 95,49 96,22 95,31 95,10 96,01 95,00 95,51 95,15 94,71 94,52 95,07 94,56 94,00 94,41 94,65 94,55 94,52 10 11 12 94,37 94,28 93,00 92,00 91,00 1 2 3 4 5 6 7 8 9 13 Visit Topiramat Sibutramin Abbildung 16: Mittleres Gewicht unter Topiramat und Sibutramin Im Gesamtkollektiv betrachtet nahmen schwergewichtigere Patienten nicht signifikant stärker ab als leichtere (Z= 0.87; p ≥ 0.05), ebenso verhielt es sich innerhalb der Topiramat- (Z= 0.96; p ≥ 0.05) und der Sibutramingruppe (Z= 0.82; p ≥ 0.05). Eine Gewichtsabnahme von mindestens 2 Kilogramm nach 4 Wochen Einnahme der Zieldosis trat bei 25.6 % der Patienten auf. Dies waren 35.3 % in der Topiramat- und 18.2 % in der Sibutramingruppe. Wenn es bis zum 6. Visit (4 Wochen Zieldosis) zu einer erfolgreichen Gewichtsabnahme kam, so lag signifikant häufiger eine Therapieresponse bis Studienende vor und es kam insgesamt zu einer höheren prozentualen Gewichtsabnahme (Z= 2.8; p ≤ 0.01). Während Therapieresponder unter Topiramat durchschnittlich 10.5 % ihres Gewichts abnahmen, waren es nur 3.2 % der bis Visit 6 nicht-respondierenden Patienten. Ein ähnliches Verhältnis ergab sich auch bezüglich der Reduktion des BMI (11.0 versus 1.8 %). Gewichts- und BMI-Veränderungen der Responder unter Topiramat waren statistisch signifikant größer als bei Non-Respondern (Z= 3.1; p ≤ 0.05). Der Taillen-Hüftquotient reduzierte sich nicht signifikant stärker bei Therapierespondern bis V6 als bei Therapieversagern bis Visit 6 (Z= 1.6; p ≥ 0.05). 86 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Die Gewichtsabnahme bei Therapierespondern unter Sibutramin lag bei 9.1 %, Non-Responder nahmen durchschnittlich 3.4 % des Ausgangsgewichts ab (siehe Tabelle 12). Für Sibutramin liess sich jedoch keine Korrelation einer erfolgreichen Gewichtsabnahme bis V6 und des Gewichtserfolgs bis Studienende nachweisen ( Z=1.4; p ≥ 0.05). Tabelle 12: Prozentuale Gewichts-, BMI- und Taillen-Hüft-Quotient-Abnahmen von Respondern versus Non-Respondern Alle NonResponser bis V6 Non-Responder Topiramat bis V6 Non-Responder Sibutramin bis V6 Alle Responser bis V6 Responder Topiramat bis V6 Responder Sibutramin bis V6 Gewichtsabnahme (%); Standardabweichung BMI-Abnahme (%); Standardabweichung 4.0 %; (4.66) 3.9 %; (4.1) Abnahme TaillenHüft-Quotient (%); Standardabweichung 2.9 %; (3.5) 3.2 %; (6.1) 1.8 %; (4.1) 1.2 %; (8.0) 3.4 %; (4.7) 3.5 %; (4.1) 2.9 %; (3.5) 8.0 %; (8.7) 7.9 %; (8.7) 3.2 %; (6.6) 10.5 %; (5.4) 11.0 %; (5.5) 4.3 %; (3.7) 9.1 %; (8.7) 9.0 %; (8.7) 3.2 %; (6.6) 3.3 Beurteilung der sekundären Variablen: Taillen- Hüft-Verhältnis und Stimmung Bei insgesamt 55.5 % aller Studienteilnehmer kam es zu einer Reduktion des Taillen-Hüft-Quotienten um mindestens 0.01. Das Taillen-Hüft-Verhältnis lag bei Studienende zwischen 0.71 und 1.1 (Mittelwert 0.89, Standardabweichung 0.09). Die prozentuale Abnahme der viszeralen Fettgewebsmasse, ausgedrückt in dem Quotienten betrug 1.56 %. 1.06 % unter Topiramat und 1.9 % unter Sibutramin (siehe Tabelle 9). Während Ausgangsgewicht und BMI mit dem Taillen-Hüft-Quotienten korrelierten ( r = 5.2; p ≤ 0.002 und r = 0.4; p ≤ 0.026), existierten zum Messendpunkt keine derartigen Korrelationen ( r = 0.24; p ≤ 0.18 und r = 0.2; p ≤ 0.2). Die Veränderung der Taillen-Hüft-Quotienten war nicht signifikant unterschiedlich in den beiden Medikamentengruppen (Z= 0.15; p ≤ 0.88), ebenso verhielt es sich für die Gewichtsgruppen (Z= 0.69; p ≤ 0.49) (siehe Tabelle 9). Abbildung 17 zeigt die Entwicklung der mittleren Taillen-Hüft-Quotienten unter Topiramat und Sibutramin im Vergleich. B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 87 Mittlere Abnahme des Taillen-Hüft-Quotienten 0,94 0,93 0,92 0,92 0,90 0,91 0,92 0,91 0,91 0,91 0,91 0,91 0,91 0,91 0,91 0,89 0,88 0,88 0,88 0,88 0,88 0,86 0,86 5 6 0,87 0,88 0,88 0,87 0,87 0,86 0,84 0,82 1 2 3 4 7 8 9 10 11 12 Visit Topiramat Sibutramin Abbildung 17: Vergleich der Taillen-Hüft-Quotienten unter Topiramat und Sibutramin 3.4 Tertiäre Parameter 3.4.1 Analogskalen zu Sättigungsgefühl und Appetit Anhand von Analogskalen wurden eine Veränderung des Sättigungsgefühls und des Appetits nach 12 Wochen Studienteilnahme (Visit 7) sowie zum Zeitpunkt des Studienabschluss bei 15 der teilnehmenden Patienten erfasst. Zu beiden Zeitpunkten gaben zwei Drittel der Patienten an, satter zu sein. Dies war unter Topiramat häufiger der Fall (83.4 %, 5 von 6 Patienten) als unter Sibutramin (55.5 %, 5 von 9 Patienten). Parallel nahm der Appetit der befragten Patienten in 93 % (14 von 15) der Fälle ab, in einem Drittel (5 von 15 Patienten) davon kam zu einer starken Reduktion. In der Topiramatgruppe war der Appetit bei 83 % der Patienten (5 von 6) reduziert, unter Sibutramin gaben alle Patienten (100 %) eine Appetitreduktion an. Eine Signifikanz konnte bei kleinen Stichproben nicht nachgewiesen werden. 3.4.2 Komorbiditäten Zu Studienbeginn wurde laborchemisch bei 19 % der Studienteilnehmer (3 von 16 Patienten) ein Hyperurikämie festgestellt, 12 % (2 von 16 Patienten) der Patienten wiesen eine Hypercholesterinämie auf, die Triglyceride waren in 37.5 % der Fälle (6 von 16) erhöht. Bei 42 % (5 von 12) der Patienten lag das HDL-Cholesterin unter dem Normbereich, 36 % (5 von 14) besaßen erhöhte LDL-Cholesterinwerte. 88 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Einen erhöhten systolischen Blutdruckwert (größer als 135 mmHg) wiesen 28 % (11 von 39 Patienten) bei Studienbeginn auf. Erhöhte HbA1c Werte, als Hinweis auf einen pathologischen Glucosehaushalt wurden bei keinem der 8 erfassten Patienten gefunden. Im Studienverlauf kam es bei je einem Patienten (6.3 %; 1 von 16 Patienten) zu einer Ab- bzw. Zunahme der Harnsäurewerte, unabhängig von einer Gewichtsveränderung. Gleiches war für die Gesamtcholesterinwerte festzustellen. Der HDL-Cholesterinspiegel stieg bei einem Patienten (8.3 %; 1 von 12 Patienten) an, der zu Beginn pathologisch erniedrigte Werte aufwies und lag zum Studienende im Normbereich. Beim LDL-Cholesterin kam es bei 16.7 % (2 von 12 Patienten) zu einer Normalisierung anfangs erhöhter Laborwerte. Während die Triglyceride bei 37.5 % (6 von 16 Patienten) anfangs erhöhte Werte aufwiesen, waren diese zu Studienabschluss nur noch bei einem Viertel aller Patienten (4 von 16) erhöht. Pathologische Glucosewerte lagen zu Studienbeginn und Ende bei keinem der erfassten Patienten vor. Erhöhte systolische Blutdruckwerte lagen bei Studieneinschluss bei 28.2 % (11 von 39 Patienten) vor, diese waren beim Messendpunkt noch bei 17.9 % (7 von 39 Patienten) erhöht. Eine Korrelation zwischen Gewichtsabnahme und einer Normalisierung pathologisch erhöhter Laborwerte als Parameter gewichtsassoziierter Komorbiditäten konnten nur für das Gesamtcholesterin (r= 0.65; p ≤ 0.05) und das HDL-Cholesterin (r= 0.69; p ≤ 0.05) hergestellt werden. Eine Veränderung der Laborparameter in Abhängigkeit von der Studienmedikation konnten nicht nachgewiesen werden. 3.5 Sonstige Daten 3.5.1 Gewichtsanamnese Nach eigenen Angaben kam es bei 43 % der Patienten in der Vergangenheit zu einer medikamentösen Umstellung wegen einer Gewichtszunahme als Nebenwirkung der Psychopharmaka. Nur ein Fünftel dieser Patienten nahmen im Anschluss daran wieder Gewicht ab. Von 21 befragten Patienten gaben 4 (19 %) an, die Medikation ohne ärztliche Rücksprache abgesetzt zu haben. Zwei Drittel (15 von 20 Patienten) fühlten sich durch ihren Arzt nicht oder zu wenig über die Gewichtszunahme als mögliche Nebenwirkung verschriebener Psychopharmaka informiert. Eine Korrelation zwischen mangelhafter Aufklärung über Gewichtszunahme unter Psychopharmaka und einer Non-Compliance betroffener Patienten bestand nicht. Die Patienten wurden über Gewichtsveränderungen während depressiver und manischer Episoden befragt. Zu einer Gewichtsabnahme kam es demnach bei 40 % (8 von 21 Patienten) während einer B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie 89 Depression, bei 60 % (13 von 21 Patienten) innerhalb einer Manie. Etwa ein Viertel der Patienten nahm während Episoden beider Polaritäten Gewicht zu. 3.5.2 Patientenbefragung zur Gewichtszunahme unter Psychopharmaka Die angeführte Graphik (Abbildung 18) zeigt diejenigen Psychopharmaka, und das Ausmaß der Gewichtszunahme unter denen die Teilnehmer der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie zugenommen hatten. Danach kam es insbesondere unter atypischen Neuroleptika, Carbamazepin, Risperidon und Trizyklischen Antidepressiva zu einer massiven Gewichtszunahme von bis zu mehr als 20 Kilogramm. Valproat führte häufiger zu einer Gewichtszunahme von 5 bis 10 Kilogramm, Lithium wurde in der Patientenbefragung unter den Substanzen mit einem gering gewichtsstimulierenden Potential (2 bis 5 Kilogramm) genannt. SSRIs waren in allen Gewichtsklassen vertreten, ebenso wie klassische Neuroleptika. Lamictal führte bei keinem der befragten Patienten zu einer Gewichtsbeeinflussung. Die geringen Patientenzahlen und der Effekt von Kombinationsbehandlungen, die typisch bei bipolaren Patienten sind, machen diese Ergebnisse im Einzelnen jedoch nur bedingt aussagekräftig. 100 90 80 Häufigkeit in % 70 60 50 40 30 20 10 0 keine GZ GZ 2-5 kg klassische Neuroleptika Valproat Trizyklische Antidepressiva GZ 5-10 kg atypische Neuroleptika Lamictal SSRI GZ 10-20 kg GZ > 20 kg Carbamazepin Risperidon Lithium Abbildung 18: Gewichtszunahme unter verschiedenen Klassen von Psychopharmaka 90 3.5.3 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Gewicht und psychische, soziale, berufliche und körperliche Beeinträchtigung Bei Studienbeginn kam es bei etwa 30 % (6 von 21 Patienten) der Patienten nach eigenen Angaben zu einer leichten bis mäßigen, bei 70 % (15 von 21 Patienten) zu einer starken psychischen Beeinträchtigung aufgrund des bestehenden Übergewichts. Ein soziale Belastung bestand zu je einem Drittel mäßigen und starken Ausmaßes. Ein leicht bis mäßig ausgeprägte Beeinträchtigung im beruflichen Bereich gaben circa 40 % (8 von 21 Patienten) der Patienten an. Eine physische Belastung bestand bei 20 von 21 Patienten, zumeist in stärkerer Ausprägung. Zu Studienende wurden die Patienten nochmals zum Grad der Belastung im psychischen, sozialen und beruflichen Bereich sowie in körperlicher Hinsicht befragt. 57.1 Prozent (8 von 14) der Patienten gaben an, keine Veränderung bezüglich der psychischen Beeinträchtigung zu vermerken. Bei 28.6 % (4 von 14) kam es zu einer leichten Besserung, 7.1 % (1 von 14 Patienten) profitierten deutlich, ebenso viele verschlechterten sich. Sowohl im sozialen wie auch im beruflichen Bereich kam es bei über der Hälfte (57.1 %) zu keiner Änderung. Ein Drittel der Patienten (5 von 15) gaben im sozialen Bereich eine leichte oder mäßige Besserung an, dies waren 40 % (6 von 15) im beruflichen Lebensrahmen. Ein Patient (7.1 %) verschlechterte sich hinsichtlich der sozialen Beeinträchtigung. Bei 33 % (5 von 15) der Patienten kam es zu einer Verbesserung des körperlichen Befindens, 60 % (9 von 15) waren unverändert beeinträchtigt und 1 Patient von 15 gab eine Verschlechterung an. Das Gewicht war weder zu Studienbeginn noch Ende mit den Belastungen korreliert. Es bestand kein Unterschied zwischen Belastungen bei Therapierespondern und Non-Respondern (Z = 0.87; p ≤ 0.49). 3.6 Nebenwirkungen Unter der Einnahme von Topiramat kam es signifikant häufiger zum Auftreten von unerwünschten Begleiterscheinungen (58 mal versus 27 mal unter Sibutramin) (Chi-Quadrat = 9.73; p ≤ 0.01). Gravierende Nebenwirkungen traten bei 20 % (4 von 20) der Topiramat-Patienten auf, in der Sibutramin-Gruppe waren halb so viele Patienten betroffen (2 von 23). Kein Unterschied existierte bezüglich schwach ausgeprägter Nebenwirkungen (Chi= 1.9; p ≥ 0.05), mittelstarke waren signifikant häufiger unter Topiramat als unter Sibutramin (Chi= 6.6; p ≤ 0.01), für starke Begleiterscheinungen konnte keine statistisch signifikante Differenz erfasst werden (Chi= 0.665; p ≥ 0.05). Die Häufigkeiten der Nebenwirkungen insgesamt und ihren Ausprägungsgrad stellt die folgende Tabelle (Tabelle 13) dar. 91 B) Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie Tabelle 13: Vergleich der Häufigkeit von Nebenwirkungen unter Topiramat und Sibutramin Nebenwirkungen leicht Topiramat n = 20 Sibutramin n = 11 mittelschwer n = 27 n = 10 stark n = 11 n=6 Im Hinblick auf die einzelnen Nebenwirkungen konnte unter Topiramat ein signifikant häufigeres Auftreten von Müdigkeit vermerkt werden ( Chi-Quadrat = 5.71; p ≤ 0.02). Kopfschmerz wurde unter beiden Substanzen gleich häufig erwähnt. Trotz fehlender Signifikanz zeigt sich ein Trend zum häufigeren Auftreten von Parästhesien unter Topiramat (1 mal unter Sibutramin, 3 mal unter Topiramat). Unter dem Antikonvulsivum kam es bei 2 Patienten zu psychotischen Erscheinungen, wovon nur einer in die Datenerfassung aufgenommen wurde. Zwei Patienten litten unter Depressionen, wobei einer die Studie deshalb abbrechen musste. Abbildung 19 zeigt die Häufigkeit des Auftretens von Nebenwirkungen während der Einnahme von Topiramat bzw. Sibutramin. 7 5 4 3 2 1 0 A p A pe pp ti Sp Mu eti tzu ei Dnd tre nah ch u tro du m el rs ck kt e flu tr e io B ss edunh n lu z k ei th un ti t oc a on G h hm an St dru e gu e c ns T ifh k i re e K op che moit rh r fs ei Ve ch t m r st er H ar o z D pf en nd ra urc un ng hf g Ve z rs H u all e n ch w Srzk ahm om c lo e m hw pfe Ve rm Sc S en ind n eh hl ch seh el rt afl wi en es os tz B S ig en ru st chl kei sc a t hw fen K H og au e ni ta llun tiv us g e sc Ve hl rla ag ng sa m Ps ung D y ep ch re os ss e io n Abolute Häufigkeiten 6 Nebenwirkungen Sibutramin Topiramat Abbildung 19: Häufigkeit der Nebenwirkungen unter Topiramat und Sibutramin C) Diskussion 92 1. Vorbemerkung Die Zielsetzung der Dissertation war, einen Überblick über die Problematik der Gewichtszunahme unter Psychopharmaka zu gewinnen. Im zweiten und praktischen Teil wurde die Wirksamkeit von Topiramat und Sibutramin bei der psychopharmakainduzierten Gewichtszunahme verglichen. Die theoretische Abhandlung wurde anhand eines medlinegestützten „Reviews“ erstellt, in welchem die Gewichtszunahme unter den einzelnen Psychopharmaka insbesondere im Zusammenhang mit Bipolaren Störungen beleuchtet wurde. Die Studien wurden nach objektiven Kriterien ausgewählt und kritisch verglichen. Weiter beschäftigte sich die Arbeit mit der Möglichkeit der Prävention von psychopharmakainduzierter Adipositas durch die Wahl geeigneter Medikamente einerseits und der individuellen Behandlungsgestaltung andererseits. Im zweiten Teil der Arbeit wurde die Wirkung und Verträglichkeit von Topiramat und Sibutramin bei der psychopharmakainduzierten Adipositas untersucht. Kriterien waren hierbei die Gewichts- bzw. BMI-Abnahme per se, des weiteren wurde der Einfluss auf Komorbiditäten sowie subjektive Veränderungen im psychosozialen Bereich untersucht. Abschliessend soll die Frage nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis pharmakologischer Gewichtsbehandlung gestellt, Alternativen diskutiert und mögliche Zukunftsperspektiven eröffnet werden. 2. Kritische Bewertung der Gewichtsstudien Wie aus den tabellarisch dargestellten Studien (Tabellen 2-4) zur Gewichtsentwicklung unter Psychopharmaka deutlich wird, stellt sich beim Vergleich der Studien untereinander das Problem der mangelhaften Vereinheitlichung bezüglich der Gewichtsangaben. So fehlen bei der Mehrzahl der Studien Angaben zum BMI, der als einziger Parameter einen von der Körpergröße unabhängigen Gewichtswert liefert. Angaben zur Gewichtszunahme in absoluten oder relativen Werten bzw. zum Teil unterschiedlich oder nicht definierte Aussagen zur „signifikanten Gewichtszunahme“ gestatten keinen Vergleich. Ein Grund für diese Mängel hinsichtlich der Gewichtsangaben ist die Tatsache, dass die Gewichtszunahme in einem Grossteil der Studien nur sekundär als häufige Nebenwirkung der Therapie miterfasst wurde. Die statistische Aussagekraft vieler Studien wird durch eine fehlende Placebokontrolle und meist nicht-verblindete Studiendesigns eingeschränkt. C) Diskussion 93 Die Gewichtsentwicklung ohne Medikation wurde lediglich in drei der zitierten Studien dokumentiert (Paykel ES 1973, Allison DB 1999). Bis dato ist es nicht gelungen, Screeningfaktoren auszumachen, d.h. Faktoren wie Ausgangsgewicht, Patientenalter oder auch Leptinspiegel vor Therapie, die bestimmte Individuen für eine Gewichtszunahme unter Psychopharmaka prädestinierten. 3. Daten zur Bipolaren Störung Die Zahl der Studien, die eine Gewichtszunahme bei bipolaren Erkrankungen evaluierten, ist, wie gezeigt werden konnte, beschränkt. Bei der Therapie der Kombinationsbehandlungen bipolar mit affektiven mehreren Störungen handelt Psychopharmaka. Die es sich Wirkung häufig von um Poly- pharmakotherapien auf die Gewichtsentwicklung wurde noch nicht systematisch untersucht. Für diverse Substanzen (Venlafaxin, Zimelidin, Trazodon, Molindol) liegen keine Langzeitdaten vor, wobei gerade die Gewichtsentwicklung unter chronischer Medikamenteneinnahme bei bipolar Erkrankten von Interesse ist, und von stärkerer Gewichtszunahme unter Langzeittherapie ausgegangen werden muss. Inwieweit die psychiatrische Grundpathologie bedeutsam für die Gewichtszunahme unter bestimmten Psychopharmaka ist, bleibt unklar. 4. Zusammenfassung der Ergebnisse der Literaturrecherche Wie aufgrund der Studienlage deutlich wird, ist die Gewichtszunahme unter Psychopharmaka ein häufiges und klinisch relevantes Phänomen. Unter den Stimmungsstabilisierern wurde unter Lamotrigin und Topiramat eine geringe bis fehlende Gewichtszunahme beschrieben, unter den atypischen Antipsychotika ist Risperidon mit einer mäßigen Gewichtszunahme verbunden, während für Pimozid und Ziprasidon aufgrund der Datenlage ein gewichtsneutrales Verhalten zu erwarten ist. Hochpotente Neuroleptika besitzen ein geringeres Risiko der Gewichtszunahme als niederpotente Substanzen und atypische Antipsychotika. Die Kombination von zwei Stimmungsstabilisierern ist hinsichtlich der Gewichtszunahme günstiger als die Einnahme eines Stimmungsstabilisierers und eines Antipsychotikums. Sollte letztere C) Diskussion 94 Kombination gewählt werden, so ist das Neuroleptikum so niedrig wie möglich zu dosieren ist, um einen übermäßigen Gewichtsanstieg zu vermeiden (vergleiche Zarate CA 2000). SSRI stellen die Antidepressiva mit dem günstigsten Effekt auf die Gewichtsentwicklung dar. Dies trifft zumindest auf die Kurzzeitbehandlung zu, ein Gewichtsanstieg bei Langzeiteinnahme ist nicht auszuschliessen. Unter den neueren Substanzen zeichneten sich Venlafaxin und Bupropion durch ihr gewichtsindifferentes Verhalten aus. Bei Wahl eines Trizyklikum kann unter Desipramin von der geringsten Gewichtszunahme ausgegangen werden. Auch Amoxapin und Citalopram verhalten sich gewichtsneutral. 5. Zusammenfassung der Daten der Topiramat-SibutraminGewichtsstudie Wenn eine Gewichtszunahme bei mangelhafter Wirksamkeit alternativer, gewichtsneutraler Substanzen nicht vermeidbar, bzw. der Gewichtsanstieg nicht durch non-pharmakologische Gewichtsreduktionsprogramme kontrollierbar ist, so kann auf Appetitzügler zurückgegriffen werden. Die Wahl von Sibutramin zur Gewichtsreduktion bei psychopharmakainduzierter Adipositas stützt sich zum einen auf die erwiesene Effizienz von Sibutramin und seine Zulassung als Gewichtsreduzer. Zudem sind Topiramat und Sibutramin zentralnervös wirksame Substanzen, die das ZNS als den zentralen Steuermechanismus der Nahrungsaufnahme und Wirkort von Psychopharmaka positiv modulieren könnten. Ein weiterer Nutzen der gewichtsreduzierenden Arzneien liegt in ihren beschriebenen stimmungsstabilisierenden Eigenschaften, die gerade in der Behandlung Bipolarer Störungen von Interesse wäre. Eine Gewichtsabnahme von mehr als 5 % trat lediglich bei 43.6 % der Teilnehmer der Studie auf. 41.2% der Patienten unter Topiramat und 36.4 % der Sibutraminbehandelten erreichten eine medizinisch relevante Gewichtsabnahme. Hierbei ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Ausmasses der Gewichtsreduktion (5.6 % unter Topiramat versus 4.5 % unter Sibutramin). Für Sibutramin kann vermerkt werden, daß es häufiger als unter Topiramat (54.6 % versus 35.3 %) mindestens zu einer geringfügigen Gewichtsabnahme oder einer Gewichtsstabilität kam (0.1 bis 4.9%). Dahingegen trat eine Gewichtszunahme häufiger unter dem Antikonvulsivum auf (23.5 versus 9.0 %). Hinzu kommt, daß die Rate gravierender Nebenwirkung unter Topiramat erheblich erscheint, was seinen Einsatz als gewichtsreduzierende Substanz per se begrenzt. 95 C) Diskussion Da sowohl die euthyme Stimmungslage als auch die Einnahme eines Mood-Stabilizers Voraussetzung für die Studienteilnahme waren, lässt sich keine Aussage über die stimmungsstabilisierende Wirkung von Topiramat und Sibutramin treffen. Die Stimmung von 21 der 23 Patienten war sowohl bei Studieneinschluss als auch im Verlauf und am Studienende euthym (Erfassung durch CGI-BP). Ein Patient verschlechterte sich um einen Punkt, ein Patient verbesserte sich ebensoviel im CGI, was statistisch nicht signifikant war. Somit konnte zumindest eine Aufrechterhaltung der euthymen Stimmungslage und eine fehlende Destabilisierung der Stimmung festgehalten werden. 6. Vergleich der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie mit anderen Studiendaten Übereinstimmende und abweichende Aussagen der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie und anderer Studiendaten sollen hier zusammengefaßt werden. 6.1 Topiramat Unsere Studiendaten bestätigen den gewichtsreduzierenden Effekt unter Topiramat. Die durchschnittliche Gewichtsabnahme einer Studie von Chengapapa betrug nach 10 Monaten 6.1 Kilogramm (Chengapapa KRS 1999), vergleichbar mit dem mittleren Gewichtsverlust von 5.3 Kilogramm nach 6 Monaten in unserer Studie. Die mittlere BMI-Abnahme nach einem Jahr betrug 2.2 kg/m² (McElroy SL 2000), vergleichbar in der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie lag sie nach 6 Monaten bei 1.6 kg/m². Ein Vergleich mit anderen als den hier aufgeführten Daten ist bei fehlenden BMI- Angaben nicht möglich. Nach Angaben von Kelly profitierten Patienten mit einem Ausgangsgewicht von über 100 Kilogramm mehr von Topiramat als weniger übergewichtige Personen (Kelly F 1999). In der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie erschienen die Unterschiede der Gruppen vermutlich aufgrund hoher Standardabweichungen statistisch als nicht signifikant (Z= 0.96; p ≥ 0.05). Die folgende Graphik (Abbildung 20) vergleicht die Nebenwirkungen der Daten von Bauer (Bauer J 2000) mit den Begleiterscheinungen während der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie. Müdigkeit trat in der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie doppelt so häufig auf (40 % versus 20 %) als aus dem Nebenwirkungsprofil für Topiramat zu erwarten war, wobei auch vorübergehend und spontan sistierende Begleiterscheinungen festgehalten wurden. Deutliche Unterschiede ergaben sich auch bezüglich der Appetitlosigkeit, die jedoch eine klinisch erwünschte Begleiterscheinung darstellte. Diese Abweichungen erklären sich dadurch, daß in der C) Diskussion 96 Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie eine Appetitreduktion im weiteren Sinne angegeben wurde. absolute Häufigkeiten Eine deutliche Senkung des Appetits wie bei Chengapapa beschrieben bestätigte sich somit. Topiramat-SibutraminGewichtsstudie Sc hw in de l A pp et itl os ig ke it Studiendaten nach Bauer 2000 Nebenwirkungen unter Topiramat Abbildung 20: Vergleich der Nebenwirkungen unter Topiramat Psychotische Erscheinungen traten bei 2 Patienten auf, während diese mit einer Häufigkeit 1.7 % beschrieben wurden (Herstellerinforamation Topiramat). Eine statistische Signifikanz ergibt sich hier aufgrund der kleinen Stichprobe (n = 11) allerdings nicht. Zu einer depressiven Stimmungsveränderung kam es bei weiteren 18 % der Patienten der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie. Eine zusätzliche häufige Nebenwirkung der Topiramat-Sibutramin-Studie war das Auftreten von Mundtrockenheit bei 28 % der Patienten. 6.2 Sibutramin Die Daten zu Sibutramin aus der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie scheinen am ehesten vergleichbar mit den Ergebnissen einer 24-wöchigen Studie an 1047 adipösen Patienten (Bray GA 1994), die eine mittlere Gewichtsabnahme von 4.4 Kilogramm registrierte. Der Prozentsatz erfolgreicher Studienteilnehmer lag unter den erwarteten, in anderen Adipositasstudien postulierten Werten. Bei einer Kombination von Sibutramin mit Diät nahmen bis zu 86 % der Teilnehmer mindestens 5 % ihres Ausgangsgewichts ab (Apfelbaum M 1999). Die Sibutramin-Monotherapie unserer Studie erreichte relevante Gewichtsabnahmen bei nur 36.4 % der Patienten. 97 C) Diskussion Eine Gewichtsabnahme von über 10 % dokumentierten Hanotin und Weintraub (Hanotin C 1998, Weintraub M 1991) bei 35 % der Patienten. Eine Gewichtsreduktion um mindestens 10 % trat bei 15% der Studienteilnehmer der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie auf und lag somit im unteren erwarteten Durchschnittsbereich. Insgesamt zeigten sich in der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie für Sibutramin häufiger nur gering ausgeprägte Gewichtsabnahmen. Die Gewichtsabnahme von 2 Kilogramm nach 2 Wochen Einnahme der Zieldosis als prädiktiver Wert für ein erfolgreiches Therapieoutcome konnte nicht bestätigt werden. Eine signifikante Abnahme des Taillen- Hüft-Durchmessers evaluierten Van Gaal (Van Gaal LF 1998). Danach reduzierte sich die viszerale Fettmasse um 22 %. In der durchgeführten Gewichtsstudie kam es bei 50 % der Patienten zu einer relevanten Abnahme des Taillen-Hüft-Verhältnisses, worunter eine Reduktion um 0.001 verstanden wird. Die mittlere Abnahme betrug jedoch nur 4.5 %. Eine Evaluierung dieser Unterschiede konnte bei Ermangelung anderer Studien, die eine prozentuale Abnahme des Taillen-Hüft-Quotienten erfassten, nicht erfolgen. Zu einem Drop out wegen eines Blutdruckanstieges kam es bei 5 % der Patienten der Studie von McMahon (McMahon MG 2000). Vergleichbar häufig trat ein pathologischer Blutdruckanstieg in der Topiramat-SibutraminGewichtsstudie bei 4,7 % der Studienteilnehmer auf, ein Patient (2.3 %) musste deshalb die Therapie vorzeitig abbrechen. Eine vorbeschriebene Exazerbation der Kreislaufsituation konnte somit nicht bestätigt werden. Zum Vergleich der Nebenwirkungen unter Sibutramin dient die folgende Graphik (Abbildung 21). Zu differenzieren im Vergleich zu Daten von Luque (Luque CA 1999) ist jedoch, dass dessen Studie nur solche Nebenwirkungen erfasste, die über einen längeren Zeitraum vorhanden waren, während in der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie auch Nebenwirkungen dokumentiert wurden, die nur vorrübergehend auftraten und spontan sistierten. Dies erklärt auch das deutlich häufigere Auftreten von Mundtrockenheit und Schlaflosigkeit, die oft nur in der Anfangsphase präsent waren. Abweichungen hinsichtlich des Appetitverlusts sind wie unter 6.1 beschrieben, durch die Subsummierung von Appetitreduktion im weiteren Sinne gegeben. C) Diskussion absolute Häufigkeiten 98 Topiramat-SibutraminGewichtsstudie A pp et itv er M lu un st dt ro ck en he it K op fs ch m er z O bs tip at io Sc n hl af lo si gk ei t Sc hw itz en Studiendaten nach Luque 1999 Nebenwirkungen unter Sibutramin Abbildung 21: Vergleich der Nebenwirkungen unter Sibutramin 7. Grenzen der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie und Fehlerbetrachtung Die Aussagekraft der Topiramat-Sibutramin-Gewichtsstudie ist aufgrund kleiner Fallzahlen sowie hoher Standardabweichungen in insgesamt sehr inhomogenen Gruppen eingeschränkt. 7.1 Objektivität, Validität und Reliabilität der erfassten Daten Die Studie wurde randomisiert, jedoch unverblindet und ohne Placebokontrolle durchgeführt, so dass die Erwartungseffekte von betreuenden Therapeuten und Mitpatienten nicht kontrolliert sind. Die gute Compliance und hohe Therapiemotivation mag aus der besonders intensiven Betreuung der Patienten resultieren, und ist deshalb nicht zwangsläufig mit anderen ambulanten Therapiesituationen vergleichbar. An Fehlerquellen sind Störvariablen zu nennen. Bezüglich der Gewichtsmessungen muss vermerkt werden, dass die Patienten je zu unterschiedlichen Tageszeitpunkten mit unterschiedlich schwerer Strassenkleidung, jedoch stets ohne Schuhe gewogen wurden. Besonders bei der Messung des Taillen- und Hüftumfangs ergaben sich durch zwar normierte Messmethoden, aber in vivo schwierige Messbedingungen (Schwierigkeit der Lokalisation des Trochanter major, des Rippenbogen usw. bei ausgeprägter Adipositas) stark variierende Werte. Diese Fehlerquelle wurde durch Mittelung von je 3 Messungen minimiert. C) Diskussion 99 Im Gesamtverlauf ließen sich häufig Tendenzen beschreiben, die jedoch statistisch nicht signifikant waren. So waren beispielsweise die psychische Belastung bei Studieneinschluss nicht signifikant (r = 0.36; p ≥ 0.05), näherte sich jedoch einer Korrelation an. Auch für die Abnahme der körperlichen Beeinträchtigung konnte tendenziell eine positive Korrelation mit der Gewichtsabnahme verzeichnet werden, wobei diese Parameter nur bei 18 der 39 teilnehmenden Patienten erfasst werden konnten. Ebenso konnte aufgrund von kleinen Stichproben keine Korrelation zwischen den laborparametrischen Veränderungen und der Gewichtsabnahme gezeigt werden. Da der eingesetzte Gewichtsfragebogen nicht in anonymisierter Weise ausgefüllt und abgegeben wurde, erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Verzerrungen (soziale Erwünschtheit, Tendenz zur Mitte). 7.2 Einschränkungen durch das Studienkonzept Im Hinblick auf das Studiensetting ist zu vermerken, dass die dargestellte Medikamentenstudie ohne weitere gewichtsreduzierende Maßnahmen durchgeführt wurde, um den Einfluss anderer auf das Gewicht wirksamer Faktoren zu eliminieren. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Konzepten eines systematischen Gewichtsmanagements. So sind Ernährungsberatung und Bewegungsprogramme Teil jedes kontrollierten Gewichtsprogramms und Grundlage einer pharmakologischen Adipositasbehandlung. Selbstinitiierte Verhaltensänderungen der Patienten (körperliche Betätigung, Diät) wurden in der Ergebnisauswertung nicht berücksichtigt. Eine detailliertere Erfassung der aufgetretenen Nebenwirkung in Self-Rating-Form wurde nicht durchgeführt. Der Langzeitverlauf, bzw. der Gewichtsverlauf nach Absetzen der Medikation wurde in der dargestellten Studie nicht verfolgt. Bei Fehlen unterstützender diätetischer Maßnahmen ist jedoch von einer kontinuierlichen Gewichtszunahme auszugehen, die umso höher ist, je stärker das Gewicht unter der Medikamenteneinnahme reduziert wurde (Wadden TA 2000). 8. Fazit Der Prävention von Adipositas kommt besondere Bedeutung bei der Therapie psychiatrischer Störungen zu. Patienten sollten aktiv in die Therapieentscheidungen einbezogen und über Gewichtszunahme als häufige Nebenwirkung unter Psychopharmaka aufgeklärt werden. Der Wahl gering gewichtsinduzierender Medikamente sollte bei vorhandener Wirksamkeit Vorrang gegeben werden. C) Diskussion 100 Muss von dem Risiko der Gewichtszunahme unter Psychopharmaka ausgegangen werden, so sind einige präventive Maßnahmen indiziert. Die Patienten sollten zur Dokumentation ihrer Essgewohnheiten in Form eines Esstagebuchs angehalten werden, um Fehler im Essverhalten nachträglich korrigieren zu können. Allgemein sollte den Patienten eine kalorienreduzierte, fettarme Ernährung und regelmäßige körperliche Betätigung empfohlen werden. Bei anderweitig nicht beherrschbarer Gewichtszunahme können appetithemmende Substanzen zum Einsatz kommen. Zum Nutzen von Topiramat und Sibutramin bei der psychopharmakainduzierten Gewichtszunahme kann gesagt werden, daß es zu einer signifikanten Gewichtsabnahme kam, wobei der Prozentsatz von Therapierespondern und der prozentuale Gewichtsverlust wenn auch signifikant, so doch nur mäßig ausgeprägt waren. Unter Topiramat war die Gewichtsabnahme ausgeprägter, insgesamt jedoch nahmen weniger Patienten ab, bzw. kam es häufiger als unter Sibutramin zu einer weiteren Gewichtszunahme. Darüberhinaus wurden häufiger relevante Nebenwirkungen dokumentiert, die zum Absetzen der Medikation zwangen. Sibutramin, das eine geringe Gewichtreduktion bzw. Gewichtsstagnation bei limitierten Begleiterscheinungen bewirkte, kann Patienten als Motivationsanstoß für ein konsequentes weiterführendes Gewichtsprogramm dienen, und in ausgewählten Fällen eine Indikation bei psychopharmakainduzierter Adipositas darstellen. Topiramat und Sibutramin sollten bei bipolaren Patienten mit psychopharmakainduziertem Übergewicht mit Vorsicht und unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle angewandt werden, um gravierende zentralnervöse und kardiovaskuläre Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen. 9. Ausblick Die Literaturrecherche ergab, dass eine systematische Erfassung der Gewichtszunahme unter einzelnen Psychopharmaka nur begrenzt vorliegt und eine Vergleichbarkeit der Daten oft nicht gegeben ist. Weiterer Informationsbedarf besteht hinsichtlich Langzeitbehandlungen, dem Einfluss von Kombinationen mehrerer Psychopharmaka und der Gewichtsentwicklung bei spezifischen psychiatrischen Krankheitsbildern. In letzter Zeit sind weitere Substanzen bekannt geworden, die Therapiealternativen bei psychopharmakainduzierter Gewichtszunahme darstellen könnten. Histamin 2-Rezeptor-Antagonisten und Amantadin wurden beispielsweise Gewichtsreduzer bei Gewichtszunahme durch Antipsychotika eingesetzt. als wirksame 101 C) Diskussion Orlistat, ein Lipaseinhibitor kann bei Heißhungerattacken mit einer hohen Aufnahme von Nahrungsfetten eingesetzt werden. Eine systematische Untersuchung hinsichtlich Wirkung und Verträglichkeit dieser Substanzen bei psychopharmakainduzierter Gewichtszunahme bei bipolar affektiven Patientenkollektiven könnte weitere Forschungsaspekte darstellen. Zukunftsperspektiven in der Adipositasbehandlung lassen des weiteren Gewichtszügler der neuen Generationen erwarten. Ein Ansatzpunkt hierbei ist die Erforschung der Rolle des Hormons Leptin. D) Zusammenfassung 102 Psychopharmakainduzierte Gewichtszunahme und Adipositas sind häufig beobachtete Begleiterscheinungen von psychiatrischen Medikationen. Sie stellt eine für die Patienten besonders belastende Nebenwirkung dar. Zum Vergleich des gewichtssteigernden Potentials einzelner Psychopharmaka wurde anhand eines Medline-gestützten Reviews bis Februar 2002 eine systematische Evaluierung durchgeführt. Die Studien wurden nach objektiven Kriterien ausgewählt. Es wurden vorrangig verblindete, placebo-kontrollierte Studien mit Aussagen zum BMI und zur prozentualen Gewichtsveränderung aufgenommen. Dabei zeigte sich, dass unter den atypischen Substanzen, wie Clozapin und Olanzapin, Gewichtszunahme besonders verbreitet ist, während Risperidon als mäßig gewichtsinduzierendes Arzneimittel klassifizierte werden kann. Unter den Antidepressiva zeichnen sich SSRI, zumindest im Kurzzeitversuch durch gewichtsneutrales Verhalten aus. Unter den Trizyklika wurden bedeutsame Gewichtsanstiege insbesondere unter Amitryptilin beobachtet. Die neueren Antidepressiva Venlafaxin und Bupropion erwiesen sich hinsichtlich der Gewichtszunahme als nebenwirkungsarm. Das gewichtsinduzierende Potential von Lithium, Valproat und Carbamazepin wurde weitreichend dokumentiert. Interessanterweise wurden unter Topiramat häufiger Gewichtsabnahmen beobachtet, die jedoch nicht systematisch untersucht sind. Daher wurden in einer offen-randomisierten Studie Topiramat und Sibutramin, ein in Deutschland für die Übergewichtsbehandlung zugelassenes Arzneimittel, auf ihre gewichtsreduzierenden Eigenschaften, ihren Einfluss auf assoziierte Erkrankungen und ihre Verträglichkeit untersucht. 39 euthyme Patienten mit einer Bipolaren Affektiven Störung nahmen an der Studie teil. Die Studienmedikation wurde zunächst über einen Zeitraum von 6 Monaten verordnet. Die Zieldosis für Topiramt betrug 400 mg/d, für Sibutramin 15 mg/d. In 2-wöchigen Abständen fanden klinische Untersuchungen zur Überprüfung der Gewichtsveränderungen und der Stimmungslage statt. Bei 43.6 % der Studienteilnehmer kam es zu einer medizinisch relevanten Gewichtsabnahme (> 5 % des Ausgangskörpergewichts). Der Gewichtsverlust lag unter Topiramat bei durchschnittlich 5.6 % und unter Sibutramin bei 4.5 %. Es fand sich eine positive Korrelation der Gewichtsabnahme mit einer Verringerung des Cholesterins und einer Erhöhung des HDL-Cholesterin. Eine Beeinflussung der euthymen Stimmungslage durch die Medikation erfolgte nicht. Relevante Nebenwirkungen, die zu einem Therapieabbruch führten, waren häufiger unter Topiramat als unter Sibutramin. Der Prävention von psychopharmakainduzierter Adipositas kommt besondere Bedeutung zu. Bei erhöhtem Risiko für Gewichtszunahme sollte Arzneimittel mit geringer Gewichtsbeeinflussung Vorrang gegeben werden, wobei Sibutramin in Kombination mit weiterführenden integrativen Gewichtsprogrammen eine Option darstellt. 103 E) Literaturverzeichnis Aberg-Wistedt A (1982) A double blind study of zimelidine, a serotonin uptake inhibitor, and desipramine, a noradrenaline uptake inhibitor, in endogenous depression. Clinical findings. 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Februar 1976 Memmingen ledig deutsch 208 a, rue de la Montagne 67690 Rittershoffen Frankreich Schulbildung: 1983-1987 Grundschule in Augsburg 1987-1995 Maria-Theresia-Gymnasium, Augsburg Abitur 1995-1996 Université Robert Schumann, Institut d’études françaises, Strasbourg, Frankreich WS 1996/97SS 2002 Universität Ulm, Medizinstudium SS 1998 Ärztliche Vorprüfung WS 1999/2000 1. Staatsexamen WS 2000/01 bis SS 2001 Auslandsstudium, Université Louis Pasteur (U.L.P.), Strasbourg, Frankreich SS 2002 2. Staatsexamen Seit WS 2002/03 Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Praktisches Jahr WS 2003/04 3. Staatsexamen seit Februar 2004 Ärztin im Praktikum Pfalzinstitut für Kinder- und Jugendpsychiatrie Klingenmünster Untersuchung der gewichtsreduzierenden Eigenschaften von Topiramat und Sibutramin in der Behandlung psychopharmakaiduzierter Adipositas (Clinican Rating) Patient ID__ __ __ - __ __ __ __ __/ __ __ Patient Initials __ __ __ Clinician Initials __ __ __ Date __ __/ Protocol Code TOP-SIB-ACUTE Level __1__ Visit ____ 1. Inwieweit hat sich Ihr Sättigkeitsgefühl in den vergangenen 3 Monaten (seit Beginn der Untersuchung verändert) 0 50 100 0= Gefühl, sehr viel weniger satt zu sein 50 = keine Veränderung des Sättigkeitsgefühls 100= sehr stark vermehrtes Sättigkeitsgefühl 2. Inwieweit hat sich Ihr Appetit in den vergangenen 3 Monaten (seit Beginn der Untersuchunmg verändert) 0 50 0= Gefühl, sehr viel weniger Appetit zu haben 50= keine Veränderung des Appetits 100= stark vermehrter Appetit 100 Patientenfragebogen über die Gewichtsentwicklung bei Therapie mit Psychopharmaka (Self-Rating) Patient ID__ __ __ - __ __ __ Patient Initials __ __ __ Clinician Initials __ __ __ Date __ __/ __ __/ __ __ Protocol Code TOP-SIB-ACUTE Level __1__ Visit 1 1.Bitte listen Sie alle Medikamente auf, die Sie zur Behandlung Ihrer bipolaren bzw. schizoaffektiven Störung eingenommen haben/einnehmen. Geben Sie an, ob Sie unter diesen Substanzen Gewicht zugenommen haben und wenn, wie viel. Medikament höchste Dosis Dauer der Einnahme Täglich (in mg) Gewichtszunahme Keine 1-2 2-5 5-10 10-20 >20kg ___________ ______________ ______________ 1 2 3 4 5 6 ___________ ______________ ______________ 1 2 3 4 5 6 ___________ ______________ ______________ 1 2 3 4 5 6 ___________ ______________ ______________ 1 2 3 4 5 6 ___________ ______________ ______________ 1 2 3 4 5 6 ___________ ______________ ______________ 1 2 3 4 5 6 2. Wie viel würden Sie wiegen, wenn Sie keine Psychopharmaka einnehmen müssten. _____________kg 3. Wie schwer waren Sie ca. in Ihrem 16. Lebensjahr? ____________kg 4. Vorkommen von Übergewichtigkeit in der Familie Ja Nein 1 5. Haben Sie jemals aufgrund der Gewichtszunahme Ihre Medikamente abgesetzt? Ja, in Absprache mit meinem Arzt Ja, ohne meinen Arzt Nein (Weiter zu Frage 6) Falls Sie aufgrund der Gewichtszunahme Ihre Medikamente absetzen mussten: a) Nahmen Sie anschließend wieder Gewicht ab, und wie viel? Ja, __________kg Nein Nicht zutreffend b) Kam es bei Ihnen in der Folgezeit zu einer weiteren Krankheitsepisode? Ja Nein Nicht zutreffend 6. Wurden jemals Ihre Medikamente umgestellt, weil Sie Gewicht darunter zugenommen hatten, und geben Sie an, welche? Ja Nein Falls ja: von _________________________auf ______________________________ von _________________________ auf ______________________________ 7. Wie gut wurden Sie von Ihrem behandelnden Arzt/Ärztin über die Gewichtszunahme als mögliche Nebenwirkung bei der Behandlung mit Psychopharmaka aufgeklärt? gut ausreichend zu wenig gar nicht 8. Wie verändert sich Ihr Gewicht ... a) ... in depressiven Episoden Ich nehme immer zu keine Veränderung meistens zu ich nehme immer ab meistens ab ich nehme immer ab meistens ab b) ... in manischen Episoden Ich nehme immer zu keine Veränderung meistens zu 2 9. Inwieweit stellt die durch Psychopharmaka ausgelöste Gewichtszunahme eine Belastung für Sie dar? a) psychische Belastung (vermindertes Selbstwertgefühl, etc.) stark mäßig leicht keine b) soziale Belastung (Probleme mit Partner/in, Freunden, Freizeitaktivitäten) stark mäßig leicht keine c) berufliche Belastung (kann bestimmte Arbeiten nicht mehr ausführen, etc.) stark mäßig leicht keine d) körperliche Belastung ( sportliche Tätigkeiten nicht möglich, Kurzatmigkeit, Ermüdbarkeit, Begleiterkrankungen durch Übergewichtigkeit) stark mäßig leicht keine 3 Patientenfragebogen über die Gewichtsentwicklung nach 6-monatiger Behandlung mit Topiramat/Sibutramin (Self-Rating) __________________________________________________________________________________ Patient ID__ __ __ - __ __ __ Patient Initials __ __ __ Clinician Initials __ __ __ Date __ __/ __ __/ __ __ Protocol Code TOP-SIB-ACUTE Level __1__ Visit 9 ___________________________________________________________________________ 1. Geben Sie bitte an, wie sich Ihr Gewicht in den vergangenen 6 Monaten (Untersuchungszeitraum) für Sie verändert hat: Keine wenig mäßige Ich habe weiterhin an Gewicht zugenommen starke Gewichtsabnahme Ich musste die Therapie abbrechen 2. Inwieweit haben sich Änderungen in den folgenden Bereichen (bezüglich Gewichtsabnahme) ergeben? a)psychische Belastung (vermindertes Selbstwertgefühl, etc.) keine leichte mäßige starke Besserung Verschlechterung b)soziale Belastung (Probleme mit Partner/in, Freunden, Freizeitaktivitäten) keine leichte mäßige starke Besserung Verschlechterung c)berufliche Belastung ( kann bestimmte Arbeiten nicht mehr leisten, etc.) keine Verschlechterung leichte mäßige starke Besserung d)körperliche Belastung (sportliche Betätigungen, Begleiterkrankungen durch Übergewicht) keine leichte mäßige starke Besserung Verschlechterung 3. Hat sich Ihre Stimmung im Vergleich zu der bei Beginn der Untersuchung (vor 6 Monaten) verändert? Stimmung stabil leichte mässige starke Verschlechterung leichte mässige starke Verbesserung