Bild 1 Skizze der vorgeschlagenen Niedertemperatur-Wärmekraftmaschine (oben rechts das pV-Diagramm des Carnot-Kreisprozesses; angeschrieben die bei den jeweiligen Einzelprozessen konstant bleibenden Größen). Eingangsstutzen Eu von Rohrabschnitt Wu und Ausgangsstutzen Eo von Wo zu groß dargestellt. Wellenförmige Zeichen: Wärmebad; strichförmige Zeichen: Isolation. Die Doppelpfeile symbolisieren qualitativ mit ihrer Länge die Gasgeschwindigkeit und mit ihrer Breite die Gasdichte. NiedertemperaturWärmekraftmaschine mit Gasströmungs-Wärmewandler WÄRMEKRAFTMASCHINE | In dem vorliegenden Beitrag wird eine neuartige Wärmekraftmaschine vorgeschlagen, die für alle Temperaturen geeignet ist; ihre hervorstechendste Eigenschaft ist jedoch, den thermodynamisch möglichen Bereich weitgehend auszuschöpfen und so auch bei niedrigen Temperaturen und geringen Temperaturdifferenzen effektiv und effizient zu arbeiten. Kreisprozess ist der CarnotProzess, Arbeitsmittel ist Gas. Die nötigen Druck- und Temperaturdifferenzen werden durch Gasströmung in einem Rohr hervorgerufen, dessen Querschnitt und Ummantelung längs der Strömungsrichtung variieren. Die Wärme wird vorzugsweise von außen zugeführt; Zufuhr durch innere Verbrennung ist gleichfalls möglich. Autor Prof. Dr. Herbert Daniel, Jahrgang 1926, Studium der Physik an der Universität Heidelberg; Promotion 1954 und Habilitation 1961 ebd.; 1954 bis 1958 Max-Planck-Institut f. Medizinische Forschung, Heidelberg; 1958/59 Iowa State University, Ames, Iowa, USA; 1959 bis 1965 Max-Planck-Institut f. Kernphysik, Heidelberg; 1966 bis 1968 Cern, Genf, Schweiz; 1968 bis 1994 1 o. Professor und Direktor des Instituts f. Kernphysik und Nukleare Festkörperphysik der Technischen Universität München. i [email protected]. Danksagung: Herrn PD Dr. F. J. Hartmann danke ich für Durchsicht und Unterstützung und Prof. S. Paul für sein kollegiales Interesse. U m effektiv und effizient arbeiten zu können, benötigen Wärmekraftmaschinen, gleich welchen Typs, nach dem zweiten Hauptsatz eine relativ große Temperaturdifferenz DT zwischen der Temperatur To der zugeführten Wärme (Speisewärme) Qo und der Temperatur Tu der abgeführten Wärme (Abwärme) Qu; der maximale Wert des Wirkungsgrades h ist durch den Carnot-Wert hC gegeben: η ≤ ηC = ( To − Tu ) / To = ∆T / To . (1) Bei den geläufigen Typen ist h für kleine Werte von hC noch erheblich kleiner als hC. Zudem ist für viele Typen ein hoher Wert von To erforderlich, häufig für Maschinen mit Phasenumwandlung des Arbeitsmittels. Andererseits stehen große Mengen Qo an Speisewärme verhältnismäßig niedriger Temperatur To höher als die Umgebungstemperatur Te zur Verfügung. Sie lassen sich zum Beispiel leicht aus der Sonneneinstrahlung gewinnen, auch bei bedecktem Himmel, BWK Bd. 65 (2013) Nr. 3 Wärmekraftmaschine wo keine Konzentration durch Spiegel und ähnliches möglich ist. Te entspricht in etwa Tu. Konventionelle Wärmekraftmaschinen mit von außen zugeführter Speisewärme und nach außen abgeführter Abwärme sind nur sehr beschränkt in der Lage, den Carnot-Prozess ungefähr darzustellen. Es sind hauptsächlich die isothermen Prozesse, die Schwierigkeiten bereiten. Zum Wärmeaustausch bei geringer Temperaturdifferenz zwischen Arbeitsmittel und wärmeaufnehmendem bzw. -abgebendem Medium, zum Beispiel einem Reservoir der Temperatur To bzw. einem Reservoir der Temperatur Tu oder der Umgebung mit der Temperatur Te, sind große Austauschflächen notwendig; aus konstruktiven Gründen kann ein Zylinder einer Dampfmaschine oder eines Stirling-Motors kann keine große Oberfläche besitzen. Im Folgenden wird eine neuartige Wärmekraftmaschine vorgeschlagen. Das Wesentliche ist ein neuartiger Gasströmungs-Wärmewandler, dessen technische Basis die Strömungsmechanik eines Gases in einem Rohr mit Änderung von Querschnitt und Ummantelung längs der Strömungsrichtung ist. Diese Mechanik wird durch die Bernoulli-Gleichung für kompressible Fluide beschrieben; der Einfachheit der Beschreibung halber wird das Gas als ideal angenommen, obgleich das keine notwendige Bedingung für das Arbeiten der Maschine ist. Kreisprozess ist der Carnot-Prozess; die Arbeitsweise ist stationär. Der Gasströmungs-Wärmewandler beruht auf folgendem Sachverhalt, der im Kapitel „Allgemeine quantitative Behandlung“ ausführlich behandelt wird: Wird Gas mit einer gewissen Anfangsgeschwindigkeit in ein Rohr eingelassen, dessen Querschnitt sich im Verlauf erweitert, so wird die Strömung abgebremst. Dadurch erhöht sich der statische Druck, und es entsteht Kompressionswärme. Speziell bei einem isothermen Prozess wird diese Wärme bei gleichzeitiger Druckerhöhung von einem Wärmebad aufgenommen, und speziell bei einem adiabatischen Prozess verbleibt sie im Gas und führt zu stärkerer Druckerhöhung bei gleichzeitiger Erwärmung. Verläuft die Strömung in umgekehrter Richtung, kehren sich die Effekte entsprechend um. Die Details dieser Arbeit sind auf eine Niedertemperatur-Wärmekraftmaschine zugeschnitten. Die Wärmekraftmaschine arbeitet aber bei allen BWK Bd. 65 (2013) Nr. 3 technisch beherrschbaren Temperaturen, nicht nur niedrigen. Ihre hervorstechende Eigenschaft ist jedoch, dass sie auch bei niedrigen Temperaturen und geringer Temperaturdifferenz arbeitet. Beschreibung Bild 1 zeigt die vorgeschlagene Niedertemperatur-Wärmekraftmaschine. Sie besteht vor allem aus einem Wandelrohr W, einem Rückführrohr Z, einer Turbine M und einem Fan F. W ist in drei Abschnitte Wu, Wa und Wo gegliedert. Wu und Wa erweitern sich in Strömungsrichtung, Wo verengt sich; es mündet in die Turbine M, die sowohl die kinetische als auch die thermische Energie des Gases ausnutzt. Vom Turbinenausgang wird das Gas über Z in Wu geführt, an dessen Anfang auch der Fan steht (andere Positionen sind möglich, ebenso die Aufstellung mehrerer Fans an unterschiedlichen Positionen oder die Ausnutzung der Strömung aus der Turbine M bei entsprechender Turbinenkonstruktion). Die Abschnitte haben die folgenden Querschnitte am Eingang (zweites Subskript „e“) bzw. am Ausgang (zweites Subskript „a“) bei Wu, Wa und Wo: Aue, Aua, Aae, Aaa, Aoe bzw. Aoa. Wu ist in Kontakt mit einem Wärmebad der Temperatur Tu, Wo mit einem Wärmebad der Temperatur To. Wa ist gegen Wärmeübergang isoliert. Das Arbeitsmittel ist Gas, der Kreisprozess ist der Carnot-Prozess, und die Einzelprozesse folgen ohne zeitliche Gliederung aufeinander (ohne Takte). Die Arbeitsweise ist wie folgt: Der Fan F erzeugt im Rohr W einen Gasstrom dn/ dt, wobei n die Menge bedeutet. Der jeweilige Prozess in Wu und Wo verläuft isotherm bei der unteren Temperatur Tu bzw. der oberen Temperatur To des Carnot-Prozesses sowie adiabatisch in Wa und M. Die Maschine kann auch als Durchlaufmaschine gebaut werden (ohne Z), zum Beispiel mit aus der Umgebung entnommener und in die Umgebung abgeführter Luft. Sie kann ferner als Maschine mit innerer Verbrennung gebaut werden, dann natürlich nicht als Niedertemperatur-Wärmekraftmaschine. Allgemeine quantitative Behandlung Die Lösung der Bernoulli-Gleichung kompressibler Fluide [1] lässt sich im allgemeinen Fall nicht in geschlossener Form angeben. Um für das hier zu behandelnde Problem eine einfache Lösung in geschlossener Form zu finden, behandeln wir die Strömung als laminar; die Reibung wird vernachlässigt. Wir legen den Energiesatz, die Kontinuitätsgleichung und die Zustandsgleichung des Gases zugrunde. Wir betrachten eine gewisse Menge n des Gases mit der Masse m. Menge und Masse sind durch m = Mt n (2) verknüpft, wobei Mt die molare Masse ist. Das Gas ströme durch die zum Gasstrom senkrechte Querschnittsfläche Ae in den Rohrabschnitt Wx ein und durch die ebenfalls zum Gasstrom senkrechte Querschnittsfläche Aa wieder aus. Der Energiesatz erfordert m2e / 2 = mνa2 / 2 + paVa − pe − Ve − Q p (3) wobei ne die Eintritts- und na die Austrittsgeschwindigkeit bedeuten; pa und Va sind Druck bzw. Volumen von n bei Austritt sowie pe und Ve Druck bzw. Volumen bei Eintritt, und Qp ist die dem Gas zugeführte Wärme. Die Kontinuitätsgleichung schreibt sich mit d2n / dt2 = d2m / dt2 = 0, (4) Ae ρe νe = Aa ρa νa , (5) wobei pe und pa die Dichte bei Ein- bzw. Austritt ist. Die Zustandsgleichung für das Arbeitsmittel, das im in Frage kommenden Temperaturbereich als ideales Gas behandelt werden soll, ist die allgemeine Gasgleichung pV = nRT, (6) wobei R die allgemeine Gaskonstante bedeutet. Für adiabatische Prozesse gilt ferner pV γ = p0 V0γ = konst., (7) wobei g das Verhältnis der molaren Wärmekapazitäten bei konstantem Druck und konstantem Volumen bedeutet; das Subskript 0 kennzeichnet feste Anfangswerte. 2 Wärmekraftmaschine Isotherme Prozesse Aus den Gleichungen (2), (3), (5) und (6) ergibt sich für die isothermen Prozesse ( ) ν2e = 2Q p / Mt Ae2 pe2 / Aa2 pa2 − 1 . (8) Diskussion Beim idealen Gas gilt für die Wärme Qp, die hier für die isotherme Verdrängungsarbeit gebraucht wird, Q p = −nRT ln ( pe / pa ) . (9) Aus den Gleichungen (8) und (9) errechnet man für ein vorgegebenes Druckverhältnis pe/pa ( ) ν2e = 2RT ln ( pe / pa ) / Mt 1 − pe2 Ae2 / pa2 Aa2 . (10) Daraus ergibt sich die Beziehung zwischen Eingangsquerschnitt Ae und Ausgangsquerschnitt Aa zu ( ) Ae2 / Aa2 = pa2 / pe2 1 − 2RT ln ( pe / pa ) / Mt ν2e . (11) Adiabatische Prozesse Beim adiabatischen Prozess ist Qp Null. An die Stelle von Gleichung (10) und (11) treten ( )) ( ν2e = 2R ( Ta − Te ) / Mt 1 − Ae2Va2Te2 / Aa2Ve2Ta2 (12) bzw. ( ( > nae: die Austrittsgeschwindigkeit nua aus dem Abschnitt Wu, > noa: die Austrittsgeschwindigkeit naa aus dem Rohrabschnitt Wa. Die Austrittsgeschwindigkeiten sind durch Gleichung (5) mit den entsprechenden Eintrittsgeschwindigkeiten verknüpft. Ae2 / Aa2 = Ta2Ve2 / Te2Va2 1 − 2R / Mt ν2e ))(T a − Te ) . Die Maschine hat einen hohen Wirkungsgrad h; es kann ein Wert nahe dem Carnot-Wert hC erwartet werden: Der Wärmeübergang bei den isothermen Prozessen ist effizient, weil er jeweils über großflächige Wände vonstatten geht. Das ist technisch umso leichter zu realisieren, als sich, im Gegensatz zu bestehenden Maschinen, diese Wände alle in Ruhe befinden. Überdies können jeweils mehrere Rohre W parallel gelegt werden. Ebenso kann eine hohe Leistung erwartet werden, weil der Kreisprozess nicht aus Effektivitätsgründen langsam ablaufen muss. Die beweglichen Teile sind leicht, und es gibt (im Gegensatz zu Kolben) keine Unwucht. Die Verluste bei den mechanischen Teilen (Fan und Turbine) sind verhältnismäßig gering. Die vorgeschlagene Wärmekraftmaschine ist infolge der Wärmewandlung durch Gasströmung äußerst einfach im Aufbau, robust und sehr günstig in der Herstellung; auf den Fan F kann verzichtet werden, wenn man das Gas aus der Turbine M mit der gemäß Gleichung (10) bis (13) benötigten Geschwindigkeit ausströmen lässt. Mikroanlagen sind nicht notwendig starr; als Rohr W kann zum Beispiel ein Schlauch dienen. Ein zusammenlegbares tragbares Gerät („Portable“) kann auf Reisen mitgenommen werden. In Verbindung mit der in [2] beschriebenen Wärmezu- bzw. -abfuhr durch Heat Pipes sowie der Kurzzeit-Speicherung nutzt die hier beschriebene Wärmekraftmaschine regenerative Energie effektiv und effizient aus, zum Beispiel über den Temperaturwechsel im Verlauf eines Tages. Es liegt auf der Hand, den vorgeschlagenen GasströmungsWärmewandler auch als Teil von Wärmepumpen und Kühlaggregaten sowie in der Raumklimatisierung zu verwenden. (13) Literatur Der entsprechende Druck beim Austritt ist pa = pa ( Va / Ve ) . γ (14) [1] Shaughnessy, E. J.; Katz, I. M.; Schaffer, J. P.: Introduction to fluid mechanics. Oxford University Press, New York, Oxford, 2005, pp. 474 ff. [2] Daniel, H.: Aggregat zur effektiven und effizienten Nutzung kleinerer Temperaturdifferenzen. HLH (2003), Nr. 9, S. 67–69. Die Eintrittsgeschwindigkeiten sind die folgenden: > nue: die vom Fan F erzeugte Geschwindigkeit, 3 BWK Bd. 65 (2013) Nr. 3