Universität Karlsruhe (TH) Name Institut für Stochastik Prof. Dr. Günter Last Dipl.-Math. oec. Sven Ebert Vorname Matr.-Nr.: Vordiplomklausur Stochastik 1 24. September 2008 Dauer: 120 Minuten Diese Klausur hat bestanden, wer mindestens 16 Punkte erreicht. Als Hilfsmittel sind zwei selbst erstellte DIN A4 Seiten sowie ein nicht programmierbarer Taschenrechner zugelassen! Aufgabe 1 (6) 2 (6) 3 (7) 4 (7) 5 (7) Punkte Korrektor Gesamtpunktzahl Note 6 (7) P (40) Aufgabe 1 (6 Punkte) Eine faire Münze werde 4 mal unabhängig voneinander geworfen. a) Man bestimme die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die aufeinander folgenden Ergebnisse (Wappen oder Zahl) verschieden sind. b) Man berechne die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sowohl 2 mal hintereinander Wappen als auch 2 mal hintereinander Zahl kommt. c) Man berechne die Wahrscheinlichkeit dafür, dass mindestens 3 mal hintereinander dasselbe Ergebnis kommt. d) Berechnen Sie Erwartungswert, Varianz sowie zweites Moment für die Anzahl der Wappen. Lösung zu Aufgabe 1 a) Sei A das Ereignis, dass die aufeinander folgenden Ergebnisse (Wappen oder Zahl) verschieden sind. Dann gilt 2 P(A) = P({W ZW Z, ZW ZW }) = 4 = 1/8. 2 1.5 P Hierbei steht W für Wappen sowie Z für Zahl und die Buchstabenkombinationen stehen für die Ergebnisse innerhalb eines Experiments in der Reihenfolge ihres Auftretens. b) Sei B das Ereignis, dass in einem Experiment sowohl 2 mal hintereinander Wappen als auch 2 mal hintereinander Zahl kommt. Dann gilt 2 P(B) = P({W W ZZ, ZZW W }) = 4 = 1/8. 2 c) Sei C das Ereignis, dass mindestens 3 mal hintereinander dasselbe Ergebnis kommt. Dann gilt 6 P(C) = P({W W W Z, W W W W, ZW W W, ZZZW, ZZZZ, W W W Z}) = 4 = 3/8. 2 1.5 P 1.5 P d) Sei X die Anzahl der Wappen in einem Experiment. Dann gilt X ∼ Bin(4, 1/2). Somit folgt E[X] = 4 · 1 1 1 = 2, V[X] = 4 · · = 1 2 2 2 sowie E[X 2 ] = V[X] + E[X]2 = 1 + 4 = 5. 1.5 P Aufgabe 2 (6 Punkte) Man betrachte die Mengen Ω1 := {1, 2} und Ω2 := {3, 4, 5} sowie das kartesische Produkt Ω := Ω1 × Ω2 . Es sei P die Gleichverteilung auf Ω. a) Man berechne die Wahrscheinlichkeiten der Ereignisse A1 := {1} × Ω2 und A2 := {2} × Ω2 b) Man bestimme die zweite Marginalverteilung P2 (A) := P(Ω1 × A), A ⊂ Ω2 . c) Man betrachte die Zufallsvariable X : Ω → R, die durch X(ω1 , ω2 ) = ω1 + ω2 , (ω1 , ω2 ) ∈ Ω gegeben ist. Man bestimme den Erwartungswert von X. Lösung zu Aufgabe 2 a) Aus der Gleichverteilungsannahme folgt P(A1 ) = |A1 | 1·3 1 = = . |Ω| 2·3 2 1.5 P Für A2 ergibt sich auf die selbe Art und Weise bzw. durch Komplementbildung ebenfalls P(A2 ) = 1/2. b) Die zu Aufgabenteil a) analoge Vorgehensweise liefert P(A) = |Ω1 × A| 2 · |A| |A| = = . |Ω| 2·3 3 2P Die zweite Marginalverteilung ist also die Gleichverteilung auf Ω2 . c) Es sei Xi := ωi , i = 1, 2. Nach den Additionsgesetz ergibt sich für den Erwartungswert E[X] = E[X1 + X2 ] = E[X1 ] + E[X2 ] = 3/2 + 4 = 5.5. Hierbei ist zu beachten das Xi nach Aufgabenteil b) die Gleichverteilung auf Ωi ist. 2.5 P Aufgabe 3 (7 Punkte) Gegeben seien unabhängige {0, 1}-wertige Zufallsvariablen X1 , X2 , . . . , Xn , Y1 , Y2 , . . . , Yn , n ∈ N mit P(Xi = 1) = P(Yi = 1) = p, i = 1, 2, . . . , n. Hierbei ist p ∈ [0, 1]. Ferner seien Sn := X1 + X2 + . . . + Xn , Tn := X1 Y1 + X2 Y2 + . . . + Xn Yn . a) Man bestimme die Erwartungswerte von Sn und Tn sowie die Varianz von Tn . b) Man bestimme die Kovarianz C(Sn , Tn ) von Sn und Tn . c) Es sei k, m ∈ {0, 1, . . . , n} mit k ≥ m. Man bestimme die bedingte Wahrscheinlichkeit P(Tn = m|Sn = k). Lösung zu Aufgabe 3 a) Es gilt Sn ∼ Bin(n, p) sowie Tn ∼ Bin(n, p2 ). Daraus folgt E[Sn ] = np, E[Tn ] = np2 , 3P und V[Tn ] = np2 (1 − p2 ) b) Die Kovarianz ergibt sich zu C(Sn , Tn ) = E[Sn Tn ] − E[Sn ]E[Tn ] n X X = E[Xi2 Yi ] + 2 · i=1 2P E[Xi Xj Yj ] − npnp2 1≤i<j≤n = nE[X1 ]E[Y1 ] + n(n − 1)E[X1 ]E[X2 ]E[Y2 ] − n2 p3 = np2 + n(n − 1)p3 − n2 p3 = np2 − np3 . c) Es gilt P(Tn = m, Sn = k) 2P P(Sn = k) P(∪1≤i1 <...<ik ≤n ∪(j1 ,...,jm )⊆(i1 ,...,ik ) {Xi1 = 1, . . . , Xik = 1, Yj1 = 1, . . . Yjm = 1}) ¡n¢ = k n−k k p (1 − p) ¡n¢¡ k ¢ k n−k pm (1 − p)n−m k m p ¡(1¢− p) = n k n−k k p (1 − p) µ ¶ k m = p (1 − p)k−m . m P(Tn = m|Sn = k) = Aufgabe 4 (7 Punkte) Es seien X, Y Zufallsvariablen und a > 0 eine reelle Zahl. Die gemeinsame Dichte von X und Y sei durch ( a · e−x · e−y , für 0 ≤ y ≤ x und 0 ≤ x ≤ 1, f (x, y) := 0, sonst. gegeben. a) Skizzieren Sie den Bereich {(x, y) : f (x, y) 6= 0}, also den Bereich auf dem die Dichte f (x, y) nicht null ist. b) Bestimmen Sie a. Bemerkung: In den folgenden Teilen kann mit dem Parameter a gerechnet werden. c) Bestimmen Sie die Dichten von X und Y . d) Bestimen Sie P(X ∈ [0, 1/2]). e) Bestimmen Sie P((X, Y ) ∈ [1, 2]2 ). Lösung zu Aufgabe 4 a) Aus der Aufgabenstellung ergibt sich ein Dreieck. 1P b) Das Integral über das in a) skizzierte Dreieck muss eins ergeben. Aus der Rechnung 2P Z Z 1Z x 1 a exp(−x) exp(−y)dydx = a 0 0 0 Z = a 0 1 exp(−x)[− exp(−y)]x0 dy exp(−x)(1 − exp(−x))dx = a[1/2 exp(−2x) − exp(−x)]10 = 1/2 exp(−2) − exp(−1) + 1/2 folgt somit direkt a= 1 . 1/2 exp(−2) − exp(−1) + 1/2 c) Für die Dichte von X integriert man über y und umgekehrt. Also gilt auf dem Intervall [0,1] Z x fX (x) = a exp(−y) exp(−x)dy = a exp(−x)[− exp(−y)]x0 = a exp(−x)(1 − exp(−x)) 2P 0 sowie Z fY (y) = y 1 a exp(−y) exp(−x)dx = a exp(−y)[− exp(−x)]1y = a exp(−y)(exp(−y) − exp(−1)). Außerhalb des Einheitsintervalls sind beide Dichten nach Definition der gemeinsamen Dichte gleich null. d) Für X ∈ [0, 1/2]2 gilt Z P(X ∈ [0, 1/2]) = a 0 1/2 1/2 exp(−x)(1 − exp(−x))dx = a[− exp(−x) + exp(−2x)]0 1P = a[− exp(−1/2) + exp(−1)/2 + 1/2]. e) Da f (x, y) auf dem Rechteck [1, 2]2 gleich null ist, folgt P((X, Y ) ∈ [1, 2]2 ) = 0. 1P Aufgabe 5 (7 Punkte) Eine Gondelbahn habe ϑ ∈ N Gondeln. Die Gondeln sind von 1 bis ϑ durchnummeriert. Sie wollen die Zahl der Gondeln schätzen. Sie besteigen hierfür an jedem ihrer n Urlaubstage genau einmal ”rein zufällig” eine Gondel dieser Gondelbahn und notieren die Nummer der Gondel. a) Berechnen Sie den Maximum-Likelihood-Schätzer für ϑ. Nun sei der Schätzer ϑ̂(x1 , x2 , . . . , xn ) = max{x1 , x2 , . . . , xn } gegeben. b) Zeigen Sie, dass ϑ̂ kein erwartungstreuer Schätzer für ϑ ist. c) Berechnen Sie: Pϑ (ϑ̂ < ϑ). d) Zeigen Sie, dass ϑ̂ konsistent ist für ϑ. Lösung zu Aufgabe 5 a) Die Likelihoodfunktion ergibt sich zu Lx (ϑ) = P(X = x) = n µ ¶ Y 1 i=1 ϑ · 1{max{x1 ,x2 ,...,xn }≤ϑ} . 2P Da Lx (ϑ) ab dem Wert max{x1 , x2 , . . . , xn } monoton fallend in ϑ und für alle ϑ < max{x1 , x2 , . . . , xn } null ist, ergibt sich der Maximum-Likelihood-Schätzer zu ϑ̂(x1 , x2 , . . . , xn ) = max{x1 , x2 , . . . , xn }. b) Für ϑ > 1 gilt die Abschätzung Eϑ (ϑ̂) = ϑ X i · Pϑ (ϑ̂ = i) i=1 ϑ X < ϑ 1.5 P Pϑ (ϑ̂ = i) i=1 = ϑ c) Es gilt Pϑ (ϑ̂ < ϑ) = Pϑ (max{X1 , X2 , . . . , Xn } < ϑ) = Pϑ (X1 < ϑ) · . . . · Pϑ (Xn < ϑ) µ ¶ ϑ−1 n = . ϑ 1.5 P d) Für alle ε > 0 gilt die Abschätzung Pϑ (|ϑ̂ − ϑ| > ε) = Pϑ (ϑ − ϑ̂ > ε) = Pϑ (ϑ̂ < ϑ − ε) ≤ Pϑ (ϑ̂ < ϑ) µ ¶ ϑ − 1 n n→∞ = → 0. ϑ Durch Komplementbildung folgt die Behauptung. 2P Aufgabe 6 (7 Punkte) Ein Eisverkäufer möchte seinen Bedarf an Vanilleeis berechnen. Er verkauft pro Tag n = 1000 Kugeln Eis. Die Auswahl der Sorte einer Kugel erfolgt dabei für jede Kugel unabhängig von allen anderen. Die Wahrscheinlichkeit, das eine Kugel der Sorte Vanille gewählt wird sei p = 0.1. a) Mit welcher Wahrscheinlichkeit verkauft der Eisverkäufer keine Kugel Vanilleeis. b) Berechnen Sie mit Hilfe des ZGWS die Anzahl an Kugeln Vanilleeis, die der Eisverkäufer mindestens vorrätig haben sollte, damit ihm mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent nicht das Vanilleeis ausgeht. Nun möchte der Verkäufer mit einem statistischen Test die Aussage p < 0.1 bei weiterhin n = 1000 Kugeln verkauftem Eis absichern. c) Wie muss er Hypothese und Alternative wählen? P d) Erstellen sie zur Testgröße ki=1 Xi mit Xi = 1{i−te Kugel ist Vanille} mit Hilfe des ZGWS einen Test zum Niveau α = 0.01. e) Zu welchem Ergebnis kommt der Test aus d) falls 70 Kugeln Vanilleeis verkauft wurden? Hinweis: Es gilt Φ−1 (0.80) = 0.84, Φ−1 (0.85) = 1.04, Φ−1 (0.95) = 1.65, Φ−1 (0.99) = 2.31, wobei Φ die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung ist. Lösung zu Aufgabe 6 Die Zufallsvariable X bezeichne die Zahl der verkauften Kugeln Vanilleeis. X ist nach Aufgabenstellung Bin(n, p) verteilt. a) Es gilt µ ¶ 1000 P(X = 0) = 0.10 0.91000 = 0.91000 ≈ 1.75 · 10−47 ≈ 0. 0 1P b) Man sucht k ∈ N so dass P(X ≤ k) = 0.95 gilt. Mit dem ZGWS errechnet man P(X ≤ k) = P( X − 100 k − 100 k − 100 √ ≤ √ ) ≈ Φ( √ ). 90 90 90 2P Mit Φ−1 (0.95) = 1.65 folgt k − 100 √ = 1.65, 90 p woraus sich k = 1.65 · (90) + 100 ≈ 115, 653 ergibt. Der Eisverkäufer sollte also 116 Kugeln Vanilleeis produzieren. c) Damit er die Aussage p < 0.1 statistisch absichern kann, muss der Eisverkäufer als Hypothese p ≥ 0.1 und als Alternative p < 0.1 wählen. Damit ist bei einem Ablehnen der Hypothese die Alternative abgesichert. P d) Kleine Werte von X = ki=1 Xi sprechen gegen die Hypothese. Wir suchen daher das größte k ∈ N, so dass 1P 2.5 P P(X ≤ k) ≤ 0.01, wobei in diesem Fall X ∼ Bin(1000,0.1) gilt. Mit dem ZGWS ergibt sich P(X ≤ k) = P( X − 100 k − 100 k − 100 √ ≤ √ ) = Φ( √ ). 90 90 90 Mit Φ−1 (0.01) = −Φ−1 (0.99) = −2.31 folgt k − 100 √ = −2.31, 90 womit k = 78.085 folgt. Daher lehnt der Test die Hypothese bis höchstens 78 Kugeln Vanilleeis ab. e) Da 70 ≤ 78 gilt, wird die Hypothese abgelehnt. Die Aussage p < 0.1 ist daher auf dem Niveau 0.01 statistisch gesichert. 0.5 P