Mathematisches Institut der Universität München ✓ Stochastische Prozesse Lösungsblatt 8 ✒ ✏ ✑ Prof. Dr. Franz Merkl WS 2014/15 Lösungen ohne Gewähr, Fehlerhinweise bitte an [email protected] Aufgabe 29 Zu (a): Wir zeigen EQ [Z|F] = EP [Zf |F] EP [f |F] (1) Q-f.s. (i) Es gilt Q EP [f |F] = 0 = EP f 1{EP [f |F ]=0} = EP EP [f |F] 1{EP [f |F ]=0} = 0, so dass die rechte Seite von (1) Q-f.s. wohldefiniert ist. Zudem ist die rechte Seite von (1) offensichtlich messbar bezüglich F. (ii) Für B ∈ F gilt EP [Zf |F] EP [Zf |F] EP [Zf |F] 1B = EP f 1B = EP EP [f |F] 1B EQ EP [f |F] EP [f |F] EP [f |F] = EP EP [Zf |F] 1B = EP [Zf 1B ] = EQ [Z 1B ]. Zu (b): Es bezeichne (Ft )t=0,...,T die kanonische Filtration zu (Xt )t=0,...,T . Weiter sei s ∈ {0, . . . , T − 1} und A ∈ E. Dann ist Q[Xs+1 ∈ A|Fs ] = Q[Xs+1 ∈ A|Xs ] Q-f.s. zu zeigen. Hierfür genügt es zu zeigen, dass Q[Xs+1 ∈ A|Fs ] messbar bezüglich σ(Xs ) ist. In der Tat gilt Q-f.s. i h QT 1 E f (X ) Fs P t t {X ∈A} t=0 s+1 (*) i hQ Q[Xs+1 ∈ A|Fs ] = T EP t=0 ft (Xt ) Fs i h Qs QT 1 f (X ) E f (X ) u P t Fs {Xs+1 ∈A} u=0 u t=s+1 t i hQ = Qs T f (X ) E f (X ) u P t Fs u=0 u t=s+1 t i h QT 1 E f (X ) Xs P t t {Xs+1 ∈A} t=s+1 (**) i hQ = . T EP t=s+1 ft (Xt ) Xs Hierbei haben wir bei (*) Gleichung (1) verwendet und bei (**) die Voraussetzung benutzt, dass (Xt )t=0,...,T bezüglich P eine Markovkette ist. Im Spezialfall f1 = . . . = fT −1 = 1, fT = 1A mit A ∈ E und P [XT ∈ A] > 0 bedeutet dies, dass (Xt )t=0,...,T auch bezüglich der bedingten Wahrscheinlichkeit P [ · |XT = A] eine Markovkette ist. Aufgabe 30 Für a ∈ Z sei (Xt )t∈N0 unter Pa die einfache Irrfahrt auf Z mit Start in a. Für N ∈ N0 sei weiter L2N := max {t ≤ 2N : Xt = 0} die Zeit des letzten Besuchs der Irrfahrt in 0 vor der Zeit 2N . Wir zeigen, dass dann für n ∈ {0, . . . , N } −2n 2n −2N +2n 2N − 2n P0 [L2N = 2n] = 2 ·2 (2) n N −n gilt. Für b ∈ Z definieren wir Rb := inf {t ∈ N : Xt = b} , Tb := inf {t ∈ N0 : Xt = b} . Dann gilt für n ∈ {0, . . . , N } gemäß der schwachen Markoveigenschaft P0 [L2N = 2n] = P0 [X2n = 0, Xt 6= 0 für t ∈ {2n + 1, . . . , 2N }] = P0 [X2n = 0] P0 [Xt 6= 0 für t ∈ {1, . . . , 2N − 2n}] = P0 [X2n = 0] P0 [R0 > 2N − 2n]. Das Ereignis {X2n = 0} tritt für die in 0 gestartete Irrfahrt genau dann ein, wenn sie bis zur Zeit 2n zu n Zeitpunkten nach rechts und zu n Zeitpunkten nach links gegangen ist, wofür 2n es n verschiedene Kombinationen gibt. Deshalb gilt −2n 2n P0 [X2n = 0] = 2 . n Weiter gilt für m ∈ N P0 [R0 > 2m] = P0 [X1 = 1, R0 > 2m] + P0 [X1 = −1, R0 > 2m] 1 (A) 1 = P1 [T0 > 2m − 1] + P−1 [T0 > 2m − 1] 2 2 (B) = P−1 [T0 > 2m − 1] = P0 [T1 > 2m − 1] (C) = 1 − 2 P0 [X2m−1 > 1] − P0 [X2m−1 = 1], wobei wir bei (A) die schwache Markoveigenschaft, bei (B) die Spiegelungsinvarianz der einfachen Irrfahrt und bei (C) das Reflexionsprinzip verwendet haben. Auf Grund der Spiegelungsinvarianz der einfachen Irrfahrt gilt ferner 1 (P0 [X2m−1 > 1] + P0 [X2m−1 < −1]) 2 1 = (1 − P0 [X2m−1 = 1] − P0 [X2m−1 = −1]) 2 1 = − P0 [X2m−1 = 1] 2 P0 [X2m−1 > 1] = und somit P0 [R0 > 2m] = P0 [X2m−1 = 1]. Das Ereignis {X2m−1 = 1} tritt für die in 0 gestartete Irrfahrt genau dann ein, wenn sie bis zur Zeit 2m − 1 zu m Zeitpunkten nach rechts und zu m − 1 Zeitpunkten nach links gegangen ist, wofür es 2m−1 verschiedene Kombinationen gibt. Deshalb gilt analog zu oben m −2m+1 2m − 1 −2m 2m P0 [X2m−1 = 1] = 2 =2 . m m Damit ist Gleichung (2) bewiesen (setze m = N − n). Aufgabe 31 Zu (a): Aus der Vorlesung ist bekannt, dass die diagonale Irrfahrt auf Z2 mit den Übergangswahrscheinlichkeiten x + (−1, 1) x + (1, 1) 1 4 1 4 x 1 4 1 4 x + (−1, −1) rekurrent ist. Durch Drehung um 45◦ und Stauchung um Irrfahrt auf Z2 mit den Übergangswahrscheinlichkeiten x + (1, −1) √1 2 folgt, dass auch die einfache x + (0, 1) 1 4 x + (−1, 0) 1 4 x 1 4 x + (1, 0) 1 4 x + (0, −1) rekurrent ist. Zu (b): Sei nun n ∈ N, n ≥ 3, und sei (Xt )t∈N0 die einfache Irrfahrt auf Z2 × Z/nZ, welche in (0, 0, 0̄) startet und in jedem Schritt mit gleicher Wahrscheinlichkeit 16 zu einem der sechs Nachbarpunkte springt. Wir wollen zeigen, dass (Xt )t∈N0 rekurrent ist. Es bezeichne (X̂t )t∈N0 die Projektion von (Xt )t∈N0 auf Z2 . Dann ist (X̂t )t∈N0 eine Irrfahrt auf Z2 mit Start in (0, 0) und Übergangswahrscheinlichkeiten x + (0, 1) 1 6 1 3 x + (−1, 0) 1 6 x 1 6 x + (0, −1) 1 6 x + (1, 0) Im Unterschied zu Teil a) kann der Prozess (X̂t )t∈N0 also an jedem Punkt mit Wahrscheinlichkeit 31 auch „Pausen“ einlegen. Um (X̂t )t∈N0 auf die einfache Irrfahrt aus Teil a) zurückzuführen, nehmen wir wie folgt eine Zeittransformation vor: Wir definieren t(0) := 0 und für s ∈ N rekursiv o n t(s) := inf t > t(s − 1) : X̂t 6= X̂t−1 . Mit Hilfe des Lemmas von Borel-Cantelli sieht man leicht, dass h i P X̂t 6= X̂t−1 für unendlich viele t = 1 und somit P [t(s) < ∞ für alle s ∈ N] = 1 gilt. Folglich ist der zeittransformierte Prozess (X̂t(s) )s∈N0 P -f.s. wohldefiniert. Aus der starken Markoveigenschaft folgt zudem, dass (X̂t(s) )s∈N0 die in Teil a) betrachtete einfache Irrfahrt auf Z2 ist. Insbesondere ist (X̂t(s) )s∈N0 und damit auch (X̂t )t∈N0 rekurrent. Setzen wir also n o T1 := inf t > 0 : X̂t = (0, 0) = inf {t > 0 : Xt ∈ {(0, 0)} × Z/nZ} und für k ≥ 2 n o Tk := inf t > Tk−1 + n : X̂t = (0, 0) = inf {t > Tk−1 + n : Xt ∈ {(0, 0)} × Z/nZ} , so sind diese Stoppzeiten P -f.s. endlich. Definieren wir für k ≥ 1 außerdem das Ereignis Ak := {XTk +t = XTk + (0, 0, t¯) für t = 0, 1, . . . , n − 1} , dass die Irrfahrt unmittelbar nach der Zeit Tk einmal den Kreis {(0, 0)} × Z/nZ durchläuft, so folgt aus der starken Markoveigenschaft, dass die Ereignisse (Ak )k∈N unabhängig sind mit n−1 1 , k ∈ N. P [Ak ] = 6 P Insbesondere gilt ∞ k=1 P [Ak ] = ∞, so dass nach dem Lemma von Borel-Cantelli P [Ak für unendlich viele k] = 1 gilt. Wegen {Ak für unendlich viele k} ⊂ {Xt = (0, 0, 0̄) für unendlich viele t} beweist dies unsere Behauptung. Aufgabe 32 Wir beweisen, dass µ(x) = 1 für alle x ∈ Z gilt. Gemäß Vorlesung ist µ (aufgefasst als Maß auf Z) stationär, so dass für x ∈ Z 1 (µ(x + 1) + µ(x − 1)) = µ(x). (3) 2 gilt. Aus der Spiegelungsinvarianz der einfachen Irrfahrt folgt zudem für x ∈ Z µ(−x) = µ(x). (4) Es genügt also, µ(x) = 1 für x ∈ N0 zu zeigen; dies machen wir durch Induktion nach x: Für x = 0 gilt definitionsgemäß µ(0) = 1. Für x = 1 gilt 21 (µ(1) + µ(−1)) = µ(0) nach (3) und µ(−1) = µ(1) nach (4), also µ(1) = 1. Ist x ≥ 1 und ist die Behauptung bereits für 0, 1, . . . , x bewiesen, so ergibt Gleichung (3) µ(x + 1) = 2µ(x) − µ(x − 1) = 1.