Supplemente: Chancen und Risiken 1 Dr. Samuel Mettler Supplemente: Chancen und Risiken Grundsätzliche Überlegungen zum Umgang mit Supplementen im Sport Eine gute Ernährung kann das Training unterstützen und zum Erfolg beitragen. Supplemente sind ein kleiner Baustein in der Sporternährung, wobei einige Supplemente zum richtigen Zeitpunkt richtig eingesetzt das Training oder die Wettkampfleistung unterstützen können. Neben diesen wenigen Substanzen mit einem wissenschaftlich nachgewiesenen guten Nutzen-Risiko-Profil sind jedoch Tausende weitere Substanzen auf dem Markt, die keinen nachgewiesenen Effekt haben. Unter Umständen können sie sogar negative Effekte haben, aber auf jeden Fall verbrauchen sie Ressourcen, die besser anders eingesetzt werden könnten. Im Folgenden werden einige grundlegende Überlegungen zum sinnvollen Umgang mit Supplementen in der Sporternährung diskutiert. Ernährung und Leistung Sportlicher Erfolg beruht auf verschiedenen pfeilern. Von tragender Bedeutung sind die physiologischen Voraussetzungen, der Wille hart zu trainieren und die Wettkampf- psyche, um die Leistung im entscheidenden Moment abrufen zu können. Dies steht in Kombination mit einem individuell gut geplanten Trainingsaufbau und einer guten Gesundheit, beziehungsweise Verletzungsresistenz. Einen Beitrag in diesem puzzle leistet auch die Ernährung. Eine ungenügende Ernährung kann die Erholung beeinträchtigen oder die Wettkampfleistung in Mitleidenschaft ziehen. Allerdings kann die Ernährung «nur» ein gutes Training unterstützen. Keine Ernährungsmassnahme kann ein ungenügendes Training kompensieren. Ernährung und Supplemente Die Basis der Sporternährung besteht aus einer ganz «normalen» abwechslungsreichen Ernährung, wobei verschiedene Wege zum Ziel führen können. Es gibt nicht nur eine Möglichkeit. Auch verschiedene kulturelle Einflüsse müssen ihren platz haben. Aufbauend auf dieser Erkenntnis werden sportartspezifische und individuell ausgerichtete Anpassungen vorgenommen, z.B. bzgl. Energiebedarf, Regeneration, Muskelaufbau oder Gewichtsmanagement (Abbildung 1). Gezielte Supplementation Für spezielle sportartspez. Bedürfnisse Für spezielle individuelle Bedürfnisse Für spezielle Situationen Sportartspezifische Anpassungen Energiebedarf (Nahrungsmenge) Wettkampf- und Trainingsvorbereitung Wettkampf- und Trainingsernährung Erholungsmassnahmen Gewichtskontrolle Basisernährung Langfristige Gesundheit & Verletzungsprophylaxe Allgemeine Ernährungsrichtlinien gelten auch im Sport Abbildung 1 Supplemente: Chancen und Risiken Abbildung 1: Pyramide der Grundsätze der Sporternährung. Die Basis besteht aus einer ganz normalen Ernährung. Sporternährung ist nicht per se etwas Spezielles. Darauf aufbauend werden sportartspezifische Anpassungen vorgenommen. Die Spitze der Pyramide kann durch ein paar wenige spezifisch ausgewählte Supplemente ergänzt werden. Die Pyramide steht jedoch auch ohne die Spitze sehr solide, während die Spitze ohne die Basis abstürzt. Diese Metapher zeigt sich in der Praxis leider nur allzu häufig. (Modifiziertes Modell nach Australian Institute of Sport). Dieses Prinzip wird auch durch die Lebensmittelpyramide für Sportlerinnen und Sportler veranschaulicht (Abbildung 2). Die Pyramide stellt unter anderem dar, von welchen Lebensmitteln, in Abhängigkeit des Trainingsumfangs, mehr oder weniger konsumiert werden sollte. Vor allem der Bedarf an Kohlenhydraten hängt stark mit dem Trainingsumfang zusammen und kann selbst bei demselben Athleten über die Trainings- und Wettkampfsaison hinweg deutlich variieren. Ein wesentlicher Aspekt der Sporternährung steht zudem im ersten Untertitel der Pyramide. So sollten wir nicht über Sporternährung reden, wenn nicht an mindestens 5-6 Tagen pro Woche im Minimum eine Stunde trainiert wird. Sporternährung beginnt demnach ab ca. fünf Stunden Trainingsumfang pro Woche. Viele Leistungssportler trainieren bis 20 und mehr Stunden pro Woche. Bei diesen kann die Sporternährung natürlich eine Rolle spielen. Wer zwei, drei mal pro Woche joggen oder ins Fitnesscenter geht hat keinen Mehrbedarf und ist mit einer ganz «normalen» Ernährung gut versorgt. Abbildung 2: Lebensmittelpyramide für Sportlerinnen und Sportler. Die Grafik sowie weitere Informationen sind erhältlich unter www.sfsn.ethz.ch (Quelle: Swiss Forum for Sport Nutrition). Sozusagen als oberste Spitze der Pyramide können noch sportartspezifisch ausgewählte Supplemente, zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt, manchmal einen kleinen Zusatzeffekt bewirken (Abbildung 1). Das heisst, Supplemente sind in Bezug auf die Leistungsfähigkeit ein Mikrobaustein innerhalb des Bausteins Ernährung. Deshalb sollten Bedeutung und Einfluss auf die gesamte Leistungsfähigkeit nicht als allzu hoch eingestuft werden. In der Sporternährungsberatung zeigt sich, dass ein Grossteil der Fragen seitens Athleten, Trainern oder auch Sportverbänden die Supplemente betreffen. Supplemente sind ein Milliardengeschäft geworden. Die Suche nach der magischen Pille scheint ein fundamentaler Drang des Sportlers und der Produzenten zu sein. Ob das Fundament der Pyramide unterhalb der kleinen Spitze in Abbildung 1 überhaupt richtig vorhanden ist, interessiert häufig nur am 2 Rande. Vielleicht auch deshalb, weil Pillen und Pülverchen eine grössere Magie ausstrahlen als die Energie aus einer individuell gut abgestimmten Basisernährung. Werden die jeweiligen Ernährungsmassnahmen etwas genauer unter die Lupe genommen, so stellt man erstaunlich häufig fest, dass bedeutende Ernährungsdefizite im Bereich der Pyramidenbasis existieren. Diese Defizite sind eigentlich viel relevanter als Supplemente. Oft können allein durch Beheben dieser Defizite die Regeneration verbessert und wesentliche leistungsrelevante Ziele direkter angegangen werden, ohne dass Supplemente beigezogen werden müssen. Supplemente sollen letztlich etwas supplementieren oder ergänzen: So wie ein Sportwagen durch breitere Reifen in den Kurven bei schneller Fahrt einen besseren Halt bekommt, können gewisse Supplemente in der richtigen Situation durchaus einen positiven Effekt haben. Eine schlechte Basisernährung mit Supplementen zu ergänzen ist zu Vergleichen mit dem Montieren von Sportreifen an einem alten VW Käfer. Es ist nicht auszuschliessen, dass damit das Chassis sogar nachhaltig beschädigt wird. Solange die Basis bezüglich Training und Ernährung nicht optimiert ist, können Supplemente bestenfalls Defizite reduzieren. Da Supplemente etwas ergänzen sollen, ist es prinzipiell auch schwierig, solche zu empfehlen, solange die Basisernährung und die Trainingssituation nicht genau bekannt sind. Genau das aber findet in der Praxis häufig statt, insbesondere dann, wenn man sich «auf eigene Faust» lediglich übers Internet informiert. Was sind Supplemente? Eine einheitliche Definition gibt es nicht. In den EG-Richtlinien werden «food supplements» als konzentrierte Quelle eines Nährstoffs oder einer anderen Substanz mit einem physiologischen Effekt und dem Ziel, die normale Ernährung zu ergänzen definiert. Supplemente werden dabei in Form von Pillen, Kapseln oder Flüssigkeiten verkauft. Eine wichtige Supplement-Kategorie stellen Produkte dar, die häufig als Sportnahrungsmittel bezeichnet werden. Zu diesen gehören beispielsweise Sportgetränke, Kohlenhydratgels, Energieriegel, Regenerationsmahlzeiten und Ähnliches. Sie dienen hauptsächlich als kompakte und gut verträgliche Kohlenhydrat-, Protein- und Energielieferanten, vor, während und nach Trainings oder Wettkämpfen. Weiter gibt es die Supplemente, welche Vitamine, Mineralstoffe oder andere Nährstoffe liefern, aber nicht als Energiequellen dienen, sondern durch andere Mechanismen die Leistung oder die Gesundheit zu unterstützen versprechen: z.B. Koffein, Kreatin oder Multivitaminpräparate. Die Abgrenzung zu normalen Lebensmitteln ist dabei nicht immer einfach. Ein Sportgetränkepulver aus dem 3 Supplemente: Chancen und Risiken Sportgeschäft würden vermutlich die meisten Leute als Supplement bezeichnen, während ein selbst zusammengestelltes Sportgetränk aus Pfefferminztee, Haushaltszucker und einer Prise Salz eher als gesüsster Tee denn als Supplement wahrgenommen wird. Und das, obwohl eigenhändig zusammengestellte Sportgetränke den Gekauften in keiner Weise nachstehen müssen. Andererseits gibt es diverse Nahrungsmittel, wie beispielsweise Biberli, Anisschnitten oder Läckerli, die im Sport sehr gut als schnell verdauliche Kohlenhydratquellen (=Sportnahrungsmittel) eingesetzt werden können, während solche Produkte von der inaktiven Bevölkerung lediglich als Genussmittel in kleinen Mengen verzehrt werden sollten. Trotzdem gibt es Gründe, Sportgetränke und im Allgemeinen Sportnahrungsprodukte zu den Supplementen zu zählen. Einerseits gibt es in der Basisernährung keine Notwendigkeit für diese konzentrierten und leicht verdaulichen Kohlenhydratlieferanten. Andererseits gibt es im Sport kaum Supplemente, die wissenschaftlich so gut untersucht worden sind und so klare Belege für ihre leistungssteigernden Effekte vorweisen können. Dies betrifft insbesondere den Ausdauerbereich (3). Die weiterführende Forschung in den letzten Jahren hat zudem gezeigt, dass die Leistung durch eine optimierte Zusammensetzung der Kohlenhydrate in Sportgetränken noch weiter gesteigert werden kann, als noch vor 10 Jahren für möglich gehalten wurde (4). Unterschätzte Sportgetränke Unglücklicherweise werden Sportgetränke nicht immer als wichtiges Sportnahrungsmittel wahrgenommen. Dies könnte unter anderem damit zusammenhängen, dass diese Produkte schon beinahe als «normale» Lebensmittel eingekauft werden und einen grossen Markt im Lifestyle- und Freizeitmarkt gefunden haben. «Power» verkauft sich gut, obwohl ein Grossteil der Leute, die diese Produkte konsumieren, sie eigentlich gar nicht bräuchte, oder aus gesundheitlicher Sicht und Gewichtsgründen sogar besser ganz darauf verzichten sollte. Gleichzeitig nimmt der Leistungssportler diese, fast «auf jedem Pausenplatz» konsumierten Produkte, kaum noch als effektive und für Sportler entwickelte Supplemente wahr. Obwohl im Ausdauerbereich die Bedeutung von Kohlenhydraten im Wettkampf weitgehend bekannt ist, haben selbst Eliteathleten erstaunlich häufig Wissenslücken darüber, wie eine optimierte Kohlenhydratversorgung mit Sportgetränken im Detail aussieht. Für weitere Informationen zu Sportgetränken: siehe separates Faktenblatt. Auf www.sfsn.ch steht unter Sporternährung zudem ein ausführliches HotTopic zur Verfügung. Abbildung 2 Die Empfehlungen zur Lebens­mittel­ aufnahme für Sportlerinnen und Sportler bas­ieren auf der Lebens­mittelpyramide für ges­unde Erwachs­ene der Schwei­ zeris­chen Ges­ells­chaft für Ernährung (SGE) – fortan «Bas­is­pyramide der SGE» genannt – und ergänzen dies­e um den durch die s­portliche Aktivität verur­ s­achten Mehrbedarf an Energie und Nährs­toffen. Diese Empfehlungen richten sich somit an gesunde Erwachsene, die an den meisten Tagen pro Woche jeweils etwa eine Stunde oder mehr mit mindestens mittlerer Intensi­ tät sportlich aktiv sind und dadurch ein gesamtes Trainingsvolumen von ca. 5 Std. oder mehr pro Woche erzielen. Eine mittlere Intensität entspricht der «Stop and Go»­Be­ lastung eines durchschnittlichen Eishockey­, Fussball­ oder Tennisspiels oder der konti­ nuierlichen Belastung von ca. 2,5 km / Std. Crawl­Schwimmen, ca. 8 km / Std. Joggen oder ca. 2 Watt/kg Körpermasse auf dem Veloergometer. Die Basispyramide der SGE stellt eine ausgewogene Mischkost dar und das Gleiche gilt für die Lebensmittelpyramide für Sportlerinnen und Sportler. Beide Pyrami­ den gewährleisten eine ausreichende Zufuhr von Energie sowie von lebensnotwendigen Nähr­ und Schutzstoffen für die jeweiligen Zielpersonen. Alle Lebensmittel sind erlaubt. Wichtig ist, dass sie möglichst abwechslungs­ reich und vorzugsweise saisongerecht aus den einzelnen Pyramidenebenen gewählt Das Befolgen der Lebensmittelpyramide für Sportlerinnen und Sportler bietet eine Grundlage für eine längerfristige, gute sport­ sowie schonend verarbeitet und zuberei­ tet werden. Bei regelmässiger Verwendung von mit Mineralstoffen und/oder Vitami­ nen angereicherten Lebensmitteln oder bei Einnahme von Mineralstoff­ und / oder Vitaminpräparaten können die maximal tolerierbaren Zufuhrsmengen (Upper Level) überschritten werden. + + + + 1 Std. 1 Std. 1 Std. Pro Std. Sport 0.4 bis 0.8 l Sportgetränk zusätzlich Das Sportgetränk sollte bereits kurz vor sowie während des Sports getrunken werden. Bei bis zu einer Stunde Sport am Tag kann und bei Fettstoffwechseltrainings sollte anstelle eines Sportgetränks während des Sports Wasser getrunken werden. Sportgetränke können auch nach dem Sport getrunken werden. Ergänzend kann vor und nach dem Sport nach Bedarf Wasser getrunken werden. Das Gleiche gilt auch im Sport Sofern die Verträglichkeit gewährleistet ist, können auch mehr als 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Früchte gegessen werden. Pro Stunde Sport 1 Portion zusätzlich Insbesondere bei mehr als zwei Stunden Training pro Tag können (müssen aber nicht) anstelle von Lebensmitteln aus der Basispyramide auch Sportnahrungsprodukte eingesetzt werden. 1 Portion Sportnahrungsprodukt = 60– 90 g Riegel oder 50–70 g Kohlenhydrat-Gel oder 3– 4 dl Regenerationsgetränk. Das Gleiche gilt auch im Sport Die Basispyramide liefert auch für den Sport ausreichende Mengen an Eiweiss und Calcium, so dass keine zusätzlichen Portionen aus dieser Pyramidenebene notwendig sind. Pro Stunde Sport ½ Portion zusätzlich Die zusätzliche ½ Portion kann durch den Verzehr irgendeines in dieser Gruppe genannten Lebensmittel abgedeckt werden. Das Gleiche gilt prinzipiell auch im Sport Es gilt aber zu berücksichtigen, dass das Trinken von alkoholhaltigen oder salzarmen Getränken die Regenerationszeit nach Belastungen verlängern kann. Portionen pro Stunde Sport pro Tag 1 Std. Sport liche Leistungsfähigkeit. Im Unterschied zur Basispyramide der SGE, in der die Empfeh­ lungen nicht strikt jeden Tag eingehalten werden müssen, sollten Sportlerinnen und Sportler für eine gute sportliche Leistungs­ fähigkeit sowie gute Regeneration die Empfehlungen möglichst jeden Tag einhal­ ten. Der Mehrbedarf für den Sport ist für eine tägliche sportliche Aktivität von 1 bis 4 Std. mit mittlerer Intensität angegeben, für grössere Trainingsumfänge und/oder höhere Intensitäten ist der Mehrbedarf entsprechend höher. Für Sportlerinnen und Sportler erfolgt die Wahl der Portionen­ menge in Abhängigkeit der Körpermasse. Die kleinsten Portionenmengen gelten für eine Körpermasse von 50 kg, die grössten Portionenmengen für eine Körpermasse von 85 kg. Für Zwischenstufen an Körpermas­ sen gelten entsprechende Zwischenstufen an Portionenmengen (z. B. mittlere Portio­ nenmengen für 67 kg). Version 1.0 © 2008 Swiss Forum for Sport Nutrition, www.sfsn.ch in Zusammenarbeit mit ETH Zürich und Bundesamt für Sport BASPO Portionen aus Basispyramide Pro Tag 1–2 Liter Flüssigkeit bevorzugt in Form von ungezuckerten Getränken trinken (z.B. Trink- und Mineralwasser oder Früchteund Kräutertee). Koffeinhaltige Getränke (Kaffee, schwarzer/grüner Tee) massvoll geniessen. Getränke Basis Pro Tag 3 Portionen Gemüse essen, davon mindestens einmal roh (1 Portion = mindestens 120 g Gemüse als Beilage, Salat oder Suppe). Pro Tag 2 Portionen Früchte verzehren (1 Portion = mindestens 120 g = 1 «Hand voll»). Pro Tag kann eine Früchteoder Gemüseportion durch 2 dl ungezuckerten Frucht- oder Gemüsesaft ersetzt werden. Pro Tag 3 Portionen essen, davon möglichst 2 Portionen in Form von Vollkornprodukten. 1 Portion = 75 – 125 g Brot oder 60 – 100 g (Rohgewicht) Hülsenfrüchte wie z.B. Linsen/Kichererbsen oder 180 – 300 g Kartoffeln oder 45 – 75 g (Rohgewicht) Flocken/ Teigwaren/Mais/Reis/andere Getreidekörner. Pro Tag abwechslungsweise 1 Portion Fleisch, Fisch, Eier, Käse oder andere Eiweissquellen wie z.B. Tofu oder Quorn essen (1 Portion = 100 – 120 g Fleisch/Fisch [Frischgewicht] oder 2 – 3 Eier oder 200 g Quark/Hüttenkäse oder 60 g Hartkäse oder 100 – 120 g Tofu/ Quorn). Pro Tag zusätzlich 3 Portionen Milch oder Milchprodukte verzehren, fettreduzierte Varianten bevorzugen (1 Portion = 2 dl Milch oder 150 – 180 g Jogurt oder 200 g Quark/Hüttenkäse oder 30 – 60 g Käse). Pro Tag 1 Portion (10 – 15 g = 2 – 3 Kaffeelöffel) Pflanzenöl für die kalte (z.B. Raps- oder Olivenöl) und 1 Portion (10 – 15 g = 2 – 3 Kaffeelöffel) für die warme Küche (z.B. Olivenöl) sowie bei Bedarf 1 Portion (10 g = 2 Kaffeelöffel) Streichfett als Brotaufstrich verwenden. Der tägliche Verzehr von 1 Portion Nüssen (20 – 30 g) ist zu empfehlen. Süssigkeiten, salzige Knabbereien und gezuckerte Getränke (z.B. Soft Drinks, Eistee, Energy Drinks) mit Mass geniessen. Wenn alkoholhaltige Getränke konsumiert werden, massvoll und im Rahmen von Mahlzeiten geniessen. Jodiertes und fluoridiertes Speisesalz verwenden und Speisen zurückhaltend salzen. Gemüse und Früchte Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte... Milch, Milchprodukte, Fleisch, Fisch und Eier Öle, Fette und Nüsse Süssigkeiten, salzige Knabbereien und energiereiche Getränke Basierend auf der Lebensmittelpyramide für gesunde Erwachsene der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung Ab ca. 5 Stunden Sport pro Woche Lebensmittelpyramide für Sportlerinnen und Sportler 4 Supplemente: Chancen und Risiken 5 Chancen und Risiken Der Einsatz von Supplementen sollte die Basisernährung in geeigneter Weise ergänzen, ohne dass dabei unnötige Risiken eingegangen werden (Abbildung 3) (5). Einige Supplemente können, zum richtigen Zeitpunkt und richtig dosiert eingenommen, die Leistung direkt unterstützen. Andere Supplemente können durch Effekte, wie beispielsweise auf den Muskelaufbau, die Leistungsfähigkeit längerfristig beeinflussen. Zum falschen Zeitpunkt oder in ungünstiger Dosierung eingenommen können dieselben Supplement-Produkte aber sogar leistungshemmend sein. Zudem ist es wichtig, dass Sportnahrungsmittel unter wettkampfähnlichen Bedingungen im Training genau getestet worden sind, damit allfällige Produktunverträglichkeiten nicht erst im Wettkampf festgestellt werden. Pro Kontra Ernährungsunterstützung (langfristige, indirekte Leistungssteigerung) Direkte Leistungssteigerung Placeboeffekt (psychologischer Effekt) Verwenden von Ressourcen (Zeit, Geld, Überzeugung), die besser anders eingesetzt würden Nebeneffekte (Gesundheit, Leistung) Kontamination (Gesundheit, Doping) Notwendige Fragen vor jedem Supplementeinsatz Sicherheit? Legalität, Doping? Wirksamkeit? Abbildung 3: Nutzen-Risiko-Abschätzung vor dem Einsatz eines Supplements. Angepasst nach Burke et al (5). Neben den wenigen Produkten, beziehungsweise Substanzen mit einem wissenschaftlich nachgewiesenen guten Nutzen-Risiko-Profil, sind tausende weitere Substanzen auf dem Markt, zu denen entweder keine unabhängigen wissenschaftlichen Studien existieren, denen teilweise bereits negative Effekte nachgewiesen wurden oder die sogar auf der Dopingliste stehen. Die wesentlichen Risiken bei der Verwendung irgendwelcher Produkte, beziehungs- weise Substanzen bestehen in bekannten oder unbekannten Nebenwirkungen, unbeabsichtigter Kontamination (Verunreinigung) durch mangelhafte Produkt- oder Produktionsqualität, absichtlichem Zumischen nicht deklarierter Substanzen mit entsprechenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder unbeabsichtigten positiven Dopingproben bei Sportlern. Auf diese Problematik wird in einem separaten Beitrag (H. Braun) eingegangen. Supplemente: Chancen und Risiken 6 Supplemente mit gutem Nutzen-Risiko-Profil Einige Beispiele von Supplementen, von denen bei trainierten Personen bei geeigneter Anwendung kurz- oder langfristige positive Leistungseffekte nachgewiesen werden: Sportgetränke, vor allem in Ausdauer- und Teamsportarten Gels, Riegel und andere kompakte Energiequellen, vor allem in Ausdauer- und Teamsportarten Regenerationsprodukte (Kohlenhydrat-Eiweisskombinationen, meist im Verhältnis von etwa 2:1 bis 4:1), insbesondere nach harten Trainingseinheiten und zum Kraftaufbau Kreatin, vor allem in Kraftsportarten und im Kraftaufbau Koffein, vor allem in Ausdauersportarten und in Wettkampfsituationen Na-Bicarbonat und Na-Citrat bei hochintensiven laktaziden Belastungen Eisen bei Eisenmangel Vitamin C über wenige Tage in Extremsituationen (Hitze, Kälte, Extrembelastung) Die Liste ist nicht abschliessend. Weitere Produkte können gelegentlich sinnvoll sein. Kein Produkt ist für alle Sportler und in jeder Situation gleich sinnvoll. Positive und negative Aspekte jedes Produkts müssen individuell angeschaut werden. Marketing versus Wissenschaft Im Internet finden sich heute problemlos Verkaufsseiten unzähliger Supplementprodukte. Zu den meisten Produkten werden pseudowissenschaftliche, häufig nicht haltbare Geschichten darüber erzählt, wie unglaublich hilfreich die Substanzen oder die Produkte seien. Ein Riesenangebot von Produkten soll beim Laien möglicherweise ein positives Gefühl von Kompetenz des Herstellers wecken. Zudem ist es umsatzfördernd, für alle Eventualitäten gleich mehrere Produkte anbieten zu können. Feststellbar ist auch der Trend, etablierte Supplemente in neuer Form und zu einem entsprechend höheren Preis neu auf den Markt zu bringen. Ein Beispiel dazu ist Kreatin, das sich inzwischen seit 20 Jahren in der Form von Kreatinmonohydrat (KMH) etabliert hat. In den letzten Jahren sind jedoch vermehrt «neue» Versionen von Kreatin auf den Markt gekommen, von denen beispielsweise behauptet wird, dass sie schneller oder besser absorbiert würden als KMH (z.B. Kreatincitrat oder Kreatinpyruvat). Obwohl z.B. Kreatincitrat zu leicht erhöhter Kreatinkonzentration im Blut führt, hat dies keinen Einfluss auf die totale Absorption. Kreatin wird in jeder Form zu 100% aufgenommen. Vermutlich führt eine höhere Blutkonzentration aber zu erhöhten Urinverlusten, womit sich zumindest Fragezeichen hinter die postulierte erhöhte Effektivität dieser neuen Kreatinsorten stellen. Bisher hat keine Studie eine verbesserte oder schnellere Kreatinladung mit Kreatincitrat oder Kreatinpyruvat nachweisen können. Weiter sind Kreatinformen auf dem Markt (z.B. Kreatin- ethylester oder Kre-Alkalyn), von denen behauptet wird, sie seien stabiler in wässriger Lösung oder im Magen-DarmTrakt als KMH. Die vorhandenen Daten zeigen jedoch höchstens eine schlechtere Stabilität und eine schlechtere Kreatinladung als bei normalem KMH. Zudem sind diese Produkte aufgrund ihres zweifelhaften Ursprungs mit einem bedeutenden Risiko bezüglich Verunreinigungen behaftet. Eine gängige Marketingstrategie besteht zudem darin, erfolgreiche Sportler oder Verbände zu sponsern und dann deren Erfolg mit dem Produkt direkt oder suggestiv in Verbindung zu bringen. Dass jemand mit grosser Wahrscheinlichkeit «trotz» und nicht «wegen» eines bestimmten Supplements erfolgreich war, wird leider allzu oft «vergessen». In der Sportpraxis sind solche Mechanismen allgegenwärtig und können die Arbeit des neutralen Ernährungswissenschafters erheblich erschweren. Placebos und andere Ressourcen Neben einigen wenigen Supplementen mit einem wissenschaftlich nachgewiesenen Effekt sind massenhaft weitere Produkte auf dem Markt, die im besten Fall keine Wirkung haben oder sich im schlechtesten Fall negativ auf Leistung oder Gesundheit auswirken können. Trotzdem können eigentlich unwirksame Produkte einen positiven Effekt erzeugen: Wenn ein Athlet überzeugt ist, dass ihm ein Produkt einen Vorteil verschafft, dann wird er seine Leistung verbessern, während negative Vorurteile die Leistung beeinträchtigen können (6). Dieser psychologische Effekt wird als Placeboeffekt bezeichnet. Supplemente: Chancen und Risiken Aus diesem Grund sollte einem Athleten ein Produkt auch nicht einfach grundlos weggenommen werden, denn damit verschwindet möglicherweise auch der Placeboeffekt. Placeboeffekte können zudem dazu führen, dass ein Athlet von einem Produkt überzeugt ist und behauptet, damit erfolgreich gewesen zu sein. Solche Aussagen können für andere Sportler oder Teamkollegen ein guter Grund sein, 7 das Produkt ebenfalls zu verwenden. Eine Nicht-Einnahme des Produkts käme dann sogar einem negativen Placeboeffekt gleich (auch als Noceboeffekt bezeichnet), da der Athlet das Gefühl hat, gegenüber der Konkurrenz benachteiligt zu sein. Im untenstehenden Kasten wird dieser Aspekt aus psychologischer Sicht näher betrachtet. Die Wirkung beginnt im Kopf – Eine psychologische Sichtweise Erika Ruchti und Daniel Birrer, Bereich Sportpsychologie, EHSM Magglingen Placeboeffekt: Bedeutung und Einflussgrössen Der Placeboeffekt wird hauptsächlich in der Medizin beschrieben. Placebo heisst Lateinisch «ich werde gefallen». Die positive Wirkung des Placebos entsteht aus der Überzeugung, dass ein medizinisch wirksames Präparat verabreicht wurde. Damit bewirken psychische Faktoren eine körperliche Veränderung. Die Wirkungsweise des Placeboeffekts wird durch die subjektive Erwartungshaltung des Sportlers und durch Konditionierungsprozesse beeinflusst. Die Erwartungshaltung wird durch Persönlichkeitsfaktoren wie Alter, Geschlecht, Lebensgewohnheiten, Vorerfahrung und bestimmte situative Bedingungen bestimmt. Konditionierungen sind unbewusste Lerneffekte, welche auf wiederholt gemachten Erfahrungen basieren. Placeboeffekt und Supplementeinnahme Placeboeffekte können auch bei der Einnahme von Supplementen eine wesentliche Rolle spielen. Die Erwartungshaltung kann beispielsweise dadurch beeinflusst werden, dass ein bekannter Sportler sich zur Einnahme von Supplementen bekennt. Ähnliche Effekte sind durch Werbemassnahmen zu erwarten. Dies schürt bei anderen die Hoffnung, dass eine Leistungsverbesserung aufgrund des Supplements erfolgt. Die Einnahme von wirksamen Supplementen kann Konditionierungsprozesse eigentlich unwirksamer Präparaten nach sich ziehen. Es ist zudem anzunehmen, dass Sportler mit einer unrealistischen Selbsteinschätzung Supplementen eine höhere Wirksamkeit zuschreiben. Sie sind eher überzeugt, mit externen Hilfsmitteln ihre Leistung auf das von ihnen gewünschte Niveau steigern zu können. Ausserdem kann ein Sportler aufgrund einer Verletzung oder einer unvorteilhaften Vorbereitung empfänglicher für eine Supplementeinnahme sein. Placebos: Chancen und Risiken Placebos können im Sport zu einer willkommenen Leistungssteigerung beitragen. Sie bergen aber auch klare Risiken. Sie werden dann gefährlich, wenn ein Sportler glaubt ohne sein Placebo die erforderliche Leistung nicht mehr erbringen zu können und in eine Abhängigkeit gerät. Das Gegenteil zum Placeboeffekt ist der sogenannte Noceboeffekt. Nocebo bedeutet auf Lateinisch «ich werde schaden». Es ist die negative Reaktion auf ein Präparat ohne spezifische Wirkung. Nehmen wir an, ein Athlet hat sein Supplement einmal nicht zur Verfügung oder er hat die Einnahme vergessen. Er könnte nun der Meinung sein, dass dies seine Leistung negativ beeinflusst. Attributionsprozesse Bei Placeboeffekten spielt die Zuschreibung der Wirksamkeit eine wichtige Rolle. Die Psychologie verwendet für solche Prozesse den Fachbegriff Ursachenzuschreibung oder Attribution. Wem oder was schiebt der Sportler die Ursache für seinen Erfolg / Misserfolg zu? Hierbei spielen drei Faktoren eine wichtige Rolle: Stabilität (zeitlich stabil – versus zeitlich veränderbar), Kausalität (selbstbestimmt versus fremdbestimmt) und Kontrolle (kontrollierbar versus nicht kontrollierbar). Grundsätzlich positiv ist, dass der Sportler die Einnahme des Supplements selber kontrollieren kann. Die Kontrollüberzeugung ist die Annahme, man könne als Person gezielt auf die Dinge und die Umwelt Einfluss nehmen. Sie ist eine Komponente der Selbstwirksamkeit (umgangssprachlich: Selbstvertrauen). Weil der Athlet jedoch in vielen Fällen kein pharmakologisch wirkungsvolles Supplement zuführt, ist dies eine vermeintliche Kontrolle, eine Kontrollillusion. Der negative Aspekt bei der Supplementeinnahme ist, dass der Sportler durch das Präparat bestimmt wird. Das heisst, er verlässt sich nicht mehr voll und ganz auf seine Fähigkeiten. Zudem muss er das Supplement immer wieder zu sich nehmen, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Die Gefahr, dadurch in eine Abhängigkeit zu geraten, ist gross. 8 Supplemente: Chancen und Risiken Dosis – Wirkungsbeziehung Eine weitere Gefahr stellt die Dosis-Wirkungsbeziehung dar. Der Sportler kann der Versuchung unterliegen, immer mehr des Supplements einzunehmen, weil er sich dadurch eine immer höhere Wirkung verspricht. Dies ist jedoch falsch und kann sogar kontraindiziert sein. Attribuierungsprozesse sind recht komplex und entscheidend für den Aufbau von Selbstvertrauen und Motivation. Aus psychologischer Sicht lohnt es sich deshalb, die Chancen und Risiken der Supplementeinnahme differenziert zu betrachten. Literatur: Heider, F. (1958). The psychology of interpersonal relations. New York: Wiley. (Deutsche Ausgabe: die Psychologie der interpersonalen Beziehungen. Stuttgart: Klett, 1977). Damit stellt sich aber auch die Frage, ob es überhaupt eine Rolle spielt, dass die tatsächliche Wirkung eines Supplements wissenschaftlich nachgewiesen ist. Die Antwort ist trotz den diskutierten psychologischen Vorbehalten ja. Denn für jedes Supplement werden Ressourcen des Athleten verbraucht, seien es Geld, Zeit oder wie erwähnt Glaube oder Überzeugung. Für praktisch alle Athleten sind die finanziellen Ressourcen limitiert und es sollte genau überlegt werden, wie und worin diese investiert werden. Für alle endet der Tag nach 24 Stunden und es gibt nur eine beschränkte Anzahl Dinge, Rituale oder Trainingsmethoden, an die man glauben kann. Das heisst, wer Geld, Zeit und mentale Ressourcen an ein Supplement «verschwendet», das ihm höchstens einen Placeboeffekt liefern kann, wird im Nachteil sein gegenüber der Konkurrenz, die ihre Ressourcen in Dinge investiert, die nachgewiesenermassen unterstützen können, und obendrein erst noch ein Placeboeffekt heraus schaut. Nur auf den Placeboeffekt zu hoffen dürfte zudem nicht die erfolgversprechendste Einstellung sein. Bekannte und unbekannte Nebenwirkungen Bei der Verwendung von Supplementen vorsichtig zu sein und hauptsächlich auf etablierte Produkte und Marken zu setzen, reduziert das Risiko von kontaminierten Produkten und unerwünschten Nebenwirkungen. Ein Problem ist die Tatsache, dass von vielen Substanzen nur ungenügende Daten zu möglichen Nebenwirkungen vorhanden sind und diese Nebenwirkungen manchmal erst nach Jahrzehnten nachgewiesen werden können. Ein Paradebeispiel dazu sind die Antioxidantien und darunter der am besten untersuchte Vertreter, das Vitamin C. Vitamin C – oder warum es von allem ein Zuviel gibt Anfang der 80er Jahre wurde im Muskel bei körperlicher Belastung die vermehrte Bildung von Sauerstoffradikalen (auch als «Radikale» oder «freie Radikale» bezeichnet) beschrieben. Diese Radikale können Zellen und Gene angreifen. Deshalb wurden diese Radikale grundsätzlich als schädlich angesehen. Obwohl bis auf wenige Ausnahmesituationen keine positiven Effekte von Vitamin C beschrieben werden konnten, verkauft sich Vitamin C zusammen mit anderen Antioxidantien – um Sportler vor dem sogenannten «oxidativem Stress» zu schützen – bis heute hervorragend. Die Werbung der Pharmabranche unterstützt den Umsatz entsprechend gezielt. Da lange kaum Anhaltspunkte für Negativeffekte bestanden, konnte man immerhin vom Prinzip ausgehen «nützt’s nichts, so schadet’s nichts». Wasserlöslichen Vitaminen wie Vitamin C wurde nachgesagt, ein allfälliger Überschuss werde einfach wieder mit dem Urin ausgeschieden. Eine fundamentale Frage konnten die fleissigen Vitamin-Verkäufer aber nie beantworten: Weshalb ist Sport unbestrittenerrmassen so gut für die Gesundheit, wenn diese Radikale beim Sport gebildet werden? Könnte es allenfalls sein, dass diese Radikale nicht einfach nur «Bad-Boys» sind? In den letzten Jahren wurde tatsächlich erkannt, dass die als «schädliches Nebenprodukt» der Energieproduktion angesehenen Radikale nicht nur einfache «Nebenprodukte» sind, sondern wichtige Signalmoleküle darstellen und verschiedene Gene und Stoffwechselwege steuern (1). Insofern ist es nicht überraschend, dass in den letzten Jahren auch gezeigt werden konnte, dass hochdosiertes Vitamin C solche Signalwege behindern und bei Mensch und Tier Anpassungsmechanismen und teilweise sogar die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können. Neben den Auswirkungen auf die sportliche Leistungsfähigkeit müssen zunehmend auch die gesundheitlichen Langzeiteffekte verschiedener Antioxidantien hinterfragt werden. So scheint beispielsweise die Sterblichkeitsrate durch die Einnahme verschiedener Antioxidantien anzusteigen anstatt, wie erhofft, zu sinken (2). Informationen, die wir von den Supplementherstellern kaum je hören werden. Entsprechend ist die heutige Sicht auf Antioxidantien im Allgemeinen und Vitamin C im Besonderen viel differenzierter als noch vor wenigen Jahren. Supplemente: Chancen und Risiken Vitamin C und evtl. andere Antioxidantien können möglicherweise in akuten Extremsituationen Sinn machen, wo sie, über wenige Tage vor der Extrembelastung supplementiert, das Risiko von Infektionen der oberen Atemwege tatsächlich etwas reduzieren können (7). Vor einer längerfristigen Supplementierung, zumindest mit hohen Dosierungen, ist jedoch abzuraten, weil dadurch das körpereigene antioxidative System und Trainingsadaptionen unterdrückt und langfristige gesundheitliche Konsequenzen nicht mehr ausgeschlossen werden können. Die Idee, dass gewisse Nährstoffe eine «schützende» Wirkungen haben könnten, stammt aus früheren Studien, bei denen festgestellt wurde, dass Personen mit einer erhöhten Aufnahme gewisser Nährstoffe weniger an Krebs erkrankten (8). Die eigentlich logische Konsequenz war, Leute mit diesen Nährstoffen zu supplementieren. Allerdings führten solche Supplementstudien unerwartet zu erhöhten statt zu erniedrigten Krebsraten (8). Offensichtlich ist die Verabreichung einzelner Nährstoffe in Form von Supplementen nicht mit denselben Effekten verbunden, wie wenn die Nährstoffe durch den Konsum natürlicher Lebensmittel aufgenommen werden. Der Ruf, von der reinen Nährstoffbetrachtung zurück zu den Lebensmitteln zu kommen, wird entsprechend lauter (9), (vgl. dazu auch den Artikel von P. Colombani). Vermutlich können Supplemente helfen medizinische Mangelzustände zu beseitigen (z.B. Eisenmangel). Allerdings hat sich gezeigt, dass «mehr» nicht etwa «besser» ist. Das Beispiel Vitamin C hat gezeigt, dass das Fehlen unerwünschter Effekte durchaus daran liegen kann, weil diese noch nicht erkannt worden sind. Entsprechend lässt sich die Wahrscheinlichkeit unerwünschter oder unbekannter Nebenwirkungen durch die Konzentration auf wenige, gut untersuchte und für die individuellen Bedürfnisse möglichst wirkungsvollen Supplemente reduzieren. Das Prinzip «nützt es nichts, so schadet es nichts» ist ein Hochrisiko-Spiel. Fortschritt versus Vorsicht Auch heute kommen immer wieder neue Supplemente auf den Markt, welche durch die Wissenschaft unter die Lupe genommen werden. Zweifellos ist es legitim, sich darüber Gedanken zu machen und neue Ideen zu testen. Dabei stellt sich aber für Athlet und Trainer die Frage, wie lange man mit einem persönlichen Test warten möchte. Vielleicht hat man ja gerade ein Produkt entdeckt, von dem zwar der wissenschaftliche Nachweis fehlt, von dem man aber glaubt, jetzt schon davon profitieren zu können. Dieser Gedanke ist sehr verlockend, doch sollte man sich genau über allfällige Nebenwirkungen informieren. Und dies sollte durch eine unabhängige Person erfolgen, die nicht am Verkauf des Produktes verdient. 9 Zuviel Vorsicht vor Nebeneffekten kann dem Einsatz an der Front auch im Weg stehen. Diese Vorsicht wird allerdings durch das Argument gerechtfertigt, dass die Geschichte zeigt, dass nur ein Bruchteil neuer Supplemente oder Produktideen auch zu einer potentiellen Anwendung führt. Ausserdem sollten vor dem Einsatz solcher Substanzen all jene Massnahmen optimiert werden, von denen bereits bekannt ist, dass sie die Leistung effektiv unterstützen können. Wer diese «gesicherten» Massnahmen tatsächlich umsetzt (und zwar nicht nur bzgl. Ernährung), muss bereits einen grossen Aufwand betreiben. Dazu kommt, dass die überwiegende Mehrzahl der Sportlerinnen und Sportler bereits bei einfachsten Supplementen und Regenerationsmassnahmen bedeutende Wissenslücken aufweist, so dass im Allgemeinen wenig Argumente dafür sprechen, mit neuen Zaubertränken und entsprechenden Risiken zu experimentieren. Die Limitiertheit der Ressourcen und die Fülle von bereits verfügbaren Massnahmen unterstützt hier die Vorsicht bzw. die Gelassenheit gegenüber dem Marketing neuer Substanzen. Neue Methoden oder Supplemente werden idealerweise in wissenschaftlicher Begleitung durch eine vom Verkauf unabhängige Institution getestet. Schlussfolgerung für die Sportpraxis Es ist nicht einfach und wird es nie sein, sich im Dschungel der Supplemente zurechtzufinden. Eine gesunde Vorsicht ist vermutlich nicht nur für die Leistungsentwicklung, sondern auch für die Gesundheit nützlich. Zu empfehlen ist, dass sich Sportler und Betreuer auf wenige Supplemente konzentrieren, die eine solide Basisernährung ergänzen. Ein wesentliches Problem weltweit und speziell im deutschsprachigen Raum ist die Tatsache, dass es sehr wenige Informationsquellen seitens unabhängiger Instanzen gibt. Andererseits findet man viele Webseiten von kommerziellen Anbietern mit Informationen für Sportler und Interessierte. Selbstverständlich wird kein Verkäufer Informationen preisgeben, die den Umsatz beeinträchtigen könnten. Dementsprechend ist es für Laien meist sehr schwierig, sich ein unabhängiges Bild zu verschaffen. Der wohl wichtigste Ratschlag in Bezug auf die Informationsbeschaffung ist der, dass die Informationsquelle, Person oder Institution, die über ein Supplement informiert oder eines empfiehlt, vollständig unabhängig von der Verkaufsquelle ist. Nur so kann einigermassen sichergestellt werden, dass die Information oder Beratung nicht eher dem Cashflow des Verkäufers dient als vielmehr dem Wohle des Athleten. Wie wichtig dieses Prinzip ist, verdeutlicht sich vor dem Hintergrund, dass es tausende Produkte im Handel gibt, zu denen aber nur bei einer Handvoll unabhängige wissenschaftliche Studien ein gutes Nutzen-Risiko Verhältnis andeuten. Supplemente: Chancen und Risiken 10 Unabhängige Informationsquellen Für die Informationsbeschaffung empfiehlt sich für Leistungssportler eine individuelle Beratung, wie sie beispielsweise von Swiss Olympic angeboten wird, u.a. durch die Fachgruppe Sporternährung. Je nach Leistungsstufe übernimmt Swiss Olympic auch die Kosten dafür. Zur allgemeinen Information kann der Supplementguide von Antidoping Schweiz (www.antidoping.ch) konsultiert werden. Das Australian Institute of Sport, als eine der führenden Institutionen auf dem Gebiet der Sporternährung, bietet einen Supplementguide auf Englisch an (www.ausport.gov.au/ais/nutrition/supplements). Verschiedene Informationen zur Sporternährung findet man bei Swiss Forum for Sport Nutrition (www.sfsn.ch). Eine Information durch Hersteller, Verkäufer oder Sponsoren ist zwar möglich, sollte aber in jedem Fall durch eine Beratung mit einer unabhängigen Fachperson ergänzt werden. Auch Sponsoringgelder von Supplementherstellern für Sportler sind legitim, solange Athleten wissen, wie mit den damit verbundenen Informationen oder Produkten umzugehen ist. 7 Merksätze – Fazit Die Ernährung ist ein Faktor bezüglich kurz- und langfristiger Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Die Basisernährung ist wichtiger als die Einnahme von Supplementen. Supplemente können in spezifischen Situationen und richtig eingesetzt eine individuell gut abgestimmte Sporternährung ergänzen. Nur wenige von der Vielzahl von Supplementprodukten auf dem Markt sind überhaupt sinnvoll. Supplemente können negative Effekte haben und oder unnötig Ressourcen verbrauchen. Je mehr desto besser gilt nicht. Die richtige Dosierung in der richtigen Situation ist entscheidend. Supplemente können mit Dopingsubstanzen verunreinigt sein. Die Informationsquelle über ein Supplement muss unabhängig sein von der Verkaufsquelle. Informationen von Herstellern sind häufig einseitig ausgelegt. Literatur 1. Powers SK, Duarte J, Kavazis AN, Talbert EE. Reactive oxygen species are signalling molecules for skeletal muscle adaptation. Exp Physiol 2010;95:1-9. 2. Bjelakovic G, Nikolova D, Gluud LL, Simonetti RG, Gluud C. Antioxidant supplements for prevention of mortality in healthy participants and patients with various dis-eases. Cochrane Database Syst Rev 2008;CD007176. 3. Castell LM, Burke LM, Stear SJ, Maughan RJ. BJSM reviews: A-Z of nutritional supplements: dietary supplements, sports nutrition foods and ergogenic aids for health and performance part 8. Br J Sports Med 2010;44:468-70. 4. Jeukendrup AE. Carbohydrate and exercise performance: the role of multiple trans-portable carbohydrates. Curr Opin Clin Nutr Metab Care 2010;13:452-7. 5. Burke L, Cort M, Cox G et al. Supplements and sports foods. In: Burke L, Deakin V, eds. 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