Vorlesungsskript Funktionalanalysis I Michael Gnewuch Mathematisches Seminar, Christian-Albrechts-Universität Kiel, Ludewig-Meyn-Strasse 4, 24098 Kiel, Germany 11. April 2016 1 Inhaltsverzeichnis 1 Topologische Räume 3 1.1 Elementare Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2 Produktopologien und Satz von Tychonov . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2 Metrische Räume 11 2.1 Elementare Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.2 Gleichgradige Stetigkeit und Satz von Arzelà-Ascoli . . . . . . . . . . . . . 13 2.3 Satz von Baire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 3 Normierte Räume 3.1 Topologische und normierte Vektorräume . . . . . . . . . 3.2 Satz von Stone-Weierstrass . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Hahn-Banach-Sätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Normierte Räume linearer Abbildungen . . . . . . . . . . 3.5 Satz von Banach-Steinhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Satz von der offenen Abbildung und vom abgeschlossenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Lp -Räume 18 18 22 25 32 35 38 41 5 Schwache Topologien und reflexive Räume 46 5.1 Schwache Topologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 5.2 Reflexive Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 6 Gleichmäßig konvexe Räume 6.1 Elementare Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Satz von Milman . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Die Räume Lp : Gleichmäßige Konvexität und Dualräume 6.3.1 Gleichmäßige Konvexität von Lp , p ∈ [2, ∞) . . . 6.3.2 Dualraum von Lp . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.3 Gleichmäßige Konvexität von Lp , p ∈ (1, 2) . . . . 7 Hilbert-Räume 7.1 Elementare Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Orthogonalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Selbstadjungierte Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Spektralsatz für kompakte selbstadjungierte Operatoren . 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 54 57 59 59 60 63 . . . . 64 64 67 77 81 1 Topologische Räume 1.1 Elementare Eigenschaften Definition 1.1 (Topologischer Raum). X Menge. O ⊆ 2X heißt Topologie auf X, falls folgende Bedingungen gelten: (i) ∅, X ∈ O. (ii) Sind A, B ∈ O, so gilt A ∩ B ∈ O. S (iii) Ist A ⊆ O, so gilt A∈A Ai ∈ O. Dann heißen (X, O) topologischer Raum und Elemente aus O offene Mengen von X. Beispiel 1.2 (Triviale/Diskrete Topologie). X Menge. Dann sind Otriv := {∅, X} bzw. Odisk := 2X Topologien auf X und heißen triviale bzw. diskrete Topologie auf X. Definition 1.3 (Basen/Erzeuger von Topologien). X Menge. (a) O Topologie auf X. L ⊆ O heißt Basis der Topologie O, falls sich jedes U ∈ O als Vereinigung von Elementen aus L darstellen lässt. (b) E ⊆ 2X . Dann heißt O(E) := ∩{O | E ⊆ O, O ist Topologie auf X} (1) die von E erzeugte Topologie und E der Erzeuger von O(E). Der Beweis der nächsten Bemerkung ist Übungsaufgabe. Bemerkung 1.4. (a) O(E) in (1) ist Topologie auf X. (b) X Menge, E ⊆ 2X . Setze L := {∩C | C ⊆ E endlich} und O := {∪D | D ⊆ L}.1 Dann ist O Topologie auf X sowie L Basis und E Erzeuger von O. Definition 1.5. (X, O) topologischer Raum, M ⊆ X, x ∈ X. (a) M ⊆ X heißt abgeschlossen, falls X \ M offen in X ist. (b) x ∈ M heißt innerer Punkt von M, falls ein U ∈ O existiert mit x ∈ U ⊆ M. int(M) := {x ∈ M | x innerer Punkt von M} heißt Inneres von M. (c) M := {x ∈ X | ∀U ∈ O : x ∈ U =⇒ M ∩ U 6= ∅} heißt Abschluß von M. Die Punkte aus M heißen Berührpunkte von M. 1 Der Schnitt über eine Menge C von Teilmengen von X ist definiert als ∩C := {x ∈ X | ∀C ∈ C : x ∈ C}, die Vereinigung als ∪C := {x ∈ X | ∃C ∈ C : x ∈ C}. 3 (d) ∂M := M \ int(M) heißt Rand von M. (e) M heißt Umgebung von x, falls ein U ∈ O mit x ∈ U ⊆ M existiert. Die Menge aller Umgebungen von x bezeichnen wir mit Ux und die Menge aller offenen Umgebungen von x mit Ox . (f) M heißt dicht in X, falls M = X. (g) (X, O) heißt separabel, falls eine abzählbare Basis von O existiert. Der Beweis der nächsten Bemerkung ist Übungsaufgabe. Bemerkung 1.6. (X, O) topologischer Raum. (a) Endliche Schnitte und beliebige Vereinigungen von offenen Teilmengen von X sind offen; endliche Vereinigungen und beliebige Schnitte von abgeschlossenen Teilmengen von X sind abgeschlossen. (b) Ist M ⊆ X, so sind int(M) offen und M, ∂M abgeschlossen. Ferner ist M abgeschlossen genau dann, wenn M = M . Definition 1.7 (Stetigkeit). (X, O), (X ′ , O′ ) topologische Räume, f : X → X ′ Abbildung. f heißt stetig in x ∈ X, falls für alle U ′ ∈ O′ mit f (x) ∈ U ′ ein U ∈ O existiert mit x ∈ U und f (U) ⊆ U ′ . f heißt stetig, wenn f in allen Punkten von X stetig ist. Satz 1.8. (X, O), (X ′ , O′ ), (X ′′ , O′′ ) topologische Räume, f : X → X ′ , g : X ′ → X ′′ Abbildungen, E ′ Erzeuger von O′ . (a) Folgende Aussagen sind äquivalent: (i) f ist stetig. (ii) Für alle U ′ ∈ O′ gilt f −1 (U ′ ) ∈ O ( Urbilder offener Mengen unter stetigen ” Abbildungen sind offen.“). (iii) Für alle U ′ ∈ E ′ gilt f −1 (U ′ ) ∈ O. (b) Sind f und g stetig, so auch die Hintereinanderausführung g ◦ f . Beweis. Übungsaufgabe Definition 1.9 (Netz). (X, O) topologischer Raum. (a) Eine gerichtete Menge ist eine mit einer Relation ≤ versehene Menge I, die folgende Bedingungen erfüllt: (i) α ≤ α für alle α ∈ I (Reflexivität), (ii) α ≤ β und β ≤ γ impliziert α ≤ γ (Transitivität), (iii) zu α1 , α2 ∈ I existiert ein β ∈ I mit α1 ≤ β und α2 ≤ β. 4 (b) Ein Netz in X ist eine Abbildung von einer gerichteten Menge I nach X; Schreibweise (xα ) = (xα )α∈I (c) Ein Netz (xα ) in X konvergiert gegen x ∈ X (Schreibweise: xα → x), falls zu jedem x ∈ U ∈ O ein αU ∈ I so existiert, dass für alle α ≥ αU gilt xα ∈ U. Definition 1.10 (Hausdorff-Raum). Ein topologischer Raum (X, O) heißt HausdorffRaum, wenn zu allen x, y ∈ X mit x 6= y disjunkte U, V ∈ O existieren mit x ∈ U, y ∈ V. Bemerkung 1.11. (a) Jede Folge in X ist ein Netz in X. (b) Ist (X, O) ein Hausdorff-Raum, so hat jedes konvergente Netz (xα ) einen eindeutig bestimmten Grenzwert x ∈ X; Schreibweise: limα∈I xα = x. Satz 1.12. (X, O) topologischer Raum, M ⊆ X, x ∈ X. Genau dann gilt x ∈ M , wenn ein Netz (xα ) in M existiert mit xα → x. Beweis. Übungsaufgabe. Ersetzt man in Satz 1.12 ein Netz“ durch eine Folge“, so gilt die Implikation ⇐=“ ” ” ” weiterhin, aber die Implikation =⇒“ ist i. Allg. nicht mehr wahr, wie wir später sehen ” werden (s. auch die ∗-Aufgabe auf Blatt 1). Satz 1.13. (X, O), (X ′ , O′ ) topologische Räume, f : X → X ′ Abbildung, x ∈ X. Dann sind äquivalent: (i) f ist stetig in x. (ii) Für jedes gegen x konvergente Netz (xα ) konvergiert (f (xα )) gegen f (x). Beweis. (i) =⇒ (ii): Seien (xα ) mit xα → x und U ′ ∈ Of′ (x) vorgegeben. Dann existieren U ∈ Ox mit f (U) ⊆ U ′ und αU derart, dass aus α ≥ αU bereits xα ∈ U folgt. Dann gilt aber bereits f (xα ) ∈ U ′ für α ≥ αU . (ii) =⇒ (i): Via Kontraposition. Sei f nicht stetig in x, d.h. es existiert U ′ ∈ Of′ (x) so, dass für alle U ∈ Ox schon f (U) * U ′ gilt. Wähle zu U ∈ Ox ein xU mit f (xU ) ∈ / U ′. Statte Ox mit der Relation U ≤ V : ⇐⇒ V ⊆ U (2) aus; (Ox , ≤) ist gerichtete Menge. Dann sind (xU )U ∈Ox und (f (xU ))U ∈Ox Netze in X und X ′ . Für jedes U ∈ Ox gilt xV ∈ U für V ≥ U. Somit xU → x. Aber für U ′ und alle U ∈ Ox gilt f (xU ) ∈ / U ′ . Somit konvergiert f (xU ) nicht gegen f (x). Beispiel 1.14 (Folgenstetige, aber unstetige Abbildung). X := [0, 1], X0 := [0, 1), O := {A ∈ 2X | X \ A höchstens abzählbar} ∪ {∅}. (X, O) ist topologischer Raum und X0 = X, da 1 Berührpunkt von X0 . Sei (xn ) Folge in X0 . Dann ist U := X \ {xn | n ∈ N} ∈ O1 und U ∩ {xn | n ∈ N} = ∅. Somit konvergieren nur Folgen in X gegen 1, die ab einem bestimmten Folgenglied konstant 1 sind. 5 Sei nun Y := X ausgestattet mit der diskreten Topologie Odisk . Betrachte Id : (X, O) → (Y, Odisk ); x 7→ x. Id ist offenbar folgenstetig in 1, aber nicht stetig in 1, denn {1} ∈ (Odisk )Id(1) und Id−1 ({1}) = {1} ∈ / O1 . Definition 1.15 (Kompaktheit/relative und lokale Kompaktheit). (X, O) topologischer Raum, Y ⊆ X. U ⊆ O heißt offene Überdeckung von Y , falls Y ⊆ ∪ U. V ⊆ U heißt endliche (offene) Teilüberdeckung von Y , falls Y ⊆ ∪V und |V| < ∞. Y heißt kompakt, falls jede offene Überdeckung von Y eine endliche Teilüberdeckung besitzt. Y heißt relativkompakt, falls Y kompakt ist. X heißt lokalkompakt, falls jedes x ∈ X eine kompakte Umgebung besitzt. Beispiel 1.16. (X, O) topologischer Raum. (a) Ist O die triviale Topologie auf X, so sind alle Teilmengen von X kompakt. Insbesondere ist X lokalkompakt. Gilt |X| ≥ 2 so gibt es kompakte Teilmengen von X, die nicht abgeschlossen sind. (Beachte, dass in diesem Fall X kein Hausdorff-Raum ist, vgl. Satz 1.26(ii).) (b) Ist O die diskrete Topologie auf X, so ist eine Teilmenge von X genau dann kompakt, wenn sie endlich ist. Insbesondere ist X lokalkompakt, da jeder Punkt bereits eine kompakte Umgebung von sich selbst ist. Satz 1.17. (X, O), (X ′ , O′ ) topologische Räume, X kompakt, f : X → X ′ stetig. Es gelten: (i) f (X) ⊆ X ′ ist kompakt ( Stetige Abbildungen bilden Kompakta auf Kompakta ab.“). ” ′ (ii) Ist X = R, ausgestattet mit der üblichen Betragsmetrik, so nimmt f sein Minimum und sein Maximum an (i.e., es existieren x0 , x1 ∈ X mit f (x0 ) = inf{f (x) | x ∈ X} und f (x1 ) = sup{f (x) | x ∈ X}). Beweis. (i) folgt aus Satz 1.8(a) und der Definition der Kompaktheit. (ii) folgt aus (i) und der Tatsache, dass kompakte Mengen in R beschränkt und abgeschlossen sind. Satz 1.18. (X, O) topologischer Raum, E Erzeuger von O. Dann sind äquivalent: (i) X ist kompakt. (ii) Jede offene Überdeckung U ⊆ E besitzt eine endliche Teilüberdeckung. Beweis. (i) =⇒ (ii): Klar. (ii) =⇒ (i): Widerspruchsbeweis. Annahme: (ii) gilt und X ist nicht kompakt. Sei M Menge aller offenen Überdeckungen von X, die keine endliche Teilüberdeckung besitzen. Nach Annahme M 6= ∅. Auf M sei Halbordnung ≤ definiert: R1 ≤ R2 : ⇐⇒ R1 ⊆ R2 . 6 Sei (Ri )i∈I eine Kette in M und R := [ i∈I Ri . R ist offene Überdeckung von X. Ferner R ∈ M, denn besäße R eine endliche Teilüberdeckung, so läge diese in einem Ri , i ∈ I, im Widerspruch zur Definition von M. Daher besitzt jede Kette in M eine obere Schranke in M. Somit existiert nach Lemma von Zorn ein maximales Element Rmax in M. Rmax hat folgende Eigenschaften: 1. Rmax ist Überdeckung von X ohne endliche Teilüberdeckung. 2. Falls U ∈ O \ Rmax , so besitzt Rmax ∪ {U} eine endliche Teilüberdeckung. Sei W := Rmax ∩E. Dann ist W keine Überdeckung von X. Daher existiert x ∈ X \ (∪W). Weil Rmax eine offene Überdeckung von X ist, finden wir ein Ux ∈ Rmax mit x ∈ Ux . Da E die Topologie erzeugt, finden wir p ∈ N und A1 , . . . , Ap ∈ E mit x∈ p \ i=1 Ai =: W ⊆ Ux , s. Bemerkung 1.4. Für j = 1, . . . , p ist Aj ∈ / Rmax (sonst wäre x ∈ ∪W, im Widerspruch zur Wahl von x), also gilt Rmax ∪ {Aj } ∈ / M. Nach Eigenschaft 2 von Rmax besitzt Rmax ∪ {Aj } endliche offene Teilüberdeckung, die Aj enthält, d.h. ∀j ∈ {1, . . . , p} ∃Fj ⊆ Rmax endlich : X ⊆ (∪Fj ) ∪ Aj . Dann existiert für alle y ∈ X \ (∩pℓ=1 Aℓ ) ein j ∈ {1, . . . , p} mit y ∈ ∪Fj . Ferner gilt ! p p \ [ Ai ⊆ Ux und somit Ux ∪ ∪Fj = X, i=1 j=1 also ist {Ux } ∪ (∪pj=1 Fj ) ⊆ Rmax eine endliche Teilüberdeckung von X. Widerspruch! Definition 1.19. O1 , O2 Topologien auf X. Gilt O1 ⊆ O2 , so heißt O1 gröber als O2 und entsprechend O2 feiner als O1 . Definition 1.20 (Initiale und finale Topologien). X, Y Mengen, I Indexmenge, (Xi , Oi ) topologischer Raum, fi : X → Xi , gi : Xi → Y , i ∈ I. (a) Die gröbste Topologie auf X, die alle fi , i ∈ I, stetig macht, heißt initiale Topologie auf X (bzgl. (Xi , Oi , fi )i∈I ). (b) Die feinste Topologie auf Y , die alle gi , i ∈ I, stetig macht, heißt finale Topologie auf Y (bzgl. (Xi , Oi , gi )i∈I ). Die nächste Bemerkung ist Übungsaufgabe. 7 Bemerkung 1.21. Ein Erzeugendensystem für die oben definierte initiale Topologie Oinit auf X ist Einit := {U ⊆ X | ∃i ∈ I ∃V ∈ Oi : U = fi−1 (V )}; (3) im Fall |I| = 1 ist Einit bereits gleich Oinit . Die oben definierte finale Topologie auf Y ist gegeben durch Ofin := {U ⊆ Y | ∀i ∈ I : gi−1(U) ∈ Oi }. (4) Bemerkung 1.22 (Relativtopologie). (X, O) topologischer Raum, Y ⊆ X. Die initiale Topologie auf Y , die die Einbettung Y → X stetig macht, ist nach Bemerkung 1.21 OY := {Y ∩ U | U ∈ O}. Wir nennen OY die Relativtopologie der Teilmenge Y des topologischen Raums X bzw. die (von X) auf Y induzierte Topologie. Y , ausgestattet mit der Relativtopologie, heißt (topologischer) Teilraum von X. Die Menge der abgeschlossenen Teilmengen in (Y, OY ) ist gegeben durch AY := {Y ∩ A | A ⊆ X abgeschlossen in X}. Y ist (als Teilmenge von X) genau dann kompakt, wenn (Y, OY ) (als topologischer Raum) kompakt ist. Beispiele für Finaltopologien sind Quotiententopologien, s. Übungsblatt 2. Satz 1.23. X, Y Mengen, (Z, O) topologischer Raum, I Indexmenge, (Xi , Oi ) topologischer Raum, fi : X → Xi , gi : Xi → Y Abbildungen für i ∈ I. (i) (X, Oinit ) ausgestattet mit initialer Topologie bzgl. (Xi , Oi , fi )i∈I . Eine Abbildung f : Z → X ist stetig genau dann, wenn fi ◦ f für alle i ∈ I stetig ist. (ii) (Y, Ofin ) ausgestattet mit finaler Topologie bzgl. (Xi , Oi , gi )i∈I . Eine Abbildung g : Y → Z ist stetig genau dann, wenn g ◦ gi für alle i ∈ I stetig ist. Beweis. Aussage (i): =⇒: Nach Definition der Intialtopologie ist fi stetig für alle i ∈ I, also auch fi ◦ f , vgl. Satz 1.8(b). ⇐=: Sei U ∈ Einit vorgegeben. Dann existiert i ∈ I und V ∈ Oi mit U = fi−1 (V ), (s. (3)). Somit f −1 (U) = f −1 (fi−1 (V )) = (fi ◦ f )−1 (V ) ∈ O, da fi ◦ f stetig (s. Satz 1.8(b)). Das zeigt, dass f stetig ist. Aussage (ii) beweist man analog. Definition 1.24. X Menge. Eine Familie (Ai )i∈I von Teilmengen von X besitzt die endliche Durschnittseigenschaft, falls für alle J ⊆ I endlich gilt \ Aj 6= ∅. j∈J 8 Satz 1.25 (Cantorscher Durchschnittssatz). (X, O) topologischer Raum. X ist genau dann kompakt, wenn für jede Familie (Ai )i∈I abgeschlossener Teilmengen von X, die die endliche Durschnittseigenschaft besitzt, gilt \ Aj 6= ∅. j∈I Beweis. =⇒ : Kontraposition. Sei (Ai )i∈I Familie abgeschlossener Teilmengen von X mit endlicher Durchschnittseigenschaft und \ Ai = ∅. i∈I Dann ist Ui := X \ Ai offen für i ∈ I und [ \ Ui = X \ Ai = X, i∈I i∈I also (Ui )i∈I offene Überdeckung von X. Für alle J ⊆ I endlich gilt \ [ Uj = X \ Aj ( X. j∈J j∈J Somit besitzt (Ui )i∈I keine endliche Teilüberdeckung von X und X ist daher nicht kompakt. ⇐=: Anolog wie oben, nur rückwärts. Satz 1.26. (X, O) topologischer Raum. (i) Ist X kompakt, so ist jede abgeschlossene Teilmenge von X kompakt. (ii) Sei X Hausdorff-Raum, K ⊆ X kompakt und x ∈ X \ K. Dann existieren ein U ∈ Ox und eine offene Umgebung von K, die disjunkt sind. Insbesondere ist K abgeschlossen. Beweis. (i) Sei A ⊆ X abgeschlossen und (Ai )i∈I eine Familie abgeschlossener Mengen von (A, OA ) mit endlicher Durchschnittseigenschaft. Da A abgeschlossen in X, sind auch die Ai , i ∈ I, abgeschlossen in X, s. Bemerkung 1.22. Da X kompakt, folgt \ Ai 6= ∅, i∈I s. Satz 1.25, was die Kompaktheit von A nach sich zieht. (ii) Da X Hausdorff-Raum ist, existieren zu festem x ∈ X und jedem y ∈ K disjunkte Mengen Uy ∈ Ox und Vy ∈ Oy . Dann ist (Vy )y∈K offene Teilüberdeckung von K. Da K kompakt ist, finden wir eine endliche Teilmenge J ⊆ K mit [ K⊆ Vy . y∈J 9 Also ist ∪y∈J Vy offene Umgebung von K. Ferner ist ∩y∈J Uy offene Umgebung von x und [ \ Vy ∩ Uy = ∅. y∈J y∈J Das zeigt insbesondere, dass jedes x ∈ / K nicht in K liegen kann. Also ist K = K und somit abgeschlossen, s. Bemerkung 1.6(b). 1.2 Produktopologien und Satz von Tychonov Definition 1.27 Q (Produkttopologie). I Indexmenge, (Xi , Oi ), i ∈ I, topologische Räume, X := i∈I Xi , πi : X → Xi , (xj )j∈I 7→ xi , i ∈ I. Die Produkttopologie Oprod auf X ist die gröbste Topologie, die alle Projektionen πi , i ∈ I, stetig macht. (X, Oprod ) (bzw. X) heißt dann topologisches Produkt der Räume (Xi , Oi ), i ∈ I. Bemerkung 1.28. Die oben definierte Produkttopologie auf X ist eine initiale Topologie und wird durch Y Xj (5) Eprod := U ⊆ X ∃i ∈ I ∃Ui ∈ Oi : U = Ui × j∈I;j6=i erzeugt, s. (3). Satz 1.29 (Tychonov). I Indexmenge, (Xi , Oi ), i ∈ I, topologische Räume, X := Q i∈I Xi ausgestattet mit der Produkttopologie Oprod . Dann sind äquivalent: (i) X ist kompakt. (ii) Für alle i ∈ I ist Xi kompakt. Beweis. (i) =⇒ (ii): Die Produkttopologie auf X macht alle Projektionen πi : X → Xi stetig, daher sind die Xi = πi (X) kompakt, s. Satz 1.17. (ii) =⇒ (i): Eprod ist Erzeuger von Oprod (s. (5)). Daher reicht es, zu vorgegebener offener Übedeckung R ⊆ Eprod von X eine endliche Teilüberdeckung zu finden (s. Satz 1.18). O.B.d.A. sei X ∈ / R (sonst trivial). Für i ∈ I sind die Ri := {πi (U) | U ∈ R} offene Überdeckungen von Xi . Behauptung: Es existiert i ∈ I so, dass Ri \ {Xi } offene Überdeckung von Xi ist. Beweis: Annahme: Für alle j ∈ I gilt ∪(Rj \ {Xj }) 6= Xj . Dann existiert xj ∈ Xj \ (∪Rj \ {Xj }) für alle j ∈ I. Sei A ∈ R beliebig, dann existiert j ∈ I mit πj (A) 6= Xj , d.h. πj (A) ∈ Rj \ {Xj } und somit xj ∈ / πj (A). Dann ist (xj )j∈I ∈ / A, also R keine Überdeckung von X – Widerspruch! Also gilt die Behauptung. Da Xi kompakt, existiert endliche Teilüberdeckung {B1 , . . . , Bn } ⊆ Ri \{Xi }. Da Bj 6= Xi , Q ist Bj × ℓ∈I\{i} Xℓ ∈ R für j = 1, . . . , n. Somit ist Y Bj × Xℓ j = 1, . . . , n ⊆ R ℓ∈I\{i} eine endliche Teilüberdeckung von R. 10 2 Metrische Räume 2.1 Elementare Eigenschaften Die Beweise der in diesem Unterkapitel aufgeführten Resultate (abgesehen von Satz 2.5 und Satz 2.15) findet man z.B. in [HS91, Kapitel I.2]; s. auch [Die89, Kapitel 3]. Definition 2.1 (Metrischer Raum). X Menge, d : X × X → [0, ∞). d heißt Metrik auf X, falls die folgenden Bedingungen für alle x, y, z ∈ X erfüllt sind: (i) d(x, y) = 0 ⇐⇒ x = y. (ii) d(x, y) = d(y, x) (Symmetrie). (iii) d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z) (Dreiecksungleichung). (X, d) heißt in dem Fall metrischer Raum. Aus der Dreiecksungleichung leitet man sofort die inverse Dreiecksungleichung her: |d(x, y) − d(y, z)| ≤ d(x, z) (6) Definition 2.2. (X, d) metrischer Raum. Eine Menge U ⊆ X heißt offen, wenn zu jedem x ∈ U ein r > 0 so existiert, dass die offene Kugel Br (x) := {y ∈ X | d(x, y) < r} ganz in U liegt. Satz 2.3. Die offenen Mengen von (X, d) bilden eine Topologie O auf X, die X zu einem Hausdorff-Raum macht. Wir nennen O dann die von d auf X induzierte Topologie. Beispiel 2.4 (Diskreter metrischer Raum). X Menge, d : X × X → [0, ∞) erfülle d(x, x) = 0 für alle x ∈ X und d(x, y) = 1 für alle x, y ∈ X mit x 6= y. Dann ist d eine Metrik auf X, die sogenannte diskrete Metrik auf X. Die von d auf X induzierte Topologie ist gerade die diskrete Topologie auf X, s. Bemerkung 1.2. Satz 2.5. X Menge, d, d′ Metriken auf X. (i) Existiert ein c > 0 mit d(x, y) ≤ c d′ (x, y) für alle x, y ∈ X, so ist die von d induzierte Topologie auf X gröber als die von d′ induzierte. (ii) Existieren c1 , c2 > 0 mit c1 d′ (x, y) ≤ d(x, y) ≤ c2 d′ (x, y) für alle x, y ∈ X, so stimmen die von d und d′ auf X induzierten Topologien überein. (iii) Id : (X, d) → (X, d′ ), x 7→ x ist genau dann stetig, wenn die von d induzierte Topologie auf X feiner als die von d′ induzierte ist. (iv) Id : (X, d) → (X, d′ ) ist genau dann ein Homöomorphismus, i.e., ist eine stetige Bijektion mit stetiger Umkehrabbildung, wenn die von d und d′ auf X induzierten Topologien übereinstimmen. 11 Beweis. Große Übung am 29. Oktober. Bemerkung 2.6. (a) (X, d) metrischer Raum, Y ⊆ X. Dann ist (Y, d|Y ×Y ) metrischer Raum und die von d|Y ×Y auf Y induzierte Topologie gleich der Relativtopologie der Teilmenge Y von X, vgl. Bemerkung 1.22. (b) (X, dX ), (Y, dY ) metrische Räume, so ist auf X ×Y die Produktmetrik dX×Y definiert durch dX×Y ((x, y), (x′, y ′)) := dX (x, x′ ) + dY (y, y ′). Die von dX×Y auf X × Y induzierte Topologie ist gerade die Produkttopologie auf X × Y , vgl. Definition 1.27. Definition 2.7. (X, dX ), (Y, dY ) metrische Räume. f : X → Y heißt Isometrie, wenn für alle x, x′ ∈ X gilt: dX (x, x′ ) = dY (f (x), f (x′ )). X, Y heißen isometrisch, falls eine surjektive Isometrie existiert. Lemma 2.8. (X, dX ), (Y, dY ) metrische Räume. f : X → Y ist stetig in x ∈ X (im Sinne der Definition 1.7), wenn für alle ε > 0 ein δ > 0 so existiert, dass für alle x′ ∈ X aus dX (x, x′ ) ≤ δ schon dY (f (x), f (x′ )) ≤ ε folgt. Definition 2.9. (X, dX ), (Y, dY ) metrische Räume, f : X → Y . (i) f heißt gleichmäßig stetig, wenn für alle ε > 0 ein δ > 0 so existiert, dass für alle x, x′ ∈ X aus dX (x, x′ ) ≤ δ schon dY (f (x), f (x′ )) ≤ ε folgt. (ii) f heißt Lipschitz-stetig mit Lipschitz-Konstante L > 0, wenn dY (f (x), f (x′ )) ≤ L dX (x, x′ ) für alle x, x′ ∈ X gilt. Bemerkung 2.10. (a) Aus Lipschitz-Stetigkeit folgt gleichmäßige Stetigkeit (wähle zu vorgegebenem ε > 0 einfach δ = ε/L) und letztere zieht natürlich Stetigkeit nach sich. (b) Eine Metrik d : X × X → [0, ∞) ist gleichmäßig stetig, wenn man X × X mit der Produktmetrik ausstattet, s. Bemerkung 2.6. (Mit (6) lässt sich schnell einsehen, dass man zu vorgeg. ε einfach δ = ε wählen kann.) Definition 2.11 (Cauchy-Folge/Konvergenz/Vollständigkeit). (X, d) metrischer Raum. (i) Eine Folge (xn )n∈N in X heißt Cauchy-Folge, falls für jedes ε > 0 ein n0 ∈ N so existiert, dass d(xn , xm ) ≤ ε für alle n, m ≥ n0 gilt. (ii) Eine Folge (xn )n∈N in X heißt konvergent gegen x ∈ X, falls für jedes ε > 0 ein n0 ∈ N so existiert, dass d(xn , x) ≤ ε für alle n ≥ n0 gilt. 12 (iii) (X, d) heißt vollständig, falls jede Cauchy-Folge in X gegen ein Element aus X konvergiert. Lemma 2.12. (X, d) metrischer Raum, A ⊆ X. (a) A ist die Menge aller x ∈ X, für die eine gegen x konvergente Folge in A existiert. (b) Ist X vollständig, so ist A abgeschlossen genau dann, wenn A vollständig ist. Satz 2.13. (X, d) metrischer Raum. Dann existiert ein vollständiger metrischer Raum b (X, b dˆ) heißt dann Verb dˆ) und eine Isometrie ι : X → X b so, dass ι(X) = X. (X, vollständigung von X und ist bis auf Isometrie eindeutig. Beweis. Übungsaufgabe. Lemma 2.14. (X, d) metrischer Raum, A ⊆ X. Dann ist A vollständig genau dann, wenn jede Cauchyfolge in A in X konvergiert. Satz 2.15 (Bolzano-Weierstrass). (X, d) metrischer Raum, A ⊆ X kompakt, (an )n∈N Folge in A. Dann existiert eine Teilfolge (ank )k∈N , die gegen ein a ∈ A konvergiert. Beweis. S. z.B. [For89, Satz I.§3.8]. Aus dem Satz von Bolzano-Weierstrass erhält man umgehend das nachstehende Korollar (denn konvergiert eine Teilfolge einer Cauchy-Folge gegen ein Element a, so konvergiert zwangsläufig die gesamte Cauchy-Folge gegen a). Korollar 2.16. Jeder kompakte metrische Raum ist vollständig. 2.2 Gleichgradige Stetigkeit und Satz von Arzelà-Ascoli Definition 2.17. (X, d) metrischer Raum, M ⊆ X. (a) Gilt M 6= ∅, so heißt δ(M) := sup{d(x, y) | x, y ∈ M} ∈ [0, ∞] Durchmesser von M. Ist δ(M) < ∞, so heißt M beschränkt. Ist N 6= ∅ eine weitere Teilmenge von X, so heißt d(M, N) := inf{d(x, y) | x ∈ M, y ∈ N} ∈ [0, ∞) Abstand von M und N. (b) M heißt präkompakt (oder total beschränkt), wenn für jedes ε > 0 endlich viele x1 , . . . , xk ∈ M existieren mit M ⊆ ∪ki=1 Bε (xi ). 13 Bemerkung 2.18. M 6= ∅ Teilmenge eines metrischen Raums. Dann zieht die Präkompaktheit von M die Beschränktheit von M nach sich. Man beachte ferner, dass genau dann δ(M) = 0 erfüllt ist, wenn M exakt einen Punkt enthält. Lemma 2.19. Ein metrischer Raum X ist kompakt genau dann, wenn X präkompakt und vollständig ist. Beweis. =⇒: Nach Korollar 2.16 ist X vollständig, und die Präkompaktheit folgt sofort aus der Kompaktheit. ⇐=: Angenommen, X nicht kompakt. Dann existiert offene Überdeckung (Ui )i∈I von X ohne endliche Teilüberdeckung. Nach Voraussetzung ist X Vereinigung endlich vieler Kugeln mit Radius 1/2. Also muss eine Kugel B1/2 (x1 ) existieren, die nicht von endlich vielen der Ui überdeckt wird. Diese Kugel wird von endlich vielen Kugeln mit Radius 1/4 überdeckt. Folglich muss eine Kugel B1/4 (x2 ) existieren, die B1/2 (x1 ) ∩ B1/4 (x2 ) 6= ∅ erfüllt und nicht von endlich vielen der Ui überdeckt wird. Diese Konstruktion setzen wir induktiv fort. Dann ist (xn )n∈N Cauchy-Folge und konvergiert nach Voraussetzung gegen ein x ∈ X. Somit existiert ein i0 ∈ I mit x ∈ Ui0 . Also finden wir ein n ∈ N mit B1/2n (xn ) ⊆ Ui0 – Widerspruch! Lemma 2.20. (X, d) metrischer Raum, A ⊆ X. A ist präkompakt genau dann, wenn A präkompakt ist. A ist relativkompakt, wenn A präkompakt und A vollständig ist. Beweis. Ist A präkompakt, so finden wir zu ε > 0 Kugeln Bε/2 (xi ), xi ∈ A, i ∈ J, J endlich, die A überdecken. Dann gilt A ⊆ ∪i∈J Bε (xi ). Ist andererseits A präkompakt, so finden wir zu ε > 0 Kugeln Bε/2 (yi ), yi ∈ A, i ∈ J, J endlich, die A überdecken. Zu jedem i ∈ J finden wir xi ∈ A mit d(xi , yi ) < ε/2. Dann gilt A ⊆ ∪i∈J Bε (xi ). Die zweite Behauptung folgt aus der ersten und Lemma 2.19. Definition 2.21. (X, O) topologischer Raum, (Y, d) metrischer Raum, C(X, Y ) Menge der stetigen Funktionen von X nach Y . H ⊆ C(X, Y ) heißt gleichgradig stetig, falls für alle x ∈ X und alle ε > 0 ein U ∈ Ux so existiert, dass für alle y ∈ U und alle f ∈ H schon d(f (x), f (y)) ≤ ε gilt. (X, O) topologischer, (Y, d) metrischer Raum. Dann bezeichne F (X, Y ) die Menge aller Funktionen von X nach Y . Für f, g ∈ F (X, Y ) definieren wir d∞ (f, g) := sup d(f (x), g(x)) ∈ [0, ∞]. (7) x∈X Sind f, g beschränkte Funktionen (d.h., sind f (X), g(X) beschränkte Teilmengen in Y ), so ist d∞ (f, g) < ∞. Daraus folgt mit Satz 1.17(i), Lemma 2.19 und Bemerkung 2.18 insbesondere, dass für einen kompakten topologischen Raum (K, O) und einen metrischer Raum (X, d) der Raum C(K, X) der stetigen Funktionen von K nach X, ausgestattet mit d∞ ein metrischer Raum ist. (Man kann alternativ auch mit Satz 1.8(a), Bemerkung 1.28 und 2.10(b) sowie Satz 1.17(ii) einsehen, dass d∞ (f, g) = maxξ∈K d(f (ξ), g(ξ)) < ∞ für f, g ∈ C(K, X) gilt.) 14 Lemma 2.22. (X, O) topologischer, (Y, d) metrischer Raum. Gilt für eine Folge (fn )n∈N in C(X, Y ) und ein g ∈ F (X, Y ), dass limn→∞ d∞ (fn , g) = 0, so liegt g bereits in C(X, Y ). Beweis. Seien x ∈ X und ε > 0 vorgegeben. Dann existiert n ∈ N mit d∞ (fn , g) ≤ ε/3. Zudem existiert U ∈ Ox mit fn (U) ⊆ Bε/3 (fn (x)). Dann gilt für y ∈ U d(g(x), g(y)) ≤ d(g(x), fn (x)) + d(fn (x), fn (y)) + d(fn (y), g(y)) ≤ ε/3 + ε/3 + ε/3 = ε. Da x und ε beliebig waren, folgt die Behauptung. Satz 2.23 (Arzelà-Ascoli). (K, O) kompakter topologischer Raum, (X, d) metrischer Raum, H ⊆ C(K, X). H ist relativkompakt genau dann, wenn die folgenden beiden Bedingungen gelten: 1. H ist gleichgradig stetig. 2. Für alle ξ ∈ K ist H(ξ) := {f (ξ) | f ∈ H} relativkompakt in X. Beweis. =⇒: H ist gleichgradig stetig: ξ ∈ K, ε > 0 vorgegeben. Da H relativkompakt, ist H präkompakt. Somit existieren f1 , . . . , fk ∈ H mit H ⊆ ∪ki=1 Bε/3 (fi ). Setze U := {η ∈ K | d(fi (η), fi (ξ)) ≤ ε/3 , i = 1, 2, . . . , k} = k \ fi−1 (Bε/3 (fi (ξ))); i=1 es gilt U ∈ Oξ . Sei f ∈ H. Dann existiert ℓ ∈ {1, 2, . . . , k} mit d∞ (f, fℓ ) < ε/3. Für alle η ∈ U gilt daher d(f (ξ), f (η)) ≤ d(f (ξ), fℓ(ξ)) + d(fℓ (ξ), fℓ (η)) + d(fℓ (η), f (η)) ≤ ε/3 + ε/3 + ε/3 = ε. Für alle ξ ∈ K ist H(ξ) relativkompakt: Aus der Präkompaktheit von H folgt die Präkompaktheit von H(ξ), denn falls H⊆ k [ Bε (fi ), H(ξ) ⊆ so i=1 k [ Bε (fi (ξ)). i=1 Nach Lemma 2.20 bleibt die Vollständigkeit von H(ξ) nachzuweisen. Sei (fn (ξ))n∈N CauchyFolge in H(ξ) mit fn ∈ H. Da H relativkompakt ist, besitzt (fn )n∈N eine in H ⊆ C(K, X) konvergente Teilfolge. Insbesondere konvergiert (fn (ξ))n∈N in X. Nach Lemma 2.14 ist H(ξ) somit vollständig. ⇐=: Nach Lemma 2.20 reicht es z.z., dass H vollständig und H präkompakt ist. H ist vollständig: Sei (fn )n∈N Cauchy-Folge in H. Da H(ξ) relativkompakt für jedes ξ ∈ K, existiert eine Teilfolge von (fn (ξ))n∈N , die gegen ein g(ξ) ∈ H(ξ) konvergiert (vgl. Satz 2.15). Sei ε > 0. Sei n0 ∈ N so, dass d∞ (fn , fm ) ≤ ε/2 für n, m ≥ n0 . Für n ≥ n0 existiert somit ein (von ξ abhängiges, genügend großes) m ≥ n0 so, dass d(fn (ξ), g(ξ)) ≤ d(fn (ξ), fm (ξ)) + d(fm (ξ), g(ξ)) ≤ ε/2 + ε/2 = ε. 15 Nach Lemma 2.22 liegt die so definierte Funktion g in C(K, X) und somit in H. H ist präkompakt: Sei ε > 0. Für ξ ∈ K existiert auf Grund der gleichgradigen Stetigkeit ein Uξ ∈ Oξ mit d(f (ξ), f (η)) < ε/3 für alle η ∈ Uξ und alle f ∈ H. Da K kompakt, existieren ξ1 , . . . , ξk derart, dass k [ K= Uξi . i=1 Da die H(ξi ) insbesondere präkompakt sind, ist auch G := k [ H(ξi ) i=1 präkompakt. Somit gilt für geeignete x1 , . . . , xm ∈ X, dass G⊆ m [ Bε/6 (xj ). j=1 Betrachte Φ := {ϕ : {1, . . . , k} → {1, . . . , m}}; |Φ| = mk < ∞. Für ϕ ∈ Φ setze Lϕ := f ∈ H | d(f (ξi), xϕ(i) ) < ε/6 , i = 1, . . . , k ; Es gilt H= [ Lϕ . ϕ∈Φ Für festes ϕ seien f, g ∈ Lϕ und η ∈ K. Ist η ∈ Uξi , so gilt d(f (η), g(η)) ≤ d(f (η), f (ξi)) + d(f (ξi ), xϕ(i) ) + d(xϕ(i) , g(ξi )) + d(g(ξi ), g(η)) ≤ ε/3 + ε/6 + ε/6 + ε/3 = ε. Somit ist jedes Lϕ 6= ∅ in einem Bε (f ), f ∈ Lϕ , enthalten, d.h. H lässt sich durch (maximal) mk geeignete Kugeln mit Radius ε überdecken. 2.3 Satz von Baire Satz 2.24 (Schachtelsatz). (X, d) vollständiger metrischer Raum, (An )n∈N absteigende Folge abgeschlossener, nicht-leerer Teilmengen von X mit limn→∞ δ(An ) = 0. Dann enthält ∩n∈N An genau einen Punkt. Beweis. Wähle für n ∈ N ein xn ∈ An . Dann gilt d(xn , xn+k ) ≤ δ(An ) für alle n, k ∈ N und wegen limn→∞ δ(An ) = 0 ist daher (xn )n∈N Cauchy-Folge. Da X vollständig, existiert x0 := limn→∞ xn . Da für alle n ∈ N gilt, dass {xn+k | k ∈ N0 } ⊆ An und ferner An abgeschlossen ist, folgt x0 ∈ An für alle n ∈ N, also x0 ∈ ∩n∈N An . Da limn→∞ δ(An ) = 0, ist x0 der einzige Punkt im Schnitt. 16 Satz 2.25 (Baire). X 6= ∅, (X, d) vollständiger metrischer Raum, (Xn )n∈N Folge abgeschlossener Teilmengen von X. Gilt X = ∪n∈N Xn , so existiert ein m ∈ N mit int(Xm ) 6= ∅. Beweis. Kontraposition: Für alle n ∈ N gelte int(Xn ) = ∅. Dann existieren x1 ∈ X \ X1 und 0 < r1 < 1 mit A1 := B r1 (x1 ) ⊆ B2r1 (x1 ) ⊆ X \ X1 . Nun ist Br1 (x1 )\X2 offen und nicht leer, da int(X2 ) = ∅. Somit existieren x2 ∈ Br1 (x1 )\X2 und 0 < r2 < 1/2 mit A2 := B r2 (x2 ) ⊆ B2r2 (x2 ) ⊆ Br1 (x1 ) \ X2 . Haben wir x1 , . . . , xn und r1 , . . . , rn mit rℓ ∈ (0, 1/ℓ) und Aℓ := B rℓ (xℓ ) ⊆ B2rℓ (xℓ ) ⊆ Brℓ−1 (xℓ−1 ) \ Xℓ für 2 ≤ ℓ ≤ n gefunden, so wählen wir xn+1 ∈ Brn (xn ) \ Xn+1 und 0 < rn+1 < 1 n+1 mit An+1 := B rn+1 (xn+1 ) ⊆ B2rn+1 (xn+1 ) ⊆ Brn (xn ) \ Xn+1 . Der Schachtelsatz, angewandt auf (An )n∈N , liefert \ \ [ ∅= 6 An ⊆ (X \ Xn ) = X \ Xn . n∈N n∈N n∈N Definition 2.26. X topologischer Raum, M ⊆ X. (a) M heißt nirgends dicht, falls int(M ) = ∅. (b) M heißt von 1. Bairescher Kategorie, falls M abzählbare Vereinigung nirgends dichter Mengen ist. (c) M heißt von 2. Bairescher Kategorie, falls M nicht von 1. Bairescher Kategorie ist. (d) M heißt von residual (oder fett), falls X \ M von 1. Bairescher Kategorie ist. Satz 2.27 (Umformulierungen des Satzes von Baire). X 6= ∅, (X, d) vollständiger metrischer Raum. (i) Falls M ⊆ X residual, so ist M dicht in X und von 2. Bairescher Kategorie. Insbesondere ist X von 2. Bairescher Kategorie. (ii) Falls (Un )n∈N Folge offener und dichter Teilmengen von X ist, dann ist ∩n∈N Un dicht in X. 17 Beweis. Übungsaufgabe. Satz 2.28 (Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit). (X, d), (Y, d′ ) metrische Räume, wobei X vollständig, F ⊆ C(X, Y ), F (x) := {f (x) | f ∈ F } beschränkt für alle x ∈ X. Dann existieren x0 ∈ X, r > 0 so, dass F (Br (x0 )) := {f (x) | f ∈ F , x ∈ Br (x0 )} beschränkt ist. Beweis. Für n ∈ N setze Xn := {x ∈ X | δ(F (x)) ≤ n}. Nach Voraussetzung gilt X = ∪n∈N Xn . Es gilt Xn = x ∈ X | sup{d′ (f (x), g(x)) : f, g ∈ F } ≤ n \ x ∈ X | d′(f (x), g(x)) ≤ n . = f,g∈F Da x 7→ d′ (f (x), g(x)) stetig ist, ist Xn als Schnitt abgeschlossener Mengen abgeschlossen. Nach Satz 2.25 existieren n0 ∈ N, x0 ∈ X und r0 > 0 mit Br0 (x0 ) ⊆ Xn0 . Für f0 ∈ F finden wir ein 0 < r ≤ r0 mit f0 (Br (x0 )) ⊆ B1 (f0 (x0 )), da f0 stetig in x0 . Es folgt für alle x, y ∈ Br (x0 ), f, g ∈ F : d(f (x), g(y)) ≤ d(f (x), f0 (x)) + d(f0 (x), f0 (x0 )) + d(f0 (x0 ), f0 (y)) + d(f0 (y), g(y)) ≤ n0 + 1 + 1 + n0 = 2(n0 + 1). Also δ(F (Br (x0 ))) ≤ 2(n0 + 1) < ∞. 3 Normierte Räume Im weiteren sei stets K ∈ {R, C}. 3.1 Topologische und normierte Vektorräume Definition 3.1. X K-Vektorraum. k · k : X → [0, ∞) heißt Norm, falls für alle x, y ∈ X, λ ∈ K gilt: (i) kxk = 0 genau dann, wenn x = 0. (ii) kλxk = |λ|kxk (Homogenität). (iii) kx + yk ≤ kxk + kyk (Dreiecksungleichung). In dem Fall heißt (X, k · k) normierter Raum. 18 Über d(x, y) := kx−yk wird eine kanonische Metrik auf dem normierten Raum (X, k·k) definiert, durch die X zu einem metrischen (und damit natürlich auch topologischen Raum) wird. Definition 3.2. Ein normierter Raum (X, k · k) heißt Banach-Raum, falls er vollständig ist. Satz 3.3. (X, k · kX ), (Y, k · kY ) normierte Räume, T : X → Y stetige lineare Abbildung. Dann ist die Operatornorm von T kT kop := sup x6=0 kT xkY < ∞, kxkX und es gilt kT xkY ≤ kT kop kxkX für alle x ∈ X. Beweis. Übungsaufgabe. Definition 3.4. X K-Vektorraum, O Topologie auf X. X heißt topologischer Vektorraum, falls die Abbildungen X × X → X, (x, y) 7→ x + y (Addition) , K × X → X, (λ, x) 7→ λx (Skalarmultiplikation) , stetig sind. (Hierbei sind X ×X, K×X natürlich mit der entsprechenden Produkttopologie versehen.) Die nächsten drei Bemerkungen sind Übungsaufgaben. Bemerkung 3.5. (X, k · k) normierter Raum. Dann ist X ein topologischer Vektorraum. (Die Topologie auf X ist natürlich die von der kanonischen Metrik d(x, y) = kx − yk induzierte Topologie.) Bemerkung 3.6 (Invarianz der Vektorraumtopologie). X topologischer Vektorraum. Wir definieren für ξ ∈ X und α ∈ K \ {0} die Abbildungen Tξ = TξX : X → X , x 7→ x + ξ und Mα = MαX : X → X , x 7→ αx. Dann sind Tξ und Mα stetige Bijektionen mit stetigen Umkehrabbildungen T−ξ und M1/α , also Homöomorphismen. Wie alle Homöomorphismen bilden Tξ und Mα offene (bzw. abgeschlossene) Mengen auf offene (bzw. abgeschlossene) Mengen ab und erfüllen für alle A⊆X Tξ (A) = Tξ (A) und Mα (A) = Mα (A). (8) Insbesondere folgt, dass ein U ⊆ X genau dann offen (bzw. abgeschlossen) ist, wenn ξ + U offen (bzw. abgeschlossen) ist. Das impliziert Oξ = ξ + O0 := {ξ + U | U ∈ O0 } und 19 Uξ = ξ + U0 := {ξ + U | U ∈ U0 }. (9) Bemerkung 3.7. X topologischer Vektorraum. X ist genau dann ein Hausdorff-Raum, wenn die einpunktigen Mengen von X abgeschlossen sind. Lemma 3.8. X topologischer K-Vektorraum, Y ⊆ X Untervektorraum. Dann ist Y ebenfalls Untervektorraum von X. Beweis. Zu zeigen: Aus x0 , y0 ∈ Y und α ∈ K folgt x0 + y0 ∈ Y und αx0 ∈ Y . Sei Ux0 +y0 ∈ Ux0 +y0 vorgegeben. Gesucht: z ∈ Ux0 +y0 ∩ Y . Da die Addition auf X stetig ist, existieren Umgebungen Ux0 von x0 , Uy0 von y0 mit Ux0 + Uy0 ⊆ Ux0 +y0 . Da x0 , y0 ∈ Y , finden wir x ∈ Ux0 ∩Y und y ∈ Uy0 ∩Y . Dann ist z := x+y ∈ Ux0 +y0 ∩Y . Also x0 +y0 ∈ Y . Ist α = 0, so ist αx = 0 ∈ Y ⊆ Y . Ist α 6= 0, so ist Mα (Y ) = Y und mit (8) folgt Mα (Y ) = Mα (Y ) = Y . Insbesondere folgt αx0 ∈ Y . Lemma 3.9. X, Y topologische Vektorräume, T : X → Y linear. Folgende Aussagen sind äquivalent: (i) T ist stetig. (ii) T ist stetig in 0. (iii) T ist stetig in irgendeinem x ∈ X. Beweis. Offenkundig gelten (i) =⇒ (ii) und (ii) =⇒ (iii). (iii) =⇒ (i): Seien y ∈ X und U ∈ UT (y) vorgegeben. Da T stetig in x, existiert ein V ∈ Ux mit T (V ) ⊆ (T (x) − T (y)) + U, denn nach (9) ist (T (x) − T (y)) + U ∈ UT (x) . Wiederum nach (9) ist W := (y − x) + V ∈ Uy und T (W ) = T (y − x) + T (V ) ⊆ −T (x − y) + T (x − y) + U = U. Daraus folgt die Stetigkeit von T in jedem y ∈ X. Aus Satz 3.3 und Lemma 3.9 erhalten wir sofort das nachstehende Lemma. Lemma 3.10. Seien (X, k · kX ), (Y, k · kY ) normierte Räume, T : X → Y linear. T ist stetig genau dann, wenn ein C > 0 existiert mit kT xkY ≤ CkxkX für alle x ∈ X. (10) Gilt (10), so folgt kT kop ≤ C. Aufgrund der Eigenschaft (10) bezeichnet man stetige lineare Abbildungen zwischen normierten Räumen auch als beschränkte lineare Abbildungen. Definition 3.11. X, Y topologische Vektorräume. Dann bezeichne L(X, Y ) den Vektorraum der stetigen linearen Abbildungen von X nach Y und X ′ := L(X, K) den Dualraum von X. Die Elemente aus L(X, X) werden (stetige) Operatoren auf X genannt. 20 Quotientenräume normierter Räume (X, k · k) normierter Raum, Y abgeschlossener Untervektorraum. Die Relation x ∼ y :⇐⇒ x − y ∈ Y definiert eine Äquivalenzrelation auf X. Die Menge X/Y der Äquivalenzklassen bildet in kanonischer Weise einen Vektorraum, den sogenannten Quotientenraum. Für x ∈ X bezeichne x := x + Y die zu x gehörige Äquivalenzklasse. Sei ρ : X → X/Y , x → x die Quotientenabbildung. Satz 3.12. Die Abbildung x 7→ kxk := inf kx + yk y∈Y ist eine Norm auf X/Y . Es gilt kρkop ≤ 1 und ρ ist eine offene Abbildung2 . Insbesondere ist die Topologie OX/Y auf (X/Y, k · k) (die sogenannte Quotiententopologie) gerade die Finaltopologie Ofin auf X/Y bzgl. (X, OX , ρ), wobei OX die Normtopologie auf X bezeichne. Ist X ein Banachraum, so auch X/Y . Beweis. X/Y ist normierter Raum: Wohldefiniertheit der Norm: Gilt x = z für x, z ∈ X, so folgt kxk = inf kx + yk = inf kz + (x − z) + yk = inf kz + yk = kzk. y∈Y y∈Y y∈Y Normeigenschaften: Offenbar gilt kxk ≥ 0 für alle x ∈ X. Ferner ist kxk = 0 genau dann, wenn eine Folge (yn ) in Y existiert mit limn→∞ kx + yn k = 0. In dem Fall ist limn→∞ (−yn ) = x, x also Berührpunkt von Y . Da Y abgeschlossen, folgt x ∈ Y und dies ist äquivalent zu x = 0 ∈ X/Y . Für λ ∈ K \ {0}, x ∈ X gilt kλxk = inf{kλx+yk | y ∈ Y } = inf{kλx+λyk | y ∈ Y } = inf{|λ|kx+yk | y ∈ Y } = |λ|kxk. Für x, z ∈ X gilt kx + zk = inf{kx + z + yk | y ∈ Y } = inf{kx + y + z + y ′k | y, y ′ ∈ Y } ≤ inf{kx + yk + kz + y ′k | y, y ′ ∈ Y } = kxk + kzk. kρkop = 1: Bekanntermaßen ist ρ eine lineare Abbildung. Für x ∈ X gilt kρ(x)k = kxk ≤ kx + 0k = kxk, also kρkop ≤ 1. ρ ist offen: Sei U ⊆ X offen. Zu x ∈ U existiert dann ein r > 0 mit Br (x) ⊆ U. Wir wollen zeigen, dass Br (x) ⊆ ρ(U) gilt. Sei also z ∈ Br (x), d.h. kx − zk < r. Somit existiert nach Definition der Quotientennorm ein y ∈ Y mit kx−z+yk < r. D.h. z−y ∈ Br (x) ⊆ U und z = z + Y = (z − y) + Y = z − y ∈ ρ(Br (x)) ⊆ ρ(U). 2 D.h., ρ bildet offene Mengen auf offene Mengen ab. 21 Normtopologie = Finaltopologie: Da ρ bzgl. der Normtopologie stetig ist und Ofin die feinste Topologie auf X/Y ist, die ρ stetig macht, verbleibt zu zeigen, dass Ofin ⊆ OX/Y . Ist nun V ∈ Ofin , so gilt ρ−1 (V ) ∈ OX , s. (4). Da ρ surjektiv und offen ist, folgt V = ρ(ρ−1 (V )) ∈ OX×Y . X/Y Banach-Raum, falls X Banach-Raum: Sei (xn ) Cauchy-Folge in X/Y . Indem wir zu einer Teilfolge übergehen, können wir o.B.d.A. annehmen, dass kxn+1 − xn k ≤ 2−n−1 für alle n ∈ N gilt. Wähle einen Vertreter x1 ∈ X von x1 und bestimme rekursiv zu vorhandenen x1 , . . . , xn einen Vertreter xn+1 ∈ X von xn+1 mit kxn+1 − xn k ≤ 2kxn+1 − xn k. Für n ∈ N und k ∈ N0 folgt dann kxn − xn+k k ≤ k X ℓ=1 kxn+ℓ − xn+ℓ−1 k ≤ 2 k X ℓ=1 kxn+ℓ − xn+ℓ−1k ≤ 2−n+1 . Somit ist (xn ) Cauchy-Folge in X und konvergiert gegen ein x ∈ X. Aus kx − xn k ≤ kx − xn k für alle n ∈ N folgt, dass (xn ) gegen x konvergiert. Direkte Produkte normierter Räume Sind (X, k · kX ), (Y, k · kY ) normierte Räume, so lässt sich X × Y durch die Norm k(x, y)kX×Y := kxkX + kykY , x ∈ X, y ∈ Y, zu einem normierten Raum machen. Die induzierte Metrik auf X × Y ist dann gerade die in Bemerkung 2.6 beschriebene Produktmetrik auf X × Y . (X × Y, k · kX×Y ) ist genau dann ein Banachraum, wenn (X, k · kX ), (Y, k · kY ) Banachräume sind. 3.2 Satz von Stone-Weierstrass Im folgenden bezeichne F (X, Y ) die Menge aller Abbildungen zwischen den Menge X und Y und C(X, Y ) die Menge aller stetigen Abbildungen zwischen den topologischen Räumen X und Y . Es sei stets K ∈ {R, C}. Definition 3.13. X Menge. (i) A ⊆ F (X, K) heißt Algebra (bzw. Unteralgebra), falls A ein Untervektorraum von F (X, K) ist und für alle f, g ∈ A auch f g ∈ A gilt. Gilt überdies 1 ∈ A, so heißt A Algebra mit 1. Im Fall K = C nennen wir eine Algebra A selbstadjungiert, falls für alle f ∈ A bereits f ∈ A gilt. 22 (ii) B ⊆ F (X, K) trennt die Punkte von X, falls für alle x, y ∈ X mit x 6= y ein f ∈ B existiert mit f (x) 6= f (y). Lemma 3.14. X Menge, A ⊆ F (X, K) Algebra mit 1, die die Punkte von X trennt. Dann existiert zu vorgegebenen ξ, η ∈ K und x, y ∈ X mit x 6= y ein h ∈ A mit h(x) = ξ und h(y) = η. Beweis. Es existiert ein f ∈ A mit f (x) 6= f (y). Dann leistet h(z) := ξ + (η − ξ) f (z) − f (x) , f (y) − f (x) z ∈ X, das Gewünschte. Lemma 3.15. (X, O) kompakter topologischer Raum. (a) Ist (Y, d) vollständiger metrischer Raum, so ist (C(X, Y ), d∞ ) vollständig. Insbesondere ist (C(X, K), k · k∞ ) vollständig. (b) Seien A ⊆ C(X, K) und A der Abschluss von A bzgl. k · k∞ . Ist A Algebra, so auch A. Ist K = C und A selbstadjungierte Algebra, so auch A. Beweis. Teil einer Übungsaufgabe. Satz 3.16 (Stone-Weierstrass; reelle Version). (X, O) kompakter topologischer Raum, A ⊆ C(X, R) Algebra mit 1, die die Punkte von X trennt. Dann ist der Abschluß A bzgl. der Supremumsnorm bereits ganz C(X, R). Aus der reellen Version des Satzes von Stone-Weierstrass lässt sich sofort der klassische Approximationssatz von Weierstrass ableiten: Korollar 3.17 (Approximationssatz von Weierstrass). Seien a, b ∈ R mit a < b. Dann liegt der Raum P ([a, b], R) der reellwertigen Polynomfunktionen auf [a, b] dicht in (C([a, b], R), k · k∞ ). Für den Beweis des Satzes von Stone-Weierstrass benötigen wir ein weiteres Lemma. √ Lemma 3.18. Sei c > 0. Dann liegt w : [0, c] → R, t 7→ t im Abschluss der Menge aller reellen Polynomfunktionen in (C([0, c], R), k · k∞ ) (i.e., w kann auf [0, c] beliebig gut durch reelle Polynome approximiert werden). Beweis. Übungsaufgabe. Beweis des Satzes 3.16. Schritt 1 : Zunächst zeigen wir, dass unter der zusätzlichen Annahme ∀f, g : f, g ∈ A =⇒ min{f, g}, max{f, g} ∈ A (11) schon A = C(X, R) folgt. Seien f ∈ C(X, R) und ε > 0 vorgegeben. Es ist hinreichend z.z., dass ein g ∈ A existiert mit kf − gk∞ < ε, d.h. f − ε ≤ g ≤ f + ε. 23 (12) Wir finden zu x, y ∈ X ein hx,y ∈ A mit hx,y (x) = f (x) and hx,y (y) = f (y); für x 6= y folgt das aus Lemma 3.14, für x = y tut es hx,y ≡ f (x). Sei x ∈ X fixiert. Da hx,y − f stetig in y, existiert für jedes y ∈ X ein Uy ∈ Oy mit hx,y (z) ≤ f (z) + ε für alle z ∈ Uy . Da die Uy , y ∈ X, eine offene Überdeckung von X bilden, existieren y1 , . . . , yn ∈ X mit X = ∪nj=1 Uyj . Setze hx := min{hx,y1 , . . . , hx,yn }. Nach Annahme (11) (und Induktion) liegt hx in A. Ferner gilt hx (z) ≤ f (z) + ε für alle z ∈ X und hx (x) − f (x) = 0. Da hx − f stetig in x, existiert für jedes x ∈ X ein Vx ∈ Ox mit hx (z) ≥ f (z) − ε für alle z ∈ Vx . Da die Vx , x ∈ X, eine offene Überdeckung von X bilden, existieren x1 , . . . , xm ∈ X mit X = ∪m j=1 Vxj . Setze g := max{hx1 , . . . , hxm }. Nach Annahme (11) (und Induktion) liegt g in A und (12) gilt. Schritt 2 : Wir beweisen jetzt Annahme (11): Es gilt min{f, g} = f + g |f − g| − 2 2 und max{f, g} = f + g |f − g| + . 2 2 Da A Algebra ist (s. Lemma 3.15), ist es zurpVerifikation von (11) hinreichend z.z., dass aus f ∈ A schon |f | ∈ A folgt. Nun gilt |f | = f 2 und f 2 ∈ A. Nach Satz 1.17(ii) existiert 2 ein c > 0 mit εp > 0 ein reelles Polynom P √ 0 ≤ f ≤ c. Nach Lemma 3.18 existiert zu mit |P (t) − t| ≤ ε fürpalle t ∈ [0, c]. Daraus folgt kP (f 2) − f 2 k∞ ≤ ε, und ferner gilt P (f 2 ) ∈ A. D.h. |f | = f 2 ∈ A. Satz 3.19 (Stone-Weierstrass; komplexe Version). (X, O) kompakter topologischer Raum, A ⊆ C(X, C) selbstadjungierte Algebra mit 1, die die Punkte von X trennt. Dann ist der Abschluß A bzgl. der Supremumsnorm bereits ganz C(X, C). Beweis. Sei A0 := {Re(f ) = 21 (f + f ) | f ∈ A}. Nach Lemma 3.15 ist A genau wie A eine selbstadjungierte Algebra. Daraus folgt A0 ⊆ A. Ist f ∈ C(X, C), so gilt Im(f ) = Re(−if ); daher gilt A0 = {Im(g) | g ∈ A}. Somit A = A0 +iA0 . Also ist A0 = A∩C(X, R), daher ist A0 abgeschlossene Algebra in C(X, R). Zudem gilt 1 ∈ A0 . Seien x, y ∈ X mit x 6= y. Nach Lemma 3.14 existiert f ∈ A mit f (x) = 0, f (y) = 1. Setze g := 21 (f + f ). Dann gilt g ∈ A0 und g(x) = 0, g(y) = 1. Das zeigt, dass A0 die Punkte von X trennt. Nach der reellen Version des Satzes von Stone-Weierstrass folgt A0 = C(X, R) und damit A = A0 + iA0 = C(X, C). 24 3.3 Hahn-Banach-Sätze Definition 3.20 (Sublineares Funktional). X K-Vektorraum. p : X → R heißt sublineares Funktional, falls (i) p(λx) = λp(x) für alle λ ≥ 0, x ∈ X, (ii) p(x + y) ≤ p(x) + p(y) für alle x, y ∈ X. Jedes lineare Funktional ϕ : X → R ist offenbar sublinear. Ferner ist jede Halbnorm3 k · k auf X sublinear. Insbesondere ist im Fall X = R die übliche Betragsfunktion | · | ein sublineares Funktional. Frage: Wie sieht der Graph eines beliebigen sublinearen Funktional p : R → R aus? (Zeichnung machen!!) S bezeichne die Menge der sublinearen Funktionale p : X → R. Auf S definieren wir die Halbordnung p ≤ p′ :⇐⇒ p(x) ≤ p′ (x) für alle x ∈ X. Lemma 3.21. Jede total geordnete Teilmenge von S besitzt eine untere Schranke in S. Beweis. Sei R ⊆ S total geordnet. Setze p(x) := inf{p′ (x) | p′ ∈ R} für x ∈ X. Durch Einschränkung der sublinearen Funktionale auf den eindimensionalen Teilraum Rx sieht man (Zeichnung, s.o.), dass p(x) ∈ R. Damit ist p eine Funktion von X nach R. p ist sublinear: Aus der Definition folgt direkt p(λx) = λp(x) für alle λ ≥ 0, x ∈ X. Zu vorgegebenen x, y ∈ X, ε > 0 findet man p1 , p2 ∈ R mit p1 (x) ≤ p(x) + ε und p2 (y) ≤ p(y) + ε. Da R total geordnet ist, können wir o.B.d.A. p1 ≤ p2 annehmen. Es folgt p(x + y) ≤ p1 (x + y) ≤ p1 (x) + p1 (y) ≤ p1 (x) + p2 (y) ≤ p(x) + p(y) + 2ε. Das zeigt insgesamt, dass p ∈ S. Trivialerweise bildet p eine untere Schranke von R. Lemma 3.22. p ist genau dann ein minimales Element in S, wenn p linear ist. Beweis. ⇐=: Ein Blick auf eine Zeichnung der eindimensionalen Situation (s.o.) reicht völlig aus. =⇒ : Für x, z ∈ X und t ≥ 0 gilt −p(−x) + p(tz) ≤ p(x + tz) ≤ p(x) + p(tz), was −p(−x) ≤ p(x + tz) − tp(z) ≤ p(x) 3 D.h. k · k erfüllt die Bedingungen (ii) und (iii) aus Definition 3.1, aber aus kxk = 0 folgt nicht notwendigerweise x = 0. 25 nach sich zieht. Die Ungleichung zeigt, dass die durch pz (x) := inf (p(x + tz) − tp(z)) t≥0 definierte Funktion pz auf X reelle Werte annimmt und pz ≤ p erfüllt. Wir zeigen: pz ist sublinear. (i) Für λ > 0 gilt t t pz (λx) = inf (p(λx + tz) − tp(z)) = inf λ p x + z − p(z) t≥0 t≥0 λ λ = λ inf (p(x + sz) − sp(z)) = λpz (x). s≥0 (ii) Zu vorgegebenem ε > 0 finden wir zu x, y ∈ X Werte r, s ≥ 0 mit pz (x) ≥ p(x + rz) − rp(z) − ε, pz (y) ≥ p(y + sz) − sp(z) − ε. Für t := r + s gilt dann pz (x) + pz (y) ≥ p(x + rz) + p(y + sz) − tp(z) − 2ε ≥ p(x + y + tz) − tp(z) − 2ε ≥ pz (x + y) − 2ε. Das zeigt, dass pz sublinear ist. Da p minimal in S und pz ≤ p, folgt p = pz . Das impliziert p(x) = pz (x) = inf (p(x + tz) − tp(z)) ≤ p(x + z) − p(z) ≤ p(x), t≥0 d.h., p(x + z) = p(x) + p(z). Somit ist p additiv. Aus 0 = p(x + (−x)) = p(x) + p(−x) für alle x ∈ X folgt p(−x) = −p(x) und somit p(λx) = λp(x) für alle λ ∈ R. Also ist p linear. Satz 3.23 (Hahn-Banach, Lineare-Algebra-Version“). X R-Vektorraum, p : X → ” R sublinear. Dann existiert eine lineares Funktional ϕ : X → R mit ϕ ≤ p. Beweis. Die nichtleere Menge Sp := {q ∈ S | q ≤ p} ist als Teilmenge von S ebenfalls halbgeordnet. Nach Lemma 3.21 besitzt jede total geordnete Teilmenge von Sp eine untere Schranke in S; diese untere Schranke liegt offenbar bereits in Sp . Nach dem Lemma von Zorn besitzt Sp ein minimales Element. Aus der Definition von Sp ist ersichtlich, dass dieses minimale Element auch in S minimal und daher nach Lemma 3.22 linear ist. 26 Fortsetzungssätze Satz 3.24. X R-Vektorraum, Y ⊆ X Untervektorraum, p : X → R sublinear, ϕ : Y → R lineares Funktional mit ϕ ≤ p|Y . Dann existiert ein lineares Funktional Φ : X → R mit Φ|Y = ϕ und Φ ≤ p. Beweis. Setze pe(x) := inf (p(x − y) + ϕ(y)) y∈Y Aus folgt für alle x ∈ X. p(−y) = p(x − y + (−x)) ≤ p(x − y) + p(−x) p(x − y) + ϕ(y) ≥ p(−y) − p(−x) − ϕ(−y) ≥ −p(−x) ∈ R; somit ist pe Funktion auf X mit Werten in R. Ferner pe ≤ p. Wir zeigen: pe ist sublinear. (i) Es gilt pe(0) = inf (p(−y) − ϕ(−y)) ≤ p(0) − ϕ(−y)) ≤ p(0) − ϕ(0) = 0. y∈Y Da wegen ϕ ≤ p|Y offenbar pe(0) ≥ 0 gilt, folgt pe(0) = 0. Für λ > 0 gilt pe(λx) = inf (p(λx − y) + ϕ(y)) = inf (λp(x − y ′ ) + λϕ(y ′)) = λe p(x). ′ y∈Y y ∈Y (ii) Zu vorgegebenem ε > 0 finden wir zu x, z ∈ X Punkte y1 , y2 ∈ Y mit Mit y := y1 + y2 gilt dann pe(x) ≥ p(x − y1 ) + ϕ(y1 ) − ε, pe(z) ≥ p(z − y2 ) + ϕ(y2 ) − ε. pe(x) + pe(z) ≥ p(x + z − y) + ϕ(y) − 2ε ≥ pe(x + z) − 2ε. Das zeigt, dass pe sublinear ist. Da für x ∈ Y pe(x) ≤ p(x − x) + ϕ(x) = ϕ(x) gilt, folgt aus Lemma 3.22 pe|Y = ϕ. Nach Satz 3.23 existiert ein lineares Funktional Φ : X → R mit Φ ≤ pe ≤ p; insbesondere gilt (wieder nach Lemma 3.22) Φ|Y = ϕ. Lemma 3.25 (R- und C-lineare Funktionale). X C-Vektorraum. (i) Seien ϕ : X → C C-linear und ϕ1 := Re(ϕ). Dann ist ϕ1 : X → R R-linear und ϕ(x) = ϕ1 (x) − iϕ1 (ix) für alle x ∈ X. (ii) Sei ϕ1 : X → R R-linear. Dann ist die durch ϕ(x) := ϕ1 (x) − iϕ1 (ix) für alle x ∈ X definierte Abbildung ϕ : X → C C-linear und Re(ϕ) = ϕ1 . 27 (13) (iii) Ist ϕ : X → C C-linear und p : X → R eine Halbnorm, so gilt |ϕ(x)| ≤ p(x) für alle x ∈ X genau dann, wenn | Re(ϕ(x))| ≤ p(x) für alle x ∈ X. Beweis. (i) Für r ∈ R, x, y ∈ X gilt ϕ1 (x + ry) = Re(ϕ(x + ry)) = Re(ϕ(x) + rϕ(y)) = ϕ1 (x) + rϕ1 (y)). Somit ist ϕ1 R-linear. Sei ϕ2 := Im(ϕ). Für alle x ∈ X haben wir ϕ(ix) = ϕ1 (ix) + iϕ2 (ix) und iϕ(x) = i(ϕ1 (x) + iϕ2 (x)) = iϕ1 (x) − ϕ2 (x). Da ϕ C-linear, gilt ϕ(ix) = iϕ(x), also ϕ2 (x) = −ϕ1 (ix) für alle x ∈ X. (ii) Da ϕ1 R-linear, gilt ϕ(x + ry) = ϕ(x) + rϕ(y) für alle r ∈ R, x, y ∈ X. Für die C-Linearität verbleibt z.z., dass ϕ(ix) = iϕ(x) für alle x ∈ X. Dies folgt aus ϕ(ix) = ϕ1 (ix) − iϕ1 (−x) = ϕ1 (ix) + iϕ1 (x) = i(ϕ1 (x) − iϕ1 (ix)) = iϕ(x). (iii) Da | Re(ϕ)| ≤ |ϕ|, verbleibt nur die Implikation ⇐=“ z.z.. Es gelte also | Re(ϕ)| ≤ p. ” Sei x ∈ X vorgegeben. Für ϕ(x) = 0 gilt offenbar |ϕ(x)| ≤ p(x). Sei nun ϕ(x) 6= 0. Mit λ := ϕ(x)/|ϕ(x)| gilt |ϕ(x)| = λϕ(x) = ϕ(λx) = Re(ϕ(λx)) ≤ p(λx) = |λ|p(x) = p(x). Satz 3.26 (Fortsetzungssatz, Halbnorm-Version). X K-Vektorraum, Y ⊆ X Untervektorraum, p : X → R Halbnorm, ϕ : Y → K lineares Funktional mit |ϕ(y)| ≤ p(y) für alle y ∈ Y . Dann existiert ein lineares Funktional Φ : X → K mit Φ|Y = ϕ und |Φ(x)| ≤ p(x) für alle x ∈ X. Beweis. Der Fall K = R: Da p sublinear und ϕ ≤ p|Y , existiert nach Satz 3.24 eine lineare Fortsetzung Φ : X → R von ϕ mit Φ ≤ p. Aus −Φ(x) = Φ(−x) ≤ p(−x) = p(x) für alle x ∈ X folgt |Φ| ≤ p. Der Fall K = C: Sei ϕ1 := Re(ϕ). Dann |ϕ1 (x)| ≤ |ϕ(x)| ≤ p(x) für alle x ∈ X. Da ϕ1 R-linear ist, folgt aus dem Fall K = R die Existenz eines R-linearen Funktionals Φ1 : X → R mit Φ1 |Y = ϕ1 und |Φ1 | ≤ p. Setze nun Φ : X → C , x 7→ Φ1 (x) − iΦ1 (ix). Nach Lemma 3.25(ii) ist Φ C-linear und ΦY = ϕ, da Φ|Y und ϕ denselben Realteil besitzen. Nach Lemma 3.25(iii) folgt aus |Φ1 | ≤ p bereits |Φ| ≤ p. 28 Korollar 3.27 (Fortsetzungssatz für stetige lineare Funktionale). (X, k · k) normierter K-Vektorraum, Y ⊆ X Untervektorraum, ϕ : Y → K stetiges lineares Funktional. Dann existiert ein stetiges lineares Funktional Φ : X → K mit Φ|Y = ϕ und kΦkop = kϕkop . Beweis. Definiere Halbnorm p auf X durch p(x) := kϕkop kxk für alle x ∈ X. Die Behauptung folgt nun direkt aus Satz 3.3 und Satz 3.26. Der nächste Satz charakterisiert die endlich-dimensionalen normierten Räume; dies sind genau die normierten Räume, auf denen alle linearen Funktionale stetig sind. Nach Teil (ii) des Satzes existieren auf unendlich-dimensionalen normierten Räumen immer schon unstetige Funktionale; aber Teil (i) des Satzes und Korollar 3.27 stellen sicher, dass auf unendlich-dimensionalen normierten Räumen immer nicht-triviale stetige Funktionale existieren. Satz 3.28. (X, k · kX ), (Y, k · kY ) normierte Räume. (i) X endlich-dimensional. Ist ϕ : X → Y linear, so ist ϕ bereits stetig. Insbesondere ist jedes lineare Funktional auf X bereits stetig. (ii) X unendlich-dimensional. Dann existieren unstetige lineare Funktionale auf X. Beweis. Übungsaufgabe. Trennungssätze Korollar 3.29 ( Der Dualraum X ′ trennt die Punkte von X.“). (X, k · k) nor” mierter K-Vektorraum, x ∈ X \ {0}. Dann existiert ein stetiges Funktional Φ : X → K mit Φ(x) = kxk und kΦkop = 1. Insbesondere gilt kxk = sup{|ϕ(x)| | ϕ ∈ X ′ , kϕkop = 1}. (14) Ferner existiert zu x1 , x2 ∈ X mit x1 6= x2 ein stetiges lineares Funktional Ψ : X → K mit Ψ(x1 ) 6= Ψ(x2 ) und kΨkop = 1. Beweis. Definiere das lineare Funktional ϕ auf Kx durch ϕ(λx) = λkxk. Dann gilt offenbar ϕ(x) = kxk und kϕkop = 1 und die Fortsetzung Φ aus Korollar 3.27 leistet das Gewünschte. Da zudem für alle σ ∈ X ′ mit kσkop = 1 |σ(x)| ≤ kσkop kxk = kxk gilt, folgt (14). Zum Ferner“: Hier wählt man einfach x := x1 − x2 und Ψ als das Φ von oben. ” Definition 3.30. X K-Vektorraum, U ⊆ X. 29 (i) U heißt konvex genau dann, wenn für alle x, y ∈ U der Streckenzug [x, y] := {tx + (1 − t)y | t ∈ [0, 1]} ganz in U liegt. (ii) Die Menge co(U) := heißt konvexe Hülle von U. \ {V ⊆ X | U ⊆ V und V konvex} (iii) U heißt absorbant genau dann, wenn für alle x ∈ X ein t > 0 existiert mit x ∈ tU. (iv) Ist U absorbant, so ist das Minkowski-Funktional von U gegeben durch mU : X → [0, ∞) , x 7→ inf{t > 0 | x ∈ tU} Die Nachweise der Behauptungen in der nachfolgenden Bemerkung sind einfach oder Übungsaufgabe. Bemerkung 3.31. X K-Vektorraum, U, V ⊆ X. (a) Sind U, V konvex und λ ∈ K, so sind U + V und λU konvex. (b) Die konvexe Hülle von U ist konvex und somit die kleinste konvexe Menge, die U enthält. Es gilt ( n ) n X X co(U) = λi = 1 . λi xi n ∈ N , x1 , . . . , xn ∈ U , λ1 , . . . λn ≥ 0 , i=1 i=1 (c) Sei X topologischer Vektorraum. Ist V offen, so ist U + V offen. Ist U konvex, so ist U konvex. (d) Ist U absorbant, so gilt 0 ∈ U. (e) Sind (X, k · k) normierter Raum und U die offene (oder abgeschlossene) Normeinheitskugel, so ist mU = k · k. Satz 3.32. X R-Vektorraum, ∅ = 6 U ⊆ X konvex, p : X → R sublinear. Dann existiert ein lineares Funktional ϕ : X → R mit ϕ ≤ p und inf p(x) = inf ϕ(x). x∈U x∈U Beweis. Übungsaufgabe. Korollar 3.33. X normierter R-Vektorraum, ∅ = 6 A, B ⊆ X konvex mit d(A, B) > 0. Dann existiert ein ϕ ∈ X ′ mit sup ϕ(a) < inf ϕ(b). b∈B a∈A 30 Beweis. Nach Bemerkung 3.31(a) ist B − A konvex. Nach Satz 3.32 existiert ein lineares Funktional ϕ : X → R mit ϕ ≤ k · k und 0 < d(A, B) = inf kxk = inf ϕ(x) = x∈B−A x∈B−A inf (ϕ(b) − ϕ(a)) = inf ϕ(b) − sup ϕ(a). b∈B,a∈A b∈B a∈A Lemma 3.34. X K-Vektorraum. Ist U ⊆ X absorbant und konvex, so ist das MinkowskiFunktional mU von U sublinear. Beweis. Da U absorbant, ist 0 ∈ U und somit mU (0) = 0. Für x ∈ X und t > 0 gilt mU (tx) = inf{λ > 0 | tx ∈ λU} = inf{tµ > 0 | x ∈ µU} = tmU (x). Seien x, y ∈ X und ε > 0 vorgegeben. Dann existieren 0 < λ ≤ mU (x) + ε, 0 < µ ≤ mU (y) + ε mit x ∈ λU, y ∈ µU. Da U konvex, folgt λ x µ y x+y + = ∈ U, λ+µλ λ+µµ λ+µ d.h. mU (x + y) ≤ λ + µ ≤ mU (x) + mU (y) + 2ε. Das zeigt, dass mU sublinear ist. Satz 3.35 (Trennungssatz, geometrische Version). (X, k · k) normierter Raum, ∅= 6 A, B ⊆ X konvex und disjunkt. (i) Ist A offen, so existiert ein ϕ ∈ X ′ und ein γ ∈ R mit Re(ϕ(a)) < γ ≤ Re(ϕ(b)) für alle a ∈ A, b ∈ B. (15) (ii) Ist A kompakt und B abgeschlossen, so existiert ein ϕ ∈ X ′ mit sup{Re(ϕ(a)) | a ∈ A} < inf{Re(ϕ(b)) | b ∈ B}. Beweis. Wir zeigen die Aussagen zunächst im Fall, dass X ein R-Vektorraum ist: (i) Seien a0 ∈ A, b0 ∈ B und setze x0 := b0 − a0 sowie C := x0 + A − B. Nach Bemerkung 3.31 ist C konvex und offen. Ferner ist 0 ∈ C, also C ∈ U0 absorbant. Nach Lemma 3.34 ist mC : X → R sublinear. Da ∅ = A∩B, folgt 0 ∈ / A−B und somit x0 ∈ / C. Wegen 0 ∈ C und der Konvexität von C folgt, dass tx0 ∈ / C für alle t ≥ 1. Daher muss mC (x0 ) ≥ 1 gelten. Auf Rx0 definieren wir das lineare Funktional ψ durch ψ(tx0 ) = t für alle t ∈ R. 31 Es gelten ψ(tx0 ) = t ≤ tmC (x0 ) = mC (tx0 ) für t ≥ 0, ψ(tx0 ) = t < 0 ≤ mC (tx0 ) für t < 0. Der Satz von Hahn-Banach (Satz 3.24) liefert die Existenz einer linearen Fortsetzung ϕ : X → R von ψ mit ϕ ≤ mC . Für a ∈ A, b ∈ B folgt daher ϕ(a) − ϕ(b) + 1 = ϕ(a) − ϕ(b) + ϕ(x0 ) = ϕ(a − b + x0 ) ≤ mC (a − b + x0 ) < 1. Somit ϕ(a) < ϕ(b) für alle a ∈ A, b ∈ B. Setze nun γ := sup{ϕ(a) | a ∈ A}. Angenommen, es existiert ein a∗ ∈ A mit ϕ(a∗ ) = γ. Sei b∗ ∈ B. Dann impliziert ϕ(a∗ ) < ϕ(b∗ ), dass ϕ auf dem Streckenzug [a∗ , b∗ ] streng monoton wachsend ist, i.e., ϕ((1 − s)a∗ + sb∗ ) < ϕ((1 − t)a∗ + tb∗ ) für alle s, t ∈ [0, 1] mit s < t. Da A offen ist, finden wir ein r ∗ > 0 mit Br∗ (a∗ ) ⊆ A. Wähle nun s := r/2kb∗ − a∗ k. Dann ist a∗s := (1 − s)a∗ + sb∗ ∈ Br∗ (a∗ ) ⊆ A und ϕ(a∗s ) > ϕ(a∗ ). Widerspruch! Das zeigt, dass ϕ und γ (15) erfüllen. Ferner existiert ein r > 0 mit B r (0) ⊆ C ∈ U0 . Es gilt 1 ϕ ≤ mC ≤ mB r (0) = k · k. r Daraus folgt die (Lipschitz-)Stetigkeit von ϕ und damit ϕ ∈ X ′ . (ii) Es gilt d(A, B) > 0, denn die Abbildung x → d(x, B) ist stetig und nimmt außerhalb von B nur strikt positive Werte an (da B abgeschlossen) und auf A ihr Minimum an (da A kompakt). Daher impliziert Korollar 3.33 Aussage (ii). Wir betrachten nun den Fall, dass X ein C-Vektorraum ist: Zunächst fasst man X wieder als R-Vektorraum auf, erhält aus dem bereits Gezeigten ein R-lineares Funktional ϕ wie oben. Dann setzt man ϕ(x) e := ϕ(x) − iϕ(ix), x ∈ X. Nach Lemma 3.25(ii) ist ϕ e C-linear mit Re(ϕ) e = ϕ. Die (Lipschitz-)Stetigkeit von ϕ e folgt aus Lemma 3.25(iii), angewandt auf p(x) := kϕkop kxk, x ∈ X (da ohnehin |ϕ| e ≥ |ϕ|, folgt sogar kϕk e op = kϕkop ). 3.4 Normierte Räume linearer Abbildungen Für normierte Räume (X, k·kX ), (Y, k·kY ) betrachten wir den Raum L(X, Y ) der stetigen linearen Abbildungen von X nach Y . Ausgestattet mit der Operatornorm k·kop ist L(X, Y ) ein normierter Raum (s. Aufgabe 2, Übungsblatt 3). Satz 3.36. X, Y normierte Räume, Y vollständig. Dann ist L(X, Y ) vollständig. Insbesondere ist der Dualraum X ′ von X vollständig. 32 Beweis. Da X ′ = L(X, K) und K bekanntermaßen vollständig ist, folgt die zweite direkt aus der ersten Behauptung. Zum Beweis der ersten Behauptung: Sei (Tn )n∈N eine Cauchy-Folge in L(X, Y ). Dann folgt für jedes x ∈ X k(Tn − Tm )xkY ≤ kTn − Tm kop kxkX → 0 für n, m → ∞, d.h. (Tn x)n∈N ist Cauchy-Folge in Y und besitzt auf Grund der Vollständigkeit von Y einen Limes. Wir definieren T : X → Y , x 7→ lim Tn x. n→∞ Da die Tn , n ∈ N, linear sind und der Limes an Addition und Skalarmultiplikation vorbeigezogen werden kann, ist T linear. Wir zeigen nun die Stetigkeit von T : Da (Tn )n∈N eine Cauchy-Folge ist, existiert ein M > 0 mit sup kTn kop ≤ M n∈N (vgl. Blatt 5, Aufgabe 1). Somit gilt für jedes x ∈ X kT xkY = lim kTn xkY ≤ sup kTn xkY ≤ sup kTn kop kxkX ≤ MkxkX . n∈N n∈N n∈N Also ist T (Lipschitz-)stetig. Es verbleibt z.z., dass (Tn )n∈N gegen T in der Operatornorm konvergiert. Sei dazu ε > 0 vorgegeben. Sei n0 ∈ N so, dass kTn − Tm kop ≤ ε/2 für alle X n, m ∈ N≥n0 . Für jedes n ≥ n0 , jedes x ∈ B 1 (0) und ein m ≥ n0 mit kTm x − T xkY ≤ ε/2 gilt dann kTn x − T xkY ≤ kTn x − Tm xkY + kTm x − T xkY ≤ kTn − Tm kop kxkX + ε/2 ≤ ε. Das zeigt, dass kTn − T kop = sup kTn x − T xkY → 0 kxkX ≤1 für n → ∞. Erinnerung: Eine K-Algebra A ist ein (nicht notwendigerweise kommutativer) Ring, der überdies ein K-Vektorraum ist. Definition 3.37 (Normierte Algebra/Banach-Algebra). A K-Algebra und gleichzeitig normierter K-Vektorraum mit Norm k · k. Gilt kxyk ≤ kxkkyk für alle x, y ∈ A (Submultiplikativität der Norm), so heißt A normierte Algebra. Ist A überdies vollständig, so heißt A Banach-Algebra. Besitzt A zusätzlich ein Einselement 1 (bzgl. der Multiplikation) mit Norm 1, so heißt A normierte Algebra bzw. Banach-Algebra mit 1. 33 Bemerkung 3.38. X, Y , Z normierte Räume und S : X → Y , T : Y → Z stetige, lineare Abbildungen. Dann ist T ◦ S : X → Z linear und stetig mit kT ◦ Skop ≤ kT kop kSkop . Korollar 3.39. X normierter Raum. Dann ist L(X) := L(X, X) eine normierte Algebra. Ist X zudem vollständig, so ist L(X) eine Banach-Algebra. Beweis. Die Ringmultiplikation auf L(X) ist die Hintereinanderausführung ◦ von Abbildungen und das Einselement ist die Identität IdX auf X. Offenbar gilt k IdX kop = 1. Das Korollar folgt nun aus Bemerkung 3.38 und Satz 3.36. Definition 3.40 (Dualer Operator/Bidualraum/kanonische Abbildung). X, Y normierte Räume, T ∈ L(X, Y ). (i) Die Abbildung ist der zu T duale Operator. T ′ : Y ′ → X′ , ϕ → ϕ ◦ T (ii) Der Raum X ′′ := (X ′ )′ heißt Bidualraum von X und die Abbildung i = iX : X → X ′′ , iX (x)ϕ = ϕ(x) für alle ϕ ∈ X ′ , heißt kanonische Abbildung des Raums X. Genau genommen ist noch zu klären, dass das oben definierte iX wirklich Werte in X ′′ annimmt: Sei x ∈ X. Dann folgt die Linearität von iX (x) : X ′ → K sofort aus der Definition der Addition und Skalarmultiplikation von Funktionen aus X ′ . Ferner folgt aus |iX (x)ϕ| = |ϕ(x)| ≤ kxkX kϕkop die Stetigkeit von iX (x); genauer gilt kiX (x)kop ≤ kxkX für alle x ∈ X. (16) Lemma 3.41. X, Y normierte Räume, T ∈ L(X, Y ). (i) Dann ist T ′ ∈ L(Y ′ , X ′ ). (ii) Die kanonische Abbildung iX ist eine lineare Isometrie. Beweis. (i) Offensichtlich ist T ′ linear. Aus kT ′ ψkop = kψ ◦ T kop ≤ kT kop kψkop folgt die Stetigkeit von T ′ . (ii) Die Linearität von i = ix folgt aus für alle ψ ∈ Y ′ (17) i(x + λy)ϕ = ϕ(x + λy) = ϕ(x) + λϕ(y) = i(x)ϕ + λi(y)ϕ für alle x, y ∈ X, λ ∈ R und ϕ ∈ X ′ . Für die Isometrieeigenschaft von i bleibt wegen (16) nur noch ki(x)kop ≥ kxkX für x ∈ X \ {0} zu zeigen. Nach Korollar 3.29 (Hahn-Banach) existiert ein Φ ∈ X ′ mit kΦkop = 1 und Φ(x) = kxkX . Daraus folgt ki(x)kop ≥ |i(x)Φ| = |Φ(x)| = kxkX . 34 Bemerkung 3.42 (Kanonische Vervollständigung). Aus Lemma 3.41(ii) folgt, dass jeder normierte Raum X eine kanonische Vervollständigung besitzt, nämlich den abgeschlossenen Unterraum iX (X) des vollständigen Raums X ′′ . Lemma 3.43. X, Y normierte Räume, T ∈ L(X, Y ). Für T ′′ := (T ′ )′ ∈ L(X ′′ , Y ′′ ) gilt T ′′ ◦ iX = iY ◦ T. Beweis. Seien x ∈ X und ψ ∈ Y ′ . Dann gilt (T ′′ (iX (x)))ψ = (iX (x) ◦ T ′ )ψ = iX (x)(ψ ◦ T ) = (ψ ◦ T )(x) = ψ(T x) = iY (T x)ψ. Lemma 3.44. X, Y normierte Räume, T ∈ L(X, Y ). Dann gilt kT kop = kT ′ kop . Beweis. Aus (17), angewandt auf T und T ′ sowie auf T ′ und (T ′ )′ = T ′′ , folgt kT kop ≥ kT ′ kop ≥ kT ′′ kop . (18) Nach Lemma 3.41(ii) und 3.43 gilt andererseits für alle x ∈ X kT xkY = kiY (T x)kY ′′ = kT ′′ (iX (x))kY ′′ ≤ kT ′′ kop kiX (x)kX ′′ = kT ′′ kop kxkX , was kT kop ≤ kT ′′ kop nach sich zieht. Daraus und aus (18) folgt die Behauptung. Lemma 3.45. X normierter Raum. Für iX ′ : X ′ → X ′′′ und (iX )′ : X ′′′ → X ′ gilt (iX )′ ◦ iX ′ = IdX ′ . Beweis. Für alle ϕ ∈ X ′ und alle x ∈ X gilt (iX )′ (iX ′ (ϕ)) (x) = (iX ′ (ϕ)) ◦ iX (x) = iX ′ (ϕ) (iX (x)) = iX (x) ϕ = ϕ(x). 3.5 Satz von Banach-Steinhaus Der nächste Satz formuliert das Prinzips der gleichmäßigen Beschränktheit für den Spezialfall, dass die Familie F aus stetigen linearen Abbildungen zwischen normierten Räumen besteht: Satz 3.46 (Banach-Steinhaus; Grundversion). X Banach-Raum, Y normierter Raum, T ⊆ L(X, Y ). Gilt sup{kT xkY | T ∈ T } < ∞ für alle x ∈ X, so folgt sup{kT kop | T ∈ T } < ∞. 35 Beweis. Nach Satz 2.28 (Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit) existieren x0 ∈ X, r, C > 0 so, dass n o X sup kT xkY T ∈ T , x ∈ B r (x0 ) ≤ C. X Sei nun x ∈ B 1 (0). Dann gilt für alle T ∈ T 2C 1 1 1 , kT xkY = kT (rx)kY = kT (rx + x0 − x0 )kY ≤ kT (rx + x0 )kY + kT x0 kY ≤ r r r r X da rx + x0 , x0 ∈ B r (x0 ). Somit sup{kT kop | T ∈ T } ≤ 2C/r. Korollar 3.47 (Schwach beschränkt = beschränkt). X normierter Raum, M ⊆ X. Dann sind äquivalent (i) M ist beschränkt in X. (ii) Für alle ϕ ∈ X ′ ist ϕ(M) beschränkt in K. Beweis. (i) =⇒ (ii): Klar, da stetige lineare Abbildungen zwischen normierten Räumen beschränkte Mengen auf beschränkte Mengen abbilden. (ii) =⇒ (i): Betrachte die stetigen Funktionale iX (x) : X ′ → K, x ∈ M. Für jedes ϕ ∈ X ′ gilt offenbar sup{|iX (x)ϕ| | x ∈ M} = sup{|ϕ(x)| | x ∈ M} < ∞. Dann folgt aus Lemma 3.41(ii) und Satz 3.46, dass sup{kxkX | x ∈ M} = sup{kiX (x)kop | x ∈ M} < ∞, also die Beschränktheit von M. Für die duale Version des Korollars 3.47 benötigt man die Vollständigkeit von X: Korollar 3.48. X Banach-Raum, M ′ ⊆ X ′ . Dann sind äquivalent (i) M ′ ist beschränkt in X ′ . (ii) Für alle x ∈ X ist {ϕ(x) | ϕ ∈ M ′ } beschränkt in K. Beweis. (i) =⇒ (ii): Folgt wieder sofort, da die beschränkten linearen Funktionale iX (x) : X ′ → K natürlich beschränkte Mengen auf beschränkte Mengen abbilden. (ii) =⇒ (ii): Ist gerade die Aussage des Satzes 3.46 im Spezialfall Y = K. Korollar 3.49 (Punktweiser Limes einer Folge in L(X, Y ) liegt in L(X, Y )). X Banach-Raum, Y normierter Raum, (Tn )n∈N Folge in L(X, Y ). Für alle x ∈ X existiere T x := limn∈N Tn x. Dann ist T ∈ L(X, Y ). Zudem konvergiert (Tn )n∈N gleichmäßig auf Kompakta gegen T . 36 Beweis. Der punktweise Limes einer Folge linearer Abbildungen ist linear. Wir zeigen nun die Stetigkeit von T : Da supn∈N kTn xkY < ∞ für alle x ∈ X, folgt aus Satz 3.46, dass C := supn∈N kTn kop < ∞. Daher gilt für alle x ∈ X kT xkY = lim kTn xkY ≤ sup kTn xkY ≤ CkxkX . n∈N n∈N Somit ist T stetig. Der Beweis des Zusatzes ist Übungsaufgabe. Satz 3.50 (Banach-Steinhaus; Kategorie-Version). X, Y normierte Räume, T ⊆ L(X, Y ). Dann gilt für die Menge BT := {x ∈ X | T (x) beschränkt} die folgende Alternative: 1. BT ist von 1. Bairescher Kategorie in X. Ist zudem X von 2. Bairescher Kategorie, so ist T unbeschränkt in L(X, Y ). 2. BT ist von 2. Bairescher Kategorie in X. Ferner gilt BT = X und T ist beschränkt in L(X, Y ). Beweis. Übungsaufgabe. Eine Anwendung: Der Satz von Szegő Problemstellung: Man möchte Integrale der Form Z 1 I(f ) := f (t) dt , f ∈ C([0, 1], R) , 0 mit Hilfe einer Folge von Quadraturformeln der Gestalt Qn (f ) := n X i=1 (n) (n) wi f (ti ), (n) (n) n ∈ N , w1 , . . . wn(n) ∈ R , t1 , . . . , t(n) n ∈ [0, 1] , approximieren. Unter welchen Voraussetzungen konvergiert die Folge Qn (f ) gegen das entsprechende Integral I(f )? Satz 3.51 (Szegő). Seien die Qn wie oben. Dann sind äquivalent: (i) Qn (f ) → I(f ) für alle f ∈ C([0, 1], R). (ii) Qn (p) → I(p) für alle reellen Polynome p und n X (n) w < ∞. sup i n∈N i=1 37 Beweis. Setze X := C([0, 1], R). Offenbar gilt Qn ∈ X ′ und kQn kop = n X (n) w . i i=1 (i) =⇒ (ii): Folgt aus dem Satz von Banach-Steinhaus (Satz 3.46). P (n) (ii) =⇒ (i): Sei C := supn∈N ni=1 |wi | und seien f ∈ X und ε > 0 vorgegeben. Nach Approximationssatz von Weierstrass (Satz 3.17) finden wir ein Polynom p mit kf − pk∞ ≤ was |I(f ) − I(p)| ≤ Z 0 ε , 3(1 + C) 1 |f (t) − p(t)| dt ≤ kf − pk∞ ≤ ε ε ≤ 3(1 + C) 3 nach sich zieht. Sei n0 ∈ N so, dass für n ≥ n0 schon |Qn (p) − I(p)| ≤ ε/3 gilt. Dann folgt für solche n |Qn (f ) − I(f )| ≤ |Qn (f ) − Qn (p)| + |Qn (p) − I(p)| + |I(p) − I(f )| ε ε Cε 2ε ≤ kQn kop kf − pk∞ + + ≤ + < ε. 3 3 3(1 + C) 3 3.6 Satz von der offenen Abbildung und vom abgeschlossenen Graphen Definition 3.52 (Fast offene Abbildung). X, Y normierte Räume, T : X → Y linear. T heißt fast offen, falls ein c > 0 existiert mit BcY (0) ⊆ T (B1X (0)). Bemerkung 3.53. X, Y normierte Räume, T : X → Y linear. Dann lässt sich wegen der Invarianzeigenschaft der Normtopologie (vgl. Bemerkung 3.6) schnell einsehen, dass T genau dann eine offene Abbildung ist (also offene Mengen auf offene Mengen abbildet), wenn ein c > 0 existiert mit BcY (0) ⊆ T (B1X (0)). Insbesondere impliziert offen schon fast offen. Satz 3.54 (Fast offen impliziert offen). X, Y normierte Räume, X vollständig, T ∈ L(X, Y ) fast offen. Dann ist T eine offene Abbildung. Beweis. Sei c > 0 mit BcY (0) ⊆ T (B1X (0)). Dann gilt, s. (8), X BrY (0) ⊆ T (Br/c (0)) 38 für alle r > 0. (19) Sei 0 6= y0 ∈ BcY (0) vorgegeben. Wir zeigen nun: es existiert x0 ∈ B1X (0) mit T x0 = y0 . Wir definieren jetzt rekursiv Folgen (xn )n∈N in X und (yn )n∈N und Y : Aus (19) mit r = ky0kY folgt, dass ein x1 ∈ X existiert mit 1 kx1 kX < ky0 kY < 1 c ky0 − T x1 kY ≤ 2−1 (c − ky0kY ); und wir setzen y1 := y0 − T x1 . Angenommen, wir haben bereits x1 , . . . , xn und y1 , . . . , yn definiert. Dann existiert wegen (19), angewandt auf r = kyn kY , ein xn+1 ∈ X mit 1 kxn+1 kX ≤ kyn kY c und kyn − T xn+1 kY ≤ 2−(n+1) (c − ky0 kY ) und wir setzen yn+1 := yn − T xn+1 . Dann folgt ∞ X ∞ ∞ 1X 1X kyn kY = kx1 kX + kyn−1 − T xn kY kxn kX ≤ kx1 kX + c n=1 c n=1 n=1 ∞ 1 1 1 X −n 1 < ky0 kY + 2 (c − ky0 kY ) = ky0 kY + (c − ky0 kY ) = 1. c c n=1 c c P Somit ist die Reihe ∞ n=1 xn absolut konvergent und konvergiert daher im vollständigen Raum X gegen ein x0 . Dann gilt kx0 kX ≤ und T x0 = T ∞ X xn n=1 ! = ∞ X kxn kX < 1 n=1 ∞ X T xn = ∞ X n=1 n=1 (yn−1 − yn ) = y0 . Satz 3.55 (Satz von der offenen Abbildung). X, Y Banach-Räume, T ∈ L(X, Y ) surjektiv. Dann ist T eine offene Abbildung. Beweis. Da X= [ BnX (0), n∈N folgt aus der Surjektivität von T , dass [ [ T (BnX (0)). T BnX (0) = Y = n∈N n∈N Nach Satz von Baire (Satz 2.25) existiert ein n ∈ N, ein y ∈ Y und ein r > 0 mit Y B2r (y) ⊆ T (BnX (0)). 39 Dann existiert ein x ∈ BnX (0) mit ky − T xkY < r. Also Y BrY (T x) ⊆ B2r (y) ⊆ T (BnX (0)). Es folgt X BrY (0) = BrY (T x)−T x ⊆ T (BnX (0))−T x = T (BnX (0)) − T x = T (BnX (−x)) ⊆ T (B2n (0)). Das impliziert Y Br/2n (0) ⊆ T (B1X (0)). D.h. T ist fast offen und somit nach Satz 3.54 bereits offen. Korollar 3.56 (Satz vom inversen Operator). X, Y Banach-Räume, T ∈ L(X, Y ) bijektiv. Dann ist T −1 ∈ L(Y, X). Beweis. T −1 ist natürlich linear (s. Lineare Algebra 1). Nach Satz 3.55 ist T offen, also sind Urbilder offener Mengen unter T −1 offen, d.h. T −1 ist auch stetig. Definition 3.57. X, Y Mengen, T : X → Y Abbildung. Der Graph von T ist die Menge G(T ) := {(x, T x) | x ∈ X} ⊆ X × Y. Satz 3.58 (Satz vom abgeschlossenen Graphen). X, Y Banach-Räume, T : X → Y linear. T ist genau dann stetig, wenn G(T ) abgeschlossen in X × Y ist. Beweis. =⇒“: Sei (wn )n∈N eine Cauchy-Folge in G(T ). Dann existieren xn ∈ X, n ∈ N, ” mit wn = (xn , T xn ) und (xn )n∈N sowie (T xn )n∈N sind Cauchy-Folgen in X bzw. Y . Da X vollständig ist, gibt es ein x ∈ X mit x := limn→N xn . Auf Grund der Stetigkeit von T gilt T x = limn∈N T xn . Also konvergiert (wn )n∈N in X × Y gegen (x, T x) ∈ G(T ). Nach Lemma 2.12 ist G(T ) abgeschlossen in X × Y . ⇐=“: Da G(T ) ein abgeschlossener Untervektorraum des Banach-Raums X × Y ist, ist ” G(T ) selbst Banach-Raum. Die Projektion π := π1 |G(T ) : G(T ) → X , (x, T x) 7→ x , ist bijektiv, linear und stetig. Nach Satz vom inversen Operator (Satz 3.56) ist die Umkehrabbildung π −1 stetig. Ferner ist die Projektion π2 : X × Y → Y , (x, y) 7→ y , stetig. Daraus folgt die Stetigkeit von T = π2 ◦ π −1 . 40 4 Lp-Räume Im folgenden seien immer M 6= ∅ eine Menge, Σ eine σ-Algebra auf M, µ : Σ → [0, ∞] ein positives Maß und K ∈ {R, C}. Für p ∈ [1, ∞) bezeichne Lp = Lp (M, K; µ) := {f : M → K | f messbar , |f |p integrierbar}. Wir definieren die Funktion k · kp : Lp → [0, ∞) durch kf kp := Z p M |f | dµ 1/p . Ferner bezeichne L∞ = L∞ (M, K; µ) := {f : M → K | f messbar und µ-beschränkt}; dabei ist ein messbares f µ-beschränkt (oder auch wesentlich beschränkt), falls eine µNullmenge N ⊆ M so existieren, dass f |M \N beschränkt ist. Wir definieren k · k∞ : L∞ → K durch kf k∞ := inf sup |f (x)| N ∈ Σ , µ(N) = 0 . x∈M \N p Die Räume L , p ∈ [1, ∞], sind K-Vektorräume. Die für uns wichtigsten Beispiele für M, Σ und µ sind (a) M = N, Σ = 2M , µ das Zählmaß auf M, i.e., µ(A) = |A| für alle A ⊆ N, wobei |A| die Kardinalität von A bezeichnet. Offenbar gilt µ(N) = ∞. In diesem Fall liest sich integrierbar“ als summierbar“, wesentlich beschränkt“ ” ” ” als beschränkt“ und Lp ist gerade der Folgenraum ℓp (s. auch Übungsblatt 6 und ” 7). (b) M = Rd , Σ die σ-Algebra der Borel-Mengen auf Rd (i.e., die von den offenen Mengen des Rd erzeugte σ-Algebra), µ = λd das d-dimensionale Lebesgue-Maß. Es gilt λ(Rd ) = ∞. (c) M = [0, 1]d , Σ die σ-Algebra der Borel-Mengen auf [0, 1]d , µ = λd |[0,1]d die Einschränkung von λd auf [0, 1]d . Es gilt µ([0, 1]d) = 1, d.h. µ ist ein Wahrscheinlichkeitsmaß. Für p ∈ [1, ∞] bezeichnen wir p′ := p ∈ [1, ∞] p−1 als den zu p adjungierten Exponenten. Es gilt 1 1 + ′ = 1. p p 41 Lemma 4.1 (Verallgemeinerte Ungleichung zwischen geometrischem und arithmetischem Mittel). p ∈ (1, ∞), a, b > 0. Dann gilt ′ a1/p b1/p ≤ Beweis. Zunächst gilt für t ≥ 1 t1/p ≤ a b + ′. p p (20) t 1 + ′, p p (21) denn (21) gilt mit Gleichheit für t = 1 und die Ableitung t−1+1/p /p der linken Seite von (21) ist für alle t ≥ 1 kleiner gleich der Ableitung 1/p der rechten Seite. O.B.d.A. können wir a ≥ b annehmen (Ungleichung (20) ist symmetrisch in p, p′ ∈ (1, ∞)). Dann folgt aus Ungleichung (21) angewandt auf t = a/b a 1 b a/b 1/p 1/p′ 1/p 1−1/p 1/p a b =a b = (a/b) b ≤ + ′ b ≤ + ′. p p p p Satz 4.2 (Hölder-/Minkowski-Ungleichung). p ∈ [1, ∞]. ′ (i) Gilt f ∈ Lp , g ∈ Lp , so folgt f g ∈ L1 und kf gk1 ≤ kf kp kgkp′ (Hölder-Ungleichung) (ii) Gilt f, g ∈ Lp , so folgt kf + gkp ≤ kf kp + kgkp (Minkowski-Ungleichung) Insbesondere ist k · kp eine Halbnorm auf Lp . Beweis. (i) Der Fall p = 1, p′ = ∞ (und andersherum) ist klar. Sei also p (und somit auch p′ ) in (1, ∞). Gilt kf kp = 0 bzw. kgkp′ = 0, so verschwinden f bzw. g µ-fast überall und entsprechend f g, also f g ∈ L1 und kf gk1 = 0. Wir betrachten jetzt den Fall kf kp 6= 0, kgkp′ 6= 0 und setzen a := |f |p kf kpp und b := |g|p ′ ′ kf kpp′ . Angewandt auf a und b liefert (20) ′ 1 |f |p 1 |g|p |f | |g| ≤ + ′. kf kp kgkp′ p kf kpp p′ kgkpp′ (22) Ungleichung (22) zeigt, dass |f ||g| (und somit auch f g) in L1 liegt. Integriert man (22) über M, so folgt 1 1 kf gk1 ≤ + ′ = 1, kf kp kgkp′ p p 42 also die Hölder-Ungleichung. (ii) Der Fall p = ∞ ist klar. Sei also p ∈ [1, ∞). Aus der Dreiecksungleichung in K folgt |f + g|p ≤ |f ||f + g|p−1 + |g||f + g|p−1. Integration der Ungleichung und Anwendung der Hölder-Ungleichung liefern Z |f + g|p dµ M ≤ Z M p |f | dµ 1/p Z p M |f + g| dµ 1/p′ + Z M p |g| dµ 1/p Z M p |f + g| dµ 1/p′ . R ′ Ist I := M |f +g|p dµ 6= 0, so dividieren wir die letzte Ungleichung durch I 1/p und erhalten die Minkowski-Ungleichung. Für I = 0 ist die Minkowski-Ungleichung trivialerweise wahr. Die Minkowski-Ungleichung ist gerade die Dreiecksungleichung für k · kp ; die weiteren Halbnormeigenschaften von k · kp sind offenbar ebenfalls erfüllt. Sei p ∈ [1, ∞]. Um aus Lp = Lp (M, K; µ) einen normierten Raum zu erhalten, müssen wir den Kern der Halbnorm k · kp N := {f ∈ Lp | f = 0 µ-fast überall} wegfaktorisieren; der resultierende Raum ist Lp = Lp (M, K; µ) := Lp (M, K; µ)/N. Im folgenden identifizieren wir die Äquivalenzklassen f + N mit ihren Vertretern f ; die Auswertung der (Halb-)Norm k · kp ist unabhängig vom spezifisch gewählten Vertreter der Äquivalenzklasse. Aus den bisherigen Betrachtungen ergibt sich sofort der folgende Satz: Satz 4.3. Für p ∈ [1, ∞] ist (Lp (M, K; µ), k · kp ) ein normierter K-Vektorraum. Lemma 4.4. Sei p ∈ [1, ∞]. Die nachstehende kanonische Einbettungsabbildung ist eine lineare Isometrie: Z p′ p ′ j : L → (L ) , [j(f )](g) := f g dµ. M ′ Beweis. Sind f ∈ Lp und g ∈ Lp , so ist nach Satz 4.2(i) f g ∈ L1 und es gilt |[j(f )](g)| ≤ kf gk1 ≤ kf kp′ kgkp. Das zeigt, dass die (offenbar) lineare Abbildung j(f ) wohldefiniert ist, in (Lp )′ liegt und kj(f )kop ≤ kf kp′ erfüllt. Sei nun σ die Vorzeichenfunktion von f , d.h., ( 0 falls f (x) = 0, σ(x) := f (x)/|f (x)| sonst, 43 ′ ′ und h := σ|f |p −1 . Dann ist h messbar und |h|p = |f |p , also h ∈ Lp . Es folgt |[j(f )](h)| = = Z M Z |f h| dµ = p′ M |f | dµ Z p′ M 1/p′ |f | dµ = Z M Z |h|p dµ p′ |f | dµ M 1/p 1/p′ Z M p′ |f | dµ 1/p = kf kp′ khkp . Insgesamt folgt, dass kf kop = kf kp′ gilt, also j eine Isometrie ist. Satz 4.5. p ∈ [1, ∞], (fn )n∈N eine Cauchy-Folge in Lp . Dann konvergiert (fn )n∈N gegen ein f ∈ Lp . Ferner existiert eine Teilfolge (fnk )k∈N mit den folgenden Eigenschaften: (i) (fnk )k∈N konvergiert µ-fast überall gegen f . (ii) Zu vorgegebenem ε > 0 existiert eine messbare Menge Z mit µ(Z) < ε so, dass (fnk )k∈N gleichmäßig auf M \ Z gegen f konvergiert. Als Hilfsmittel für den Beweis des Satzes 4.5 nutzen wir die folgende Version des Lemmas von Fatou, s. z.B. [Lan93, Capter VI. Corollary 5.7]. Lemma 4.6 (Fatou). gn : M → [0, ∞), n ∈ N, Folge in L1 , lim inf n→∞ kgn k1 existiere. Dann existiert g(x) := lim inf n→∞ gn (x) für µ-fast alle x ∈ M, die Funktion g liegt in L1 und Z Z g dµ ≤ lim inf gn dµ = lim inf kgn k1 . (23) M n→∞ n→∞ M Beweis des Satzes 4.5. Der Fall p ∈ [1, ∞): Wir beweisen zunächst die Aussagen über die Teilfolge und verschaffen uns darüber einen Kandidaten für die Lp -Limesfunktion f : Wähle die Teilfolge so, dass kfnℓ − fnk kpp ≤ 2−2ℓ für alle k ≥ ℓ. Setze Xℓ := {x ∈ M | |fnℓ (x) − fnℓ+1 (x)|p ≥ 2−ℓ }. Dann ist Xℓ messbar, und aus (24) folgt µ(Xℓ ) ≤ 2−ℓ . Setze Zℓ := ∞ [ Xℓ+k ; k=0 dann gilt µ(Zℓ ) ≤ Ist x ∈ / Zℓ , so gilt ∞ X k=0 µ(Xℓ+k ) ≤ 2−ℓ+1 . |fnk (x) − fnk+1 (x)|p < 2−k 44 für alle k ≥ ℓ. (24) Daher konvergiert die Reihe fn1 + ∞ X k=1 (fnk+1 − fnk ) gleichmäßig und absolut auf M \ Zℓ für jedes ℓ ∈ N. Setzt man \ Z := Zℓ , ℓ∈N so gilt µ(Z) = µ \ ℓ∈N Zℓ = lim µ(Zℓ ) = 0, ℓ→∞ und die Reihe konvergiert punktweise auf M \ Z. Beachte das die Reihe, also die Folge der Partialsummen, gerade unsere Teilfolge (fnk )k∈N ist. Definiere ( 0 falls x ∈ Z, f (x) := limk→∞ fnk (x) sonst. Es verbleibt z.z., dass f ∈ Lp und das (fnk )k∈N in Lp gegen f konvergiert (dann konvergiert notwendigerweise die gesamte Cauchy-Folge (fn )n∈N gegen f ). Fixiere k ∈ N und wende das Lemma von Fatou auf die Folge gℓ := |fnℓ − fnk |p an: Offenbar existiert lim inf kgℓ k1 = lim inf kfnℓ − fnk kpp ℓ→∞ ℓ→∞ und lim inf |fnℓ (x) − fnk (x)|p = |f (x) − fnk (x)|p ℓ→∞ µ-fast überall. Nach Lemma von Fatou ist |f − fnk |p ∈ L1 , also f − fnk ∈ Lp . Da Lp ein Vektorraum ist, liegt auch f = (f − fnk ) + fnk in Lp . Sei ε > 0 vorgegeben und sei k0 ∈ N so, dass kfnℓ − fnk kpp ≤ ε für alle k, ℓ ≥ k0 gilt. Dann folgt aus (23) für alle k ≥ k0 Z Z p p |fnℓ − fnk |p dµ = lim inf kfnℓ − fnk kpp ≤ ε. kf − fnk kp = |f − fnk | dµ ≤ lim inf M ℓ→∞ ℓ→∞ M Das zeigt, dass (fnk )k∈N und somit auch (fn )n∈N in Lp gegen f konvergieren. Der Fall p = ∞: Sei (fn )n∈N Cauchy-Folge in L∞ . Für k ∈ N und n, m ∈ N setze Zk := {x ∈ M | |fk (x)| > kfk k∞ } und Zn,m := {x ∈ M | |fn (x) − fm (x)| > kfn − fm k∞ }; dann sind Zk , Zn,m µ-Nullmengen. Daher ist auch ! ! [ [ Z := Zk ∪ Zn,m k∈N n,m∈N 45 µ-Nullmenge. Die Konvergenz der Folge (fn )n∈N ist gleichmäßig auf M \ Z. Setze f (x) := lim fn (x) n→∞ für x ∈ M \ Z und f (x) := 0 für x ∈ Z. Dann ist f messbar und beschränkt, liegt also in L∞ , und (fn )n∈N konvergiert in der k · k∞ -Norm gegen f . Das wichtigste Teilresultat aus Satz 4.5 soll noch einmal gesondert festgehalten werden: Korollar 4.7 (Satz von Riesz-Fischer). Für alle p ∈ [1, ∞] ist der normierte Raum (Lp , k · kp ) vollständig. 5 Schwache Topologien und reflexive Räume 5.1 Schwache Topologien Definition 5.1 (Schwache Topologie/schwach-∗-Topologie). X normierter K-Vektorraum, X ′ Dualraum von X. (i) Die gröbste Topologie auf X, die alle ϕ ∈ X ′ stetig macht, heißt schwache Topologie σ(X, X ′ ) auf X. (ii) Die gröbste Topologie auf X ′ , die alle Abbildungen iX (x) : X ′ → K , ϕ 7→ ϕ(x) , x∈X, stetig macht, heißt schwach-∗-Topologie σ(X ′ , X) auf X ′ . Bemerkung 5.2. Die schwache Topologie auf X und die schwach-∗-Topologie auf X ′ sind Initialtopologien. Nach Bemerkung 1.21 sind also E(X, X ′ ) := {x ∈ X | ϕ(x) ∈ V } | ϕ ∈ X ′ , V ⊆ K offen bzw. E(X ′ , X) := {ϕ ∈ X ′ | ϕ(x) ∈ V } | x ∈ X , V ⊆ K offen Erzeugendensysteme der schwachen Topologie auf X bzw. der schwach-∗-Topologie auf X ′ . Offenbar sind die Normtopologien auf X bzw. X ′ feiner als die schwache bzw. schwach∗-Topologie, d.h. die Einbettungen IdX : (X, k · kX ) → (X, σ(X, X ′ )) und IdX ′ : (X ′ , k · kop ) → (X ′ , σ(X ′ , X)) sind stetig. Lemma 5.3. X normierter K-Vektorraum, X ′ Dualraum von X. (i) (X, σ(X, X ′ )) ist Hausdorff-Raum. 46 (ii) (X ′ , σ(X ′ , X)) ist Hausdorff-Raum. Beweis. (i) Seien x, y ∈ X mit x 6= y vorgegeben. Nach Hahn-Banach (Korollar 3.29) existiert ein ϕ ∈ X ′ mit ϕ(x) 6= ϕ(y). Setzt man r := 21 |ϕ(x) − ϕ(y)|, so sind z ∈ X | ϕ(z) ∈ BrK (ϕ(x)) und z ∈ X | ϕ(z) ∈ BrK (ϕ(y)) disjunkte offene Umgebungen von x und y in (X, σ(X, X ′ )). (ii) Seien ϕ, ψ ∈ X ′ mit ϕ 6= ψ vorgegeben. Dann existiert ein x ∈ X mit ϕ(x) 6= ψ(x). Setze ρ := 12 |ϕ(x) − ψ(x)|. Dann sind ζ ∈ X ′ | ζ(x) ∈ BρK (ϕ(x)) und ζ ∈ X ′ | ζ(x) ∈ BρK (ψ(x)) disjunkte offene Umgebungen von ϕ und ψ in (X ′ , σ(X ′ , X)). Lemma 5.4. X normierter K-Vektorraum, X ′ Dualraum von X. (i) Eine Folge (xn )n∈N konvergiert in (X, σ(X, X ′ )) (Sprechweise: ist schwach konvergent) gegen x0 ∈ X genau dann, wenn gilt ϕ(x0 ) = lim ϕ(xn ) n→∞ für alle ϕ ∈ X ′ . (ii) Eine Folge (ϕn )n∈N konvergiert in (X ′ , σ(X ′ , X)) (Sprechweise: ist schwach-∗-konvergent) gegen ϕ0 ∈ X ′ genau dann, wenn gilt ϕ0 (x) = lim ϕn (x) n→∞ für alle x ∈ X. Bemerkung 5.5 (Schwach-∗-Konvergenz = punktweise Konvergenz). Lemma 5.4(ii) sagt aus, dass eine Folge von stetigen Funktionalen genau dann schwach-∗-konvergent ist, wenn sie punktweise konvergiert. Lemma 5.4 folgt sofort aus dem nachstehenden allgemeineren Resultat. Lemma 5.6. X Menge, I Indexmenge, (Xi , Oi ) topologischer Raum, fi : X → Xi Abbildung für i ∈ I, Oinit die initiale Topologie auf X bzgl. (Xi , Oi , fi )i∈I . Eine Folge (xn )n∈N konvergiert genau dann in (X, Oinit ) gegen x0 , wenn für alle i ∈ I die Folge (fi (xn ))n∈N gegen fi (x0 ) konvergiert. Beweis. =⇒ : Seien i ∈ I und V ∈ Ofi (x0 ) vorgegeben. Dann exisitiert ein n0 ∈ N so, dass für alle n ≥ n0 schon xn ∈ fi−1 (V ) ∈ Ox0 und somit fi (xn ) ∈ V gilt. ⇐=: Sei U ∈ Ox0 vorgegeben. Ist U = X, so liegt trivialerweise die ganze Folge (xn )n∈N in X. Daher betrachten wir U 6= X. Da Einit (s. (3)) ein Erzeugendensystem von Oinit ist, folgt, dass J ⊆ I endlich und Vj ∈ Ofj (x0 ) , j ∈ J, existieren mit x0 ∈ \ j∈J fj−1 (Vj ) ⊆ U, 47 vgl. Bemerkung 1.4(b). Dann finden wir ein nJ ∈ N so, dass für alle m ≥ nJ und alle j ∈ J schon fj (xm ) ∈ Vj folgt. Daraus folgt \ xm ∈ fj−1 (Vj ) ⊆ U für alle m ≥ nJ . j∈J Korollar 5.7 (Schwache Konvergenz impliziert Beschränktheit der Normen). (X, k · k) normierter Raum. Konvergiert die Folge (xn )n∈N schwach, so ist die Folge (kxn k)n∈N beschränkt. Beweis. Folgt sofort aus Lemma 5.4 und Korollar 3.47. Beispiel 5.8 (Schwache Konvergenz impliziert i. Allg. keine Normkonvergenz). Sei X = ℓ2 und (e√ n )n∈N die Folge der n-ten Einheitsvektoren en := (δn,k )k∈N . Für n 6= m gilt ken − em k2 = 2; insbesondere ist (en )n∈N keine Cauchy-Folge und somit auch nicht konvergent in ℓ2 . Sei ϕ ∈ (ℓ2 )′ vorgegeben. Wie wir später zeigen werden4 , existiert eine Folge (φn )n∈N ∈ ℓ2 mit X ϕ (xn )n∈N = φn xn für alle (xn )n∈N ∈ ℓ2 . (25) n∈N Da (φn )n∈N insbesondere Nullfolge ist, folgt ϕ(en ) = φn → 0 = ϕ(0) für n → ∞. Also ist (en )n∈N nach Lemma 5.4(i) schwach konvergent gegen 0 ∈ ℓ2 . Da ℓ2 über (25) isometrisch isomorph zu (ℓ2 )′ ist, zeigt dieses Beispiel auch, dass schwach-∗-Konvergenz i. Allg. keine Normkonvergenz (i.e., Konvergenz in der Operatornorm) nach sich zieht. Satz 5.9 (Alaoglu-Bourbaki). Sei X normierter K-Vektorraum, X ′ sein Dualraum. Dann ist die abgeschlossene Einheitskugel X′ B 1 (0) = {ϕ ∈ X ′ | kϕkop ≤ 1} kompakt bzgl. der schwach-∗-Topologie auf X ′ . Beweis. Siehe Übungsaufgabe 4, Blatt 5. Korollar 5.10. X K-Banach-Raum. Dann ist X isometrisch isomorph zu einem abgeschlossenen Untervektorraum eines Raumes C(K, K) stetiger Funktionen auf einem Kompaktum K. Dies wird genau genommen gleich zweimal gezeigt: In Kapitel 6.3.2, da ℓ2 insbesondere ein Lp -Raum, p ∈ [1, ∞), ist und in Kapitel 7, da ℓ2 insbesondere ein Hilbert-Raum ist. 4 48 X′ Beweis. Wähle K = B 1 (0), ausgestattet mit der schwach-∗-Topologie; nach AlaogluBourbaki ist K kompakt. Die Abbildung (X, k · kX ) → (C(K, K), k · k∞ ) , x 7→ iX (x)|K ist nach Lemma 3.41 eine lineare Isometrie, da kiX (x)kop = kiX (x)|K k∞ für x ∈ X. Daher ist das Bild des Banach-Raums X selbst ein Banach-Raum, also insbesondere ein abgeschlossener Untervektorraum von C(K, K). X′ Beispiel 5.11 (Folge in B 1 (0) besitzt i. Allg. keine schwach-∗-konvergente Teilfolge). Sei X = ℓ∞ und (en )n∈N wieder die Folge der n-ten Einheitsvektoren en := (δn,k )k∈N . Die Folge (ϕn )n∈N in (ℓ∞ )′ sei definiert durch X δn,k xk = xn für alle (xk )k∈N ∈ ℓ∞ . ϕn (xk )k∈N = k∈N X′ Für n ∈ N gilt kϕn kop = ken k1 = 1 (vgl. Lemma 4.4), also liegt die Folge in B 1 (0). Sei nun eine Teilfolge (ϕnk )k∈N vorgegeben. Wir definieren die Folge f = (fm )m∈N ∈ ℓ∞ durch ( (−1)k falls m = nk , fm := 0 sonst. Offenbar ist die alternierende Folge (ϕnk (f ))k∈N nicht konvergent, d.h., (ϕnk )k∈N konvergiert nicht in der schwach-∗-Topologie (vgl. Bemerkung 5.5). D.h., (ϕn )n∈N besitzt keine konvergente Teilfolge. Beachte, dass in diesem Beispiel X = ℓ∞ nicht separabel ist (s. Aufgabe 3.1, Blatt 7). X′ Satz 5.12. X normierter, separabler Raum. Dann besitzt jede Folge in B 1 (0) bereits eine schwach-∗-konvergente Teilfolge. Der Beweis des Satzes ist Teil einer Übungsaufgabe, in der die Konvergenz von Teilnetzen in kompakten topologischen Räumen und die Metrisierbarkeit von Topologien genauer beleuchtet wird. 5.2 Reflexive Räume Definition 5.13. Ein normierter Raum X heißt reflexiv, falls die kanonische Abbildung iX : X → X ′′ surjektiv ist. Bemerkung 5.14. Sei X reflexiv. Aus Lemma 3.41(ii) folgt, dass dann die zu X gehörige kanonische Abbildung iX ein isometrischer Isomorphismus ist. Da X ′′ nach Satz 3.36 vollständig ist, folgt, dass X ein Banach-Raum ist. Ferner folgt, dass die schwache und die schwach-∗-Topologie auf X ′ übereinstimmen. Lemma 5.15. X reflexiv, L abgeschlossener Untervektorraum von X. Dann ist L reflexiv. 49 Beweis. Z.z.: iL : L → L′′ ist surjektiv. Sei 0 6= Φ ∈ L′′ vorgegeben. Sei j : L → X, x 7→ x die kanonische Einbettungsabbildung. Nach Lemma 3.43 gilt iX ◦ j = j ′′ ◦ iL . Auf Grund der Reflexivität von X existiert ein x ∈ X mit j ′′ (Φ) = iX (x), d.h. für alle ψ ∈ X ′ gilt [j ′′ (Φ)](ψ) = ψ(x). Nun gilt andererseits ′′ j (Φ) (ψ) = Φ ◦ j ′ (ψ) = Φ j ′ (ψ) = Φ(ψ ◦ j) = Φ(ψ|L ), also Φ(ψ|L ) = ψ(x) für alle ψ ∈ X ′ . (26) eL =0 Angenommen x ∈ / L. Dann können wir auf L⊕Kx ein lineares Funktional ψe durch ψ| e e = L abgeschlossen ist, ist ψe nach Aufgabe 3, Blatt und ψ(x) = 1 definieren. Da Kern(ψ) 8, stetig. Daher existiert nach Hahn-Banach (Korollar 3.27) eine Fortsetzung ψ ∈ X ′ von ψe und aus (26) folgt 0 = Φ(0) = Φ(ψ|L ) = ψ(x) = 1 Somit ist x ∈ L. Daraus folgt iL (x) = Φ, denn nach Hahn-Banach (Korollar 3.27) lässt sich jedes ϕ ∈ L′ als Einschränkung eines ψ ∈ X ′ auf L darstellen. Korollar 5.16. X Banach-Raum. X ist reflexiv genau dann, wenn X ′ reflexiv ist. Beweis. =⇒ : Da iX bijektiv, ist auch (iX )′ bijektiv. Nach Lemma 3.45 gilt (iX )′ ◦ iX ′ = IdX , also ist iX ′ = [(iX )′ ]−1 insbesondere surjektiv. ⇐=: Da X ′ reflexiv, ist nach =⇒ “ X ′′ reflexiv. Da X isometrisch isomorph zu ei” nem vollständigen, also abgeschlossenen Teilraum von X ′′ ist, folgt aus Lemma 5.15 die Reflexivität von X. X X ′′ Satz 5.17. X normierter Raum. Dann ist iX B 1 (0) schwach-∗-dicht 5 in B 1 (0). X ′′ Beweis. Seien Φ ∈ B 1 (0) und eine offene Umgebung U von Φ in (X ′′ , σ(X ′′ , X ′ )) vorgegeben. Dann existieren n ∈ N, ϕ1 , . . . , ϕn ∈ X ′ und ε > 0 mit Φ ∈ V := Ψ ∈ X ′′ ∀i ∈ {1, . . . , n} : |Φ(ϕi ) − Ψ(ϕi )| < ε ⊆ U. X Es verbleibt z.z., dass ein x ∈ B 1 (0) mit iX (x) ∈ V gibt; dies folgt jedoch sofort aus dem nachfolgenden Lemma 5.18. X ′′ Lemma 5.18. X normierter Raum, Φ ∈ B 1 (0), ϕ1 , . . . , ϕn ∈ X ′ . Sei h : X → [0, ∞) gegeben durch n X h(x) := |Φ(ϕi ) − ϕi (x)|2 , x ∈ X . (27) i=1 Dann gilt 5 o n X inf h(x) x ∈ B 1 (0) = 0. D.h., dicht bzgl. der schwach-∗-Topologie σ(X ′′ , X ′ ) auf X ′′ . 50 Beweis. Setze X I := inf{h(x) | x ∈ B 1 (0)}. X Sei (xk )k∈N eine Folge in B 1 (0) mit limk→∞ h(xk ) = I. Indem wir notfalls zu einer Teilfolge übergehen, können wir annehmen, dass für i = 1, . . . , n die Folge (ϕi (xk ))k∈N gegen ein ξi ∈ K konvergiert. (Das sieht man z.B. ein, in dem man den Satz von Bolzano Weierstrass Kn (Satz 2.15)√auf die kompakte Euklidische Kugel B r (z) mit z := (Φ(ϕ1 ), . . . , Φ(ϕn )) und r := I + 1 anwendet, denn ab einem gewissen k ∈ N müssen alle Glieder der Folge ((ϕ1 (xk ), . . . , ϕn (xk )))k∈N in dieser Kugel liegen.) Setze δi := Φ(ϕi ) − ξi . Dann ist P X X I = ni=1 |δi |2 . Für x ∈ B 1 (0) und t ∈ [0, 1] gilt wegen der Konvexität von B 1 (0) n X I ≤h (1 − t)xk + tx = |Φ(ϕi ) − (1 − t)ϕi (xk ) − tϕi (x)|2 i=1 ≤ n X i=1 2 |Φ(ϕi ) − ϕi (xk )| − 2t Re + t2 n X i=1 n X i=1 ϕi (x) − ϕi (xk ) Φ(ϕi ) − ϕi (xk ) + |ϕi (x) − ϕi (xk )|2 . Lässt man k gegen unendlich streben, so erhält man I ≤ I − 2t Re n X i=1 also 2t Re n X i=1 2 ϕi (x) − ξi Φ(ϕi ) − ξi + t n X i=1 |ϕi (x) − ξi |2 , n X |ϕi (x) − ξi |2 . ϕi (x) − ξi δi ≤ t2 i=1 Teilt man die letzte Ungleichung durch 2t und lässt t gegen 0 streben, so erhält man Re n X i=1 ϕi (x) − ξi δi ≤ 0. Setze ϕ := n X i=1 Aus (28) folgt Re ϕ(x) ≤ Re X n X (28) δi ϕi ∈ X ′ . δi ξi i=1 X für alle x ∈ B 1 (0). X Für beliebiges y ∈ B 1 (0) folgt daraus mit x := sgn(ϕ(y))y ∈ B 1 (0) |ϕ(y)| = sgn(ϕ(y))ϕ(y) = ϕ(x) = Re ϕ(x) ≤ Re 51 n X i=1 δi ξi , was kϕkop ≤ Re n X δi ξi i=1 nach sich zieht. Betrachtet man andererseits n X δi ϕi (xk ) , ϕ(xk ) = i=1 so konvergiert diese Folge gegen Pn k ∈ N, i=1 δi ξi , kϕkop was n X δi ξi ≥ i=1 nach sich zieht. Somit erhalten wir insgesamt kϕkop = n X δi ξi . i=1 Da kΦkop ≤ 1, gilt |Φ(ϕ)| ≤ kΦkop kϕkop ≤ kϕkop . Daraus folgt I= n X i=1 was zu zeigen war. δi δi = n X i=1 δi Φ(ϕi ) − ξi = Φ(ϕ) − kϕkop ≤ 0, X ′′ X Korollar 5.19. X normierter Raum, Φ ∈ B 1 (0), ϕ1 , . . . , ϕn ∈ X ′ . Ist B 1 (0) schwachX kompakt, so existiert ein x ∈ B 1 (0) mit Φ(ϕi ) = ϕi (x) für i = 1, 2, . . . , n. Beweis. Die Funktion h aus (27) ist stetig bzgl. der schwachen Topologie auf X und X nimmt daher nach Satz 1.17(ii) auf dem Kompaktum B 1 (0) ihr Infimum 0 an. Bemerkung 5.20 (Schwach-∗-Relativtopologie von X ⊆ X ′′ ). Wir identifizieren X mit dem Teilraum iX (X) von X ′′ . Dann ist die von (X ′′ , σ(X ′′ , X ′ )) auf X induzierte Topologie gerade σ(X, X ′ ); dies lässt sich z.B. einfach einsehen, in dem man die entsprechenden Erzeugendensysteme E(X ′′, X ′ ) und E(X, X ′) vergleicht: E(X, X ′ ) = {{x ∈ X | ϕ(x) ∈ V } | ϕ ∈ X ′ , V ⊆ K offen}, E(X ′′ , X ′ ) = {{Φ ∈ X ′′ | Φ(ϕ) ∈ V } | ϕ ∈ X ′ , V ⊆ K offen}, vgl. Bemerkung 5.2. Daraus folgt E(X, X ′) = {U ∩ X | U ∈ E(X ′′ , X ′)}, was wiederum σ(X, X ′ ) = {U ∩ X | U ∈ σ(X ′′ , X ′)} nach sich zieht, vgl. Bemerkung 1.4. 52 X Satz 5.21. X Banach-Raum. X ist genau dann reflexiv, wenn B 1 (0) schwach-kompakt ist. Beweis. Wir identifizieren X mit dem Teilraum iX (X) von X ′′ , vgl. Bemerkung 5.20. X X ′′ =⇒ : Dann ist (X, σ(X, X ′ )) = (X ′′ , σ(X ′′ , X ′)) und B 1 (0) = B 1 (0). Nach AlaogluX Bourbaki (Satz 5.9) ist also B 1 (0) schwach-kompakt. X X ′′ X ⇐=: Nach Satz 5.17 liegt B 1 (0) dicht in B 1 (0). Da B 1 (0) schwach-(∗)-kompakt ist, ist sie insbesondere abgeschlossen im Hausdorff-Raum (X ′′ , σ(X ′′ , X ′ )) und somit bereits X ′′ gleich B 1 (0). Daraus folgt X = X ′′ , also die Reflexivität von X. Korollar 5.22. X Banach-Raum. X ist genau dann reflexiv, wenn auf X ′ die schwache Topologie σ(X ′ , X ′′ ) und die schwach-∗-Topologie σ(X ′ , X) gleich sind. Beweis. =⇒ : Klar, da X = X ′′ (nach Identifikation via iX ). ⇐=: Nach Satz 5.16 ist X genau dann reflexiv, wenn X ′ reflexiv ist, was wiederum nach X′ Satz 5.21 genau dann der Fall ist, wenn die Einheitskugel B 1 (0) schwach-kompakt ist. Stimmen nun σ(X ′ , X ′′ ) und σ(X ′ , X) auf X ′ überein, so ist nach Alaoglu-Bourbaki (Satz X′ 5.9) B 1 (0) schwach-∗-kompakt und somit schwach-kompakt. Lemma 5.23. X normierter Raum, (X ′ , k · kop) separabel. Dann ist (X, k · kX ) separabel. Beweis. Sei M ′ := {ϕ1 , ϕ2 , . . .} eine abzählbare dichte Teilmenge von X ′ ; o.B.d.A. können wir annehmen, dass 0 ∈ / M ′ . Setze ψi := ϕi /kϕi kop für alle i ∈ N und N ′ := {ψ1 , ψ2 , . . .}. X Dann ist N ′ die Normeinheitssphäre in X ′ . Zu jedem ψi ∈ N ′ finden wir ein xi ∈ B 1 (0) mit ψi (xi ) > 1/2. Setze L := span{xi | i ∈ N} k·kX . Wir zeigen, dass L = X gilt: Angenommen, L ist ein echter Untervektorraum von X. Dann existiert nach Hahn-Banach ein ψ ∈ X ′ mit kψkop = 1 und ψ|L = 0 (s. Aufg. 3, Blatt 8, und Korollar 3.27). Insbesondere finden wir ein j ∈ N mit kψj − ψkop < 1/2. Dann 1/2 < |ψj (xj )| = |ψj (xj ) − ψ(xj )| ≤ kψj − ψkop kxj kX < 1/2 Somit ist L = X. Daher ist die abzählbare Menge aller der Linearkombinationen der xi , deren Koeffizienten rationale Real- und Imaginärteile besitzen, dicht in X. X Satz 5.24. X reflexiver Banach-Raum. Dann ist B 1 (0) schwach-folgenkompakt.6 Beweis. Wir betrachten zunächst den Fall, dass X separabel ist. Dann ist auf Grund der Reflexivität auch X ′′ und somit nach Lemma 5.23 auch X ′ separabel. Nach Satz 5.12 X ′′ X ist also B 1 (0) schwach-∗-folgenkompakt. Da X reflexiv, bildet iX (B 1 (0), σ(X, X ′)) 6 X D.h., jede Folge in B 1 (0) besitzt eine bzgl. der schwachen Topologie σ(X, X ′ ) konvergente Teilfolge. 53 X ′′ X homöomorph auf (B 1 (0), σ(X ′′, X ′ )) ab, vgl. Bemerkung 5.20. D.h., B 1 (0) ist schwachfolgenkompakt. X Im allgemeinen Fall sei eine Folge (xn )n∈N in B 1 (0) vorgegeben. Es bezeichne L := span{xn | n ∈ N} k·kX ; dann ist der abgeschlossene Untervektorraum L von X separabel und nach Lemma 5.15 reflexiv. Aus dem bereits Gezeigten folgt, dass eine Teilfolge (xnk )k∈N von (xn )n∈N existiert, L X die in B 1 (0) ⊆ B 1 (0) bzgl. der Topologie σ(L, L′ ) konvergiert. Die Topologie σ(L, L′ ) ist gerade die von (X, σ(X, X ′ )) auf L induzierte Relativtopologie; dies folgt durch Betrachtung der Erzeugendensysteme E(L, L′ ) und E(X, X ′), vgl. Bemerkung 5.2: da zu jedem ϕ ∈ L′ nach Hahn-Banach eine Fortsetzung Φ ∈ X ′ existiert, gilt E(L, L′ ) = {x ∈ L | ϕ(x) ∈ V } ϕ ∈ L′ , V ⊆ K offen = {x ∈ L | ϕ(x) ∈ V } Φ ∈ X ′ , V ⊆ K offen = {U ∩ L | U ∈ E(X, X ′)}, X was σ(L, L′ ) = {U ∩ L | U ∈ σ(X, X ′ )} impliziert. Somit konvergiert (xnk )k∈N in B 1 (0) bzgl. der Topologie σ(X, X ′ ). Bemerkung 5.25 (Satz von Eberlein). Nach dem Satz von Eberlein gilt auch die Umkehrung von Satz 5.24, nämlich dass jeder Banach-Raum X mit schwach-folgenkompakter X Einheitskugel B 1 (0) reflexiv ist. 6 Gleichmäßig konvexe Räume 6.1 Elementare Eigenschaften Im Folgenden bezeichne SX immer die Normeinheitssphäre eines normierten Raumes X. Lemma 6.1. (X, k·k) normierter Raum. Dann sind die folgenden Bedingungen äquivalent: X (i) ∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x, y ∈ B 1 (0) : kx − yk ≥ ε =⇒ k 21 (x + y)k ≤ 1 − δ. (ii) ∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x, y ∈ SX : kx − yk ≥ ε =⇒ k 21 (x + y)k ≤ 1 − δ. (iii) ∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x, y ∈ SX : k 21 (x + y)k > 1 − δ =⇒ kx − yk < ε. (iv) ∀(xn )n∈N , (yn )n∈N ∈ (SX )N : limn→∞ k 21 (xn + yn )k = 1 =⇒ limn→∞ kxn − yn k = 0. (v) ∀(xn )n∈N , (yn )n∈N ∈ X N : lim supn→∞ kxn k ≤ 1 ∧ lim supn→∞ kyn k ≤ 1 ∧ limn→∞ k 12 (xn + yn )k = 1 =⇒ limn→∞ kxn − yn k = 0. 54 Beweis. Die Implikationen (i) =⇒ (ii), (ii) =⇒ (iii) und (iii) =⇒ (iv) sind offensichtlich. (iv) =⇒ (v): Seien (xn )n∈N , (yn )n∈N Folgen in X, die die Voraussetzungen von (v) erfüllen. Wir zeigen zunächst, dass limn→∞ kxn k = 1 gelten muss. Angenommen, es existiert eine Teilfolge (xnk )k∈N mit limk→∞ kxnk k < 1. Dann gilt 1 1 sup kxnk k + lim sup kynk k < 1 lim sup 2 (xnk + ynk ) ≤ 2 lim k→∞ k→∞ k→∞ Also limn→∞ kxn k = 1, und entsprechend gilt limn→∞ kyn k = 1. Daher existiert ein n0 ∈ N so, dass xn 6= 0 6= yn für alle n ≥ n0 . Wir studieren jetzt die Folgen (xn kxn k−1 )n≥n0 und (yn kyn k−1 )n≥n0 . Es gilt kxn ± yn k − xn kxn k−1 ± yn kyn k−1 ≤ xn − xn kxn k−1 + yn kyn k−1 − yn = 1 − kxn k−1 kxn k + 1 − kyn k−1 kyn k → 0 für n → ∞. Das impliziert Mit (iv) folgt 1 1 −1 −1 lim xn kxn k + yn kyn k = lim xn + yn = 1. n→∞ 2 n→∞ 2 0 = lim xn kxn k−1 − yn kyn k−1 = lim kxn − yn k. n→∞ n→∞ (v) =⇒ (i): Wir zeigen die Kontraposition ¬(i) =⇒ ¬(v): Gilt (i) nicht, so gibt es ein X ε > 0 so, dass für alle n ∈ N Punkte xn , yn ∈ B 1 (0) existieren mit: kxn − yn k ≥ ε und 1 ≥ k 12 (xn + yn )k > 1 − n1 . Somit ist (v) nicht erfüllt. Definition 6.2. X normierter Raum. (a) Ist eine (und somit jede) der Bedingungen (i) - (v) aus Lemma 6.1 erfüllt, so heißt X gleichmäßig oder uniform konvex. (b) X heißt strikt konvex, falls ∀x, y ∈ X \ {0} : kx + yk = kxk + kyk =⇒ (∃λ > 0 : x = λy). Satz 6.3. Jeder uniform konvexe Raum X ist strikt konvex. Beweis. Seien x, y ∈ X \ {0} mit kx + yk = kxk + kyk vorgegeben. O.B.d.A. kxk = 1. Setze x + x′ x+y , z := , a := kzk , b := kx + y − zk. x′ := kx + yk 2 55 Dann gilt kx′ k = 1 und (kx + yk − 1)(x + y) = kx + yk − 1 = kyk. kx + y − x′ k = kx + yk X Da die Kugel B kyk (x+y) konvex ist und somit neben x und x′ auch z enthält, gilt b ≤ kyk. Anwendung der Dreiecksungleichung liefert a ≤ 1 und a + b ≥ kx + yk = 1 + kyk ≥ 1 + b, also 1 ′ . 1 = a = kzk = (x + x ) 2 Da X uniform konvex ist, folgt x = x′ , d.h. y = (kx + yk − 1)x = kykx. Lemma 6.4. X uniform konvex, (xn )n∈N Folge in X mit 1 lim sup kxn k ≤ 1 und lim (xn + xm ) = 1. n,m→∞ 2 n→N Dann ist (xn )n∈N eine Cauchy-Folge und limn→∞ kxn k = 1. Beweis. Angenommen, es gibt ein ε > 0 so, dass für alle n0 ∈ N natürliche Zahlen n, m ≥ n0 existieren mit kxn − xm k ≥ ε. Dann lassen sich Teilfolgen (xnk )k∈N , (xmk )k∈N wählen mit lim inf kxnk − xmk k ≥ ε. k→∞ Ferner gilt nach Voraussetzung lim supk→∞ kxnk k ≤ 1, lim supk→∞ kxmk k ≤ 1 und 1 = 1. lim (x + x ) n m k k k→∞ 2 Das steht im Widerspruch zur uniformen Konvexität von X, s. Lemma 6.1, Bedingung (v). Somit ist (xn )n∈N Cauchy-Folge und 1 lim kxn k. 1 = lim (xn + xm ) = n→∞ n,m→∞ 2 Satz 6.5 (Approximationssatz). X normierter Raum, x0 ∈ X, C ⊆ X konvex und abgeschlossen. (i) Ist X strikt konvex, so gibt es höchstens ein x ∈ C mit kx0 − xk = inf kx0 − yk. y∈C 56 (ii) Ist X uniform konvex und vollständig, so existiert ein eindeutig bestimmtes x ∈ C mit kx0 − xk = inf kx0 − yk. y∈C Beweis. Seien o.B.d.A. x0 = 0 und d := d(x0 , C) = inf kx0 − yk = inf kyk = 1, y∈C y∈C denn für x0 ∈ C verbleibt nichts zu zeigen und für x0 ∈ / C gilt wegen der Abgeschlossenheit von C immer schon inf y∈C kx0 −yk > 0; zudem sind die zu beweisenden Aussagen invariant unter Translation und Multiplikation mit λ > 0. (i) Wird das Infimum von x, x′ ∈ C angenommen, so impliziert die Konvexität von C 1 1 1 ′ 1 1 ′ 1 = d ≤ (x + x ) ≤ 2 x + 2 x = 2 + 2 = 1. 2 Da X strikt konvex ist, folgt 1 1 x = x′ , 2 2 also x = x′ . (ii) Sei (xn )n∈N Folge in C mit limn→∞ kxn k = d = 1. Da C konvex, gilt für alle n, m ∈ N 1 1 1 (xn + xm ) ∈ C und 1 = d ≤ (xn + xm ) (29) ≤ 2 (kxn k + kxm k). 2 2 Da die rechte Seite der Ungleichung in (29) für m, n → ∞ gegen 1 strebt, gilt 1 = 1. lim (x + x ) n m n,m→∞ 2 Somit ist (xn )n∈N nach Lemma 6.4 Cauchy-Folge. Dann existiert x := limn→∞ xn ∈ C (da C abgeschlossen und somit vollständig ist) und kx0 − xk = kxk = lim kxn k = 1 = d. n→∞ Die Eindeutigkeit von x folgt aus Satz 6.3 und Teil (i). 6.2 Satz von Milman Satz 6.6 (Milman). Jeder uniform konvexe Banach-Raum X ist reflexiv. Beweis. Sei zunächst X ein R-Vektorraum: Zum Nachweis der Surjektivität von iX ist es hinreichend z.z., dass zu vorgegebenem Φ ∈ X ′′ mit kΦkop = 1 ein x ∈ X existiert mit Φ(ϕ) = ϕ(x) = [iX (x)](ϕ) für alle ϕ ∈ X ′ . Da kΦkop = 1, finden wir ϕn ∈ X ′ , n = 1, 2, 3, . . ., mit kϕn kop = 1 und Φ(ϕn ) ≥ 1 − 57 1 . 2n (30) X Nach Lemma 5.18 finden wir zu jedem n ∈ N ein xn ∈ B 1 (0) mit |Φ(ϕk ) − ϕk (xn )| ≤ 1 2n für k = 1, . . . , n. (31) Somit gilt 1− 1 ≤ |Φ(ϕk )| − |Φ(ϕk ) − ϕk (xn )| ≤ ϕk (xn ) ≤ kϕk kop kxn kX ≤ 1 k für k = 1, . . . , n. Seien nun n, m ∈ N mit m ≥ n. Dann gilt 1 1 1 1 1≥ 2 (xn + xm ) ≥ ϕn 2 (xn + xm ) = 2 (ϕn (xn ) + ϕn (xm )) ≥ 1 − n . X Die Folge (xn )n∈N erfüllt also die Voraussetzungen von Lemma 6.4 und ist somit eine Cauchy-Folge mit limn→∞ kxn kX = 1. Da X vollständig ist, existiert x0 = limn→∞ xn und erfüllt kx0 kX = lim kxn kX = 1. n→∞ Aus der Stetigkeit der ϕk und (31) folgt ϕk (x0 ) = lim ϕk (xn ) = Φ(ϕk ) n→∞ für alle k ∈ N. (32) Wir zeigen jetzt, dass es zu fixierten ϕ1 , ϕ2 , ... genau ein x0 gibt, dass kx0 kX = 1 und (32) erfüllt: Erfüllen x0 , x′0 ∈ X (32) und kx0 kX = 1 = kx′0 kX , so können wir die oben betrachtete Folge (xn )n∈N konkret als ( x0 falls n ungerade, xn := x′0 falls n gerade, wählen – diese erfüllt (31) und ist daher eine Cauchy-Folge, also muss x0 = x′0 gelten. Es verbleibt z.z., dass Φ(ϕ) = ϕ(x0 ) für alle ϕ ∈ X ′ . Sei ϕ ∈ X ′ vorgegeben. Wir finden X x′n ∈ B 1 (0), n ∈ N, so, dass (31) erfüllt ist und zudem |Φ(ϕ) − ϕ(x′n )| ≤ 1 2n gilt (das ist nach Lemma 5.18 möglich). Dann ist (x′n )n∈N nach dem bereits Gezeigten eine Cauchy-Folge und der Grenzwert x′0 erfüllt wieder kx′0 k = 1 und (32), ist also unser altes x0 . Ferner gilt ϕ(x0 ) = lim ϕ(x′n ) = Φ(ϕ). n→∞ Sei nun X ein C-Vektorraum: Zur genaueren Unterscheidung bezeichnen wir X, aufgefasst als R-Vektorraum, als XR und verwenden die entsprechende Notation bei X ′ . Aus Lemma 3.25 folgt, dass die Abbildungen γ −1 : (X ′ )R → XR′ , ψ 7→ Re(ψ) 58 und Γ : (X ′ )′R → X ′′ , Φ 7→ Φ(·) − iΦ(i·) R-lineare isometrische Isomorphismen sind. Ferner ist nach dem bereits Gezeigten iXR : XR → XR′′ surjektiv. Es reicht z.z., dass iX = Γ ◦ (γ −1 )′ ◦ iXR ; (33) dann wäre X reflexiv, da die rechte Seite in (33) eine surjektive Abbildung ist. Seien also x ∈ X und ψ ∈ X ′ vorgegeben. Wir setzen Φ := [iXR (x)] ◦ γ −1 . Dann gilt Γ ◦ (γ −1 )′ ◦ iXR (x) (ψ) = Γ iXR (x) ◦ γ −1 (ψ) = Φ(ψ) − iΦ(iψ) =[iXR (x)](Re(ψ)) − i[iXR (x)](Re(iψ)) = Re(ψ(x)) + i Im(ψ(x)) =ψ(x) = [iX (x)](ψ). 6.3 Die Räume Lp: Gleichmäßige Konvexität und Dualräume Im folgenden seien wieder M 6= ∅ eine Menge, Σ eine σ-Algebra auf M, µ : Σ → [0, ∞] ein positives Maß, K ∈ {R, C} und Lp := Lp (M, K; µ) (vgl. Kapitel 4). 6.3.1 Gleichmäßige Konvexität von Lp , p ∈ [2, ∞) Satz 6.7 (Clarkson, Teil 1). Für 2 ≤ p < ∞ ist Lp uniform konvex (und somit insbesondere strikt konvex und reflexiv). Die entsprechende Aussage gilt ebenfalls für 1 < p < 2 – der (direkte) Beweis ist allerdings wesentlich technischer, als der im Fall 2 ≤ p < ∞, vgl. Abschnitt 6.3.3. Der Beweis des Satzes 6.7 fußt auf der folgenden Parallelogramm-Ungleichung von Clarkson: Lemma 6.8. 2 ≤ p < ∞, f, g ∈ Lp . Dann gilt kf + gkpp + kf − gkpp ≤ 2p−1 (kf kpp + kgkpp). Beweis des Satzes 6.7. Wir weisen die Bedingung (iv) des Lemmas 6.1 nach: Seien (fn )n∈N , (gn )n∈N Folgen in Lp mit kfn kp = 1 = kgn kp für alle n ∈ N und 1 = 1. lim (34) (f + g ) n n n→∞ 2 p Nach Lemma 6.8 gilt dann für alle n ∈ N kfn + gn kpp + kfn − gn kpp ≤ 2p . Daher folgt aus (34) lim kfn − gn kp = 0. n→∞ 59 (35) Zum Beweis der Parallelogramm-Ungleichung von Clarkson: Erinnerung 6.9. (a) I abzählbare Indexmenge, (ai )i∈I Familie in [0, ∞), 1 ≤ p ≤ q < ∞. Dann gilt X aqi i∈I !1/q ≤ X i∈I api !1/p (Jensen-Ungleichung), vgl. Aufgabe 1.1, Blatt 6. (b) Für v, w ∈ K gilt |v + w|2 + |v − w|2 = 2 |v|2 + |w|2 (Parallelogramm-Gleichung); diese Gleichung werden wir später allgemeiner für Vektoren v, w in Hilberträumen behandeln, s. Kapitel 7. Beweis des Lemmas 6.8. Da p ≥ 2, liefern die Jensen-Ungleichung und die ParallelogrammGleichung für beliebige a, b ∈ K 1/2 1/p 1/2 √ . |a + b|p + |a − b|p ≤ |a + b|2 + |a − b|2 = 2 |a|2 + |b|2 p , also 2p + 1r = 1. Die Hölder-Ungleichung, angewandt auf die “endlichen Sei r := p−2 Folgen” (1, 1), (|a|2, |b|2 ) ∈ K2 , liefert dann |a|2 + |b|2 = k(1 · |a|2 , 1 · |b|2 )k1 ≤ k(1, 1)kr k(|a|2 , |b|2 )kp/2 = 2 p−2 p |a|p + |b|p Insgesamt ergibt sich also |a + b|p + |a − b|p Somit folgt für alle x ∈ M 1/p ≤2 p−1 p |a|p + |b|p 1/p 2/p . . |f (x) + g(x)|p + |f (x) − g(x)|p ≤ 2p−1 |f (x)|p + |g(x)|p , und wegen der Monotonie und Linearität des Integrals erhält man die gewünschte Ungleichung durch Integration beider Seiten der Ungleichung über M. 6.3.2 Dualraum von Lp Satz 6.10. Sei 1 < p < ∞. Dann ist die kanonische Abbildung Z p′ p ′ j : L → (L ) , [j(f )](g) := f g dµ M ein isometrischer Isomorphismus. 60 Beweis. Der Fall 2 ≤ p < ∞: Nach Lemma 4.4 reicht es, die Surjektivität von j nach′ zuweisen. j(Lp ) ist als isometrisches Bild eines vollständigen Raums selbst vollständig, ′ also insbesondere abgeschlossen in (Lp )′ . Angenommen, es existiert ein ϕ ∈ (Lp )′ \ j(Lp ). Nach Hahn-Banach (Aufg. 1, Blatt 10) existiert Φ ∈ (Lp )′′ mit Φ 6= 0 und Φ|j(Lp′ ) = 0. Da Lp nach Satz 6.7 reflexiv ist, existiert ein f ∈ Lp mit Φ(ψ) = ψ(f ) für alle ψ ∈ (Lp )′ . ′ Sei σ die Vorzeichenfunktion von f . Dann gilt für g = σ|f |p/p ∈ Lp Z 0 = Φ(j(g)) = [j(g)](f ) = gf dµ = kf kpp , ′ M was f = 0 nach sich zieht zu Φ 6= 0. ′ Der Fall 1 < p < 2: Dann ist 2 < p′ < ∞, also Lp reflexiv. Nach Satz 5.16 folgt daraus ′ ′ ′ ′ die Reflexivität von Lp . Da Lp nach dem bereits Gezeigten isometrisch isomorph zu Lp ist, ist auch Lp reflexiv. Nun lässt sich der Beweis im Fall 1 < p < 2 wortwörtlich wie im Fall 2 ≤ p < ∞ führen. Der Beweis des Satzes 6.10 liefert insbesondere, dass die Lp -Räume auch für 1 < p < 2 reflexiv sind (vgl. auch den unten stehenden Satz 6.15). Unter einer zusätzlichen Voraussetzung an das Maß µ lässt sich auch der Raum L∞ mit dem Dualraum von L1 identifizieren. Definition 6.11. Das positive Maß µ auf M heißt σ-endlich, falls M sich als abzählbare Vereinigung von messbaren Mengen mit endlichem Maß darstellen lässt, i.e., falls messbare Teilmengen M1 , M2 , . . . von M existieren mit [ µ(Mn ) < ∞ für alle n ∈ N und M = Mn . n∈N Satz 6.12. Das Maß µ sei σ-endlich. Dann ist die kanonische Abbildung Z ∞ 1 ′ j : L → (L ) , [j(f )](g) := f g dµ M ein isometrischer Isomorphismus. Beweis. Nach Lemma 4.4 reicht es wieder, nur die Surjektivität von j nachzuweisen. Sei ein ϕ ∈ (L1 )′ vorgegeben. Wir nutzen die σ-Endlichkeit von µ, um mit Hilfe von Satz 6.10 ein f ∈ L∞ mit ϕ = j(f ) zu erhalten. Dazu wählen wir uns M1 ⊆ M2 ⊆ M3 ⊆ · · · ⊆ M messbar mit endlichem Maß und M = ∪n∈N Mn . Sei k ∈ N. Setze µk := µ|Mk . Dann gilt Lp (Mk , K; µk ) ⊆ Lp (M, K; µ) für alle p ∈ [1, ∞] (in dem man die Funktionen aus Lp (Mk , K; µk ) durch 0 auf M fortsetzt). Mit der HölderUngleichung folgt ferner für alle h ∈ L2 (Mk , K; µk ) Z 1/2 Z 1/2 Z 1/2 Z 2 2 1/2 2 |f | dµ ≤ |1| dµ |f | dµ = µ(Mk ) |f | dµ , Mk Mk Mk Mk 61 also L2 (Mk , K; µk ) ⊆ L1 (Mk , K; µk ). ′ Sei ϕk := ϕ|L1 (Mk ,K;µk ) . Da ϕk |L2 (Mk ,K;µk ) ∈ L2 (Mk , K; µk ) , existiert nach Satz 6.10 ein fk ∈ L2 (Mk , K; µk ) mit Z ϕk (g) = fk g dµ für alle g ∈ L2 (Mk , K; µk ). (36) Mk Wir zeigen nun kfk k∞ ≤ kϕkop : Sei ε > 0 vorgegeben und A := {x ∈ Mk | |fk (x)| ≥ kfk k∞ − ε}. Dann ist µ(A) > 0. Sei σ die Vorzeichenfunktion von fk . Dann ist σ1A ∈ L2 (Mk , K; µk ) und Z Z ϕk (σ1A ) = fk (σ1A ) dµ = |fk | dµ. Mk Es folgt A µ(A) kfk k∞ − ε ≤ also folgt im Grenzübergang ε ց 0 Z A |fk | dµ ≤ µ(A)kϕk kop , kfk k∞ ≤ kϕk kop ≤ kϕkop . R Somit ist nach der Hölder-Ungleichung g 7→ Mk fk g dµ stetig auf L1 (Mk , K; µk ); da zudem L2 (Mk , K; µk ) dicht in L1 (Mk , K; µk ) liegt, folgt dass (36) bereits für alle g ∈ L1 (Mk , K; µk ) gilt. Für die Funktionen fk gilt offenbar fk+1 |Mk = fk µ-fast überall; O.B.d.A. können wir annehmen, dass die letzte Gleichung punktweise auf ganz Mk gilt. Dann wird durch die Bedingung f |Mk := fk für alle k ∈ N eine eindeutig bestimmte messbare Funktion f : M → K definiert, die in L∞ (M, K; µ) liegt. Sei nun g ∈ L1 (M, K; µ) vorgegeben. Dann gilt gk := g1Mk ∈ L1 (Mk , K; µk ) für alle k ∈ N und nach dem Satz über dominierte Konvergenz strebt (gk )k∈N in L1 (M, K; µ) gegen g. Es folgt (wieder mit dem Satz über dominierte Konvergenz) Z Z ϕ(g) = lim ϕ(gk ) = lim fk gk dµ = f g dµ. k→∞ k→∞ Mk M Bemerkung 6.13. Ohne die Voraussetzung der σ-Endlichkeit des Maßes ist die Aussage des Satzes 6.12 i. Allg. nicht wahr. Ein Gegenbeispiel findet man in [Wer95, Abschnitt II.6]. 62 Bemerkung 6.14. (L∞ )′ ist i.Allg. nicht isometrisch isomorph zu L1 . Der Folgenraum L∞ = ℓ∞ z.B. ist nicht separabel, der dazugehörige Raum L1 = ℓ1 hingegen ist separabel (s. Aufgabe 3.1, Blatt 7). Wäre (ℓ∞ )′ isometrisch isomorph zu ℓ1 , so wäre natürlich auch (ℓ∞ )′ separabel und somit nach Lemma 5.23 auch ℓ∞ Das zeigt, dass immer wenn L∞ nicht separabel und L1 hingegen separabel ist, können (L∞ )′ und L1 nicht isometrisch isomorph sein und insbesondere kann die kanonische Abbildung Z 1 ∞ ′ j : L → (L ) , [j(f )](g) := f g dµ für f ∈ L1 , g ∈ L∞ , M nicht surjektiv sein. (Vgl. auch Aufgabe 2, Blatt 11). Sei µ σ-endlich. Mit Hilfe von Lemma 5.23 und Satz 6.12 sieht man dann ein, dass immer wenn L∞ nicht separabel und L1 hingegen separabel ist, L1 nicht reflexiv sein kann: wäre L1 reflexiv, so wäre (L1 )′′ ≃ L1 separabel und somit auch (L1 )′ ≃ L∞ In diesem Fall folgt aus Korollar 5.16, dass auch L∞ ≃ (L1 )′ nicht reflexiv sein kann. 6.3.3 Gleichmäßige Konvexität von Lp , p ∈ (1, 2) Der Vollständigkeit halber geben wir hier den noch ausstehenden Teil des Resultats von Clarkson [Cla36] an: Satz 6.15 (Clarkson, Teil 2). Für 1 < p < 2 ist Lp uniform konvex (und somit insbesondere strikt konvex und reflexiv). Der Beweis des Satzes 6.7 fußt wieder auf einer Parallelogramm-Ungleichung von Clarkson, deren Beweis allerdings aufwendiger als der des Lemmas 6.8 ist: Lemma 6.16. 1 < p < 2, f, g ∈ Lp . Dann gilt ′ ′ ′ kf + gkpp + kf − gkpp ≤ 2(kf kpp + kgkpp )p −1 . Beweis des Satzes 6.15. Der Beweis verläuft genau wie der Beweis des Satzes 6.7 – man braucht nur die Ungleichung (35) durch die nach Lemma 6.16 geltende Ungleichung ′ ′ kfn + gn kpp + kfn − gn kpp ≤ 2p ′ ersetzen. Zum Beweis des Lemmas 6.16 verwenden wir die folgenden zwei Lemmata. Lemma 6.17. Sei 1 < p < 2. Dann gilt ′ (1 + z p )p−1 ≤ Beweis. Übungsaufgabe. 1 |1 − z|p + |1 + z|p 2 63 C für alle z ∈ B 1 (0). Lemma 6.18. Für r ∈ (1, ∞) und f, g ∈ L1 gilt (|f |r + |g|r )1/r ∈ L1 und Z M |f | dµ r + Z |g| dµ M r 1/r ≤ Z M (|f |r + |g|r )1/r dµ. Beweis. Übungsaufgabe. Beweis des Lemmas 6.16. Wir zeigen zunächst für beliebige a, b ∈ K ′ ′ |a + b|p + |a − b|p ≤ 2 |a|p + |b|p p′ −1 . (37) Setzt man c := (a + b)/2, d := (a − b)/2, so gilt a = c + d, b = c − d, und die Aussage (37) ist äquivalent zu p′ −1 ′ ′ ′ 2p |c|p + |d|p ≤ 2 |c + d|p + |c − d|p . (38) C O.B.d.A. sei 0 6= |c| ≥ |d|. Setzt man z := d/c ∈ B 1 (0), so wird (38) zu ′ 2p 1 + |z|p ′ ≤ 2 |1 + z|p + |1 − z|p p′ −1 und diese Ungleichung gilt nach Lemma 6.17. Seien nun f, g ∈ Lp . Durch Anwendung des Lemmas 6.18 mit r := p′ /p und der punktweisen Anwendung der Ungleichung (37) erhalten wir wegen p′ /p = p′ − 1 kf + ′ gkpp + kf − ′ gkpp = Z p M |f + g| dµ p′ /p Z ′ ′ ′ p/p dµ |f |p + |g|p ≤ M ≤2 7 + Z Z p M p |f | + |g| dµ p′ /p p |f − g| dµ M p′ /p p′ /p . Hilbert-Räume 7.1 Elementare Eigenschaften Definition 7.1. X K-Vektorraum, h·, ·i : X × X → K Abbildung. (i) h·, ·i heißt Sesquilinearform (oder auch Bilinearform, falls K = R), wenn für alle x, y, z ∈ X, λ ∈ K gilt: hx + λy, zi = hx, zi + λhy, zi und 64 hx, y + λzi = hx, yi + λhx, zi. (ii) h·, ·i heißt Hermitesch (oder auch symmetrisch, falls K = R), wenn für alle x, y ∈ X gilt: hx, yi = hy, xi. (iii) h·, ·i heißt positiv semidefinit (bzw. positiv definit), falls für alle x ∈ X gilt: hx, xi ≥ 0 (bzw. hx, xi > 0, falls x 6= 0). Eine positiv definite Hermitesche Sesquilinearform h·, ·i heißt Skalarprodukt auf X. Satz 7.2 (Cauchy-Schwarz-Ungleichung). X K-Vektorraum, h·, ·i positiv semidefinite Hermitesche Sesquilinearform auf X. Dann gilt für alle x, y ∈ X |hx, yi|2 ≤ hx, xihy, yi. (39) Ist h·, ·i überdies positiv definit (also ein Skalarprodukt), so gilt Gleichheit in (39) genau dann, wenn x und y linear abhängig sind. Beweis. Übungsaufgabe 3, Blatt 11. Satz 7.3. X K-Vektorraum, h·, ·i Skalarprodukt auf X. Dann wird durch p kxk := hx, xi , x ∈ X , eine Norm k · k auf X induziert. Beweis. Die Eigenschaften (i) und (ii) aus Definition 3.1 sind evident. Wir zeigen die Dreiecksungleichung: Für x, y ∈ X gilt unter Ausnutzung der Cauchy-Schwarz-Ungleichung hx + y, x + yi = hx, xi + hx, yi + hy, xi + hy, yi ≤ hx, xi + |hx, yi| + |hy, xi| + hy, yi ≤ kxk2 + 2kxkkyk + kyk2 = (kxk + kyk)2, also kx + yk ≤ kxk + kyk. Definition 7.4 (Prä-Hilbert-Raum/Hilbert-Raum). Ein normierter Raum p (X, k · k) heißt Prä-Hilbert-Raum, wenn ein Skalarprodukt h·, ·i auf X × X mit kxk = hx, xi für alle x ∈ X existiert. Ist X zudem vollständig, so heißt X Hilbert-Raum. Beispiel 7.5 (L2 ist (der ) Hilbert-Raum). Sei (M, Σ, µ) ein Maßraum und L2 = L2 (M, K; µ). Dann wird durch Z hf, gi2 := f g dµ , f, g ∈ L2 , M eine positiv definite Hermitesche Sesquilinearform auf L2 × L2 definiert, die Z hf, f i2 = |f |2 dµ = kf k22 für alle f ∈ L2 M 2 erfüllt. Da L vollständig ist, ist L2 ein Hilbert-Raum. (Es ist sogar so, dass jeder KHilbert-Raum isometrisch isomorph zu einem Raum L2 (M, K; µ) mit geeignetem Maßraum (M, Σ, µ) ist.) 65 Lemma 7.6. Das Skalarprodukt eines Prä-Hilbert-Raums X ist eine stetige Abbildung auf X × X. Beweis. Die Stetigkeit des Skalarprodukts folgt aus der Cauchy-Schwarz-Ungleichung und Aufgabe 1.1 auf Blatt 9, deren Aussage natürlich auch für Sesquilinearformen richtig bleibt. Der Beweis der nächsten Bemerkung wird in Aufgabe 4.1 auf Blatt 11 behandelt. Bemerkung 7.7 ( Polarisationsformel“). X K-Vektorraum, ϕ : X × X → K eine ” Sesquilinearform. (i) Ist K = R und ϕ zudem symmetrisch, so gilt für alle x, y ∈ X ϕ(x, y) = 1 ϕ(x + y, x + y) − ϕ(x − y, x − y) . 4 (ii) Ist K = C, so gilt für alle x, y ∈ X ϕ(x, y) = 1 ϕ(x + y, x + y) − ϕ(x − y, x − y) + iϕ(x + iy, x + iy) − iϕ(x − iy, x − iy) . 4 Satz 7.8. Ein normierter Raum X ist genau dann ein Prä-Hilbert-Raum, wenn die Parallelogramm-Gleichung kx + yk2 + kx − yk2 = 2 kxk2 + kyk2 für alle x, y ∈ X (40) erfüllt ist. Beweis. Aufgabe 4.2, Blatt 11. Korollar 7.9. (i) Ein normierter Raum ist genau dann ein Prä-Hilbert-Raum, wenn dies für alle zweidimensionalen Untervektorräume der Fall ist. (ii) Untervektorräume von Prä-Hilbert-Räumen sind Prä-Hilbert-Räume. (iii) Die Vervollständigung eines Prä-Hilbert-Räumes ist ein Hilbert-Raum. Beweis. (i) folgt sofort aus Satz 7.8. (ii) folgt (z.B.) sofort aus (i). b von X, so überträgt sich die Parallelogramm(iii) Bildet man die Vervollständigung X b Nach Satz 7.8 ist X b also ein Prä-HilbertGleichung (40) aus Stetigkeitsgründen auf X. b ein Hilbert-Raum. Raum. Da eine Vervollständigung insbesondere vollständig ist, ist X Korollar 7.10. Jeder Prä-Hilbert-Raum X ist uniform konvex, also insbesondere strikt konvex. Ist X zudem vollständig (also ein Hilbert-Raum), so ist X reflexiv. Beweis. Nach Satz 6.3 und dem Satz von Milman (Satz 6.6) braucht nur die uniforme Konvexität gezeigt werden. Hierfür lässt sich der Beweis des Satzes von Clarkson (Satz 6.7) fast wortwörtlich übertragen – man braucht nur (Lp , k · kp ) durch (X, k · k) und Ungleichung (35) durch Gleichung (40) ersetzen. 66 7.2 Orthogonalität Im folgenden seien die Norm und das Skalarprodukt eines Prä-Hilbert-Raums immer mit k · k und h·, ·i bezeichnet. Definition 7.11. X Prä-Hilbert-Raum. Zwei Vektoren x, y ∈ X heißen orthogonal (in Zeichen x ⊥ y), falls hx, yi = 0. A, B ⊆ X heißen orthogonal (in Zeichen A ⊥ B), falls hx, yi = 0 für alle x ∈ A, y ∈ B gilt. Die Menge A⊥ := {y ∈ X | ∀ x ∈ A : hx, yi = 0} heißt orthogonal Komplement von A in X. Eine Teilmenge {xi | i ∈ I} ⊆ X heißt Orthonormalsystem (ONS), falls gilt: hxi , xj i = δi,j für alle i, j ∈ I. Bemerkung 7.12. Aus der Definition ergeben sich sofort die folgenden Eigenschaften: (a) Aus x ⊥ y folgt kx + yk2 = kxk2 + kyk2 (Satz des Pythagoras). (b) A⊥ ist stets ein abgeschlossener Untervektorraum von X. (c) A ⊆ (A⊥ )⊥ . (d) A⊥ = span (A) (e) A ∩ A⊥ ⊆ {0}. ⊥ . Korollar 7.13 (Approximationssatz – Reprise). H Hilbert-Raum, x0 ∈ H, C ⊆ H konvex und abgeschlossen. Dann existiert ein eindeutig bestimmtes x ∈ C mit kx0 − xk = inf kx0 − yk, y∈C die sogenannte Bestapproximation von x0 in C. Beweis. Da H vollständig und nach Korollar 7.10 uniform konvex ist, ist Korollar 7.13 ein Spezialfall von Satz 6.5(ii). Lemma 7.14. H Hilbert-Raum, x0 ∈ H, C ⊆ H konvex und abgeschlossen. Dann sind für x ∈ C die folgenden beiden Aussagen äquivalent: (i) kx0 − xk = inf y∈C kx0 − yk. (ii) Rehx0 − x, y − xi ≤ 0 für alle y ∈ C. Beweis. Aufgabe 1, Blatt 12. 67 Definition 7.15. (i) Sei X ein Vektorraum. Eine Abbildung P : X → X heißt Projektion, falls P 2 = P gilt. (ii) Seien (X, k · kX ), (Y, k · kY ) normierte Räume. Dann definiere wir für p ∈ [1, ∞) auf X × Y die Norm k · kp durch k(x, y)kp := (kxkpX + kykpY )1/p , x ∈ X , y ∈ Y. Den normierten Raum (X × Y, k · kp ) bezeichnen wir auch kurz mit X ⊕p Y . Beachte, dass X ⊕1 Y gerade der normierte Raum (X × Y, k · kX×Y ) ist, der am Ende von Unterkapitel 3.1 behandelt wurde. Offenbar sind alle oben angegebenen Normen k · kp auf X × Y äquivalent; somit besitzen alle Räume X ⊕p Y dieselbe Topologie. Satz 7.16 (Satz von der Orthogonalprojektion). H Hilbert-Raum, U ∈ / {{0}, H} ein abgeschlossener Untervektorraum von H. Dann existiert eine lineare surjektive Projektion PU : H → U mit kPU kop = 1 und Kern(PU ) = U ⊥ . Zu gegebenem x0 ∈ H ist PU (x0 ) der eindeutig bestimmte Punkt x ∈ U, der x0 − x ∈ U ⊥ (41) erfüllt; PU wird die Orthogonalprojektion auf U genannt. Die Abbildung IdH −PU ist eine lineare Projektion mit Bild(IdH −PU ) = U ⊥ , Kern(IdH −PU ) = U und k IdH −PU k⊥ = 1. Ferner gilt H = U ⊕2 U ⊥ . Beweis. Für x0 ∈ H bezeichne PU (x0 ) die nach Satz 7.13 eindeutig bestimmte Bestapproximation x von x0 in U. Offenbar gilt für das so definierte PU , dass Bild(PU ) = U und PU |U = IdU , also ist PU eine Projektion. Nach Lemma 7.14 gilt Rehx0 − PU (x0 ), u − PU (x0 )i ≤ 0 für alle u ∈ U . Setzt man in obiger Ungleichung u′ := u − PU (x0 ) ∈ U, so sieht man, dass sie äquivalent ist zu Rehx0 − PU (x0 ), u′i ≤ 0 für alle u′ ∈ U (denn mit u durchläuft auch u′ den ganzen Unterraum U). Geht man nun zusätzlich von u′ über zu −u′ ∈ U und, falls K = C, zu iu′ ∈ U, so erhält man hx0 − PU (x0 ), u′ i = 0 für alle u′ ∈ U . Also gilt x0 − PU (x0 ) ∈ U ⊥ . PU (x0 ) ist der eindeutig bestimmte Punkt x ∈ U, der (41) erfüllt, da (41) die Bedingung (ii) aus Lemma 7.14 für C = U impliziert. Da U ⊥ ein Untervektorraum ist, gilt für alle x1 , x2 ∈ H, λ ∈ K auch (x1 − PU (x1 )) + (λx2 − λPU (x2 )) ∈ U ⊥ , 68 was PU (x1 + λx2 ) = PU (x1 ) + λPU (x2 ), also die Linearität von PU , nach sich zieht. Es ist Kern(PU ) = U ⊥ , denn aus (41) folgt, dass PU (x0 ) = 0 genau dann gilt, wenn x0 ∈ U ⊥ . Somit gilt (IdH −PU )|U ⊥ = IdU ⊥ und Bild(IdH −PU ) = U ⊥ , also ist IdH −PU eine lineare Projektion. Ferner gilt Kern(IdH −PU ) = U. Nach Satz von Pythagoras gilt kx0 k2 = kPU (x0 ) + x0 − PU (x0 )k2 = kPU (x0 )k2 + k(IdH −PU )(x0 )k2 , (42) da PU (x0 ) ∈ U und (IdH −PU )(x0 ) ∈ U ⊥ . D.h. H = U ⊕2 U ⊥ . (43) Aus (42) folgt sofort kPU kop , k IdH −PU kop ≤ 1. Da U, U ⊥ 6= {0} (s. (43)), folgt aus PU |U = IdU und (IdH −PU )|U ⊥ = IdU ⊥ , dass kPU kop , k IdH −PU kop = 1. Beispiel 7.17 (Bedingter Erwartungswert). Sei (M, Σ, µ) ein Maßraum und A eine σ-Unteralgebra von Σ. Dann ist L2 (A) := L2 (M, K; µ|A ) (nach Satz von Riesz-Fischer, Korollar 4.7) ein abgeschlossener Unterraum von L2 (Σ) := L2 (M, K; µ) und die dazugehörige Orthogonalprojektion PL2 (A) : L2 (Σ) → L2 (A) ist nach (41) durch die Eigenschaft Z (f − PL2 (A) f )1A dµ = 0 für alle f ∈ L2 (Σ) und alle A ∈ A mit µ(A) < ∞, (44) M eindeutig bestimmt. Ist P := µ ein Wahrscheinlichkeitsmaß, so ist für jede Zufallsvariable X ∈ L2 (Σ) die Orthogonalprojektion PL2 (A) X gerade der bedingte Erwartungswert von X, i.e., PL2 (A) X ist die (bis auf Gleichheit µ-fast überall eindeutig bestimmte) Zufallsvariable Z : M → K, die A-messbar ist und Z Z Z dP = X dP für alle A ∈ A A A erfüllt (vgl. [Irl01]). Satz 7.18 (Darstellungssatz von Fréchet-Riesz). H Hilbert-Raum. Dann ist die kanonische Abbildung j : H → H ′ , x → h·, xi bijektiv, isometrisch und konjugiert linear (i.e., j(x+ λy) = j(x) + λj(y) für alle x, y ∈ H, λ ∈ K). Beweis. Offenbar ist j konjugiert linear und j(x) linear für alle x ∈ H. Sei x ∈ H. Mit der Cauchy-Schwarz-Ungleichung erhält man kj(x)kop ≤ kxk, also j(x) ∈ H ′ . Ist x 6= 0, H so gilt für ξ := x/kxk ∈ B 1 (0) [j(x)](ξ) = hx, xi = kxk, kxk 69 folglich ist kj(x)kop = kxk. Somit ist j eine Isometrie, also insbesondere injektiv. Z.z. bleibt die Surjektivät von j: Sei ϕ ∈ H ′ gegeben; o.B.d.A. gelte kϕkop = 1. Setze U := Kern(ϕ). Dann ist U ein abgeschlossener Untervektorraum von H und nach Satz 7.16 gilt H = U ⊕2 U ⊥ , wobei U ⊥ eindimensional ist. Daher existiert ein x ∈ H mit U ⊥ = Kx und ϕ(x) = 1. Ein beliebiges z ∈ H hat die Gestalt z = u + λx mit geeigneten u ∈ U, λ ∈ K. Dann gilt ϕ(z) = λ und [j(x)](z) = hz, xi = λkxk2 . Können wir noch kxk = 1 zeigen, so haben wir ϕ = j(x). Dies folgt aus 1 = kϕkop = sup{|ϕ(z)| | kzk ≤ 1} = sup{|ϕ(u + λx)| | u ∈ U , λ ∈ K , kuk2 + |λ|2 kxk2 ≤ 1} 1 = sup{|λ| | λ ∈ K , |λ|2 kxk2 ≤ 1} = . kxk Satz 7.19 (Gram-Schmidt-Verfahren). Sei (xn )n∈N eine Folge linear unabhängiger Vektoren aus H. Dann existiert Orthonormalsystem S mit span S = span{xn | n ∈ N}. Beweis. Aufgabe 2, Blatt 12. Im Folgenden bezeichne I immer eine beliebige Indexmenge. Definition 7.20 ((Unbedingte) Summierbarkeit). (X, k · k) Banach-Raum. Eine Familie (xi )i∈I in X heißt (unbedingt) summierbar zu x ∈ X (oder mit Summe x), falls zu jedem ε > 0 eine endliche Menge Jε ⊆ I so gibt, dass für alle endlichen Mengen Jε ⊆ J ⊆ I gilt: X x − xj ≤ ε. j∈J Wenn eine Familie summierbar ist, so ist die Summe offenbar eindeutig bestimmt. Lemma 7.21. (X, k · k) Banach-Raum, (xi )i∈I Familie in X. (i) (xi )i∈I ist genau dann summierbar, wenn zu jedem ε > 0 eine endliche Menge J0 ⊆ I so existiert, dass für alle endlichen Mengen J ⊆ I \ J0 gilt X xj ≤ ε. j∈J (ii) (xi )i∈I ist genau dann summierbar zu x, wenn für höchstens abzählbar viele xi , i ∈ I, gilt xi 6= 0 und für jede Abzählung x1 , x2 , ... dieser Elemente gilt x = lim n→∞ 70 n X k=1 xk . Beweis. Aufgabe 3, Blatt 12. Die absolute Summierbarkeit einer Folge impliziert immer schon deren unbedingte Summierbarkeit (s. Aufgabe 3, Blatt 12). Ist X endlich-dimensional, so ist eine Folge (xn )n∈N in X genau dann unbedingt summierbar, wenn sie absolut summierbar ist. In unendlich-dimensionalen Banach-Räumen gilt diese Äquivalenz nach dem Satz von Dvoretsky-Rogers nicht mehr: Satz 7.22 (Dvoretsky-Rogers). In jedem unendlich-dimensionalen Banach-Raum existiert eine unbedingt summierbare Folge, die nicht absolut summierbar ist. Einen Beweis des Satzes findet man in [LT77]. In den Räumen ℓp , 1 < p ≤ ∞, lassen sich Beispiele für solche Folgen relativ einfach konstruieren (s. Aufgabe 5*, Blatt 12), im Raum ℓ1 ist das hingegen nicht ganz so einfach, s. [Mac47]. Lemma 7.23. X Banach-Raum, (xi )i∈I , (yi )i∈I summierbare Familien in X. Dann gilt: (i) Ist α ∈ K, so ist die Familie (αxi )i∈I summierbar mit X X αxi = α xi . i∈I i∈I (ii) Die Familie (xi + yi )i∈I ist summierbar mit X X X (xi + yi ) = xi + yi . i∈I i∈I i∈I (iii) Ist X ein Hilbert-Raum und z ∈ X, so ist die Familie hxi , zi X X hxi , zi = xi , z . i∈I i∈I summierbar mit i∈I Beweis. (i) folgt sofort aus der Homogenität der Norm, und (ii) folgt mit Hilfe der Dreiecksungleichung. P (iii) folgt mit Hlfe der Cauchy-Schwarz-Ungleichung: Sei x := i∈I xi . Ist J ⊆ I endlich, so gilt X X X hx, zi − xj xj , z ≤ hxj , zi = x − kzk. x − j∈J j∈J j∈J Lemma 7.24. H Hilbert-Raum. Eine Familie (xi )i∈I paarweise orthogonaler Vektoren aus H ist genau dann summierbar, wenn (kxi k2 )i∈I summierbar ist. Ist dies der Fall, so gilt X 2 X kxi k2 . (45) xi = i∈I i∈I 71 Beweis. Nach Lemma 7.21(i) ist (xi )i∈I genau dann summierbar, wenn X 2 2 xj ∀ε > 0 ∃J0 ⊆ I endlich ∀J ⊆ I \ J0 endlich : ≤ε . (46) j∈J Da nach Satz von Pythagoras X 2 X kxj k2 xj = j∈J j∈J gilt, ist Bedingung (46) (wiederum nach Lemma 7.21(i)) äquivalent zur Summierbarkeit 2 von (kxi kP )i∈I (im Banach-Raum R). Sei x := i∈I xi . Dann gilt nach Lemma 7.23(iii) 2 kxk = hx, xi = = X XX i∈I j∈I i∈I X X X xi , x = hxi , xi = xi , xj hxi , xj i i∈I = X i∈I hxi , xi i = i∈I X i∈I j∈I kxi k2 . Satz 7.25 (Bessel-Ungleichung). H Hilbert-Raum, (ei )i∈I orthonormale Familie in H, x ∈ H. Dann gilt (i) Die Familie (|hx, ei i|2 )i∈I ist absolut summierbar und X hx, ei i2 ≤ kxk2 (Bessel-Ungleichung). (47) i∈I (ii) P i∈I hx, ei iei konvergiert unbedingt in H und x− X ⊥ hx, ei iei ∈ span{ei | i ∈ I} . (48) i∈I (iii) Ungleichung (47) gilt mit Gleichheit genau dann, wenn X x= hx, ei iei . (49) i∈I (iv) P : H → H, ξ 7→ P i∈I hξ, ei iei ist die Orthogonalprojektion auf span{ei | i ∈ I}. 72 Beweis. (i) Für J ⊆ I endlich gilt X X X XX x− hx, ei iei , hx, ej iej = hx, ej ihx, ej i− hx, ei ihx, ej ihei , ej i = 0. (50) i∈J j∈J j∈J i∈J j∈J Somit folgt aus dem Satz von Pythagoras und (45) 2 2 2 X X X X 2 = |hx, ei i|2. hx, ei iei hx, ei iei ≥ hx, ei iei + kxk = x − i∈J i∈J i∈J Das zeigt, dass sup J⊆I endlich 2 X i∈J i∈J |hx, ei i|2 endlich ist und somit die Familie (|hx, ei i| )i∈I absolut summierbar ist und für die Summe X X hx, ei i2 = sup |hx, ei i|2 J⊆I endlich i∈I i∈J die Bessel-Ungleichung (47) gilt. (ii) Da die Familie khx, ei iei k2 = |hx, ei i|2 , i ∈ I, summierbar ist, ist nach Lemma 7.24 auch hx, ei iei , i ∈ I, summierbar. Aus X X x− hx, ei iei , ej = hx, ej i − hx, ei ihx, ej i = 0 für alle j ∈ I i∈I i∈I und der Sesquilinearität und Stetigkeit des Skalarprodukts folgt (48). Insbesondere bleibt Gleichung (50) gültig, wenn man die endliche Indexmenge J durch ganz I ersetzt. (iii) Gleichheit gilt in Ungleichung (47) genau dann, wenn 2 X X 2 2 hx, ei iei 0 = kxk − |hx, ei i| = x − , i∈I i∈I was genau dann der Fall ist, wenn (49) gilt. (iv) Setze U := span{ei | i ∈ I} und PU die zugehörige Orthogonalprojektion. Aus (41) und (48) folgt sofort, dass PU = P gilt. Satz 7.26 (Fourier-Entwicklung/Parseval-Identität). H Hilbert-Raum, S := {ei | i ∈ I} orthonormales System in H. Folgende Aussagen sind äquivalent: (i) S ist maximal, i.e., es existiert kein orthonormales System in H, das S als echte Teilmenge enthält. (ii) Ist x ∈ H orthogonal auf allen ei , i ∈ I, so folgt x = 0. (iii) H = span S. 73 (iv) Für alle x ∈ H gilt: x= X i∈I (v) Für alle x, y ∈ H gilt: (vi) Für alle x ∈ H gilt: kxk2 = hx, ei iei hx, yi = (Fourier-Entwicklung). X i∈I X hx, ei i2 (51) hx, ei ihei , yi. (Parseval-Identität). (52) i∈I Beweis. (i) =⇒ (ii): Kontraposition: Sei 0 6= x ∈ H orthogonal auf allen ei , i ∈ I. Dann ist ξ := x/kxk ein Vektor mit Norm 1, der orthogonal auf allen ei , i ∈ I, steht. Also ist S ∪ {ξ} ein orthonormales System, das S als echte Teilmenge enthält. (ii) =⇒ (iii): Kontraposition: Es gelte U := span S 6= H. Dann ist nach dem Satz von der Orthogonalprojektion (Satz 7.16) U ⊥ 6= {0}. Somit existiert ein 0 6= x ∈ U ⊥ , das offenkundig senkrecht auf allen ei , i ∈ I, steht. (iii) =⇒ (iv): Folgt aus Satz 7.25(iv). (iv) =⇒ (v): Folgt aus Lemma 7.23(iii). (v) =⇒ (vi): Trivial. (vi) =⇒ (i): Angenommen, (i) gilt nicht. Dann existiert ein ξ ∈ H mit kξk = 1 und ξ steht orthogonal auf allen ei , i ∈ I. Dann gilt nach (vi): X kξk2 = |hξ, ei i|2 = 0 i∈I Definition 7.27 (Orthonormalbasis). H Hilbert-Raum. Ein orthonormales System {ei | i ∈ I} in H, dass eine (und somit alle) der Bedingungen in Satz 7.26 erfüllt, heißt vollständiges Orthonormalsystem oder Orthonormalbasis (ONB) des Hilbert-Raums H. Satz 7.28. H Hilbert-Raum, S orthonormales System in H. Dann existiert eine Orthob normalbasis Sb mit S ⊆ S. Beweis. Das folgt durch kanonische Anwendung des Lemmas von Zorn. Korollar 7.29. H 6= {0} Hilbert-Raum. Dann sind folgende Aussagen äquivalent: (i) H ist separabel. (ii) Alle Orthonormalbasen sind abzählbar. (iii) Es existiert eine abzählbare Orthonormalbasis. 74 Beweis. (i) =⇒ (ii): Ist S eine Orthonormalbasis von H, so gilt für e, f ∈ S mit e 6= f nach Pythagoras 1/2 √ ke − f k = kek2 + kf k2 = 2. Daher kann S nicht überabzählbar sein, vgl. den Beweis von Aufgabe 3.1, Blatt 7. (ii) =⇒ (iii): Folgt sofort aus Satz 7.28. (iii) =⇒ (i): Folgt aus Satz 7.26(iii). Satz 7.30. H Hilbert-Raum, S, T Orthonormalbasen von H. Dann existiert eine Bijektion α : S → T. Beweis. In diesem Beweis bezeichne |M| die Kardinalzahl einer Menge M. Ist S endlich, so ist die Aussage des Satzes aus der linearen Algebra bekannt. Sei also |S| ≥ |N|. Zu x ∈ S definiere Tx := {y ∈ T | hx, yi = 6 0}. Dann gilt nach Satz 7.25(ii) und Lemma 7.21 |Tx | ≤ |N|. Aus Satz 7.26(ii) folgt [ T = Tx . x∈S Somit folgt aus den Rechenregeln für Kardinalzahlen: |T | ≤ |S||N| = |S|. Aus Symmetriegründen gilt auch |S| ≤ |T |, also |S| = |T |. Letzteres ist äquivalent zur Existenz einer Bijektion α : S → T . Zu einer gegebenen Menge S sei ℓ2 (S) := f : S → K | (|f (s)|2)s∈S summierbar , ausgestattet mit dem Skalarprodukt X hf, gi2 := f (s)g(s), s∈S f, g ∈ ℓ2 (S). Dann ist ℓ2 (S) = L2 (S, K; µ), wobei µ das Zählmaß auf S ist; ℓ2 (N) haben wir bereits zuvor betrachtet und mit ℓ2 bezeichnet. Korollar 7.31. H Hilbert-Raum, S Orthonormalbasis von H. Dann ist die Abbildung F : H → ℓ2 (S) , x 7→ (hx, ei)e∈S ein linearer isometrischer Isomorphismus. Beweis. Zu gegebenem x ∈ H ist (|hx, ei|2)e∈S nach Satz 7.25(i) summierbar, also gilt F x = (hx, ei)e∈S ∈ ℓ2 (S). Die Parseval-Identität (Satz 7.26(vi)) impliziert kxk = kF xk2 , also ist (die offenbar lineare Abbildung) F eine Isometrie. Sei (fe )e∈S ∈ ℓ2 (S) vorgegeben. Dann ist nach Lemma 7.24 (fe e)e∈S summierbar in H und X x := fe e e∈S erfüllt F x = (fe )e∈S . Somit ist F auch surjektiv, also ein isometrischer Isomorphismus. 75 Beispiel 7.32. (a) Die durch (ei )n := δi,n definierten Folgen ei , i ∈ N, bilden eine Orthonormalbasis von ℓ2 : {ei | i ∈ N} ist offenbar ein Orthonormalsystem und für alle f := (fn )n∈N ∈ ℓ2 gilt die Parseval-Identität X X kf k22 = |fn |2 = |hf, en i2 |2 . n∈N n∈N (b) Die trigonometrischen Monome ek (x) := e2πikx , k ∈ Z, bilden eine Orthonormalbasis von L2 = L2 ([0, 1], C; λ), λ die Einschränkung des Lebesgue-Maßes auf [0, 1]: Das S := {ei | i ∈ Z} ein Orthonormalsystem bildet, rechnet man leicht nach. Bekanntermaßen ist die Fourier-Transformation F : L1 ([0, 1], C; λ) → CZ , f 7→ fb(k) k∈Z , wobei fb(k) := Z 1 f (x)e−2πikx dx 0 injektiv. Die Einschränkung von F auf L2 ([0, 1], C; λ) ⊆ L1 ([0, 1], C; λ) ist ebenfalls injektiv und es gilt fb(k) = hf, ek i2 für alle f ∈ L2 ([0, 1], C; λ), k ∈ Z. Daher folgt aus Satz 7.26(ii), dass (ek )k∈Z eine Orthonormalbasis von L2 ist. Korollar 7.33. H separabler, unendlich-dimensionaler Hilbert-Raum. Dann gilt H ≃ ℓ2 . Beweis. Ist S eine Orthonormalbasis von H, so ist nach Korollar 7.29 S abzählbar unendlich. Somit existiert eine Bijektion α : N → S und die Abbildung (fe )e∈S = (fα(n) )n∈N ist ein linearer isometrischer Isomorphismus von ℓ2 (S) auf ℓ2 . Die Behauptung folgt nun aus Korollar 7.31. Korollar 7.34 (Fischer-Riesz). Die Fourier-Transformation F : L2 ([0, 1], K; λ) → ℓ2 (Z) , f 7→ fb(k) k∈Z , ist ein isometrischer Isomorphismus. Insbesondere ist L2 ([0, 1], K; λ) ein separabler, unendlich-dimensionaler Hilbert-Raum und es gilt L2 ([0, 1], K; λ) ≃ ℓ2 . Beweis. Nach Beispiel 7.32 bilden die trigonometrischen Monome eine Orthonormalbasis von L2 ([0, 1], K; λ); daher folgt die Behauptung aus Korollar 7.31. Der Zusatz folgt aus der Tatsache, dass N und Z gleichmächtig sind (oder alternativ aus Korollar 7.33). 76 7.3 Selbstadjungierte Operatoren Im folgenden bezeichnen wir das Skalarprodukt und die Norm eines Hilbert-Raums H mit h·, ·iH und k·kH ; ferner bezeichne jH : H → H ′ , x 7→ h·, xiH die kanonische Abbildung aus dem Darstellungssatz von Fréchet-Riesz (Satz 7.18). Wenn wir nur einen einzelnen HilbertRaum betrachten, lassen wir den Index H bei Skalarprodukt, Norm und kanonischer Abbildung der Einfachheit halber weg. Die Hintereinanderausführung T ◦S zweier linearer Operatoren S, T schreiben wir auch häufig kürzer als T S. Satz 7.35. H1 , H2 K-Hilbert-Räume, T ∈ L(H1 , H2). Dann existiert ein eindeutig bestimmtes T ∗ ∈ L(H2 , H1 ) mit hx, T ∗ yiH1 = hT x, yiH2 für alle x ∈ H1 , y ∈ H2 . (53) −1 Der Operator T ∗ ist gegeben durch T ∗ = jH ◦ T ′ ◦ jH2 und heißt der zu T adjungierte 1 Operator. Beweis. Bedingung (53) ist äquivalent zu [jH1 (T ∗ y)](x) = [jH2 (y)](T x) = [jH2 (y) ◦ T ](x) was wiederum äquivalent zu jH1 ◦ T ∗ (y) = T ′ (jH2 (y)) = T ′ ◦ jH2 (y) für alle x ∈ H1 , y ∈ H2 , für alle y ∈ H2 , −1 was wegen der Bijektivität von jH1 (s. Satz 7.18) äquivalent zu T ∗ = jH ◦ T ′ ◦ jH2 ist. 1 Satz 7.36. H1 , H2 K-Hilbert-Räume. Die Abbildung ∗ : L(H1 , H2) → L(H2 , H1 ) , T → T ∗ , ist bijektiv, isometrisch und konjugiert linear. Ferner gelten die folgenden Eigenschaften für T ∈ L(H1 , H2 ): (i) T ∗∗ = T . (ii) kT T ∗ kop = kT ∗ T kop = kT k2op . ⊥ ⊥ (iii) Kern(T ) = Bild(T ∗ ) und Kern(T ∗ ) = Bild(T ) ; insbesondere ist T genau dann injektiv, wenn Bild(T ∗ ) dicht in H1 liegt. (iv) Ist H3 K-Hilbert-Raum und S ∈ L(H2 , H3 ), so gilt (ST )∗ = T ∗ S ∗ . Beweis. Dass die Abbildung ∗ konjungiert linear und isometrisch ist, folgt aus den Eigenschaften der kanonischen Abbildungen jHi (s. Satz 7.18) und der des dualen Operators (s. die Lemmata 3.41, 3.44). Die Bijektivität lässt sich z.B. aus (i) folgern. (i) T ∗∗ ist durch hy, T ∗∗xiH2 = hT ∗ y, xiH1 77 für alle x ∈ H1 , y ∈ H2 eindeutig bestimmt; aus (53) folgt daher T ∗∗ = T . (ii) Für x ∈ H1 folgt unter Nutzung der Cauchy-Schwarz-Ungleichung kT xk2H2 = hT x, T xiH2 = hx, T ∗ T xiH1 ≤ kxkH1 kT ∗ T xkH1 ≤ kT ∗ T kop kxk2H1 . Gemeinsam mit der Submultiplikativität der Operatornorm und der Isometrieeigenschaft von ∗ impliziert das kT k2op = sup kT xk2H2 ≤ kT ∗ T kop ≤ kT ∗ kop kT kop = kT k2op . kxkH1 ≤1 Somit gilt kT k2op = kT ∗ T kop und mit (i) folgt kT k2op = kT ∗ k2op = kT ∗∗ T ∗ kop = kT T ∗ kop . ⊥ (iii) Kern(T ) = Bild(T ∗ ) folgt aus den Äquivalenzumformungen Daraus folgt mit (i) T x = 0 ⇐⇒ hT x, yiH2 = 0 für alle y ∈ H2 ⇐⇒ hx, T ∗ yiH1 = 0 für alle y ∈ H2 ⊥ ⇐⇒ x ∈ Bild(T ∗ ) . Kern(T ∗ ) = Bild(T ∗∗ ) (iv) Für alle x ∈ H1 und z ∈ H3 gilt ⊥ = Bild(T ) ⊥ . hST x, ziH3 = hT x, S ∗ ziH2 = hx, T ∗ S ∗ ziH1 , nach Satz 7.35 ist also (ST )∗ = T ∗ S ∗ . Definition 7.37 (Normale/selbstadjungierte Operatoren). H Hilbert-Raum, T ∈ L(H). (i) T heißt normal, falls T T ∗ = T ∗ T . (ii) T heißt selbstadjungiert, falls T = T ∗ . Satz 7.38 (Hellinger-Toeplitz). H Hilbert-Raum, T : H → H linear. Gilt hT x, yi = hx, T yi für alle x, y ∈ H, so ist T stetig und somit selbstadjungiert. Beweis. Nach dem Satz vom abgeschlossenen Graphen (Satz 3.58) reicht es z.z., dass für eine Folge (xn )n∈N in H mit xn → x ∈ H und T xn → y ∈ H bereits T x = y gilt. Da T additiv ist, können wir o.B.d.A. annehmen, dass x = 0 ist. Dann folgt y = 0 = T x aus D E D E hy, yi = lim T xn , y = lim hT xn , yi = lim hxn , T yi = lim xn , T y = 0. n→∞ n→∞ n→∞ 78 n→∞ Satz 7.39. Sei H C-Hilbert-Raum, T ∈ L(H). T ist selbstadjungiert genau dann, wenn gilt hT x, xi ∈ R für alle x ∈ H. (54) Beweis. =⇒“: Ist T selbstadjungiert, so folgt hT x, xi = hx, T xi = hT x, xi für alle x ∈ H, ” also (54). ⇐=“: Gilt (54), so stimmen die quadratischen Formen x 7→ hT x, xi und x 7→ hx, T xi ” der Sesquilinearformen (x, y) 7→ hT x, yi und (x, y) 7→ hx, T yi überein und somit nach der Polarisationsformel (Bemerkung 7.7) auch die Sesquilinearformen selbst. Satz 7.40. H Hilbert-Raum, T ∈ L(H) selbstadjungiert. Dann gilt kT kop = sup |hT x, xi|. kxk≤1 Beweis. Anwendung des Satzes von Hahn-Banach (Satz 3.29) und des Darstellungssatzes von Fréchet-Riesz (Satz 7.18) impliziert n o H kT kop = sup kT xk x ∈ B 1 (0) o n H H′ = sup |ϕ(T x)| x ∈ B 1 (0) , ϕ ∈ B 1 (0) (55) n o H = sup |hT x, yi| x, y ∈ B 1 (0) . ≥“: Folgt instantan aus (55). ” ≤“: Setze C := supkxk≤1 |hT x, xi|. Da T ∗ = T , ist (x, y) 7→ RehT x, yi eine symmetrische ” (R-)Bilinearform und wir können die Polarisationsformel (Bemerkung 7.7) verwenden. Die H Parallelogramm-Gleichung (Satz 7.8) liefert für x, y ∈ B 1 (0) 1 hT (x + y), x + yi − hT (x − y), x − yi 4 C kx + yk2 + kx − yk2 ≤ 4 C = kxk2 + kyk2 . 2 RehT x, yi = Bezeichnet σ das Vorzeichen von hT x, yi, so folgt |hT x, yi| = σhT (x), yi = hT (σx), yi = RehT (σx), yi ≤ C H für alle x, y ∈ B 1 (0); aus (55) folgt also kT kop ≤ C. Aus Satz 7.40 ergibt sich direkt das nachstehende Korollar. Korollar 7.41. H Hilbert-Raum, T ∈ L(H) selbstadjungiert mir hT x, xi = 0 für alle x ∈ H. Dann ist T = 0. 79 Bemerkung 7.42. Ist K = C, so impliziert die Bedingung hT x, xi = 0 für alle x ∈ H in Korollar 7.41 nach Satz 7.39 die Selbstadjungiertheit von T . Im Fall K = R kann aber auf die Forderung der Selbstadjungiertheit von T nicht ohne weiteres verzichtet werden, wie das Beispiel H = R2 und T eine Rotation um den Winkel π/2 zeigt. Satz 7.43. H Hilbert-Raum, 0 6= P ∈ L(H) eine Projektion. Dann sind äquivalent: (i) P ist eine Orthogonalprojektion (s. Satz 7.16). (ii) Kern(P ) ⊥ Bild(P ). (iii) kP kop = 1. (iv) P ist selbstadjungiert. (v) P ist normal. (vi) hP x, xi ≥ 0 für alle x ∈ H. Beweis. (i) =⇒ (ii) und (i) =⇒ (iii) folgen aus Satz 7.16. (ii) =⇒ (i): U := Bild(P ) ist abgeschlossen, da für x ∈ H aus P 2 = P x ∈ Bild(P ) ⇐⇒ P x = x = IdH x folgt, also Bild(P ) = Kern(IdH −P ) gilt. Für x0 ∈ H erfüllt P x0 ∈ U wegen P 2 = P x0 − P x0 ∈ Kern(P ) ⊆ U ⊥ ; nach (41) ist P die Orthogonalprojektion auf U. (iii) =⇒ (ii): Seien x ∈ Kern(P ), y ∈ Bild(P ) vorgegeben. Für λ ∈ K gilt dann kλyk2 = kP (x + λy)k2 ≤ kx + λyk2 = kxk2 + 2 Re λhx, yi + kλyk2. Daraus erhält man einerseits für reelles λ −2λ Rehx, yi ≤ kxk2 für alle λ ∈ R, also Rehx, yi = 0, und, falls K = C, andererseits für imaginäres λ = iτ −2τ Imhx, yi = −2τ Re − ihx, yi ≤ kxk2 für alle τ ∈ R, also auch Imhx, yi = 0. (ii) =⇒ (iv): Für alle x, y ∈ H gilt hP x, yi = hP x, P y + y − P yi = hP x, P yi = hP x + x − P x, P yi = hx, P yi. (iv) =⇒ (v): Trivial. (v) =⇒ (ii): Für x ∈ H gilt 0 = h(P ∗ P − P P ∗)x, xi = hP ∗P x, xi − hP P ∗x, xi = kP xk2 − kP ∗ xk2 , 80 d.h., Kern(P ) = Kern(P ∗ ) und letzterer ist nach Satz 7.36(iii) gerade Bild(P ) (iv) =⇒ (vi): Für x ∈ H gilt ⊥ . hP x, xi = hP 2 x, xi = hP x, P xi = kP xk2 ≥ 0. (vi) =⇒ (ii): Seien x ∈ Kern(P ), y ∈ Bild(P ) vorgegeben. Für λ ∈ R gilt dann 0 ≤ hP (x + λy), x + λyi = hλy, x + λyi = λ2 kyk2 + λhy, xi, was ( ≤ −λkyk2 hy, xi ≥ −λkyk2 für alle λ < 0, für alle λ > 0. Daraus folgt hy, xi = 0. Beim Beweis der Implikation (v) =⇒ (ii) des Satzes 7.43 haben wir die Aussage des nachstehenden Lemmas mitbewiesen: Lemma 7.44. H Hilbert-Raum, T ∈ L(H) normaler Operator. Dann gilt kT xk = kT ∗xk für alle x ∈ H. Insbesondere gilt Kern(T ) = Kern(T ∗ ). 7.4 Spektralsatz für kompakte selbstadjungierte Operatoren Definition 7.45 ((Approximativer) Eigenwert/invarianter Unterraum). X normierter K-Vektorraum, T ∈ L(X), λ ∈ K. (i) λ heißt Eigenwert von T , falls Kern(λ IdX −T ) 6= {0} ; jedes 0 6= x ∈ Kern(λ IdX −T ) heißt dann zum Eigenwert λ gehöriger Eigenvektor von T . (ii) λ heißt approximativer Eigenwert von T , falls eine Folge (xn )n∈N in SX existiert mit lim kλxn − T xn k = 0. n→∞ (iii) Ein Untervektorraum U von X heißt T -invariant, falls T (U) ⊆ U gilt. Jeder Eigenwert ist offenbar insbesondere ein approximativer Eigenwert. Lemma 7.46. X K-Banach-Raum, T ∈ L(X), λ ∈ K. (i) Ist λ IdX −T invertierbar7 , so ist λ kein approximativer Eigenwert. 7 Das ist nach dem Satz vom inversen Operator (Kor. 3.56) gleichbedeutend mit stetig invertierbar. 81 (ii) Ist |λ| > kT kop , so ist λ IdX −T invertierbar. Beweis. (i) Angenommen, (xn )n∈N wäre eine Folge in SX mit kλxn − T xn k → 0 für n → ∞. Dann gilt für n → ∞ 1 = kxn k = (λ IdX −T )−1 (λxn − T xn ) ≤ (λ IdX −T )−1 op kλxn − T xn k → 0 (ii) Aus kT kop < |λ| folgt kλ−1 T kop < 1, was die Konvergenz der Neumann-Reihe ∞ X λ−1 T n=0 n in L(X) impliziert; man überprüft schnell, dass diese Reihe die Inverse von IdX −λ−1 T ist (vgl. auch Aufgabe 4, Blatt 6). Somit ist auch λ IdX −T = λ(IdX −λ−1 T ) invertierbar. Definition 7.47 (Kompakter Operator). X, Y normierte Räume. T : X → Y linear heißt kompakt, falls T (B1X (0)) relativkompakt in Y ist. K(X, Y ) bezeichne die Menge der kompakten Operatoren von X nach Y ; ist X = Y , so schreiben wir kürzer K(X). Ist T kompakt, so bildet T beschränkte Mengen auf relativkompakte, also inbesondere beschränkte, Mengen ab. Somit ist jeder kompakte Operator bereits ein beschränkter Operator, d.h. K(X, Y ) ⊆ L(X, Y ). Offenbar ist jeder beschränkte Operator mit endlichdimensionalem Bild bereits kompakt. Satz 7.48. X K-Banach-Raum, T ∈ K(X), λ ∈ K \ {0} approximativer Eigenwert von T . Dann ist λ bereits ein Eigenwert von T und Kern(λ IdX −T ) ist endlich-dimensional. Beweis. Sei (xn )n∈N eine Folge in SX mit kλxn − T xn k → 0 für n → ∞. Da T kompakt ist, können wir (nach eventuellem Übergang zu einer Teilfolge) annehmen, dass lim T xn =: y n→∞ existiert. Für den Grenzwert y folgt kλxn − yk ≤ kλxn − T xn k + kT xn − yk → 0 für n → ∞, also y = lim λxn n→∞ Es gilt Ty = T und kyk = |λ| = 6 0. lim λxn = λ lim T xn = λy, n→∞ n→∞ also ist y ein Eigenvektor zum Eigenwert λ. Angenommen, L := Kern(λ IdX −T ) ist unendlich-dimensional. Dann finden wir nach dem Rieszschen Lemma vom fast-orthogonalen Element (Aufgabe 3, Blatt 9) eine Folge (en )n∈N in SL mit ken − em k ≥ 1/2 für alle n 6= m. Für n 6= m folgt also kT en − T em k = kλen − λem k = |λ|ken − em k ≥ |λ|/2. Da λ 6= 0, zeigt das, dass T en , n ∈ N, keine konvergente Teilfolge besitzt, im Widerspruch zur Kompaktheit von T . 82 Lemma 7.49. H K-Hilbert-Raum, T ∈ L(H) selbstadjungiert. (i) Alle Eigenwerte von T sind reell. (ii) Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten sind orthogonal zueinander. (iii) Ist U ein T -invarianter Untervektorraum von H, so ist auch U ⊥ T -invariant. Beweis. (i) Sei λ ∈ K Eigenwert von T und x ∈ H ein Eigenvektor zu λ. Dann λhx, xi = hλx, xi = hT x, xi = hx, T xi = hx, λxi = λhx, xi. Da hx, xi = 6 0, folgt λ ∈ R. (ii) Sei λ 6= µ Eigenwerte von T und x ein Eigenvektor zu λ, y ein Eigenvektor zu µ. Dann gilt λhx, yi = hλx, yi = hT x, yi = hx, T yi = hx, µyi = µhx, yi, was hx, yi = 0 impliziert. (iii) Sei v ∈ U ⊥ . Aus T (U) ⊆ U folgt 0 = hT u, vi = hu, T vi also T v ∈ U ⊥ . Daraus folgt T U ⊥ ⊆ U ⊥ . für alle u ∈ U, Lemma 7.50. H 6= {0} K-Hilbert-Raum, T ∈ K(H) selbstadjungiert. Dann besitzt T einen Eigenwert λ ∈ R mit |λ| = kT kop . Beweis. Im Fall T = 0 ist die Aussage trivial. Sei also T 6= 0. Nach Satz 7.40 existiert eine Folge (xn )n∈N in SH mit |hT xn , xn i| → kT kop . In dem wir zu einer Teilfolge übergehen, können wir annehmen, dass (hT xn , xn i)n∈N gegen ein λ ∈ R konvergiert. Dann gilt offenbar |λ| = kT kop . Ferner gilt 0 ≤ kT xn − λxn k2 = kT xn k2 − 2 RehT xn , λxn i + kλxn k2 ≤ kT k2op − 2λhT xn , xn i + λ2 → kT k2op − λ2 = 0. D.h., λ ist ein approximativer Eigenwert von T und somit nach Satz 7.48 ein Eigenwert. Satz 7.51 (Spektralsatz). H 6= {0} Hilbert-Raum, T ∈ K(H) selbstadjungiert. Dann existieren ein (eventuell endliches) Orthonormalsystem e1 , e2 , . . . in H und eine (eventuell abbrechende) Nullfolge λ1 , λ2 , . . . in R \ {0} so, dass X Tx = λn hx, en ien für alle x ∈ H. (56) n Insbesondere gilt T en = λn en für alle n. 83 Beweis. Für T = 0 ist die Aussage des Satzes offensichtlich wahr. Sei also T 6= 0. Die Eigenpaare (λn , en ), n ∈ N, gewinnen wir durch Rekursion: Rekursionsanfang: Setze H0 := H. Nach Lemma 7.50 besitzt T einen Eigenwert λ1 mit |λ1 | = kT kop und wir finden einen Eigenvektor e1 zu λ1 mit ke1 k = 1. Setze U1 := span{e1 }. Da U1 T -invariant ist, ist nach Lemma 7.49(iii) auch H1 := U1⊥ T -invariant. Rekursionsschritt: Haben wir (λk , ek ), k = 1, . . . , n, gefunden, so setzen wir Un := span{e1 , . . . , en } und Hn := Un⊥ . Un und Hn sind dann T -invariant. Wir betrachten den Operator Tn := T |Hn . Ist Tn = 0, so bricht der Rekursionsprozess ab. Andernfalls besitzt Tn einen Eigenwert λn+1 6= 0 mit |λn+1| = kTn kop ≤ kT kop und wir finden einen Eigenvektor en+1 zu λn+1 mit ken+1 k = 1. Offenbar gilt en+1 ⊥ ek für alle k ≤ n. Bei der Rekursion können zwei Fälle auftreten: (i) Der Rekursionsprozess bricht nach dem n-ten Schritt ab. Dann gilt T |Hn = 0. Ist x ∈ H, so gilt nach Satz 7.25(ii), dass x0 := x − also x0 ∈ Kern(T ) und Tx = T X n k=1 hx, ek iek n X k=1 hx, ek iek ∈ Hn , n n X X = hx, ek iT ek = λk hx, ek iek , k=1 k=1 d.h. (56) ist erfüllt. (ii) Der Rekursionsprozess bricht nicht ab. Dann gilt |λn+1 | = kT |Hn kop > 0 für alle n ∈ N. Offenbar gilt |λn+1 | = kT |Hn kop ≤ kT |Hn−1 kop = |λn | für alle n ∈ N, d.h., die Folge (|λn |)n∈N ist monoton fallend. Wir zeigen jetzt lim |λn | = 0 n∈N durch Widerspruchsbeweis: Angenommen, es existiert ε > 0 mit |λn | ≥ ε für alle n ∈ N. Dann gilt kT en − T em k2 = kλn en − λm em k2 = |λn |2 + |λm |2 ≥ 2ε2 für alle n 6= m, d.h., (T en )n∈N besitzt keine konvergente Teilfolge zur Kompaktheit von T . Ist x ∈ H, so setzen wir n X hx, ek iek ∈ Hn . xn := x − k=1 84 Dann ist xn die Orthogonalprojektion von x auf Hn und daher gilt kxn k ≤ kxk (vgl. Satz 7.25(iv) und Satz 7.16. Somit kT xn k ≤ kT |Hn kop kxn k ≤ |λn+1 |kxk → 0 Daraus folgt Tx − n X k=1 λk hx, ek iek = T xn → 0 für n → ∞. für n → ∞, also gilt (56). In beiden Fällen bilden die (en )n ein Orthonormalsystem. Aus (56) folgt natürlich T en = λn en für alle n. Korollar 7.52. Unter den Voraussetzungen des Satzes 7.51 gelten die folgenden Aussagen: (i) Bild(T ) = span{e1 , e2 , . . .} und H = Kern(T ) ⊕2 Bild(T ). (ii) Die Orthogonalprojektion P auf Bild(T ) ist gegeben durch X Px = hx, en ien , x ∈ H. (57) n (iii) Jeder von Null verschiedene Eigenwert λ von T kommt in der Folge (λn )n vor. Beweis. Zu (i) und (ii): Einerseits ist nach (56) Bild(T ) ⊆ span{e1 , e2 , . . .}. Andererseits ist zu vorgegebenem n der Wert λn 6= 0 und somit en = T (en /λn ) ∈ Bild(T ). Das bedeutet Bild(T ) = span{e1 , e2 , . . .}. Nach Satz 7.25(iv) ist die Orthogonalprojektion auf Bild(T ) gegeben durch (57). Da T = T ∗ , gilt nach Satz 7.36(iii) und Bemerkung 7.12(d) ⊥ ⊥ Kern(T ) = Bild(T ) = Bild(T ) . Aus dem Satz von der Orthogonalprojektion (Satz 7.16) folgt daher H = Kern(T ) ⊕2 Bild(T ). Zu (iii): Sei λ ein Eigenwert von T mit Eigenvektor x und λ 6= λn für alle n. Dann folgt mit Lemma 7.49(ii), dass ⊥ ⊥ x ∈ span{e1 , e2 , . . .} = Bild(T ) = Kern(T ), also λ = 0. Die Lösung von Eigenwertproblemen kompakter selbstadjungierter Operatoren (Stichwort: Fredholm-Alternative) wird z.B. in [Haa14, Kapitel 13] besprochen (und natürlich auch in der Anschlussvorlesung Funktionalanalysis II behandelt). 85 Literatur [Cla36] J. A. Clarkson. Uniformly Convex Spaces, Transactions of the American Mathematical Society 40 (1936), 396–414. [Die89] J. Dieudonné. Grundzüge der modernen Analysis, Band 1, Vieweg, Braunschweig, 1985. [For89] O. Forster. Analysis 2, Vieweg, Braunschweig, 1989. [Haa14] M. Haase. Functional Analysis. An Elementary Introduction. Graduate Studies in Mathematics, Vol. 156, American Mathematical Society, Providence (R.I.), 2014. [HS91] F. Hirzebruch, W. Scharlau. Einführung in die Funktionalanalysis. B.I.-Hochschultaschenbuch, 1991. [Irl01] A. Irle. Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik, Teubner, 2001. [Lan93] S. Lang. Real and Functional Analysis, Graduate Texts in Mathematics 142, Springer-Verlag New York, 1993. [LT77] J. 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