Einteilung des alten Griechenlands

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Einteilung des alten Griechenlands. In der Zeit selbständigen griech. Staatenlebens hat G. niemals weder politisch noch
geographisch eine Einheit gebildet wie heute. Der früh entwickelte griech. Nationalsinn führte bald zu dem gemeinsamen Namen
«Hellenes» für die in der ganzen Mittelmeerwelt angesiedelten Griechen verschiedenen Stammes und verschiedener Staaten.
Danach entstand wohl erst der Landesname «Hellas», der ebenfalls lange eine mehr ethno- als geographische Bedeutung behielt:
örtlich ist er in griech. Zeit auf die Landschaften Mittelgriechenlands und des Peloponnes, seit dem Beginn unserer Zeitrechnung etwa
gelegentlich auch auf Mittelgriechenland allein angewendet worden.
Andere umfassendere Namen für die Griechen des Festlandes: Danaer, Achäer (bei Homer), Gräci (bei den Römern), sind ihrer
Entstehung und ursprünglichen Ausdehnung nach nicht sicher. Am nächsten kommt unserm Begriff von G. erst die röm. Provinz
Achaia, die für kurze Zeit außer Mittelgriechenland und dem Peloponnes auch Nordgriechenland umfaßte; schon durch Vespasian
(69-79 n. Chr.) ist aber anscheinend Nordgriechenland wieder abgetrennt worden.
Ethnographisch teilen sich die Griechen, sobald sie greifbarer in die Erscheinung treten, in die vier großen Stammesgruppen der
Äolier, Ionier, Dorier und Arkadier, von denen man letztere früher fälschlich dem äol. Stamme zurechnete. (Vgl. die Karte: Das Alte
Griechenland.) Sie sind nach und nach von Norden her in die griech. Halbinsel eingewandert, doch bleiben ihre Wanderwege und
ältesten Sitze dunkel; nur das Vordringen der Dorier am Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. von Mittelgriechenland zum Peloponnes,
ihrer spätern Hochburg, läßt sich deutlicher verfolgen. (Vgl. unten Geschichte, S. 320.) Aus den Stämmen lösen sich nach und nach
die verschiedenen Völkerschaften los, die in histor.
Zeit meist schon eine weitere Teilung zu Stadtstaaten vollzogen haben; andere Völkerschaften sind durch ihre abgeschlossenen
Sitze auf der frühern Entwicklungsstufe mit Geschlechts- und Gaudörfern länger stehen geblieben, u. a. die Akarnanen, Ätoler,
Arkadier, in gewisser Hinsicht auch die Lacedämonier. Immerhin bildet das von einer Völkerschaft besetzte Land auch nach weiterer
Teilung eine geographische und gewöhnlich auch eine polit. Einheit, sei es, daß einer der Stadtstaaten die Oberherrschaft über die
andern erringt, oder eine Nebenordnung der verschiedenen Stadtstaaten stattfindet.
Die ältere griech. oder nichtgriech. Bevölkerung ist meist in ein Abhängigkeitsverhältnis zu den Eroberern getreten. Danach hat
man sich schon im Altertum gewöhnt, verschiedene Landschaften innerhalb G.s zu scheiden; ihre Grenzen stehen bereits im 5.
Jahrh. v. Chr. in der Hauptsache fest. Über die Völkerschaft und sogar über den Stamm hinaus greift nur das im alten G. stark
entwickelte Bündnissystem, in ältester Zeit auf religiöser Grundlage ruhend, die Amphiktyonie (s. d.), die Verbindung der
«Umwohnerschaft» eines Heiligtums zur gemeinsamen Pflege und Feier des Gottesdienstes, später die Symmachie, von rein polit.
Charakter, die durch bestimmte Verträge geregelte «Bundesgenossenschaft».
Nordgriechenland zerfiel im Altertum in zwei große Hälften; Epirus im Osten und Thessalien im Westen. Epirus besaß
überwiegend ungriech. Bevölkerung, nur im Süden um Ambrakia und im Westen auf der Insel Kerkyra und an der Küste von
Apollonia nordwärts hatten sich korinth. Kolonisten festgesetzt. Die thessalische Landschaft fällt ebenfalls aus dem Rahmen G.s
etwas heraus, sie ist aus einer Menge verschiedener Volkselemente zusammengewachsen. Man unterschied hier eine Reihe von
Unterlandschaften: Pelasgiotis, Histiäotis, Thessaliotis und Phthiotis (auch das phthiotische Achaia genannt), an die sich die Reste
älterer Bewohner: Perrhäber (im Norden), Magneten (im Osten), Doloper (im Westen) anschlossen. Die ebenfalls einst von Dolopern
bewohnten Inseln östlich von Thessalien (Skiathos, Peparethos, Skyros u. s. w.) sind seit dem 5. Jahrh. bis in die Römerzeit meist in
athen. Besitz gewesen, zu Thessalien sind sie unmittelbar nie gerechnet worden.
Mittelgriechenland zeigt noch ausgeprägter als der Norden die Zerrissenheit des alten G. Von Westen her folgen sich die
Landschaften Akarnanien, Ätolien (mit starken ungriech. Volkselementen), die beiden Lokris, das westliche oder ozolische
(«stinkende») und das östliche, das sich wieder in das um Opus liegende (opuntische) und in das unter dem Knemisgebirge gelegene
(hypoknemidische) schied. Die beiden Lokris werden durch eine Kette kleinerer, bergiger Binnenlandschaften getrennt: das Land der
Änianen (an der thessalischen Grenze), der Malier, der am Ötagebirge angesessenen Ötäer, ferner das dor. Stammland die Doris,
Phokis mit dem delphischen Heiligtum. Dann schlossen
forlaufend sich ostwärts Böotien mit Theben als Vorort und weiterhin Attika mit Athen an. Die bei der mittelgriech. Küste
gelegenen Inseln haben sich nur zum Teil gesondert entwickelt und behauptet. Euböa (im Osten) bildete einst eine Landschaft für
sich, stand aber seit dem Ende des 6. Jahrh. bis in die macedon. Zeit fast stets unter Athens Herrschaft. Länger (bis 456 v. Chr.) hat
Ägina sein Sonderdasein gegenüber Athen verteidigt. Dagegen ist Salamis bereits seit dem Anfang des 6. Jahrh. an Athen gekettet
gewesen.
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Die westl. Inseln Leukas, Kephallenia und die Odysseusinsel Ithaka sind früh durch korinth. und achäische Kolonisation besiedelt
worden. Auch Zakynthos hat erst eine arkadische, später eine achäische Kolonie getragen. Das Bindeglied zwischen
Mittelgriechenland und dem Peloponnes bildete im Altertum die den Isthmus beherrschende Landschaft Megaris, an die sich
unmittelbar die Argolis mit den beiden Hauptstädten Korinth und Argos und den alten Herrenburgen von Tiryns und Mykenä
anschloß.
Dann folgte südwärts Lakonien, zudem seit dem 7. bis 4. Jahrh. v. Chr. das westlich benachbarte, durch das mächtige
Taygetosgebirge getrennte Messenien gehörte. Vor und nach dieser Periode ist Messenien, das immer eine eigene Bevölkerung
behalten hat, auch politisch selbständig gewesen bis in die röm. Zeit. Das Binnenland des Peloponnes füllte die Gebirgslandschaft
Arkadien aus; nur westwärts griff sie ursprünglich in die untere Alpheiosebene (Pisatis, d. h. das Land um Pisa), in der das Heiligtum
von Olympia lag, und in die triphylische Küstenebene über. In histor. Zeit gehören diese Ebenen zu der großen Nordwestlandschaft
Elis. Die Nordküste nach dem korinth. Golf wird durch Achaia geschlossen. Unter den von dem südl. Peloponnes abgesprengten
Inseln ist nur Kythera zu nennen, das früh in Spartas Gewalt gekommen und weiterhin darin verblieben ist.
Die G. umschließenden Meere haben noch heute die alten Namen (Agäisches Meer im Osten, Ionisches im Westen) bewahrt.
Besondere Namen führten im Altertum das Myrtoische, nach der kleinen Insel Myrto an der Südspitze Euböas benannt, der
Meeresteil östlich des Peloponnes, und das Kretische, das südlich an das Myrtoische anschloß. Die Ostküste Nordgriechenlands
bespülte endlich das Thrazische Meer. - Ganz verschieden von der modernen ist aber die antike Auffassung des Ägäischen Meers
als eines griech. Binnensees: rings waren Küsten und Inseln von griech. Städten benetzt. In Thrazien und auf den Inseln herrschte
das ion. Element vor, die kleinasiat. Westküste gliederte sich in die großen Städtebünde der Äolis, der ion. Dodekapolis (Zwölfstadt)
und der dor.
Hexapolis (Sechsstadt). Für ein halbes Jahrhundert (etwa 460-412 v. Chr.) hat dieses Gebiet sogar ein gewaltiges, einheitliches
Reich unter Athens Vorherrschaft gebildet. Dementsprechend rechnete man zu Altgriechenland nicht nur die heute noch so
benannten Cykladen (Keos, Andros, Tenos, Delos, Paros, Naxos u. a.), sondern auch die der kleinasiat. Südwestküste vorgelagerten
und nach dem Peloponnes hinüberziehenden Sporaden (Kos, Rhodus, Thera, Melos u. s. w.), ferner die großen Inseln Cypern, Kreta,
Samos, Chios, Lesbos mit ihrer Umgebung und die thraz. Inseln.
Diese landschaftliche Einteilung G.s hat sich seit dem 5. Jahrh, im großen behauptet; im 4. Jahrh. ging jedoch Kleinasien mit den
kleinasiat. Inseln an Persien, Thrazien an Macedonien verloren. Die polit. Verhältnisse, die Stellung und engern Grenzen dieser oder
jener Landschaft schwankten schon im 5. und 4. Jahrh., dann namentlich in der hellenistischen Zeit, wo die Nordosthälfte des
Peloponnes zum sog. achäischen, der größere Teil der mittelgriech. Westhälfte zum ätol. Bunde verschmolz. (Vgl. unten Geschichte.)
Als aber ganz G. unter dem Namen Achaia in Abhängigkeit von Rom geriet, lebten die alten Landschaften innerhalb der Provinz bald
wieder auf.
Litteratur. Bobrik, G. in altgeogr.
Beziehung (Lpz. 1842);
Curtius, Peloponnesos (2 Bde., Gotha 1851-52);
Bursian, Geographie von G. (2 Bde., Lpz. 1862-72);
Krause, Geographie von G. (in Ersch und Grubers «Allgemeiner Encyklopädie», Sekt. I, Bd. 80, ebd. 1870);
Kiepert, Atlas von Hellas (1872);
F. Tozer, Lectures on the geography of Greece (Lond. 1873);
Kiepert, Lehrbuch der alten Geographie (Berl. 1878);
Lolling, Hellenische Landeskunde (in Iwan Müllers «Handbuch der klassischen Altertumswissenschaft», III, 1887);
Neumann und Partsch, Physikalische Geographie von G. mit besonderer Rücksicht auf das Altertum (Bresl. 1885);
Kiepert, Formae orbis antiqui (Berl. 1893 fg.).
Ende Einteilung des alten Griechenlands
Quelle: Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910; Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14.
Auflage, 1894-1896;8. Band, Seite 314 [Suche = 58.316] im Internet seit 2005; Text geprüft am 13.1.2010; publiziert von Peter Hug;
Abruf am 21.10.2017 mit URL:
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