9. Die Jordan-Normalform In diesem Abschnitt wollen wir Endomorphismen untersuchen, die nicht unbedingt diagonalisierbar sind. Wir werden sehen, dass in vielen Fällen eine etwas schwächere Normalform der Darstellungsmatrix von F möglich ist, die zum Beispiel immer noch ermöglicht den Endomorphismus exp(F ) für F ∈ EndC (V ) (bzw. exp(A) für A ∈ M (n × n, C)) zu berechnen. Wir werden diese Normalform dann später benutzen um Differentialgleichungen zu lösen. Wir starten mit Definition 9.1. (1) Sei V ein endlich dimensionaler K-Vektorraum und sei F ∈ EndK (V ). Dann heißt F trigonalisierbar, falls eine Basis B = {v1 , . . . , vn } von V existiert, so dass die Darstellungsmatrix AB F von F bezüglich B eine obere Dreiecksmatrix ist, dh λ1 ∗ . . . ∗ 0 λ2 . . . ∗ AB .. F = .. . . . . . 0 ... 0 λn für geeignete λ1 , . . . , λn ∈ K. (2) Ist A ∈ M (n × n, K), so heißt A trigonalisierbar, falls ein S ∈ GL(n, K) existiert, so dass S −1 AS obere Dreiecksmatrix ist. Bemerkung 9.2. (1) Ist F ∈ EndK (V ) und A ∈ M (n × n, K) eine beliebige Dartstellungsmatrix von F , so gilt: F ist trigonalisierbar ⇐⇒ A ist trigonalisierbar. (2) Ist F (bzw. A) trigonalisierbar, so folgt für das charakteristische Polynom χF (und ähnlich für χA ), dass T − λ1 ∗ ... ∗ 0 T − λ2 . . . ∗ B χF (T ) = det(T En −AF ) = det . .. = (T −λ1 )(T −λ2 ) · · · (T −λn ). .. .. . . 0 ... 0 T − λn Wir sehen also, dass χF in Linearfaktoren zerfällt und die Diagonalelemente λi von AB F sind gerade die Eigenwerte von F . 0 1 (3) Aus (2) folgt: Die Matrix A = ∈ M (2 × 2, R) ist nicht trigonalisierbar, da −1 0 χF (T ) = T 2 + 1 über R nicht in Linearfaktoren zerfällt. Fassen wir A aber als komplexe Matrix auf, so ist A sogar diagonalisierbar. Wir sehen, dass es für diese Fragen ganz wichtig ist, über welchem Körper K wir arbeiten! Die Beobachtung in Punkt (2) der Bemerkung besitzt auch eine Umkehrung: Satz 9.3. Sei V ein endlich dimensionaler K-Vektorraum, und sei F ∈ EndK (V ). Dann sind äquivalent: (1) F ist trigonalisierbar. (2) Das charakteristische Polynom χF von F zerfällt in Linearfaktoren. 1 2 Bemerkung 9.4. Nach dem Fundamentalsatz der Algebra zerfällt jedes komplexe Polynom in Linearfaktoren. Aus Satz 9.3 folgt also insbesondere, dass jedes F ∈ EndC (V ) trigonalisierbar ist, wenn V ein endlich dimensionaler C-Vektorraum ist. Allgemeiner gilt: Ist K ein algebraisch abgeschlossener Körper (das heißt, dass jedes Polynom über K in Linearfaktoren zerfällt), und ist V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum, so ist jedes F ∈ EndK (V ) trigonalisierbar. Die Richtung (1) ⇒ (2) des Satzes folgt aus Punkt (2) von Bemerkung 9.2. Die Richtung (2) ⇒ (1) werden wir weiter unten beweisen (siehe Satz 9.6 weiter unten), wobei wir auch zeigen werden, dass die gesuchte obere Dreiecksmatrix in einer besonderen Form gewählt werden kann. Wir starten mit: Definition 9.5. (1) Eine Matrix J ∈ M (m × m, K) heißt Jordan-Kasten, falls ein λ ∈ K existiert mit λ 1 0 ··· 0 0 λ 1 · · · 0 .. .. . .. .. J = . . . . 0 · · · 0 λ 1 0 ··· ··· 0 λ Wir sagen dann auch, dass J ein λ-Jordan-Kasten der Länge m ist. (2) Eine Matrix A ∈ M (n × n, K) heißt in Jordan-Normalform (oder einfach nur JordanMatrix), falls λi 1 0 ··· 0 J1 0 · · · 0 0 λi 1 ··· 0 0 J2 · · · 0 .. .. ∈ M (k × k , K) .. .. A=. , so dass J = i i i . . . . .. . .. . .. 0 ··· 0 λi 1 0 · · · 0 Jr 0 · · · · · · 0 λi für alle 1 ≤ i ≤ r ein Jordan-Kasten ist. Beachte: (1) Jede 1 × 1-Matrix ist ein Jordan-Kasten der Länge 1, und damit ist auch jede Diagonalmatrix eine Jordan-Matrix. (2) Die Eigenwerte λi der Jordan-Kästen Ji von A müssen nicht paarweise verschieden sein! Ein konkretes Beispiel für eine Jordan-Matrix ist gegeben durch 2 1 0 0 0 0 0 0 0 2 1 0 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 J 0 0 0 1 0 J2 0 0 0 0 0 2 1 0 0 0 A= = 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 J3 0 0 0 0 0 0 3 0 0 0 0 0 J4 0 0 0 0 0 0 3 1 0 0 0 0 0 0 0 3 3 mit den Jordan-Kästen 2 1 0 J1 = 0 2 1 , 0 0 2 J2 = 2 1 , 0 2 J3 = (3), und J4 = 3 1 . 0 3 Im Rest dieses Abschnitts werden wir den folgenden Satz beweisen. Als direkte Folgerung erhalten wir dann auch einen Beweis von Satz 9.3. Satz 9.6 (Jordan-Normalform). Sei V ein endlich dimensionaler K-Vektorraum und sei F ∈ EndK (V ), so dass das charakteristische Polynom χF von F in Linearfaktoren zerfällt. Dann existiert eine Basis B = {v1 , . . . , vn } von V , so dass J1 0 · · · 0 0 J2 · · · 0 AB .. F = .. . . . . . 0 ··· 0 Jr eine Jordan-Matrix ist. Analog: Ist A ∈ M (n × n, K) mit χA zerfällt in Linearfaktoren, so existiert ein S ∈ GL(n, K), so dass S −1 AS eine Jordan-Matrix ist. Wie üblich folgt der zweite Teil des Satzes direkt aus dem ersten Teil, wenn wir den Endomorphismus FA : K n → K n , FA (x) = A · x betrachten und die Elemente der Basis B = {v1 , . . . , vn } von K n , wie im ersten Teil des Satzes, als Spalten der Matrix S nehmen. Für den Beweis des Satzes benötigen wir einige Vorbereitungen. 9.7. Direkte Summen von Endomorphismen und Blockmatrizen. Sei V ein endlich dimensionaler K-Vektorraum und sei F ∈ EndK (V ). Ist V1 ⊆ V mit F (V1 ) ⊆ V1 , so können wir einen Endomorphismus F1 ∈ EndK (V1 ) durch F1 (v) := F (v) für v ∈ V1 definieren (also L F1 = F |V1 : V1 → V1 ). Besitzt V eine direkte Summenzerlegung V = V1 V2 mit F (V1 ) ⊆ V1 und F (V2 ) ⊆ V2 , so erhalten wir zwei Endomorphismen F1 ∈ EndK (V1 ) und F2 ∈ EndK (V2 ) und für jedes v = v1 + v2 ∈ V , mit v1 ∈ V1 , v2 ∈ V2 , gilt dann F (v1 + v2 ) = F1 (v1 ) + F2 (v2 ). L Wir sagen dann: F ist die direkte Summe von F1 und F2 und wir schreiben F = F1 F2 . Sei nun B1 = {v1 , . . . , vr } eine Basis von V1 und B2 = {vr+1 , . . . , vn } eine Basis von V2 . Dann ist B := {v1 , . . . , vr , vr+1 , . . . , vn } eine Basis von V und für jedes vj aus dieser Basis gilt P F1 (vj ) = ri=1 aij vi , falls j ≤ r Pn F (vj ) = F2 (vj ) = i=r+1 aij vi , falls r < j. Damit hat die Darstellungsmatrix A := AB F von F die Gestalt A1 0 1 2 A= , mit A1 = AB und A2 = AB F1 F2 . 0 A2 Sei umgekehrt F ein beliebiger Endomorphismus von V , so dass eine Basis B = A 0 1 {v1 , . . . , vr , vr+1 , . . . , vn } von V existiert mit AB . Setzen wir dann V1 = F = 0 A2 4 L LH{v1 , . . . , vr } und V2 = LH{vr+1 , . . . , vn }, so folgt V = V1 V2 mit F (Vi ) ⊆ Vi , also L F = F1 F2 mit Fi := F |Vi : Vi → Vi wie oben. Wir benötigen: A1 ∗ ∈ M (n × n, K) eine Blockmatrix. Dann gelten Lemma 9.8. (1) Sei A = 0 A2 det(A) = det(A1 ) · det(A2 ) und χA = χA1 · χA2 , wobei χA , χA1 , χA2 die charakteristischen Polynome von A, A1 und A2 bezeichnen. L (2) Sei F = F1 F2 die direkte Summe zweier Endomorphismen Fi ∈ EndK (Vi ), i = 1, 2. Dann gilt det(F ) = det(F1 ) · det(F2 ) und χF = χF1 · χF2 . Beweis: Sei A1 ∈ M (l×l, K). Wir beweisen die Determinantenformel durch Induktion nach l. Für l = 1 folgt die Formel sofort durch Entwicklung der nach der ersten Spalte. Determinante A1 ∗ Für den Induktions-Schritt von l − 1 nach l sei A = mit A1 ∈ M (l × l, K), l > 1. 0 A2 Wir nehmen an, dass die Determinantenformel für Blöcke kleinerer Größe bereits bewiesen ist. Sei dann Ai die Matrix, die durch Streichen der ersten Spalte und der i-ten Zeile von A entsteht, und sei A1,i die Matrix die durch Streichen der ersten Spalte und der i-ten Zeile von A1,i ∗ A1 entsteht, 1 ≤ i ≤ l. Dann gilt Ai = für alle 1 ≤ i ≤ r. Da alle Einträge der 0 A2 ersten Spalte von A unterhalb der l-ten Zeile verschwinden, erhalten wir durch Entwicklung der Determinante von A (bzw. A1 ) nach der ersten Spalte: l l X X A1,i ∗ i+1 i+1 det(A) = (−1) ai1 det(Ai ) = (−1) ai1 det 0 A2 i=1 Ind.-Ann. = i=1 l X (−1)i+1 ai1 det(A1,i ) det(A2 ) = det(A1 ) det(A2 ). i=1 Die Formel für das charakteristische Polynom von A folgt dann durch Anwenden der DeterT · En1 − A1 ∗ minantenformel auf T En − A = , wobei Ai ∈ M (ni × ni , K), 0 T · En2 − A2 L i = 1, 2. Der Beweis von (2) folgt nun aus (1) und!der Tatsache, dass für F = F1 F2 eine 1 AB 0 F1 Darstellungsmatrix der Gestalt AB = existiert. F 2 0 AB F2 L Völlig analog zum oben betrachteten Fall F = F1 F2 kann man auch direkte Summen von L L L mehr als zwei Endomorphismen betrachten. Sei dazu V = V1 V2 · · · Vr mit F (Vi ) ⊆ Vi für 1 ≤ i ≤ r. Ist Fi ∈ EndK (Vi ) definiert durch Fi = F |Vi : Vi → Vi , so schreiben wir L L L F = F1 F2 · · · Fr und sagen, dass F die direkte Summe von F1 , . . . , Fr ist. Ist Bi eine Basis von Vi , und ist B = {B1 , . . . , Br }, so folgt, wie für den oben behandelten Fall r = 2, dass B1 AF1 0 . . . 0 .. .. 0 . . B . AF = . .. .. . 0 r 0 . . . 0 AB Fr 5 Miit Lemma 9.8 und einer leichten Induktion erhält man dann M M (9.1) det(F1 ··· Fr ) = det(F1 ) · det(F2 ) · · · det(Fr ) und χF = χF1 · χF2 · · · χFr . Zurück zur Jordan-Normalform. Wir wollen zunächst untersuchen, wann F ∈ EndK (V ) eine Basis B besitzt, so dass AB F aus genau einem Jordan-Kasten besteht: Lemma 9.9. Sei V ein endlich dimensionaler K-Vektorraum, sei F ∈ EndK (V ) und sei B = {v1 , . . . , vk } eine Basis von V . Dann gilt λ 1 0 ··· 0 0 λ 1 · · · 0 vi−1 , falls i > 1; . . B . . . . . . (9.2) AF = . ⇐⇒ (F − λ · id)(vi ) = . . . . 0, falls i = 1 0 · · · 0 λ 1 0 ··· ··· 0 λ B Beweis: Wegen AB F −λ id = AF − λEk ist die 0 0 .. = AB . F −λ id 0 linke Aussage in (9.2) äquivalent zu 1 0 ··· 0 0 1 · · · 0 . . .. .. . . .. ··· 0 0 1 0 ··· ··· 0 0 Nach Definition der Darstellungsmatrix ist dies aber äquivalent zur rechten Aussage in (9.2). Bemerkung 9.10. Ist F wie im Lemma und ist 1 ≤ l ≤ k, so gilt Kern(F − λ id)l = LH{v1 , . . . , vl }. Insbesondere folgt Kern(F − λ id)k = LH{v1 , . . . , vk } = V , also (F − λ id)k = 0. 1 Allgemeiner gilt: Ist λ 1 0 ··· 0 J1 0 · · · 0 0 λ 1 · · · 0 0 J2 · · · 0 .. .. ∈ M (k × k , K) .. .. A := AB = , so dass J = i i i . . . . . F .. . .. . .. 0 · · · 0 λ 1 0 · · · 0 Jr 0 ··· ··· 0 λ für jedes 1 ≤ i ≤ r ein Jordan-Kasten zum einzigen Eigenwert λ von F ist, so folgt 0 1 0 ··· 0 N1 0 · · · 0 0 0 1 · · · 0 0 N2 · · · 0 .. .. ∈ M (k × k , K). .. .. A − λEn = . mit Ni = . i i . . . . . .. .. .. 0 · · · 0 0 1 0 · · · 0 Nr 0 ··· ··· 0 0 1Zur Veranschaulichung und zum besseren Verständnis empfehle ich, einmal direkt die Potenzen N l mit N := A − λEk wie in Lemma 9.9 zu berechnen! 6 Damit folgt für k := max{k1 , . . . , kr }: k N1 0 ··· 0 Nk · · · 2 (A − λEn )k = . .. .. . 0 ··· 0 0 0 .. . = 0, Nrk also auch (F − λ id)k = 0. Endomorphismen mit einer solchen Eigenschaft verdienen einen eigenen Namen! Definition 9.11. Sei V ein K-Vektorraum. Ein G ∈ EndK (V ) heißt nilpotent, falls ein k ∈ N existiert mit Gk = G ◦ G ◦ · · · ◦ G (k-mal) = 0. Analog: N ∈ M (n × n, K) heißt nilpotent, falls ein k ∈ N existiert mit N k = 0. Ist dann k ∈ N minimal mit Gk = 0 (bzw. N k = 0), so heißt k die Nilpotenzlänge von G (bzw. N ). Die Idee im Beweis der Existenz einer Jordan-Normalform für F ∈ EndK (V ) besteht nun darin, den Raum V in eine direkte Summe M M M V = Vλ1 Vλ2 ··· Vλm L L zu zerlegen, und entsprechend F in eine direkte Summe F = Fλ1 · · · Fλm mit Fλi := F |Vλi : Vλi → Vλi wobei λ1 , . . . , λm die paarweise verschiedenen Eigenwerte von F sind und alle Fi − λi id ∈ EndK (Vλi ) nilpotent sind. Gelingt es uns dann geeignete Basen Bi für Vλi i anzugeben, so dass AB Fi aus lauter λi -Jordan-Kästen besteht, so wird B = {B1 , . . . , Bm } zu einer Jordan-Basis von V , dh. AB F ist in Jordan-Normalform. Wir benötigen: Lemma 9.12. Sei V ein endlich dimensionaler K-Vektorraum und sei G ∈ EndK (V ). Für alle l ∈ N0 setze Vl := Kern Gl ⊆ V . 2 Dann gilt G(Vl ) ⊆ Vl−1 ⊆ Vl für alle l ∈ N und es existiert genau ein k ∈ N0 mit {0} = V0 ( V1 ( V2 ( · · · ( Vk = Vk+1 und Vl+1 = Vl für alle l ≥ k. Insbesondere folgt: G ist genau dann nilpotent, wenn Vk = V . Beweis: Wegen Gl−1 (G(Vl )) = Gl (Vl ) = {0}, folgt G(Vl ) ⊆ Kern Gl−1 = Vl−1 , und ist v ∈ Vl−1 , so folgt Gl (v) = G(Gl−1 (v)) = G(0) = 0, also v ∈ Vl . Es folgt {0} = V0 ⊆ V1 ⊆ · · · ⊆ Vl ⊆ Vl+1 · · · . Wäre Vl+1 6= Vl für alle l ∈ N, so wäre dim(V ) ≥ dim(Vl ) ≥ l für alle l ∈ N, also dim(V ) = ∞. Da aber nach Voraussetzung dim(V ) < ∞, existiert ein kleinstes k ∈ N0 mit Vk+1 = Vk , und dann folgt {0} = V0 ( V1 ( V2 ( · · · ( Vk = Vk+1 wie im Lemma. Für l ≥ k gilt dann Vl+1 = Vl , denn wäre v ∈ Vl+1 r Vl , so wäre 0 = Gl+1 (v) = Gk+1 (Gl−k (v)) aber 0 6= Gl (v) = Gk (Gl−k (v)), also Gl−k (v) ∈ Vk+1 r Vk = ∅. Dies ist unmöglich! 2Es folgt insbesondere, dass V = Kern G0 = Kern id = {0}. 0 7 Definition 9.13. Sei V ein endlich dimensionaler K-Vektorraum, sei F ∈ EndK (V ) und sei λ ein Eigenwert von F . Für jedes l ∈ N0 setze Vl,λ := Kern(F − λ id)l . Nach Lemma 9.12 existiert ein k ∈ N mit {0} = V0,λ ( V1,λ ( V2,λ ( · · · ( Vk,λ = Vk+1,λ =: Vλ . 3 Dann heißt Vλ der verallgemeinerte Eigenraum (oder Hauptraum) von F zum Eigenwert λ. Ist 0 6= v ∈ Vλ , so heißt v verallgemeinerter Eigenvektor von F zum Eigenwert λ. Ist v ∈ Vl,λ r Vl−1,λ für 1 ≤ l ≤ k, so heißt v verallgemeinerter Eigenvektor der Ordnung l. 9.14. Wir wollen nun noch einmal von unserem Ziel, der Jordan-Normalform ausgehen, und uns dabei die Lage des verallgemeinerten Eigenraums Vλ genauer betrachten. Sei dazu B eine Basis von V , so dass A := AB F eine Jordan-Matrix ist. Durch Vertauschen der Basisvektoren können wir leicht erreichen, dass alle Jordan-Kästen zu einem fest gewählten Eigenwert λ von F zuerst auftauchen, also J1,λ A := .. . , Jr,λ Jr+1 .. . Js wobei Jλ,1 , . . . Jλ,r genau die λ-Kästen von A sind. Die Matrix A − λEn hat dann die Gestalt A−λEn = N1 .. . , Nr Ir+1 .. . mit Is 0 1 0 0 Ni = ... 0 · · · 0 ··· 0 1 .. . ··· ··· .. . 0 ··· 0 0 0 0 .. ∈ M (k ×k , K) i i . 1 0 nilpotent der Länge ki , 1 ≤ i ≤ r, und λj − λ 1 0 0 λj − λ 1 .. .. Ij = . . 0 ··· 0 0 ··· ··· ··· ··· .. . 0 0 .. . ∈ M (kj × kj , K) λj − λ 1 0 λj − λ l 3also V = ∪ λ l∈N Vl,λ = ∪l∈N Kern(F − λ id) . Beachte, dass k ≥ 1, da λ ein Eigenwert von F ist. 8 invertierbar für alle r < j ≤ s (da λ 6= λj und daher det(Ij ) = (λj − λ)kj 6= 0). Ist nun k = max{k1 , . . . , kr }, so folgt k N1 k (A − λEn ) = .. . = Nrk k Ir+1 .. . 0 .. . 0 k Ir+1 Isk k Ir+1 mit A2 := 0 0 = , 0 A2 .. . Isk .. . invertierbar. Zerlegen wir also unsere gegebene Basis in den zu Isk den λ-Kästen gehörenden Teil B1 , und in den restlichen, zu den Kästen Jr+1 , . . . , Js gehörenden Teil B2 , so sehen wir, dass B1 den Raums Vλ = Kern(F − λ id)k aufspannt, und B2 ist eine Basis des Bildes Bild(F − λ id)k von (F − λ id)k . Aus diesen Beobachtungen folgt: Ist der Satz über die Jordan-Normalform wahr, und ist L F ∈ EndK (V ) beliebig, so muss jeder Eigenwert λ von F eine Zerlegung V = Vλ V2 induzieren, wobei Vλ = Kern(F − λ id)k und V2 = Bild(F − λ id)k für ein genügend großes k ∈ N. Diese Beobachtung gibt den entscheidenden Schritt im Beweis von: Satz 9.15. Sei V ein endlich dimensionaler K-Vektorraum und sei F ∈ EndK (V ), so dass das charakteristische Polynom χF von F in Linearfaktoren zerfällt. Seien λ1 , . . . , λm die paarweise verschiedenen Eigenwerte von F und für jedes λi sei Vλi der Hauptraum zum L L L Eigenwert λi , i = 1, . . . , m. Dann gilt V = Vλ1 V 2 · · · Vλm und F (Vλi ) ⊆ Vλi für alle L L λL 1 ≤ i ≤ m. Insbesondere folgt F = Fλ1 Fλ2 · · · Fλm mit Fλi := F |Vλi : Vλi → Vλi . Beweis: Wir beweisen den Satz per Induktion nach der Dimension von V . Ist dim(V ) = 1, so ist nichts zu zeigen. Sei also nun dim(V ) = n > 1 und der Satz sei richtig für kleinere Dimensionen. Da χF in Linearfaktoren zerfällt, besitzt χF mindestens eine Nullstelle. Also besitzt F mindestens einen Eigenwert λ. Setze V1 := Vλ , und wähle k ∈ N wie in Lemma 9.12 mit Vλ = Kern(F − λ id)k . Ist Vλ = V , so ist λ der einzige Eigenwert von F , denn wäre λ0 6= λ ein weiterer Eigenwert, so wäre (F − λ id)(v) = F (v) − λv = (λ − λ0 )v für jeden Eigenvektor 0 6= v von F bezüglich λ0 . Aber dann wäre (F −λ id)k (v) = (λ−λ0 )k v 6= 0, da v 6= 0 und λ 6= λ0 . Dies ist aber ein Widerspruch zu V = Vλ = Kern(F − λ id)k . Wir erhalten also F = Fλ für den einzigen Eigenwert λ von F , und damit die gewünschte Struktur. Sei nun Vλ 6= V . Setze V1 := Vλ und V2 := Bild(F − λ id)k . Wir zeigen: (i) F (Vi ) ⊆ Vi für i = 1, 2, L (ii) V = V1 V2 . 9 Für (i) genügt es zu zeigen, dass (F − λ id)(Vi ) ⊆ Vi (dann gilt auch F (Vi ) ⊆ (F − λ id)(Vi ) + λ · Vi ⊆ Vi ). Für i = 1 folgt dies aus V1 = Kern(F − λ id)k und (F − λ id)k ◦ (F − λ id)(V1 ) = (F − λ id) ◦ (F − λ id)k (V1 ) = (F − λ id)({0}) = {0}. Für i = 2 erhalten wir die Rechnung (F −λ id)(V2 ) = (F −λ id) (F −λ id)k (V ) = (F −λ id)k (F −λ id)(V ) ⊆ (F −λ id)k (V ) = V2 . Wir beweisen nun (ii): Zunächst folgt aus der Dimensionsformel für die lineare Abbildung (F − λ id)k , dass dim(V ) = dim Kern(F − λ id)k + dim Bild(F − λ id)k = dim(V1 ) + dim(V2 ). Für den Beweis von (ii) genügt es also zu zeigen, dass V1 ∩ V2 = {0}. Ist aber v ∈ V1 ∩ V2 , so existiert wegen v ∈ V2 ein w ∈ V mit v = (F − λ id)k (w), und da v ∈ V1 folgt (F − λ id)k (v) = (F − λ id)2k (w) = 0. Es folgt w ∈ V2k,λ = Kern(F − λ id)2k . Nach Lemma 9.12 und der Wahl von k gilt aber Vλ = Vk,λ = Vk+1,λ = · · · = V2k,λ . Es folgt w ∈ Vλ und v = (F − λ id)k (w) = 0. L Aus (i) und (ii) folgt, dass F = F1 F2 mit Fi = F |Vi : Vi → Vi . Nach Lemma 9.8 gilt χF = χF1 · χF2 , und daher zerfällt mit χF auch χF2 in Linearfaktoren. Sind λ2 , . . . , λm die paarweise verschiedenen Eigenwerte von F2 , so besitzt F2 nach Induktionsvoraussetzung eine L L Zerlegung F2 = Fλ2 · · · Fλm , und setzen wir λ1 := λ, so erhalten wir mit Fλ1 = F1 die L L gewünschte Zerlegung F = Fλ1 · · · Fλm .4 Bemerkung 9.16. Wir sind leider immer noch nicht fertig mit dem Beweis der Existenz der Jordan-Normalform. Satz 9.15 reduziert das Problem aber auf den Fall, dass F = Fλ für einen (und dann den einzigen) Eigenwert λ von F . Gelingt es uns für solche Endomorphismen eine Jordan-Basis zu konstrieren, so können wir für jeden Summanden Fλi in der Zerlegung L L F = Fλ1 · · · Fλm von Satz 9.15 eine Basis Bi von Vλi angeben, so dass die zugehörige i Darstellungsmatrix Ai = AB Fλi eine Jordan-Matrix ist. Ist dann B = {B1 , B2 , . . . , Bl } die entsprechend zusammengestetzte Basis von V , so ist auch A1 0 · · · 0 0 A2 · · · 0 AB = .. .. F .. . . . 0 ··· 0 Am eine Jordan-Matrix. Wir wollen also nun in einem letzten Schritt eine Jordan-Basis für Fλ konstruieren! Wir benötigen: Lemma 9.17. Sei V ein endlich dimensionaler K-Vektorraum und sei G ∈ EndK (V ) nilpotent. Für l ∈ N0 setze Vl := Kern Gl . Nach Lemma 9.12 existiert dann ein k ∈ N mit {0} = V0 ( V1 ( · · · ( Vk−1 ( Vk = V. 4Man beachte auch, dass λ kein Eigenwert von F ist. Ich lasse diese einfache Tatsache als Übungsaufgabe! 1 2 10 Sei nun 2 ≤ l ≤ k und sei B = {u1 , . . . , ur , w1 , . . . , ws , v1 , . . . , vt } eine Basis von Vl , so dass {u1 , . . . , ur } eine Basis für Vl−2 und {u1 , . . . , ur , w1 , . . . , ws } eine Basis für Vl−1 ist. Dann gilt t ≤ s, und wir können die Vektoren w1 , . . . , ws ∈ Vl−1 r Vl−2 so abändern, dass zusätzlich G(vi ) = wi für alle 1 ≤ i ≤ t gilt. 5 L Beweis: Sei V 0 := LH{v1 , . . . , vt }. Dann gilt Vl = Vl−1 V 0 , also insbesondere V 0 ∩ Vl−1 = {0}. Wir zeigen zunächst, dass die Vektoren u1 , . . . , ur , G(v1 ), . . . , G(vt ) ∈ Vl−1 linear unP P P abhängig sind. Sei dazu 0 = ri=1 µi ui + tj=1 νj G(vj ). Setze u := ri=1 µi ui ∈ Vl−2 und P v := tj=1 νj vj ∈ V 0 . Dann folgt 0 = u+G(v), also G(v) = −u ∈ Vl−2 = Kern Gl−2 und damit v ∈ Kern Gl−1 = Vl−1 . Damit folgt v ∈ V 0 ∩ Vl−1 = {0}, also v = 0 und dann auch u = 0. Da u1 , . . . , ur und v1 , . . . , vt linear unabhängig sind erhalten wir 0 = µ1 = · · · µr = ν1 = · · · = νt . Insbesondere folgt r + t ≤ dim(Vl−1 ) = r + s, also t ≤ s. Setzen wir nun w̃i := G(vi ) für 1 ≤ i ≤ t, so existieren nach dem Basisergänzungssatz weitere Vekoren w̃r+1 , . . . , w̃s ∈ Vl−1 , so dass {u1 , . . . , ur , w̃1 , . . . , w̃s } eine Basis von Vl−1 ergibt. Das System {u1 , . . . , ur , w̃1 , . . . , w̃s , v1 , . . . , vt } hat dann alle gewünschten Eigenschaften. Wir kommen nun zum Abschluss des Beweises von Satz 9.6. Wir erinnern daran (siehe Bemerkung 9.16), dass es genügt den Fall V = Vλ und F = Fλ zu betrachten. Dann ist F − λ id nilpotent! Satz 9.18. Sei V ein endlich dimensionaler K-Vektorraum und sei F ∈ EndK (V ) mit V = Vλ für einen Eigenwert λ von F . Setze G := F − λ id und Vl := Kern Gl für l ∈ N0 . Sei k ∈ N mit {0} = V0 ( V1 ( · · · ( Vk = V, und setze dl := dim(Vl ) − dim(Vl−1 ) für 1 ≤ l ≤ k. Dann gilt dl ≤ dl−1 für alle 2 ≤ l ≤ k, und wir finden eine Basis B von V nach dem folgenden Schema: v1,1 v2,1 .. . v1,2 v2,2 .. . ... ... ... ... v1,l v2,l .. . ... ... ... ... v1,k−1 v2,k−1 .. . v1,k v2,k .. . vdk ,1 .. . vdk ,2 .. . ... ... vdk ,l .. . ... ... vdk ,k−1 .. . vdk ,k vdk−1 ,1 vdk−1 ,2 . . . . . . vdk−1 ,l . . . . . . vdk−1 ,k−1 .. .. .. .. . . . . vdl ,1 vdl ,2 . . . . . . vdl ,l .. .. .. . . . vd2 ,1 vd2 ,2 .. . vd1 ,1 Hierbei gelten: 5Danach erhalten wir B = {u , . . . , u , w = G(v ), . . . , w = G(v ), w 1 r 1 1 t t t+1 , . . . , ws , v1 , . . . , vt }. 11 (i) Die Vektoren in den ersten l Spalten ergeben zusammen genommen eine Basis von Vl . Insbesondere bilden alle Vektoren des Schemas eine Basis von V . (ii) Ist 1 ≤ i ≤ d1 ein beliebiger Zeilenindex, so gilt vi,l−1 = G(vi,l ) für alle 2 ≤ l ≤ ki , wobei ki der Index derjenigen Spalte ist, in der die i-te Zeile endet. Ist dann Bi die i-te Zeile des Schemas und setzen wir B := {B1 , B2 , . . . , Bd1 }, so ist B eine Basis von V und AB F ist in Jordan-Normalform. Beweis: Die Beziehung dl ≤ dl−1 für 2 ≤ l ≤ k ist eine direkte Konsequenz aus Lemma 9.17. Zur Konstruktion des Schemas mit den gewünschten Eigenschaften wählen wir zunächst eine Basis U1 von V1 , ergänzen diese zu einer Basis U2 von V2 und fahren induktiv fort bis wir ein Schema u1,1 u1,2 ... ... u1,l ... ... u1,k−1 u1,k u2,1 u2,2 ... ... u2,l ... ... u2,k−1 u2,k .. .. .. .. .. . . . . . udk ,1 .. . udk ,2 .. . ... ... udk ,l .. . ... ... udk ,k−1 .. . udk ,k udk−1 ,1 udk−1 ,2 . . . . . . udk−1 ,l . . . . . . udk−1 ,k−1 .. .. .. .. . . . . udl ,1 udl ,2 . . . . . . udl ,l .. .. .. . . . ud2 ,1 ud2 ,2 .. . ud1 ,1 erhalten, indem die ersten l Spalten zusammen jeweils eine Basis von Vl bilden (die Vektoren aus U1 finden wir also in der ersten Spalte, etc.). Wir setzen zunächst vi,k := ui,k für 1 ≤ i ≤ dk . Durch Anwenden von Lemma 9.17 auf die vorletzte Spalte können wir dann die Vektoren u1,k−1 , . . . , udk−1 ,k−1 durch geeignete Vektoren v1,k−1 , . . . , vdk−1 ,k−1 ersetzen, so dass vi,k−1 = G(vi,k ) für 1 ≤ i ≤ dk gilt. Im nächsten Schritt wenden wir das Lemma auf die k − 2te Zeile an, und ersetzen die Vektoren ui,k−2 durch Vektoren vi,k−2 , so dass vi,k−2 = G(vi,k−1 ) für 1 ≤ i ≤ dk−1 gilt. Nach k Schritten erhalten wir dann das gesuchte Schema. Setzen wir vi := vi,ki , so folgt aus (2), dass die i-te Zeile Bi des Schemas wie folgt aussieht: Bi = {Gki −1 (vi ), Gki −2 (vi ), Gki −3 (vi ), . . . , G(vi ), vi }. Setzen wir dann Ṽi := LH(Bi ), so folgt G(Ṽi ) ⊆ Ṽi , und dann auch F (Ṽi ) ⊆ Ṽi , da F = G+λ id. Lemma 9.9 liefert dann, dass Fi := F |Ṽi : Ṽi → Ṽi die Darstellungsmatrix i AB Fi λ 1 0 λ = Ji = ... 0 · · · 0 ··· 0 1 .. . ··· ··· .. . 0 ··· λ 0 0 0 .. ∈ M (k × k , K) i i . 1 λ 12 besitzt. Setzen wir dann B := {B1 , . . . , Bd1 }, so erhalten wir eine Basis B von V mit J1 .. AB . . F = Jd1 Bemerkung 9.19. Die verschiedenen Schritte im Beweis von Satz 9.6 liefern auch ein Verfahren zur Berechnung der Jordan-Normalform und einer zugehörigen Jordan-Basis. Konkret gehen wir wie folgt vor: (1) Berechne alle paarweise verschiedenen Eigenwerte λ1 , . . . , λm von F . (2) Sei λ := λj der j-te Eigenwert von F . Bestimme zunächst das minimale k ∈ N mit Kern(F − λ id)k+1 = Kern(F − λ id)k = Vλ . Für alle 1 ≤ l ≤ k bestimme eine Familie Cl = {u1,l , . . . udl ,l } von Vektoren in V , so dass {C1 , . . . , Cl }eine Basis von von Vl,λ = Kern(F − λ id)l ist. Hierfür bestimmen wir zunächst eine beliebige Basis C1 von V1,λ , ergänzen diese durch geeignete Wahl von C2 zu einer Basis von V2,λ und fahren entsprechend fort, bis wir C = {C1 , . . . , Ck } bestimmt haben. (3) Sei λ = λj wie in (2). Setze zunächst v1,k := u1,k , . . . , vdk ,k := udk ,k , und setze dann v1,k−1 := (F − λ id)(v1,k ), . . . , vdk ,k−1 := (F − λ id)(vdk ,k ). Wähle dann beliebige Vektoren vdk +1,k−1 , . . . , vdk−1 ,k−1 aus Ck−1 so dass die Vektoren v1,k−1 , . . . , vdk−1 ,k−1 linear unabhängig sind. 6 Haben wir dann nach l − 1 Schritten die Vektoren v1,l , . . . , vdl ,l konstruiert, so setzen wir wieder v1,l−1 := (F − λ id)(v1,l ), . . . , vdl ,l−1 := (F − λ id)(vdl ,l ) und wählen weitere Vektoren vdl +1,l−1 , . . . , vdl−1 ,l−1 ∈ Cl−1 , mit v1,l−1 , . . . , vdl−1 ,l−1 linear unabhängig. Auf diese Weise erhalten wir ein Schema von Vektoren vi,l wie in Satz 9.18, das alle im Satz erwähnten Anforderungen erfüllt. Wie im Satz beschrieben erhalten wir dann eine Jordan-Basis Bλ von Vλ für Fλ = F |Vλ . Genauer: Ist Bi die i-te Zeile des Schemas, so setzen wir Bλ := {B1 , . . . , Bd1 }. Zu jeder Zeile Bi erhalten wir dann einen λ-Jordan-Kasten der Länge ki , wenn ki die Länge der Zeile Bi bezeichnet. (4) Ist zu jedem λj wie in (3) die Basis Bλj von Vλj konstruiert, so ist B := {Bλ1 , . . . , Bλm } eine Jordan-Basis für F . Die zugehörige Darstellungsmatrix hat dann die Blockstruktur A1 .. AB , . F = Am wobei Aj die in (3) konstruierte Jordan-Matrix von Fλj ist. Beachte: Aj enthält alle Jordan-Kästen zum Eigenwert λj ! 6In der Regel reicht es hier aus willkürlich Vektoren v dk +1,k−1 , . . . , vdk−1 ,k−1 ∈ Ck−1 auszuwählen. Die lineare Unabhängigkeit von v1,k−1 , . . . , vdk−1 ,k−1 ist dann “fast immer” erfüllt! 13 Beachte: Ist B ∈ M (n × n, K), ist F : K n → K n , F (v) = B · v der zugehörige Endomorphismus und ist B = {c1 , . . . , cn } eine Jordan-Basis für F , so ist S := (c1 , . . . , cn ) eine −1 invertierbare Matrix, so dass AB F = S BS die zu B gehörende Jordan-Normalform ist. Beispiel 9.20. Sei F : R5 → R5 ; F (v) = B · v mit 1 0 2 3 4 0 1 0 −2 −3 B := 0 0 1 0 2 . 0 0 0 1 −1 0 0 0 0 1 Man sieht sofort, dass χF (T ) = det(T · E5 − B) = (T von F . Nachrechnen ergibt 0 0 2 3 4 0 0 0 0 −2 −3 0 B − E5 = 0 0 0 0 2 , (B − E5 )2 = 0 0 0 0 0 −1 0 0 0 0 0 0 0 − 1)5 . Also ist 1 der einzige Eigenwert 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 2 0 0 0 und (B − E5 )3 = 0. Damit erhalten wir V1 := Kern(B − E5 ) = LH{e1 , e2 }, V2 := Kern(B − E5 )2 = LH{e1 , e2 , e3 , e4 }, V3 := Kern(B − E5 )3 = R5 , und d1 = dim(V1 ) = 2, d2 = dim(V2 ) − dim(V1 ) = 2 und d3 = dim(V3 ) − dim(V1 ) = 1. Hieraus folgt, dass die Jordan-Normalform A von F zwei Jordan-Kästen zum Eigenwert 1 besitzt, und zwar einen der Länge 3 und einen der Länge 2. Zur Konstruktion einer Jordan-Basis für F setze v1,3 := e5 , v1,2 = (B −E5 )e5 = (4, −3, 2, −1, 0)T und v1,1 = (B −E5 )2 e5 = (1, 2, 0, 0, 0)T . Ferner setze v2,2 = e4 und v2,1 = (B − E5 )e4 = (3, −2, 0, 0, 0)T . Dann ist v1,1 v1,2 v1,3 v2,1 v2,2 ein Schema wie in Satz 9.18 und 0 3 0 4 1 2 −3 0 −2 0 B = {v1,1 , v1,2 , v1,3 , v2,1 , v2,2 } = 0 , 2 , 0 , 0 , 0 0 −1 0 0 1 0 0 0 1 0 ist eine Jordan-Basis für F mit zugehöriger Jordan-Normalform 1 1 0 0 0 0 1 1 0 0 A := AB = 0 0 1 0 0 . F 0 0 0 1 1 0 0 0 0 1 14 1 4 0 3 0 2 −3 0 −2 0 Setzen wir S := 0 2 0 0 0, so folgt A = S −1 BS. 0 −1 0 0 1 0 0 1 0 0 15 9.1. Eine reelle Version der Jordan-Normalform. Wie wir gesehen haben, besitzt ein Endomorphismus F ∈ End(V ) eines endlich-dimensionalen K-Vektorraums genau dann eine Jordan-Normalform, wenn das charakteristische Polynom χF in Linearfaktoren zerfällt. Ist K = C, so ist dies wegen des Fundamentalsatzes der Algebra immer der Fall. Dies ist nicht mehr richtig, wenn K = R. Wir wollen nun, ähnlich wie in §7 für normale Endomorphismen, eine reelle Version der Jordan-Normalform beschreiben, die für jeden Endomorphismus auf einem endlich-dimensionalen reellen Vektorraum anwendbar st. Wir wollen hier aber nur die wichtigsten Ideen aber nicht alle Einzelheiten des Beweises beschreiben! Sei also V ein R-Vektorraum mit dim(V ) = n < ∞ und sei F ∈ EndR (V ). Zunächst betrachten wir alle paarweise verschiedenen reellen Eigenwerte λ1 , . . . , λl von F . Wie zuvor bilden wir dann die Haupträume Vλ1 , . . . , Vλl für diese Eigenwerte, und erhalten mit einen leichten Abwandlung von Satz 9.15 eine Zerlegung M M M Vc V = V λ1 ··· V λm mit F (Vλi ) ⊆ Vλi für alle 1 ≤ i ≤ m und F (V c ) ⊆ V c . damit erhalten wir dann auch eine entsprechende Zelegung M M M Fc F = Fλ1 ··· F λm L L von F . Für den Anteil F r := Fλ1 · · · Fλm können wir dann wie gehabt eine Basis B r L L von V r := Vλ1 · · · Vλm berechnen, so dass J1 r .. AB . Fr = Js eine reelle Jordan-Matrix ist. c Wie wollen nun eine Basis B c von V c bestimmen, so dass AB F c eine möglichst “schöne” Blockgestalt hat. Nach Konstruktion hat F c keine reellen Eigenwerte. Sei VCc = V c + iV c die Komplexifizierung von V c und sei FCc : VCc → VCc : FCc (v + iw) = F c (v) + iF c (w) die Komplexifizierung von F c (vergleiche §7). Dann rechnet man nach: Ist µ = α + iβ ein komplexer (nicht reeller) Eigenwert von FCc , so so ist auch µ̄ = α − iβ ein komplexer Eigenwert von FCc und ist Vµ ⊆ VCc der Hauptraum zum Eigenwert µ, so gilt für den Hauptraum Vµ̄ zum Eigenwert µ̄: Vµ̄ = Vµ = {ū : u ∈ Vµ }, wobei für u = v + iw ∈ VCc der konjugierte Vektor ū definiert ist durch ū = v − iw. Zerlegen wir nun VCc in die Haupträume der Eigenwerte von F wie in Satz 9.15, so erhalten wir eine Zerlegung M M M M VCc = Vµ1 Vµ̄1 ··· Vµm Vµ̄m . Für jedes komplexe Paar µj , µ̄j von Eigenwerten von F c wählen wir nun zunächst eine Basis Bj von Vµj , so dass die Darstellungsmatrix des Summanden Fµcj = F c |Vµj : Vµj → Vµj bezüglich Bj in µj -Jordan-Kästen zerfällt. Ist dann B j = {ū : u ∈ Bj }, so zerfällt auch die Darstellungsmatrix von Fµ̄cj = F c |Vµ̄j : Vµ̄j → Vµ̄j bezüglich B j in µ̄j -Jordan-Kästen, und B die Anzahl und Größe der µj -Jordan-Kästen in AFµjc entspricht der Anzahl und Größe der j 16 B µ̄j -Jordan-Kästen in AFjc . Genauer: Ist {u1 , . . . , uk } ⊆ Bj der Anteil von Bj , der zu einem µ̄j µj -Jordan-Kasten µj J = 1 .. . .. ∈ M (k × k, C) .. . 1 µj . B in AFµjc gehört, so ist {ū1 , . . . , ūk } ⊆ B j der Anteil von B j , der zum entsprechenden µ̄j j Jordan-Kasten µ̄j ¯ J = 1 .. . .. ∈ M (k × k, C) .. . 1 µ̄j . B von AFjc gehört. Es folgt aus den obigen Überlegungen, dass µ̄j ej = {v, w : u = v + iw ∈ Bj } B eine Basis von Vµj L Vµ̄j ist. Ist dann wie oben {u1 , . . . , uk } der Anteil, der zu eiB nem µj -Jordan-Kasten von AFµjc gehört, so erhalten wir für den entsprechenden Anteil j ej mit µj = αj + iβj : {v1 , w1 , v2 , w2 , . . . , vk , wk } von B F c (v1 ) + iF c (w1 ) = FCc (v1 + iw1 ) = FCc (u1 ) = µj u1 = (αj + iβj )(v1 + iw1 ) = αj v1 − βj w1 + i(βj v1 + αj v2 ) woraus durch Vergleich von Realteil und Imaginärteil folgt, dass F c (v1 ) = αj v1 − βj w1 und F c (w1 ) = βj v1 + αj v2 . Für 2 ≤ l ≤ k erhalten wir F c (vl ) + iF c (wl ) = FCc (ul ) = ul−1 + µj ul = vl−1 + αj vl − βj wl + i(wl−1 + βj vl + αj lv2 ) woraus dann F c (vl ) = vl−1 + αj vl − βj wl und F c (wl ) = wl−1 + βj vl + αj lv2 folgt. Wenn wir diese Gleichungen in die Definition der Darstellungsmatrix einsetzen erhalten wir: Der von {v1 , w1 , v2 , w2 , . . . , vk , wk } aufgespannte Teilraum von V c ist F c -invariant, und 17 liefert die Blockmatrix (9.3) αj −β j J˜ = βj αj 1 αj −βj 1 βj αj .. . 1 .. .. . 1 .. . .. . . .. .. . . αj −βj .. . βj 1 αj 1 Wenn wir dies für alle µj -Jordan-Kästen und für alle komplexen Paare µj , µ̄j von Eigenwerten c von FCc durchführen, so erhalten eine Basis B c von V c , so dass die Darstellungsmatrix AB Fc eine Blockmatrix mit Blöcken wie in (9.3) ist. Zusammen mit der Basis von V r , die wir am Anfang gewählt hatten, erhalten wir eine Basis B von V , so dass J1 .. AB , . F = Jr so dass die Blöcke Ji entweder λ-Jordan-Kästen zu reellen Eigenwerten λ von F sind, oder Blöcken der Form (9.3), die zu konjugiert-komplexen Eigenwertpaaren von FC gehören. 1 0 1 0 0 0 1 −2 2 1 Beispiel 9.21. Wir betrachten die Matrix A = 0 2 1 1 1 , und den zugehörigen 0 0 0 1 −4 0 0 0 1 1 A1 ∗ ∗ Endomorphismus FA : R5 → R5 . Diese Matrix ist von der Form A = 0 A2 ∗ mit 0 0 A3 1 −2 1 −4 A1 = (1), A2 = , A3 = . 2 1 1 1 Daher erhalten wir für das charakteristische Polynom mit Blatt 2, Aufgabe 2: χA (T ) = χA1 (T )χA2 (T )χA3 (T ) = (T − 1) (T − 1)2 + 4 (T − 1)2 + 4 . Damit hat FA den Eigenwert λ = 1 als einzigen reellen Eigenwert, und es existiert ein Paar komplexer Eigenwerte µ = 1 + 2i, µ̄ = 1 − 2i mit algebraischer Vielfachheit 2. Es gilt Kern(A−E5 ) = R·(1, 0, 0, 0, 0)T . Für die komplexen Eigenwerte berechnen wir Kern(A−µE5 ) und Kern(A − µE5 )2 in C5 . Wir erhalten −2i 0 1 0 0 −i 0 −2i −2 2 1 2i Kern(A − µE5 ) = Kern 0 2 −2i 1 1 = C 2 0 0 0 0 −2i −4 0 0 0 1 −2i 0 18 und 1 5+i −2 6 − 6i 2 Kern(A − µE5 ) = C 2i + C 0 . 0 16i 0 8 5+i 1 6 − 6i −2 Setzen wir dann u2 = 2i und u3 = 0 , so ist {u2 } eine Basis von Kern(A − µE5 ) 16i 0 8 0 und {u2 , u3 } eine Basis von Kern(A − µE5 )2 . Da die algebraische Vielfachheit der Nullstelle µ = 1+2i gleich 2 ist, muss der Hauptraum zum Eigenwert µ die Dimension 2 haben. Hieraus folgt schon automatisch, dass Kern(A − µE5 )3 = Kern(A − µE5 )2 gilt. Einsetzen liefert −5 − i 10 + 2i (A − µE5 )u3 = (−5 − i)u2 = 2 − 10i . 0 0 (Da (A − µE5 )u3 ∈ Kern(A − µE5 ) = Cu2 genügt es zur Bestimmung des Faktors −5 − i den Vektor u3 mit der ersten Zeile von A − µE5 zu multiplizieren.) Wir schreiben nun im −5 − i 10 + 2i folgenden u2 := 2 − 10i (und vergessen die alte Definition von u2 ). Damit erhalten wir: 0 0 Die Vektoren 5−i 5+i −5 + i 1 −5 − i 6 + 6i 10 − 2i 6 − 6i 10 + 2i 0 v1 = 0 , u2 = 2 − 10i , u3 = 0 , ū2 = 2 + 10i , ū3 = 0 0 0 −16i 0 16i 0 8 0 8 0 bilden eine Basis von C5 , so dass die Darstellungsmatrix von (FA )C bezüglich dieser Basis die Jordan-Matrix 1 1 + 2i 1 J = 1 + 2i 1 − 2i 1 1 − 2i ist. Dies ist gleichbedeutend mit S −1 AS = J für S = (v1 , u2 , u3 , ū2 , ū3 ) ∈ M (5 × 5, C). Für die reelle Jordanform zerlegen wir u2 = v2 + iw2 und u3 = v3 + iw3 in Real- und Imaginärteil und erhalten die Basis B = {v1 , v2 , w2 , v3 , w3 } von R5 , so dass FA bezüglich 19 dieser Basis die Darstellungsmatrix 1 JR := 1 2 −2 1 1 1 , 1 2 −2 1 bzw. es gilt R−1 AR = JR mit 1 −5 −1 5 1 0 10 2 5 1 R = (v1 , v2 , w2 , v3 , w3 ) = 0 2 −10 0 0 ∈ M (5 × 5, R). 0 0 0 0 16 0 0 0 8 0