Theater im DaF-Unterricht Holl, Edda: Sprach

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Theater im DaF-Unterricht
Holl, Edda: Sprach-Fluss, Theaterübungen für Sprachunterricht und Interkulturelles Lernen, Hueber-Verlag, München, 2011, ISBN 978-3-19-141751-2, 80 Seiten plus DVD, 19,95.
Rainer E. Wicke
Das Projekt Sprach-Fluss wurde 2008-2009 im Rahmen der Partnerschulinitiative
von dem Goethe-Institut (GI) Johannesburg organisiert. An diesem waren insgesamt
siebzehn afrikanische Länder beteiligt, aus denen jeweils zwanzig Schülerinnen und
Schüler an Theater-Workshops in Windhoek, Accra, Lomé, Kampala, Nairobi und
Johannesburg teilnahmen. In diesen erhielten die Teilnehmer Gelegenheit dazu,
Techniken des Theaterspiels in der Fremdsprache Deutsch zu erfahren und zu erwerben. Sie wurden dazu angeleitet, selbst Szenen zu konzipieren, die ihre Erfahrungen, Hoffnungen, Enttäuschungen und auch Visionen widerspiegelten. Wie aus
diesen Hinweisen von Robert Fallenstein hervorgeht, dem in Subsahara-Afrika zuständigen Koordinator der Spracharbeit des GI Johannesburg, ist die vorliegende
Publikation ein Ergebnis der praktischen Erprobung in diesen Zusammenhängen,
was sicherlich bei der Verwendung für den eigenen Unterricht eine wertvolle Hilfe ist.
Die deutsche Sprache wurde in den erwähnten Workshops als Hauptkommunikationsmittel verwendet, gleichzeitig legte die Autorin jedoch Wert auf den Vernetzungsgedanken, indem Schülergruppen unterschiedlicher kultureller und sprachlicher Herkunft in einen fruchtbaren Austausch miteinander gebracht werden sollten (S.9).
Da in Afrika rund 1.500 untereinander nicht verständliche Sprachen gesprochen werden, spielte außerdem das Prinzip der Mehrsprachigkeit eine wesentliche Rolle, nach
der die Sprachbiografien der Schüler möglichst gewinnbringend in einen interkulturellen Deutschunterricht eingebracht werden sollten.
Die Übungen des vorliegenden Handbuches oder Ratgebers, denn darum handelt es
sich hier, wurden in vier aufeinander aufbauende Sequenzen konzipiert, von denen
die erste sich mit Kreisen und Rhythmen befasst, während die zweite Partnerarbeiten
und Impulse in den Mittelpunkt der Arbeit stellt. Die dritte Sequenz widmet sich dem
Feld von Körper und Sprache, die vierte Kommunikation und Raum.
Am Ende werden zwei Lieder präsentiert, mit deren Hilfe ebenfalls theaterpädagogisch gearbeitet werden kann.
Wenden wir uns der ersten Sequenz zu. Wie schnell deutlich wird, sind die Übungen
nach dem Prinzip vom Einfachen zum Schweren strukturiert. Während die Teilnehmer sich in der ersten Übung, die mit In den Kreis treten überschrieben ist, nur mit
Namen und einer dazu passenden Geste vorstellen müssen, um so behutsam in die
Theaterarbeit und das freie Sprechen eingeführt zu werden, stellen die folgenden
Übungen erhöhte Anforderungen an die Schüler. Der Sambakreis zeigt z. B. auf, wie
die inzwischen ausführlichere Vorstellung der eigenen Person mit Musik, Emotionen
und Bewegung kombiniert werden kann. Auch Techniken des Vokabellernens oder
Aspekte der Grammatik – diese werden ebenfalls für das Theaterspiel benötigt – lassen sich z.B. mit Hilfe der Aufgabe Obst und Gemüse berücksichtigen.
In dem folgenden Abschnitt Partner/Impulse steht die Zusammenarbeit mit einem
Partner im Vordergrund der Arbeit, die auf Formen des kollektiven Berichtens und
Präsentierens ausgerichtet ist. Von den spielerischen Aufgaben und Übungen werden hier zwei exemplarisch vorgestellt, die sich schnell und unkompliziert im eigenen
Unterricht verwenden lassen. Spiegel mit Sprache ist darauf ausgerichtet, dass Partner B nicht nur die Bewegungen von Partner A nachahmt, sondern in einem zweiten
Schritt auch (fremdsprachige) Äußerungen desselben imitiert. Hier geht es darum,
sich in die jeweils andere Person einzufühlen und diese nachzuspielen, aber gleichzeitig auch sich einer fremden Sprache zu öffnen.
Lautsprecher und Einsager, eine weitere Übung sprachlicher Art, konzentriert sich
darauf, geflüsterte Botschaften von Partner A über Partner B dem Plenum weiter zu
geben. Hier wird einerseits das Gehör geschult, andererseits die Fähigkeit, sprachliche Informationen im Plenum weiterzugeben.
Das Kapitel Körper/Sprache enthält Aktivitäten wie z.B. die Körperkarte, bei der es
darum geht, über Zeichnungen der Vorder- und Hinteransicht einer Person die jeweiligen Körperteile mit Artikel in Erinnerung zu rufen und gleichzeitig diese in spielerischer Form (beim simulierten Duschen) theatergerecht einzuüben. Diese Übung
zeigt wie andere deutlich auf, wie einfach es sein kann, einzelne Aspekte des
Spracherwerbs in dramapädagogische Zusammenhänge zu stellen, darin liegt sicherlich ein großer Wert dieser Publikation.
Auch das Bildhauerspiel fehlt nicht, bei dem es darum geht, lebendige Skulpturen zu
erstellen, indem ein spezifisches Vokabular geübt wird, mit dessen Hilfe der Partner
in interessante Positionen gebracht werden kann.
Ein Körperteil-Rap als letzte der hier ausgewählten Übungen demonstriert, dass man
die Benennung von Körperteilen auch choreographisch mit Musik und Bewegung
kombinieren kann.
In der vierten und letzten Sequenz Kommunikation/Raum erfahren die Schüler die
Möglichkeit, den gesamten zur Verfügung stehenden Raum sinnvoll zu nutzen. Aus
dieser habe ich die Szenenfolge Streit ausgewählt, bei der es darum geht, dass die
Schüler einen kürzlich erlebten Streit dialogisch aufarbeiten, aber auch den entsprechenden Gang üben, einen Kampf spielen und schließlich ein Schlussbild im Sinne
des Standbildes einfrieren. Hier wird deutlich, dass die Aufgaben sich nicht nur darauf konzentrieren, die Schüler mit immer neuen Anforderungen zu konfrontieren,
sondern dass das Repertoire auf bereits bekannte Techniken zurückgreift und diese
erneut in anderen Zusammenhängen kombiniert einbringt, was im Sinne eines Spiralcurriculums sicherlich sehr nützlich ist.
Das schnelle Reagieren steht z. B. bei der Blitzumfrage im Vordergrund der Arbeit,
womit auch kontroverse Diskussion unter den Schülern geübt werden können.
Die beigefügte DVD ist ein wichtiger Bestandteil der Publikation, denn erst durch die
Visualisierung werden einzelne Aufgaben und Übungen richtig nachvollziehbar. Nur
so wird der Sinn und Zweck der beiden Lieder deutlich, indem konkret gezeigt wird,
welche Möglichkeiten sie für die Begleitung durch Gesten und Bewegungen bieten.
Außerdem verdeutlichen die Filmaufnahmen deutlich, welches Potential die Aufgaben und Übungen wecken und wie engagiert die Teilnehmer sich jeweils einbringen
und dass auch eine scheinbar so einfache Übung wie In den Kreis treten individuell
und gewinnbringend für alle gestaltet werden kann.
Die Ziele, Sprachbewusstheit zu wecken, nonverbales Kommunikationswerkzeug
näher zu bringen und Aspekte der Mehrsprachigkeit zu fördern, löst die Publikation
ohne Zweifel ein. Bleiben bei kritischen Lesern eventuell auch Zweifel, ob sie sich
gern bereitwillig auf jede Übung einlassen würden - denn nicht jeder liebt es, sich vor
anderen Personen (und der Kamera) zu präsentieren - so kann zusammenfassend
festgestellt werden, dass auch für diesen Leserkreis konstruktive Vorschläge enthal-
ten sind, indem auch Aktivitäten vorgestellt werden, die sich ohne große Mühe im
alltäglichen Sprachunterricht verwenden lassen.
Ein wesentlicher Vorzug der Vorschläge besteht darin, dass sie potenzielle Nutzer
behutsam anleiten, sich interaktiv mit Partnern unter Nutzung der fremden Sprache
zu verständigen und das freie Sprechen und Präsentieren vor dem Plenum zu üben.
Gerade der letztere Aspekt ist für den DaF-Unterricht von besonderem Wert, der in
vielen Ländern häufig frontal und auch lehrerzentriert ausgerichtet wird. Im Sinne
einer modernen und zeitgemäßen Methodik/Didaktik des DaF-Unterrichts, in dem
immer wieder die Ganzheitlichkeit des Unterrichtens und Lernens gefordert wird, leistet diese Publikation eine wichtige Hilfestellung. Dabei spielt der Auswahlcharakter
der vorgeschlagenen Aufgaben und Übungen eine wesentliche Rolle. Obwohl – dies
wurde eingangs schon erwähnt – die einzelnen Sequenzen aufeinander aufbauen,
lassen sich aus diesen aus meiner Sicht auch einzelne herauslösen und zu einem
kleinen gestuften Aufgabenkatalog neu zusammenstellen. Die Bearbeitung Seite für
Seite liegt sicherlich nicht im Interesse der Autorin, die mit dieser Veröffentlichung
interessante und neue Wege zur Belebung des fremdsprachigen Deutschunterrichts
eröffnet hat.
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