Symposium Frühförderung - PAT – Mit Eltern Lernen

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PAT JT 27.06.2014
Workshop Von der Störung zur Klärung- Die Möglichkeiten und Grenzen der
Säuglings- Kleinkind- Eltern- Psychotherapie SKEPT
1. Der Übergang in die Elternschaft
Schwangerschaft, Geburt und 1. 3. Lebensjahr sind Zeiten mit bedeutenden, oft
dramatischen oder auch traumatisch erlebten Veränderungen. Das betrifft Eltern und
Baby bzw. Kleinstkind. Die Entwicklungsaufgabe lautet: Aus Frauen sollen Mütter,
aus Männer Väter werden, die sich dem hilfsbedürftigen Neugeborenen feinfühlig
zuwenden, es schützen, ernähren und lieben können.
Diese Phase geht mit grundlegenden körperlichen, psychischen und sozialen
Veränderungen einher. Die notwendige, von der Natur induzierte psychische
Labilisierung in diesem Übergangsraum kann zu Krisen führen, die, wenn sie rasch
erkannt werden, aufgefangen oder aber therapeutisch bearbeitet und gelöst werden
können.
In den meisten Fällen machen die Kinder durch ihre Symptome, meist Schrei-Schlafoder Fütterstörungen, auf Schwierigkeiten aller Art aufmerksam. Sie sind
gewissermaßen die Wecker, die die Eltern aufrütteln und auf den Weg bringen.
Das komplexe Geschehen der Familiengründung erfordert viel Halt und Beistand.
Das Sprichwort vom Dorf, das es braucht, um ein Kind aufzuziehen kann ebenso auf
die Entstehung der Familie angewendet werden.
Die Struktur und Stabilität der Eltern zusammen mit der Unterstützung der
Herkunftsfamilie und der sozialen und kulturellen Umgebung wirken wie ein
Nährboden, vergleichbar der Plazenta. In unserer Zeit ist dieser Nährboden oft karg.
Angesichts von Kleinfamilien, Alleinerziehenden, einer von der Wirtschaft geforderten
Mobilität, Migration, Globalisierung und einer zunehmenden Armut junger Familien
stellt sich die Frage, wie das zu bewerkstelligen sein soll..
Im Übergang in die Elternschaft trifft die Steinzeit auf die Moderne. Vieles, was zuvor
plan- und abrufbar war, gehorcht jetzt anderen Gesetzen, braucht Erfahrung und
Entlastung und sehr viel Zeit. Es geht dabei auch um das Entdecken eines eigenen
inneren Gefühls- und Handlungskompasses, der sog. intuitiven Elterlichkeit. Darunter
verstehen wir die Fähigkeit junger Eltern, die Signale des Kindes verstehen und
angemessen beantworten zu lernen. Das gelingt einerseits durch gute eigene
Erfahrungen als Kind, andererseits im Schutz von wohlwollenden erfahrenen
Menschen. Auch Eltern müssen bemuttert werden.
Dazu noch eine Anmerkung: Unsere Sprache kennt das Wort Bemuttern. Bevatern
und Beeltern fehlt noch und sollte eingeführt werden, denn auch der Vater, also
beide Eltern, spielen von Anfang eine wichtige Rolle. Ihre Verschiedenheit, wenn sie
zugelassen und wertgeschätzt wird, ist für das Kind ein wichtiger Entwicklungsanreiz.
1.1. Die Partnerschaft
Die Ablösung von den eigenen Eltern in der Adoleszenz ist Voraussetzung für das
Eingehen einer reifen Partnerschaft, in die dann das Baby integriert werden kann.
Dabei gibt es verschiedene Konstellationen, die dem Baby keine ausreichend stabile
Basis für seine Entwicklung bieten.
Ungelöste Konflikte machen es zum Bündnispartner, z. B. bei Trennungen.
Der Vater konkurriert mit dem Kind, weil er weiterhin von seiner Frau versorgt werden
möchte.
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Oder: Die Mutter braucht das Kind für ihre eigene Stabilität und schließt den Vater
aus. Diese Vorgänge sind meist unbewusst, können also ohne einen äußeren
Spiegel nicht gesehen und nicht reflektiert werden. Dies sind Situationen, in denen
das Symptom des Kindes die Möglichkeit eröffnet, diese Spannungsfelder bewusst
zu machen und neue, reifere Beziehungen zu ermöglichen.
Der Wandel im Rollenverständnis von Eltern ist in vollem Gang und verläuft oft nicht
synchron. Enttäuschte Erwartungen, die dem jeweiligen Partner nicht einmal klar sind
belasten die Eltern und damit das Kind. Trennungen sind in den ersten drei
Lebensjahren auffällig häufig.
1.2. Der Kinderwunsch
Der Kinderwunsch wird primär als triebhaft bestimmt angesehen.
Hinzu kommen Wünsche nach Wiederbelebung der eigenen Kindheit,
nach Identifikation mit und Abgrenzung von den eigenen Eltern,
nach Vollkommenheit, Verschmelzung mit dem Kind,
Verwirklichung eigener, bisher unerfüllter Wünsche im Kind. Sie kennen den Begriff
des Ersatzkindes, das den Verlust einer wichtigen Bezugsperson ausgleichen soll.
Oder das Versöhnungskind, das eine zerbrechende Partnerschaft kitten soll. Eine
Hypothek, die zu Symptomen führen kann.
Der Vater kann sich als wichtiger Beschützer, treuer Freund und vertrauter „Kumpel“
erleben, der das Kind begleitet, von dem er uneingeschränkt bewundert wird.
Umso schwerer wiegt ein krankes oder äußerlich fehl gebildetes Kind, das diesen
Vorstellungen nie entsprechen wird. Es wird als persönliche Kränkung, schuldhaft als
Versagen, als Ausschluss aus der Gesellschaft erlebt und hat Folgen für die
Entwicklung einer sicheren Bindung, die wiederum für die ohnehin erschwerte
Entwicklung des Kindes elementar wichtig ist. Dafür braucht es Unterstützung durch ,
zusätzliche Bindungs- und Entlastungspersonen, verlässlichen medizinischen
Beistand, ermutigende Förderung.
1.3. Die Schwangerschaft
Sie ist eine Zeit großer körperlicher und psychischer Veränderungen mit Hoffen und
Bangen und intensiven Phantasien über das kommende Kind.
Die anfängliche Unsicherheit über den Bestand der Schwangerschaft wird gefolgt
von Vorstellungen über Aussehen, Geschlecht und Fähigkeiten, die das Kind
idealisieren. In den letzten drei Monaten verblassen sie und schaffen Raum für das
kommende reale Kind. Wenn ein Kind zu früh geboren wird, also zum Zeitpunkt der
Idealisierung, ist die Diskrepanz zwischen dem idealen phantasierten Kind und dem
winzigen, oft nicht als menschlich erlebten realen kleinen Wesen so extrem, dass die
Bindung erheblich belastet ist. „Das ist nicht mein Kind, es sieht aus wie ein kleiner
Vogel, nur eine Handvoll Mensch“ , das sind Äußerungen von Müttern, die sich unter
Schuldgefühlen und Schrecken an die erste Begegnung, an die Ablehnung des
Kindes erinnern.
Die Veränderungen in der Schwangerschaft betreffen auch den Mann. Hormonelle
Veränderungen, Abfall des Testosteron, Anstieg von Prolactin und Oxytocin,
entwickeln bei ihm Fürsorge- und Nestbauverhalten und den Wunsch, bereits jetzt
Kontakt zum Kind aufzunehmen.
Viele Männer fühlen sich aber eher ausgeschlossen von der Mutter –Kind -Dyade
und können mit der weiblich dominierten Schwangerschaftsvorbereitung wenig
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anfangen. Für die Schwangerschaft aus der Perspektive der Väter gibt es noch zu
wenig Angebote. Das ist nicht verwunderlich, denn das Zulassen des Vaters in
diesen Bereich ist erst in den letzten vier Jahrzehnten Schritt für Schritt entstanden.
Die lange Zeit der neun Monate sollte noch besser zur Vorbereitung auf das
unbekannte Kommende genutzt werden. Eine einfache und naheliegende
Möglichkeit wären zwei oder drei gemeinsame Gespräche während der
Schwangerschaft und zwei weitere im ersten Lebenshalbjahr. In einer dänischen
Studie war dieses Vorgehen erfolgreich: Die Paare waren zufriedener und es traten
weniger postpartale Depressionen auf.
Hebammen kennen diese neue Aufgabe. Es wäre aber auch gut, wenn es männliche
Gesprächspartner gäbe.
1.4. Das Erleben der Geburt
Dieses Naturereignis braucht Vorbereitung und Beistand und kann dennoch zum
Trauma werden. Es ist wichtig, dass über Komplikationen und deren Handhabung
während der Geburtsvorbereitung gesprochen wird. Sonst kann die plötzliche
Ankündigung eines Kaiserschnitts zu einem Trauma werden, das die Beziehung zum
Kind langfristig erschweren kann.
Seit 40Jahren dürfen die Väter bei der Geburt dabei sein. Das hat viel zur
Familienbildung und -bindung beitragen. Allerdings braucht die Anwesenheit im
Kreißsaal eine gute Vorbereitung. Das betrifft auch das Team in der Klinik.
1.5. Das Baby
Das Baby ist wegen seiner körperlichen und psychischen Unreife völlig auf die
Feinfühligkeit seiner Umgebung angewiesen. Es braucht Schutz, Ernährung,
Bindung, später die Möglichkeiten zur Erkundung der Umwelt und seiner Gefühle und
die Erfahrung von Selbstwirksamkeit.
Eine sichere Bindung wird heute als wichtigster protektiver Faktor für die gesamte
körperliche und seelische Entwicklung angesehen.
Bindung ist für das Überleben notwendig. Sie ist ein emotionales Band, das sich
durch die wechselseitige Interaktion zwischen einem Kind und seinen vertrauten
Bezugspersonen entwickelt und das diese über Raum und Zeit verbindet(Bowlby).
Wie wichtig diese emotionale Bindung ist, wird an einer Anekdote aus dem Jahr 1256
deutlich. Friedrich der Hohenstaufer wollte wissen, was die Ursprache sei. Dazu hat
er Ammen, die sich um Waisenbabys gekümmert haben angewiesen, die Kinder zu
nähren und zu pflegen, aber nicht mit ihnen zu sprechen. Alle Kinder starben an
emotionaler Unterernährung..
Die vorher genannte intuitive Elterlichkeit beantwortet die vielen Bedürnisse des
Kindes. Sie ermöglicht es auch beim älter werdenden Kind eine Balance zwischen
eigenen Bedürfnissen und denen des Kindes herzustellen, d.h. das Kind auch
frustrieren zu können. Wir bezeichnen die daraus entstehende Spannung als
Mismatch, also eine aus Frustration entstandene Spannung, die das Kind zu einer
eigenen Aktion veranlasst, die zur Beruhigung führen kann. Ein Schritt auf dem Weg
zur Selbstregulationsfähigkeit.
Es ist nicht möglich das Kind ohne seine Interaktion mit den Bezugspersonen zu
beschreiben, sondern es ist immer Teil der neu entstanden Eltern-Kind Triade.
Winnicott sagt: „Es gibt kein Baby allein -there is none such as a baby“.
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1.6. Die Eltern
Der Übergang in die Elternschaft ist einerseits ein biologisch determinierter Vorgang.
Zugleich aber spiegelt sich die psychische Reife, die wiederum biographische
Voraussetzungen hat. Gemeint ist damit das erfolgreiche Durchlaufen der
vorangehenden Entwicklungsstufen, insbesondere der Adoleszenz mit der
Übernahme der Verantwortung für das eigene körperliche, emotionale und soziale
Leben. Die hormonellen Veränderungen in der Schwangerschaft öffnen zwar die
Sinne für die Bedürfnisse des Kindes, reichen aber nicht aus, um den Wechsel
zwischen Zuwendung zum Kind und Befriedigung eigener Bedürfnissen zu
bewerkstelligen.
Dazu sind zwei Fähigkeiten wichtig:
Containment und Mentalisierung.
Containment bedeutet, dass beispielsweise das Schreien des Kindes
wahrgenommen und ausgehalten wird, dass ein Teil der emotionalen Last des
Kindes abgenommen wird ohne ärgerlich und ungeduldig zu werden und
schlimmstenfalls das Kind zu schütteln. Ein Rest an Belastung kann dem Kind
zugemutet werden, denn dieser Mismatch, diese Spannung, ist der
Entwicklungsmotor. Anders ausgedrückt:
Nicht die dauernde und optimale Bedürfnisbefriedigung ist das Ziel, sondern das „Gut
genug“, in dem das Kind aktiv beteiligt ist und erfährt, dass Spannung auszuhalten
ist. Es macht also die Erfahrung, dass die Bezugsperson verschwindet und es von
Angst überschwemmt wird, dass dieser unangenehme Zustand aber aufhört und
Beruhigung folgt. Daraus kann bei den vielen alltäglichen Situationen dieser Art eine
Gedächtnisspur entstehen. Die wiederholten Abläufe werden absehbar, eine erste
Struktur deutet sich an.
Mentalisierung ist die Fähigkeit, sich vorstellen zu können, wie es dem Kind geht,
was es möchte, was es braucht. Dabei kann es viele Missverständnisse geben. Oft
meinen Eltern, dass das Kind sie ärgern und austesten will, fühlen sich also dem
Kind unterlegen, oder verwechseln eigene Bedürfnisse mit denen des Kindes oder
erkennen Naheliegendes wie Hunger nicht, weil sie selbst eine Essstörung haben.
Diese beiden Fähigkeiten sind bei Eltern eines Kindes mit besonderen Bedürfnissen
besonders beansprucht. Die Traumatisierung von Eltern kann diese psychischen
Fähigkeiten stark einschränken. Umso wichtiger ist das rechtzeitige Zulassen eine
Dritten, z.B. Frühförderung, um Eltern und Kind entlastende Erfahrungen und
psychisches Wachstum/Heilung zu ermöglichen.
1.6. Das Leben zu Dritt
Wie bei der Partnerschaft erwähnt, fällt die Integration eines Dritten oft schwer. Der
Vater ist von Anfang an wichtig und sollte freien emotionalen Zugang zum Kind
haben. Die Öffnung der oft engen Mutter –Kind -Dyade fällt vielen Müttern schwer,
obwohl sie gleichzeitig beklagen, dass sie dauernd zuständig sin. Das Zulassen und
Aushalten, dass Väter anders mit dem Kind umgehen ist ein wichtiger Schritt in deren
Entwicklung. Kinder mögen die unterschiedlichen Erfahrungen, an die sie anfangs
erst gewöhnt werden müssen.
Triangulierung ist die Bezeichnung dieser Fähigkeit, die das Zulassen eines Dritten,
eine Elterntrainerin, eines Therapeuten ermöglicht. Sie ist Voraussetzung für jede
therapeutische Arbeit.
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2. Die Schwierigkeiten
2.1. „Gespenster in der Kinderstube“
Beim Übergang in die Elternschaft werden biographische Erfahrungen reaktiviert und
können die intuitiven Fähigkeiten der Eltern beeinträchtigen. So kann das Schreien
des Kindes Erinnerungen an ein eigenes Trauma triggern und Panik, Angst und
Aggression auslösen. Oder kann zur Erstarrung mit Ausblenden führen. Diese
dissoziativen Verhaltensweisen der Bezugsperson können das Kind ängstigen und
bei ihm ebenfalls die Notfallreaktion fight or flight auslösen. Das belastet die
Entwicklung einer sicheren Bindung. Das Ergebnis kann ein desorganisiertes
Bindungsverhalten beim Kind sein, das sich in ADHS -ähnlichem Verhalten,
anhaltender Unruhe, Unfähigkeit zu Spielen, zu Erkunden, seine Selbstwirksamkeit
zu spüren, ausdrücken kann.
Die Traumatisierung einer Bezugsperson kann die Bindungsentwicklung stark in
Richtung unsicherer oder sogar desorganisierter Bindung belasten.
Wenn diese Gespenster identifiziert werden können, erholen sich die angespannten
Eltern und das Kind sehr rasch. Beispiel: Ein 10 Monate altes Kind schläft nur kurze
Zeit, was besonders nachts an die Nerven geht. Im therapeutischen Gespräch stellt
sich die Frage, warum die kleine Tochter noch nicht im Kinderzimmer beim Bruder
schläft. Zuerst gibt sie eine rationale Begründung, dass sie nicht möchte, dass der
Bruder gestört wird und dann beide Kinder schreien. Erst viel später kann die M
sagen, dass sie selbst von ihrem Bruder sexuell missbraucht wurde. Unbewusst hat
sie sich mit der Tochter identifiziert und die für sie traumatische Situation vermieden.
2.2. Psychische Erkrankungen insbesondere die ppD
Psychische Erkrankungen bereffen auch Eltern und werden oft übersehen, weil sich
zunächst alles ums Kind dreht und weil Symptome wie Schlafstörung und
Antriebsmangel als normal für diese Zeit angesehen werden. Die psychische
Stabilität von Eltern ist aber wichtig, da das Kind angewiesen ist auf angemessene
Reaktionen, auf die Fähigkeit zu Containment und Mentalisierung.
Die postpartale Depression ist dabei eine häufige, häufig aber nicht diagnostizierte
Erkrankung. Sie betrifft in ca 20% die Frauen. Sie tritt auch bei Männern auf mit einer
Häufigkeit zwischen 5 und 10%, je nach Studie.
Die Symptome erscheinen wie gesagt auf den ersten Blick fast normal. Der Schlaf
mit einem Baby ist gestört, morgens fehlen die Kräfte zum Aufstehen, die Stimmung
ist eben „nahe am Wasser gebaut“. Die betroffenen Mütter werden oft nicht ernst
genommen, ziehen sich zurück, zweifeln an ihren Fähigkeiten, fühlen sich als Last für
alle und denken in schweren Fällen an Selbstmord. Eine bedrängende Situation, auf
die die Babys verschieden reagieren mit Unruhe, Schreien, kurzen Schlafphasen
oder mit Rückzug. Die betroffenen Eltern kommen aus unterschiedlichen Gründen:
Ein Teil, weil das Kind nicht schläft, schreit, schlecht trinkt, sich nicht ablegen lässt, in
seiner Entwicklung nicht weiter kommt. Andere, weil sie sich selbst nicht mehr
kennen, Angst- und Panikattacken erleben, nicht allein sein können oder von
Zwangsgedanken geplagt werden. Teilweise richten sich die Gedanken gegen das
Kind. Die Mütter haben Angst, es zu beschädigen, es fallen zu lassen, zu ertränken,
mit einem Messer zu verletzen. Manche können die Küche deshalb nicht mehr
betreten.
Bei den betroffenen Vätern finden sich außerdem vermehrt körperliche Symptome,
sie flüchten sich in Alkohol, vor den Fernsehapparat oder PC, treiben exzessiven,
auch gefährlichen Sport, engagieren sich in außerhäusliche Aktivitäten. Ein
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eindrücklicher Fall ist die Geschichte eines Vaters, der zwei lang dauernde
depressive Phasen erlebt hat. Sie traten jeweils zu dem Zeitpunkt auf, als der kleine
Sohn im entsprechenden Alter war. Die erste mit 4 Monaten, als er, ein ungewolltes
Kind, zu einer Tagesmutter abgegeben wurde. Die zweite, als der Sohn 5 Jahre alt
war. Damals war seine Mutter mit ihm in eine entfernte Stadt gezogen. Er hatte sein
vertrautes Umfeld und seinen Vater verloren. Ein freundlicher Nachbar, der sich um
ihn gekümmert hat und dem die Mutter vertraute, hat ihn zudem sexuell missbraucht.
Die meisten Patienten hatten bereits in früheren Jahren Zeiten psychischer Labilität
oder Erkrankung erlebt, die im jetzigen labilisierenden Übergang wieder aufflammten.
Es sind alte Wunden von emotionalem Mangel, die sich angesichts der großen
Bedürftigkeit des eigenen Kindes wieder zeigen.
2.3. Wenn der Vater fehlt
Trennungen in der Schwangerschaft oder in den ersten Lebensjahren sind häufig.
Viele Väter scheuen vor der Verantwortung zurück, wollten vielleicht das Kind nicht,
haben selbst kein gutes inneres Bild von einem Vater, waren nur kurz, manchmal nur
eine Nacht, mit der Frau zusammen. Es gibt große kulturelle Unterschiede mit sehr
verschiedenen Rollenvorstellungen, in denen die Frauen oft alleine mit den Kindern
bleiben.
Dennoch ist der Vater in der Mutter präsent mit sehr unterschiedlichen Gefühlen:
Sehnsucht, wütende Enttäuschung, Verachtung, ambivalent., Es ist das Bild der
Mutter, das dem Kind vermittelt wird. „Es ist einfacher, wenn er nicht da ist“ wird oft
von Müttern geäußert. Wie kann das Kind dann ein eigenes Bild von seinem Vater
bekommen, besonders dann, wenn die Besuche oft nicht wahrgenommen werden
oder aber von den Frauen nicht zugelassen werden.
Viele Mütter wünschen sich, dass die Väter sich auch beraten lassen. Aus
verschiedenen Gründen ist das immer wieder schwierig. Aber: Wenn die Mutter sich
mit diesem als schwierig erlebten Mann auseinandersetzt hat das eine Wirkung. Die
innere Arbeit mit der Mutter wirkt sich klärend aus, oftmals kenntlich am
Verschwinden des Symptoms beim Kind und in der Qualität des Zusammenlebens.
2.4. Wenn das Kind krank ist
Ein Kind mit Sonderbedürfnissen zu haben ist eine schwierige Ausgangslage für die
Bindungsentwicklung, die Befriedigung als Eltern. Zum Alltäglichen kommen
Untersuchungen, Medikamente, Pflegemaßnahmen und oft ein ungewisser Verlauf
mit fraglicher Aussicht auf Gesundung. Schuldgefühle, unterdrückte Wut und
Enttäuschung, gefolgt von Rückzug und Depression, sind schwere psychische
Belastungen für die ganze Familie. Ein Geschwisterkind wird da schnell zu einem
Schattenkind, dessen Bedürfnisse im Schatten des kranken Kindes stehen.
3. Die Möglichkeiten der SKEPT
Das Kind ist bei der SKEPT ein wichtiger Teilnehmer. Daher finden die Stunden
wenn möglich in Anwesenheit des Kindes statt
Die Perspektive der SKEPT richtet sich an die inneren Bilder der Eltern, die durch
deren Erfahrungen und Erlebnisse entstanden sind. Sie prägen die Beziehungen zu
anderen Menschen.
Das Zulassen eines Therapeuten stellt für die Eltern bereits die Erfahrung einer
Triangulierung dar, und ist für manches ein großes Hindernis.
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Die besondere psychische Befindlichkeit von werdenden und jungen Eltern, die einer
psychischen Labilisierung entspricht, kann zur Dekompensation führen. Sie eröffnet
aber auch den Zugang zu inneren Prozessen, zur Selbstreflektion. Die Anbahnung
der Veränderung (Rücknahme von Projektionen, Fähigkeit zur Triangulierung,
Containment und Mentalisierung) kann unter dieser emotionalen Offenheit der Eltern
immer wieder innerhalb erstaunlich kurzer Zeit geschehen. Angesichts der raschen
Entwicklung des Kindes ergeben sich immer wieder fraktionierte Behandlungen,
d.h., dass die Eltern sich in großen Abständen, anlässlich von Entwicklungskrisen,
wieder melden. Bei einer kleinen Gruppe von Eltern ist eine Langzeittherapie
angezeigt, die ebenfalls in Anwesenheit des Kindes durchgeführt werden kann.
Dabei kann dessen Entwicklung in der Beobachtung gemeinsam erlebt werden, was
meist entlastend ist. Und die elterliche Kompetenz stärkt, was sich therapeutisch
positiv auswirkt..
3.1. Symptomatik
Am Lebensanfang sind körperliche und seelische Erfahrungen so eng miteinander
verwoben, dass Psychisches und Körperliches kaum differenzierbar ist. Der
Organismus des Säuglings ist in besonderem Maß eine somato -psychische Einheit.
Seelische Beeinträchtigungen finden immer auch in somatischen Symptomen ihren
Ausdruck und somatische Belastungen zeigen immer auch psychische
Auswirkungen.
Das Kind ist körperlich und seelisch abhängig von versorgenden Bezugspersonen.
Störungen in der Eltern-Kind-Beziehung können sich in einer generalisierten
psychosomatischen Symptomatik beim Kind niederschlagen.
Die Symptome des Babys haben einen unterschiedlichen Schweregrad und betreffen
oft mehrere Funktionsbereiche gleichzeitig. Sie reichen von Krisen und
vorübergehenden Anpassungsschwierigkeiten zwischen Mutter, Vater und Kind bis
hin zu schweren Entgleisungen, die die Entwicklung des Kindes dauerhaft behindern
und sogar lebensbedrohlich werden können, z.B. durch Misshandlung der Eltern.
Frühe Abwehrformen sind Reaktionen auf überraschende, emotional belastende
Situationen, die Selma Fraiberg beobachtet und eindrücklich geschildert hat:
Bei 30 Eltern und deren Kindern von 0-3 Jahren beobachtet, wie wenig einfühlsame
Eltern auf ihre Kinder wirken. Ausgehend von der Verhaltensbiologie hat sie zwei
gegensätzliche Reaktionen bei Säugetieren beschrieben: flight or fight.
Zum Fluchtverhalten gehören die Abwehrformen Vermeidung und Einfrieren.
Mit Vermeidung ist z.B. das Wegschauen, das Wegdrehen des Kopfes gemeint. Wir
beobachten das bei intrusivem Verhalten der Eltern. Es kann aber dazu führen, dass
das wichtige Neugierverhalten beeinträchtigt ist und dem Kind wichtige kognitive und
emotionale Erfahrungen entgehen.
Beim Einfrieren besteht ein völliger Stillstand, der sich auf die Haltung, Bewegung
und den Ausdruck des Kindes bezieht. Zu beobachten ist diese Reaktion, wenn das
Baby sich in einer ihm fremden Umgebung befindet. In Anwesenheit einer
beschützenden mütterlichen oder väterlichen Person löst sich dieses Verhalten nach
einer gewissen Zeit auf. Fehlt diese vertraute Person kann das Einfrieren
fortbestehen oder in einen desorganisierten Zustand mit heftigem Schreien,
motorischer Unruhe und Unzugänglichkeit übergehen.
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Zum Kampfverhalten gehört die starke motorische Unruhe, die oft über die zugrunde
liegende Angst hinwegtäuscht.
Bei der Transformation von Affekten wird z.B. angstvolles Schreien zu übertriebenem
Lachen, Schmerz kann zu Vergnügen, Kummer kann z.B. zu einem fast zwanghaft
wirkenden Handlung führen, z.B. Augenreiben
Die Autoaggression, z.B. Kopfschlagen tritt beim Fehlen einer tröstenden
Beziehungserfahrung auf. Rene Spitz, einer der ersten Säuglingsforscher hat dieses
Verhalten bei deprivierten Säuglingen in Heimen beobachtet.
Kriterien für die Behandlungsnotwendigkeit können nicht objektiv erfasst werden.
Ausschlaggebend ist die subjektiv wahrgenommene Belastung des Säuglings und
der Eltern. In der engen Beziehung zwischen Eltern und Kind entsteht leicht eine sich
selbst verstärkende Dysregulation. Je eher dieser Teufelskreis unterbrochen werden
kann, um so besser kann die weitere Entwicklung fortschreiten.
Die häufigsten Symptome im Alter von 0 bis 3 Jahren sind:
Störungen der Frühregulation, Exzessives Schreien, Schlafstörung Fütterstörung
Frühkindliche Depression , Ängste, insbesondere Trennungsangst.
Psychosomatische Störungen und psychische Komponenten bei körperlichen
Erkrankungen: Frühgeburtlichkeit, Neurodermitits, Astma bronchioale,
Infektanfälligkeit, Verletzungen
Die Statistik sagt (Riecher-Rössler A. 1997), dass immerhin 20 -29% gesunder
Säuglinge in den ersten Lebensmonaten unter unstillbaren Schreien/ manchmal
"Koliken" genannt, leiden, bis zu 30% der Eltern berichten über Schlafprobleme,
36% über Fütterprobleme im ersten Lebensjahr.
3.2. Besonderheiten der SKEPT
Die charakteristischen Elemente der SKEPT sind
Die Beobachtung
Das szenische Verstehen mit Übertragung und Gegenübertragungsmerkmalen
Psychoanalytische Reflektion
Containment
Mentalisierung
Triangulierung
Intervention
Beobachtung:
Die körperlichen und emotionalen Aktionen und Reaktionen alles Beteiligten werden
wahrgenommen und in ihrer inneren Resonanz und Bedeutung zu erfassen gesucht.
Hierbei spielt die spezifische Gefühlslage, in die der Therapeut versetzt wird, eine
wichtige Rolle.
Die wechselseitigen Interaktionen auf der verbalen, nonverbalen und
Handlungsebene von Eltern und Kind und die Interaktion mit dem Therapeuten
werden besonders beachtet. Dazu gehört auch die Einschätzung der Feinfühligkeit
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der Eltern und die Fähigkeit zur Responsivität. Es geht um die Angemessenheit der
Interaktionen und die Fähigkeit, Dreierbeziehungen auszubalancieren
Angesichts der raschen Entwicklung in den ersten Lebensjahren spielt die
Einschätzung des Entwicklungsstandes des Kindes eine wichtige Rolle.
Übertragung- Gegenübertragung:
Mit Übertragung wird psychoanalytisch verstanden, dass jeder Mensch die
gefühlsmäßigen Erfahrungen, die er in der frühen Kindheit gemacht hat, auf aktuelle
Beziehung zu anderen Menschen wiederbelebt.
Gegenübertragung im engeren Sinne meint die Gefühle beim Psychoanalytiker, die
im Rahmen einer psychoanalytischen Situation durch die Gefühle des Patienten
ausgelöst wurden. Es geht dabei immer auch darum die eigenen Gefühle (die eigene
Übertragung) von denen, die ausgelöst wurden zu unterscheiden.
Containment-Mentalisierung-Triangulierung
Im Beisein des Kindes wird die Fähigkeit der Eltern zu C, M und T erfahrbar. Das
gemeinsame Aushalten von Schreine, Quengeln und Klammern und das Erleben,
dass das Kind eine eigene, oft originelle Lösung ,findet, ermutigt die Eltern, das auch
zu Hause zu probieren.
Oft fühlen sich Eltern vom Kind verfolgt, attackiert, ohnmächtig ausgeliefert. Hier
ermöglicht das Mentalisieren, was das Kind ausdrücken möchte, um die negativen
Projektionen auf das Kind abzuziehen. Dazu gehört auch, dem Kind Frustrationen
zuzumuten, um wieder eigene Bedürfnisse befriedigen zu können.
Die Triangulierung fällt Eltern oft schwer. Die Mutte r-Kind -Dyade schließt den Mann
aus, er findet seine Rolle nicht, wird nicht zugelassen und erlebt, dass das Kind –
anfangs- bei ihm möglicherweise schreit. Das Zulassen des Therapeuten eröffnet
den Müttern ein Gefühl von Entlastung, das zunehmend auf den Mann übertragen
werden kann.
Insgesamt ermöglicht die SKEPT den Eltern eigene Vorstellungen vom Umgang mit
dem Kind zu entwickeln und eigene Lösungen zu finden. Immer wieder machen wir
die Erfahrung, dass Informationen über die jeweiligen Entwicklungsaufgaben des
Kindes, aber auch der Eltern zur deren Sicherheit beitragen und den Zugang zu ihrer
elterlichen Kompetenzeröffnen.
3.5. Ergebnisse
Junge Eltern sind offen für Veränderungen. Die Begegnung soll respektvoll und
wertschätzend sein, denn Eltern haben bisher gegeben, was sie konnten.
Ihre „Erstlingsausstattung“ hängt von den Erfahrungen in ihrer Herkunftsfamilie ab
und braucht oftmals Ergänzung in Gestalt von Begleitung, Beratung, Frühförderung
und Psychotherapie.
Die raschen Erfolge, u.a. kenntlich am Verschwinden des Symptoms beim Kind
bereits nach der telefonischen Anmeldung, lassen sich z. T. mit der Triangulierung
erklären, dem vertrauensvollen Zulassen einer dritten Person. Das ist auch innerhalb
der Elternbeziehung ein wesentlicher Schritt, der manchen Müttern schwer fällt,
nämlich das Kind dem Vater vertrauensvoll zu überlassen und auszuhalten, dass er
manches anders, aber eben gut genug für die Bedürfnisse des Kindes macht, selbst
wenn er ihm mehr Frustration zumutet als die Mutter..
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Biographische Altlasten, die Gespenster, zeigen sich verschlüsselt, können ein
Symptom beim Kind hervorrufen, lassen sich in der Therapie entschlüsseln und
verlieren dadurch ihre störende Wirkung. Die Eltern können eine Nachreifung
durchmachen, ausgelöst durch das Kind.
Das Verstehen der szenisch inszenierten Botschaften erfordert eine spezifische
Ausbildung des Therapeuten, wozu neben der analytischen Grundausbildung eine
einjährige Babybeobachtung gehört.
Das Kind ist ein wichtiger Teilnehmer in den Stunden. Seine Aktionen zeigen , ob der
Konflikt erfasst worden ist. Sie werden ruhig, schlafen ein, rutschen vom Schoß der
Mutter und entfernen sich.
Schwer zu entschlüsseln können die Symptome einer ppD sein.. Sie ähneln allem,
was Eltern unter Schlafentzug erleben. Auch bei Entwicklungsverzögerungen,
anhaltender Unruhe, somatischre Erkrankungen des Mannes, sollte an eine ppD
denken lassen. Es gibt aber auch Eltern, die sich direkt wegen depressiver
Symptome anmelden, weil sie sich nicht wieder kennen- oder weil sie früher bereits
eine Depression erlebt haben und die Symptome kennen..
Alle Berufsgruppen, die mit Eltern und Kindern in der frühen Kindheit in Kontakt
kommen, sollten über deren spezifische Befindlichkeit Bescheid wissen und ihnen
wertschätzend und respektvoll begegnen, denn alle Eltern wollen gute Eltern sein.
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