26 | Wissen Sonntag, 23. Juli 2017 Wissen | 27 Sonntag, 23. Juli 2017 Bewohnbarkeit Wie bewohnbar sind Planeten? Die Sonne und der rote Zwergplanet im Größenvergleich (links). Wie bewohnbar sind Planeten? Mehrere Parameter sind dafür ausschlaggebend. Jedenfalls müssen Radius, Dichte, kosmische Geschwindigkeiten und Oberflächentemperatur passende Werte aufweisen. Ein sogenannter Erdähnlichkeitsindex (Earth Similarity Index, ESI) wurde aus diesen Werten festgelegt. Der ESI liegt zwischen 0 (keinerlei Ähnlichkeit mit der Erde) und 1 (die Erde selbst). In unserem Planetensystem ist der Mars mit einem ESI von 0,69 der Erde am ähnlichsten. Mars hat in den jüngsten Jahrzehnten mehrfach Besuch von Erdsonden erhalten, nicht zuletzt mit dem Ziel einfache Lebensformen zu suchen. SHUTTERSTOCK Sieben ferne Erden auf einen Blick Mit modernsten Teleskopen werden ständig neue Welten um ferne Sterne erspäht. Etliche ähneln der Erde so, dass diese Leben hervorbringen könnten. Beim Stern Trappist-1 gelang der Nachweis von sieben Erden auf einen Blick. Von Robert Seeberger G ut ein Zehntel der Sonnengröße beträgt der Durchmesser von Trappist-1 im Sternbild Wassermann. Damit ist der rote Zwergstern nur 20 Prozent größer als der Planet Jupiter. Seine Leuchtkraft beträgt ein, zwei Tausendstel jener der Sonne. Aber das 2300 Grad kühle Sternchen hat schon letztes Jahr Schlagzeilen in der Astroszene gemacht. Mit Kleinteleskopen. Mit 40 Lichtjahren ist Trappist-1 ein kosmischer Nachbar, um den drei Planeten in Erdgröße entdeckt wurden. Der belgische Physiker Michael Gillon hat die Planeten mit einem sehr kleinen Teleskop entdeckt. Die Universität Liege betreibt je ein Spiegelteleskop mit 60 Zentimeter Durchmesser in Marokko und auf La Silla in der chilenischen Atacamawüste. Gut ausgerüs­teten Volkssternwarten stehen ähnliche Teleskope zur Verfügung. In unserer Nachbarschaft betreibt die Allgäuer Volkssternwarte in Ottobeuren ein 60-cm-Teleskop. In Falera bei Laax in der Schweiz steht den Betreibern des öffentlich zugänglichen Observatoriums sogar ein 80-cm-Teleskop zur Verfügung. Mit dem Zisterzienserorden teilt der Stern lediglich seine Namen. Trappist ist ein Kürzel für „TRAnsiting Planets and PlanetesImals Small Telescope“ und beschreibt die Methode, mit der nach Exoplaneten gesucht wird. Mit kleinen Teleskopen wird beobachtet, ob Planeten oder Kleinplaneten vor fremden Sternen vorbeiziehen. Bei dieser Transitoder Durchgangsmethode wird beobachtet, ob sich die Helligkeit des Sterns regelmäßig ändert. Wenn Planeten gerade so um den Das überaus erfolgreiche HubbleTeleskop wird 2024 „abgelöst“. SHUTTERSTOCK Trappist – ein Forschungsprogramm der EU Das „European Research Council (ERC)“ fördert Spitzenforschung mit beträchtlichen Mitteln. So verfügt der ERC zwischen 2014 und 2020 über ein Förderbudget von 13 Milliarden Euro. Die bahnbrechende Entdeckung des Trappist Systems wurde durch ERC-Mittel ermöglicht. https://erc.europa.eu/ Stern kreisen, dass sie von uns aus gesehen das Sternscheibchen durchwandern, dunkeln sie dabei den Stern geringfügig ab. Heuer wurden vier weitere Planeten um Trappist-1 mit dieser Methode entdeckt. Alle sieben haben ähnliche Durchmesser wie die Erde. Nach der Entdeckung wurden auch Beobachtungen im Infrarot angestellt. Sowohl das Weltraumteles­ kop Spitzer als auch das größte Teleskop der europäischen Südsternwarte richteten ihre Infrarotaugen auf die neuen Planeten. Miniplanetensystem. Alle sie- ben Planeten um Trappist-1 haben ziemlich sicher eine feste Oberfläche und ähnliche Durchmesser wie die Erde. Nicht nur der Zentralstern ist viel kleiner als die Sonne. Das gesamte Planetensystem hätte innerhalb der Merkurbahn Platz. Alles scheint winzig in dieser Welt. Die Masse des Zentralsterns reicht gerade aus, dass in seinem Inneren Wasserstoff zu Helium verschmelzen kann. Man schätzt, dass 15 Prozent aller Sterne in der Sonnenumgebung massearme rote Zwerge sind. Durch Kernverschmelzung wird Energie erzeugt, das Objekt strahlt von selbst – die Definition eines Sterns. Die sieben Planeten sind vermutlich aus einer Scheibe aus Gas und Staub entstanden. Erst später näherten sie sich durch Reibungsprozesse dem Zentralstern an. Daher sind sie reich an Gasen und Wasser. Vermutlich haben sie alle eine Atmosphäre. Relativ gesichert ist die Erkenntnis, dass die drei Planeten Trappist-1e, -1f und -1g den roten Zwergstern in der bewohnbaren Zone umkreisen. Damit wird der Abstandsbereich zwischen Stern und Planet bezeichnet, der ge- mäßigte Temperaturen erwarten lässt, so dass vorhandenes Wasser in flüssiger Form vorkommen kann. Die Umlaufperioden der Trappist-Planeten sind kurz. Ein Jahr dauert auf diesen Welten zwischen 1,5 und circa 20 Erd­ tagen. Junger Forschungszweig. Vor 22 Jahren wurde im Sternbild Pegasus der erste Exoplanet entdeckt. Gasriesenplaneten auf engen Umlaufbahnen waren die ersten Funde. Heute kennen wir über 3600 Planeten um andere Sterne. Woche für Woche kommen Neuentdeckungen dazu. Das sind bemerkenswerte Fortschritte. Schließlich ist die Frage, ob wir allein im Universum sind, nicht nur von wissenschaftlichem, sondern auch religiösem und philosophischem Interesse. Die Entdeckung von erdähnlichen Exoplaneten entreißt dieses The- ma der reinen Spekulation. Der aktuelle Stand mit Angaben über Masse, Durchmesser, Umlaufszeiten und andere bekannte Daten kann in einer Enzyklopädie verfolgt werden: http://exoplanet.eu/catalog/. Trotz aller Fortschritte ist der erhoffte große Triumph bisher ausgeblieben: der Nachweis von außerirdischem Leben. Von den über 3600 bekannten Exoplaneten bleiben nur wenige Dutzend übrig, die möglicherweise bewohnbar sind. Vielleicht gelingt der entscheidende Nachweis schon bald, vielleicht erst in zehn Jahren. Fachleute schließen schon Wetten darüber ab, ob außerirdisches Leben zuerst auf dem Mars oder einem Exoplaneten nachgewiesen wird. Ab kommendem Jahr beginnt ein neues Zeitalter in der astronomischen Forschung. Das lange geplante James-Webb- Welt­ raumteleskop startet. Das Nachfolgegerät des überaus erfolgreichen Hubble-Teleskops (2,4 Meter Spiegel) hat seinen Spiegeldurchmesser von 6,5 Meter und verfügt über ein Spezialgerät, um feine Helligkeitsunterschiede bei Transiten zu bestimmen. Mehr Licht sammeln. Im Mai erfolgte in der chilenischen Atacamawüste die Grundsteinlegung für ein Teleskop mit 39 Metern Durchmesser. Die derzeit größten Teleskope liegen in der 10-Meter-Klasse. Das E(xtremely) L(arge) T(telescope) wird am Cerro Armazones in 3060 Meter Seehöhe gebaut und wird 15 Mal mehr Licht sammeln können. Das ELT soll 2024 betriebsbereit sein und wird Planetenatmos­ phären um ferne Sterne auf Anzeichen von Leben analysieren.