Zitiervorschlag: Seiz, G., Foppa, N., 2007. Nationales Klima-Beobachtungssystem (GCOS Schweiz). Publikation des Bundesamtes für Meteorologie und Klimatologie, MeteoSchweiz und ProClim, 92 S. 2.12 Aerosole Aerosole beeinflussen die Atmosphäre durch ihre direkten und indirekten Effekte. Die Grössenordnung dieser Effekte bezüglich Erwärmung bzw. Abkühlung ist nach wie vor eine der grössten Unsicherheiten in den Klimamodellen. Aerosole werden vom Menschen eingeatmet und können einen negativen Einfluss auf die Gesundheit haben. Messungen Schweiz § 36 Gesetzliche Grundlagen Die Schweiz ist Mitglied der Weltorganisation für Meteorologie WMO ( SR 0.429.01) und beteiligt sich gemäss Bundesratsbeschluss vom 25. November 1994 am Global Atmosphere Watch ( GAW ) Programm der WMO. Das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz ist als federführendes Bundesamt betreffend WMO für das GAW Programm zuständig. Die Grenzwerte für anthropogene Aerosole sind zudem in den gesetzlichen Grundlagen betreffend Luftfremdstoffe (‡ 2.11 Luftfremdstoffe) festgehalten. Im Rahmen des Schweizer Beitrags zum GAW Programm werden an der High Altitude Research Station Jungfraujoch ( HFSJ ) kontinuierliche Aerosol- Messungen durch das Paul Scherrer Institut ( PSI ), im Auftrag der MeteoSchweiz, durchgeführt. Zu den gemessenen AerosolParametern gehören die Streu-, Rückstreuund Absorptions-Koeffizienten bei verschiedenen Wellenlängen, sowie die Anzahlkonzentration, Massenkonzentration ( TSP : Total Suspended Particle, PM10 : Particulate Matter < 10 µm, PM1: Particulate Matter < 1 µm ) und die grössenaufgelöste chemische Zusammensetzung. Ein Teil der Aerosol-Messungen auf dem Jungfraujoch ( TSP, PM10 ) wird im Rahmen des NABEL (‡ 2.11 Luftfremdstoffe ) durchgeführt. Zudem wird an den 4 CHARMStationen (‡ 2.5 Strahlung ) mit Sonnenphotometern die Aerosol-Optische Dicke ( AOD ) gemessen. Eine weitere Stationskategorie stellen die AErosol RObotic NETwork ( AERONET ) Stationen dar. Das AERONET Programm wurde gemeinsam von der NASA und dem Centre National de la Recherche Scientifique ( CNRS ) etabliert und koordiniert heute ein Set von ca. 400 bodengestützten Aerosol-Fernerkundungstationen (bestehend aus identischen, automatischen, in unterschiedlichen Spektralbereichen messenden Photometern ), welche von nationalen Ämtern, Forschungsanstalten oder Hochschulen betreut werden. In der Schweiz gibt es 2 AERONET Stationen, Lägeren (seit 2003; betreut durch die Universität Bern ) und Davos ( seit 2005 ; betreut durch das PMOD / WRC ). Die ETH Lausanne ( EPFL ) und die Universität Neuchâtel beteiligen sich an den Messungen des Europäischen Lidar Netzwerkes EARLINET im Rahmen des bodengestützten AerosolMonitorings. Zitiervorschlag: Seiz, G., Foppa, N., 2007. Nationales Klima-Beobachtungssystem (GCOS Schweiz). Publikation des Bundesamtes für Meteorologie und Klimatologie, MeteoSchweiz und ProClim, 92 S. Lange Reihen und ihre Bedeutung Die TSP-Massenkonzentration wurde auf dem Jungfraujoch seit 1973 kontinuierlich im Rahmen der NABEL-Messungen ermittelt. Im Jahre 2006 sind diese Messungen durch PM10-Konzentrationsmessungen abgelöst worden. Das PSI führt seit 1988 kontinuierliche Messungen von Aerosol-Kenngrössen auf dem Jungfraujoch durch. Als erste Messgrösse wurde vom PSI ab Messbeginn im Jahre 1988 die Oberflächenkonzentration der Aerosolpartikel bestimmt. Die Messungen durch das PSI wurden im Jahre 1995 auf alle anderen optischen Parameter erweitert und in das GAW Programm integriert. Die chemische Zusammensetzung wird zudem seit 1998 gemessen. In Europa hat sich der Ausstoss anthropogener Aerosole über die letzten zwei Jahrzehnte aufgrund verbesserter Kontrollen der Luftreinhaltung verringert. Hingegen ist gegenwärtig eine Stabilisierung oder Zunahme der Feinstaubkonzentration zu beobachten. Aerosol-Lichtstreukoeffizient Jungfraujoch 1995 – 2006 Die Trendanalyse zeigt, dass die Zunahme 10-5 −5 des Streukoeffizienten ( monatliche Werte in 10 schwarz ) in der Periode September- Dezember (grün) am grössten ist, obwohl sich die Station Jungfraujoch in dieser Zeit meistens in der frei- Streukoeffizient [m-1] en Troposphäre befindet. In den Sommermonaten Juni-August ( blau ) sind die Messungen hingegen stark durch die planetare Grenzschicht beeinflusst. Es kann aber kein statistisch signifikanter Trend festgestellt werden. Die Zunahme der optischen Eigenschaften von Aerosolen im 10-6 −6 Herbst kann entweder mit einer Zunahme des 10 Einflusses der Grenzschicht-Luftmassen oder mit atmosphärische beobachtungen Streukoeffizient in m-1 einem weiträumigen Transport aus Gebieten mit zunehmender Luftverschmutzung zusammenhängen (Collaud Coen et al., 2007). Jan96 Jan96 Jan98 Jan98 Jan00 Jan00 Jan02 Jan02 Jan04 Jan04 Jan06 Jan06 Internationale Einbettung Wichtigste Aerosol-Messstationen. Rot: Jungfraujoch ( GAW, CHARM ); blau: Lägeren ( AERONET ), Davos ( AERONET, CHARM ), Payerne ( CHARM ), Locarno-Monti ( CHARM ). Passive Satellitenmessungen von AVHRR ( auf NOAA, Metop), SEVIRI ( auf Meteosat Second Generation), MERIS (auf Envisat ), MODIS und MISR ( auf Terra), sowie die neuesten aktiven Satellitenmessungen von CALIPSO (Lidar) und CLOUDSAT ( Wolkenradar ) liefern wertvolle ergänzende Aerosol-Daten ( u. a. AOD ). Seit 2006 ist das Jungfraujoch eine von total 25 globalen GAW Stationen weltweit. Die AerosolMessungen vom Jungfraujoch werden somit regelmässig an das World Data Centre for Aerosols WDCA am Joint Research Centre (JRC) in Ispra (I) geliefert. Zudem werden die Daten im Rahmen des EMEP (European Monitoring and Evaluation Programme) an das Chemical Coordinating Center am norwegischen Institut für Luftforschung (NILU) in Lillestrom geliefert. Wichtige internationale Partner für die kon- tinuierlichen Aerosol-Messungen des PSI auf dem Jungfraujoch sind das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR (Aerosol Absorptionskoeffizient), NOAA, Boulder (Aerosol Streukoeffizient) und TERA Environment (chemische Analyse). Daneben werden laufend Messkampagnen an der Station durchgeführt, insbesondere auch zur Erforschung der Interaktion der Aerosolpartikel mit den Wolken. Die Monitoring- und Forschungsaktivitäten sind in verschiedene laufende EU-Projekte (u.a. ACCENT, EUSAAR, GEOMON) eingebettet. Ressourcenbedarf Der Betrieb der Aerosol - Messungen auf dem Jungfraujoch ist über das Schweizer GAW Programm gesichert. Die AERONET-Messungen auf der Lägeren und in Davos sind über die Universität Bern bzw. das PMOD / WRC sichergestellt. 37 http://www.meteoschweiz.ch/web/de/klima/klimabeobachtungen/GAW_CH_Allg.html