Karlsruher Institut für Technologie Institut für Theorie der Kondensierten Materie Moderne Theoretische Physik III (Theorie F – Statistische Mechanik) SS 17 Musterlösung: Blatt 8 Besprechung: 16.06.2017 Prof. Dr. Alexander Mirlin PD Dr. Igor Gornyi, Janina Klier 1. Bose-Gas in der Nähe der Kondensationstemperatur: (10+10=20 Punkte) Betrachten Sie ein ideales Bose-Gas bei festgehaltener Dichte n in drei räumlichen Dimensionen. Das Bose-Gas kondensiert zu einem Bose-Einstein-Kondensat bei kritischer Temperatur Tc (n). (a) Bestimmen Sie das chemische Potential µ(T ) bei Temperaturen in der Nähe der Kondensationstemperatur: 0 < T − Tc (n) Tc (n). Hinweis: Zeigen Sie, dass für X zk p π(1 − z). 0 < 1 − z 1 gilt: g3/2 (z) = ' g (1) − 2 3/2 3/2 k k Lösung: Unser Startpunkt ist die folgende Gleichung aus der Vorlesung n= wobei s g3/2 (z) , λ3T 2π~2 , mkB T (1) z = eµ/kB T . (2) p g3/2 (z) ≈ g3/2 (1) − 2 π(1 − z) (3) λT = Wir benutzen zunächst und lösen die Gleichung für das chemische Potential µ(T ). Wir werden Gl. (3) später beweisen. Wir führen die Notation s µ 2π~2 δT = T − Tc (n), δz = 1 − z ≈ − , λc = (4) kB Tc (n) mkB Tc (n) ein. Wir entwickeln in der Nähe von T = Tc (n) n= 1 3 δT 1 1 √ g (1) + g (1) − 2 πδz 3/2 3/2 λ3c λ3c 2 Tc λ3c (5) und benutzen die Definition der kritischen Temperatur n= 1 g3/2 (1). λ3c (6) Wir finden 9 2 δz = g (1) 16π 3/2 δT Tc 2 . (7) Schließlich, 9kB (T − Tc )2 2 µ=− g3/2 (1). 16π Tc (8) Wir beweisen nun Gl. (3). Es ist nützlich zuerst die Integraldarstellung von g3/2 (z) zu zeigen. Diese lautet Z Z ∞ ∞ h i X dx −kx2 /2 dx 1 k X1 k −x2 /2 √ √ g3/2 (z) = z e = − ln 1 − e z z = k 3/2 k 2π 2π k=1 k=1 Daraus erhalten wir für die Differenz von g3/2 (z) − g3/2 (1) folgendes Z dx δz g3/2 (z) − g3/2 (1) = − √ ln 1 + x2 /2 e −1 2π (9) (10) Lasst uns dieses Integral im Detail betrachen. Wenn wir versuchen es in δz zu entwickeln, erhalten √ wir sofort eine Divergenz für kleine x. Dies zeigt uns, dass die Antwort sich wie δz verhält und das nicht analytische Verhalten aus Werten für kleine x entsteht. Wir können daher den Ausdruck für unter dem Integral für kleine x entwickeln und erhalten Z √ 2δz dx (11) g3/2 (z) − g3/2 (1) = − √ ln 1 + 2 = −2 πδz x 2π (b) Die Ableitung 0 c (T ) = 0 0 ∂cV ∂T V,N 0 hat bei Tc einen Sprung ∆c = c (Tc + 0) − c (Tc − 0). Berechnen Sie ∆c0 . Lösung: Vorlesung: 5kB kB T < Tc : µ = 0, S = g5/2 (1), 2λ3T 3 15kB V ∂S cV = T = S= g5/2 (1), ∂T V,N 2 4λ3T (12) (13) µ(n,T ) 3 V T > Tc : µ = µ(n, T ), U = kB T 3 g5/2 (z) , z(n, T ) = e kB T , (14) 2 λT ∂U 15kB V 3V µ 3V ∂µ cV = = g5/2 (z) − 3 g3/2 (z) + 3 g3/2 (z). (15) 3 ∂T V,N 4λT 2λT T 2λT ∂T Mit 9kB (T − Tc )2 2 µ(T ) ' − g3/2 (1) 16π Tc aus 1(a) erhalten wir für T = Tc + 0 µ (T − Tc )2 ∝ → 0, T T →Tc Tc2 (T − Tc ) ∂µ ∝ → 0, ∂T T →Tc Tc ∂ 2 µ 9kB 2 g (1). =− 2 ∂T T →Tc 8πTc 3/2 (16) (17) (18) Aus diesen Relationen folgt, dass wir für die Berechnung des Sprungs der Wärmekapazität nur Terme, die die 2. Ableitung des chemischen Potentials nach der Temperatur enthalten, da die restlichen Terme verschwinden. Damit folgt: 2 kB V n 3V ∂ µ 27 2 ∆c0 = =− g3/2 (1) . (19) g (z) 3/2 3 2 2λT ∂T 16π Tc T →Tc 2. Strahlungsdruck: (10 Punkte) In einen Hohlraum wird ein Körper eingebracht. Über Absorption und Wärmestrahlung bei der Temperatur T stellt sich ein Gleichgewicht zwischen dem Körper und den Photonen ein. Jedes Photon, das auf den Körper auftrifft, wird von dem Körper absorbiert (“idealer schwarzer Körper”) und überträgt seinen Impuls p~ auf ihn. Finden Sie den mittleren Impuls pro Flächenelement, der durch die absorbierten Photonen auf den Körper im Zeitinterval dt übertragen wird. Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem Strahlungsdruck P aus der Vorlesung. Lösung: Die Anzahl der Photonen mit dem totalen Wert für den Impuls in (k, k + dk) und dem Winkel zwischen dem Impuls und der z-Achse in (θ, θ + dθ) ist 2 × 2π sin θdθk 2 dk 1 1 3 βck (2π~) e − 1 (20) Für solch ein Photon ist die Geschwindigkeit vz = c cos θ und der Impuls kz ist k cos θ. Daher ist der Impuls, der durch das Oberflächenelemet dS der Wand übertragen wird, gegeben durch Z π/2 Z ∞ 1 1 2 dk 2 × 2π sin θk δpz = dSdt dθ × c cos θ × k cos θ (2π~)3 eβck − 1 0 0 Z Z ∞ 4 4 Z ∞ 1 k3 dSdtc π/2 dSdt 1 kB T 2 3 sin θ cos θdθ dkk βck dk k = 2 3 = 2 3 × × 4 2π ~ 0 e −1 2π ~ c 3 c e −1 0 0 4 4 4 2 dSdt 1 k T π 1 π (kB T )4 = 2 3 × × B4 = dSdt × × . (21) 2π ~ 3 c 15 2 45 (~c)3 Hier benutzen wir das Integral aus Aufgabe 3(a). Wir bemerken, dass dies genau die Hälfte der Antwort ist, die wir aus dem Ausdruck des Strahlungdruckes erwarten würden π 2 (kB T )4 P = . 45 (~c)3 (22) Der Grund ist, dass ein schwarzer Körper nicht nur Photonen absorbiert sondern auch emittiert. Daher kommt die zweite Hälfte das Strahlungsdruckes. 3. Phononen: (7+7+6=20 Punkte) (a) In dem Debye-Modell wird das Spektrum der akustischen Zweige ωkσ = ck bei einer gewissen endlichen Frequenz ωD abgebrochen. Berechnen Sie die Wärmekapazität der Phononen für das Debye-Modell in drei räumlichen Dimensionen (Polarization σ = 1, 2, 3) bei tiefenRTemperaturen, T ΘD , wobei ΘD = ~ωD /kB ∞ Debye-Temperatur ist. Hinweis: 0 dxx3 /(ex − 1) = π 4 /15. Lösung: Wir betrachten die Innere Energie. Die Grundzustandsenergie ist U0 = X ~ω~k,σ ~k,σ 2 . Es gilt dann also U − U0 Z ~ck V X ~c|k| = = d3 k β~ck β~ck 3 e −1 (2π) σ e −1 ~k,σ Z x V X (kB T )4 ∞ 3 dx x = 3 3 (2π) σ (~c) e −1 0 X V (kB T )4 = 3 4π (2π)3 (~c)3 = Z ∞ dx 0 x3 ex − 1 (kB T )4 π 4 π2 V V 3 4π = (kB T )4 (2π)3 (~c)3 15 10 (~c)3 Damit finden wir schließlich für die spezifische Wärme 3 2 2 kB T cV = V π k B ∝ T3 . 5 ~c (b) Zeigen Sie, dass im Limes hoher Temperaturen T ΘD die klassischen Resultate für die innere Energie (Gleichverteilungssatz) und die Wärmekapazität (DulongPetit-Gesetz) gelten. Lösung: Die Zustandssumme der unterscheidbaren Oszillatoren (µ = 0) lautet: ! ! 1 ∞ X Y X Y e−β~ωλ 2 −βEα −β~ωλ (nλ +1/2) , Z= e = e = 1 − e−β~ωλ α n =0 λ λ λ wobei λ = {~k, σ}. Innere Energie: 1 ∂Z ∂ ∂ X β~ωλ −β~ωλ U = − =− ln(Z) = − − − ln 1 − e . Z ∂β ∂β ∂β λ 2 Hochtemperaturlimes kB T ~ωD ⇒ eβ~ωλ ≈ 1 + β~ωλ : U= X ~ωλ λ 1 kB T + 2 ~ωλ = X λ h ~ω i 1 ~ωλ λ = 3N kB T 1 + O , kB T 1 + 2 kB T kB T | {z } 1 wobei N die Anzahl von Atomen ist. In führender Ordnung ist dies genau der Gleichverteilungssatz, der besagt, dass jeder Freiheitsgrad, der quadratisch in der Hamilton-Funktion auftritt mit (1/2)N kB T zur inneren Energie beiträgt. Die Wärmekapazität erhält man durch Ableiten nach T und wir finden cV = 3N kB . (Dulong-Petit-Gesetz). (c) Betrachten Sie nun einen Kristall in D räumlichen Dimensionen. Bestimmen Sie das führende Temperaturverhalten der Wärmekapazität der Phononen im Limes tiefer Temperaturen T → 0. Die explizite Berechnung des T -unabhängigen Koeffizienten ist nicht gefordert. Lösung: Im Grenzfall von T → 0 kommt der Hauptanteil der Wärmekapazität der Phononen von akustischen Phononen (der Anteil der optischen Phononen ist exponentiell unterdrückt). In D räumlichen Dimensionen gibt es D akustische Moden (σ = 1, . . . , D). Diese tragen alle zum Tieftemperaturverhalten von cV bei. Das thermodynamische Potential (mit k̂ = ~k/|k|) lautet: ! e−β~ωλ /2 Ω = −kB T ln ZG = −kB T ln Zλ = −kB T ln 1 − e−β~ωλ λ λ h i 1 X Z dD k X Z dD k −βcσ (k̂)|k| = kB T V ln 1 − e V cσ (k̂)|k| + (2π)D 2 σ (2π)D σ {z } | Y X Ω0 =konst(T ) D+1 = (kB T ) |{z} k̃=β|k| X σ Z ∞ V 0 k̃ D−1 dk̃ (2π)D Z h −cσ (k̂)k̃ dk̂ ln 1 − e i + Ω0 . (23) Daraus folgt: cV = −T ∂ 2Ω ∝ T D. ∂T 2 (24)