Institut für Mathematik Universität Würzburg Prof. Dr. Jörn Steuding Dr. Anna von Heusinger Frederike Rüppel Wintersemester 2012/13 02. Februar 2013 Lineare Algebra I - Lösungshinweise zur Klausur Aufgabe 1: (10 Punkte) Zeigen Sie durch vollständige Induktion, dass 1 0 ... 0 bn 0 1 . . . 0 bn−1 .. . .. .. = 1 − b c − . . . − b c . .. .. det . 2 2 n n . . . 0 0 ... 1 b2 cn cn−1 . . . c2 1 Hierbei sind b2 , . . . , bn , c2 , . . . , cn Elemente eines Körpers K. Lösungshinweise: Induktionsanfang: Sei n = 1. Dann ist det 1 = 1. Induktionsvorrausetzung: Die Behauptung gelte für ein n ∈ N. Induktionsschluss: Wir benutzen den Entwicklungssatz von Laplace. Demnach gilt 1 0 ... 0 bn 0 1 . . . 0 bn−1 .. . .. .. = .. .. det . . . . 0 0 ... 1 b2 cn cn−1 . . . c2 1 0 1 ... 0 1 . . . 0 bn−1 .. .. .. . . .. .. .. . .. . .. . . 1 · det . +(−1)n+1 bn det . 0 0 0 ... 1 ... 1 b2 cn cn−1 . . . c2 cn−1 . . . c2 1 Zur Berechnung der ersten Determinante verwendet man die Induktionsvorraussetzung. Um die zweite Determinante zu berechnen, tauscht man die erste Spalte mit der rechten so oft, bis die erste Spalte in der letzten Spalte steht, wodurch ein zusätzlicher Faktor von (−1)n−2 entsteht, also 1 0 ... 0 bn 0 1 . . . 0 bn−1 .. . .. .. = .. .. det . . . . 0 0 ... 1 b2 cn cn−1 . . . c2 1 1 0 ... 0 .. . .. .. . . .. 1 · (1 − b2 c2 − . . . − bn−1 cn−1 )+(−1)n+1 (−1)n−2 bn det . 0 ... 1 0 cn−1 cn−2 . . . cn Die letzte Determinante ist die Determinante einer unteren Dreiecksmatrix und daher 1 0 ... 0 .. . .. .. . . .. det . = cn . 0 ... 1 0 cn−1 cn−2 . . . cn Insgesamt ergibt sich also 1 0 ... 0 0 1 ... 0 .. . . .. . det . . .. . 0 0 ... 1 cn cn−1 . . . c2 bn bn−1 .. = (1 − b c − . . . − b 2n−1 bn · cn 2 2 n−1 cn−1 ) + (−1) . b2 1 = 1 − b2 c2 − . . . − bn−1 cn−1 − bn cn . Aufgabe 2: (2+2+2+2+2 Punkte) Geben Sie Beispiele an für a) eine nicht-kommutative Gruppe mit endlich vielen Elementen; b) ein lineares Gleichungssystem mit drei Gleichungen und drei Unbekannten, dessen Lösungsmenge eine Ebene im R3 ist; c) eine bijektive Abbildung f : V → V mit f (x) 6= x für alle x ∈ V , wobei V ein Vektorraum sei; d) Matrizen A 6= E, 0, sowie B 6= 0 mit A2 = A und B 2 = 0; e) einen unendlich-dimensionalen Vektorraum. Begründen Sie Ihre jeweiligen Antworten kurz. Lösungshinweise: a) Ein Beispiel ist die Gruppe der invertierbaren 2×2-Matrizen über dem Körper mit 2 Elementen, GL2 (F2 ), dort gilt 1 0 1 1 1 1 0 1 1 1 1 0 = 6= = 1 1 0 1 1 0 1 1 0 1 1 1 b) Das lineare Gleichungssystem x1 − x2 = 0 2x1 − 2x2 = 0 3x1 − 3x2 = 0 hat die Lösungsmenge L = {(x1 , x2 , x3 ) ∈ R3 | x1 = x2 }. Dies ist eine Ebene, da die zum Gleichungssystem zugehörige Matrix 1 −1 0 A = 2 −2 0 3 −3 0 den Rang 1 hat, nach Dimensionssatz somit dim Ker(A) = 2 ist. c) Ein Beispiel ist f : R → R, f (x) := x + 1. Diese Abbildung ist injektiv, da f (x1 ) = f (x2 ) ⇒ x1 + 1 = x2 + 1 ⇒ x1 = x2 , und surjektiv, da für y ∈ R beliebig x := y − 1 ∈ R und f (x) = y. 1 0 0 1 d) Beispiele sind A = ,B= 0 0 0 0 e) Der Vektorraum der Polynome über einem beliebigem Körper ist unendlichdimensional, eine Basis ist zum Beispiel {1, x, x2 , x3 , x4 , . . . }. Aufgabe 3: (6+4 Punkte) Es sei K ein Körper. a) Gegeben seien x, b ∈ K 2 . Bestimmen Sie die Menge M aller A ∈ K 2×2 , für die Ax = b gilt. b) Unter welchen Bedingungen an x und b ist die Menge M (aus a)) i) leer, ii) einelementig, iii) gleich K 2×2 ? Lösungshinweis Zur Lösung definieren wir fx : K 2×2 → K 2 , fx (A) := t xt A. Mit dieser Definition ist M = fx−1 (b), beziehungsweise, M ist die Lösungsmenge des linearen Gleichungssystems t xt A = t b. a) Ist x = 0, so ist M leer (falls b 6= 0) oder M = K 2×2 (falls b = 0). Sei x1 6= 0. Dann ist a11 a12 −1 −1 2×2 M = A= ∈K | a11 = x1 (b1 − a12 x2 ), a21 = x1 · (b2 − a22 x2 ) a21 a22 Für x1 = 0, x2 6= 0, gilt entsprechendes. b) i) M ist leer, falls Rang(t x) < Rang(t x, t b), das heißt, wenn x = 0 und b 6= 0 ist. ii) Die Lösungsmenge ist nie einelementig, da dim(Ker(fx )) = 4 − dim(Im(fx )) = 4 − 2 = 2 (iii) Die Lösungsmenge ist genau dann M = K 2×2 , wenn dim Kerfx = 4 ist und das Gleichungssystem lösbar ist. Dies ist der Fall, wenn dim Imfx = 0 und b = 0. Aufgabe 4: (2+2+3+3 Punkte) Seien V und W Vektorräume über einem Körper K. Beweisen oder widerlegen Sie: a) Die Vektoren v1 , . . . , vn ∈ V \ {0} sind genau dann linear unabhängig, wenn span(v1 ) + · · · + span(vn ) eine direkte Summe ist. b) Für Unterräume U1 , U2 , U3 von V gilt U1 ⊕ U2 = U1 ⊕ U3 ⇐⇒ U2 = U3 . c) Wenn es keine lineare Abbildung ψ : V → W gibt, die injektiv ist, so gilt dim V > dim W . d) Die Menge von Matrizen SO(n) := {A ∈ GLn (R) : At A = En , det A = 1} bildet mit der üblichen Matrizenmultiplikation eine Gruppe. Lösungshinweise: a) Die Aussage ist richtig! Wir haben zwei Richtungen zu zeigen: ⇒ Da v1 , . . . , vn linear unabhängig sind, bilden die n Vektoren eine Basis für span(v1 , . . . , vn ). Also gibt es laut Lemma 12.1 für jedes Element v ∈ span(v1 , . . . , vn ) eine eindeutige Darstellung n X v= λi v i i=1 bzgl. v1 , . . . , vn , d.h. jedes Element v ∈ span(v1 , . . . , vn ) besitzt eine eindeutige Dartstellung n X v= wi i=1 mit wi ∈ Wi := spanvi . Also bilden span(v1 ) + · · · + span(vn ) eine direkte Summe nach Satz 16.1.. ⇐ Sei span(v1 ) + · · · + span(vn ) eine direkte Summe. Dann folgt mit Satz 16.1, dass aus w1 + . . . + wn = 0 mit wi ∈ span(vi ), also wi = λi vi mit λi ∈ K, dass wi = 0 für 1 ≤ i ≤ n. Da vi ∈ V \ {0} folgt λi = 0 für alle 1 ≤ i ≤ n und somit sind die v1 , . . . , vn linear unabhängig. 1 0 b) Die Aussage ist falsch! Ein Geigenbeispiel ist: Sei U1 = span( ), U2 = span( ) und 0 1 1 U3 = span( ). Dann gilt U1 ⊕ U2 = R2 und U1 ⊕ U3 = R2 , aber U2 6= U3 . 1 c) Die Aussage ist richtig! Wir nehmen an, dass dim V ≤ dim W . Dann besitzt W einen Unterraum U mit Dimension dim(U ) = dim(V ). Dieser ist isomorph zu V . Somit gibt es eine injektive lineare Abbildung ψ : V → W mit ψ(V ) = U ⊆ W , was ein Widerspruch zur Voraussetzung ist. Somit gilt die Behauptung. d) Die Aussage ist richtig! (G0) Die Matrizenmultiplikation bildet eine Verknüpfung auf SO(n), da für A, B ∈ SO(n) gilt: (AB)t (AB) = (AB)(t B t A) = A(B t B)t A = At A = En und aufgrund der Multiplikativität der Determinante (det AB = det A · det B) gilt det(AB) = 1. (G1) Matrizenmultiplikation ist nach VL assoziativ. (G2) Das neutrale Element ist En . Offentlichtlich gilt En t En = En und det En = 1, also En ∈ SO(n). (G3) Das inverse Element zu A ist t A. Für t A gilt t At (t A) =t AA = En , da Inverse eindeutig sind. Zudem gilt 1 = det En = det At A = det A dett A = 1 · dett A aufgrund der Multiplikativität der Determinante. Also t A ∈ SO(n). Aufgabe 5: (4+3+3 Punkte) Sei F2 = {0, 1} der Körper mit zwei Elementen, A ∈ Fn×n und 2 fA : Fn2 → Fn2 , x 7→ fA (x) := Ax. a) Beweisen Sie ausführlich: Es gilt genau dann det A 6= 0, wenn Im fA = Fn2 . b) Zeigen Sie: Es gibt natürliche Zahlen m 6= k mit Am = Ak . c) Charakterisieren Sie die A, für welche eine natürliche Zahl ` existiert, so dass fA` (x) = x für alle x ∈ Fn2 gilt. (Hierbei ist fA0 := id, fA1 := fA und f m+1 := f ◦ f m für m = 1, 2, . . ..) Lösungshinweise: a) det A 6= 0 impliziert die universelle Lösbarkeit des LGSs AX = b durch x = A−1 b, woraus Im fA = Fn2 folgt. Hingegen ergibt sich aus det A = 0 sofort Rang A = Rang fA < n, womit Im fA eine echte Teilmenge von Fn2 ist. 2 b) Die Einträge von A = (αij ) ∈ Fn×n sind 0 oder 1, womit die Menge F2n×n insgesamt 2n 2 Elemente besitzt, also endlich ist. Unter den unendlich vielen Potenzen Am müssen also Wiederholungen auftreten, d.h. es gibt eine natürliche Zahl k mit Am = Ak . c) Gilt det A = 0, so ist nach i) das Bild von fA und damit erst recht von fAm für jedes m = 1, 2, . . . eine echte Teilmenge von Fn2 . Beachte hierbei: fAm (x) = Am x. Hingegen folgt aus det A 6= 0 die Invertierbarkeit von A. Nach ii) besteht Ak+` = Ak (mit m = k + `) für natürliche Zahlen k, `, so dass k-fache Multiplikation mit dem Inversen A−1 auf A` = A0 = E führt. Dies zeigt fA` (x) = x für alle x ∈ Fn2 . Aufgabe 6: (4+6 Punkte) Es sei t ∈ R und die Matrix A gegeben durch t A = −1 0 0 t −1 t 1 . 0 a) Berechnen Sie die Determinante von A in Abhängigkeit von t. Für welche t ∈ R ist A invertierbar? b) Berechnen Sie für alle t ∈ R, für die dies möglich ist, die Inverse A−1 . Lösungshinweise: a) Mit der Regel von Sarrus ergibt sich für die Determinante det(A) = t2 · 0 + 0 · 1 + t · (−1)2 − 0 · t2 − (−1) · 1 · t − 0 · (−1) = 2t. (2 Punkte) Die Matrix ist für alle t ∈ R \ {0} invertierbar (2 Punkte). b) Berechnung der Inversen mit Zeilenumformungen: 1 t 0 t −1 t 1 0 0 0 −1 0 1 1 0 1 t −1 t 1 0 0 −1 0 0 1 1 0 1 t 0 t 2 1 t 0 −1 0 0 1 1 0 1 t 0 1 2 12 t t 1 0 0 2t 2 t1 1 0 1 t 0 1 0 0 1 0 0 1 2t 1 1 0 0 2t 0 1 0 0 1 0 0 1 2t 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 1 t 1 t 0 0 1 2 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 −1 − 21 0 1 2 t 2 − 2t −1 . t 2