Tabor Magazin 45

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Bethlehem und
Golgatha
Wiege des Christentums
Briefe durch die Mauer
A U S G A B E 45
AUSGABE 43
MAUERN ABBAUEN – BRÜCKEN BAUEN !
von sehr viel Herzlichkeit und Offenheit. Es freut uns sehr, dass Weihbischof Haßlberger uns im nächsten Jahr
noch einmal besuchen will und dann
auch noch mit etwas mehr Zeit.
Christen leiten die Kirche. Christen
leben in Ordensgemeinschaften, in
Familien, in geistlichen Gemeinschaften. Christen sind da zu finden, wo
Menschen in Not sind und Christen
sind Menschen, die wie alle anderen
auch selbst in Not geraten können.
Christen sind nicht nur hauptamtliche
oder ehrenamtliche Seelsorger in Gefängnissen oder anderen sozialen
Brennpunkten.
Christen sind auch selbst im Gefängnis, auch als Gefangene.
Liebe Mitglieder,
Freunde und Förderer
des Tabor e.V.
Viele der Christen im Gefängnis hatten
vor ihrer Inhaftierung ihren Glauben
vergessen oder vernachlässigt. Einige
waren vor ihrer Inhaftierung noch gar
keine Christen und haben Gott erst im
Gefängnis gefunden, da sie an diesem
Ort erst angefangen haben, nach Gott
zu fragen. Manche sind auch nur für
die Zeit der Not Christen und wenn es
ihnen gut geht, ist Gott wieder vergessen.
In diesem Magazin erfahren wir von
den verschiedensten Menschen, warum sie Christen sind.
Wir freuen uns sehr über alle Beiträge.
und wie immer über die Offenheit, in
der sie geschrieben sind.
Ganz besonders freue ich mich, dass
dieses Jahr, durch die Vermittlung von
Josef Six ein persönlicher Kontakt zu
Herrn Weihbischof Dr. Haßlberger
entstanden ist. (Siehe S. 14 ff) Wir hatten eine sehr schöne Begegnung mit
dem Herrn Weihbischof in unserer
Wohngemeinschaft in Maria Altenburg.
Der Besuch fand im Rahmen einer
Pfarrvisitation statt und konnte deswegen nicht länger als eine Stunde sein.
Diese Begegnung war aber geprägt
In unserem Magazin finden sich Berichte von Menschen im Gefängnis, die
Gott suchen, um Ihn ringen und die Ihn
für sich schon gefunden haben. Wir
berichten von Menschen, die auch
nach ihrer Entlassung, am Ende der
Not, noch bei Gott und dem Glauben
an Ihn geblieben sind.
Für mich selbst ist der christliche Glaube und somit die Nachfolge Jesu das
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Wichtigste in meinem Leben. Dennoch
finde ich es manchmal schwierig, öffentlich mit dem Bekenntnis: ‚Ich bin
Christ!’ aufzutreten. Wer sich zu Christus bekennt, wird mit anderen Maßstäben gemessen: z.B. ‚Ein Christ geht
offen in einen Konflikt!? … Darf er das
oder muss er nicht lieb, freundlich, immer nachgiebig und demütig sein?’
Es kann einem Menschen, einer Gemeinschaft, einer guten Sache auch
schaden, wenn man zu lange (passiv)
schweigt.
In Liebe zu handeln bedeutet auch,
konsequent zu sein und die Konsequenzen für sich selber auszuhalten.
Dann kann niemand mehr sagen: „Das
ist aber nicht christlich!“
In diesem Jahr hatten wir sehr viele
Konflikte, an sehr vielen Ecken. Es war
und ist anstrengend und ich frage mich
jedes Mal, wie ich mich als Christ in
diesen Konflikten verhalten soll.
Ich habe mit vielen verschiedenen
Menschen, Christen, darüber gesprochen und alle haben mich ermutigt, in
die Offensive zu gehen.
So wünsche ich uns Christen den Mut,
unsere Position einzunehmen, zu vertreten und dafür auch zu kämpfen,
wenn es sein muss bis zum Äußersten.
In diesem Sinne ein gesegnetes
und heilsames Weihnachtsfest
und ein gesundes neues Jahr!
Eure Ingrid
Vorsitzende des Tabor e.V.
Ich habe erkannt, dass etwas, das ich
bisher für christliches Handeln gehalten
habe (nachgeben, den Mund halten,
nichts sagen, Verleumdungen ertragen,
schweigen wie Jesus vor Pilatus etc.),
nicht immer einer christlichen Haltung
entspricht. Im Gegenteil: Der Hintergrund für solches Handeln kann auch
Konfliktscheu oder Feigheit sein. Ein
Pater hat mir bei der Beichte gesagt,
dass Jesus sehr zornig werden konnte,
dass er sich getraut hat, den Leuten die
Wahrheit zu sagen, die er sieht und
dass er die Händler aus dem Tempel
geschmissen hat.
So bedeutet Christ sein auch, sich der
Auseinandersetzung zu stellen, nicht
alles einfach hinzunehmen, für eine
gute Sache eventuell auch den guten
Ruf zu verlieren … Jesus hatte den
Mut zu kämpfen und er redete den
Menschen nicht nach dem Mund.
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rekt, beurteilen zu können, was eine
verständliche und vernünftige Begründung ist und was nicht.
Warum ich
Hat etwas, das mir heilig ist, nur dann
Wert, wenn ich es auch allgemeinverständlich und logisch rechtfertigen
kann? Ist das Glück eines Kindes, die
Trauer um Tod, die aberwitzige Schönheit und Vielfalt der Natur, sind die
Schmetterlinge im Bauch von Liebenden nicht etwas, was zutiefst einfach
da ist? Ich versuche deshalb nicht,
mein Christsein so lange in erklärbare
Stückchen zu sezieren, bis andere
dann sagen können: Ach so ist das, ja,
dann habe ich das verstanden und
kann es auch so machen.
Christsein muss man wollen, mit allem
danach streben, es leben und erleben.
Und ich will bewusst offenlassen, was
ich schreiben würde, wenn ich als Muslim, Atheist oder sonst wie leben würde.
Christ bin
Gäbe es Jesus nicht, müsste man Ihn
dringend erfinden. Erführe ich aber,
dass Er eine Erfindung war, ich würde
sagen: Wohlgetan – und weiter Christ
bleiben!
44 Jahre hatte ich mir Zeit gelassen –
leider – bevor ich mich aus freien Stücken entschied, mich taufen zu lassen.
Und um es gleich vorwegzunehmen:
Nach allem, was ich an Gottes Willen in
meinem Leben spüre, bin ich im Herzen Christ, also ein Mensch, der in der
Nachfolge Christi zu seinem Gott unterwegs ist – mit all meiner Fehlerhaftigkeit und Schuld.
Wenn es um Fragen des Lebens geht
und nicht um Wissenschaft, mag ich
diese typisch menschliche ,W-Frage‘
nicht, das „Warum“. Sie will die Dinge
einfach machen, möglichst eindimensional, und der Fragende behauptet indi-
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Zu sehr hatte mich der unsägliche
Zwist zwischen Katholiken und Protestanten und die Verlogenheit von
Menschen abgeschreckt, die sich
Christ oder gar Geistliche nennen, die
aber vorsätzlich unchristlich handeln.
Fragen‘ zu stellen: Warum musste das
geschehen? Was soll ich tun oder lassen? Wer liebt mich? Was bin ich? Wie
soll es nur weitergehen?
Meinen konfessionsverschiedenen
Eltern und auch mir blieb wegen solcher Scheinheiligkeit eine kirchliche
Trauung verwehrt und in den Herkunftsfamilien meiner Eltern herrschte
nur gegenseitige, eisige Ablehnung –
und das sogar im Haus eines Prof. Dr.
Dr. der Theologie.
Und hier, aber auch erst am Tiefpunkt
meines Lebens, trat Jesus Christus in
mein Bewusstsein. Ich hatte als letzten
Ausweg begonnen gehabt, einfach zu
Gott zu reden, Ihm alles hinzulegen,
hatte meine Machtlosigkeit eingestanden. Gott, wie ich Ihn verstand, war zur
letzten Bezugsgröße, zum letzten verlässlichen Halt für mich geworden – ich
habe Ihn da wohl zum ersten Mal wirklich ernst genommen, einfach weil die
Not zu groß geworden war.
Aber seit ich mich zurückerinnern kann,
habe ich immer an Gott geglaubt als
die höchste Macht, die alles erschaffen
hat, alles weiß und alles vermag. Zu
diesem Gott hatte und habe ich ein
kindliches Urvertrauen, wie nicht einmal zu meinen Eltern. Dieser Gott ist
für mich schon immer ein Vater im besten Sinne gewesen, der alle Anlagen in
mich gelegt hat und zu dem ich kommen darf, wann und womit ich will.
Dass ich das einen Großteil meines
Lebens verdrängt und nicht getan habe, hat daran nichts geändert – ich
weiß heute, dass ich zu jeder Zeit und
auch mit jeder Schuld auf Ihn zugehen
darf und dass Er mich annehmen und
heilend in mein Leben hineinwirken will.
Das habe ich immer wieder erlebt, insbesondere seit ich aufgrund meines
Verbrechens im Freiheitsentzug leben
muss.
Seit dieser Zeit durfte ich plötzlich ohne
eigenes Zutun – und erst recht, ohne
es „verdient“ zu haben – die Nächstenliebe von fremden Menschen (christlichen Seelsorgern) kennenlernen, die
Barmherzigkeit echter Freunde und
auch die Annahme durch eine christliche Selbsthilfegruppe der EMMAUSBewegung erfahren.
Als ich dann zaghaft begann, erstmals
wirklich in der Heiligen Schrift zu suchen, erlebte ich, wie sehr sie Lebenshilfe und zugleich auch Maßstab für
An Gott gewendet hatte ich mich zuvor
nur, wenn es mir sehr schlecht ging
und ich dann begann, diese fatalen ,W-
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meine Entscheidungen sein kann,
wenn ich es zulasse.
in meinem Verstehen nur einer, der
Mensch und Gott zugleich ist.
Sie schenkt mir die Bilder, die ich brauche, wenn mich diese W-Fragen quälen. Und in ihr fand ich alles wieder,
was mir tatsächlich an Gutem von Gott
und Mensch nach meinem Zerbruch
widerfahren ist – alles stand schon
geschrieben.
Lachender Jesus v. Br.Martins OFM
Ich bin derselbe geblieben, klar, aber
die Beziehung, die ich zu Ihm verspürte, als ich zu glauben begann, gab mir
das Gefühl, mein wirkliches Leben
noch einmal ganz von vorne anfangen
zu dürfen - bedingungslos.
Das strahlendste Bild aber, bei dem es
für mich sofort außer Zweifel stand,
dass es die Wahrheit, der Weg und das
Leben ist, habe ich in Jesus gefunden
und in Seinem Weg unter uns. Seine
Radikalität im Gerechtsein, Seine Freiheit zum Anderssein und Seine gelebte
Liebe zu Gott und zu den Geringsten,
denen vom Rand der Gesellschaft,
haben mich überwältigt, begeistert und
erfüllt. Er ist Hoffnung, ist mir ein Gegenüber zum Anfassen geworden, zugleich Herr und Bruder, einer, der mich
um meiner selbst willen liebt. Das kann
Je weiter ich mich auf Ihn einließ, desto
mehr erkannte ich, dass Er im wahrsten Sinne des Wortes die fleischgewordene Antwort Gottes ist, wie dieser sich
gelingendes und erfülltes Leben und
Miteinander für die Welt wünscht.
Mit Jesus hat Er uns eine unermessliche Liebe in die Welt gebracht und ans
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Herz gelegt, und zwar eine, die ich
tatsächlich spüre und jeden Tag erlebe
– als Liebe von und zu meinem Nächsten, als Liebe zwischen Gott und mir,
und wie ich auch mich selbst lieben
darf und soll, trotz meiner Fehler und
Schuld.
Damit wir diese Liebe erfahren dürfen
und damit sie nie endet, hat Gott Jesus
als Seinen Sohn Mensch werden lassen, Ihm all unsere Last und Schuld
aufgeladen und zusammen damit wieder zu sich genommen. Daran glaube
ich so gewiss, als wäre ich dabei gewesen, und ich erlebe es so.
Wie schlimm waren die Phasen meines
Lebens, in denen ich dieses Bild, dieses Licht nicht in mir hatte – und wie
wunderbar sind diese Momente, in denen ich ab und zu glaube, so zu handeln, wie es mir Jesus vorgelebt hat.
Marcel
JVA München
Haftstrafe: Lebenslänglich wegen Mordes; seit
neun Jahren in Haft, engagiert sich mit sehr viel
Herzblut in der katholischen Kirche in Stadelheim als Mesner, im Kirchenchor, in der Emmausgruppenarbeit und in „SET-FREE Das
Netzwerk für Gefangene“
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es zu diesem Schritt der Firmung im
Knast?
D: (Dietrich schmunzelt) ...Nun ja, wie
du richtig bemerkt hast, ich war einige
Monate in Stadelheim wegen eines
Betrugsdeliktes inhaftiert. Es ist schon
eine ganze Zeit her, aber bis heute ist
mir diese sehr einschneidende Erfahrung noch gut in Erinnerung. Es war ein
echter Schnitt, mehr: ein totaler Riss,
der da mein bisheriges Leben durchzog
und von einer absolut ungewissen Zukunft trennte...
Es war aber auch eine Zeit der Selbstfindung. So seltsam das klingen mag:
Ich habe die Zeit damals auch als
Chance verstanden. Eine Chance, endlich wirklich etwas zu verändern, endlich Ordnung zu schaffen in meinem
Leben.
Heimkehr zu den
katholischen Wurzeln
- Ein Interview -
Zunächst dachte ich, dass ich gänzlich
alleine bin, war kraftlos, traumatisiert.
Ich hatte alles an materiellen Gütern
verloren, meine Familie schien für immer zerrüttet zu sein. Nur meinen
Glauben hatte ich noch, und in all der
ganzen Hoffnungslosigkeit strahlte dieser als letztes Licht immer heller: Ich
setzte mich wieder intensiv mit meinen
religiösen Wurzeln, vor allem jedoch
mit Gott, Christus auseinander. Ich
betete, anfangs noch nicht einmal für
mich - das wagte ich nicht - umso mehr
für meine Familie.
Dietrich (Name geändert) wurde als
Kind katholisch erzogen und ist mit
zehn Jahren mit seiner Familie aus der
Kirche aus- und zu den Zeugen Jehovas übergetreten. Als Jugendlicher
hatte er in Indien Berührung mit Hinduismus und Buddhismus, auch mit
dämonischen Praktiken. Während seiner Haft in der JVA Stadelheim fand er
zum christlichen Glauben zurück und
ließ sich firmen. Heute lebt er in der
Tabor-WG.
Red.: Lieber Dietrich, du hast einige
Monate in der JVA München Stadelheim in U-Haft verbracht. Du wurdest in
der Haft als Erwachsener gefirmt, hast
also im Gefängnis Deinen christlichen
Glauben gelebt und bekannt. Wie kam
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In mir wuchs von Tag zu Tag die Gewissheit, dass es nur eine Rettung für
mich und meine scheinbar ausweglose
Situation und mein ganzes in Trümmern liegendes Inneres gab. Diese
Rettung war die bedingungslose Entscheidung für Christus, seine unendliche Liebe und Verzeihung.
so nennen sich die wiedergetauften
Mitglieder dieser Sondergruppe, eigentlich eine ganz interessante Erfahrung.
Also auch für mich, als religiös erzogenes Kind. Es schien wirklich so, als ob
wir in die Gemeinschaft integriert seien,
ja eine bisher unbekannte Heimat gefunden hätten. Hier schien man den
Glauben wirklich ernst zu nehmen.
Red.: Und diese Entscheidung wolltest
Du im Sakrament der Firmung deutlich
machen und Dich von Gott bestärken
lassen?
Mehr noch: man traf sich mehrmals pro
Woche zu Bibelkreisen im Königreichsaal oder zu Hause bei der Predigtdienstschulung, welche von einem ‚Ältesten’ geleitet wurde. Doch nicht nur
das biblische Wissen (speziell über das
Alte Testament) wuchs, sondern mehr
und mehr auch ein sehr belastender,
übergroßer Druck:
Keine Frohe Botschaft, vielmehr eine
Drohbotschaft, gekennzeichnet vom
nahen Weltuntergang, Harmagedon,
der Vernichtung all dessen, was Jehova missfällt.
D.: Ja, genau, das wollte ich. Es war
mir ein zutiefst wichtiges Bedürfnis,
mein Leben in die Hand Gottes zu geben.
Der immer erhobene Zeigefinger, das
ewig drohende Damoklesschwert, das
wurde meiner Familie und mir gezeigt.
Letztlich würde der Zorn Gottes, wenn
wir uns nicht an die Auslegung der
Zeugen hielten, auch uns treffen …
Überwachung, Drohung, mehr und
mehr Lehr- und Predigtdienstaufträge,
Härte oder ein bedauerndes und absolut überhebliches ‚Von-oben-auf-unsHerabblicken’ war an der Tagesordnung. Meine Mutter konnte das nicht
mehr akzeptieren, auch meine Großmutter hielt das nicht mehr aus. Wir
zogen uns zurück und brachen jeglichen Kontakt ab.
Ich bin mir sicher, dass Gott selbst zu
dieser Zeit eingegriffen hat und uns von
Ich hatte die Firmung als Jugendlicher
nicht mehr empfangen, da meine gesamte Familie damals aus der Kirche
ausgetreten war. Ich muss so zehn
Jahre gewesen sein, als meine Großmutter und Mutter sich den Zeugen
Jehovas, einer recht totalitären Sekte,
angenähert hatten.
Anfangs war der Kontakt zu den so
genannten Brüdern und Schwestern,
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den Fesseln dieser obskuren Gemeinschaft befreite.
gener und den Seelsorgern vor dem
Altar in Stadelheim gefirmt. Ich weiß
noch, damals brach ich vor lauter Glück
und innerlich frei wie nie zuvor in Tränen aus…
Red.: Und was geschah dann mit dir in
Stadelheim?
D.: Nun ja: In Stadelheim lernte ich
Kirche, speziell die katholische, mit
Red.: Dietrich, Ich weiß, dass Du vor
Deiner Haft auch viel in anderen, asiatischen Religionen und Kulturen am
Suchen und Ausprobieren warst …
D.: (Dietrich blickt nachdenklich in die
Ferne) Stimmt, besonders das Vedentum, eine sehr alte, ursprüngliche Form
des heutigen so genannten Hinduismus, und der tibetische Buddhismus
beschäftigten mich besonders. Ich kam
so ca. mit 14 Jahren mit den beiden
Philosophien in Kontakt.
Besonders das Vedentum und seine
Vielzahl der teils Jahrtausende alten
Schriften, wie der Vedanta, der Mahabarata, Rigveda etc. wurden zum
Mittelpunkt meines spirituellen Lebens.
Ein Aufenthalt in Indien, die intensive
Beschäftigung mit Yoga, dem Ayurveda
wirklich interessierten und engagierten
Christen kennen, die eine für mich
gesunde Religiosität lebten. Mein aus
meiner Kindheit stammendes christlich-katholisches Gottesbild wurde
neuerlich bestärkt. Ich haderte jedoch
immer noch, manchmal – nein öfter auch heute noch - hinsichtlich der
Amtskirche (er zwinkert mit den Augen!). Aber das hielt mich letztlich
doch nicht ab, wieder ganz und
vollumfänglich zu Christus, Gott-Vater
und dem Hl. Geist ja zu sagen. Ich bat
also um Wiederaufnahme, wurde
schließlich auch aufgenommen und in
einer mir bis heute unvergesslichen
Zeremonie im Kreis einiger Mitgefan-
und letztlich auch dem tagtäglichen
Praktizieren des uralten, indischen
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Glaubens sowie der Speisen- und
Gebetsregeln kamen hinzu.
liebt, vergibt, aufrichtet und heilt. Ja,
Christus ist mein Leben, die Kirche,
bestehend aus gläubigen Menschen,
ist mein Zuhause.
In Indien ließ ich mich von einem wichtigen Svami überdies initiieren. Ich war
von da an ein Pujari (Tempeldiener
etwa zu vergleichen mit einem Diakon),
leitete selbst die Gottesdienste, selbst
einmal bei einem sehr wichtigen Hindufeiertag in einem Indischen Tempel
und, naja, war eigentlich so mit Gott,
mir und der Welt eine ganze Weile
recht zufrieden.
Mein Wissen über die vedischen
Schriften, die Geschichte Indiens und
seiner Bevölkerung wuchs stetig an.
Red.: Und so bist Du jetzt irgendwie
wieder zu Hause angekommen…
Danke, Dietrich, für Deinen offenen
Lebensbericht!
Aber ich ließ es nicht dabei bewenden, las nun auch verbotene Schriften, beschäftigte mich nicht so sehr
mit Göttlichem, sondern auch zunehmend mit der Kraft dämonischer Einflüsse. Letztlich, ich weiß, es klingt
furchtbar, opferte ich selbst Blut von
mir, um gewisse sehr gefährliche und
dunkle Kräfte scheinbar für mich gefügig zu machen. Oh Gott, wie
schrecklich ist das heute für mich in
der Rückschau!
Ich kann an dieser Stelle nur eindringlich alle Leser vor derartigen Praktiken warnen und möchte auch zukünftig helfen, dass sich Menschen, die
sich auf der religiösen Suche befinden, nicht selbst in derart okkulte und
wirklich lebensbedrohliche Situationen
bringen.
Heute habe ich Heimat bei Christus,
dem einzigen wirklichen Retter, wahrer Gott und wahrer Mensch. Er, der
unter uns war und immer sein wird; der
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seinen Glauben auch nach außen zu
bezeugen?
Martin: Es ist nicht gerade leicht, im
Gefängnis als Christ zu leben. Da
kommen öfter dumme Sprüche wie:
Weichei! Oder: Jetzt geht er wieder
beim Pfarrer schleimen! Aber oft auch
härtere Sprüche, die unter die Gürtellinie gehen, die ich hier nicht wiedergeben möchte. Man muss schon einen
starken Glauben haben, um sein
Christsein dort leben zu können.
Red: Was hat dir die Kraft gegeben,
trotz dieser dummen Sprüche und dem
Gruppendruck der Gefangenen deinen
Weg zu gehen?
Martin: Es waren wohl die Emmausgruppe und vor allem die ehrenamtlichen Mitarbeiter, die von draußen in die
Gefängnisse kommen, die mir den
Glauben vorlebten und das Gefühl gaben, dass ich trotz meiner Fehler und
Schwächen angenommen und geliebt
bin. Aber auch das Gebet, mein Vertrauen auf Gott und das Bewusstsein,
dass ich von Gott geliebt bin, haben mir
Mut und Kraft für diesen Weg gegeben.
Martin,
48, engagierte sich während seiner vier
Jahre Haft in München Stadelheim
aktiv in der sozial-christlichen EmmausGesprächsgruppe, seit dem 13. September entlassen lebt er jetzt in der
Tabor-WG, in Freiheit leitet er nun gemeinsam mit anderen die Emmausgruppe in St. Paul, jeden Freitag
19.00Uhr
Red.: Wie bist du mit dem Spott und
den Widerständen umgegangen?
Martin: Ich habe mich nicht darauf
eingelassen, sondern bin denjenigen
auch weiterhin freundlich begegnet,
hab sie gegrüßt und mich innerlich
auch manchmal für den Spott bedankt,
weil es mich dadurch einen Schritt näher zum Herrn gebracht hat. Manche
haben dann das Spotten gelassen.
Red.: Hallo Martin, nach vier Jahren
Haft in der JVA München Stadelheim
bist du nun wieder in Freiheit. Im Gefängnis hast Du aktiv als Christ gelebt,
in der dortigen Emmausgruppe leitend
mitgearbeitet und regelmäßig den
Sonntagsgottesdienst besucht. Wie ist
das: Im Gefängnis Christ zu sein und
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Red.: Wie haben denn eigentlich die
Beamten auf dein Engagement für den
Glauben in der Kirche reagiert?
abgeschlossen? Oder kann ‚Christsein’
für dich eine Lebensform sein? Wie
würde dies für dich aussehen?
Martin: Das war ganz unterschiedlich:
Meistens wurden mir Steine in den
Weg gelegt, wie miese Beurteilungen
bei Lockerungsanträgen, weil ich nicht
an der AA-Gruppe teilgenommen habe,
die die Institution für mich gut fand,
denn zeitgleich war die Emmausgruppe, die ich ja mitleitete.
Aber es gab auch Beamte, die meinen
Weg des Glaubens achteten und mich
von der Arbeit freistellten, um an Mitarbeitertreffen und Veranstaltungen von
Emmaus teilnehmen zu können.
Martin: Ich werde meinen begonnenen
Weg des Glaubens weitergehen, arbeite in der Emmausgruppe außerhalb
des Gefängnisses in München St. Paul
mit, engagiere mich bei Emmaus und
Set Free, kümmere mich gerade um
ein ‚Studium’ als Sozialarbeiter mit
Schwerpunkt ‚Drogenprävention’ , halte
Kontakt mit Entlassenen oder Leuten
im Maßregelvollzug, die ich aus der
Emmausgruppe in der JVA kenne …
Zum anderen lebe ich hier bei Tabor,
bete viel und vertiefe meinen Glauben.
Ich versuche möglichst nach der Bibel
zu leben und den Willen unseres Herrn
zu erfüllen. Und ich möchte auch gerne
etwas an andere Menschen weitergeben, was ich selbst im Gefängnis von
den Mitarbeitern geschenkt bekommen
habe.
Red.: Hast du erst im Gefängnis zum
christlichen Glauben gefunden oder
waren da schon Wurzeln in deiner Lebensgeschichte gelegt?
Martin: Ich komme aus einer christlichen Familie, bin auch so aufgewachsen. Im Laufe meiner Drogenkarriere
habe ich dann so mit 21 Jahren meinen
Glauben verloren. Hab dann vor ungefähr 14 Jahren nach meiner Therapie
wieder angefangen, nach einem Sinn
zu suchen und hab es auch immer
wieder im Glauben versucht; aber um
den richtigen Zugang zu bekommen,
musste ich wohl noch einmal vor vier
Jahren ins Gefängnis gehen. Da bekam ich durch die Emmausgruppe und
die ehrenamtlichen Mitarbeiter erst
wieder den richtigen Zugang zum
Glauben.
Red.: Danke, Martin, für das Interview
und Gottes Segen für deinen weiteren
Lebensweg!
Red.: Wie sieht deine Zukunftsperspektive aus? Ist dein christliches Engagement mit deiner Entlassung nun
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Ihrer Frau. Das ist m.E. beileibe nicht
selbstverständlich. Es war ein anregendes Gespräch sowie für mich eine
gute und wohltuende Atmosphäre.
Red.: Sie sagten im Gespräch bei Ihrem Besuch, dass Sie schon immer
einfach Seelsorger werden wollten.
Was ist für Sie christliche Seelsorge
gerade auch im Unterschied zu sozialem Engagement?
Weihbischof
Dr. Bernhard Haßlberger
Bischofsvikar der Seelsorgsregion Nord
des Erzbistums München und Freising
besuchte am 27.9.2010 die Tabor WG
und feierte die Wiedereröffnung der
Anstaltskirche in der JVA München
Stadelheim am 24. Oktober2010
Hier ein Interview mit ihm:
Weihbischof Haßlberger:
Für mich ist Seelsorge abgebildet in
der Emmaus-Geschichte am Ende des
Lukas-Evangeliums. Die zwei Jünger
gehen dahin – in diesem Fall traurig
und hoffnungslos. Jesus gesellt sich zu
ihnen, ohne dass sie das wissen. Jesus
lässt sie erzählen, was sie bedrückt.
Und dann tut er eigentlich nichts anderes, als ihre Situation von der Heiligen
Schrift her zu deuten.
Redaktion:
Sehr geehrter Herr Weihbischof Dr.
Bernhard Haßlberger!
Bei Ihrer Visitation in unserem Pfarrverband Moosach haben Sie auch unsere Tabor-Wohngemeinschaft für strafentlassene Menschen besucht. Was
waren Ihre Eindrücke?
Ich meine, dass hier in wunderbarer
Weise abgebildet ist, was Seelsorge für
uns bedeutet und bedeuten muss: Ein
aufmerksamer, guter Begleiter bzw.
Begleiterin für die Menschen, gerade
auch für die Bedrückten, sein. Das
Hinhören gehört wesentlich dazu.
Weihbischof Haßlberger:
Einmal habe ich es sehr beachtlich
gefunden, dass hier eine Reihe entlassene Strafgefangene wohnen, und
zwar in Gemeinschaft mit Ihnen und
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Aber wir haben auch eine Botschaft
auszurichten, nämlich das Leben im
Lichte Gottes deuten zu dürfen, den
Menschen vom Wort Gottes her Hoffnung zu geben und ihnen zu vermitteln,
dass Gott bei ihnen ist, sie annimmt
und wertschätzt, wie sie sind. Eine solche Begleitung drückt auch leibhaftig
aus, dass Gott – wie Jesus im Evangelium – mit den Menschen unterwegs ist.
Red.: Christliche Seelsorge an strafgefangenen und strafentlassenen Menschen: Ist das sinnvoll oder sollte sich
Kirche nicht eher um die Opfer kümmern?
Weihbischof Haßlberger:
Diese Frage, ob Seelsorge an strafgefangenen und strafentlassenen Menschen sinnvoll ist, stellt sich für mich
nicht. Alle Menschen – Täter oder Opfer – sind uns aufgetragen; sie alle sind
Kinder Gottes. Freilich gebe ich zu,
dass es wohl manches Mal nicht so
einfach ist, bei Tätern das auch noch
anzunehmen. Aber ich denke, das ist
vielleicht gerade das Mehr unseres
Glaubens gegenüber anderen Verhaltensweisen.
Red.: Das Thema dieses Tabor-Magazin lautet ja: ‚Warum ich (noch/noch
nicht/nicht mehr) Christ bin!’
Was ist für Sie persönlich am wichtigsten an der christlichen Religion?
Weihbischof Haßlberger:
Das Wichtigste an unserer Religion ist
für mich Jesus Christus. Er, der
menschgewordene Gottessohn, zeigt
uns Wesentliches vom Vater: einmal in
seinem Kreuz die übergroße Liebe
Gottes zu uns, zu allen Menschen, und
in der Auferstehung Jesu dürfen wir
Hoffnung haben – Hoffnung, die über
den Tod hinaus reicht. Von daher ist
Jesus Christus für mich, für unsere
Religion, unverzichtbar.
Red.: Wie könnte/sollte - als Vision –
christlicher Glaube in unserem Land in
Zukunft gelebt werden?
Weihbischof Haßlberger:
Einmal wird es für uns Christinnen und
Christen notwendig sein, wieder etwas
von dem Vertrauen zu Gott zurück zu
gewinnen, das die Kirche am Anfang
hatte: Vertrauen, dass ER in Jesus
Christus da ist und auch heute mitten
unter uns noch wirkt. Nicht wir müssen
alles selbst tun. Ich habe den Eindruck,
ein Großteil dieses Vertrauens ist uns
abhanden gekommen. Da wird es in
der Zukunft schon sehr darauf ankommen, unseren Glauben den Menschen
erfahren zu lassen, nicht nur darüber
zu reden, sondern auch die Erfahrung
zu vermitteln. Schließlich wird es darauf ankommen, dass wir die Liebe, die
ein Kernstück unseres Glaubens ist,
stärker leben. Das Erste ist die Liebe
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Gottes zu uns und zu allen; das Zweite
ist die Liebe untereinander. Ich glaube,
damit können wir in die Zukunft gehen
und einen Großteil der Menschen auch
gewinnen.
Ich suchte Liebe und fand
Gott, darum bin ich Christ!
Ulrike arbeitet seit fünf Jahren im Team
(s.u.) der Emmausgruppen in der JVA
München-Stadelheim als Ehrenamtliche mit. Sie ist als sehr kontaktfreudig
und menschenfreundlich bekannt und
beliebt.
Red.: Lieber Herr Weihbischof, ich
danke Ihnen für Ihre ermutigenden
Antworten und Ihr glaubwürdiges
Christsein.
* *
*
*
*
Bei uns in der Familie spielte der
christliche Glaube keine große Rolle.
Sicher, meine jüngere Schwester und
ich gingen gemeinsam zum Konfirmandenunterricht und erlebten danach die
Konfirmation. Es war ein Familienfest,
weiter nichts!
Das Erlebte gab mir nur die Überzeugung: Ein Christ wollte ich nicht werden. Ich habe damals Kirchgänger so
erlebt: weltfremd, unaufrichtig, komisch
gekleidet, süßlich lächelnd …
Nach einer 16monatigen Restaurie
Restaurierung wurde die Anstaltskirche „Maria, Trösterin der Betrübten“ in der
JVA München-Stadelheim am 24.
Oktober 2010 wiedereröffnet. Den
Gottesdienst feierte Weihbischof
Dr. Bernhard Haßlberger zusammen
mit Gefangenen und Bediensteten der
JVA, sowie einigen geladenen Gästen
von draußen. Wahrscheinlich erstmalig in Stadelheim wurde eine Orchestermesse (Credo-Messe v. W.A. Mozart) durch den Kirchenchor Miesbach unter Ltg. v. F. Hamberger aufgeführt
Mit 24 Jahren zog ich aus einer niedersächsischen Kleinstadt zum Arbeiten
nach Berlin, und begegnete dort der
‚großen, weiten Welt’ mit allen erdenklichen (Un-) Möglichkeiten. Ich war neu-
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gierig und offen für Neues. Vor allem
war ich stets auf der Suche nach Liebe.
Was ich aber erlebte, war alles andere,
als das, was ich mir so unter Liebe
vorstellte.
Mein Herz begann stärker zu pochen.
Nach der Predigt gab es einen Aufruf,
wer Gott besser kennen lernen wolle,
solle unten vor das Rednerpult kommen. Nichts hielt mich mehr auf meiner
Bank, jetzt wollte ich es genau wissen.
Wie ich all die Stufen hinunter gekommen bin, kann ich heute nicht mehr
sagen. Die Musik spielte, Tränen rannen mir übers Gesicht, ganz kindlich
einfach bat ich Gott, mich aufzunehmen, all inclusive – so wie ich war.
Mein altes Leben hatte ich bei Jesus
am Kreuz abgelegt. Und ganz tief drin
in mir spürte ich nun, ich war angekommen – zu Hause.
Im Sommer 1966 war in Berlin die
Weltevangelistenkonferenz. Viele Menschen aus den unterschiedlichsten
Ländern, gekleidet in ihren jeweiligen
Nationaltrachten, begegneten mir,
wenn ich über den Ku-Damm schlenderte. Das begeisterte mich! Da war
was los!
Auf einem Plakat, das ich am Bahnhof
Zoo entdeckte, stand, dass auch ein
bekannter amerikanischer Prediger
mehrere Tage im Sportpalast sprechen
würde. Ich hatte schon von ihm gehört,
und so wollte ich mir das ‚Spektakel’
mal ansehen.
In den folgenden Jahren lief nicht immer alles so ganz glatt nach dem Motto: Friede - Freude – Eierkuchen! In
meinem Glaubensleben gab es Höhen
und Tiefen. Alte Einstellungen und Haltungen hinderten mich an einem Leben
in der neuen Freiheit. Ich versuchte sie
abzulegen, nach und nach, auch durch
Therapien!
Tausende von Menschen waren gekommen. Ich bekam nur weit oben auf
einem Rang einen Platz. Der Prediger
wurde übersetzt; seine Worte waren
eindringlich und laut, als er über Gott
sprach. Ein einziger Gedanke blieb mir
hängen, als er davon sprach, dass Gott
die Menschen liebt, ganz speziell jeden
mit Namen kennt. …
Da war z. B. mein Minderwertigkeitskomplex: Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich eine wertvolle, wichtige
Person für eine Freundschaft sein
könnte. Voll Misstrauen bin ich in eine
Beziehung hinein, und bei dem kleinsten Stress habe ich alle ‚Schuld’ auf
mich genommen und war voll mit mir
beschäftigt. So ist das aber keine Basis
für eine stabile Freundschaft. Lieblosigkeit, Unversöhnlichkeit, Kritik, Groll
und Verbitterung haben dann das Ihre
zur Verwirrung des Miteinanders beigetragen.
Nicht zu fassen … also auch mich, die
Ulrike???
Unglaublich, ja das fuhr mir durch alle
Glieder und traf mich mitten ins Herz!
Wenn das stimmt, dann hätte ich ja
gefunden, wonach ich so auf der Suche
war! Diese ehrliche, aufrichtige Liebe,
ohne Vorbedingungen, die mich speziell meint – mich, die Ulrike!
17
Eine Hilfe, um aus diesem Teufelskreis
herauszukommen, war für mich immer
wieder ein Gespräch mit einer Vertrauensperson, die mir hilft, das Wirrwarr
der Gedanken und Gefühle zu lösen
und wenn nötig, meine Schuld dabei zu
erkennen und Jesus zu bekennen.
sprechen und wenn möglich klären.) An
Gottes hilfreicher Rechten gehe ich
getrost und dankbar meinen Weg und
bin neugierig auf die Zukunft. Halleluja!
Eure Uli
So wie Jesus sagt (Mt 11,28f):
‚Kommt alle zu mir, die ihr
euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde
euch Ruhe verschaffen.
Nehmt mein Joch auf euch
und lernt von mir; … so werdet ihr Ruhe finden für eure
Seele.’
Immer wenn ich so zu Ihm
komme und meine Last ablege, Vergebung zugesprochen
bekomme, kann ich wieder
frei mit dem neu Erkannten
meinen Lebensweg weitergehen, einsam aber auch gemeinsam. Dabei habe ich den Schutz von Gott Vater, gehe
mit Jesus als Bruder und dem Hl. Geist
als Fürsprecher und Berater. Durch
diesen ‚Drei in einem Gott’ werde ich in
meinem Glaubensleben geführt und
geleitet. Hoffnung und Trost erlebe ich
gerade auch in Krankheit oder Zeiten
der Depression.
Mitarbeiterteam Emmausgruppe
München Stadelheim
Eines kann ich heute sagen, dass ich
an diesem Gott nie gezweifelt habe,
auch wenn es Zeiten gab, wo ich mich
schwach fühlte und mir mein Leben
anders gewünscht hätte.
Gott sagt:
‚Ich wäre zu erreichen gewesen für die, die nicht nach mir
fragten, ich wäre zu finden
gewesen für die, die nicht
nach mir suchten.’ Jesaja 65,1:
Heute lebe ich ausgesöhnt mit mir und
meinen Mitmenschen (und wenn es
Stress gibt, kann ich es schneller an-
18
Mit neun Jahren bin ich dann am Grab
meiner leiblichen Mutter zusammengebrochen. Unter Tränen bat ich: „Jesus,
Bitte, lass mich
nie wieder los!
Mein Vertrauen auf Jesus lässt mich
am christlichen Glauben festhalten.
Ich wurde kurz nach dem Krieg geboren und habe noch einen älteren Bruder. Als ich fünf Jahre alt war, starb
meine Mama. Bald heiratete aber mein
Vater eine Kriegswitwe, damit wir nicht
ins Heim mussten. Die neue Muter
brachte einen Sohn mit.
Meine Stiefmutter sang im Kirchenchor,
sie und mein Vater waren eifrige Sonntagskirchgänger. Nach außen stellten
wir eine heile, intakte, gut bürgerliche
Familie dar. Doch nach innen entwickelte sich die neue Frau des Vaters
zur grausamen Stiefmutter. Warum sie
sich gerade mich als Blitzableiter und
Sündenbock ausgesucht hatte, weiß
wohl keiner. Die Stiefmutter prügelte
wegen der kleinsten Anlässe auf mich
ein, würgte mich, bis ich Würgemale
am Hals hatte. Mitten im Sommer
musste ich daraufhin einen Rollkragenpulli tragen, um nicht aufzufallen. Als
der Lehrer in der Schule aber doch
danach fragte, erzählte ich es. Die Mutter wurde informiert, doch niemand
glaubte mir. So setzte es wieder Prügel
und die Beschimpfungen wurden wüster.
nimm mich zu meiner Mama und zu
Dir, denn hier will mich keiner!“
Als ich merkte, dass mein Wunsch
nicht in Erfüllung ging, habe ich mit
Jesus einen Bund geschlossen. Ich
sagte zu Ihm: „Jesus, bitte, nimm meine Hand und geh mit mir durchs Leben.
Bitte, lass mich nie wieder los!“
In diesem Moment ging ein Ruck durch
mein Herz und ich spürte die Gewissheit: ‚Mit dir, Jesus, schaffe ich es!’
An diesem Tag bin ich mit einer großen
inneren Sicherheit nach Hause gegangen und dem Versprechen Jesu, bei
mir zu sein. Wie immer war es auch
weiterhin die Hölle im häuslichen Umfeld. Mein Vater erkannte auch weiterhin nicht das Ausmaß der Boshaftigkeit
seiner Frau, da er den ganzen Tag be-
Als ich dann in der Kirche Schutz suchte, wurde ich als fürchterliche Lügnerin
hingestellt. Meinem Vater erzählte ich
nichts, denn ihn wollte ich nicht mit
häuslichem Stress belasten.
19
rufstätig war und sie sich dritten gegenüber als freundliche und liebevolle
Stiefmutter zeigte.
ist die Situation dann wie ein Übergriff.
Ich habe im Glauben an Jesus Höhen
und Tiefen erlebt, mich zeitweise gar
abgewendet. Aber heute weiß ich aus
ganzem Herzen: Ohne Jesus an der
Hand gehe ich keinen Schritt vor die
Tür!
Es hat noch einmal zehn Jahre der
Demütigungen und Erniedrigungen
gebraucht, ehe ich mit 19 Jahren ins
Lehrlingsheim umziehen durfte.
Mein Leitspruch ist es geworden:
Gott hat uns auf Erden kein
Paradies versprochen, aber Er
hilft und begleitet uns durch
Dick und Dünn. Er ist bei uns,
ob wir es spüren oder nicht.
nicht
anonym
Die Gewissheit, an Jesu Hand durchzukommen, hat mich durch die Jahre
der Hölle begleitet. Bei langen Spaziergängen habe ich Jesus immer wieder mein Herz ausgeschüttet, so fand
ich Kraft zum Überleben.
Es hat Jahre gedauert, viele Schmerzen in Gebeten, Gesprächen, Erinnerungen, Therapien gekostet, bis ich
manches Demütigende aus der Kindheit bei Seite legen und verarbeiten
konnte.
Manches versetzt mich heute noch in
Stress: Wenn mir z.B. jemand ohne
Voranmeldung auf die Schulter klopft,
dann beginnt gleich der alte Film aus
der Kindheit wieder zu laufen. Für mich
20
21
Das Thema ‚Gott’ war, ist weg. Ich
konnte keine Kirche mehr betreten,
bzw. dachte nicht mal mehr dran. Ich
ging mit einigen Mädels zu Amma, einer indischen geistlichen Führerin, fühlte Wärme in mir.
Nicht mehr oder
noch nicht Christ?
Eine Frau auf der Suche ...
Ich bin Anfang 1963 auf die Welt gekommen: Nicht erwünscht! Meine Eltern haben meinen Bruder und mich
dahinvegetieren lassen – bis wir mit
drei Jahren vom Jugendamt rausgeholt
wurden – zu Pflegeeltern.
Als ich mit 17 schwanger wurde, ging
ich weiter auf den Strich arbeiten, habe
dann in der Frühe entbunden und
musste abends wieder anschaffen.
Auch als ich mit einer Frau ein paar
Jahre zusammen war, änderte sich
nichts, außer dass ich von ihr nicht
geschlagen wurde! Aber ich ging dann
wieder zu einem Mann zurück.
Mit dem sechsten Geburtstag war meine Kindheit zu Ende und ich musste
mir meinen Schlafplatz, mein Essen
usw. selber verdienen. So kam mein
Pflegevater jeden Abend zu mir und
‚benutzte’ mich.
1991 habe ich unter Wehen gearbeitet,
in einer Klinik entbunden, abends wieder auf der Straße, auch 1993 beim
dritten Kind.
Das ging, bis ich mit meinem 12. Lebensjahr ins Heim zu katholischen
Schwestern kam. Dort lernte ich beten,
ging zur Kirche und spürte, dass ich
Kraft und Ruhe bekam, wenn ich in der
Kirche war. Ich verdrängte, was ich
vorher erlebt hatte, bzw. gab mir selber
die Schuld daran.
Wo war da dieser Gott – Jesus?
Ich konnte bei der Erstkommunion
meiner Tochter nicht in die Kirche, denn
es nahm mir die Luft weg.
Dann die Trennung von meinem Mann
und Zuhälter. Ich war tagsüber Mama,
nachts Hure. Ich habe oft mehr körperliche Gewalt erlebt, als was ich zu essen bekommen habe. Bis heute habe
ich meine Kinder von diesem Dreck
weg gehalten.
Als ich vierzehn wurde, bin ich aus dem
Heim abgehauen und habe einen Mann
kennen gelernt, bei dem ich mit noch
anderen Mädels gelebt habe. Anfangs
ein Super-Leben. Ab dem 15. Lebensjahr wurde ich aber dann auf den Babystrich mitgenommen, wo ich anschaffte.
Jetzt bin ich straffällig geworden, und
sitze seit Februar 2010 im Knast. So
komisch es für manche klingen mag,
aber ich habe, als ich von meinen Zuhältern geschlagen wurde, nie geweint,
weil ich es nicht durfte. Ich habe das
erste Mal im Knast geweint, als meine
Tochter einen großen Verlust zu erlei-
Und ab da fragte ich mich immer wieder: “Gott, wo bist Du?“
Die Zeit, bis ich soweit war, dass ich
anschaffen ging, war mit unvorstellbarer körperlicher Gewalt verbunden. Und
Gott sah zu! – Ich verlor den Glauben.
22
den hatte und ich nicht
bei ihr sein konnte. Und
wieder habe ich mich
gefragt: Warum lässt
dieser Gott das zu:
Nicht nur, dass ich weg
bin, sondern dass meiner Tochter noch etwas
genommen wird. Reicht
es nicht schon?
Ich hatte im Gefängnis
in München in Einzelgesprächen und der Emmausgruppe angefangen,
den Stein vor dem Eingang der Höhle,
in der ich sitze, etwas weg zu schieben
und ein wenig Licht hereinzulassen.
Auch Singen im Chor hat mir dabei
geholfen. Durch meine Verlegung nach Aichach habe ich
aber wieder zugemacht.
Aber ich gebe nicht auf, in die
Kirche zu gehen und zu suchen
und zu lernen. Ich fange jetzt
mit dem Glaubensbekennt-nis
an. Das ‚Vater unser’ und das
‚Gegrüßt seist du, Maria’ kann
ich schon auswendig.
Auch wenn die anderen sagen:
„Maria Magdalena geht in die
Kirche!“ oder „Hast du schon
einen Heiligenschein?“ Ist mir
Birgit, JVA Aichach
egal!
23
letzten vier Jahre Knast verbrachte ich
in der JVA Nürnberg, wo ich mit den
Anonymen Alkoholikern und der Emmaus-Gemeinde in Berührung kam. In
dieser Zeit entwickelte sich in mir ein
großes Vertrauen zu den gläubigen
Ehrenamtlichen.
Bin ich Christ?
Ich spürte im gemeinsamen Schweigen
und im Gebet, dass mich eine positive
Kraft erreicht, die ich als bewusste Verbindung zu Gott empfand. Mit Hilfe von
AA und Emmaus lernte und spürte ich,
dass die Liebe zu den Menschen nicht
ausreicht, um einen Weg der Erfüllung
zu gehen. Mein Geist, Körper und Seele brauchten mehr Nahrung als das
Wissen von Menschen. Und so
entstand meine persönliche bewusste
Verbindung zu Gott – wie ich ihn verstehe.
Herbert: 15 Jahre Gefängnis, seit 22
Jahren straffrei, ehrenamtliche Mitarbeit
in vielen bayrischen Gefängnissen, mit
seinem persönlichen Lebenszeugnis in
Gruppen oder Gottesdiensten konnte
er schon viele Menschen ermutigen. Er
schreibt regelmäßig in unserem TaborMagazin.
Da ich diese Frage, ob ich ein Christ
bin, nicht einfach und überzeugend
beantworten kann, möchte ich euch
eine - meine Geschichte erzählen.
Die letzten drei Jahre meiner Haftzeit
ging ich regelmäßig zur AA- und zur
Emmausgruppe. Viele Mitgefangene
verspotteten mich oder glaubten, dass
ich ständig unter irgendwelchen Drogen stehe. Je mehr sie lästerten, desto
stärker wurde ich. Ich wollte nicht mehr
mit den Wölfen heulen und um dies
deutlich zu zeigen, trug ich ein Abzeichen auf der linken Brust mit der Aufschrift: Jesus liebt dich!
Ich bin der Sohn eines amerikanischen
Soldaten, den ich nie kennen lernen
durfte. Meine Mutter und mein Stiefvater haben mir nicht sonderlich christliche Werte vermittelt. Überwiegend bin
ich in einem katholischen Kindergarten
und Hort aufgewachsen, was mir sehr
widerstrebte. In der Schule wie auch in
meiner Lehrzeit als Kellner hatte ich
kein Interesse an Kirche oder Religion.
Bei mir entwickelte sich eher
die
Sehnsucht nach Liebe, Sexualität,
Geld, Macht und Konsum.
Auf dieser Suche und Reise wurde ich
vielfach straffällig und verbrachte deshalb von 1965 bis 1988 15 Jahre in den
verschiedensten Gefängnissen. Die
Außerdem nahm ich zu jeder Gruppenstunde die Bibel und einen Blumenstock mit und ging damit demonstrativ
zu der jeweiligen Gruppenstunde. Natürlich war das ziemlich provokativ und
trotzig. Aber es hat mich stark gemacht.
Auch die damaligen Beamten waren
über mein Verhalten belustigt. Nach
24
ca. zwei Jahren hörte ich jedoch schon
Leute sagen: Herbert, wir glauben dir!
chen eine Gesprächsgruppe mit 12
Gefangenen leite.
Nach meiner Entlassung zog ich nach
München und gründete den ersten
Emmaus-Hauskreis bei mir in der
Wohnung. Einige Monate später
entstand die erste Emmausgruppe in
St. Margaret am Harras in München.
Ebenfalls ging ich weitere sechs Jahre
regelmäßig zu AA in München. In diesen Zeiten entstand auch der Tabor
e.V.
So schließt sich der Kreis, indem ich
wieder da gelandet bin, wo meine negative Entwicklung war (acht Jahre Haft
in Nürnberg) und wo mein Neubeginn
entstand.
Heute bemühe ich mich, nach christlichen und bürgerlichen Wertvorstellungen zu leben, was mir nicht immer gelingt. In der teilweise verrohten und
egoistischen Gesellschaft ist es für
mich nicht immer leicht, als Christ zu
leben. Selbst Christen unter sich zeigen mir immer wieder, dass es eine
heile Welt nicht gibt.
Allerdings gibt
es doch viel Heiles in dieser Welt, an
dem ich mich gerne orientiere.
Zweifel an Gott und Jesus Christus
erreichen mich immer wieder. Zweifel
an den Menschen ebenso, auch Zweifel an mir. Deshalb ist es für mich immer wieder wichtig, mich an früher zu
erinnern, meine persönliche Entwicklung zu betrachten und selbstkritisch im
Heute zu leben. Ich will weiterhin dazulernen, weitgehend meine Zweifel ausräumen und versuchen, ein anständiger Mensch zu bleiben.
In den letzten 22 Jahren, in denen ich
straffrei in Freiheit leben darf, bemühe
ich mich seit über 15 Jahren, meine
Glaubens- und Lebenserfahrungen als
Ehrenamtlicher in den Gefängnissen an
die Menschen weiter zu geben. In den
JVA’s Bernau, Kaisheim, Stadelheim,
Amberg, Niederschönenfeld, Neuburg
a.D. und letztlich auch in Straubing,
Landshut und Landsberg.
Mein größtes Kapital ist heute die aufrichtige LIEBE, die ich in mir spüre,
wenn ich zum Beispiel so einen Brief
schreibe. Dafür danke ich Gott und
vielen Menschen, die mir dazu die
Möglichkeit geben, wie auch den Leuten von der Gemeinschaft Tabor.
In der JVA Aichach durfte ich mit anderen ca. 1 ½ Jahre eine Gruppe für Tabor leiten. In der JVA Ebrach gründete
ich 2007 die Gruppe ‚Endlich leben’,
die ich 2 ½ Jahre leitete. Ein Jahr lang
ging ich monatlich in den Jugendarrest
von Würzburg. Seit zwei Monaten bin
ich nun in der JVA Nürnberg, wo ich
alle 14 Tage mit anderen Ehrenamtli-
In Gedanken und im Gebet
mit euch verbunden
grüßt euch euer
25
Herbert
Himmel, bitten um Gesundheit, Beistand oder ein faires Spiel. (…)
Heinrich Böll (1919-1985),
einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller
der Nachkriegszeit und 1972 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet, sagte einmal:
Bleibt der Sturm. Hier dürfen die Fans
hoffen, dass Miroslav Klose möglichst
oft die Gelegenheit bekommt, sein Torjubel-Ritual vorzuführen: ein Salto mit
anschließendem Kreuzzeichen. Der in
der Pfalz aufgewachsene Bayern-Star
war früher Messdiener, trägt um den
Hals ein Kruzifix und sagt, er sei ‚ein
sehr gläubiger Mensch’. Sein Glaube
und die polnischen Wurzeln verbinden
ihn mit Lukas Podolski, der sogar eine
Plakette von Johannes Paul II. aus
Krakau besitzt. Der 25-Jährige verliert
– gewohnt trocken – über seine religiöse Prägung nur wenige Worte: „Jeder
weiß, dass ich Katholik bin.“
„Die schlechteste christliche Gesellschaft ziehe ich noch tausend Mal der
besten heidnischen Gesellschaft vor,
denn in keiner wirklich heidnischen
Gesellschaft hat es jemals Platz gegeben für Waisenkinder, psychisch Kranke, Arme und Behinderte.“
Fußballstars als Christen
‚Sich auf Jesus verlassen’
Aus: Sonntagsblatt Bayern v. 24.1.2010
Ob Miroslav Kloses Kreuzzeichen, Cacaous zum Himmel gereckte Zeigefinger, Jerome Boatengs christliche Tattoos oder Serdar Tascis betende Hände – viele deutsche Nationalspieler
bekennen sich zu ihrem Glauben.
Poldis Konfession gehört auch Mario
Gomez an. Der frühere Ministrant, dessen Vater aus Spanien stammt, pilgerte
mit der Familie häufig zur ‚Schmerzhaften Muttergottes’ auf den ‚heiligen Berg
– Bussen’ in Oberschwaben - und hält
seiner Religion nach wie vor die Treue.
(…)
(…) Ein bisschen göttlichen Beistand
konnte die deutsche Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika gut gebrauchen. Da
kann es zumindest einmal nichts schaden, dass dem Aufgebot von Bundestrainer Joachim Löw überraschend
viele fromme Kicker angehören. Von
den 23 Spielern im Kader der deutschen Nationalmannschaft bekennen
sich 13 mehr oder weniger offen zum
Christentum – dazu kommen mit Özil,
Serdar Tasci und Sami Khedira noch
drei praktizierende Muslime. Viele der
gläubigen Sportler senden kurz vor
den Partien noch ein Stoßgebet zum
26
Bertrand Russel
Prof. August Everding
‚Warum ich kein Christ bin’
Intendant der Bayerischen
Staatsoper, München
Philosoph, Mathematiker, Nobelpreisträger
Auszug aus einem Vortrag v. 1927:
(1928-1999)
(Auszug aus einem Vortrag v. 29.5.1988 im
Kloster Andechs)
Russel sieht die Angst als Grundlage
der Religion und der damit verbundenen Konflikte. Er hofft, dass die Religion durch die Wissenschaft überwunden
wird und der Mensch sich mit der Kraft
seiner Intelligenz eine bessere Welt
schafft.
Meine Mutter, eine Christin ohne Frage,
hätte … auf die Frage: „Was ist Christsein?“ geantwortet: „Christsein ist Helfen, wo immer Helfen notwendig ist und
notwendig scheint. Dem Christen wird
von Gott, besonders aber von Christus
und seiner Mutter geholfen, hier und
später. Christ ist man!“
„Die Religion stützt sich vor allem und
hauptsächlich auf die Angst. Teils ist es
die Angst vor dem Unbekannten und
teils der Wunsch zu fühlen, dass man
eine Art großen Bruder hat, der einem
in allen Schwierigkeiten und Kämpfen
beisteht. Angst ist die Grundlage des
Ganzen – Angst vor dem Geheimnisvollen, Angst vor Niederlagen, Angst
vor dem Tod. Die Angst ist die Mutter
der Grausamkeit, und es ist deshalb
kein Wunder, dass Grausamkeit und
Religion Hand in Hand gehen, weil
beide aus der Angst entspringen. (…)
Ich vermag nicht mehr so einfach zu
antworten. Meine komplizierten Antworten können aber eine Angst nicht verdecken: Was tue ich, wenn dort gleich
die Tür aufgeht und der Unbekannte
hereinkommt … und mich fragt:
Hast du die Kranken besucht?
Hast du die Nackten bekleidet?
Hast du die Hungernden gespeist?
Hast du die Dürstenden getränkt?
Hast du die Trauernden getröstet?
Hast du die Gefangenen befreit?
Hast du die Toten begraben?
Eine gute Welt braucht Wissen, Güte
und Mut, sie braucht keine schmerzliche Sehnsucht nach der Vergangenheit, keine Fesselung der freien Intelligenz durch Worte, die vor langer Zeit
von unwissenden Männern gesprochen
wurden. Sie braucht einen furchtlosen
Ausblick auf die Zukunft und eine freie
Intelligenz.“
Warum ich Christ bin? Um meine Feinde nicht mehr zu hassen, um den
Nächsten als Nächsten zu ertragen,
mich selbst und Gott zu lieben und Ihm
und Seiner Schöpfung zu lobsingen.
Prof. August Everding
Bertrand Russel
27
es damit, dass ich ins Internat wollte.
Unbedingt, wenngleich es für meine
Mutter eine große Zumutung war. Ich
hatte von diesem Aiterhofen (Ort bei
Straubing. Anm. d. Red.) noch nichts
gehört, noch nie eine Klosterschwester
gesehen, und ich hatte auch wenig mit
Glauben zu tun. Glaube wurde bei uns
zuhause nicht gelebt. Eigentlich sollte
ich gar nicht getauft werden (nach der
Absicht meines Vaters, der im Krieg
war und nicht zurückkam). Gott sorgte
dennoch dafür.
Mein Glaube wäre das Letzte,
was ich jemals
verlieren möchte
Red.: Was war dann deine Antriebsfeder?
Sr. Gerlindis: Heute weiß ich, dass es
nicht mein Wille war, sondern die Idee
Gottes. In diesem neuen faszinierenden Umfeld des Glaubens schenkte ER
mir eine große Liebe zu Jesus. Und so
spürte ich bald ein Bedauern um meine
Familie, die nicht ahnte, woran sie vorbei lebte. Daraus ist dann meine Berufung gewachsen.
Sr. Gerlindis, Franziskanerin, 69 Jahre
alt, ca. 1,60 m groß, ein Energiebündel
mit strahlenden Augen, war im Internat
des Ordens in Aiterhofen Englischlehrerin, engagiert sich nun seit drei Jahren mit viel Liebe als Mitarbeiterin in
der Emmausgruppe in der JVA Straubing und besucht dazu eifrig einzelne
Gefangene:
Red.: Und wie ist das heute?
Sr. Gerlindis: Was mich am Glauben
heute fasziniert, das ist die Erfahrung
dieser unendlichen Treue Gottes, die
mich geführt und bis heute durchgetragen hat.
Red.: Liebe Sr. Gerlindis:
Du bist seit vielen Jahren Ordensschwester im Franziskanerorden. Was
fasziniert Dich am christlichen Glauben? Und warum in einer Ordensgemeinschaft?
Red.: Aus deinem reichhaltigen Schatz
an Lebenserfahrungen kannst du bestimmt etwas erzählen, wo du dich von
der Treue Gottes geführt und getragen
gefühlt hast!
Sr. Gerlindis: Ja, am Anfang war es
diese innere Stimme - in einem ganz
Sr. Gerlindis:
Ja, genau 50 Jahre bin ich jetzt da in
meiner Gemeinschaft. Begonnen hat
28
bestimmten Moment, die sagte: Ich
brauche dich – ganz! Und ich spürte
gleichzeitig, dass ich diese Ganzhingabe als Ordensschwester leben wollte.
Die Entscheidung war leicht, doch auf
dem Weg dahin lagen viele Steine. Ich
hätte aufgegeben ohne diese innere
Gewissheit, dass es Jesus war, der
mich brauchen wollte. Das wollte ich,
unbedingt. So bin ich schließlich, über
Umwege, zur franziskanischen Ge-
Sr. Gerlindis: Nein, diese Zeit war
auch ein Weg der menschlichen und
inneren Reifung im Glauben, bis heute.
Als ‚Kriegskind’ haben mich schmerzliche Verlusterfahrungen verletzt und
geprägt, so ist ‚leben’ für mich nicht
immer nur leicht gewesen. Ich kenne
Abgründe und weiß, wie sich Depression anfühlt.
Aber gerade da, wo ich die Psalmen
existentiell gebetet habe: „Gott, ich
schreie zu dir ...“ da durfte ich
Ihn auch am tiefsten erfahren –
als Retter. Und Er hat mir gerade dann Menschen geschenkt, die mich begleitet
haben. Gott nimmt nicht einfach alles weg, es ist ein Weg
der Heilung und Reifung, den
Er mitgeht. Er führt hinein und
– neu – wieder heraus. Er
kümmert sich und möchte zugleich, dass auch andere in
Seine Liebe hinein gerettet
werden.
Diese Sehnsucht hat Er mir
von Anfang an ins Herz gelegt
und durch meine eigenen
Grenzerfahrungen mich gerüstet – zu verstehen, einfühlsam
zu werden.
Red.: Du besuchst seit ein
paar Jahren Gefangene in der
JVA Straubing und leitest dort
Emmausgrup
die regelmäßige Emmausgruppe mit. Haben dich Deine Glaubenserfahrungen zu dieser Aufgabe geführt?
meinschaft meiner ursprünglichen In
Internatsschule zurückgekommen und
lebe hier – seit 50 Jahren.
Red.: Sicherlich war diese Zeit nicht
immer nur schmerzfrei!?
Sr. Gerlindis: Ja, immer schon sind mir
Menschen begegnet, die aus dem Le-
29
ben herausgefallen waren - in allen
möglichen Situationen. Es berührt
mich, dass Gott das Schwache sucht,
dass Er retten möchte, was verloren ist,
dass Er aus Trümmern etwas Schönes
machen kann und will, auch
durch uns.
Wenn ich heute ins Gefängnis gehe, dann spüre ich,
wie Jesus da ist, gerade
dort! Mit Staunen dürfen wir
in Straubing erleben, wie
Gott die Wunder seiner Liebe wirkt, wie Menschen, die
sich aufgegeben haben,
durch die einzig heilende
Erfahrung von Würde, Wertschätzung und Vertrauen
wieder Leben spüren, weil
sie entdecken, geliebt zu
sein von Gott, der sie, aufrichtet und befreit. Dadurch
bin ich auch selber eine Beschenkte. Wenn ich nach der
Gruppe oder von einem Gespräch herauskomme, begleitet es mich; ich bin berührt und erfüllt zugleich.
einmal Gottes Führung zu sehen, der
sagt: „Ich mache etwas Neues …!“
Red.: Könntest Du ohne Deinen Glauben leben?
Gott hat mich ja auch mit
einem Augenzwinkern ins
Gefängnis hineingeführt, wo
es mich schon immer hingezogen hatte. Nur, ich konnte keinen realen Weg
dafür sehen. Eines Tages jedoch kam
Schwester Angelika, um ehrenamtliche
Mitarbeiter zu finden. Ich sollte mit
meiner Oberin bei dem Gespräch dabei
sein. Gott wusste, warum … All die
Schulungen, womit ich mich in den
letzten Jahren beschäftigt hatte, durften
nun einen neuen Sinn finden. Wieder
Sr. Gerlindis: Nein, das könnte ich mir
niemals vorstellen. Mein Glaube wäre
das Letzte, was ich jemals verlieren
möchte.
Red.: Gibt es für dich eine Alternative
zum christlichen Glauben?
Sr. Gerlindis: Nein, für mich keine.
Einen liebenden und barmherzigen,
Mensch gewordenen Gott, der in Jesus
30
ein Gesicht bekommen hat,
der zu uns gesprochen hat
und der für dich und mich ans
Kreuz gegangen ist – den
würden wir nirgendwo anders
finden.
Als ich vor einem Jahr in der
Grabeskirche in Jerusalem auf
Golgotha-Felsen stand, vor
dem tiefen Loch für das Kreuz
Jesu, war es ein erschütternder Augenblick: ‚Hier hast Du,
Herr, mich erlöst...’ –und Seine Antwort: „… weil du in meinen Augen teuer und wertvoll
bist und weil ich dich liebe... “
(Jes 43,4).
In den Schwachen offenbart
sich die Kraft Jesu Christi. Er
sagte: „Mich dürstet“ - nach all
denen, die es noch nicht zulassen können, ihr Herz zu
öffnen. Und wenn es wie bei
dem Schächer am Kreuz bis
zum letzten Augenblick dauern
sollte! Das ist Seine wahre
Treue.
Ich darf es inzwischen erfahren, dass
es sich lohnt, für Gott zu gehen – in
Treue, auch wenn sie noch schwach
und zerbrechlich ist. Das genau passt
zu Jesus.
ER ist meine Kraft.
Red.: Danke, Sr. Gerlindis, für dieses
persönliche Zeugnis Deines Glaubens.
31
Immer wieder musste die Kirche im
Laufe ihrer fast 2000 Jahre alten Geschichte schwere Krisen überstehen.
Teilweise schien es eigentlich fast keinen Ausweg mehr zu geben, und doch,
die Kirche existiert bis heute. In Westeuropa und Nordamerika nimmt die
Zahl der praktizierenden Gläubigen
zwar immer mehr ab, in Südamerika
und Afrika hingegen wächst sie stets,
auch in Asien. Zu Recht könnte man
sich fragen, warum das so ist.
Warum ich noch Christ bin
,Es muss die Freude an Gott
gewesen sein ...‘
Christian bekennt sich klar zur Kirche
Die Kirche in Deutschland hatte in den
letzten Monaten wohl einen der
schwersten Niederschläge seit langer
Zeit über sich ergehen zu lassen. Teilweise gerechtfertigt, teilweise nur als
Ergebnis einer Medienkampagne, die
es einem ‚alten, längst überholten und
vor allem unzeitgemäßen Verein’ einmal richtig zeigen wollte. Viele Menschen haben in Folge des Missbrauchsskandals der Kirche den Rücken gekehrt, sind ausgetreten oder
haben sich dafür entschieden, Kinder
gleich gar nicht erst taufen zu lassen.
Ich selber habe mich in meiner frühen
Jugend bewusst dazu entschieden,
Christ zu sein. Ich ging damals noch
zur Hauptschule, ein Umfeld, in welchem es nicht sehr leicht ist, zu seinem
Glauben zu stehen. Es galt natürlich
als absolut ‚uncool’, gläubig zu sein
und sogar ab und zu den Gottesdienst
aufzusuchen. Viele Situationen fallen
mir beim Schreiben dieser Zeilen ein,
die nicht sehr schön waren und die ich
niemandem wünsche. Und doch: Daran
gedacht, einfach aufzuhören, so zu
sein, wie die meisten anderen, habe ich
nie. Mit den Jahren wurde mir die ‚Sache Jesu’ immer wichtiger; so wurde
ich auch ehrenamtlich in meiner Pfarrgemeinde tätig, leitete Ministrantengruppen und war im Pfarrgemeinderat.
Doch warum?
Bis heute weiß ich es nicht genau. Es
muss die Freude an Gott gewesen
sein, die Frede an einer Gegenwart, die
ich spüren konnte und die mein Herz
zufrieden gestellt hat.
Dieses schlichte Erwarten, dieses einfache Verlangen nach Gott ist bereits
der Anfang des Glaubens. Christus ist
32
unter uns, für den einen zugänglicher,
für den anderen verborgener. Doch Er
ist da. Und Er hat uns geliebt, bevor wir
Ihn lieben konnten.
Jesus Christus,
du warst immer in mir,
und ich wusste es nicht.
Du warst da,
und ich suchte dich nicht.
In keiner anderen Religion wird die
Liebe so betont wie im Christentum.
Während der Christenverfolgungen zu
Zeiten der jungen Kirche schrieb ein
Mann, dass die Sekte der Christen
längst vergangen wäre, wenn sie nicht
die Nächstenliebe derart praktizieren
würden. Ist das nicht faszinierend? Von
Anfang an war die Liebe der wahre
Antrieb der Christen – bis zum heutigen
Tag.
Als ich dich entdeckt hatte,
brannte ich darauf,
dass du mein ein und alles bist.
Ein Feuer durchglühte mich.
Wie oft aber
vergaß ich dich wieder,
Und du hast nie aufgehört,
mich zu lieben.
Natürlich sind viele Dinge nicht gut
verlaufen, standen im Gegensatz zum
Gebot der Liebe. Dennoch: aufgegeben
hat die Kirche dieses Ideal zu keinem
Zeitpunkt.
Ich bin Christ geworden und geblieben,
weil ich in Jesus Christus finde, was
das Leben lebenswert macht. ER ist
immer da. Bei jedem Menschen. Auch
wenn wir um Seine Gegenwart nicht
wissen.
Wenn die Nacht undurchdringlich wird,
ist Seine Liebe ein Feuer. Von uns
hängt es ab, ob wir auf dieses Licht
schauen, das in der Finsternis leuchtet,
bis sich die erste Morgenröte zeigt und
schließlich der Tag anbricht in unseren
Herzen. Und man spürt es genau: Nicht
wir selbst schaffen dieses Licht aus
unserer Kraft heraus, dieses Licht, diese Quelle der Freude und der Kraft
kommt von Christus. Christian aus Bärnau
33
Freré Roger
Christ bin ich geworden
und geblieben, weil …
(Der Schweizer evangelische Pfarrer
und Dichter Kurt Marti)
Christ bin ich geworden und geblieben
durch andere Menschen, in deren
Freundschaft mir die Menschenfreundlichkeit Gottes begegnet ist.
Christ bin ich geblieben, weil ich in der
Kirche die heftigsten Konflikte mit anderen Menschen erlebt habe, was einerseits Beziehungsabbrüche und
Feindschaften, andererseits Freundschaften mit Menschen zur Folge hatte,
mit denen ich Pferde stehlen, Kirchenbonzen stürzen und anderen heiligen
oder unheiligen Schabernack treiben
kann.
Christ bin ich geworden und geblieben
durch andere Menschen, deren entschiedener Einsatz für Andere mir die
Augen geöffnet hat für den Einsatz
Jesu.
Christ bin ich geworden und geblieben
durch meine Frau, deren Liebe ich erfahre als Spiegelung der göttlichen
Liebe zu uns...
Unter diesen Menschen, in Gruppen
engagierter Christen also, erlebe ich,
was Solidarität ist, was es bedeutet,
bejaht zu sein und andere bejahen, für
sie einstehen zu dürfen. Ich, der
Furchtsame, lernte es, Furcht abzulegen, frei zu werden
vor anderen und für
andere, lernte es
auch, weltweit oder
kirchlich Mächtigen
entgegenzutreten.
Christ bin ich geworden und geblieben
durch Männer, durch Frauen, die mir
Mut zu mir selber machten.
Ich lernte das, weil
ich mich getragen
und gestützt weiß
von jener kleinen
Schar unerschrockener, ja fröhlichfrecher und heiligrespektloser Christen und Christinnen,
die für mich Gemeinde Christi sind und
unter denen der Satz aus dem Johan-
Christ bin ich geworden und geblieben,
weil ich unter Christen die offensten,
mutigsten, anregendsten Menschen
gefunden habe.
34
nes-Evangelium aufleuchtet: „Gott ist
Liebe“ (1Joh 4,8.16).
Und ebenso: Gott ist nicht Schweizer,
nicht Deutscher, nicht Amerikaner, nicht
Russe. Er ist Liebe und deshalb das
Gegenteil von Abschreckung, Drohung,
Einschüchterung. Liebe streckt die
Waffen, Liebe rüstet ab, ist Zuwendung, ist Bewegung des Friedens.
Ich lernte, so erfuhr ich Schritt um
Schritt, dass Gott kein „heiliger Herrscher“ ist und sich auch nicht in „heiligen Herrschaften“ offenbart. Er ist Liebe. Liebe kennt keine „heilige Herrschaft“, es sei denn die auf den Kopf
gestellte: „Erste werden Letzte, Letzte
werden Erste sein“, wie es im Matthäus-Evangelium steht.
Aber auch: Gott ist nicht Christ oder
Der Leitsatz Gottes ist die Bergpredigt
Jesu mit ihrem unverzichtbaren Gebot,
auf Gewalt zu verzichten und unsere
Feinde zu lieben. In Jesus ist Gott
Mensch geworden, damit wir unterscheiden lernen zwischen Mensch-Sein
und Unmensch-Sein. Er ist gestorben
und auf neue Weise lebendig geworden, um uns Unmenschen in Menschen zu verwandeln. Wenn das Leben
auf diesem Planeten weiterleben soll,
sehe ich keine andere Alternative, als
dass wir unser Menschsein am
Mensch-sein Jesu orientieren.
(Originaltext gekürzt und leicht verändert J. Six)
Moslem oder Buddhist oder sonst Ver
Vertreter einer bestimmten Religion, er ist
Liebe. Jeder absolute Anspruch einer
Religion, einer Konfession kann diese
Liebe nur verdunkeln. Also: Dialog
unter den Religionen!
35
Generalfeldmarschall von Runstedt die
letzte Offensive dieses Krieges begonnen und wir hörten unablässig das
Wummern der Geschütze, über unseren Köpfen die Flugzeuge, und nachts
durchbrachen Scheinwerfer die Finsternis. Ganz in der Nähe kämpften und
starben tausende von deutschen und
alliierten Soldaten.
Zwischenfall
im Hürtgen-Wald
Diese wahre Geschichte hat sich
am Ende des 2. Weltkrieges während der Ardennen-Offensive der
deutschen Wehrmacht, im Dezember 1944, ereignet. Die Ardennen
sind das Waldgebiet zwischen Aachen und Belgien. Der Autor Fritz
Winken war damals zwölf Jahre alt.
Er wanderte später in die USA aus
und starb 2001 in Oregon:
Als es klopfte, blies Mutter rasch die
Kerzen aus. Dann ging sie zur Tür und
stieß sie auf. Draußen standen vor dem
gespenstischen Hintergrund verschneiter Bäume zwei Männer mit Stahlhelmen. Der eine redete in einer Sprache,
die wir nicht verstanden und zeigte
dabei auf einen dritten, der im Schnee
lag. Sie begriff schneller als ich, dass
es sich um Amerikaner handelte –
Feinde! Mutter stand, die Hand auf
meiner Schulter, schweigend da, unfähig, sich zu bewegen. Die Männer waren bewaffnet, aber sie rührten sich
nicht und baten nur mit den Augen. Der
Verwundete schien mehr tot als lebendig. „Kommt rein“, sagte Mutter. Die
Soldaten trugen ihren Kameraden ins
Haus und legten ihn auf mein Bett.
Keiner von ihnen sprach deutsch. Mutter versuchte es mit Französisch, was
einer der Männer einigermaßen verstand.
Am Heiligen Abend 1944, mitten in der
Ardennen-Schlacht, hatten meine Mutter und ich unerwartete Gäste. Als es
an der Tür klopfte, ahnten wir noch
nichts von dem Wunder, das wir erleben sollten. Ich war damals zwölf und
wir lebten in einem kleinen Häuschen
in den Ardennen nahe der belgischdeutschen Grenze. Vater hatte es vor
dem Krieg benützt, wenn er auf die
Jagd ging. Und als Aachen immer stärker unter den Luftangriffen zu leiden
hatte, schickte er uns dort hin. „In den
Wäldern seid ihr sicher“, hatte er zu mir
gesagt. Aber vor einer Woche hatte
Bevor Mutter sich des Verwundeten
annahm, sagte sie zu mir: „Die Finger
der beiden sind ganz steif. Zieh ihnen
Jacken und Stiefel aus und bring einen
Eimer Schnee!“ Ich rieb ihnen die blau
gefrorenen Füße mit Schnee ab. Der
Untersetzte der beiden hieß Jim, sein
Freund, groß und schlank, war Robin.
Harry, der Verwundete, schlief jetzt auf
36
meinem Bett, mit einem Gesicht so
weiß wie draußen der Schnee. Sie hatten ihre Einheit verloren und irrten seit
drei Tagen im Wald umher auf der Suche nach ihrer amerikanischen Truppe,
und auf der Hut vor den Deutschen.
hinaus und sagte ruhig: „Fröhliche
Weihnacht!“ Die Soldaten wünschten
ihr ebenfalls eine Frohe Weihnacht.
„Wir haben unsere Einheit verloren und
möchten bis Tagesanbruch warten“,
erklärte der Anführer, ein Unteroffizier.
„Können wir bei ihnen bleiben?“ – „Natürlich“, erwiderte Mutter mit der Ruhe
der Verzweiflung, „sie können auch
eine warme Mahlzeit haben und essen,
solange etwas da ist!“ Die Soldaten
lächelten, vergnügt den Duft schnuppernd. „Aber“, fuhr Mutter energisch
fort, „wir haben noch drei Gäste hier,
drei, die sie vielleicht nicht als Freunde
ansehen werden!“ Ihre Stimme war mit
einem Mal ganz streng. „Aber heute ist
Sie waren unrasiert, sahen aber ohne
ihre schweren Mäntel trotzdem aus wie
große Jungs, und so behandelte Mutter
sie auch. „Geh, hol Hermann!“ sagte
sie zu mir, „und bring Kartoffeln mit!“
Hermann war unser fetter Hahn, den
wir seit Wochen mästeten in der Hoffnung, Vater werde an Weihnachten zu
Hause sein. Und als uns vor einigen
Stunden klar geworden war, dass er
nicht kommen würde, hatte Muter gemeint, Hermann solle noch ein paar
Tage am Leben bleiben für den Fall,
dass Vater zu Neujahr käme. Nun
sollte Hermann jetzt gleich seine
Aufgabe erfüllen. Während Jim und
ich in der Küche halfen, kümmerte
sich Robin um Harry, der einen
Schuss in den Oberschenkel abbekommen hatte und fast verblutet war.
Bald zog der verlockende Duft von
gebratenem Hahn durch das Zimmer.
Ich deckte gerade den Tisch, als es
wieder klopfte. In der Erwartung, weitere verirrte Amerikaner zu sehen, öffnete
ich ohne Zögern. Draußen standen vier
Männer in Uniformen, die mir jedoch
nach fünf Jahren Krieg wohl vertraut
waren: deutsche Soldaten – unsere!
Trotz meiner Jugend kannte ich das
Gesetz: Wer feindliche Soldaten beherbergt, begeht Landesverrat! Wir
konnten alle erschossen werden. Mutters Gesicht war weiß, aber sie trat
ge
Heiliger Abend, und da wird nicht geschossen!“
„Wer ist drin?“ fragte der Unteroffizier
barsch, „Amerikaner?“ Mutter sah jedem einzelnen ins Gesicht. „Hört mal“,
sagte sie langsam, „ihr könntet meine
Söhne sein, und die da drin auch. Einer
von ihnen ist verwundet und ringt um
sein Leben, und noch seine beiden
Kameraden, die genauso verirrt und
hungrig sind wie ihr in dieser Nacht!“
37
Sie sprach jetzt zu dem Unteroffizier
und hob die Stimme. „In dieser heiligen
Nacht denken wir nicht an töten!“ Der
Unteroffizier starrte sie an.
Für zwei, drei endlose Sekunden
herrschte Schweigen. Dann machte
Mutter der Ungewissheit ein Ende.
„Genug geredet!“, sagte sie und
klatschte in die Hände. „Legen sie ihre
Waffen dorthin! Und machen sie
schnell, sonst essen die anderen alles
auf!“ Die vier Soldaten legten ihre Waffen auf die Kiste mit Feuerholz: zwei
Pistolen, drei Karabiner, ein leichtes
MG und zwei Panzerfäuste. Mutter
sprach inzwischen hastig mit Jim auf
Französisch, und ich sah verwundert,
wie auch die Amerikaner Mutter ihre
Waffen gaben.
habe bis vor wenigen Monaten in Heidelberg Medizin studiert“. Dann erklärte
er den Amerikanern auf Englisch, Harrys Wunde sei Dank der Kälte nicht
infiziert. „Er hat nur sehr viel Blut verloren“, sagte er zu Mutter, „er braucht
jetzt einfach Ruhe und ein kräftiger
Essen“.
Der Druck begann zu weichen. Selbst
mir kamen die Soldaten, als sie so nebeneinander saßen, alle noch sehr jung
vor. Heinz und Willy, beide aus Köln,
waren sechzehn, der Unteroffizier war
mit seinen dreiundzwanzig der älteste.
Er brachte aus seinem Brotbeutel eine
Flasche Rotwein zum Vorschein, und
Heinz fand einen Laib Schwarzbrot,
den Mutter in Scheiben schnitt. Von
dem Wein aber stellte sie einen Rest
beiseite für den Verwundeten.
Als nun die Deutschen und die Amerikaner Schulter an Schulter verlegen in
unserer kleinen Stube standen, war
Mutter in ihrem Element. Lächelnd
suchte sie für jeden einen Sitzplatz. Wir
hatten nur drei Stühle, aber Mutters
Bett war groß. Dort setzte sie zwei der
Deutschen neben Jim und Robin. Dann
machte sie sich, ohne von der gespannten Atmosphäre Notiz zu nehmen, wieder ans Kochen. Aber Hermann wurde ja nicht größer, und wir
hatten vier Esser mehr! Rasch flüsterte
sie mir zu: „Hol noch ein paar Kartoffeln
und etwas Haferflocken! Die Jungen
haben Hunger, und wenn einem der
Magen knurrt, ist man reizbar!“
Dann sprach Mutter das Tischgebet.
Ich sah, dass sie Tränen in den Augen
hatte, als sie die vertrauten Worte
sprach: „Komm, Herr Jesus, sei unser
Gast …“ Und als ich mich in der Tischrunde umsah, waren auch die Augen
der kriegsmüden Soldaten feucht. Sie
waren wieder Buben, die einen aus
Amerika, die anderen aus Deutschland,
alle fern von zuhause.
Als ich zurückkam, hatte einer der
Deutschen eine Brille aufgesetzt und
beugte sich über die Wunde des Amerikaners. „Sind sie Sanitäter?“ fragte
Mutter. „Nein“, erwiderte er, „aber ich
38
Gegen Mitternacht ging Mutter zur Tür
und forderte uns auf mitzukommen und
den Stern von Bethlehem anzusehen.
Bis auf Harry, der friedlich schlief, standen wir alle neben ihr, und für jeden
war in diesem Augenblick der Stille
beim Anblick des Sirius, des hellsten
Sterns am Himmel, der Krieg in diesem
Augenblick vergessen.
Als ich wieder ins Haus trat, hatte Mutter die alte Familienbibel hervorgeholt.
Ich sah ihr über die Schultern. Das
Buch war bei der Weihnachtsgeschichte aufgeschlagen, bei dem Bericht von
der Geburt in der Krippe und den drei
Wesen, die von weit her kamen, um
ihre Geschenke darzubringen. Ihr Finger glitt über die Zeile:
Unser privater Waffenstillstand hielt
auch am nächsten Morgen an. Harry
erwachte verschlafen brummend in den
letzten Nachtstunden und Mutter flößte
ihm etwas Brühe ein. Bei Tagesanbruch war er dann sichtlich kräftiger.
Mutter quirlte ihm aus unserem einzigen Ei, dem Rest Rotwein und etwas
Zucker einen stärkenden Trank. Wir
anderen aßen Haferflocken. Dann
wurde aus zwei Stöcken und Mutters
Tischtuch eine Tragbahre für Harry
gebaut. Der Unteroffizier zeigte den
Amerikanern, über Jims Karte gebeugt,
wie sie zu ihrer Truppe zurück finden
konnten. Er legte den Finger auf einen
Bach. „Da geht ihr lang“, sagte er, „am
Oberlauf trefft ihr auf die erste Armee,
die sich dort neu formiert“. Der Mediziner übersetzte alles ins Englische.
„…und sie zogen über einen anderen
Weg wieder in ihr Land“.
Fritz Winken
Mutter gab nun allen ihre Waffen zurück. „Seid vorsichtig, Jungs!“ sagte
sie. „Ich wünsche mir, dass ihr eines
Tages dahin zurückkehrt, wo ihr hingehört: nach Hause. Gott beschütze euch
alle!“ Die Deutschen und die Amerikaner gaben einander die Hand, und wir
sahen ihnen nach, bis sie in entgegen
gesetzter Richtung verschwunden waren.
39
enischen Abschnitt des Tunnels. Wir
beobachten über Monitore den Verkehr,
wir reparieren Schäden im Tunnel, wir
sichern die Strecke bei Unfällen, wir
kassieren die Tunnel-Gebühren. Es ist
eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe,
die meine Leute hier tun. Denn Unfälle
in einem so langen und tiefen Tunnel
sind gefährlich.
Unter diesem Titel erscheint wieder
eine Geschichte aus einer Reihe von
verschiedenen biographischen Erzählungen, die uns am Leben und Wirken
bekannter oder weniger bekannter
Christinnen und Christen teilhaben
lassen.
Pierlucio Tinazzi hat zu meinen besten
Leuten gehört; er war ruhig und verantwortungsbewusst, sehr hilfsbereit.
Jeden Tag kam er mit seinem Motorrad
zur Arbeit.
Heute erzählen wir die Geschichte eines einfachen Mannes: das könntest
du sein oder dein Arbeitskollege, der im
richtigen Augenblick das Richtige tut:
„Niemand hat eine größere Liebe, als
wer sein
Leben hingibt für seine
Freunde …“
Am 27. März 1999 passierte in unserem Tunnel eine furchtbare Katastrophe. Mitten in der Röhre fing ein belgischer Laster Feuer. Es breitete sich
rasend schnell auf die anderen Fahrzeuge davor und dahinter aus.
Die Tat
des Pierlucio Tinazzi
Mein Name ist Francesco Colombo.
Ich möchte euch erzählen von meinem
Mitarbeiter Pierlucio Tinazzi. – Aber
lasst mich von vorne anfangen:
Seit vielen Jahren kümmere ich mich
mit meinen Leuten um den großen
Autobahn-Tunnel, der zwischen der
Schweiz und Italien, tief unter dem
höchsten Berg Europas hindurch, gebaut wurde. Tausende von Autos, Bussen und Lastwagen fahren täglich, von
Lyon oder Genf kommend, nach Mailand oder nach Turin – und umgekehrt.
Die Mannschaft der Tunnelverwaltung,
die ich leite, kümmert sich um den itali-
In der Nähe des Brandes entstand eine
Hitze von 700 Grad. Starker Rauch
entwickelte sich, der immer mehr in
den Tunnel hineindrückte. Die Fahrzeuge konnten nicht mehr vor und zurück. Wer nicht in der Hitze umkam,
war vom giftigen Rauch bedroht. Unse-
40
re Feuerwehren konnten kaum vordringen. Fahrzeuge verstopften die Fahrbahn.
Plötzlich war mein Mitarbeiter Pierlucio
verschwunden. „Er ist mit seinem Motorrad in den Tunnel reingefahren!“ rief
ein Feuerwehrmann. „Ist der verrückt?“
schrie ich, „Der hat doch keine Gasmaske!“ Nach fünf Minuten sahen wir
ihn wieder rausfahren. Auf dem Beifahrersitz saß ein blasser, rußgeschwärzter Mann. „Wir ersticken da drinnen!“
röchelte er. „Der Motorradfahrer hat
mich rausgeholt“.
vorü
Inzwischen sind einige Wochen vorüber. Ich habe die Angehörigen von Pierlucio besucht. Gott sei Dank haben sie
mir keine Vorwürfe gemacht. „Pierlucio
hat immer so gerne geholfen“, hat seine Mutter unter Tränen gesagt. „Zehn
Leute hat er rausgeholt, beim elften hat
er sich selbst geopfert.“ „Ich glaube“,
habe ich seiner Mutter geantwortet,
„Pierlucio lebt. Gott hat ihn auf seinem
besonderen Beifahrersitz rausgeholt,
zu sich in den Himmel“.
„Auf deine Verantwortung!“ schrie ich
Pierlucio an, der schon wieder startete.
Wieder kam er nach ein paar Minuten
zurück, wieder mit einem halb erstickten Mann hinten auf dem Sitz. Noch
acht Mal ging das so.
Pierlucio hatte jedes Mal ein schwärzeres Gesicht. Wenn er raus kam, warteten die Sanitäter und die Notärzte
schon. Er hustete, aber er blickte fest
entschlossen. „Hör auf, Pierlucio!“ rief
ich, „Du bringst dich selbst um!“ – „Keine Angst, Chef!“ rief er zurück, „Da
drinnen warten noch ein paar – ich
muss sie holen!“ Und wieder gab er
Gas.
(Josef Six, nach einem Bericht in der Südd.
Zeitung v. 29. 3. 1999)
Unruhig warteten wir auf ihn. Diesmal
kam er nicht. Wir schickten die Feuerwehmänner mit den Gasmasken zu
Fuß hinein. Nach einer Viertelstunde
kamen sie wieder: „Diesen Qualm da
drinnen überlebt jetzt keiner mehr; der
ist tödlich!“
41
Wir sind eine katholisch-christliche
Gemeinschaft, wobei aber die Teilnahme am täglichen Abendgebet und an
monatlichen Hausgottesdiensten freiwillig ist.
Wir über uns - Tabor e.V. und
Wohngemeinschaft Tabor
Andererseits ist ER der Weg zum Leben! Einige Male im Jahr besuchen wir
die umliegenden Gefängnisse, um den
Menschen dort im Gottesdienst mit
Liedern und persönlichen Lebenszeugnissen Mut zu machen. In manchen
Gefängnissen bieten wir wöchentliche
Gesprächsgruppen an. Auch in Pfarrgemeinden gestalten wir schon mal
den Gottesdienst mit, um die so genannten Normalbürger und -christen
auf manche Not in unserem Land hinzuweisen und Vorurteile und Berührungsängste abzubauen.
Im Juristendeutsch sind wir ein Verein
zur ganzheitlichen Unterstützung strafentlassener und anderweitig sozial
belasteter Menschen.
Im normalen Sprachgebrauch sind wir eine
Gemeinschaft von Christen, die sich
ein wenig um Menschen in Not, insbesondere um strafgefangene und strafentlassene Menschen annehmen will.
Manchmal besuchen uns in unserer
Wohngemeinschaft Jugend- oder Firmgruppen, um zu sehen, wie wir miteinander leben. Wir besuchen auch häufiger Schulklassen (ab 9.Kl. Religionsunterricht), um den Schülern von
Knast, Drogen, Kriminalität, Neuanfang
und beginnender Heilung zu erzählen.
Das sind oft tiefe Begegnungen.
Alle Leute in unserer Tabor-Gemeinschaft und im Verein arbeiten ehrenamtlich und ohne Bezahlung. Unser
Verein erhält keinerlei staatliche oder
kirchliche finanzielle Unterstützung und
soll sich möglichst aus Eigenleistungen
und Spenden selbst tragen.
‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ ist unser Prinzip.
Einige von uns (z.Zt. sind wir 18 Leute)
wohnen in einer Wohngemeinschaft
östlich von München (Moosach bei
Glonn, Maria Altenburg) zusammen.
Dort versuchen wir uns gegenseitig
Stütze auf dem manchmal beschwerlichen Weg ins und durchs Leben zu
sein.
Wer nach der Haft oder aus einer anderen sozialen Notlage heraus neu anfangen will, sein Leben ohne Alkohol,
Drogen und Kriminalität zu gestalten,
der kann sich, wenn er/sie bei uns mitleben will, bewerben.
Wenn Du Interesse hast, melde dich,
mach’ mit, leb’ mit oder besuch uns!
Ingrid & Norbert Trischler
08091/5586-15/-0
42
Am Standesamt
Reinhard und Rita
Bürgermeister Gillhuber
... nach einem Gottesdienst
in der JVA Landsberg
43
Reinhard und Rita
Am 3. November 2010 haben sie sich das
Ja-Wort gegeben.
Wir wünschen ihrer frischen Liebe anhaltenden Bestand und Gottes Segen.
44
Tod hinter Gittern
Abgeurteilt von Gerichten und inhaftiert,
sich nun langsam in der Freiheit seine Spur verliert.
Sein Wohnraum nun hinter dicken Mauern und Stahl,
zwölf Quadratmeter groß, kalt, grau und fahl.
Degradiert zu einer Nummer ohne Persönlichkeit
und herausgerissen aus Familie für lange Zeit.
Gezwungen, ein trauriges Dasein zu fristen,
musste er erkennen, dass nur wenige ihn vermissten.
So suchte er in Gott Halt und Kraft zu finden,
mit Gebeten Trauer, Tränen und Einsamkeit zu überwinden.
Bei Gottesdiensten hat er um Vergebung gebeten
und nie geahnt, so schnell vor die Himmelstür zu treten.
Über Nacht hat ihn nun jedoch der Tod ereilt.
Gott hat ihn gerufen, damit er im Himmel verweilt.
Der Tod kam zu ihm im Schlaf ganz leise
und hat ihn mitgenommen auf diese letzte Reise.
Er fand Erlösung von Leid und Sorgen
Und wurde befreit von der Angst vor Morgen.
Möge seine Seele nun ewigen Frieden finden für alle Zeit.
Und wir erkennen: Irgendwann ist es für jeden so weit.
Lasst uns seiner gedenken, aber nicht verbittern,
wenn auch der Tod ihn ereilte hinter diesen Gittern.
Zum Gedenken an den Kameraden
Xaver + JVA Stadelheim,
45
TERMINE
26.12.10
15.01.11
31.01.11
04.02.11
08.02.11
20.03.11
03.04.11
05.04.11
15.00 – 18.00 weihnachtliche Feier in der TABOR WG
16.30 Treffen mit Firmlingen in Erding
11.10 - 12.40 Uhr Schulbesuch Realschule Sparz
8.00 - 11.15 Uhr Schulbesuch Realschule Sparz
19.30 Hausgottesdienst TWMA
8.30 & 10.00 JVA Stadelheim & Schwarzenberg
10.15 Eichenau, Pfarrgottesdienst mit Firmlingen
19.30 Hausgottesdienst TWMA
Unser ‚Neuzugang’ aus Aichach: Sylvia mit Ingrid
Der nächste Tabor-Rundbrief erscheint zu Ostern 2011 zum Thema:
Jenseits der Stille wohnt Leben
Oder: Wenn diese tödliche Langeweile doch bald vorbei wäre…
Vor jedem Frühling ist erst einmal Winter, vor Auferstehung ist erst
Tod, vor Ostern ist Karfreitag. Jeder Inhaftierte kennt wohl die endlosen Momente des Wartens und Zeit-Totschlagens, der Einsamkeit und
der Stille. Kann die Stille zur Fülle werden? Kann die Langeweile im
Knast Sinn bekommen?
Welche Erfahrungen hast du in deinem Leben dazu gemacht?
Redaktionsschluss ist der 13.März 2011
Tabor-Rundbrief-Redaktion: Altenburg 33, 85665 Moosach
46
IMPRESSUM
Herausgeber:
Redaktion:
Anschrift:
Telefon:
E-Mail:
Homepage:
Grafik:
Druck:
Auflage:
TABOR e.V.
Josef Six, Norbert Trischler, Martin Wolter
Altenburg 33, 85665 Moosach
08091-5586-15/-0
[email protected]
www.tabor-ev.de
Martin B.D. Wolter
Jugendwerk Birkeneck
1500 Stück
Die Artikel geben grundsätzlich die Meinung der Verfasser wieder, was
nicht unbedingt der Meinung des Tabor e.V. entspricht. Auch konnten wir
nicht alle uns zugesandten Beiträge ins Heft aufnehmen und bitten um
Verständnis.
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Zahlungen bitte an: Tabor e.V.
Liga Bank eG München, Kontonr: 23 114 37, BLZ 750 903 00
Name:............................................................................
Adresse:.........................................................................
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Bethlehem und
Golgatha
Wiege des Christentums
Briefe durch die Mauer
A U S G A B E 45
AUSGABE 43
MAUERN ABBAUEN – BRÜCKEN BAUEN !
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