Universität Regensburg Algebra 1

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Universität Regensburg
Algebra 1
Dozent: Prof. Bernd Ammann
LATEX: Frank Reinhold
Wintersemester 2008/2009
Inhaltsverzeichnis
1 Gruppen
1.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Homomorphismen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Untergruppen und Normalteiler . . . . . . . . . . .
1.4 Erzeugendensysteme und zyklische Gruppen . . . .
1.5 Direkte Gruppe und direkte Summe von Gruppen
1.6 Gruppenwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.7 Nebenklassen und Faktorgruppen . . . . . . . . . .
1.8 Homomorphiesatz und Isomorphiesätze . . . . . . .
1.9 Mehr über zyklische Gruppen . . . . . . . . . . . .
1.10 Innere Automorphismen und das Zentrum . . . . .
1.11 Normalisator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.12 Die Sätze von Sylow . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.13 Semidirektes Produkt und exakte Sequenzen . . . .
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7
2 Kategorien
2.1 Vorbemerkungen zur Mengenlehre . . . . . . .
2.2 Definition von Kategorien und Meta-Kategorien
2.3 Mono- und Epimorphismen . . . . . . . . . . .
2.4 Die umgekehrte Kategorie . . . . . . . . . . . .
2.5 Produkte und Co-Produkte . . . . . . . . . . .
2.6 Funktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3 Ringe, Moduln und Polynome
3.1 Ringe und Moduln . . . . . .
3.2 Ideale . . . . . . . . . . . . .
3.3 Quotientenringe . . . . . . . .
3.4 Der Satz von Gauß . . . . . .
3.5 Irreduzibilitätskriterien . . . .
3.6 Mehr über Moduln . . . . . .
3.7 Elementarteilersatz . . . . . .
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4 Körper
4.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Grundlegende Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 Der algebraische Abschluss, Teil 1 (Existenz) . . .
4.4 Charakteristik und Primkörper . . . . . . . . . . .
4.5 Der algebraische Abschluss, Teil 2 (Eindeutigkeit) .
4.6 Zerfällungskörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.7 Seperable Körpererweiterungen . . . . . . . . . . .
4.8 Endliche Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.9 Körperautomorphismen . . . . . . . . . . . . . . .
4.10 Einheitswurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.11 Anwendungen der Körpertheorie . . . . . . . . . .
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4.12 Auflösbare Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
4.13 Der Satz von Galois . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
Frank Reinhold
1
Algebra 1
Gruppen
1.1
Grundlagen
Man nennt eine Menge mit Verknüpfung (M, ◦), ◦ : M × M → M ein Monoid, falls:
1. (Ma) ∀x, y, z ∈ M : x ◦ (y ◦ z) = (x ◦ y) ◦ z
2. (Mn) ∃e ∈ M ∀x ∈ M : x ◦ e = e ◦ x = x
3. (Mk) (∀x, y ∈ M : x ◦ y = y ◦ x) → kommutativer Monoid
Das Neutrale Element in einem Monoid ist eindeutig. Eine (kommutative) Gruppe ist ein (kommutativer)
Monoid, für den (Mi) ∀x ∈ M ∃!y ∈ M : y ◦ x = x ◦ y = e gilt.
1.2
Homomorphismen
Seien M1 , M2 Monoide. f : M1 → M2 heißt Homomorphismus von Monoiden, falls:
1. ∀x, y ∈ M : f (xy) = f (x)f (y)
2. f (e1 ) = e2
1.3
Untergruppen und Normalteiler
Sei (G, ·) eine Gruppe, H ⊂ G eine Teilmenge. (H, ·) ist eine Untergruppe von (G, ·), falls:
1. H ist abgeschlossen bezüglich ·: ∀x, y ∈ H : x · y ∈ H
2. (H, ·) ist eine Gruppe
Ist f : K → G ein Gruppenhomomorphismusm dann ist f (K) eine Untergruppe. Umgekehrt ist jede Untergruppe
das Bild eines geeignet gewählten Homomorphimus. Wir schreiben H ≤ G für H ist eine Untergruppe von G.
Eine Untergruppe H von G heißt Normalteiler von G H E G, falls gilt: ∀g ∈ G ∀h ∈ H : ghg −1 ∈ H.
Die Abbildung Cg : G → G, h 7→ ghg −1 heißt Konjugation mit G. Cg ist ein Automorphismus von G.
1.4
Erzeugendensysteme und zyklische Gruppen
T
Sei G eine Gruppe und (Hi |i ∈ I) eine Familie von Untergruppen. Dann ist H := i∈I Hi = {x ∈ G|x ∈ Hi ∀i ∈
I} wieder eine Untergruppe. Sind alle Hi Normalteiler von G,Tdann auch H E G.
Sei G eine Gruppe,
T M ⊂ G eine Teilmenge. Dann heißt hM i = M ⊂H,H≤G H die von M erzeugte Untegruppe
und hM iEG = M ⊂H,HEG H der von M erzeugte Normalteiler. Die Ordnung einer Gruppe G ist definiert
als ord(G) := #G die Anzahl der Elemente von G. Für x ∈ G ist ord(x) := ord(hxi) = #hxi. Es ist ord(G) := ∞,
falls G nicht endlich ist.
Eine Gruppe G heißt zyklisch, falls sie Isomorph zu Z/nZ oder Z ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn G
von einem Element erzeugt wird.
1.5
Direkte Gruppe und direkte Summe von Gruppen
Seien G1 , G2 Gruppen. Wir definieren eine Menge G = G1 × G2 (kartesiches Produkt). Dann definieren wir
(g1 · g2 ) · (h1 · h2 ) = (g1 · h1 , g2 · h2 ) eine Gruppenoperation auf G. G heißt das direkte Produkt von G1 und
G2 .Q
Allgemeiner definieren wir für eine Familie von Gruppen (Gi |i ∈ I) das direkte Prdoukt von (Gi |i ∈ I)
als i∈I Gi = {(g1 , . . . , gi , . . .)|gi ∈ Gi ∀i ∈ I}. Dies
Pwird eine Gruppe durch komponentenweises Verknüpfen.
Die direkte Summe von (Gi |i ∈ I) ist definiert als i∈I := {gi1 + . . . + gij |gil ∈ Gil ∀il ∈ I, l ∈ N}.
Beispiel : U1 = R[X], U2 = Mat(3, 3; R). Dann ist:
h 1 0 0 i
h 1 1 2 i
3
2
0 2 0 +U1 ×U2 (X + 5X) +U1 ×U2
0 3 4 +U1 ×U2 (X + 2) =
003
000
h 1 0 0 1 1 2 i
2
= 0 2 0 +U1 0 3 4 +U1 ×U2 (X + 5X) +U2 (X 3 + 2) =
003
000
h 2 1 2 i
= 0 5 4 +U1 ×U2 (X 3 + X 2 + 5X + 2)
003
6. Februar 2009
Seite 3
Algebra 1
1.6
Frank Reinhold
Gruppenwirkung
Sei M eine Menge. Perm(M ) := {f : M → M |f ist bijektiv }. Eine Gruppe wirkt auf eine Menge M , falls
ein Gruppenhomomorphismus W : G → Perm(M ) existiert. W heißt Gruppenwirkung, oder Gruppenoperation. Eine gleichbedeutende Definition lautet: Eine Gruppe wirkt auf eine Menge M , falls eine Abbildung
w : G × X → X, (g, x) 7→ W (g)(x) existiert. In diesem Fall gilt
1. w(e, x) = x ∀x ∈ X
2. w(g, w(h, x)) = w(gh, x) ∀g, h ∈ G, ∀x ∈ X
Beispiel : Sei G Gruppe. Dann ist die Linkstranslation W : G → Aut(G) ⊂ Perm(G), g 7→ Lg , Lg : G → G,
h 7→ g · h eine Gruppenwirkung.
Beispiel : Sei G Gruppe. Dann ist die Konjugation W : G → Aut(G), g 7→ Cg , Cg : G → G, h 7→ ghg −1
eine Gruppenwirkung.
Normalteiler von G sind also die Untergruppen von G, die invariant unter Konjugation sind, also H E G ⇔ Cg (H) =
H ∀g ∈ G.
Sei x ∈ X. Die Isotropiegruppe von x ist definiert als Gx := {g ∈ G|w(g, x) = x}. x heißt Fixpunkt, falls
Gx = G, also falls w(g, x) = x ∀g ∈ G. Die Operation heißt treu, falls ker(W : G → Perm(X)) = {e}, das heißt
∀g ∈ G \ {e} ∃x ∈ X : gx 6= x.
Jede Gruppe ist isomorph zu einer Untergruppe einer Permutationsgruppe.
Sei G eine Gruppe, W eine Operation auf X, x ∈ X. Wir definieren die Bahn oder den Orbit von x unter W
als Gx := {W (g)(x)|g ∈ G}. Es gilt: y ∈ Gx ist eine Äquivalenzrelation. Außerdem gilt: #(Gx ) · #(Gx) = #(G).
Sei W eine Operation
P in G auf X, B die Menge aller Orbits dieser Operation, das heißt B := {Gx|x ∈ X}.
Dann gilt #X = Gx∈B #(Gx).
1.7
Nebenklassen und Faktorgruppen
Sei G eine Gruppe, H ≤ G eine Untergruppe. H operiert auf G durch Linksmultiplikation H × G → G,
(h, g) 7→ hg. Die Bahn von x Hx := {hx|h ∈ H} nennt man Rechtsnebenklasse von x. Wir definieren den
Linksquotient H\G = {Hx ∈ G}. (G : H) := #(H\G) nennt man den Index von H in G.
Ist H ≤ G eine Untergruppe, dann gilt: ord(G) = ord(H) · ord(G : H).
Sei G eine Gruppe, H ≤ G eine Untergruppe. H operiert auf G durch Rechtsmultiplikation H ×G → G, (h, g) 7→
gh−1 . Wir definieren die Linksnebenklasse als xH := {xh|h ∈ H}. Außerdem ist G/H := {xH|x ∈ G}.
Es gilt “Rechtsindex=Linksindex“, also #(G/H) = #(H\G).
Sei H ≤ G eine Untergruppe von G. Dann gilt: gH = Hg ∀g ∈ G ⇔ gH ⊂ Hg ∀g ∈ G ⇔ H E G. Die
Abbildung G → G/H, g 7→ gH heißt kanonische Projektion von G auf G/H.
Sei (G, ·) eine Gruppe, H ≤ G eine Untergruppe. Genau dann, wenn H Normalteiler ist, gibt es eine Verknüpfung
◦ : G/H × G/H → G/H, so dass
G×G
(g, g̃)
_
•
π
π×π
π×π
G/H × G/H
(gH, g̃H)
/G
◦
(1)
/ G/H
kommutiert. Es folgt dann, dass (G/H, ◦) eine Gruppe ist.
1.8
Homomorphiesatz und Isomorphiesätze
Homomorphiesatz :
Ist f : G → H ein Homomorphismus von Gruppen und N ein Normalteiler von G, sodass N ≤ ker(f ). Dann
gibt es genau einen Homomorphismus von Gruppen f¯ : G/N → H, sodass
G
π
G/N
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/9 H
ss
s
s
s
sss
s
s
¯
ss f
sss
f
(2)
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Frank Reinhold
Algebra 1
kommutiert. Mit π : G → G/N kanonische Projektion, ker(f¯) = π(ker(f )), f injektiv genau dann, wenn ker(f ) =
N . Folgerung: Ist f : G → H ein Gruppenhomomorphismus, dann gibt es genau einen Gruppenisomorphismus
f¯ : G/ ker(f ) → im(f ), sodass folgendes Diagramm kommutiert:
/H
O
f
G
π
(3)
i
G/ ker(f )
I1
/ im(f )
1. Isomorphiesatz :
Sei G eine Gruppe, H ≤ G, N E G. Dann ist HN := {hn|h ∈ H, n ∈ N } eine Untergruppe von G, N E HN
und H ∩ N E H. Es gibt genau eine Abbildung I1 : H/H ∩ N → HN/N , sodass
H
/ HN
H/H ∩ N
/ HN/N
(4)
I1
kommutiert. Dieses I1 ist ein Gruppenisomorphismus.
2. Isomorphiesatz :
Sei G eine Gruppe, N ≤ H E G, N E G. Dann kann man H/N als Normalteiler von G/N auffassen. Es gibt
genau einen Gruppenhomomorphismus I2 : G/H → (G/H)/(H/N ), sodass
G
/ G/N
G/H
/ (G/N )/(H/N )
(5)
I2
kommutiert. Außerdem ist I2 ein Isomorphismus.
1.9
Mehr über zyklische Gruppen
Notation: Wir schreiben Z/nZ als Z/n.
Sei G eine endliche Gruppe, ord(G) = p eine Primzahl. Dann ist g zyklisch.
Jede Untergruppe einer zykischen Gruppe ist zyklisch.
In einer zyklischen Gruppe G mit ord(G) = n ∈ N gibt es zu jedem d|n, d ∈
Ordnung d.
N genau eine Untergruppe der
Betrachte: ϕ : Z → Z/n × Z/m, y 7→ (y mod n, y mod m), n, m ∈ N einen Homomorphismus. Dann ist
a ∈ ker(ϕ) ⇔ a ≡ 0 mod n und a ≡ 0 mod m ⇔ m|a ∧ n|a ⇔ kgV(m, n)|a. Also
Z
x
_
π
x
Chinesischer Restsatz :
Falls ggT(m, n) = 1 ist, dann ist
mod kgV
ϕ
/
Z/n9 × Z/m
ss
ss
s
s
π
s
ss
ss Ψ
s
s
Z/ kgV(m, n)
(6)
Z/nm isomorph zu Z/n × Z/m.
Hauptsatz der endlich erzeugten abelschen Gruppen:
Sei G eine endlich erzeugte, abelsche Gruppe. Dann gibt es Primzahlen p1 , . . . , pn und n0 , . . . , nk ∈ N, sodass
G (als Gruppe) isomorph zu Zn0 × Z/pn1 1 × . . . × Z/pnk k ist. Diese Zerlegung ist eindeutig bis auf Reihenfolge.
n0 heißt der Rang von G.
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Seite 5
Algebra 1
Betrachte: Z/n als Ring. m̄ ist invertierbar in Z/n ⇔ m̄ ist kein Nullteiler in
Gruppe.
Kleiner Satz von Fermat:
Sei n ∈ N, x ∈ Z mit ggT(n, x) = 1. Dann ist xϕ(n) ≡ 1 mod n.
Sei p prim. Dann gilt: ∀x ∈ Z : xp ≡ x mod p.
1.10
Frank Reinhold
Z/n. ((Z/n)∗ , ·) ist eine
Innere Automorphismen und das Zentrum
Sei G eine Gruppe und G wirke auf sich selbst durch Konjugation C : G → Perm(G). Wir definieren Inn(G) :=
im(C) ⊆ Aut(G) die Gruppe der inneren Automorphismen von G. Inn(G) E Aut(G) ist ein Normalteiler
der Automorphismen von G. Weiterhin definieren wir Z := Z(G) := ker(C) das Zentrum von G. Z E G
ist ein Normalteiler von G. Die Isotropiegruppe von x ∈ G nennt man den Zentralisator von x. Z{x} :=
{z ∈ G|cz (x) = x}. Die Bahnen unter der Konjugationswirkung heißen Kojugationsklassen. Conj(h) :=
{ghg −1 |g ∈ G} ist die Konjugationsklasse von h.
Nach dem Homomorphiesatz gilt: Inn(G) = im(C) ∼
= G/ ker(C) = G/Z(G).
Sr
Sei G eine endliche Gruppe,
Gx
,
.
.
.
,
Gx
die
Bahnen
in G\Z(G) = ˙ i=1 Gxi unter Konjugationswirkung. Dann
1
r
Pr
gilt: ord(G) = ord(Z) + i=1 (G : Z{xi } ).
1.11
Normalisator
Sei G eine Gruppe, S ≤ G eine Untergruppe. Der Normalisator von S in G ist definiert als NS := {g ∈
G|gS = Sg} = {g ∈ G|gSg −1 = S} ⊇ {g ∈ G|∀s ∈ S : gsg −1 = s} = ZS . Falls S = {x}, so ist NS = ZS . NS ist
die größte Untergruppe von G, sodass S E NS . S ist Fixpunkt von W , genau dann wenn GS = G genau dann
wenn S E G.
1.12
Die Sätze von Sylow
Sei p eine Primzahl. Eine Gruppe H heißt p-Gruppe, falls ord(H) = pk , k ∈ N0 . Sei G eine endliche Gruppe.
ord(G)
, also
Eine Untergruppe H ≤ G heißt p-Sylow-Gruppe, falls H eine p-Gruppe ist und p 6 |(G : H) = ord(H)
k
ord(G) = m · p mit p 6 |m.
Beispiel : Sei G abelsch. Mit dem Hauptsatz der endlich erzeugten abelschen Gruppen folgt: G ∼
= Z/pni i ×. . .× Z/
nk
nr
pr × . . . × Z/pk . pi Primzahlen mit p = p1 = . . . = pr und Pj 6= p ∀j > r. Dann ist H = Z/pni i × . . . × Z/
pnr r × {e} . . . × {e} die einzige p-Sylow-Gruppe in G.
Sei p eine Primzahl. Sei G 6= {e} eine p-Gruppe. Dann gilt p| ord(Z(G)) mit Z(G) = {z ∈ G|∀g ∈ G : zg = gz}.
Frobeniustheorem:
Sei G eine endliche Gruppe und pk eine Primzahlpotenz mit pk | ord(G). Sei s die Anzahl der Untergruppen
H ≤ G mit ord(H) = pk . Dann gilt s ≡ 1 mod p. Insbesondere: Zu jedem solchen pk gibt es mindestens eine
Untergruppe H mit ord(H) = pk .
mod p.
Es gelten die gleichen Voraussetzungen. n := ord(G). Dann ist s ≡ pn−1
k −1
Sei G eine Gruppe mit ord(G) = n ≤ ∞. Sei H ≤ G eine p-Untergruppe und sei S ≤ G eine p-Sylowgruppe.
Dann existiert g ∈ G mit H ≤ gSg −1 .
Ist H ebenfalls eine p-Sylowgruppe, so gilt sogar H = gSg −1 . Also sind alle p-Sylowgruppen in einer endlichen
Gruppe G zueinander kongruent.
Sei G eine endliche Gruppe, S p-Sylowgruppe, NS der Normalisator von S in G. Dann ist die Anzahl s der
p-Sylowgruppen in G gleich (G : NS ). Insbesondere: s| ord(G).
Theorem (Sylowsche Sätze)
Sei G eine endliche Gruppe, p eine Primzahl. Dann gilt:
1. Die Anzahl s der p-Sylowgruppen in G erfüllt s| ord(G) und s ≡ 1 mod p. Unter anderem existiert
mindestens eine p-Sylowgruppe.
2. Je zwei p-Sylowgruppen sind zueinander konjugiert.
3. Jede p-Untergruppe ist in einer p-Sylowgruppe enthalten.
4. Falls p| ord(G), dann enthält G eine Untergruppe der Ordnung p.
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6. Februar 2009
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Algebra 1
Anwendungen: Sei G eine Gruppe der Ordnung pq, wobei p, q Primzahlen mit p < q, p|q − 1 sind. Dann ist G
zyklisch.
Sei G eine Gruppe, Inn(G) zyklisch. Dann ist G abelsch. Insbesondere ist Inn(G) = {id}.
Sei G eine Gruppe, ord(G) = p2 , p eine Primzahl. Dann ist G ∼
= Z/p2 oder G ∼
= Z/p × Z/p.
1.13
Semidirektes Produkt und exakte Sequenzen
Seien G, H Gruppen und ϕ : H → Aut(G) ein Gruppenhomomorphismus. G o H := G × H = {(g, h)|g ∈ G, h ∈
H} als Menge. Wir definieren die Verknüpfung · auf G × H wie folgt: · : (G × H) × (G × H) → (G × H),
(g, h) · (g̃, h̃) := (gϕ(h)(g̃), hh̃). (G × H, ·) mit dieser Multiplikation ist eine Gruppe, das sogenannte semidirekte Produkt von G mit H, geschrieben als G oϕ H, oder G o H.
Beispiel : Sei K ein Körper, H = (GL(n; K), ·), G = (Kn , +), ϕ(A) = LA . Dann ist Kn oϕ GL(n; K) die
affine Gruppe von Kn . Betrachte A = Kn . Dann ist %(b, A)(x) := Ax + b. Es gilt: % ist ein Isomorphismus, weil:
(%(b, A) ◦ %(b̃, Ã))(x) = %(b, A)(Ãx + b̃) = A(Ãx + b̃) + b = AÃx + (Ab̃ + b) =
(7)
= %(Ab̃ + b, AÃ)(x) = %((b, A) · (b̃, Ã))(x)
(8)
Sei G eine Gruppe, N, H Untergruppen mit N E G, G = HN und H ∩ N = {e}. Dann ist G ∼
= N oϕ H, wobei
ϕ : H → Aut(N ), h 7→ (n 7→ ch (n)) = hnh−1 .
f1
f2
fn−1
Sei G1 → G2 → . . . → Gn eine Folge von Gruppenhomomorphismen. Sie heißt exakte Sequenz von
Gruppen, wenn im(fi ) = ker(fi+1 ) ∀i ∈ {1, . . . , n}. Wenn n = 5, G1 = G5 = {e} sind, nennt man dies auch
inj.
surj.
eine kurze exakte Sequenz {e} → G2 → G3 → G4 → {e}. Man sagt auch G3 ist eine Erweiterung von
G4 durch G2 .
i
π
Sei 1 → H → G → K → 1 eine kurze exakte Sequenz. Ein Schnitt ist ein Homomorphismus s : K → G, sodass
π ◦ s = idK . Falls die exakte Sequenz einen Schnitt besitzt, sagt man sie zerfällt oder splittet.
i
π
Falls eine exakte Sequenz 1 → H → G → K → 1 einen Schnitt s : K → G besitzt, dann gibt es eine Operation
φ von K auf H, sodass G ∼
= H oφ K ist.
2
Kategorien
2.1
Vorbemerkungen zur Mengenlehre
Die Gesamtheit aller Mengen ist keine Menge (Russelsche Antinomie). Daher reden wir ab sofort von Klassen.
Jede Menge ist eine Klasse, die Gesamtheit aller Vektorräume ist eine Klasse.
2.2
Definition von Kategorien und Meta-Kategorien
Ein Meta-Graph besteht aus einer Klasse von Objekten Obj und einer Klasse von Morphismen Mor und zwei
Funktionen: Dem Definitionsbereich (domain) d : Mor → Obj und dem Zielbereich (range) r : Mor →
Obj. Beispiele für Klassen sind:
1. Obj = Klasse aller R-Vektorräume, Mor = Klasse aller R-Vektorraumhomomorphismen, d(f : a → b) = a,
r(f : a → b) = b.
2. Obj = {1, 2, 3}, Mor = {1 → 1, 1 → 2, 2 → 2, 3 → 3} ist ein Meta-Graph und Obj und Mor sind Mengen.
Also nennt man ihn Graph.
Eine Meta-Kategorie ist ein Meta-Graph mit zwei Funktionen“:
”
Identität (Id): id : Obj → Mor, a 7→ ida mit d(ida ) = a = r(ida ).
Verknüpfung (Verkn): Seien f, g ∈ Mor. Wenn r(g) = d(f ) ist, dann ist f ◦ g ∈ Mor definiert und r(f ◦ g) =
r(f ), d(f ◦ g) = d(g).
sodass die folgenden Eigenschaften gelten:
(Assoziativität): Seien f, g, h ∈ Mor mit r(h) = d(g) und r(g) = d(f ). Dann gilt f ◦ (g ◦ h) = (f ◦ g) ◦ h.
(Einheitsgesetz): Für alle f ∈ Mor gilt f ◦ idd(f ) = f und idr(f ) ◦f = f .
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Algebra 1
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Eine Kategorie ist eine Meta-Kategorie, sodass Obj und Mor Mengen sind. Beispiele für Kategorien sind:
1. Obj = alle Mengen, Mor = alle Abbildungen: Meta-Kategorie.
2. Fixiere Universum U , Obj = Alle Teilmengen von U , also Obj = P(U ), Mor = Alle zugehörigen Abbildungen: Kategorie Set
3. Obj = Alle Gruppen in U , Mor = Alle Gruppenhomomorphismen in U : Kategorie Grp
4. Eine Gruppe ist eine Kategorie mit einem Objekt, in der jeder Morphismus ein Inverses besitzt.
5. Sein V ein K-Vektorraum, W ⊆ V ein Untervektorraum, Obj = V /W , Mor = {(a + W, b + W, v)|(a + v) +
W = b + W }, d(a + W, b + W, v) = a + W , r(a + W, b + W, v) = b + W .
6. Sei C eine Kategorie, a ∈ ObjC , hom(a, b) = {f ∈ Mor |d(f ) = a, r(f ) = b}. Dann ist M := hom(a, a) =
{f : a → a}. (M, ◦) ist ein Monoid.
S
S
7. Sei R kommutativer Ring mit 1, Obj = N0 , Mor = n∈N0 m∈N0 Mat(n, m; R), A ∈ Mat(n, m; R) =
Rn×m , d(A) = m, r(A) = n, A ◦ B = A · B Matrizenmultiplikation: Kategorie Mat
8. Obj = {alle topologischen Räume im Universum}, Mor = {alle stetigen Abbildungen im Universum}:
Kategorie Top.
9. Kategorie der K-Vektorräume K-Vect.
2.3
Mono- und Epimorphismen
Ein Morphismus f : a → b heißt invertierbar, falls es ein g : b → a gibt, sodass g ◦ f = idA , f ◦ g = idb . Dann
ist g eindeutig und wir schreiben g = f −1 . Beispiele sind:
1. (f1 ◦ f2 )−1 = f2−1 ◦ f1−1 , wenn f1 und f2 invertierbar sind.
2. Set: invertierbare Matrizen ⇔ bijektive Abbildungen
3. Grp: invertierbare Matrizen ⇔ Gruppenisomorphismen
4. K-Vect: invertierbare Matrizen ⇔ Vektorraumisomorphismen
Ein Morphismus m : a → b heißt Monomorphismus, falls gilt: Für alle x ∈ Obj und für alle f1 , f2 : c → a gilt
m ◦ f1 = m ◦ f2 ⇒ f1 = f2 , also
c
f1
/a
m
f2
a
m
(9)
/b
Beispiele sind:
1. Set: Sei m : a → b ein Monomorphismus (im kategoriellen Sinn), dann ist m injektiv. Sei m injektiv, dann
ist m ein Monomorphismus.
2. Grp: Die Monomorphismen sind genau die injektiven Homomorphismen.
3. K-Vect: Die Monomorphismen sind genau die injektiven Homomorphismen.
Ein Morphismus h : a → b heißt Epimorphismus, falls gilt: Für alle c ∈ Obj und für alle f1 , f2 : b → a gilt
f1 ◦ h = f2 ◦ h ⇒ f1 = f2 . Beispiele sind:
1. Set: Epimorphismen = surjektive Abbildungen
2. Grp: Epimorphismen = surjektive Gruppenhomomorphismen.
3. K-Vect: Epimorphismen = surjektive lineare Abbildungen.
4. Top: Sei i : Q → R die Inklusion. Der Morphismus ist in Topnicht invertierbar, aber ein Monomorphismus
und Epimorphismus.
5. Ring&1: Obj = {Ringe mit 1}, Mor = {1 erhaltenden Homomorphismen von Ringen}, Z → Q Inklusion
ist Epimorphismus im kategoriellen Sinn.
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6. Februar 2009
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2.4
Algebra 1
Die umgekehrte Kategorie
Sei C = (Obj, Mor, d, r, ◦, id) eine Kategorie. Dann ist C op die umgekehrte Kategorie mit Objop = Obj,
Morop = Mor, rop (f ) = d(f ), dop (f ) = r(f ), idop = id, f ◦op g = g ◦ f . Beispiele für umgekehrte Kategorien
sind:
1. (C op )op
2. K-Vectop : hom(K-Vect)op (V, W ) = homK-Vect (W, V )
Die Eigenschaften von umgekehrten Kategorien entsprechen genau den entgegengesetzten Eigenschaften der
Kategorie.
2.5
Produkte und Co-Produkte
Sei C(Obj, Mor) eine Kategorie, A, B ∈ Obj. Ein (kartesiches) Produkt von A und B ist ein Objekt C ∈ Obj
zusammen mit zwei Morphismen πA : C → A, πB : C → B mit der folgenden universellen Eigenschaft: Für alle
Objekte D ∈ Obj und alle r, s ∈ Mor, t : D → A, s : D → B gibt es genau ein f : D → C, sodass folgendes
Diagramm kommutiert:
D?
 ???

??s
t 
f
??

??


?


/B
A o πA
C
πB
(10)
Beispiele für das Produkt sind:
1. Set: C := A × B, πA : A × B → A, (a, b) 7→ a, πB : A × B → B, (a, b) 7→ b. Dann ist f (d) = (t(d), s(d)).
2. K-Vect: C = A ⊕ B direkte Summe, πA : A ⊕ B → A Projektion auf A.
3. Grp: C = A × B Produkt von zwei Gruppen, (a, b) · (ã, b̃) = (aã, bb̃).
Das Produkt ist - falls es existiert - bis auf Isomorphie eindeutig.
Sei C(Obj, Mor) eine Kategorie, A, B ∈ Obj. Ein Co-Produkt oder duales Produke von A und B ist ein
Objekt C ∈ Obj zusammen mit zwei Morphismen πA : A → C, πB : B → C mit der folgenden universellen
Eigenschaft: Für alle Objekte D ∈ Obj und alle r, s ∈ Mor, t : A → D, s : B → D gibt es genau ein f : C → D,
sodass folgendes Diagramm kommutiert:
? DO ?_
 ???

??s
t 
f
??


??

?


/Co
A
B
πB
πA
(11)
Beispiele für das Co-Produkt sind:
˙
˙
˙
1. Set: C := A∪B,
iA : A → A∪B,
a 7→ a, iB : B → A∪B,
b 7→ b ist ein Co-Produkt.
2. K-Vect: C := A ⊕ B direkte Summe = Co-Produkt. iA : A → A ⊕ B, a 7→ (a, 0), iB : B → A ⊕ B,
b 7→ (0, b).
3. Grp: C := A ∗ B Co-Produkt = freies Produkt 6= Produkt.
2.6
Funktoren
Sein C1 = (Obj1 , Mor1 ) und C2 = (Obj2 , Mor2 ) zwei Kategorien. Ein (kovarianter) Funktor ist eine Zuordnung
F : Obj1 → Obj2 und F : Mor1 → Mor2 mit folgenden Eigenschaften:
1. F (a → b) = F (a) → F (b)
2. F (ida ) = idF (a) ∀a ∈ Obj1
3. F (g ◦ f ) = F (g) ◦ F (f ) ∀f, g ∈ Mor1
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Algebra 1
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Gilt stattdessen F (g ◦ f ) = F (f ) ◦ F (g), so heißt F kontravariant. Beispiele sind:
1. Potenz-Funktor: F : Set → Set, F (X) = P(X), wird zu einem kovarianten Funktor durch F (f : X →
Y ) = F (f ) : F (X) → F (Y ) mit F (f )(U ) = f (U ) ∈ P(Y ).
2. F : K-Vect → K-Vect, F (V ) = V ∗ = homK (V, K) wird durch F (f : V → W ) = f ∗ : W ∗ → V ∗ zu
einem kontravarianten Funktor. Man schreibt kontravariante Funktoren oft F ∗ und für kovariante F∗ .
Sei F ein Funktor. Dann gilt a ∼
= b ⇒ F (a) ∼
= F (b). Beispiele hierfür sind:
1. F : Man → Ab mit Man = (differenzierbare Mannigfaltigkeiten, differenzierbare Abbildungen) definieren wir den Kohomologiefunktor (kontravariant) H p (M ) = p-te Kohomologiegruppe“. Ist H p (M )
”
L
i
endlich erzeugt, so ist H p (M ) ∼
= Zbp ⊕ j Z/pjj ⇒ Invariante unter Isomorphismen in Manmit bp =“p-te
Bettizahl“.
2. Vergiss-Funktor: Man vergisst Struktur, z.B. K-Vect → Ab, (V, +, ·) 7→ (V, +).
3
Ringe, Moduln und Polynome
3.1
Ringe und Moduln
Ab jetzt ist jeder Ring (A, +, ·) ein kommutativer Ring mit 1. A heißt nullteilerfrei (n-frei), falls ∀a, b ∈ A :
ab = 0 ⇒ a = 0 ∨ b = 0. A heißt reduziert, falls keine nilpotenten Elemente existieren: an = 0 ⇒ a = 0, n ∈ N.
Ist A n-frei, so ist A reduziert und A[X] ebenfalls n-frei.
Eine abelsche Gruppe M heißt A-Modul, falls A auf M linear wirkt, also ∃A × M → M , (a, x) 7→ ax Skalarmultiplikation mit folgenden Eigenschaften:
1. 1 · x = x
2. (ab)x = a(bx)
3. a(x + y) = ax + ay ∀a, b ∈ A ∀x, y ∈ M
Eine Teilmenge N ⊆ M heißt A-Untermodul, falls N ≤ M eine Untergruppe ist und ay ∈ N ∀a ∈ A ∀y ∈ N .
Eine Abbildung f : M → M 0 zwischen zwei A-Moduln heißt A-Modulhomomorphismus, falls f (ax + y) =
af (x) + f (y). Beispiele für Moduln sind:
1. A ist A-Modul über sich selbst. An = A × . . . × A
2. abelsche Gruppen =
g + ... + g
Z-Moduln, Ab ∼
= Z-Mod sind äquivalente Kategorien, Z × G → G, (n, g) 7→ ng =
Viele Sätze aus der Kategorie K-Vectlassen sich auf A-Modübertragen:
Homomorphiesatz :
Sei f : M → M 0 ein A-Modulmorphismus. Dann ist ker(f ) = {x ∈ M |f (x) = 0} und im(f ) = {y ∈ M 0 |∃x ∈
M : f (x) = y} sind Untermoduln von M bzw. M 0 . Weiterhin ist M/ ker(f ) ∼
= im(f ).
Existenz direktes Produkt, Summe:
(Ko-)Produkte existieren in A-Mod. Schreibe. M × M 0 für das Produkt und M ⊕ M 0 für das Koprodukt.
Andere Begriffe (lineare Unabhängigkeit, Basis, etc.) übertragen sich ebenfalls aus K-Vect, Aber: Ein AModul muss keine Basis besitzen!
Beispiel: Z/nZ ist
zeugt aber Z/nZ.
Z-Modul, aber n · 1̄ = n̄ = 0 aber n 6= 0 ⇒ keine eindeutige Darstellung der 0, 1̄ er-
Insbesondere haben A-Moduln keine Dimension und sind nicht immer isomorph zu An , n ∈
dimensionale Vektorräume). Es gibt also verschiedene Typen von Moduln.
N (wie endlich
Existiert ein surjektiver Morphismus f : An → M , so heißt M endlich erzeugt. Ist zusätzlich f injektiv, so
nennt man M frei und n den Rang von M .
M ist genau dann endlich erzeugt, wenn ∃n ∈ N ∃N Untermodul von An : M ∼
= An /N .
M ist genau dann frei von Rang n, wenn ∃ Basis mit n Elementen.
Seite 10
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3.2
Algebra 1
Ideale
Ein Untermodul von A, a ∈ A heißt Ideal, wenn gilt:
1. a ist eine kommutative Gruppe
2. ∀a ∈ A, x ∈ a gilt x · a ∈ a
Ideale entsprechen Normalteilern der Gruppentheorie im folgenden Sinne: Ist a ⊆ A ein Ideal, so existiert eine
natürliche Ringstruktur auf p : A → A/a, z.B. a = mZ ∈ Z ⇒ Z/mZ. Beispiele für Ideale sind:
1. Sei A = C ∞ (Rn ). a = {f ∈ A|f (0) = 0} ist ein Ideal von A.
2. Seien a, b, c ⊆ A Ideale. Es gilt: a + b und ab sind Ideale und a(b + c) = ab + ac
√
3. Sei a ⊆ A ein Ideal. Das Radikal von a a := {a ∈ A|∃n ∈ N : an ∈ a} ist ein Ideal.
4. Sei A = Z. Wir wissen: Alle Untergruppen sind von der Form mZ = (m) und damit Ideale. Also ist
Z/(m) = Z/mZ ein Ring.
T
5. Sei a ∈ A. Dann ist (a) das kleinste Ideal,
P das a enthält, also (a) = a∈a a = {ba|b ∈ A}. Allgemein sind
a1 , . . . , an ∈ A, so ist (a1 , . . . , an ) = { bi ai |bi ∈ A} das Erzeugnis von a1 , . . . , an .
A heißt Hauptidealring HIR, wenn A nullteilerfrei ist und aus a ⊆ A ist Ideal folgt, dass ∃a ∈ A : a = (a) ein
Hauptideal ist (also alle Ideale in A sind Hauptideale). Ein Ring heißt noethersch, falles jedes Ideal a endlich
erzeugt ist, d.h. ∃a1 , . . . , an : a = (a1 , . . . , an ). Beispiele hierfür sind:
1. A ist HIR → A noethersch.
2.
Z ist HIR.
3. Sei K ein Körper, dann ist K ein HIR.
4. Sei K ein Körper, dann ist K[X] ein HIR.
5. Sei A euklidsch, dann ist A ein HIR.
6. Im Allgemeinen folgt aus A ist ein HIR nicht, dass A[X] ein HIR ist.
Satz (Basissatz von Hilbert):
Ist A noethersch, dann ist auch A[X] noethersch.
Sei A noethersch, dann ist auch A[X1 , . . . , Xn ] noethersch. Ein Ideal a heißt maximal, falls a ( A und aus
a ⊆ b ⊆ A, b Ideal folgt, dass b = a oder b =√A. Ein Ideal a heißt prim, falls aus ab ∈ a folgt, dass a ∈ a oder
b ∈ a. Ein Ideal a heißt reduziert, falls a = a.
Sei A n-frei. Dann gilt:
1. π ∈ A irreduzibel ⇔ (π) ist maximal in der Menge der Hauptideale, d.h. (π) ⊆ (a) ⊆ A ⇒ (π) =
(a) ∨ (a) = A
2. p ist prim in A ⇔ (p) ist prim
3. Sei A ein HIR. Dann ist a prim ⇔ a ist maximal.
Beispiel : (m) ⊆ Z ist ein Primideal ⇔ |m| ist eine Primzahl und jedes Primidealist maximal.
Sei a ∈ A ein Ideal. Dann gilt:
1. a ist maximal ⇔ A/a ist ein Körper.
2. a ist prim ⇔ A/a ist n-frei.
3. a ist reduziert ⇔ A/a ist reduziert, hat also keine nilpotenten Elemente außer der 0.
Beispiel :
1. (p) ist maximal in
Z ⇔ |p| ist eine Primzahl in N ⇔ Z/pZ ist ein Körper.
2. Sei (m) ein Ideal in
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Z und nicht prim ⇒ m = ab, a, b 6= 1 ⇒ Z/mZ ist nicht n-frei.
Seite 11
Algebra 1
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3
3. (X)2 = (X 2 ) ist nicht reduziert. A[X]/(X 2 ) = {ā+b̄X̄|a, b ∈ A}, z.B.: P = Xp
+X 4 = X 2 (X+X 2 ) ∈ (X 2 ).
2
2
Dann ist P̄ = 0̄ ⇒ X̄ = 0 ⇒ X̄ ∈ A[X]/(X ) nilpotent. Tatsächlich ist (X 2 ) = (X).
Es gilt: a ist maximal ⇒ a prim (da A/a Körper, n-frei). Und a ist maximal ⇒ a ist reduziert (da A/a n-frei
⇒ A/a ist reduziert).
Das Lemma von Zorn liefert: Jeder Ring besitzt ein maximales Ideal.
3.3
Quotientenringe
Sei A ein Ring. S ⊆ A heißt multiplikative Teilmenge von A, wenn S ein Untermonoid von (A, ·) ist, also
genau dann, wenn 1 ∈ S und ∀x, y ∈ S : xy ∈ S. Beispiele hierfür sind:
1. A = Z, S = {−1, 1}
2. A = Z, S = Z/{0}
3. A = Z, S = Z
4. A = K[X], K ein Körper, S = K[X]/{0}
5. A ein beliebiger Ring außer dem Nullring, S = {a ∈ A|a 6= 0 und a ist kein Nullteiler}
Wir definieren eine Äquivalenzrelation auf A × S: Seien a, a0 ∈ A, s, s0 ∈ S. Dann ist (a, s) ∼ (a0 , s0 ) genau dann,
wenn ∃t ∈ S : tas0 = ta0 s. Wir schreiben nun as für die Äquivalenzklasse von (a, s) und S −1 A = { as |a ∈ A, s ∈ S}.
Beispiele hierfür sind:
1. Sei 0 ∈ S ⇒ ∀a, a0 ∈ A, ∀s, s0 ∈ S : (a, s) ∼ (a0 , s0 ), S −1 A = { 10 }
2.
Z−1 Z = { 01 }
Die Addition und die Multiplikation auf S −1 A funktioniert wie auf Brüchen. Wir definieren mit diesen beiden
Operationen eine Ringstruktur auf S −1 A. Dieser Ring heißt Quotientenring von A durch S, oder Ring der
Brüche. Beispiele hierfür sind:
1. ϕs : Z → S −1 Z ist ein Isomorphismus
2. S −1 Z = Q, ϕs : Z → Q
3. S −1 A =rationale Funktionen mit Koeffizienten in K
Universelle Eigenschaft des Quotientenringes:
Sei f : A → B ein Ringhomomorphismus, sodass f (t) ∈ B ∗ ∀t ∈ S ⊆ A. Dann gibt es genau einen Ringhomomorphismus g : S −1 A → B, sodass folgendes Diagramm kommutiert:
/ S −1 A
s
s
sss
s
s
s
f
sssg
s
s
sy ss
B
A
ϕs
(12)
Erfüllt φ : A → Q ebenfalls die universelle Eigenschaft an Stelle von ϕs : A → S −1 A, sogibt es einen eindeutigen
Isomorphismus g̃ : S −1 A → Q, sodass folgendes Diagramm kommutiert:
/ S −1 A
s
s
sss
s
s
s
φ
sssg̃
s
s
sy ss
Q
A
ϕs
(13)
Kategoriellen Formulierung: Sei C = (Obj, Mor) eine Kategorie. Ein Objekt P heißt initial (terminal), falls es
zu jedem Objekt Q genau einen Morphismus P → Q (Q → P ) gibt. Ein initiales und terminales Objekt nennt
man Nullobjekt. Beispiele hierfür sind:
1. Die Gruppe {1} ist ein Nullobjekt in der Kategorie Grp.
2. Der Vektorraum {0} ist ein Nullobjekt in der Kategorie K-Vect.
Seite 12
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Algebra 1
Sei A ein Ring, S eine multiplikative Teilmenge. Die Kategorie CA,S ist definiert durch die Objekte: Ringhomomorphismen f : A → B, sodass f (t) ∈ B ∗ ∀t ∈ S und ihre Morphismen: Seien f1 , f2 ∈ Obj mit f1 : A → B1 ,
f2 : A → B2 , hom(f1 , f2 ) besteht aus einem Ringhomomorphismus g : B1 → B2 , sodass folgendes Diagramm
kommutiert:
/ B1
ss
s
s
ss
f2
sgs
s
s
ss
sy ss
B2
f1
A
(14)
Dann lautet die Universelle Eigenschaft (Kategoriell): ϕs : A → S −1 A ist ein initiales Objekt in CA,S . Spezialfälle des Quotientenvektorraums sind:
1. A ist Integritätsring (also n-frei), 0 ∈
/ S,
ϕs : A → S −1 A a 7→ a/1 injektiv.
2. A beliebig, S = A∗ ,
a
s
=
a0
s0
a
s
=
a0
s0
⇔ ∃t ∈ S : tas0 = ta0 s ⇔ as0 = a0 s. Insbesondere ist
⇔ as0 = a0 s. Insbesondere ist ϕs : A → S −1 A bijektiv, also S −1 A ∼
= A.
3. A ist Integritätsring, S = A \ {0}. Dann ist S −1 A sogar ein Körper, der Quotientenkörper Q(A) von
A. as 6= 0/1 ⇔ a = 0 und ( as )−1 = as .
4. Sei A ein faktorieller Ring und pq ∈ Q(A). Zerlege p und q in Primfaktoren. p = pk11 ·. . .·pkr r ·u, q = pl11 ·. . .·plrr
Qr
i
mit pi prim, ki , li ∈ N0 , u ∈ A∗ . Dann ist pq = u · i=1 pm
mit mi = ki − li . Die Potenzen mi hängen nur
i
p
von q ab.
5. A beliebig, p ein Primideal in A, S := A \ p. Dann gilt für x, y ∈ S, dass x ∈
/ p und y ∈
/ p, also auch
xy ∈
/ p, somit xy ∈ S. Also ist S multiplikativ. Wir schreiben Ap := S −1 A der lokale Ring von A in p.
Dieser Ring besitzt genau ein maximales Ideal, nämlich p̄ = { ps |p ∈ p}.
Sei A ein Ring, a ein Ideal. Dann nennen wir A/a = {a + a|a ∈ A} den Faktorring.
Sei A ein Ring, S eine multiplikative Teilmenge. Dann nennen wir S −1 A = { as |a ∈ A, s ∈ S} den Bruchring.
3.4
Der Satz von Gauß
Satz (Gauß):
Sei A ein faktorieller Ring. Dann ist A[X] ein faktorieller Ring.
Beispiel : Sei A = K ein Körper, K[X1 ] faktoriell. Dann ist (K[X1 ])[X2 ] faktoriell. Es gilt (K[X1 ])[X2 ] ∼
=
(K[X2 ])[X1 ] =: K[X1 , X2 ]. Damit ist K[X1 , . . . , Xk ] faktoriell. Zum Beispiel ist Z[X] faktoriell aber kein HIR.
Sei A ein Integritätsring. d ist größter gemeinsamer Teiler ggT von a und b mit a, b ∈ A, wenn d|a und d|b
und aus c|a und c|b folgt c|b. d ist kleinstes gemeinsames Vielfaches kgV von a und b mit a, b ∈ A, wenn a|d
und a|b und aus a|c und a|b folgt d|c. In der Kategorie C = (Obj, Mor) mit Obj = {gemeinsame Teiler von a, b}
und Mor : r 7→ s ⇔ r|s ist das ggT ein terminales Objekt. Deshalb ist das ggT bis auf Isomorphie (also
Assoziiertheit) eindeutig.
Sei A faktoriell. Dann existieren ggT und kgV. Schreibe a = pk11 · . . . · pkr r , b = u · pl11 · . . . · plrr mit li , ki ∈ N0 .
Qr
Qr
max{ki ,li }
min{ki ,li }
und kgV(a, b) ∼ i=1 pi
.
Dann ist ggT(a, b) ∼ i=1 pi
n
Sei A faktoriell. P ∈ A[X] mit P = a0 + a1 X + . . . + an x heißt primitiv, falls ggT(a1 , . . . , an ) = 1.
Lemma (Gauß):
Sei A faktoriell, P, R primitive Polynome in A[X]. Dann ist RP auch primitiv.
Sei P ∈ A[X] \ {0}. Dann existiert ein a ∈ A, P ∗ primitiv in A[X], sodass P = aP ∗ . Wähle als a ein ggT.
Angenommen P1∗ , P2∗ ∈ A[X] primitiv und a1 , a2 ∈ A : a1 P1∗ = a2 P2∗ . Dann ist a ∼A a2 und P1∗ ∼A[X] P2∗ .
Sei K := Q(A), P ∈ K[X]. Dann existiert a, b ∈ A \ {0}, sodass bP = aP ∗ mit P ∗ primitiv in A[X].
Sei A faktoriell, K = Q(A), A ⊆ K, P ∈ A[X]. Es gelte P = RS für R, S ∈ K[X]. Dann gibt es R0 , S0 ∈ A[X],
sodass P = R0 S0 mit deg R0 = deg R, deg S0 = deg S ist.
Beispiel : Man kann P ∈
es in Q[X] geht.
6. Februar 2009
Z[X] in der Form P = RS mit deg S = 1 und deg R = 2 in Z[X] zerlegen, wenn
Seite 13
Algebra 1
Frank Reinhold
Sei A faktoriell, Q(A) = K und P ∈ A[X] \ {0}. P ist irreduzibel in A[X] genau dann, wenn deg P = 0
und P irreduzibel in A, oder wenn deg P ≥ 1 und P primitiv und irreduzibel in K[X] ist.
Beispiel : In
duzibel ist.
3.5
Z[X] sind 2 und 2X + 1 irreduzibel, wohingegen 2 + 4X + 6X 2 = 2(1 + 2X + 3X 2 ) nicht irre-
Irreduzibilitätskriterien
Satz (Eisensteinsches Irreduzibilitätskriterium):
Sei A ein faktorieller Ring, R = a0 + a1 X + . . . + an xn ∈ A[X] primitiv, q ∈ A prim, sodass gilt:
1. q 6 |an
2. q|ai ∀i ∈ {0, . . . , n − 1}
3. q 2 6 |a0
Dann ist R irreduzibel in A[X] und auch in Q(A)[X].
Beispiel : P = 2X 4 + 200X 3 + 2000X 2 + 20000X + 20 ist irreduzibel in Q[X], da P2 = X 4 + 100X 3 + 1000X 2 +
10000X + 10 nach Eisenstein irreduzibel in Z[X] ist: Wähle A = Z und q = 5 prim. Dann gilt: 5 6 |1, 5|100,
5|1000, 5|10000 und 5|10, aber 52 = 25 6 |10.
Satz (Reduktionskriterium):
Sei A faktoriell, q ∈ A prim, P = a0 + a1 X + . . . + an X n mit q 6 |an und µ : A[X] → (A/(q))[X] ein Ringhomomorphismus mit A 3 a 7→ a + (q) = a mod q und X → X. Dann gilt: Wenn µ(P ) irreduzibel in (A/(q)[X] ist,
dann ist P irreduzibel in Q(A)[X].
Beispiel : P = X 3 + 6X 2 − 7X + 1 ∈ Z[X] ist irreduzibel in Q[X]. Wende das Reduktionskriterium für
A = Z, q = 3 an. µ(P ) = 1̄X 3 + 0̄X 2 − 1̄X + 1̄ ∈ (Z/3Z)[X]. Der kleine Fermatsche Satz liefert: a3 ≡ a
mod 3 ∀a ∈ {1, 2, 3}. Also ist ā3 ā − 1̄ 6= 0 ∀ā ∈ (Z/3Z)[X]. Also besitzt µ(P ) keine Nullstellen, ist damit
irreduzibel im Körper (Z/3Z)[X]. Also ist P irreduzibel in Q[X].
3.6
Mehr über Moduln
Beispiel :
1. Sei A = K ein Körper. Dann ist jeder A-Vektorraum ein A-Modul.
2. Sei M eine abelsche Gruppe mit +, n ∈ N, m ∈ M . Dann ist n · m = m + . . . + m n-mal, 0 · m = 0M .
(−n) · m = (−m) + . . . (−m) n-mal. Daraus folgt Z × M → M . Jede abelsche Gruppe wird so zu einem
Z-Modul.
3.
Q ist auch ein Z-Modul.
4. Sei V ein K-Vektorraum, B ∈ End(V ), A := K[X]. Definiere • : K[X] × V → V , (P, v) 7→ P (B)v. Jeder
Vektorraum mit einem Endomorphismus ist ein K[X]-Modul.
Sei f : M1 → M2 ein A-Homomorphismus. Dann gilt:
1. ker(f ) und im(f ) sind Untermoduln.
2. f ist ein Epimorphismus im Sinne von Kategorien ⇔ f ist surjektiv.
3. ker(f ) = {0} ⇔ f ist injektiv ⇔ f ist ein Monomorphismus im Sinne von Kategorien.
f1
fk−1
Eine exakte Sequenz von A-Morphismen ist eine Folge von A-Homomorphismen M1 −→ M2 → . . . −→ Mk mit
im(fi ) = ker(fi+1 ) ∀i ∈ {1, . . . , k − 2}.
Beispiel :
f
1. f ist injektiv ⇔ 0 → M → N ist exakt.
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Algebra 1
f
2. f ist surjektiv ⇔ M → N → 0 ist exakt.
3. Sei N ,→ M ein Untermodul. Dann ist 0 → N ,→ M → M/B → 0 exakt.
f
4. Sei f : M → N ein A-Homomorphismus. Dann ist 0 → ker(f ) ,→ M → N → N/ im(f ) → 0 exakt.
N/ im(f ) = coker(f ) heißt der Cokern von f .
Schlangen-Lemma:
Gegeben sei ein kommutierendes Diagramm von A-Moduln, dessen Zeilen exakt sind:
m1
M1
/ M2
f1
f2
/ N1
0
n1
/ N2
/0
/ M3
m2
(15)
f3
/ N3
n2
Sei Ki := ker(fi ), Ci := coker(fi ) = Ni / im(fi ) mit i = 1, 2, 3. Dann existiert eine exakte Sequenz
k
k
δ
c
c
1
2
1
2
K1 −→
K2 −→
K3 −→ C1 −→
C2 −→
C3
(16)
Unter den Voraussetzungen des Schlangenlemmas gilt:
1. f1 , f3 injektiv ⇒ f2 injektiv
2. f1 , f3 surjektiv ⇒ f2 surjektiv
3. f2 bijektiv ⇒ ker(f3 ) ∼
= coker(f1 )
3.7
Elementarteilersatz
Sei A ein kommutativer Ring
I) eine Familie von A-Moduln. Das direkte Produkt der
Q mit 1. Sei (Mi |i ∈ S
(Mi |i ∈ I) ist definiert als i∈I Mi := {f ∈ Abb(I, i∈I Mi |∀i ∈ I : f (i) ∈ Mi }. Addition
und Multiplikation
Q
mit Skalaren erfolgen Komponentenweise. Die Abbildung πj :=
M
→
M
,
j
∈ I, (mi )i∈I 7→ mj
i
j
i∈I
heißt Projektion auf die j-te Komponente. Zu jedem A-Modul
N
und
jeder
Familie
von
A-Homomorphismen
Q
(fj : N → Mj )j∈I gibt es genau eine Abbildung f : N → i∈I Mi , sodass folgendes Diagramm kommutiert:
N KK
KKK
KKKf
KKK
fj
KKK
K
Q%
Mj o
i∈I Mi
πj
(17)
L
Q
Die Abbildung i∈I Mi := {f ∈ i∈I Mi |#{i ∈ I|f L
(i) 6= 0} < ∞} heißt das Koprodukt,
S oder die direkte
Summe der (Mi |i ∈ I). Die Abbildung ιj : Mj →
M
,
M
3
m
→
7
f
∈
Abb
(I,
i
j
e
i∈I
i∈I Mi ) mit f (i) =
m, falls i = j und f (i) = 0 für i 6= j heißt Inklusion. Zu jedem A-Modul
N
und
jeder
Familie von AL
Homomorphismen (fj : Mj → N )j∈I gibt es genau eine Abbildung f :
M
→
N
,
sodass
folgendes
i
i∈I
Diagramm kommutiert:
NO eKK
KKK
KKKf
KKK
fj
KKK
K
L
/
Mj
ιj
(18)
i∈I
Mi
Wenn I endlich ist, so ist das Produkt gleich dem Koprodukt.
P
P
Sei
i∈I Mi := {
i∈I mi |(mi )i∈I ∈
L M ein A-Modul, (Mi |i ∈ I) eine Familie von Untermoduln. Dann ist
M
}
die
Summe
von
Untermoduln.
i
i∈I L
P
P
Sei J : i∈I Mi → M , (mi )i∈I 7→ i∈I mi ∈ i∈I Mi ⊆ M . Dann ist J ein A-Homomorphismus. Die Summe
P
i∈I Mi heißt direkt, wenn J injektiv ist.
Q
Sei Mi = M ∀i ∈ I. Dann ist M I := i∈I Mi = Abb(I, M ). Wenn #I = k und #A = m ist, dann ist
L
#AI = mk . Es ist M (I) := i∈I Mi = Abbe (I, M ).
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Sei M ein A-Modul, (mi )i∈I eine Familie von Elementen von M .
ϑ(mi )i∈I : A(I) −→ M
X
(ai )i∈I 7−→
ai mi
(19)
(20)
i∈I
ist ein A-Homomorphismus. Dann gelten folgende Definitionen:
1. (mi )i∈I erzeugt M ⇔ ϑ(mi ) ist surjektiv
2. (mi )i∈I ist Erzeugendensystem von M ⇔ ϑ(mi ) ist surjektiv
3. (mi )i∈I ist linear unabhängig ⇔ ϑ(mi ) ist injektiv
4. (mi )i∈I ist frei ⇔ ϑ(mi ) ist injektiv
5. (mi )i∈I ist Basis von M ⇔ ϑ(mi ) ist bijektiv
6. M ist frei ⇔ ∃ Basis von M
7. M ist endlich oder endlich erzeugt ⇔ ∃ endliches Erzeugendensystem von M
8. Rang(M ) := max{#I|(mi )i∈I ist frei} die maximale Anzahl der linear unabhängigen Elemente
m ∈ M heißt Torsionselement, wenn ∃a ∈ A \ {0} mit am = 0. Tors(M ) := {m ∈ M |m ist Torsionselement}.
M heißt Torsionsmodul, wenn Tors(M ) = M und torsionsfrei, wenn Tors(M ) = {0}.
Beispiel : Der
Z-Modul Z/nZ mit n ∈ N ist ein Torsionsmodul, da nx̄ = nx = 0̄ in Z/nZ ist.
Sei A ein Integritätsring, M ein A-Modul. Dann ist Tors(M ) ein Untermodul von M und M/ Tors(M ) ist
torsionsfrei.
Sei A ein Ring. Jeder A-Modul ist Quotient eines freien A-Moduls.
Sei M ein A-Modul, U ⊆ M ein A-Untermodul. U heißt direkter Faktor, wenn ∃V ⊆ M Untermodul mit
U ⊕ V = M.
Sei A ein Ring. Sei weiterhin 0 → N → M → P → 0 eine kurze exakte Sequenz von A-Moduln. Dann sind
äquivalent:
1. im(f ) ist ein direkter Faktor.
2. ∃s ∈ hom(P, M ), sodass g ◦ s = idP , die Sequenz zerfällt.
3. ∃r ∈ hom(M, N ), sodass r ◦ f = idN
In allen Fällen ist M ∼
= N ⊕ P.
Falls P ein freier Modul ist, dann zerfällt die Exakte Sequenz immer.
Sei A ein Integritätsring, F ein freier A-Modul. Seien weiterhin (ei |i ∈ I) unf (fj |j ∈ J) Basen von F . Dann
gilt: #I = #J.
Sei A ein Hautpidealring, F ein freier A-Modul vom Rang 2 mit Basis (e1 , e2 ) und α, β ∈ A, sodass ggT(α, β) = 1.
Dann kann ε1 = αe1 + βe2 zu einer Basis ergänzt werden.
Satz (Elementarteilersatz):
Sei A ein Hauptidealring, F ein freier, endlich erzeugter A-Modul und M ein A-Untermodul von (F ). Dann gilt:
1. M ist ebenfalls ein endlich erzeugter freier A-Modul mit r := Rang(M ) ≤ Rang(F ) =: n.
2. ∃ Basis (e1 , . . . , en ) von F und a1 , . . . , ar ∈ A \ {0}, sodass (a1 e1 , . . . , ar er ) eine Basis von M ist mit
a1 |a2 | . . . |an .
3. Der Untermodul MSat , der von e1 , . . . , er erzeugt wird, ist unabhängig von der Wahl der Basis und der
Wahl der ai .
4. Die ai sind bis auf Assoziiertheit eindeutig.
Lr
5. Es gilt MSat /M ∼
= Tors(F/M ) ∼
= i=1 (A/(ai ))
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Algebra 1
Die ai heißen Elementarteiler von M ⊆ F . Die Saturierung von M ⊆ F ist MSat := {x ∈ F |∃a ∈ A \ {0} :
ax ∈ M }.
∗
Sei A ein
|bs−1 | . . . |b1 und c1 , . . . , ct ∈ A \ {A∗ ∪ {0}} mit ct |ct−1 | . . . |c1 ,
LsHIR, b1 , . . . , bs ∈ A \ {A ∪ {0}} mit bsL
t
sodass i=1 A/(bi ) isomorph (als A-Modul) zu i=1 A/(ci ) ist. Dann gilt t = s und ci ∼ bi ∀i ∈ {1, . . . , s}.
Sei A ein HIR. Dann sind Untermoduln von endlich erzeugten Moduln ebenfalls endlich erzeugt.
Sei A ein HIR und M ein endlich erzeugter A-Modul. Dann existiert ein freier Modul F Untermodul von M ,
sodass M = Tors(M ) ⊕ F und es gilt: ∃a ∈ A \ {0} ∀x ∈ Tors(M ) : ax = 0.
Insbesondere: Sei A HIR und M endlich erzeugt & torsionsfrei. Dann ist M ein freier A-Modul.
Beispiel (Satz über endlich erzeugte abelsche Gruppen):
G = Z/2 × Z/4 × Z/12 × Z/60
(21)
Dann sind die Elementarteiler von G: 2, 4, 12, 60 mit 12 = 22 · 31 und 60 = 22 · 31 · 51 . Also ist:
G = Z/2 × Z/4 × Z/4 × Z/3 × Z/4 × Z/3 × Z/5
(22)
Sei R ein Ring, a1 , a2 Ideale von R mit R = a1 + a2 = {a + b|a ∈ a1 , b ∈ a2 }. Dann ist R/a1 ∩ a2 ∼
= R/a1 × R/a2 .
Sei A ein HIR, a = pk11 · . . . · pkr r , pi prim und paarweise verschieden. Dann gilt: A/(a) ∼
= A/(pk11 ) × . . . × A/(pkr r .
Ein A-Modul M heißt unzerlegbar, falls M 6= 0 und 6 ∃ A-Moduln M1 , M2 , sodass M1 6= 0 6= M2 und
M∼
= M1 ⊕ M2 .
Der Modul A/(pk ) mit p prim und k ∈ N ist unzerlegbar.
Wir wissen also:
Wenn A ein HIR und M ein endlich erzeugter A-Modul ist, dann ist M die direkte Summe von unzerlebaren
Moduln und die unzerlebaren Moduln sind genau die Moduln der Form A/(pk ), sodass p prim und k ∈ N ist.
Sei nun K ein Körper, K[X] =: A ein HIR, V ein K-Vektorraum, f ∈ End(V ). V ist auch ein K[X]-Modul,
wobei wir definieren: K[X] × V → V , (P, v) 7→ P (f )(v) = P • v. Angenommen dim(V ) < ∞, dann ist µf das
Minimalpolynom von f und es gilt: µf • v = µf (f )(v) = 0. Also ist TorsK[X] (V ) = V , V ein Torsionsmodul.
k
Der Elementarteilersatz liefert: V ∼
= K[X]/(pk11 ) ⊕ . . . ⊕ K[X]/(pl l ) = V1 ⊕ . . . ⊕ Vl . f (Vi ) ⊆ Vi , also sind die
Vi f -invariant. Pi ∈ K[X] irreduzibel. ⇒ Zerlegungssatz aus der Linearen Algebra 2, Kapitel 2, Satz 1.5. Man
erhält hieraus große Teile der Normalformentheorie von Endomorphismen.
Beispiel (Jordannormalform): Sei K abgeschlossen, d.h. Pi = (X − αi ), αi ∈ K. Sei f : Vi → Vi und
•X : K[X]/(pki i ) → K[X]/(pki i ). Dann entspricht f der Multiplikation • mit X. Eine Basis von Vi ist
(1̄, X − αi , (X − αi )2 , . . . , (X − αi )ki −1 = b
Dann gilt: f (b0 ) = f (1̄) = X̄ = b1 + αi b0 , f (bj+1 ) = bj

αi

1


M atb (f ) =  0

.
 ..
0
+ αi bi und damit:

0

..

.


..
..

.
.


..
.
..

. ..
.
... 0
1 αi
(23)
(24)
Wir erhalten die Jordansche Normalform.
4
4.1
Körper
Motivation
Studiere Körpererweiterungen K ⊂ L 3 α. K[α] := im(evα ) = {a0 + a1 α + . . . + an αn |a0 , . . . , an ∈ K, n ∈ L}
ist der kleinste Unterring von L, der K und α enthält. K[α1 , . . . , αn ] := {f (α1 , . . . , αn )|f ∈ K[X1 , . . . , Xn ]}
ist der kleinste Unterring von L, der K und alle αi enthält. K(α1 , . . . , αn ) := { ab |a ∈ K[α1 , . . . , αn ], b ∈
K[α1 , . . . , αn ] \ {0}} ∼
= Q(K[α1 , . . . , αn ]) ist der kleinste Körper, der K und alle αi enthält, genannt die von
α, . . . , αn erzeugte Körpererweiterung von K.
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Algebra 1
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Sei evα injektiv, also ker(evα ) = 0, dann heißt α transzendent über K, oder αtrans|K .
Sei ker(evα ) = a 6= 0, dann heißt α algebraisch über K und fα = X n +cn−1 X n−1 +. . . mit fα ∈ K[X] : a = (fα )
das Minimalpolynom von α über K. Es gilt: a ist prim ⇒ fα ist prim, also ein irreduzibles Polynom in K[X]
und α ist maximal ⇒ K[X]/a ∼
= K[α] ist ein Körper ⇒ K(α) = K[α] für α algebraisch.
4.2
Grundlegende Begriffe
K ⊆ L Körpererweiterung, oft K ≤ L. L ist ein K-Vektorraum. [L : K] = dimK L ∈ N ∪ {∞} ist der Grad der
Körpererweiterung. Man sagt:
1. K ≤ L ist eine endliche KE, falls [L : K] < ∞ ist.
2. K ≤ L ist eine einfache KE, falls ∃α ∈ L, sodass K(α) = L gilt.
3. K ≤ L ist eine algebraische KE, falls alle α ∈ L algebraisch über K sind.
Sei K ≤ L und α ∈ L algebraisch über K mit Minimalpolynom fα . Dann gilt [K(α) : K] = deg fα und deg fα
heißt der Grad von α über K.
Ist K ≤ L eine endliche KE, so ist sie algebraisch.
Satz (Gradsatz):
Seien K ≤ L ≤ M Körpererweiterungen. Dann gilt [M : L] · [L : K] = [M : K] mit i · ∞ = ∞ · i = ∞ für i ∈ N0
√
√
√
√
Beispiel (Anwendung): Q( 3 2) =√Q[ 3 2] ist kein Unterkörper von Q( 8 5). Das Minimalpolynom
von 3 2 ist
√
X 3 − 2 irreduzibel. Dann
ist [Q( 3 2 : Q] = deg(X 3 −
2) = 2. √
Das Minimalpolynom von√ 8 5 ist X 8 − 5√irre√
√
8
3
duzibel.
Dann ist
[Q( 5 : Q] = 8. Angenommen Q( 2) ≤ Q( 8 5). Dann wäre 8 = [Q( 8 5) : Q] = [Q( 3 2) :
√
√
8
3
Q][Q( 5) : Q( 2)] = 3 · x mit x ∈ N ∪ {∞}. Widerspruch.
Seien α1 , . . . , αn ∈ L algebraisch über K, K ≤ L. Dann gilt K(α1 , . . . , αn ) = K[α1 , . . . , αn ] und [K(α1 , . . . , αn ) :
K] < ∞. Insbesondere ist K(α1 , . . . , αn ) algebraisch über K. Also ist das Produkt und die Summe von algebraischen Zahlen wiederum algebraisch.
Seien K ≤ L ≤ M Körpererweiterungen. Dann gilt:
1. Ist α ∈ M algebraisch über L und K ≤ L algebraisch. Dann ist α algebraisch über K.
2. K ≤ L algebraisch, L ≤ M algebraisch ⇔ K ≤ M algebraisch (Transitivität).
Ist K ≤ L endlich, so ist K ≤ L algebraisch. Die Umkehrung gilt nicht!
Seien K, L Körper, ϕ : K → L ein Ringhomomorphismus mit ∀a ∈ K \ {0} : ϕ(a−1 )ϕ(a) = ϕ(a−1 a) = ϕ(1) = 1,
ϕ(a) ∈ L∗ = L \ {0}. Dann ist ϕ injektiv und es gilt: ϕ( ab ) = ϕ(a)
ϕ(b) ∀a ∈ K ∀b ∈ K \ {0}. Wenn wir K mit dem
Bild ϕ(K) identifizieren, erhalten wir eine Körpererweiterung.
4.3
Der algebraische Abschluss, Teil 1 (Existenz)
Ein Körper K heißt algebraisch abgeschlossen, wenn jedes Polynom f ∈ K[X] mit deg(f ) ≥ 1 mindestens
eine Nullstelle besitzt.
Sei K ein Körper, f ∈ K[X], deg(f ) ≥ 1. Dann existiert eine Körpererweiterung L ≥ K, sodass f in L eine
Nullstelle besitzt. Diese Erweiterung ist einfach: L = K(α). Man sagt: Wir haben eine Wurzel von f dazuadjungiert.
Sei A ein Ring, a / A, a 6= A ein Ideal. Dann besitzt A ein maximales Ideal m / A, m 6= A, sodass a ≤ m.
Satz (E. Steinitz 1910):
Sei K ein Körper. Dann gibt es eine algebraische Körpererweiterung L ≥ K, sodass L algebraisch abgeschlossen
ist.
4.4
Charakteristik und Primkörper
Sei A ein Ring und ϕZ → A, ϕ(n) = n·1, ϕ(−n) = n·(−1), ϕ(0) = 0. Der Kern der Abbildung ist ker(ϕ) = (m).
m ∈ N0 heißt Charakteristik von A.
√
Beispiel: A = Z/mZ hat Charakteristik m, A = Q, R, Z, Q( 2), . . . haben Charakteristik 0.
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Algebra 1
Sei A nullteilerfrei. im(ϕ) ∼
= Z/mZ. Also ist dann m prim, oder m = 1, oder m = 0.
Sei A = K ein Körper. Der von im(ϕ) erzeugte Körper heißt der Primkörper von K. Es ist der kleinste
Unterkörper von K.
Sei P der Primkörper von K. Dann gilt: char(P ) = char(K)
Sei K ein Körper mit Primkörper P . Dann gilt:
1. char(K) = p > 0 ⇔ P ∼
= Z/pZ
2. char(K) = 0 ⇔ P ∼
=Q
Pp
Sei K ein Körper der Charakteristik p > 0. Dann ist p·a = 0 ∀a ∈ K. Weiterhin gilt (a+b)p = i=0 pi ai bp−i =
ap + bp . Der Frobeniushomomorphismus F : K → K, F(a) = ap ist ein Körpermonomorphismus.
4.5
Der algebraische Abschluss, Teil 2 (Eindeutigkeit)
Sei σ : K → L ein Körperhomomorphismus. Wir schreiben:
!
n
n
X
X
σ
i
evβ
ai X =
σ(ai )β i
f σ :=
i=0
evσx (f )
(25)
i=0
(26)
Sei K ≤ K 0 = K(α) eine einfache algebraische Körpererweiterung von K. Sei f das Minimalpolynom von α mit
α ∈ K 0 \ K. Sei σ : K → L ein Körperhomomorphismus. Dann gilt:
1. Ist σ 0 : K 0 → L ein Körperhomomorphismus, der σ fortsetzt, so ist σ 0 (α) Nullstelle von f σ .
2. Für alle Nullstellen β ∈ L von f σ gibt es genau einen Körperhomomorphismus σ 0 : K 0 → L, der σ
fortsetzt, sodass σ 0 (α) = β. Also ist insbesondere die Anzahl der Fortsetzungen gleich der Anzahl aller
Nullstellen.
Ein Körper K ist algebraisch abgeschlossen, genau dann wenn es keine echte algebraische Körpererweiterung
gibt.
Sei σ : K → L ein Körperhomomorphismus, L algebraisch abgeschlossen. Sei K 0 eine algebraische Körpererweiterung K 0 ≤ K. Dann setzt sich σ zu einem Körperhomomorphismus σ 0 : K 0 → L fort:
/
s9 L
ss
s
s
ss
ss 0
s
s
ss σ
sss
K0
K
σ
(27)
Korollar (Eindeutigkeit des algebraischen Abschlusses):
Seien σ1 : K → L1 und σ2 : K → L2 Körperhomomorphismen, Li ein algebraischer Abschluss von σi (K) für
i = 1, 2. Dann gibt es einen Körperisomorphismus ϕ : L1 → L2 , sodass folgendes Diagramm kommutiert:
K?
 ???

??σ2
σ1 
??

??


?

/ L2
L1
ϕ
4.6
(28)
Zerfällungskörper
Sei K Körper, F = (fi )i∈I , fi ∈ K[X] \ K. Ein Erweiterungskörper L ≥ K heißt Zerfällungskörper über K
von F, falls gilt:
1. Jedes fi zerfällt in L in Linearfaktoren.
2. L wird von K und den Nullstellen der fi (als Körper) erzeugt.
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Algebra 1
Frank Reinhold
Ein solcher Zerfällungskörper existiert. Seien L1 ≥ K und L2 ≥ K zwei Körpererweiterungen. Ein K-Homomorphismus
ist ein Körperhomomorphismus σ : L1 → L2 , sodass σ|K = id ist. Entsprechend definieren wir K-Isomorphismus,
K-Endomorphismus und K-Automorphismus.
Seien L1 und L2 zwei Zerfällungskörper über K zu F, L̄2 ein algebraischer Abschluss von L2 . Sei σ : L1 → L̄2
ein K-Homomorphismus. Dann gilt: σ(L1 ) = L2 . Insbesondere ist σ : L1 → L2 ein K-Isomorphismus.
Zwei Zerfällungskörper L1 , L2 über K zu F sind K-isomorph.
Sei K ≤ L eine algebraische Körpererweiterung, L̄ ein algebraischer Abschluss von L. Dann sind äquivalent:
1. Jeder K-Homomorphismus σ : L → L̄ erfüllt σ(L) = L.
2. L ist Zerfällungskörper von einer Familie von Polynomen aus K[X].
3. Ist f ∈ K[X] irreduzibel in K[X] und sei f (α) = 0 für ein α ∈ L. Dann zerfällt f in Linearfaktoren in
L[X].
In diesem Fall heißt K ≤ L normale algebraische Körpererweiterung.
Beispiel: Sei [L : K] = 2. Dann ist L ≥ K normal.
L ist Zerfällungskörper zur Familie {fx |x ∈ L \ K}, deg(fx ) = 2. Dann gilt: Jedes Polynom von Grad 2 mit
einer Nullstelle zerfällt in Linearfaktoren.
Normalität ist nicht transitiv!
4.7
Seperable Körpererweiterungen
Sei f ∈ K[X], K̄ ein algebraischer Abschluss von K. Wir sagen f hat nur einfache Nullstellen, falls f nur
einfache Nullstellen in K̄ hat. f hat mindestens eine mehrfache Nullstelle, falls f mindestens eine mehrfache
Nullstelle in K̄ hat. f ∈ K[X] heißt seperabel, falls f nur einfache Nullstellen hat.
Sei K̄ ein algebraischer Abschluss von K, f ∈ K[X] \ K, f (α) = 0, α ∈ K̄. Dann sind äquivalent:
1. α ist mehrfache Nullstelle von f .
2. f (α) = 0 und f 0 (α) = 0 (wobei f 0 die Ableitung des Polynoms f ist).
3. α ist Nullstelle von ggT(f, f 0 ).
Sei f ∈ K[X] irreduzibel. Dann hat f eine mehrfache Nullstelle, genau dann, wenn f 0 = 0.
In Charakteristik 0 gilt: deg(f ) ≥ 1 und f normiert ⇒ f 0 6= 0. Also: Ein irreduzibles Polynom hat keine mehrfache Nullstelle. In Charakteristik 0 ist also jedes irreduzible Polynom seperabel.
Beispiel: Fp := Z/pZ mit p prim, Y sei Unbestimmte, K := Q(Fp [Y ]) =: Fp (Y ). Dann ist R := Fp [Y ]
ein faktorieller Ring. Mit Eisenstein ist f = X p − Y ∈ K[X] primitiv und irreduzibel in R[X], also in K[X]. Es
gilt f 0 = pXp − 1 = 0 in Charakateristik p. f ist ein irreduzibles Polynom mit mehrfachen Nullstellen.
Sei L ≤ K eine algebraische Körpererweiterung, α ∈ L ist separabel über K, falls α Nullstelle eines separablen Polynoms f ∈ K[X] \ K ist. Dies äquivalent zu: Das Minimalpolynom fα von α ist separabel. L ist
separabel über K, falls alle α ∈ L separabel über K sind. L ≤ K ist eine separable Körpererweiterung. K
heißt vollkommen, falls alle algebraischen Körpererweiterungen von K separabel sind. Also: In Charakteristik
0 sind alle Körper vollkommen.
Seien K ≤ L und L ≤ M separable Körpererweiterungen. Dann ist auch K ≤ M eine separable Körpererweiterung.
Satz vom primitiven Element:
Sei K ≤ L eine separable Körpererweiterung mit [L : K] < ∞. Dann existiert α ∈ L mit L = K(α).
Jede endliche separable Körpererweiterung ist einfach.
In Charakteristik 0 gilt: Jede endliche Körpererweiterung ist einfach. Eine endliche Körpererweiterung ist eine
einfache algebraische Körpererweiterung.
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4.8
Algebra 1
Endliche Körper
Endliche Körper sind Körper mit endlich vielen Elementen. Sei F ein Körper mit endlich vielen Elementen.
Sei P der Primkörper von F. Dann gibt es ein p prim mit Fp ≡ P , p ≤ char(F) = char(P ) > 0. F ist ein
P -Vektorraum und #F = (#Fp )[F:P ] = pk mit k ∈ N.
Sei F ein endlicher Körper mit Primkörper Fp , p prim, q := #F, q = pk . Dann ist F ein erfällungskörper über
Fp zum Polynom X q − X.
Gilt #K1 = #K2 < ∞, so sind K1 und K2 isomorph.
Sei p prim, k ∈ N. Dann existiert ein endlicher Körper Fpk mit pk Elementen.
Dieses Fpk ist der einzige Unterkörper von F̄p , der pk viele Elemente enthält.
Es gilt: Fpr ≤ Fps ⇔ r|s.
Jede algebraische Körpererweiterung eines endlichen Körpers ist normal und separabel.
Sei K ein Körper und H eine Untergruppe von (K ∗ , ·). Dann ist H eine zyklische Gruppe. Wenn K ein endlicher
Körper ist, dann ist (K ∗ , ·) zyklsich.
4.9
Körperautomorphismen
Sei K ≤ L eine Körpererweiterung. Aut(L) = {ϕ : L → L|ϕ Isomorphismus von Körpern} heißt die Automorphismengruppe von L. Gal(L/K) = {ϕ ∈ Aut(L)|ϕ|K = 1} heißt die Galois-Gruppe der Körpererweiterung
K ≤ L. Aut(L) und Gal(L/K) sind Gruppen.
Beispiel:
1. Aut(Z/pZ) = {1}. Gal(Z/pZ ≤ Z/pZ) = {1}.
2. Gal(R ≤ C) = {1C , c} mit c = komplexe Konjugation, denn:
ϕ ∈ Gal(C/R) : ϕ(1) = 1, ϕ(a) = a ∀a ∈ R, ϕ(i) = i ∨ −i.
Fortsetzungssatz:
Sei α algebraisch über K. Dann gilt:
1. Jedes ϕ ∈ Gal(K ≤ K(α)) ist eindeutig durch ϕ(α) bestimmt.
2. Sei fα ∈ K[X] das Minimalpolynom von α und ϕ ∈ Gal(K(α)/K). Dann ist ϕ(α) Nullstelle von fα in
K(α).
3. Es ist # Gal(K(α)/K) = #{Nullstellen von fα in K(α)}.
Beispiel:
1.
C = R(i), fi = X 2 + 1. Die Nullstellen von fi in C sind {±i}. ϕ ∈ Gal(C/R) sind durch ϕ(i) = ±i
eindeutig bestimmt.
√ √ √
√
2πi
3
3
Nullstellen { 3 2, 3 2ξ, 3 2ξ 2 } mit ξ = e 3 , also ξ 3 = 1.
2. Gal(Q ≤ Q( 3 2)) = {1}, weil: f √
2 = X − 2 hat√
√
√
Also ist 3 2 ∈ Q( 3 2) die einzige Nullstelle in Q( 3 2).
3. Sei [L : K] = 2. Dann ist ∀α ∈ L \ K : L = K(α). fα = (X − α)(X − β) ∈ K[X] mit α, β ∈ L \ K.
Nehmen wir an, dass char(K) 6= 0 und |K| < ∞ ist, dann ist K vollkommen und damit fα separabel.
Also ist α 6= β. Das heißt die Nullstellen von fα in K(α) = L sind α, β. Also ist # Gal(L/K) = 2 und
Gal(L/K) = {1, ϕ : L → L : ϕ(α) = β}.
GalK (f ) := Gal(Kf /K) mit Kf dem Zerfällungskörper von K heißt Galois-Gruppe von f und ist bis auf
Isomorphie eindeutig.
Sei f ∈ K[X], n = deg(f ), σn = Perm({1, . . . , n}). Dann ist GalK (f ) isomorph zu einer Untergruppe von σn
und wirkt auf der Menge der Nullstellen {α1 , . . . , αn } in Kf . Ist f zusätzlich irreduzibel, so ist die Wirkung
transitiv.
Sei K ≤ L eine Körpererweiterung. Dann ist # Gal(L/K) ≤ [L : K].
Beispiel:
1. f = X3 − 1, Qf ≡ Q(1, ξ, ξ2) = Q(ξ) ist eine einfache Körpererweiterung mit ξ = e 3 die 3. Einheitswurzel. Es ist X3 − 1 = (X − 1)(X2 + X + 1). ϕ1 (ξ) = ξ und ϕ2 (ξ) = ξ2 liefert die Galoisgruppe
GalQ (f ) = {1, ϕ1 } ≡ Z/2Z.
2πi
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√
2. F = X3−2 irreduzibel in Q[X] nach Eisenstein mit p = 2. α = α1 = 3 2. Dann ist Qf ≡ Q(α1 , α1 ξ, α1 ξ2) =
Q(α1 , ξ). Weiterhin gilt ψij (ξ) = ξ j mit j = 1, 2 und ψij |Q(α1 ) = ϕi und ϕi (α1 ) = αi mit i = 1, 2, 3 und
ϕi |Q = 1Q . Damit ist {ψij |i = 1, 2, 3 j = 1, 2} ⊆ GalQ (f ) und GalQ (f ) ≤ [Qf : Q] = 6. Also ist
GalQ (f ) ≡ σ3 .
Lemma (Dedekind):
Sei A eine Algebra über K, dimK (A) = n, K ≤ L eine Körpererweiterung. Dann ist # homK-Alg (A, L) \ {0} ≤ n
mit homK-Alg (A, L) \ {0} = {χ : A → L|χ ∈ homK (A, L), χ(AB) = χ(A)χ(B)}.
Sei K ≤ E ≤ L eine algebraische Körpererweiterung. Dann gilt
1. Sei K ≤ L normal. Dann ist E ≤ L normal, aber im allgemeinen K ≤ E nicht normal.
2. K ≤ L ist separabel genau dann, wenn K ≤ E und E ≤ L separabel sind.
3. Sei K ≤ L galoisch (separabel und normal). Dann ist E ≤ L galoisch.
Sei K ≤ L eine galoische Körpererweiterung, K ≤ E ≤ L. Dann ist Gal(L/E) = {σ ∈ Aut(L)|σ|E = 1E } ≤
{σ ∈ Aut(L)|σ|K = 1K } = Gal(L/K) eine Untergruppe.
Es ist Gal(L ≥ K) = Gal(L/K) = AutK (L) und Aut(L) = AutP (L) (L) = Gal(L ≥ P (L)) mit P (L) ist der
Primkörper von L.
Sei K ≤ E ≤ L eine Körpererweiterung, K ≤ L galoisch, K ≤ E galoisch, ϕ ∈ Gal(L ≥ K). Dann gilt
ϕ(E) = E. Also ϕ|E ∈ Gal(E ≥ K).
Sei K ≤ E ≤ L wie gerade. Dann ist Gal(L ≥ K) → Gal(E ≥ K) mit ϕ 7→ ϕ|E ein surjektiver Gruppenhomomorphismus.
Sei L ein Körper, G eine Untergruppe von Aut(L). Sei K := LG = {x ∈ L|σ(x) = x ∀σ ∈ G} der Fixkörper
von L unter G. Ist G endlich, dann ist L ≥ K eine endliche Galois-Erweiterung und [L : K] = #G und
Gal(L ≥ K) = G.
Wir sehen: Für galoische Körpererweiterungen L ≥ K gilt: # Gal(L ≥ K) < ∞ ⇔ [L : K] < ∞. Also mit
LGal(L≥K) = K, [L : K] < ∞ ist # Gal(L ≥ K)∞ ⇒ [LGal(L≥K) : L] < ∞.
Sei K ≤ L galoisch, K ≤ E ≤ L ⇒ E ≤ L galoisch, aber im Allgemeinen nicht K ≤ E normal.
Satz (Hauptsatz der Galoistheorie):
Sei L ≥ K eine endliche Galoiserweiterung und G = Gal(L ≥ K).
1. Dann sind die folgenden Abbildungen Φ und Ψ bijektiv:
Φ : {Untergruppen von G} → {Zwischenkörper von K ≤ L}
H 7→ LH
(29)
Ψ : {Zwischenkörper von K ≤ L} → {Untergruppen von G}
E 7→ Gal(L ≥ K) ≥ Gal(L ≥ E)
(30)
und es ist Φ−1 = Ψ.
2. H ist eine normale Untergruppe genau dann, wenn Φ(H) = LH eine normale Erweiterung von K ist.
3. Ist H eine normale Untergruppe von G, dann induziert G → Gal(LH ≥ K), σ 7→ σ|LH einen Isomorphismus von
∼
G/H −→ Gal(LH ≥ K)
(31)
Sei K ≤ L eine algebraische Körpererweiterung. Wähle eine Menge J ⊆ L \ K, sodass L = K(J). Zu jedem
α ∈ J sei fα das Minimalpolynom von α über K. L̄ sei der algebraische Abschluss von L und K. Definiere:
L0 := {β ∈ L̄|β ist Nullstelle von fα für α ∈ J} den Zerfällungskörper zu (fα |α ∈ J) über K. L0 ≥ L ⇒ L0 ≥ K
eine normale algebraische Körpererweiterung. L0 heißt die normale Hülle von L ≥ K.
Falls [L : K] < ∞ ist, dann ist [L0 : K] < ∞. Wähle #J < ∞.
Falls L ≥ K separabel ist, dann ist auch L0 ≥ K separabel.
Sei K ≤ L eine endliche separable Körpererweiterung. Dann gibt es nur endliche Zwischenkörper E, K ≤ E ≤ L.
4.10
Einheitswurzeln
Sei a ∈ K, n ≥ 1. Dann ist a eine n-te Einheitswurzel, wenn an = 1 ist, also wenn a eine Nullstelle von
X n − 1 ist.
En (K) := {a ∈ K̄|an = 1} ist eine zyklische Untegruppe von K. Den kleinsten Körper, der K und alle n-ten
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Algebra 1
n .
Einheitswurzeln enthält, nennen wir K √
1
Beispiel: Sei K = Q < Q̄ < C. Dann ist En (Q) = {e
2πik
n
|0 ≤ k < n}.
Es ist #En (K) ≤ n, da X n − 1 höchstens n Nullstellen hat.
f = X n − 1 hat eine mehrfache Nullstelle in a, genau dann, wenn f (a) = 0 und f 0 (a) = 0 ⇔ an = 1 und
nan−1 = 0.
Falls char(K) 6 |n, dann ist an−1 = 0 und an = 1, was nicht möglich ist. In diesem Fall sind also alle Nullstellen
von X n − 1 einfach und deswegen #En (K) = n.
Falls char(K)|n gilt, so ist jede Nullstelle
mehrfach. Sei p = char(K) > 0 und n = pl. Dann verschwinden alle
Binomialkoeffizienten der Form pj , 0 < j < p, und es ist (X l − 1)p = X lp + (−1)p = X n − 1.
Sei nun char(K) 6 |n. Dann ist En (K) = Z/nZ. Eine Einheitswurzel ξ ∈ En (K) heißt primitiv, wenn ξ
En (K) erzeugt, also wenn ξ ein Element der Ordnung n in En (K) ist. Es ist P rn (K) = {ξ ∈ En (K)|ξ primitiv}.
Das Polynom
Y
Φn :=
(X − ξ) ∈ K(P rn (K))[X]
(32)
ξ∈P rn (K)
heißt Kreisteilungspolynom und ist separabel und normiert. Sei ξ ∈ P rn (K). Dann gilt
ξ k ∈ P rn (K) ⇔ ξ k erzeugt En (K)
(33)
Z/nZ
⇔ k̄ ∈ (Z/nZ)∗
(34)
⇔ ggT(k, n) = 1
(36)
⇔ k̄ erzeugt
(35)
Somit ist deg Φn = #P rn (K) = #(Z/nZ)∗ = ϕ(n) mit ϕ(n) der Eulerschen ϕ-Funktion. Es ist
En (K) =
[
˙
d|n
Y
P rn (K) ⇒ X n − 1 =
(X − ξ) =
ξ∈En (K)
Y
Y
(X − ξ) =
d|n ξ∈P rn (K)
Y
Φd
(37)
d|n
n
√
n
Da K √
1 der Zerfällungskörper über K zum Polynom X −1 ist, sehen wir, dass die Körpererweiterung K ≤ K n 1
√
galoisch ist. Für jedes ξ ∈ P rn (K) gilt K n 1 = K(ξ).
Jedes σ ∈ Gal(K(ξ) ≥ K) lässt X n − 1 invariant, und deswegen ist σ|En (K) ein Gruppenautomorphismus von
En (K). Unter anderem bildet σ dann auch P rn (K) bijektiv auf sich selbst ab. Somit ist Φn unter σ invariant
für alle σ ∈ Gal(K(ξ) ≥ K), also
Φn ∈ (K(ξ))Gal(K(ξ)/K) [X] = K[X]
(38)
Zwei Elemente der Galois-Gruppe σ, τ ∈ Gal(K(ξ)/K) mit σ(ξ) = τ (ξ) sind bereits gleich. Also ist
Gal(K(ξ)/K) → Aut(En (K)) ∼
= Aut(Z/nZ) ∼
= (Z/nZ)∗
ein injektiver Gruppen-Homomorphismus. Sei nun char(K) = 0, d.h. K habe den Primkörper
Sei
Sei
Sei
Sei
char(K) = 0. Dann ist Φn ∈ Z[X].
char(K) = 0. Das Polynom Φn ∈ Z[X] ist irreduzibel in Z und damit auch in
ξ ∈ P rn (Q). Dann gilt [Q(ξ) : Q] = ϕ(n).
ξ ∈ P rn (Q). Diie Abbildung Gal(Q(ξ)/Q) → Aut(En (Q)) ist surjektiv.
4.11
(39)
Q.
Q.
Anwendungen der Körpertheorie
Konstruktionen mit Zirkel und Lineal:
Sei M eine Teilmenge von R, {0, 1} ⊂ M . x ∈ R ist konstruierbar aus M , falls es eine Formel für x gibt,
√
die nur aus den Symbolen +, −, ·, /, 2 und Elementen von M besteht. K(M ) sei die Menge aller aus M
konstruierbaren Punkte.
Beispiel: Sei eine Menge N ⊂ R2 gegeben mit ( 01 ) , ( 10 ) ∈ N . Definiere M := {x|∃y : ( xy ) ∈ N }∪{y|∃x : ( xy ) ∈ N }.
Dann gilt: ( ab ) kann aus den Punkten in N mit Hilfe von Zirkel und Lineal genau dann konstruiert werden,
wenn a, b ∈ K(M ).
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Offensichtlich ist K(M ) = K(Q(M )) und K(M ) ist ein Körper.
Sei 0, 1 ∈ M . Die reelle Zahl a ist genau dann in K(M ), wenn es ein k ∈ N0 und eine Folge von Körpern
Q(M ) = K0 ≤ K1 ≤ . . . ≤ Kk gibt, sodass a ∈ Kk und [Ki : Ki−1 ] = 2 ∀i = 1, . . . , k ist.
Es sei ab jetzt immer M := {0, 1} und K := K(M ).
Beispiel:
1. a =
p
3+
√
p √
√
2 ist konstruierbar. K0 = Q, K1 = Q( 2), K2 = Q( 3 2) ≥ K1 .
2. Delisches Problem der Würfelverdopplung. Ein WÜrfel sei√gegeben. Kann man daraus einen Würfel mit
√
doppeltem Volumen konstruieren?
In andere Worten: Ist 3 2 ∈ K?. Nein: Das Minimalpolynom von 3 2
√
Q] = 3. Angenommen es gäbe Q = K0 ≤ . . . ≤ Kk wie oben. Dann gilt
über Q ist X 3 − 2, also [Q
( 3 2) : √
√
3
k
2 = [Kk : Q] = [Kk : Q( 2)][Q( 3 2 : Q)]. Widerspruch 3|2k .
p
√
√
3
3. a = 7 + 5 2 ∈ K, denn a = 1 + 2. Eine komplizierte Formel kann täuschen!
n
fn := 22 +1 heißt n−te Fermatsche Zahl. Eine Fermatsche Primzahl ist eine Fermatsche Zahl, die prim ist.
Beispiel: f0 = 3, f1 = 5, f2 = 17, f3 = 257, f4 = 65537 sind prim. Aber 641 teilt f5 . Alle fi mit 5 ≤ i ≤ 32 sind
nicht prim. Man vermutet, dass fi für alle i ≥ 5 nicht prim ist.
Für n ≥ 2 sind äquivalent:
1. Das regelmäßige n − Eck ist konstruierbar.
2. ϕ(n) ist eine Potenz von 2.
3. Es gibt k ∈ N und paarweise verschiedene Fermatsche Primzahlen p1 , . . . , pr mit n = 2k · p1 · . . . · pr .
Beispiel: Konstruierbar ist das n-Eck für n = 3, 4, 5, 6, 8, 10, 12, 15, 16, 17, 20, . . .. Nicht konstruierbar für n =
7, 9, 11, 13, 14, 18, 21, . . ..
Sei m ∈ N und p = 2m + 1 prim. Dann ist p eine Fermatsche Primzahl.
Folgende Bedingungen sind äquivalent:
1. Das regelmäßige n-Eck ist konstruierbar.
2π
ist konstruierbar.
2. cos 2π
n , sin n
3. cos 2π
n ∈ K.
4. <(ξ) ∈ K für die Primitive n-te Einheitswurzel ξ = ξn .
5. <(ξ) ∈ K für alle ξ ∈ Prn (Q).
4.12
Auflösbare Gruppen
Sei
in diesem Kapitel char(K) = 0. Auflösung der Gleichung f (X) = 0 durch Radikale, d.h. Elemente der Form
√
n
a für ein a ∈ K.
Eine Körpererweiterung K ≤ L heißt Radikalerweiterung, falls Zwischenkörper K = Lm ≤ Lm−1 ≤ . . . ≤
L0 = L existieren mit αi ∈ Li , i = 1, . . . , m − 1, sodass es ni ∈ N gibt mit:
1. αimi ∈ Li+1
2. Li = Li+1 (αi ) also βi = αini ∈ Li , d.h. αi =
√
ni
√
βi also Li = Li+1 ( ni βi ).
Man sagt f ∈ K[X] ist durch Radikale auflösbar, falls es eine Radikalerweiterung K ≤ L gibt, welche alle
Nullstellen von f enthält.
Eine Gruppe G heißt einfach, wenn N / G ⇒ N = {1} oder N = G (also hat G nur triviale Normalteiler).
Für nicht einfache Gruppen G betrachte Ketten {G0 , . . . , Gm |Gi ≤ G} mit G = G0 ≥ . . . ≥ Gm = {1}. Eine
solche Kette heißt Normalreihe, falls Gi+1 / G. Die Gruppen Gi /Gi+1 heißen Faktoren der Normalreihe. Eine
Kette {G̃0 , . . . , G̃m } heißt Verfeinerung, falls {G0 , . . . , Gm } ⊆ {G̃0 , . . . , G̃m } gilt. Eine Hauptreihe ist eine
Normalreihe, die nicht verfeinerbar ist, d.h. die Faktoren Gi /Gi+1 sind einfach. Zwei Ketten von G {G0 , . . . , Gm }
und {Ĝ0 , . . . , Ĝm̂ } heißen äquivalent, falls
1. m = m̂
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2. Die Faktorgruppen sind isomorph (bis auf Umnummerierung).
Beispiel: G = Σ4 / A4 , /V4 / (12)(34) / {1} ist eine Hauptreihe mit den Faktoren
Z/2Z, Z/3Z, Z/2Z, Z/2Z.
Satz (Schreier):
Je zwei Normalreihen haben äquivalente Verfeinerungen.
Satz (Jordan-Höbler):
Je zwei Hauptreihen sind äquivalent.
Unendliche Gruppen müssen keine Hauptreihen besitzen.
Es gilt:
1. G ist abelsch genau dann, wenn G0 = {1}.
2. Sei N E G. Dann ist G/N abelsch genau dann, wenn G0 ≤ N .
3. Sei α ∈ Aut(G). Dann ist α(G0 ) = α(G)0 = H 0
Eine Gruppe G heißt auflösbar, wenn es ein n ∈ N gibt mit G(n) = {1}.
G ist genau dann auflösbar, wenn G eine Normalreihe mit abelschen Faktoren hat.
Sei G endlich. Dann ist G auflösbar genau dann, wenn G eine Normalreihe mit zyklischen Faktoren hat.
Beispiel: Abelsche Gruppen sind auflösbar. Jede p-Gruppe ist auflösbar.
Ist G auflösbar und U ≤ G. Dann ist U auflösbar.
Sei U E G. Dann ist G genau dann auflösbar, wenn U und G/U auflösbar sind.
Satz (Burnside):
#G = pa q b mit p, q prim. Dann ist G auflösbar.
Satz (Feit-Thompson):
#G ist ungerade, dann ist G auflösbar.
4.13
Der Satz von Galois
In diesem Kapitel sei char(K) = 0, ξn = e
2πi
n
die primitive n-te Einheitswurzel.
Satz (Galois):
f ∈ K[X] ist genau dann auflösbar, wenn GalK (f ) auflösbar ist.
Sei f ∈ K[X] mit deg f ≤ 4. Dann ist f auflösbar.
Satz von Abel:
Das allgemeine Polynom n-ten Grades fn = X n − Y1 X n−1 + Y2 X n−2 ± . . . + (−1)n Yn ∈ K(Y1 , . . . , Yn )[X] hat
GalK(Y1 ,...,yn ) (fn ) = Σn
Sei f = X n − a ∈ K[X]. Dann ist K(ξn ) der Zerfällungskörper von X n − 1 in Kf enthalten und es gilt:
1. H = Gal(Kf /K(ξn )) E G = GalK (f ).
2. H ist zyklisch und #H|n.
3. G/H ist abelsch und #G/H|ϕ(n).
Sei K ≤ L eine galoische Radikalerweiterung. Dann ist Gal(L/K) auflösbar.
Sei K ≤ L eine Radikalerweiterung. Dann existiert eine Körpererweiterung L ≤ L0 mit K ≤ L0 ist eine galoische
Radikalerweiterung.
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