Glaubens,-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit

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Prof. Dr. Christoph Gusy
Repetitorium: Öffentliches Recht
(Grundrechte, Staatsorganisation)
Glaubens,-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit
 Kommunikationsgrundrecht – nicht bloß forum internum
 Fallgruppen:
o Glauben, Weltanschauung, Bekenntnis, Religionsausübung – s.a.
Art. 140 GG, 136 ff. WRV
o Gewissen, Kriegsdienstverweigerung (Art. 4 Abs. 3 GG)
 Siehe auch:
o Art. 3 Abs. 3 S. 1; 33 Abs. 3 GG: Diskriminierungsverbote
o Art. 7 Abs. 2, 3 GG (Religionsunterricht) – Abs. 4 GG: Privatschulen
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Glauben
(Oberbegriff: Religion, Weltanschauung)
 Überzeugungen von Herkunft, Ziel und Sinn des Ganzen bzw. des Lebens
 irrelevant: Größe, soziale Relevanz, Vorhandensein von Organisationsformen, Vereinbarkeit mit anerkannten Religionen/Überzeugungen
 religiös, nicht-religiös, es muss aber eine Vergleichbarkeit bestehen
 keine Ein-Punkt-Überzeugungen, geistige Technik
 wichtige Abgrenzung: Religion – Kommerz: objektive Betrachtung,
nicht (nur) eigenes Selbstverständnis; als Ausschlusskriterium gilt:
Verfolgung ausschließlich oder überwiegend geschäftlicher Zwecke,
auch aus religiösen Gründen – dabei ist abzustellen auf => äußeres Erscheinungsbild, übliches Preisniveau, Angebotsstruktur, Vertriebswege
– Scientology ist keine Religion
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(Grundrechte, Staatsorganisation)
Glaubensfreiheit - individuell
 Schutzbereich: Glauben
o bilden, haben
o bekennen, verbreiten, werben, abwerben, Kindererziehung, Begräbnis, glaubensspezifische Kleidung, Bart u.a.
o negative Glaubensfreiheit
 Bei religiös neutralen Handlungen:
o Lehre von den „spezifisch religiösen Handlungen“ – Abgrenzung
nach der Handlung
o Lehre von der religiösen Motivation (BVerfGE 24, 236 – Rumpelkammer)
o differenzierende Lehre: Abstellen auf Übereinstimmung der Ziele,
institutionelle Verflechtungen
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Glauben – kollektiv
(s.a. Art. 4 Abs. 2; 140 GG i.V.m. Art. 136 ff. WRV)
Schutzbereich:
 Bildung von Glaubensgemeinschaften: Freiheit der Organisations- und
Rechtsform (s.a. Art. 137 Abs. 2 ff. WRV) – rechtliche Unterschiede sind
vorgegeben (Art. 137 Abs. 5 WRV) – öffentlich-rechtliche Körperschaft
ist nur eine Rechtsform, keine Staatsgewalt (Art. 137 Abs. 1 WRV)
 Betätigung der Organisation: Veranstaltungen und Versammlungen abhalten, Gebäude errichten, Glockenläuten, Gebetsruf usw.
 Vereine/Organisationen gründen, z.B. Diakonie usw.
Schutzrichtung:
 Trennung von Staat und Kirche (Art. 137 Abs. 1 WRV): Kirche hat keine
staatlichen Aufgaben, kann solche aber erlangen – Staat hat keine innerkirchlichen Aufgaben, kann solche aber erlangen (Kirchensteuer) => Kooperationsverhältnisse
 staatliche Neutralitätspflicht: keine Laizität, sondern (abgestufte) „Neutralität“ – Feiertage u.a. (s.a. Art. 141 WRV)
 Anerkennung des gesellschaftlichen Pluralismus => Abwehrrechte,
Schutzpflichten (für alle Seiten), Anerkennung von Vielfalt
 (P): Schule (Schulgebet u.a.); Kindergarten (dto.); Militär usw. – einheitliche Organisation(-spflicht) bei binnenpluralistischer Mitgliedschaft –
Ausweichen als mildere oder diskriminierende Alternative?
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Religiöses Selbstverwaltungsrecht
 Anerkennung des religiösen Selbstverwaltungsrechts (Art. 137 Abs. 2, 5
WRV) etwa bei:
o Einnahmehoheit: Beiträge, Abgaben u.a.
o Regelung der eigenen Angelegenheiten: Mitgliedschaftsrecht,
Dienstrecht, Beitragsrecht usw., im Rahmen der „für alle geltenden
Gesetze“ => die „für Religionsgemeinschaften dieselbe Bedeutung
haben wie für jedermann“
o Ausnahmen von der staatlichen Justizhoheit, soweit ein innerkirchliches Äquivalent besteht und staatliche Belange nicht überwiegen
(Dienstrecht, Besoldungsrecht der Mitglieder)
 Sonderfall: Arbeitsrecht der Religionsgemeinschaften => im Grundsatz
ist die kirchliche Regelungsbefugnis anerkannt; Ausnahme von Gesetzen,
Tarifautonomie, eingeschränkte Mitbestimmung im Tendenzbetrieb;
str. aber bei der Berufsbildung
 Bedeutung für das Arbeitsverhältnis => Arbeitnehmer tritt aus Religionsgemeinschaft aus oder verhält sich nicht nach deren Regeln:
o BVerfG: Grundsatz => Vorrang der innerkirchlichen Regelung, eine Abwägung ist nahezu ausgeschlossen
o BAG: es ist die Lehre vom Tendenzbetrieb anzuwenden und die
Zumutbarkeit für beide Seiten zu beachten => Nähe des Arbeitsverhältnisses zur Tendenzbildung/ -ausübung; Abwägung zwischen
den Rechten beider Seiten
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Gewissensfreiheit
Gewissen: jede individuelle, ernstliche, an den Kategorien von gut und böse orientierte Entscheidung, die der Einzelne als für sich als verbindlich erlebt
(BVerfGE 12, 45, 55).
=> Individuelle Ausnahmen von allgemeinen gesetzlichen Pflichten:
 Kriegsdienst-, Wehrpflicht (Art. 4 Abs. 3 GG) – nicht hingegen: Zivildienst (Art. 12a GG)
 militärische Befehlsverweigerung bei schwerwiegenden Rechtsverstößen
(rechtswidriger Krieg u.a.; BVerwGE 83, 358)
=> Aber:
 Keine Ausnahmen von Steuer-/Beitragspflichten wegen deren gewissenswidriger Verwendung (BVerfG, NJW 2003, 2600).
 Keine Ausnahmen von der Schulbesuchspflicht aus Gewissensgründen
(BVerfG, B. v. 31.05.2006, 2 BvR 1693/04).
 Kein Anspruch auf Unterlassung von Tierversuchen (auch im Studium;
BVerwGE 105, 73).
 Keine Verweigerung der Beförderung bestimmter Postsendungen
(BVerwGE 113, 361).
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(Grundrechte, Staatsorganisation)
Grundrechte im „Sonderstatus“
 früher „besonderes Gewaltverhältnis“: Grundrechte im Staat-BürgerVerhältnis – Lehrer im staatlichen Innenbereich; Grundrechtsverlust, dessen Reichweite unklar war
 später (seit BVerfGE 33, 1) „Sonderstatus“: dieser muss gesetzlich begründet werden; Grundrechtseinschränkung nach Sonderregeln, aber keine Geltungsbeschränkung s.a. Art. 33 Abs. 4 GG
 Problembereich: Trennbarkeit/Überschneidungsbereiche im Sonderstatus:
o Polizeibeamter in Uniform sammelt Unterschriften für eine Gewerkschaft
o Polizeibeamter im Einsatz wird fotografiert und ist als Person erkennbar
o Lehrer trägt im Unterricht dieselbe Kleidung bzw. dieselben Anstecker u.a. wie sonst auch
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Zugehörige Unterlagen
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