Springer-Lehrbuch Physik Denken Martin Erdmann · Günter Flügge Experimentalphysik 6 Elektrizität, Magnetismus Physik Denken Prof. Dr. Martin Erdmann Prof. Dr. Günter Flügge RWTH Aachen Physikzentrum 3. Physikalisches Institut Otto-Blumenthal-Straße 52056 Aachen Deutschland [email protected] ISSN 0937-7433 ISBN 978-3-642-17295-3 DOI 10.1007/978-3-642-17296-0 ISBN 978-3-642-17296-0 (eBook) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Spektrum © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. 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Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer-spektrum.de Physik Denken Die Physik stellt die Beobachtung, die Erklärung und die Vorhersage von Naturvorgängen in den direkten Zusammenhang mit der Mathematik. Physikalische Denkund Arbeitsfähigkeiten erfordern deshalb fundierte Kenntnisse über die experimentellen Methoden, die Interpretation von Messungen und die physikalischen Konzepte, die auf mathematischer Basis entwickelt werden. Die Lehr- und Lernmodule der Reihe Physik Denken orientieren sich an den Anforderungen des Bachelorstudiums Physik. Die Reihe konkretisiert den Lehrund Lernstoff der Experimentalphysikkurse an den Universitäten. Studierende sollen sich die wesentlichen physikalischen Konzepte aneignen, experimentelle und statistische Methoden zu deren Überprüfung kennenlernen und Fähigkeiten zur Durchführung entsprechender Berechnungen entwickeln. Die Portionierung des Lernstoffs in der Reihe Physik Denken, die ausführlichen Berechnungen, die vielen Abbildungen, die Beispiele und die kleinen Aufgaben vermitteln die Machbarkeit des Studiums. Einige, teilweise anspruchsvolle Experimente werden ausführlich beschrieben. Das Layout lädt zur Mitarbeit ein und bietet Platz für das Einfügen eigener Anmerkungen. Größe und Gewicht der einzelnen Lehr- und Lernmodule sind zur täglichen Mitnahme an die Universität konzipiert. Dem Springer-Verlag, insbesondere dem Lektor Herrn Dr. rer. nat. Schneider, danken wir für die professionelle Unterstützung bei der Umsetzung der Lehr- und Lernmodule. Für die fachliche Begutachtung danken wir unserem Kollegen Herrn Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Markus Risse. Vielen engagierten Mitarbeitern danken wir für Korrekturen und die Unterstützung beim Übertragen der Formeln und Bilder in das LATEX-System. Unseren Familien danken wir für ihr konstruktives Encouragement. Aachen 2012 Martin Erdmann Günter Flügge v Inhaltsverzeichnis 1 Die Maxwell-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 Elektrostatik im Vakuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Ladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Coulomb-Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Dipolmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Fluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8 Poisson-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9 Feldenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 4 8 14 19 21 26 29 34 3 Elektrostatik in Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Polarisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Feld im Dielektrikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Dielektrische Verschiebungsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Feldenergie im Dielektrikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 35 39 41 42 4 Elektrischer Strom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Ladungstransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Galvanische Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Stromdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Ohm’sches Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Stromkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Joule’sche Wärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8 Temperaturabhängige Leitfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 45 48 49 51 57 67 68 69 vii viii Inhaltsverzeichnis 5 Statische Magnetfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Pole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Feldstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Fluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Ampère-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Biot-Savart-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Dipolmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 Lorentzkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8 Magnetisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 71 72 73 74 78 82 83 91 6 Zeitlich veränderliche Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 6.1 Verschiebungsstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 6.2 Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 6.3 Stromkreise mit Wechselspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 6.4 Magnetische Feldenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 7 Felder bewegter Ladungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 7.1 Kräfte in Bezugssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 7.2 Lorentztransformation der Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 7.3 Elektrisches Feld einer Punktladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 8 Lösungen zu den Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Kapitel 1 Die Maxwell-Gleichungen Die Maxwell-Gleichungen bilden gemeinsam mit der Lorentzkraft die zentralen Gleichungen der Elektrodynamik. Wir stellen diese Konzepte in Kurzform vor und werden sie dann im Laufe des Lehr- und Lernmoduls sukzessive anhand von experimentellen Überlegungen erarbeiten. Auf eine elektrische Ladung q wirkt in einem elektrischen Feld EE eine Kraft (Gleichung (2.10)): FE D q EE (1.1) Wird die Ladung mit der Geschwindigkeit vE in einem Magnetfeld BE bewegt, so wirkt die sogenannte Lorentzkraft (Gleichung (5.66)): FEL D q vE BE (1.2) Insgesamt vier Maxwell-Gleichungen zeigen die Entstehung und Eigenschaften der elektrischen und magnetischen Felder. 1.) Ein zeitlich verändertes Magnetfeld BE verursacht ein elektrisches Feld EE (Gleichung 6.28): @BE rot EE D @t (1.3) Diese Gleichung entspricht dem Faraday’schen Induktionsgesetz. Die Ableitungsvorschrift rot (Rotation) für die Raumkomponenten bedeutet, dass die vektoriellen Komponenten des elektrischen Felds EE jeweils senkrecht auf den Komponenten des Magnetfelds BE stehen. 2.) Ein Magnetfeld wird durch einen elektrischen Strom beziehungsweise durch ein sich zeitlich änderndes elektrisches Feld verursacht. Wir bezeichnen die entsprechende magnetische Erregung mit HE und verwenden hier die Stromdichte jE bezieE hungsweise die Änderung der sogenannten dielektrischen Verschiebungsdichte D. M. Erdmann, G. Flügge, Experimentalphysik 6, Springer-Lehrbuch, DOI 10.1007/978-3-642-17296-0_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012 1 2 1 Die Maxwell-Gleichungen Im Vakuum gelten für die Felder die linearen Zusammenhänge E D ı EE D (1.4) BE D ı HE (1.5) mit der Dielektrizitätskonstanten ı und der Permeabilitätskonstanten ı (Gleichungen (3.46, 5.3)). Die Erzeugung des Magnetfelds ist damit in der folgenden Maxwell-Gleichung formuliert, die einer allgemeinen Form des Ampère-Gesetzes entspricht (Gleichung 6.14): rot HE D jE C E @D @t (1.6) 3.) Elektrische Ladungen sind Quellen für elektrische Felder. Wir bezeichnen hier die Dichte der Ladungen mit . Die Ableitungsvorschrift div (Divergenz, oder auch Quellstärke) wirkt auf die vektoriellen Komponenten der dielektrischen VerE (Gleichung (3.40)): schiebungsdichte D E D div D (1.7) 4.) Anders als bei elektrischen Feldern kennen wir keine freien Punktquellen (Monopole) für Magnetfelder BE (Gleichung (5.8)): div BE D 0 (1.8) Diese vier Maxwell-Gleichungen bilden ein System gekoppelter Differentialgleichungen für das magnetische und das elektrische Feld. Das Ziel dieses Lehr- und Lernmoduls ist es, uns für alle genannten physikalischen Größen ein grundlegendes Verständnis zu erarbeiten und das Zusammenwirken der Größen in den Maxwell-Gleichungen zu verstehen. Schließlich werden wir durch Transformation zwischen Bezugssystemen zeigen, dass elektrische und magnetische Felder untrennbar miteinander verbunden sind. Kapitel 2 Elektrostatik im Vakuum In diesem Kapitel führen wir die wichtigen Grundbegriffe für das Verständnis elektrischer Phänomene bei ruhenden Ladungen ein. Wir zeigen zunächst die Coulomb-Kraft, die zwischen zwei punktförmigen elektrischen Ladungen wirkt. Anschließend stellen wir das elektrische Feld und seine Feldstärke vor. Wir werden das elektrische Potential sowie die Spannung einführen und dann über die sogenannte Poisson-Gleichung in der Lage sein, Felder beliebiger Ladungsverteilungen zu berechnen. Unter Hinzunahme des elektrischen Flusses werden wir schließlich eine erste Formulierung für eine der Maxwell-Gleichungen präsentieren. 2.1 Ladung Die elektrische Ladung ist eine Eigenschaft von Teilchen wie z. B. Elektronen und Protonen. Diese beiden Teilchen tragen jeweils eine Elementarladung Qe mit dem Wert Qe D 1;602 176 565.35/ 1019 C ; (2.1) wobei C die Einheit „Coulomb“ bezeichnet ( [7], siehe auch Abschn. 2.3: MillikanExperiment). Elektrische Ladungen können „positiv“ oder „negativ“ sein, dementsprechend bezeichnen wir sie mit „C“ oder „“. Die Ladung ist für ein Elektron Q.e/ D Qe ; für ein Proton Q.p/ D CQe : Genaue Untersuchungen zeigen, dass das Proton aus Quarks besteht, die drittelzahlige Ladungen 1=3 Qe , C2=3 Qe tragen. Quarks sind immer durch starke Kräfte mit anderen Quarks oder Antiquarks verbunden und können nicht als freie Teilchen wie Elektronen oder Protonen im Raum existieren. M. Erdmann, G. Flügge, Experimentalphysik 6, Springer-Lehrbuch, DOI 10.1007/978-3-642-17296-0_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012 3 4 2 Elektrostatik im Vakuum Die Ladung von freien Teilchen, egal ob sie elementar sind oder aus Quarks bestehen, ist immer ein ganzzahliges Vielfaches der kleinsten Ladungseinheit, der Elementarladung Qe . 2.1.1 Ladungseinheit Coulomb Um nur eine minimale Anzahl physikalischer Grundgrößen zu definieren, wird die Einheit Coulomb der Elementarladung auf den Transport von Ladungen und die dadurch verursachten Kräfte zurückgeführt. Erst im Abschn. 5.7.1 werden wir in der Lage sein, diese Definition im Detail zu verstehen. Das Konzept ist dabei das Folgende: Die Einheit des Stroms I ist Ampère A. Die Ladungsmenge Q, die pro Sekunde durch die Querschnittsfläche eines Leiters in Stromrichtung bei 1 A Strom transportiert wird, ist 1C D 1As : (2.2) Die Stromstärke 1 A ist die Stromstärke, die zwischen zwei geraden, unendlich langen und im Abstand von 1 m angeordneten Leitern im Vakuum eine Kraft von 2 107 N pro Meter Leiterlänge verursacht. 2.2 Coulomb-Kraft In unserer Umwelt sind Objekte typischerweise elektrisch neutral, die Ladungen gleichen sich gegenseitig aus. Atome sind nach außen elektrisch neutral, da sich die positiven Ladungen der Protonen im Kern und die negativen Ladungen der Elektronen in der Atomhülle ausgleichen. Wenn wir elektrische Ladungen voneinander trennen, treten Kräfte auf: • Anziehungskräfte zwischen entgegengesetzt geladenen Objekten .C; /, • Abstoßungskräfte zwischen gleich geladenen Objekten .C; C/, .; /. 2:2 Coulomb-Kraft Experiment: Coulomb-Kraft Wir nehmen zwei baugleiche, metallbeschichtete Kugeln mit Radius R 2 cm und montieren die eine Kugel auf einem Schlitten. Die zweite Kugel verbinden wir mit einem Kraftmesser, der auf der elektrischen Widerstandsänderung eines sogenannten Dehnungsmessstreifens basiert. Durch Reibung mit einem geeigneten Tuch produzieren wir elektrische Ladungen auf einem Plastikstab und streifen die Ladungen an einer der Kugeln ab. Dann verteilen wir die Ladungen durch eine kurze Berührung der beiden Kugeln. Anschließend messen wir die Abstandsabhängigkeit r der Kraft F . F r/cm F - F o / mN Coulomb-Kraft 10 1 7 8 9 10 20 r / cm In der logarithmischen Auftragung vergleichen wir die Messpunkte mit der Geraden lg F D 2 lg r C const: Im Fernbereich ist die Messung mit einer 1=r 2-Abhängigkeit kompatibel. Im Nahbereich erkennen wir Abweichungen durch die räumliche Ausdehnung der geladenen Kugeln. Die Eichgröße Fı der Kraftmessung wurde so justiert, dass die Kraft für große Entfernungen verschwindet: F .r D 1/ D 0. 5 6 2 Elektrostatik im Vakuum Genauere quantitative Untersuchungen ergeben: Die Kraft FE zwischen zwei punktförmigen Ladungen Q1 und Q2 • wirkt entlang der Verbindungsachse zwischen Q1 und Q2 : eEr , • ist proportional zur Größe (Menge) der Ladungen: Q1 , Q2 , • und ist proportional zum inversen Abstandsquadrat 1=r 2 , wie wir in dem obigen Experiment gesehen haben. Die 1=r 2 -Abhängigkeit lässt sich geometrisch interpretieren. Die Quellstärke der Ladung Q1 , die wir im Abstand r pro Einheitsfläche messen, nimmt mit der Kugeloberfläche 4 r 2 ab, ist also proportional zu 1=r 2 . Die Kraft ist damit Q1 Q2 eEr : (2.3) FE D f r2 Der Proportionalitätsfaktor f kann experimentell bestimmt werden: Zwischen zwei Ladungen von Q1 D Q2 D 104 C im Abstand von 1 m wird eine Kraft von F D 89;875 N gemessen, aus der der Wert von f bestimmt werden kann. Um Grundgleichungen wie die Maxwell-Gleichungen möglichst einfach formulieren zu können, führt man folgende Konvention ein: f 1 ; 4 ı (2.4) wobei ı die Dielektrizitätskonstante bezeichnet. Wir werden im Rahmen der elektromagnetischen Wellen im folgenden Lernmodul sehen, dass ı mit der Lichtgeschwindigkeit c im Vakuum und der sogenannten magnetischen Permeabilitätskonstanten ı über ı ı D c 2 verknüpft ist. Nach den Definitionen unseres Einheitensystems ist die Lichtgeschwindigkeit c festgelegt und im Abschn. 5.7.1 wird ı bei der Definition der Stromstärkeneinheit A auf ı D 4 107 V s=.A m/ festgelegt. Konsistent berechnen wir daher aus ı D 1=.ı c 2 /: As ı D 8;854 187 817: : : 1012 (2.5) Vm Die Coulomb-Kraft zwischen zwei punktförmigen Ladungen lautet damit: FE D Q1 Q2 1 eEr 4 ı r2 (2.6) 2:2 Coulomb-Kraft 7 Experiment: Elektroskop Wir erzeugen mit einem Tuch Reibungselektrizität an einem Plastikstab und streifen die Ladungen an einem Becher-Elektroskop ab. Dieses Elektroskop besteht aus einem Metallbecher, an dessen Boden eine Metallstange montiert ist. An ihr ist ein beweglicher Metallzeiger angebracht, der leitend mit der Stange verbunden ist. Der Schwerpunkt des Zeigers liegt unterhalb seines Drehpunkts. Wenn Stange und Zeiger elektrische Ladungen mit gleichem Vorzeichen tragen, stoßen sie sich gegenseitig ab. Es kommt zu einem Ausschlag des Zeigers, der durch die Gravitationskraft auf den Zeiger beschränkt wird. 2.2.1 Coulomb-Kraft einer Ladungsverteilung Häufig untersuchen wir die Wirkung von mehreren Ladungen, die über ein Volumen V verteilt sind. Für eine solche Ladungsverteilung definieren wir die Ladungsdichte durch die Ladungsmenge Q, die sich im Volumen V am durch den Ortsvektor rE bezeichneten Punkt befindet: .Er / D Q V Die Gesamtladung erhalten wir durch Integration über das Volumen: Z Q D .Er / dV (2.7) (2.8) Die Kraft auf eine Probeladung q außerhalb des Volumens ist davon abhängig, welchen Abstand die Probeladung von den Ladungen im Volumen hat: E D FE .R/ q 4 ı Z RE rE .Er / dV jRE rEj3 (2.9)