Kapitel 3: Molekülspektroskopie

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Kapitel 3:
Molekülspektroskopie
Übersicht:
3.1 Einführung
3.2 Wechselwirkung zwischen
Strahlung und Materie
3.3 Rotationsspektroskopie
3.4 Vibrationsspektroskopie
3.5 Elektronische Sprektroskopie
3.6 Spektrale Linienformen und
-breiten
3.7 Experimentelle Methoden
Literatur:
Atkins, Molecular Quantum Mechanics, 4. ed.: Kapitel 6, 10, 11
P. Bernath, Spectra of Atoms and Molecules, 2. ed., Oxford UP 2005
J.M. Brown, Molecular Spectroscopy, Oxford Chemistry Primer, Oxford UP 1998
W. Demtroeder, Laserspektroskopie, 4. Aufl., Springer 2008
3.1 Einführung
Spektroskopie ist ganz allgemein die Untersuchung von Materie mittels
elektromagnetischer Strahlung. Die Strahlung induziert dabei einen Übergang des
Moleküls in ein anderes Energieniveau (spektroskopische Übergänge).
EPhoton = E = E2
E1 = h = hc ˜
Frequenz [Hz]
(3.1.1)
Wellenzahl [cm-1]
und entspricht dabei der Energiedifferenz
der Niveaus E2 und E1.
E2
Licht
E1
Absorption
Energie
Die Energie des absorbierten (emittierten)
Photons berechnet sich dabei gemäss
Energie
Da die molekularen Energieniveaus quantisiert sind, treten spektroskopische
Übergänge nur bei wohl definierten Energien auf (spektrale Linien). Wird Licht
von der Substanzprobe aufgenommen und diese dadurch energetisch
angeregt, spricht man von Absorption, wird Licht abgegeben, von Emission.
E2
Licht
E1
Emission
Spektroskopie ist die wichtigste Methode um die Energieniveaustruktur von
Molekülen zu untersuchen !
Eine Auftragung der Absorptions-/Emissionsintensität
als Funktion der Frequenz (Wellenlänge, Wellenzahl, ...)
des Lichts nennt man ein Spektrum. Jede spektrale
Linie zeigt einen Übergang zwischen unterschiedlichen
Paaren von Energieniveaus an.
Spektrale Übergänge finden bei den verschiedensten
Photonenenergien statt. Dabei werden verschiedene
Formen der molekularen Bewegung angeregt:
•
Elektronische Übergänge
(im ultravioletten (UV) bzw. sichtbaren (VIS) Bereich
→ UV/VIS-Spektroskopie)
•
Schwingungsübergänge
(im infraroten (IR) → IR-Spektroskopie)
•
Rotationsübergänge
(im Mikrowellenbereich (MW) → MW-Spektroskopie)
•
Kern- und Elektronenspinübergänge
(im Radiofrequenzbereich → Kernspin- (NMR) und
Elektronenspin- (ESR) Spektroskopie)
Die spektroskopischen Übergänge in den verschiedenen Spektralbereichen
spiegeln die Hierarchie der Bewegungsformen von Molekülen wider:
Elektronische
Bewegung
Molekülschwingungen
Rotationen
des Moleküls
Kernspin
Typische Wellenzahl
spektroskopischer
Übergänge / cm-1
10‘000--100‘000
100-3’500
0.01-10
10-5-10-3
Spektraler Bereich
ultraviolettes (UV)
und sichtbares (VIS)
Licht
Infrarotstrahlung
(IR)
Mikrowellen (MW)
Radiofrequenz (RF)
Typische Zeitskala
der Bewegung
as (10-18 s)
fs (10-15 s)
ps (10-12 s)
ns (10-9 s)
Beispiel: das Rotations-Schwingungsspektrum von HCl (im Infraroten):
•
•
Für welche spektroskopischen Übergänge stehen die einzelnen Spektrallinien ?
Was kann man aus diesem Spektrum lernen ?
3.2 Wechselwirkung zwischen Strahlung und Materie
3.2.1 Eigenschaften elektromagnetischer Strahlung
Definition: Elektromagnetische (EM) Strahlung (Licht): schwingende elektrische
und magnetische Felder, die sich als transversale Wellen ausbreiten
Die Wechselwirkung (WW) zwischen Materie und dem elektrischen Feld ist
stärker als diejenige mit dem magnetischen Feld. Wir betrachten also nur die WW
mit dem elektrischen Feld in erster Ordnung (elektrische-Dipol-Approximation).
Die mathematische Form des elektrischen Felds E einer ebenen EM Welle ist:
~ =E
~0 cos( ) = E
~0 cos(!t
E
~k · ~r +
(3.2.1)
0)
elektrisches-Feld-Vektor Amplitudenvektor
Phase
der Schwingung der Schwingung
•
Zeitliche
Phase
Die Phase Φ der Welle ist gegeben durch:
Räumliche
Phase
Wellenlänge λ
(3.2.2)
Ortsvektor
r=[x,y,z]
E0
Kreisfrequenz
der Schwingung
[ω]=[rad s-1]
•
Anfangsphase
der Welle
Zeit
Wellenvektor
k=[kx,ky,kz]
Der Wellenvektor k gibt die Ausbreitungsrichtung der Welle an
(3.2.3)
Wellenlänge
Der Absolutbetrag k des Wellenvektors wird als Wellenzahl bezeichnet ([k]=[m-1]).
•
Konventionsgemäss wählt man k entlang der z-Achse und die Anfangsphase
Φ0=0. Gl. (3.2.1) wird dann zu:
~ =E
~0 cos(!t
E
kz z)
(3.2.4)
•
Der Amplitudenvektor E0 gibt die Stärke und Richtung (Polarisation) der
Schwingung an:
Der Amplitudenvektor liegt in
einer Ebene: linear polarisiertes
Licht (horizontal/vertikal)
•
•
Der Amplitudenvektor präzessiert um
den Wellenvektor: zirkular polarisiertes
Licht (rechtshändig/linkshändig)
Die Intensität I der Welle ist gegben durch:
1
I = 0 cE02
2
(3.2.5)
Die Frequenz ν bezeichnet die Anzahl Schwingungen pro Sekunde ([ν]=[s-1]=[Hz])
(3.2.6)
3.2.2 Das Lambert-Beer-Gesetz
Einfaches Spektrometer:
• Lichtstrahl wird in Probe- und Referenzstrahl
aufgespalten
• Intensität des Probestrahl verringert sich durch
Absorption beim Durchgang durch die Probe
• Die Wellenlänge der Strahlen wird analysiert, z.B.
durch Beugung an einem Gitter
• Intensität von Probe- und Referenzstrahl werden
an einem Detektor verglichen
Im Falle einer spektroskopischen Anregung nimmt die
Intensität I des Probestrahls mit Frequenz ν beim Durchgang
durch die Probe exponentiell mit der Schichtdicke L ab:
Lambert-Beer-Gesetz:
I(⌫) = I0 (⌫) exp{ ↵12 (⌫)L}
Intensität
Intensität
des ausfallenden Strahls des einfallenden Strahls
Absorptionskoeffizient
[α12]=[m-1]
Probe
I0
I
(3.2.7)
L
Wir nehmen an, dass die Absorption durch die
spektroskopische Anregung zwischen zwei
Quantenzuständen des Moleküls |1⟩und |2⟩ mit Energien E1
und E2 hervorgerufen wird. Die Frequenz des Photons ist
⌫12 = (E2 E1 )/h
(3.2.8)
Da der Absorptionskoeffizient α12 offensichtlich von der
Teilchendichte (Konzentration) der Probe abhängig ist, wird
oft der konzentrationsunabhängige Absorptionsquerschnitt
σ12 verwendet:
↵12 (⌫) = [N1 (g1 /g2 )N2 ] 12 (⌫)
(3.2.9)
Absorptionskoeffizient α
Der Absorptionskoeffizient α12(ν) ist dabei von der
Wellenlänge bzw. Frequenz der Strahlung abhängig (die
Probe absorbiert bei unterschiedlichen Lichtfrequenzen
unterschiedlich stark).
Frequenz ν
Energie E
|2〉, E2
h⌫12 = E2
|1〉, E1
mit: N1,2 ... Besetzungsdichten (Anzahl Teilchen im Niveau |1⟩, |2⟩ pro Volumeneinheit, [N1,2]=[Moleküle
m-3]). Die gesamte Anzahl Moleküle pro Volemeneinheit (Teilchendichte N) ist gegeben durch:
N = N 1 + N2
(3.2.10)
g1,2 ... Entartung von Niveau |1⟩, |2⟩
Wie kann man experimentell gemessene Absorptionskoeffizienten α mit
fundamentalen Moleküleigenschaften in Verbindung bringen ?
E1
3.2.3 Die Kinetik von Absorptions- und Emissionsprozessen: Einstein-Modell
Wir betrachten ein quantenmechanisches System mit zwei Energieniveaus |1⟩und
|2⟩, das einem thermischen Schwarzkörper-Strahlungsfeld ausgesetzt ist. Die
spektrale Energiedichte ρ des Strahlungsfelds wird durch das Plancksche
Strahlungsgesetz beschrieben:
⇢(⌫)d⌫ =
8⇡h⌫ 3
c3
e h⌫/kB T
1
d⌫
(3.2.11)
Spektrale Energiedichte ρ: Energiedichte
des Strahlungsfeldes im Frequenzinterval
dν ([ρ]=[J s m-3]).
Die Intensität I des Strahlungsfeldes ist
gegeben durch:
I=c
Z
1
⇥( )d
(3.2.12)
0
Schwarzkörper-Spektrum gem. Gl. (3.2.11) bei
verschiedenen Termperaturen
Nach Einstein sind drei Prozesse massgeblich, deren Kinetik sich durch ein
einfaches Modell beschreiben lässt:
E2
1. Absorption
2. spontane
Emission
E1
3. stimulierte
Emission
1. Absorption: Ein Photon aus dem Strahlungsfeld wird absorbiert und induziert
einen Übergang von Niveau |1⟩ nach Niveau |2⟩. Das Geschwindigkeitsgesetz
(2. Ordnung) für diesen Prozess ist gegeben durch:
dN2
=
dt
dN1
= B12 ⇢(⌫12 )N1
dt
mit B12 ... Einsteinkoeffizient für Absorption ([B12]=[m3J-1s-2])
(3.2.13)
2. Spontane Emission: Ein Photon wird spontan emittiert, das System geht
dabei von Niveau |2⟩ nach Niveau |1⟩ über. Wellenvektor und Polarisation
des Photons sind zufällig, die Frequenz des Photons entspricht:
⌫12 = (E2
E1 )/h
(3.2.14)
Das Geschwindigkeitsgesetz (1. Ordnung) für diesen Prozess ist gegeben durch:
dN2
dN1
=
= A21 N2
dt
dt
(3.2.15)
mit A21 ... Einsteinkoeffizient für spontane Emission ([A21]=[s-1])
3. Stimulierte Emission: Das Strahlungsfeld stimuliert die Emission eines
Photons, das System geht dabei von Niveau |2⟩ nach Niveau |1⟩ über.
Wellenvektor und Polarisation des emittierten Photons sind identisch mit
dem induzierenden Strahlungsfeld. Die Photonenenergie bestimmt sich
durch Gl. (3.2.14). Stimulierte Emission ist somit die mikroskopische
Umkehrung von Absorption. Geschwindigkeitsgesetz (2. Ordnung):
dN2
dN1
=
= B21 ⇢(⌫12 )N2
dt
dt
(3.2.16)
mit B21 ... Einsteinkoeffizient für stimulierte Emission ([B21]=[m3J-1s-2])
Die Einsteinkoeffizienten sind die Geschwindigkeitskonstanten für die jeweiligen
Prozesse. Sie geben also an, wie schnell (effizient) jeder einzelne Prozess verläuft.
Zwischen den Einsteinkoeffizienten gelten folgende Beziehungen (Herleitung
siehe Tafel):
g2
B12 = B21
(3.2.20)
g1
3
8⇡h⌫12
A21
=
B21
c3
(3.2.21)
Diese Beziehungen sind unabhängig von der Art des Strahlungsfeldes, gelten
also für alle Formen von Strahlung.
Zusammenhang zwischen dem Absorptionsquerschnitt σ12 und dem
Einsteinkoeffizienten B12:
•
Gemäss Lamber-Beer Gl. (3.2.7) und Gl. (3.2.9) beträgt die Abnahme dI(ν) der
durch eine Probe fallende Strahlungsintensität pro Weglänge dz:
dI(⌫12 )
=
dz
↵12 (⌫12 )I(⌫12 ) =
(N1
(g1 /g2 )N2 )
12 (⌫12 )I(⌫12 )
(3.2.22)
•
Andererseits gilt:
dI(⌫12 )
=
dz
(N1
(g1 /g2 )N2 )B12 (⌫12 )⇢(⌫12 ) h⌫12
Netto-Absorptionsrate=
Absorptionsrate minus stimulierte
Emissionsrate pro Volumeneinheit
gemäss Einstein-Modell
•
(3.2.23)
Photonenenergie
Vergleich von Gl. (3.2.22) und (3.2.23) und Benutzen von I(ν)=cρ(ν) (s. Gl. 3.2.12)
liefert:
h⌫12
B12 (⌫12 )
12 (⌫12 ) =
c
(3.2.24)
3.2.4 Quantenmechanische Behandlung von Strahlungsübergängen
Wir betrachten zunächst den Prozess der spontanen Emission und leiten eine QMTheorie für den Einstein A21-Koeffizienten her. Absorption und stimulierte Emission
können dann daraus mithilfe von Gl. (3.2.20) und (3.2.21) behandelt werden.
Ein emittierendes Molekül kann in erster Näherung als ein schwingender
elektrischer Dipol betrachtet werden (elektrische-Dipol-Näherung). In der
klassischen Elektrodynamik erhält man für die mittlere abgestrahlte Leistung P
~ = q~r = D
~ 0 sin(!t) den Ausdruck
eines schwingenden Dipols mit Dipolmoment D
2 D2 !4
P =
(3.2.25)
3 4⇡✏0 c 3
~ 0 |2 das zeitlich gemittelte quadratische Dipolmoment darstellt.
wobei D2 = (1/2)|D
Ist die Dipol-Strahlung mit einem Übergang vom Niveau |2⟩ zum Niveau |1⟩
verbunden, wird dies in der QM durch das Übergangsdipolmoment D21, das
Matrixelement des Dipolmomentoperators zwischen den Zuständen |1⟩ und |2⟩,
ausgedrückt:
Z
~ 21 = h1|D|2i
~ˆ
~ˆ '2 d⌧
D
= '⇤1 D
(3.2.26)
Integration über alle relevanten Molekülkoordinaten (elektronisch, vibratorisch, rotatorisch)
mit dem molekularen Dipolmomentoperator
X
ˆ
~ =
D
qi ~ri
i
Ortsvektor
(3.2.27)
Ladungen
wobei die Summe über alle Elektronen und Kerne im Molekül läuft.
~ˆ findet man in der Literatur oft auch das Symbol µ
~ˆ .
Bem.: statt D
~ 0 |2 durch den
In Gl. (3.2.25) ersetzt man nun den klassischen Mittelwert D2 = (1/2)|D
QM-Ausdruck:
2
2
1 ~
~
~
(|
D
|
+
|
D
|)
=
2|
D
|
(3.2.28)
12
21
21
2
mit dem Betragsquadrat des Übergangsdipolmoments-Vektors
Z
2
~ 21 |2 =
~ˆ '1 d⌧
|D
'⇤2 D
(3.2.29)
(beachte: der Betrag |D21| von Gl. (3.2.26) ist symmetrisch bzgl. einer Vertauschung
~ 12 | = |D
~ 21 | , und man muss daher in Gl. (3.2.28) über beide
von |2⟩ und |1⟩, |D
Komponenten D21 und D12 mitteln). Man erhält:
4
4 !21
~ 21 |2
P21 =
|
D
(3.2.30)
3 4⇡✏0 c 3
Für ein Ensemble von Molekülen mit der Besetzungsdichte N2 ist somit die mittlere
4
abgestrahlte Leistung:
4 !21
~ 21 |2
P = N2 P21 = N2
|
D
(3.2.31)
3
3 4⇡✏0 c
Andererseits ist gemäss dem Einstein-Modell die mittlere abgestrahlte Leistung
(Energie pro Zeit) durch spontane Emission gleich der spontanen Emissionsrate
A21N2 (Photonen pro Zeit, s. Gl. (3.2.15)) mal der Photonenergie hν12:
P = A21 N2 h⌫12
(3.2.32)
Vergleich von Gl. (3.2.31) und (3.2.32) ergibt:
A21
3
2 8⇡ 3 ⌫12
~ 21 |2
=
|
D
3 ✏0 hc 3
(3.2.33)
Ausdrücke für die Einstein B-Koeffizienten erhält man mit Gl. (3.2.20) und (3.2.21):
B21
B12
2 ⇡2 ~ 2
=
|D21 |
2
3 ✏0 h
(3.2.34)
g2 2 ⇡ 2 ~ 2
=
|D21 |
2
g1 3 ✏0 h
Beachte: die Beziehungen in Gl. (3.2.34) gelten für Frequenzeinheiten, d.h.
[ν]=[s-1]=[Hz] !
Bemerkung: Schreibweise für das Übergangsdipolmoment:
•
•
•
Für einen Emissionsprozess vom Zustand |2⟩ zum Zustand |1⟩ schreibt man:
Z
~ 21 = h1|D|2i
~ˆ
~ˆ '2 d⌧
D
= '⇤1 D
(3.2.26)
Für einen Absorptionsprozess vom Zustand |1⟩ zum Zustand |2⟩ schreibt man:
Z
~ 12 = h2|D|1i
~ˆ
~ˆ '1 d⌧
D
= '⇤2 D
(3.2.35)
In jedem Fall gilt
~ 12 | = |D
~ 21 |
|D
~ 12 |2 = |D
~ 21 |2
und damit auch |D
(3.2.36)
so dass es unerheblich ist, welche Formulierung man in die Formeln für die
Einsteinkoeffizienten Gl. (3.2.33) und (3.2.34) einsetzt.
3.2.5 Gruppentheoretische Auswertung des Übergangsdipolmoments
Die zentrale spektroskopische Grösse ist das Übergangsdipolmoment Gl. (3.2.35):
Z
~ 12 = h2|D|1i
~ˆ
~ˆ '1 d⌧
D
= '⇤2 D
(3.2.35)
Es bestimmt die Intensität eines spektroskopischen Übergangs.
Diese Beziehung lässt sich mithilfe der Gruppentheorie auswerten: das Integral in
Gl. (3.2.26) ist nur dann verschieden von Null, wenn der Integrand eine
totalsymmetrische Komponente aufweist:
~ˆ ⌦ ('1 ) ◆
('2 ) ⌦ (D)
irreduzible
Darstellung von φ2
irreduzible
Darstellung von φ1
irreduzible
Darstellung des
Dipolmomentoperators Gl. (3.2.27)
(3.2.37)
(s)
totalsymmetrische
Darstellung der
jeweiligen
molekularen
Punktgruppe
Die Symmetrieklassifikation der Funktionen und Operatoren im Rahmen von
irreduziblen Darstellungen findet dabei jeweils in der betreffenden molekularen
Punktgruppe statt.
Beispiele (viele !) → siehe später und Übungen
3.3 Rotations- (Mikrowellen-) Spektroskopie
Die Rotationsspektroskopie untersucht Übergänge zwischen rotatorischen
Energieniveaus eines Moleküls im Mikrowellen (MW)-Bereich.
3.3.1 Auswahlregeln für reine Rotationsübergänge
Wir werten nun das Übergangsdipolmoment
Z
~ 12 = h2|D|1i
~ˆ
~ˆ '1 d⌧
D
= '⇤2 D
(3.2.35)
für rein rotatorische Übergänge aus. In der Born-Oppenheimer-Näherung weden die
molekularen Wellenfunktionen φi formuliert als
'i = 'e,i 'v ,i 'r,i ,
i = 1, 2
(3.3.1)
elektronische vibratorische rotatorische Wellenfunktion
In Bracket-Notation:
|i i = |ei i|vi i|Ji , Mi i
elektronische vibratorische rotatorische Quantenzahlen
Für einen rein rotatorischen Übergang innerhalb des selben elektronischvibratorischen Zustands des Molekül gilt
|e1 i = |e2 i = |ei und
|v1 i = |v2 i = |v i
Das Übergangsdipolmoment wird damit zu:
~ 12 = hJ2 , M2 | hv |he|D|ei|v
~ˆ
D
i |J1 , M1 i
Der Ausdruck
(3.3.2)
~ ev
=D
~ ev = hv |he|D|ei|v
~ˆ
D
i
(3.3.3)
ist das permanente elektrische Dipolmoment im elektronisch-vibratorischen
Zustand |ei|v i des Moleküls. Somit
wird Gl. (3.3.2) zu
Z
~ 12 = hJ2 , M2 |D
~ ev |J1 , M1 i =
D
~ ev YJ1 ,M1 (✓, ) sin ✓ d✓d
YJ⇤2 ,M2 (✓, ) D
(3.3.4)
~ ev ist ein Vektor im ℝ3. In Polarkoordinaten sind seine x,y,z-Komponenten
D
gegeben als:
r
1 8⇡ ~
~
Dev ,x = |Dev | sin ✓ cos =
|Dev | Y1,+1 (✓, ) Y1, 1 (✓, )
(3.3.5)
2
3
r
1 8⇡ ~
~
Dev ,y = |Dev | sin ✓ sin = i
|Dev | Y1,+1 (✓, ) + Y1, 1 (✓, )
2
3
r
4⇡ ~
~
Dev ,z = |Dev | cos ✓ =
|Dev |Y1,0 (✓, )
3
Die rechten Seiten dieser Beziehungen lassen sich leicht durch Einsetzen der
Kugelflächenfunktionen Gl. (2.8.10) verifizieren.
~ 12 = [D12,x , D12,y , D12,z ]T
Die Komponenten des Übergangsdipolmoments-Vektors D
sind also von der Form:
Z
D12,i / YJ⇤2 ,M2 Y1,M 0 YJ1 ,M1 sin ✓ d✓d , i 2 {x, y , z }, M 0 2 {0, ±1}
(3.3.6)
•
Der Integrand ist ein Produkt von drei Drehimpuls-Eigenfunktionen und kann rein
formal als eine Kopplung von drei Drehimpulsen behandelt werden. Die
Kopplung erfolgt wie üblich durch Clebsch-Gordan-Reihen Gl. (2.8.42). Damit
das Integral in Gl. (3.3.6) nicht verschwindet, muss der resultierende gekoppelte
Drehimpuls die totalsymmetrische Komonente |0, 0i = Y0,0 (✓, ) enthalten.
•
Dies ist nur dann der Fall, falls gilt (Beweis in Übung 5):
J = J2
J1 = (0, ) ± 1
und
M = M2
M1 = 0, ±1
(3.3.7)
ΔJ=+1: Absorption eines Photons
ΔJ=-1: Emission eines Photons
Der Fall ΔJ=0 wäre im Prinzip erlaubt, kommt jedoch in der Rotationsspektroskopie nicht vor (der Drehimpuls und damit die Rotationsenergie würde
sich ja dann nicht ändern).
•
~ 12 6= 0 nur wenn D
~ ev 6= 0 , d.h. nur
Ferner folgt aus Gl. (3.3.4) sofort, dass D
Moleküle mit einem permanenten Dipolmoment besitzen ein Rotationsspektrum !
•
Für symmetrische Kreisel liegt das Dipolmoment immer entlang der höchsten
Symmetrieachse im Molekül. Die Quantenzahl K (die Projektion von J auf diese
Achse) kann sich daher bei einem spektroskopischen Übergang nicht ändern:
K=0
(3.3.8)
3.3.2 Korrekturen höherer Ordnung:
Zentrifugalverzerrung und vibratorische Mittelung
Bisher haben wir rotierende Moleküle als starre Rotatoren betrachtet, also
Objekte, die völlig starr rotieren.
Moleküle schwingen jedoch, während Sie rotieren (sogar im vibratorischen
Grundzustand gibt es eine Nullpunktsschwingung). Die Bindungslängen und
-winkel und damit die molekularen Trägheitsmomente verändern sich dadurch.
Sie können zudem während der Rotation durch Zentrifugalkräfte ihre Geometrie
verzerren, was je nach rotatorischer Anregung zu unterschiedlichen effektiven
Trägheitsmomenten führt.
Beide Effekte können durch eine störungstheoretische Korrektur zu den
Rotationsenergien berücksichtigt werden.
Lineare Moleküle:
•
Vibratorische Mittelung: die Verzerrung der Molekülgeometrie durch
vibratorische Anregung wird durch der Einführung von effektiven, vibratorisch
gemittelten Rotationskonstanten Bv Rechnung getragen. Die rotatorischen
Termenergien werden damit:
vibratorischer
Mittelungsparameter
F (J) = Bv J(J + 1)
mit
Bv = B e
Rotationskonstante im
vibratorischen Zustand |v⟩
•
↵(v + 1/2)
(3.3.9)
Rotationskonstante bei der
Gleichgewichtsgeometrie
Zentrifugalverzerrung: die Verzerrung des Moleküls durch Zentrifugalkräfte
wird durch die Einführung eines Zentrifugalverzerrungsterms berücksichtigt:
F (J) = Bv J(J + 1)
Dv J 2 (J + 1)2
(3.3.10)
Zentrifugalverzerrungskonstante
im vibratorischen Zustand |v⟩
Symmetrische Kreisel: für zigarrenförmige symmetrische Kreisel erhält man:
F (J, K) = Bv J(J + 1) + (Av
Dv(J) J 2 (J + 1)2
Dv(JK) J(J + 1)K 2
Bv )K 2
(3.3.11)
Dv(K) K 4
Die spektroskopischen Konstanten in Gl. (3.3.9)-(3.3.11) können aus
experimentellen Spektren ermittelt werden (s. Übung 5).
3.3.3 Anwendungen
In linearen Molekülen ist der Abstand zwischen zwei
benachbarten Linien im Rotationsspektrum in der
Näherung des starren Rotators genau 2B (Beweis ?). B
kann in diesem Fall also direkt aus dem Spektrum
abgelesen werden.
Da B via das Trägheitsmoment direkt von der
Molekülgemometrie (Bindungslängen, Bindungswinkel)
abhängt, kann diese mittels Rotationsspektroskopie
bestimmt werden (→ Übung 5).
2B
Da jedes Molekül eine andere Geometrie besitzt, weist es auch ein
charakteristisches Rotationsspektrum auf → spektroskopische Identifikation von
Molekülen. Wichtige Anwendung: Radioastronomie
Bsp.: Rotationsspektrum des Orionnebels
Rotationsspektrum
von Molekülen im
Orionnebel
3.4 Vibrations- (Infrarot-) Spektroskopie
Die Vibrationsspektroskopie (Schwingungsspektroskopie) untersucht Übergänge
zwischen vibratorischen Energieniveaus eines Moleküls im Infrarot (IR)-Bereich.
Wir approximieren das BO-Potential in der Nähe des
Gleichgewichts-Bindungsabstands Req durch eine Parabel
(harmonische Näherung, s. Abschnitte 2.5.1 und 2.6):
V (x) =
2
1
kx
,
2
x = (R
Req )
BO-Potential
(3.4.1)
x ist dabei die Streckkoordinate der zwei Kerne und
entspricht der (einzigen) Normalkoordinate Y in einem
zweiatomigen Molekül (siehe Abschnitt 2.6).
k ist die Kraftkonstante, die zweite Ableitung der
Potentialfunktion an der Gleichgewichtsgeometrie (vgl.
Abschnitt 2.6):
d 2 V (x)
k=
(3.4.2)
dx 2
x=0
V
3.4.1 Zur Erinnerung: Schwingungen zweiatomiger Moleküle: harmonische Näherung
Req=Gleichgewichtsabstand
R
R=Req
R>Req
Die Schrödingergleichung der Relativbewegung der zwei Kerne mit Massen m1,
m2 ist gegeben durch:
2
d 2 ⇥vib (x) 1 2
+ kx ⇥vib (x) = Evib ⇥vib (x)
2
2µ dx
2
m1 m2
µ=
mit der reduzierten Masse
m1 + m2
(3.4.3)
(3.4.4)
Für die vibratorischen Energien erhält man (in Einheiten von Wellenzahlen):
(3.4.5)
mit der Vibrationsquantenzahl v=0,1,2,3,... und der
harmonischen Schwingungswellenzahl
1
⇥˜ =
2⇤c
k
µ
(3.4.6)
Die Schwingungsfrequenz hängt also von den
Massen der Kerne und der Kraftkonstante k ab,
welche wiederum durch das BO-Potential bestimmt
ist.
Wellenzahl Evib/hc
Evib (v )
1⇥
= G(v ) = ˜ v +
hc
2
˜
Die tiefstmögliche Energie ergibt sich bei v=0 (Nullpunktsenergie):
G(0) = ˜/2
(3.4.7)
Das Molekül hat also immer eine minimale Schwingungsenergie und damit eine
minimale Schwingungsbewegung (sogar am absoluten Temperaturnullpunkt !).
Die Abstände zwischen den Schwingungsniveaus sind äquidistant und genau
G(v ) = G(v + 1)
G(v ) = ˜
(3.4.8)
Der Übergang v=0→v=1 wird als Grund- oder Fundamentalübergang bezeichnet.
3.4.2 Auswahlregeln für vibratorische Übergänge
Das Übergangsdipolmoment zwischen zwei vibratorischen Zuständen |v1⟩ und
|v2⟩ innerhalb des selben elektronischen Zustands |e⟩ lässt sich in der BONäherung schreiben als:
~ 12 = hv2 | he|D|ei
~ˆ
(3.4.9)
D
|v1 i
Der Ausdruck
~e
=D
~ e = he|D
~ˆ 12 |ei
D
(3.4.10)
ist das permanente elektrische Dipolmoment im elektronischen Zustand |e⟩des
Moleküls. (Bem.: dieser Ausdruck ist ähnlich zu Gl. (3.3.3), in welcher aber auch
noch über die vibratorische Bewegung gemittelt wurde).
Taylorentwicklung von Gl. (3.4.9) um die Gleichgewichtsgeometrie x=(R-Req)=0
ergibt:
2~
~e
d
D
d
De
1
2
~
~
~
D12 = hv2 |De |v1 i = De x=0 hv2 |v1 i +
hv2 |x|v1 i +
hv
|x
|v1 i + ... (3.4.11)
2
2
dx x=0
2 dx x=0
•
Der erste Term in der Reihenentwicklung verschwindet, da die Zustände |v1⟩
und |v2⟩ orthogonal sind: hv2 |v1 i = 0
•
Damit der zweite Term nicht verschwindet, muss gelten:
1.
~e
dD
dx
6= 0
(3.4.12)
2. hv2 |x|v1 i =
6 0
(3.4.13)
x=0
d.h. das Dipolmoment muss sich mit der
Schwingungskoordinate ändern !
Diese Bedingung ist nur erfüllt, wenn gilt:
v = v2
v1 = ±1
(3.4.14)
wie man sofort aus den Matrixelementen des harmonischen Oszillators
sehen kann (siehe Übung 2). Δv=+1 entspricht einem Absorptionsprozess,
Δv=-1 einem Emissionsprozess.
3.4.3 Schwingungen zweiatomiger Moleküle: Morse-Oszillator
Wie bereits in Abschn. 2.5 besprochen ist die harmonische Näherung für das BOPotential nur in unmittelbarer Umgebung der Gleichgewichtsgeometrie gut.
so erhält man für die vibratorischen Energieniveaus (in
Einheiten von Wellenzahlen):
1⇥
1 ⇥2
G(v ) = v +
˜
v+
xe ˜
(3.4.15)
2
2
wobei ˜ wieder die harmonische Schwingungswellenzahl Gl. (3.4.6) ist. Die Anharmonizitätskonstante xe ist
gegeben durch:
˜
xe =
4De
V/hc
Löst man die vibratorische Schrödingergleichung für eine MorsePotentialfunktion Gl. (2.5.4)
◆2
✓
p
V (R) = De 1 exp
k/(2De )(R Req )
(2.5.4)
0
(3.4.16)
0
R-Req
Der Abstand zwischen zwei Energieniveaus ΔG(v)=G(v+1)-G(v) ist dann gegeben
durch:
G(v ) = ˜ 2(v + 1)xe ˜
(3.4.17)
Die Abstände sind nicht mehr äquidistant wie beim harmonischen Potential,
sondern verringern sich mit steigender Vibrationsquantenzahl v.
Für die Wellenzahl ⌫˜0 des Fundamentalübergangs v=0→v=1 erhält man:
⌫˜0 ⌘ G(0) = ⌫˜
2xe ⌫˜
(3.4.18)
Da die Wellenfunktionen des anharmonischen Oszillators von denen des
harmonischen Oszillators abweichen, ist die Auswahlregel Gl. (3.4.14) nicht mehr
streng gültig ! Es gilt:
v = v2
v1 = ±1(, ±2, ±3, ...)
(3.4.19)
Da die AHO-Wellenfunktionen bei geringer Anharmonizität jedoch immer noch
durch die entsprechenden HO-Wellenfunktionen dominiert werden (siehe Übung 2),
sind Obertöne (Δv=±2, ±3,...) jedoch in der Regel deutlich schwächer als der
Fundamentalübergang (Δv=±1).
Die Bedingung Gl. (3.4.12) (das Dipolmoment muss sich während der Schwingung
ändern) gilt jedoch nach wie vor streng.
D0 vs. De:
•
De ist die Dissoziationsenergie gemessen vom Potentialminimum
D0 ist die Dissoziationsenergie gemessen vom Nullpunktsenergieniveau:
D0 = De
G(v = 0)
(3.4.20)
Da jedes Molekül Nullpunkts-Schwingungsenergie
besitzt, ist D0 die Grösse, die in einem geeigneten
Experiment gemessen wird.
D0
V/hc
•
De
0
0
r-req
3.4.4 Mehratomige Moleküle
Wie haben in Abschnitt 2.6 gezeigt, dass Schwingungen in mehratomigen
Molekülen durch 3K-5(6) unabhängige eindimensionale harmonische Oszillatoren
beschrieben werden können. Die Schwingungen entsprechen den Normalmoden.
Die in Abschn. 3.4.1-3.4.3 gemachten Aussagen über eindimensionale
Schwingungen lassen sich also sofort auf Schwingungen in den Normalmoden
mehratomiger Systeme verallgemeinern.
Vibratorische Auswahlregeln: für mehratomige Moleküle lässt sich das
vibratorische Übergangsdipolmoments Gl. (3.4.11) verallgemeinern zu:
~ 12 = hv2 |D
~ e |v1 i = hv2,1 |hv2,2 |...hv2,3K
D
wobei|vj i = |vj,1 i|vj,2 i...|vj,3K
5(6) i,
~
5(6) |De |v1,1 i|v1,2 i...|v1,3K 5(6) i
(3.4.21)
j = 1, 2 ... gesamte vibratorische Wellenfunktion als Produkt von
3K-5(6) 1D HO-Wellenfunktionen Gl. (2.7.4)
Für die Anregung einer Normalschwingung i ergibt die gruppentheoretische
Auswertung des Übergangsdipolmoments gemäss Gl. (3.2.37):
~ e ) ⌦ (v1,i ) ◆
(v2,i ) ⌦ (D
(s)
(3.4.22)
•
Da das Dipolmoment D ganz allgemein definiert ist als D=qΔr, Δr=[Δx,Δy,Δz]T, sind
die Symmetrien der Komponenten des elektrischen Dipolmomentvektors
De=[De,x, De,y, De,z]T genau die Symmetrien von x,y,z in der jeweiligen Punktgruppe.
•
Die Symmetrien der vibratorischen Wellenfunktionen |vj,i⟩, j=1,2, sind gegeben
durch die Symmetrien der Hermite-Polynome Hvj,i (Yi ) (Gl. (2.7.5)):
H0 (Yi ) = 1, H1 (Yi ) = 2Yi , ...
Daraus folgt sofort: der vibratorische Grundzustand |0⟩ ist totalsymmetrisch (Γ(s)),
der erste angeregte vibratorische Zustand |1⟩ besitzt die Symmetrie Γ(Yi) der
jeweiligen Normalkoordinate Yi.
Für die Fundamentalanregung |v1,i=0⟩→ |v1,i=1⟩ einer Normalmode folgt daher aus
Gl. (3.4.22) die Bedingung:
~ e) ◆
(Yi ) ⌦ (D
(s)
(3.4.23)
Das Produkt der Symmetrien der jeweiligen Normalmode und irgendeiner Komponente des Dipolmoments muss die totalsymmetrische Darstellung enthalten !
Bestimmung der Symmetrien der Normalmoden: Beispiel H2O (Punktgruppe C2v)
•
Symmetrien der Normalmoden:
•
Charaktertafel der Punktgruppe C2v:
symmetrische
Streckschwingung (s)
Γ(s)=A1
Biegeschwingung (b)
Γ(b)=A1
asymmetrische
Streckschwingung (as)
Γ(as)=B2
Symmetrien der Komponenten des
Dipolmoments De,x, De,y, De,z : B1, B2, A1
z
y
•
Symmetrische Streckschwingung: Γ(s)=A1:
(s) ⌦ (De,z ) = A1 ⌦ A1 = A1
•
Biegeschwingung: Γ(b)=A1:
(b) ⌦ (De,z ) = A1 ⌦ A1 = A1
•
Anregung erlaubt !
Anregung erlaubt !
Antiymmetrische Streckschwingung: Γ(s)=B2:
(as) ⌦ (De,y ) = B2 ⌦ B2 = A1
Anregung erlaubt !
Allgemeines Verfahren zur Ausreduktion der Normalmoden: → Tafel
3.4.5 Anwendungen
Einführung in die Physikalische Chemie
K4-10 Molekülspektroskopie
Funktionelle Gruppen von
Molekülen weisen charakteristische Schwingungsfrequenzen auf, die sich von Molekül
zu Molekül oft nur geringfügig
unterscheiden.
Da jedes Molekül somit ein
charakteristisches IR-Spektrum
besitzt, ist IR-Spektroskopie
neben NMR eine der wichtigsten
Methoden in der
Strukturaufklärung und
chemischen Analytik.
Aus experimentell bestimmten Schwingungsfrequenzen können Kraft- und
Anharmonizitätskonstanten bestimmt werden. Schwingungsspektroskopie ist
somit die wichtigste Methode, die BO-Potentialfläche aus experimentellen Daten zu
rekonstruieren.
pair of electrons with respect to the ammonium group
anti". The orientation of the phenolic oxygen has littl
on the conformer energy !0.1 kJ/ mol", while the ant
Beispiel aus der aktuellen Forschung:
experimentelle
bone
conformationsBestimmung
are stabilizedder
4 kJ/ mol relative
energetisch niedrigsten Konformationen
Biomolekülen, hier ein protoniertes
gauchevon
conformers.
Dipeptid Tyr-Ala-H+. Vergleich mit theoretischen
z.B. auscan be similarly
The other Vorhersagen,
calculated conformers
quantenchemischen Rechnungen (s.into
Teilfamilies
2 der Vorlesung).
of hydrogen bonding patterns !Fig. 4, f
Theoretisch berechnete
KonforVergleich der gemessenen und
J. Chem. Phys. 127, 154322 !2007"
mationen mit den niedrigsten Energien:
berechneten IR-Spektren im
Wellenzahlbereich der NHStreckschwingung:
A. Stearns
et al., J. Chem.
Phys. of
127 (2007),
154322
Relative Energien in kJ/mol FIG. 3. !Color J.online"
Infrared
spectra
the NH
stretch r
FIG. 4. !Color online" Structures and zero-point-corrected
energies in kJ/
effec
wave
was
also
a tran
that
dark
on th
dram
light
synth
whic
cons
lated
keple
desce
by le
trans
used
231
prese
meas
the
Uno
infer
in th
and t
(c) Mark Swain, NASA JPL
deriv
2.50
spect
Binned model, water + methane
coole
Binned model, water + methane + ammonia
tion
Binned model, water + methane + carbon monoxide
Observations
Infor
2.45
W
Fig.
1.9 m
the s
2.40
wate
spect
the a
broa
2.35
2.2 m
Model, water
addi
Model, water + methane
poss
spect
2.30
1.6
2.2
1.8
2.4
2.0
mod
Wavelength (µm)
,10
M. R. Swain et al., Nature 452 (2008), 329
mole
Figure 2 | A comparison of observations with simulated water and
natures. In our data, the first orbit had strong systematic offsets (due
to spacecraft settling) and was excluded from our analysis.
In order to arrive at the transmission spectrum, it is important to
establish a proper baseline for the remaining out-of-eclipse data. The
systematic errors in the raw light curves are dominated by two types,
correlations in time and in wavelength. In order to remove temporal
correlations, we assumed that the observed flux in each wavelength
channel for the out-of-eclipse orbits could be modelled by perturbations that were linear in five state variables, and by a term that was up
Primary eclipse
to parabolic in spacecraft orbital phase. The state variables capture
– Blocks starlight
the optical state of the camera and are the centroids of channels, a
– Starlight filters through planet
variable defocus due to ‘breathing’ of the telescope focus, rotation of
the spectrum with respect to the detector, and temperature. A regresatmosphere
sion to the observed light curves provided the coefficients of the
Secondary eclipse
model. When decorrelated on the basis of the model, the time series
– Light from planet blocked showed no further temporal correlations. Some remaining excess
noise was strongly correlated in wavelength; an estimator for this
Both detected by measuring
noise was constructed as a weighted average of all channel time series
intensity as a function of time
data (collapsed in the wavelength axis) and was then subtracted from
individual channels. The resulting channel time series are near the
theoretical noise limit. The robustness of the fits was verified by
removing sections of the data from the fit and ensuring that the
combined residuals remain well behaved.
The in-eclipse time series temporal effects were decorrelated by
applying the model coefficients determined from the out-of-eclipse
data to state variables and the spacecraft orbital phase at every
Transiting planets:
something special
Infrarot-Spektroskopie der Atmosphäre von Exoplaneten
•
(Planeten ausserhalb unseres
Sonnensystems)
•
Exoplaneten können durch eine Veränderung der
Helligkeit ihres Muttersterns
entdeckt werden,
•
wenn sie diesen teilweise verdecken
•
Ein Teil des Licht des Sterns tritt durch die
Atmosphäre des Exoplaneten und wird dort
absorbiert. Das Spektrum des Planeten erhält
man nach Abzug des Spektrum des Sterns:
•
Das IR-Spektrum der ExoplanetAtmosphäre zeigt Absorptionsbanden, die
einzelnen Molekülen zugewiesen werden
können.
Rechts: IR-Spektrum der Atmosphäre des Jupiterähnlichen Exoplaneten HD189733b (im Sternbild Fuchs,
63 Lichtjahre entfernt). Das Spektrum wurde unter der
Annahme modelliert, dass verschiedene Moleküle zur
Absorption beitragen. Auf diese Weise konnten CH4, H2O
und möglicherweise CO in der Atmosphäre
nachgewiesen werden.
Absorption (%)
•
Die Energien in der Rotations- und der
Schwingungsbewegung addieren sich. Die
Positionen der resultierenden RotationsVibrations-Energieniveaus S(v,J) sind für ein
zweiatomiges Molekül gemäss Gl. (3.4.15) und
(3.3.10) gegeben durch:
...
Rotationen und Schwingungen eines Moleküls
treten immer nebeneinander auf. Ein Molekül
kann also sowohl rotatorische als auch
vibratorische Energie gleichzeitig haben.
E
J=3
J=2
v=1
J=1
J=0
...
3.4.6 Rotations-Vibrationsspektroskopie
J=3
J=2
v=0
J=1
J=0
S(v , J) = G(v ) + F (J)
= (v + 12 )˜
⌫
(v + 12 )2 xe ⌫˜ + Bv J(J + 1)
Vibrationsenergie
Dv (J(J + 1))2
Rotationsenergie
(3.4.21)
Rotationsniveaus in v=1
J’
Für den Fundamentalübergang v=0→1 erhält man unter
Benutzung der rotatorischen Auswahlregel ΔJ=±1 und
Vernachlässigung der Zentrifugalverzerrung aus Gl.
(3.4.21) folgende Übergangswellenzahlen für die
Rotations-Schwingungsübergänge:
•
•
P-Zweig: J→J-1 (ΔJ=-1):
⌫˜P = ⌫˜0 (Bv ,2 + Bv ,1 )J + (Bv ,2
R-Zweig: J→J+1 (ΔJ=+1):
J”
Bv ,1 )J 2
⌫˜R = ⌫˜0 + (Bv ,2 + Bv ,1 )(J + 1) + (Bv ,2
(3.4.22)
Bv ,1 )(J + 1)2 (3.4.23)
wobei Bv,1 und Bv,2 die Rotationskonstanten im
vibratorischen Grund- und ersten angeregten Zustand
bezeichnen.
•
Besitzt das Molekül zusätzlich noch
elektronischen Drehimpuls, ist auch ein Q-Zweig
(ΔJ=0) beobachtbar:
(3.4.24)
⌫˜ = ⌫˜ + (B
B )J(J + 1)
Q
0
v ,2
v ,1
Rotationsniveaus in v=0
Bei spektroskopischen Übergangen zwischen
Schwingungszuständen können also auch gleichzeitig
Rotationen des Moleküls angeregt werden.
S(v,J)
3.5 Elektronische Spektroskopie
3.5.1 Elektronisch angeregte Zustände von Molekülen
In der elektronischen Spektroskopie werden Moleküle in einen angeregten
elektronischen Zustand transferiert. Innerhalb der Orbitalnäherung ergibt sich
ein angeregter elektronischer Zustand durch:
•
•
Anregung eines Elektrons in ein energetisch höherliegendes Molekülorbital
Änderung des Elektronenspin-Zustands (Singulett - Triplett)
oder eine Kombination von beidem.
Jeder elektronische Zustand besitzt eine eigene Born-OppenheimerPotentialfläche !
ungebundener
Energie
Konfiguration des
elektronischen
Grundzustands
Konfiguration des
ersten angeregten
elektronischen Zustands
Rechts: Potentialkurven des
Grund- und ersten
angeregten elektron.
Zustands von H2+
(dissoziativer) Zustand:
das Molekül ist nicht stabil
Energie / hcRH
Bsp.: die beiden tiefsten elektronischen Zustände von H2
+
gebundener Zustand
Weiteres Bsp. für elektronisch angeregte Zustände: Sauerstoff O2
Elektronenkonfiguration
Bezeich- relat. Enernung
gie / cm-1
πu2 πu2 πg1 πg1
1πg
1πu
3Σ g
πu2 πu2 πg2 πg0
1πg
1πu
1Δ
πu2 πu2 πg1 πg1
1πg
1πu
1Σ +
g
13121
πu2 πu1 πg2 πg1
1πg
1πu
3Σ +
u
35713
πu2 πu1 πg2 πg1
1πg
1πu
3Σ u
49363
g
0
7882
Molekulare
Termsymbole
Elektronische Konfiguration
von O2 im Grundzustand 3Σg-
Potentialkurven der tiefsten
elektronischen Zustände
von O2
Die Berechnung von elektronischen Zuständen und deren BO-Flächen ist
Gegenstand von Teil 2 dieser Vorlesung.
3.5.2 Auswahlregeln für rovibronische Übergänge
Bei der spektroskopischen Anregung eines elektronischen Übergangs in einem
Molekül werden in der Regel auch gleichzeitig Rotations- und Vibrationsbewegungen angeregt. Bei genügend hoher Auflösung des Spektrometers beobachtet man
in elektronischen Spektren also auch die Vibrations- und Rotationsstruktur des
Moleküls. Man spricht von rovibronischen (rotatorisch-vibratorisch-elektronischen)
Übergängen.
Herleitung → Tafel
elektronische Auswahlregel:
vibratorische Auswahlregel:
Drehimpulsauswahlregel:
8
9
< (x)=
(y ) ⌦ (e1 ) ◆
(e2 ) ⌦
:
;
(z)
(v2 ) ⌦ (v1 ) ◆
J = 0, ±1,
(s)
M = 0, ±1
(s)
(3.5.2)
(3.5.5)
(3.5.6)
Darüberhinaus gilt:
•
Paralleler Übergang: die nichtverschwindende Komponente des
elektronischen Übergangsdipolmoments liegt parallel zur Molekülachse:
symmetrischer Kreisel:
•
linearer Kreisel:
K=0
⇤=0
Senkrechter Übergang: die nichtverschwindende Komponente des
elektronischen Übergangsdipolmoments liegt senkrecht zur Molekülachse:
symmetrischer Kreisel: K = ±1
linearer Kreisel: ⇤ = ±1
3.5.3 Das Franck-Condon-Prinzip
Vibratorische Struktur im
elektronischen Spektrum
Die Intensität I der vibratorischen Übergänge in einem
elektronischen Spektrum ist proportional zum
Betragsquadrat des Überlappungsintegrals der
vibratorischen Wellenfunktionen im elektron. Grundund angeregten Zustand (Franck-Condon-Faktor):
I / |hv2 |v1 i|2
Z
=
'⇤2,vib (Y1 , ..., Y3K
vibrator. Wellenfkt. im elektron.
angeregten Zustand
(3.5.7)
2
5(6) )
'1,vib (Y1 , ..., Y3K
5(6)
vibrator. Wellenfkt. im elektron.
Grundzustand
d Y1 ..d Y3K
5(6)
Integral über alle
Normalkoordinaten Yi
Bsp.: Schwingungsstruktur im
elektronischen Spektrum von SO2
Bei Raumtemperatur befinden sich die Moleküle meist im vibratorischen
Grundzustand. Die Intensität der vibratorischen Übergänge in Elektronenspektren
ist dann durch den Überlapp der vibratorischen Wellenfunktion im elektronisch
angeregten Zustand mit der vibratoroischen Wellenfunktion im elektronischen
Grundzustand bestimmt.
Der vibratorische Überlapp ist dabei massgeblich
durch die Verschiebung der Potentialkurven der beiden
elektronischen Zustände (ausgedrückt durch die
Verschiebung der Gleichgewichtsgeometrien R1,eq und
R2,eq) bestimmt .
Qualitative Intensitätsverteilung der vibratorischenelektronischen Übergänge in Abhängigkeit von der
Differenz der Gleichgewichtsabstände:
R2,eq R1,eq Normalkoordinate Y
Illustration des Überlapps der
vibratorischen Wellenfunktionen
für den Fall R2,eq>R1,eq
R2,eq≈R1,eq
R2,eq>R1,eq
R2,eq>>R1,eq
3.5.4 Zerfall elektronisch angeregter Zustände
Elektronisch angeregte Zustände können durch eine Reihe von
Zerfallsprozessen deaktiviert werden:
•
Fluoreszenz: Zerfall eines angeregten
Zustands durch spontane Emission eines
Photons.
•
Bei Spektren in Lösung werden
Vibrationen im angeregten Zustand
effizient durch Stösse mit
Lösungsmittelmolekülen deaktiviert
(strahlungsloser Zerfall), so dass die
Fluoreszenz aus dem vibratorischen
Grundzustand des elektronisch
angeregten Zustands erfolgt. Das
Fluoreszenzspektrum erscheint dadurch
bei niedrigeren Energien (grösseren
Wellenlängen) als das
Absorptionsspektrum.
•
Interne Konversion (IC): strahlungsloser Übergang zwischen elektronischen Zuständen mit gleichem
Spincharakter (z.B. Singulett-Singulett, Triplett-Triplett),
wobei elektronische Energie in vibratorische Energie
umgewandelt wird.
•
Intersystem Crossing (ISC): strahlungsloser Übergang
zwischen einem Singulett- und einem Triplettzustand,
wobei elektronische Energie in vibratorische Energie
umgewandelt wird.
Rechts: Jablonski-
•
Phosphoreszenz: Strahlungsübergang
zwischen Zuständen mit
unterschiedlichem Spincharakter, i.d.R.
zwischen dem ersten angeregten
Triplett- zum Singulettgrundzustand.
•
Prädissoziation: Dissoziation des
Moleküls nach Übergang vom
ursprünglich angeregten elektron.
Zustand zu einem nicht gebundenen
(dissoziativen) Zustand im selben
Energiebereich.
Diagramm der
Zerfallsprozesse
elektronischer Zustände in Naphthalin
1. angeregter
Triplettzust.
1. angeregter
elektron.
Singulettzust.
Grundzustand
3.6 Spektrale Linienformen und -breiten
Die Linien in einem Spektrum sind nicht unendlich schmal, sondern weisen eine
endliche Form und Breite auf. Das Verständnis dieser Phänomene ist essentiell,
um quantitative Informationen wie Probenkonzentration und Übergangsmomente
zu erhalten. Spektrale Linien sind einer Reihe von Verbreiterungsmechanismen
unterworfen:
•
•
•
•
Natürliche Linienverbreiterung (Lebenszeitverbreiterung)
Dopplerverbreiterung
Kollisionsverbreiterung
Leistungsverbreiterung
3.6.1 Natürliche Linienverbreiterung (Lebenszeitverbreiterung)
Die natürliche Linienverbreiterung wird durch die Lebenszeit des angeregten
Zustandes hervorgerufen. Eine untere Grenze für die energetische Breite des
Zustands ist in jedem Fall durch die Energie-Zeit-Unschärfe geggeben: Δt ΔE≥h/4π.
Die Lebenszeit kann durch die in Abschnitt 3.5.4 beschriebenen Prozesse limitiert
sein, in jedem Fall aber durch die spontane Emissionsrate aus diesem Zustand.
Wenn der angeregte Zustand gemäss einem Geschwindigkeitsgesetz
erster Ordnung zerfällt:
dN2
= N N2
(3.6.1)
dt
Zerfallskonstante
Dann ist die Linienform durch eine LorentzFunktion gegeben:
N
(3.6.2)
Intensität der Linie
Zerfallskonstante = Linienbreite
(volle Linienbreite auf halber Höhe =
full width at half maximum, FWHM)
Die natürliche Linienbreite ΓN entspricht dem Kehrwert der Lebenszeit τ des
angeregten Zustands:
falls [ΓN]=[ω] !!!
(3.6.3)
Wenn spontane Emission der einzige Zerfallsprozess ist, kann man Gl. (3.6.1)
mit Gl. (3.2.15) vergleichen:
(3.2.15)
N
= A21
(3.6.4)
falls [ΓN]=[ω] !!!
Der Einstein A-Koeffizient kann also direkt aus der Linienbreite abgelesen werden !
3.6.2 Dopplerverbreiterung
Die Linienbreite kann weiters durch den Doppler-Effekt vergrössert werden:
Geschwindigkeitsvektor des Moleküls
Kreisfrequenz der
Lichtwelle für das
bewegte Molekül
(3.6.5)
Kreisfrequenz der Wellenvektor der
Lichtwelle für ein
Lichtwelle
ruhendes Molekül
Ein sich bewegendes Molekül nimmt also die Lichtwelle bei einer verschobenen
Frequenz wahr.
Weil Moleküle unter thermischen Bedingungen eine breite MaxwellBoltzmann-Verteilung von Geschwindigkeiten aufweisen, nimmt jedes
Molekül die einstrahlende Lichtwelle bei einer anderen Frequenz wahr.
Gemittelt über das gesamte Ensemble von Molekülen ergibt sich eine
Verbreiterung der Spektrallinie.
Die Doppler-verbreiterte Linienform ist durch eine Gaussfunktion wiedergegeben:
(3.6.6)
wahrscheinlichste Geschwindigkeit
der Moleküle
(3.6.7)
Gaussförmige Linie wegen
Dopplerverbreiterung
Die Doppler-Linienbreite ΓD ist gegeben durch:
(3.6.8)
Die Temperatur der Probe kann also direkt aus
der Doppler-Linienbreite abgelesen werden.
Lorentzförmige Linie wegen
Lebenszeitverbreiterung
3.6.3 Stossverbreiterung
Wenn ein Molekül mit einem anderen Teilchen stösst, z.B. mit anderen
Gasmolekülen oder Lösungsmittelmolekülen in der Flüssigphase, werden seine
Energieniveaus durch die Wechselwirkung mit dem Stosspartner gestört.
Findet während dem Stoss eine spektroskopische Anregung statt, so passiert
diese bei einer leicht verschobenen Frequenz wegen der Wechselwirkung mit dem
Stosspartner. Das Ausmass der Frequenzverschiebung hängt vom exakten
Zeitpunkt der Absorption während des Stossvorgangs ab.
In Gasen unter hohem Druck oder in der Flüssigphase finden ständig Stösse statt.
In solchen Medien aufgenommene Spektren weisen daher immer verbreiterte
Linien auf !
Stossverbreiterung ist die hauptsächliche Ursache für die stark verbreiterten
Linien in Flüssigphasen-Spektren. Um hochaufgelöste Spektren mit schmalen
Linien zu erhalten, ist es daher essentiell, in der Gasphase bei tiefem Druck zu
arbeiten !
3.7 Experimentelle Methoden
3.7.1 Laser
Viele moderne spektroskopische Experimente benutzen Laser als Lichtquellen.
Wir beschäftigen uns daher kurz mit den Eigenschaften von Lasern und
Laserstrahlung.
LASER = light amplification by stimulated emission of radiation
Anwendungen von Lasern:
•
•
•
•
•
•
Optische Datenspeicher
Schweissen
Chirurgie
Präzisionsmessungen,
Interferometrie
Kernfusion
Laserpointer
•
•
•
•
•
Holographie
Laserspektroskopie
Initiierung und Kontrolle chemischer
Reaktionen
Laserkühlung
Kohärente Manipulation von Materie
und chemischen Reaktionen
Elemente eines Lasers:
•
•
•
Aktives Medium: Medium zur Verstärkung einer elektromagnetischen (EM) Welle
Pumpprozess: Prozess, der dem aktiven Medium Energie zuführt:
• optisches Pumpen: Blitzlampen, andere Laser
• elektrisches Pumpen: elektrische Anregung des aktiven Mediums, z.B. durch
elektrische Entladungen
Optischer Resonator: Kavität bestehend aus zwei hochreflektiven Spiegeln, die
die EM-Strahlung speichern und einen Rückkopplungsmechanismus zu ihrer
Verstärkung ermöglichen
Optischer Resonator:
•
Strahlung wird durch stimulierte Emission
im aktiven Medium erzeugt und zwischen
den Spiegeln hin- und her reflektiert. Die
erzeugten Photonen stimulieren so
wiederum die Emission von weiteren
Photonen. Rückkopplung: alle Photonen
weisen den selben Wellenvektor,
Frequenz und Phase auf.
•
Es bildet sich eine stehende Welle in der Kavität aus
(longitudinale Resonator-Moden):
n
= Lc
(3.7.1)
2
mit n= 1,2,3,... und der Länge des Resonators Lc.
nc
Mit c=λν folgt:
⌫=
(3.7.2)
2Lc
D.h. nur Wellen mit einer bestimmten Wellenlänge
werden verstärkt !
Resonatorspiegel
Bedingung für die Verstärkung der Strahlung:
•
Der Absorptionskoeffizient des Mediums ist definiert als (s. Gl. (3.2.9)):
↵12 (⌫) = [N1
•
(g1 /g2 )N2 ]
(3.2.9)
12 (⌫)
Betrachte den Fall einer Inversion der Besetzungsdichten:
(3.7.3)
(g1 /g2 )N2 > N1
In diesem Fall ist α12<0 und die EM-Welle wird gemäss dem Lambert-Beer-Gesetz
verstärkt, und nicht absorbiert:
I(⌫) = I0 (⌫) exp{ ↵12 (⌫)L}
(3.7.4)
>0 falls α12<0
•
Der Verstärkungsfaktor G pro Umlauf (=zwei Weglängen L in der Kavität) ist:
I(⌫, 2L)
G(⌫) =
= exp{ 2↵12 L}
(3.7.5)
I0 (⌫)
Strahlungsverluste (Absorption, Streuung, imperfekte Spiegel, ...) führen zu
einer Abschwächung der Welle mit einem Verlustkoeffizienten Υ:
def
I(⌫) = I0 (⌫) exp{
(3.7.6)
}
Man erhält somit für die totale Intensität pro Umlauf:
I(⌫, 2L) = I0 (⌫) exp{ 2↵12 (⌫)L
•
}
(3.7.7)
Daraus folgt die Bedingung für die Verstärkung der Welle:
2↵12 (⌫)L >
(3.7.8)
•
Mit der Definition des Absorptionskoeffizienten aus Abschnitt 3.2
↵12 (⌫) = [N1
(g1 /g2 )N2 ]
12 (⌫)
(3.2.9)
sowie der Definition
def
N = (g1 /g2 )N2
N1
(3.7.9)
erhält man die sog. Schwellenbedingung für die Besetzungsdichten:
N > Nmin =
2
12 (⌫)L
(3.7.10)
D.h. um Lasing (=Verstärkung der Welle) zu erhalten, muss die Inversion der
Besetzungsdichten grösser als ΔNmin sein.
Eigenschaften von Laserstrahlung:
•
Helligkeit: Laser können um viele Grössenordnungen intensiver als thermische
Strahlungsquellen sein.
• Monochromatizität: Die Breite der Laserstrahlung im Frequenzbereich Δν
(Bandbreite) kann sehr klein sein aufgrund
• der endlichen Linienbreite der Emissionslinien des aktiven Mediums.
• der Frequenzselektivität des optischen Resonators.
• von zusätzlichen wellenlängenselektiven Elementen, die in den Resonator
eingebaut werden (Gitter, Prismen, Interferometer).
• Direktionalität: Durch die stimulierte Emission ist die Laserstrahlung immer
entlang der Resonatorachse gerichtet.
• Kohärenz: Durch die stimulierte Emission besitzt die Lichtwelle eine
wohldefinierte Phase → Interferenz und kohärente Phänomene.
• Polarisation: Laserstrahlung kann durch polarisiationsselektive Optik im
Oszillator polarisiert werden.
Eigenschaften des aktiven Mediums: man wählt in der Regel ein aktives Medium, in
dem sich ein quantenmechanisches 4-Niveau-System realisieren lässt. In einem
solchen System kann leicht eine Populationsinversion zwischen den Niveaus |1⟩
und |2⟩ erreicht werden:
|4〉
schnelle Relaxation
|2〉
Pumpprozess
|3〉
Lasing
|1〉
schnelle Relaxation
Bem.: in einem 2-Niveau-System lässt sich eine Populationsinversion in der Praxis
nicht, in einem 3-Niveausystem nur in bestimmten Fällen realisieren (s. Übung 7).
Beispiel 1: CO2-Laser
•
•
•
•
Gas-Infrarot-Laser
Aktives Medium: Mischung aus CO2,
N2 und He
Pumpprozess: elektrische Entladung
Extrem leistungsstark: P ≈ 100 kW
|2〉
•
Anwendungen:
• Laserschweissen
• Chirurgie
• Laserchemie
Energietransfer
durch Stösse
|4〉
Lasing
|1〉
Pumpprozess
Stossrelaxation
|3〉
Beispiel 2: Farbstofflaser
•
•
einer der wichtigsten Laser für
chemische und spektroskopische
Anwendungen
Aktives Medium: organischer
Farbstoff in Lösung
Generisches
Energieniveaudiagramm eines
Laserfarbstoffs
|4〉
|2〉
|1〉
|3〉
•
•
Pumpprozess: Anregung durch
andere Laser
Anwendungen:
• Spektroskopie
• Analytik
• Laserchemie
Absorptions-/Emissionsspektrum
von Rhodamin 6G
•
Durch die Wahl des Laser-Farbstoffs kann Laserstrahlung in verschiedenen
Spektralbereichen erzeugt werden: breite Einsetzbarkeit für eine Reihe
chemischer Probleme.
Emissionsprofile gängiger Laserfarbstoffe
Beispiel 3: Diodenlaser
•
•
•
Sehr kompakte Feststofflaser
bestehend aus p-n Halbleiter-Dioden
Strahlung wird durch die
Rekombination von Elektronen im
Leitungsband mit Löchern im
Valenzband des Halbleiters erzeugt
Pumpprozess = Zuführung von
Elektronen (elektrischer Strom)
p-n Halbleiterdiode
•
•
Frequenz der emittierten Photonen
bestimmt sich durch die Bandlücke des
betreffenden Halbleiters (IR bis UV)
Anwendungen:
• optische Datenspeicherung (CD, DVD,
BD)
• Spektroskopie
• Laserkühlung
p-n Halbleiterdiode mit
angelegter Vorspannung
3.7.1 Methoden der Laserspektroskopie
Die besonderen Eigenschaften von Laserstrahlung werden in einer Reihe
moderner spektroskopischer Methoden mit dem Ziel eingesetzt, eine möglichst
hohe spektrale Auflösung und Messempfindlichkeit zu erreichen.
Cavity-Ringdown-(CRD-)Spektroskopie:
•
Ziel: hohe Messempfindlichket durch Realisierung extrem langer
Absorptionswege durch die Probe. Ideal für Substanzen in sehr hoher
Verdünnung oder mit sehr kleinen Absorptionsquerschnitten.
•
Dies wird erreicht, indem die Probe in eine Kavität bestehend aus zwei
hochreflektiven Spiegeln eingebracht wird.
Kavität gefüllt mit Probe
•
Man beobachtet eine Serie von
Lichtpulsen aus der Kavität, deren
Intensität abnimmt gemäss:
Nummer des
Pulses
Absorptionskoeffizient
Länge der
Kavität
(3.7.11)
Intensität des
n-ten Puls
•
•
Transmission Verlustkoeffider Spiegel zient der Kavität
Der n-te Puls wird nach einer Zeit t
beobachtet, die n Mal der Umlaufzeit tR in
der Kavität entspricht:
t = ntR = 2n`/c
(3.7.12)
Ein langsamer Lichtdetektor kann die einzelnen Pulse zeitlich nicht auflösen
und mittelt über die Intensität der Pulse → ersetze n durch ct/2ℓin Gl. (3.7.11):
mit
(3.7.13)
Abklingzeit (ringdown time)
•
•
Der Absorptionskoeffizient α wird aus der Messung der Abklingzeit bestimmt.
Typische Abklingzeiten sind im Bereich von ms entsprechend typischen
Absorptions-Weglängen von einigen km !
Laser-induzierte Fluoreszenz-(LIF)-Spektroskopie
•
Prinzip: Anstatt die Abnahme der Laserintensität beim Durchgang durch die
Probe (Absorbanz) zu messen, werden einzelne Photonen detektiert, die nach
der Anregung durch spontane Emission aus dem angeregten Zustand
entstehen. Dies ist mit extrem hoher Empfindlichkeit möglich.
Spontane
Emission
•
Die Probe muss hierfür fluoreszent sein. LIF wird hauptsächlich in der elektronischen Spektroskopie von Molekülen mit hohen Fluoreszenzraten verwendet.
•
Vergleich zwischen LIF- und CRD-Spektroskopie. Beispiel: das elektronische
Spektrum von HNO (einem atmosphärischen Spurengas)
Lit.: J. Pearson et al.,
J. Chem. Phys. 106 (1997),5850
•
Die Unterschiede zwischen den Spektren werden durch unterschiedliche
Zerfallsprozesse der angeregten Zustände erklärt. CRD liefert ein echtes
Absorptionsspektrum, währen mit LIF nur fluoreszente angeregte Zustände
detektiert werden können. Wenn strahlungslose Zerfälle viel effizienter als
Fluoreszenz sind, können die betreffenden Zustände mit LIF nicht beobachtet
werden.
Resonanzverstärkte-Mehrphotonen-Ionisationsspektroskopie (resonance
enhanced multiphoton ionization spectroscopy, REMPI):
•
Prinzip: Detektion geladener Teilchen (Kationen) anstelle
von Photonen
•
Nach der Laseranregung absorbiert das Molekül ein oder
mehrere weitere Photonen und wird ionisiert.
•
Die Ionisationsausbeute als Funktion der Laserfrequenz
entspricht dem Absorptionsspektrum des ersten
Anregungsschrittes.
•
REMPI wird hauptsächlich in der vibratorischen und
elektronischen Spektroskopie eingesetzt.
•
Vorteil: extrem hohe Empfindlichkeit (man kann leicht
einzelne Ionen detektieren) und massenselektivität in
Kombination mit einem Massenspektrometer
•
Beispiel: Gasphasen-UV-Spektroskopie von RNA/DNA-Basenpaaren (z.B. zur
Untersuchung von Mechanismen zur Strahlungsschädigung von DNA/RNA)
•
Experiment: verschiedene Basenpaare und ihre Isomere wurden in der
Gashase durch Laserdesorption von Mischungen der festen Basen erzeugt
•
Massenselektive Spektren der
Komponenten der Mischung
wurden durch REMPI erhalten
andere Spezies
Cytosin-Guanin-Isomere
Abo-Riziq et al., Proceedings of the National
Academy of Sciences 102 (2005), 20
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