Integrationstheorien

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HS 15331 – Die europäische Beschäftigungsstrategie …
Integrationstheorien:
• Intergouvernementalismus,
• Neo-Funktionalismus,
• Multi-Level-Governance
25.10.2004
HS 15331 – Die europäische Beschäftigungsstrategie …
--- Integrationstheorien ---
25.10.2004
Fragestellungen
• Was bedeutet der Integrationsbegriff in Bezug auf
die Europäische Union?
• Kann die Europäische Union mit einer der herkömmlichen
Integrationstheorien beschrieben werden?
• Können die Theorien die politischen Prozesse in der EU
beschreiben?
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25.10.2004
1. Integration
- ein auf der Ebene des internationalen Systems konsenshaft
ablaufender Prozess, in dem die Entwicklung und Verbreitung
gemeinsamer Normen, Werte, Interessen und Zielvorstellungen
zwischen politischen Akteuren über die Zwischenstation einer
pluralistischen, im Wesentlichen der Aufrechterhaltung des
Friedens dienenden Sicherheitsgemeinschaft zu einer
politischen Gemeinschaft führt.
Quelle: Meyers, Reinhard: Theorien internationaler Kooperation und Verflechtung.
in; Woyke, Wichard (Hrsg.): Handwörterbuch Internationale Politik. 7. Auflage.
Opladen 1998. S. 440.
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25.10.2004
Integrationstheorien in Bezug auf die EU
Die Integrationstheorien bieten einen primär analytisch ausgerichteten Ansatz,
der zu erklären versucht, warum Staaten Handlungskompetenzen an die EU
abtreten.
Europäische Integration wird somit verstanden als Schaffung von Institutionen
auf der europäischen Ebene und die Abgabe von Kompetenzen an diese
Institutionen.
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25.10.2004
Intergouvernementalismus
Relevante Akteure: Nationalstaaten
Rolle der EU: stärker institutionalisiertes Exemplar der Gattung „internationale
Organisation“
Zweck: den Zielen der Mitgliedsstaaten dienen.
Ziel: im geschützten Rahmen einer Institution zwischenstaatliche Kooperation
den Auswirkungen der kooperationsfeindlichen internationalen Anarchie zu
entziehen.
Sichtweise der EU: Gemeinschaftsunternehmen der Nationalstaaten
Mehrebenenpolitik der EU als einstufiges Modell intergouvernementaler Interaktionen
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25.10.2004
Erklärungsgehalt in Bezug auf die EU
• Europäische Politiken, die eine Revision der Verträge erfordern
(Ratifizierung durch Mitgliedsstaaten erforderlich)
• zweite und dritte Säule der EU
• Politikbereiche, in denen der Ministerrat einstimmig entscheidet
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25.10.2004
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25.10.2004
Kritik
• Handeln supranationaler Akteure gegen die Präferenzen der
Regierungen der Mitgliedsstaaten
• Zunehmende Einschränkungen der
Mitgliedsstaaten bei der Ausführung ihrer Kompetenzen
(europäisches Recht)
• Ausweitung der Problembereiche, für die Lösungen auf
europäischer Ebene gesucht werden
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25.10.2004
Neo-Funktionalismus
• betont Bedeutung supranationaler Institutionen für den Integrationsfortschritt
• Am Anfang stehen vertragliche Absprachen zwischen den beteiligten
Akteuren, ökonomische und soziale Probleme in überschaubaren
Teilbereichen zu lösen
• „spill over“ Effekte sorgen für Integration anderer verwandter Politikbereiche
(Logik der Sektor-Integration)
• so erfolgt der Übergang von einer wirtschaftlichen zu einer politischen Union
• von den supranationalen Institutionen werden seitens der politischen Akteure
bessere Problemlösungskompetenzen erwartet
• daraus folgen Koalitionen nationaler politischer und sozioökonomischer Eliten
mit supranationalen Einheiten
• Endergebnis: supranationale, föderale politische Einheit
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25.10.2004
Erklärungsgehalt in Bezug auf die EU
Übertragung von Kompetenzen komplett auf die europäische Ebene
und eigenständige und autonome Ausübung der Kompetenzen durch
supranationale Akteure
Institutionen: EZB, Europäischer Gerichtshof, Kommission
Gebiet der „negativen Integration“, Geldpolitik
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25.10.2004
Kritik
Reichweite der europäischen Politik, die im supranationalen Modus
durchgesetzt wird, ist äußerst beschränkt
Mitgliedsstaaten üben weiterhin Kompetenzen souveräner
Nationalstaaten aus
Begrenzte Zuständigkeiten supranationaler Akteure werden aus
Vereinbarungen zwischen den Mitgliedsstaaten abgeleitet
Europäische Gesetzgebung abhängig von der Zustimmung der
Mitgliedsstaaten
Mitgliedsstaaten weiterhin verantwortlich für die Implementation
europäischer Vorschriften
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25.10.2004
Multi-Level-Governance I
Auch: Akteurszentrierter Institutionalismus, Politikverflechtungsansätze
Grundidee: Politikentscheidungen werden durch feste Regeln/Institutionen
beeinflusst
Ausgangspunkt: Sekundäreffekte der Marktintegration führen zu Tendenzen
der Institutionalisierung von Konfliktaustragungen auf der
internationalen / europäischen Ebene (Zentralisierung).
Abhängigkeit der Entscheidungen von institutionellen Ressourcen und Strategien supranationaler Akteure sowie von der Konvergenz der Präferenzen
der nationalen Regierungen
System und Strukturen der IB beeinflussen das Verhalten von Staaten;
durch die Bildung von Institutionen können die Staaten wiederum Einfluss
auf die sie beeinflussenden Strukturen nehmen
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25.10.2004
Multi-Level-Governance II (EU)
Europäisierung entsteht einerseits durch die wechselseitige Anpassung
nationaler Politiken, andererseits ist sie eine Reaktion der Nationalstaaten auf
die Einschränkung der jeweiligen nationalen Handlungsmöglichkeiten in Form
einer Verlagerung der Entscheidungen auf die europäische Ebene.
Vgl. Scharpf, Fritz W.: Regieren im europäischen Mehrebenensystem – Ansätze zu einer Theorie.
S. 71.
Typen der Europäisierung (nach Scharpf)
1. Wechselseitige Anpassung
2. Intergouvernementale Vereinbarungen
3. Supranationale Zentralisierung
4. Politikverflechtung
5. Weitere Optionen? (selektive Harmonisierung, MOK)
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25.10.2004
Erklärungsgehalt in Bezug auf die EU
- zusätzlich zu Intergouvernementalismus und Neo-Funktionalismus
- in den meisten Politikbereichen der ersten Säule (marktschaffende und
und marktkorrigierende Kompetenzen)
- Gesetzgebung abhängig von Initiativen der Kommission, dem Ministerrat und
in zunehmenden Maße vom EP
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Kritik
-Theoriefähigkeit des Ansatzes (geringer Generalisierungsgrad)
- Komplexität des Theorieinhaltes
- „ Politikverflechtungsfalle“
25.10.2004
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25.10.2004
Ausblick
Die „Methode der offenen Koordinierung“ als „sanftes Regieren“
- beruht auf Austausch von Informationen in technischen
Angelegenheiten und Verfahrensfragen, auf Übereinkünften
über Verhaltensleitlinien sowie teilweise auf gemeinsamen
Überwachungs- und Evaluierungsverfahren
- Regelungskompetenzen verbleiben vollständig auf der
nationalen Ebene, aber Verpflichtung der Regierungen auf
Koordinierung der jeweiligen Maßnahmen
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Zusatz I.
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25.10.2004
Intergouvernementalismus
Die Notwendigkeit der Regulierung/Lösung politischer und ökonomischer Probleme, die mehr als einen
Staat betreffen, führt zum Aufbau formalisierter Kooperationsstrukturen (internationale/supranationale
Institutionen), die als Zweckverband die Problemlösungskapazitäten und administrativen Ressourcen der
Staaten zum Zwecke der Bearbeitung spezifischer Kooperationsaufgaben zusammenfassen.
Horizontale zwischenstaatliche Koordination der Politik von Regierungen und vertikale Koordination der
Politik von Regierungen und supranationalen Leitungsinstitutionen kennzeichnen z.B. die EU als
Gemeinschaftsunternehmen von Nationalstaaten. Diese streben innerhalb eines gemeinsamen
institutionellen Rahmens, der die Kooperationsvoraussetzungen verbessert, nach
- Reduzierung der Transaktionskosten
- Erzielung von Kooperationsgewinnen, bzw. Vermeiden von Nachteilen
- Vermehrter Effizienz intergouvernementaler Aushandlungsprozesse
- Effektivierung staatlicher Handlungsinstrumente
Horizontale Entscheidungsverflechtungen im Rahmen eines komplexen Mehrebenen-Institutionengefüges
dominieren über hierarchisch aufgebaute Entscheidungsstrukturen, sind allerdings oft charakterisiert durch
Mehr-Ebenen-Politikverflechtung und Gefahr suboptimaler Problemlösungen („Politikverflechtungsfalle“ –
Akteure in Mehrebenenentscheidungsstrukturen erzeugen politikunangemessene Problemlösungen/
Entscheidungen, sind aber zugleich unfähig, die institutionellen Bedingungen ihrer Entscheidungslogik zu
ändern)
Souveränitätsübertragungen werden vom Ziel zum kalkulierten Mittel, um den Zweck zu fördern: nämlich
im geschützten Rahmen einer Institution zwischenstaatliche Kooperation den Auswirkungen einer
kooperationsfeindlichen internationalen Anarchie zu entziehen.
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Zusatz II.
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25.10.2004
Neo-Funktionalismus
Die Integration mehrerer Akteure ist die Folge funktionaler Sachzwänge, da die sozioökonomischen
Probleme hochkomplexer pluralistisch verfasster Industriegesellschaften nur noch akteursübergreifend
zu lösen sind. Am Beginn des Integrationsprozesses stehen vertragliche Absprachen zwischen den
beteiligten Akteuren, ökonomische und soziale Probleme in kleineren, überschaubaren, versachlichten
bzw. unpolitischen Teilbereichen technokratisch und ideologiefrei zu lösen („low-politics“).
Erfolgreiche Lösungsansätze greifen auf weitere Teilbereiche aus, verdichten sich, schwappen
schließlich über genuin politische Bereiche („high-politics“) und führen schrittweise auch zu deren
Integration (Logik der Sektor Integration: supranationale Vergemeinschaftung von Staatsaufgaben in
einer Sukzession aneinander grenzender Politikfelder mit Spill-over-Effekt erzeugt
Integrationsautomatik).
Kennzeichen: In der Vermittlung von Problemlösungserfordernissen und adäquaten institutionellen
Lösungen liegt die entscheidende Rolle der politischen Akteure, die ihre Loyalitäten und
Nutzenerwartungen zunehmend auf die supranationale Ebene übertragen und den Integrationsprozess
legitimieren und stimulieren.
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Zusatz III.
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25.10.2004
Neo-Institutionalismus
Konstatiert in Weiterführung interdependenztheoretischer Ansätze Tendenzen zur Institutionalisierung
des Konfliktaustrags und seiner normativen Verregelung; übernimmt aus dem Neoliberalismus die Vorstellung
des internationalen Systems als einer Anarchie ohne zentrale Entscheidungsinstanz, nicht aber die
Vorstellung, dass das System allein die Politik der Staaten bestimme. Vielmehr insistiert er auf der
Bedeutung von Institutionen, Regimen, IGOs/ NGOs für die Struktur des Systems und das Verhalten
seiner Akteure. Credo: „Institutions matter“. System und Strukturen der internationalen Beziehungen
beeinflussen das Verhalten der Staaten; durch Bildung von Institutionen können die Staaten wiederum
Einfluss auf die sie beeinflussenden Strukturen nehmen. Kooperationsstrukturen können ohne Hegemon,
d.h. im multipolaren System überleben, weil sie
- die Informiertheit der Akteure über die Absichten der jeweils anderen verbessern;
- ihre Aufgabe den nicht länger Kooperationswilligen Kosten verursacht;
- durch Paketlösungen die Verknüpfung von Problembereichen fördern, Arrangements erleichtern und die
Transaktionskosten des Aushandelns internationaler Abkommen reduzieren;
- die rationale Definition des Eigeninteresses der Akteure beeinflussen.
Auf- und Ausbau kooperativer Netzwerke reflektiert weder Interessenharmonie noch ökonomische
Interdependenz, sondern das rationale Selbstinteresse der Akteure an der Erleichterung zwischenstaatlichen
Verhandelns und gemeinschaftlichen Handelns.
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