human Ausgabe 4/2010

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Schwerpunkt Nahrungsmittelunverträglichkeit
Der K(r)ampf mit dem Essen
Essen, was schmeckt? Für Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeit ist die Sache komplizierter.
Die Essenseinladung wird zum Problem, die Lebensmittel im Supermarkt landen erst nach kritischer Prüfung
der Inhaltsstoffe im Einkaufswagen und der Bestellung
im Restaurant geht eine endlose Diskussion mit dem
Koch voraus. Für immer mehr Menschen wird Essen
zur Wissenschaft.
Meine Bekannte I. versucht, möglichst
fettarm zu essen, weil sie sonst Durchfall
bekommt. Meine Freundin C. isst keinen Camembert, sie hatte einmal einen
Histaminschock und muss nun auf histaminhältige Nahrungsmittel verzichten.
Ihr Mann J. meidet Äpfel und Nüsse, weil
davon sein Gaumen juckt und die Zunge
anschwillt. Meine Schwägerin L. nimmt
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zum Familientreff immer ein paar Dosen mit
Blähungen und Durchfall können die Folgen
Herzrasen, Herzrhythmusstörungen) und
speziell zubereitetem Essen mit, weil sie und
sein. Während Nahrungsmittelallergien sel-
Asthma hervorrufen.
ihre Tochter laut Test rund 50 verschiedene
ten auftreten, leidet etwa jeder fünfte unter
Neben diesen nachweisbaren Intoleranzen
Lebensmittel meiden sollen. Essen scheint
einer Nahrungsmittelintoleranz. Milchzu-
gibt es individuelle, die nicht durch Tests
immer komplizierter zu werden – doch was
cker verträgt weltweit nur jeder zweite
nachweisbar sind. „Hier hilft es nur,
sind die Ursachen dafür, dass immer mehr
Erwachsene, wobei die Laktoseintoleranz
Menschen Nahrungsmittel nicht vertragen?
im Osten und Süden wesentlich weiter
Lesen Sie weiter auf Seite 8
verbreitet ist als in Mitteleuropa. „Doch
Intoleranz nicht gleich Allergie
bei weitem nicht jeder, der an einer Unver-
Unverträglichkeit ist nicht gleich Unver-
träglichkeit leidet, ist Patient“, stellt Schöfl
träglichkeit. Man meint damit einerseits
klar, „viele Menschen arrangieren sich mit
den Überbegriff für alle möglichen uner-
ihrer Nahrungsmittelintoleranz!“ Arrangieren
wünschten Reaktionen auf Nahrungsmittel.
heißt, Nahrungsmittel, die nicht vertragen
Andererseits bezeichnet man damit die
werden, wegzulassen oder nur im geringen
Nahrungsmittelintoleranz, die wiederum
Maß zu essen. Denn im Gegensatz zur All-
etwas anderes ist als die Nahrungsmittel-
ergie hängt es bei der Intoleranz von der
allergie. „Etwa jeder fünfte glaubt, an einer
Menge ab, wie man die Substanz verträgt.
Nahrungsmittelallergie zu leiden. Tatsächlich
Seriös nachweisen kann man derzeit üb-
sind es ein bis zwei Prozent der Bevölke-
rigens nur vier Unverträglichkeiten: gegen
rung!“, informiert Univ.-Doz. Prim. Dr. Rainer
die Zuckerarten Laktose (Milchzucker),
Schöfl, Leiter der 4. Internen Abteilung am
Fruktose (Fruchtzucker) und Sorbit, so-
Krankenhaus der Elisabethinen in Linz,
wie gegen Histamin. Während erstere
die unter anderem auf Ernährungsmedizin
unangenehme Bauchschmerzen und
spezialisiert ist. Allergien sind überschie-
Verdauungsprobleme verursachen,
ßende Reaktionen des Immunsystems auf
kann eine Histaminintoleranz
Eiweißstoffe, es kann zu Schwellungen, oft
Ausschläge, Migräne und
juckenden Ausschlägen oder rinnenden Au-
manchmal auch schwere
gen, oder sogar Notsituationen bis hin zum
Kreislaufsymptome
Kreislaufversagen kommen. „Erwachsene
(Bluthoch-
entwickeln Allergien sehr oft gegen be-
druck,
stimmte Obst- oder Gemüsesorten, Gewürze, Nüsse oder Meeresfrüchte. Kinder sind
am häufi gsten gegen Milcheiweiß oder
Hühnereiweiß allergisch. Bei ihnen
treten Nahrungsmittelallergien
häufiger auf als bei Erwachsenen – etwa bei drei bis sechs
Prozent“, erklärt Schöfl.
Abbau wird Problem
Nahrungsmittelintoleranzen
sind, im Gegensatz zur Allergie,
nicht auf eine Reaktion des Immunsystems zurückzuführen, sondern auf
Probleme mit dem Abbau der Substanzen,
z.B., weil die dazu nötigen Enzyme vom
Körper nicht gebildet werden. Enzyme sind
dazu da, biochemische Reaktionen im Körper zu beschleunigen, etwa die Verdauung.
Wird ein Enzym nicht im ausreichenden Maß
produziert, kann ein bestimmter Stoff im
Dünndarm nicht oder nur sehr schlecht verdaut werden. Müdigkeit, Bauchschmerzen,
Bauchkrämpfe sind ein
mögliches Zeichen für
Nahrungsmittelunverträglichkeit.
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auszuprobieren, was man verträgt und alles
andere dann möglichst zu vermeiden“, rät
Schöfl.
Phänomen Pseudoallergie
Wer auf ein Nahrungsmittel reagiert wie bei
einer Allergie, muss deshalb noch lange nicht
allergisch darauf sein. Das hört sich paradox an, ist aber Realität, denn es gibt das
Phänomen der Pseudoallergie. Bei einer
Allergie bildet der Körper als Reaktion auf
Eiweißstoffe, die er nicht verträgt, Immunglobuline der Gruppe E (IgE). Diese sind im
Blut nachweisbar. „Bei einer Pseudoallergie
werden keine IgE gebildet, die Reaktionen
können aber ähnlich sein, wie bei einer
Allergie“, erklärt Klaus Nigl, der sich als
leitender Diätologe im Krankenhaus der Elisabethinen eingehend mit dem Phänomen
beschäftigt. „Die Auslöser für solche Reaktionen sind nicht klar, oft sind es Zusatzstoffe wie Konservierungsmittel, Farbstoffe,
Antioxidanzien, Geschmacksverstärker
oder auch Histamin. Fest steht, dass pseudoallergische Reaktionen im Gegensatz zu
‚echten’ allergischen Reaktionen abhängig
von der Menge sind“, informiert Nigl. Abhilfe
kann bei Pseudoallergien eine zusatzstoffarme Ernährung bieten. „Wenn nach drei
Wochen eine deutliche Besserung eintritt,
kann man die betreffenden Lebensmittel
Käse und Erdbeeren: Nicht für jeden geeignet.
„Jetzt muss ich aufpassen“
„Ach ja, da muss ich ja jetzt
darauf achten, was sie essen“,
aufpassen“, meint Sabrina
erzählt sie. Zuerst habe sie
Saalfeld und stellt den Milch-
darüber geschmunzelt, doch
kaffee, den sie sich gerade
dann sei ihr bewusst geworden,
vom Automaten geholt hat,
dass sie selbst unter ähnlichen
beiseite. Die 25-Jährige hat
Beschwerden leide wie ihre
soeben den H2-Atemtest
Kolleginnen. „Ich habe sehr oft
hinter sich gebracht und weiß
Durchfälle und extreme Bauch-
nun, was sie bereits befürch-
schmerzen – ganz besonders
tet hat: Sie leidet unter einer
arg ist es z.B. nach einem Müs-
Laktose-Intoleranz. Wie sie
li, das ich mit Milch zubereite.“
darauf gekommen sei? „Zwei
Sabrinas Hausarzt tippte auf
meiner Arbeitskolleginnen
haben eine Laktoseintoleranz
und müssen deshalb sehr
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Milchzucker-Unverträglicheit? Diätologe Klaus Nigl vom
Krankenhaus der Elisabethinen macht mit Patientin Sabrina
Saalfeld den H2-Atemtest.
Milchzucker-Unverträglichkeit
und schickte sie zum H2-Test
ins Krankenhaus.
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langsam, eines nach dem anderen, wieder
in den Speiseplan aufnehmen. So kann man
herausfinden, was einem nicht gut tut“, rät
Wenn Brot und Co. krank machen: Zöliakie
Nigl.
Wenn die Dünndarmschleimhaut über-
beteiligt“, informiert Doz. Schöfl. Die
Zuerst zum Hausarzt
empfindlich auf Klebereiweiß (Gluten,
Ursachen dafür sind genetisch. Unbe-
Wer einen Verdacht hat, dass bestimmte Nah-
enthalten in Weizen, Roggen, Gerste
handelt kann Zöliakie zu schweren Man-
rungsmittel Ursache von Beschwerden sein
und Hafer) reagiert, sich entzündet und
gelerscheinungen und Schädigungen
könnten, sollte sich an seine Hausärztin, sei-
in weiterer Folge zerstört wird, leiden die
des Dünndarms sowie bei Kindern zu
nen Hausarzt wenden. „Am wichtigsten ist ein
Betroffenen an Zöliakie. „Es handelt sich
Entwicklungsstörungen führen. Abhilfe
ausführliches Gespräch, eine gute Anamnese“,
dabei um eine Erkrankung mit allergischer
schafft nur eine glutenfreie Diät, die – so
betont Dozent Schöfl. Denn durch genaues
Reaktion vom Spättyp. Nicht IgE, son-
Schöfl – hundertprozentig einzuhalten
Abfragen über die Art der Beschwerden und
dern ausschließlich T-Lymphozyten sind
ist, da es sonst zu Entzündungen des
der Umstände, in denen sie auftreten, kann
bei der Zöliakie an der Immunantwort
Dünndarms kommt.
der Arzt meist abklären, ob es sich um eine
Nahrungsmittelintoleranz oder eine Nahrungsmittelallergie handelt. Auch ein Reizdarmsyndrom (siehe Kasten „Darm und Stress“) könnte
die Ursache für die Beschwerden sein.
Über eine Laktose-, Fruktose- oder Sorbitintoleranz gibt ein einfacher Atemtest Aufschluss.
Es wird dabei die Konzentration des Wasserstoffs (H2) in der Ausatemluft nach dem
Konsum der entsprechenden Substanz gemessen. „Liegt eine Intoleranz vor, so gelangen
die Moleküle in den Dickdarm, wo sie bakteriell
zersetzt werden – dabei entsteht Wasserstoff,
der über die Lunge ausgeatmet wird“, erklärt
Doz. Schöfl, „die Menge des Wasserstoffs in
Lesen Sie weiter auf Seite 10
Viele Brotsorten sind bei Zöliakie tabu.
Lästiges
Gaumenjucken
Wer nach dem Konsum bestimmter
Nahrungsmittel ein Jucken am Gaumen verspürt, ein Brennen im Mund,
eine leichte Schwellung der Zunge bis
hin zur Schwellung im Kehlkopfbereich,
die auch Atemnot verursachen kann,
ansonsten aber keine allergischen
Reaktionen hat, leidet an einem so
genannten oralen Allergiesyndrom.
Die allergischen Reaktionen sind auf
den Mund-Rachenraum beschränkt
und meist harmlos. Solche Reaktionen
können als Kreuzreaktion – etwa auf
Kern- und Steinobst bei einer Birkenpollenallergie auftreten.
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der Atemluft gibt Aufschluss darüber, ob man
„Bei einer Allergie
hilft nur strikte Diät,
wenn man Reaktionen
vermeiden will – wer
unter einer Nahrungsmittelintoleranz leidet,
verträgt kleine Mengen des fraglichen
Nahrungsbestandteils
– wie viel, das ist individuell verschieden“.
an einer Laktose-, Fruktose- beziehungsweise
Sorbitintoleranz leidet.“ Allerdings kann der H2Atemtest nicht in allen Fällen Aufschluss geben. „Es gibt so genannte H2-Non-Producer“,
erklärt Klaus Nigl, „diese Menschen haben
keine entsprechenden Bakterien im Darm, die
Wasserstoff produzieren.“
Probeweise vermeiden
Eine weitere Möglichkeit, eine Unverträglichkeit nachzuweisen ist es, z.B. Laktose über
einen längeren Zeitraum zu meiden. Wenn
Univ.-Doz. Prim. Dr. Rainer Schöfl,
Leiter der Abteilung für Gastroenterologie
und Hepatologie, Stoffwechsel- und
Ernährungsmedizin, Endokrinologie am
Krankenhaus der Elisabethinen Linz.
man dann über mindestens zwei Wochen
keine Beschwerden hat, liegt man mit seinem Verdacht richtig. Auch ein einfacher
Bluttest kann unter Umständen über eine
Laktoseintoleranz Auskunft geben – nämlich
Darm und Stress: Die Bauch-Hirn-Achse
Der Zusammenhang zwischen psy-
zu einer emotionalen Bewertung von Emp-
chischen Faktoren und Verdauungstrakt
findungen im Magen-Darm-Bereich. Die
ist seit langem bekannt, ausgedrückt in
Wahrnehmungen aus dem Bauch können
Redewendungen wie „Das liegt mir im
dann als extrem unangenehm, quälend,
Magen“ oder „Ich entscheide aus dem
beunruhigend bis beängstigend empfunden
Bauch heraus“. Diese Wahrnehmung
werden. Dies spielt beim Reizdarmsyndrom
liegt an der engen Verbindung zwischen
eine besonders große Rolle.
dem zentralen Nervensystem und dem
Ungefähr 15 bis 20 Prozent
enteralen Nervensystem, auch „Bauch-
der Bevölkerung leiden unter
hirn“ genannt. Einiges deutet darauf hin,
häufigen Bauchschmerzen
dass Betroffene mit Reizdarmsyndrom
oder Unbehagen im Bauch,
empfindlicher auf Belastungen reagieren
wechselnden Stuhlgängen
und eine veränderte Reaktion des
Verdauungstraktes auf Stress
zeigen. Umgekehrt können
Darmempfindungen auf die
Gemütslage Einfluss nehmen. Der Grund dafür
liegt in den Nervenbahnen. Vom Darm
führen Nervenfa-
(Durchfall oder Verstopfung), häufig
mit Blähungen
oder
auch
Schleimbeimengung
zum Stuhl
Reizdarmsyndrom: Sorgen und Stress
können sich auf den Bauch schlagen.
verbunden.
Dies sind die klassischen Symptome
sern auch in Ge-
eines Reizdarmsyndroms. Entspan-
hirnregionen, die
nungstechniken können helfen, oft
für Emotionen
brauchen die Betroffenen professionelle
oder Angstund
Hilfe zur Bewältigung der Probleme.
Flucht-
reaktionen
zuständig sind.
Dabei kommt es
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Auszug aus: Univ.-Prof. Dr. Günter
Krejs, Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm
(Hg.): Durch Dick & Dünn. Wissenswertes
zur Darmgesundheit. Verlagshaus
der Ärzte, 2009. (Text gekürzt)
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dann, wenn diese genetisch bedingt ist. „Das
ist in unseren Breiten bei 80 Prozent der
Fall“, informiert Schöfl, „sehr selten kann sich
eine Laktoseintoleranz aber auch durch eine
Dünndarmerkrankung entwickeln – in diesen
Fällen kann sie sich mit der Zeit wieder legen, wenn sich die Zellen, die im Dünndarm
das Enzym Laktase bilden, erneuert haben.“
Auch eine Gewebsprobe aus dem Dünndarm
kann Aufschluss über eine Laktoseintoleranz
geben. „Diese aufwändige und für den Patienten unangenehme Methode wenden wir
aber nur an, wenn beim Patienten ohnehin
eine Magenspiegelung durchgeführt wird“,
sagt Schöfl.
Blut- und Hauttests bei Verdacht
Besteht der Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie, so werden zunächst die GesamtImmunglobuline (Ig) im Blut bestimmt.
Immunglobuline sind Antikörper, die das
Immunsystem als Reaktion auf bestimmte
Stoffe bildet. „Erhärtet sich nach diesem
ersten Test der Verdacht auf eine Allergie,
werden als nächstes mittels Prick- oder
Scratchtest allergische Reaktionen getestet“, informiert Dozent Schöfl. Bei diesem
Test, den sehr oft Hautärzte und Allergiezentren, aber auch manche Lungenfachärzte
durchführen, wird die Haut eingeritzt, gängige allergieauslösende Substanzen werden
aufgetragen. Nach einigen Tagen kann man
anhand der Hautreaktionen feststellen, auf
welche Substanzen der Körper allergisch reagiert. „Haben wir bereits einen bestimmten
Verdacht auf ein Allergen, so können wir
mit einer weiteren Blutuntersuchung – dem
RAST-Test - austesten, ob allergenspezi-
Lesen, was drinnen ist: Der Einkauf kann für Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeit ziemlich aufwändig werden.
fische IgE vorhanden sind“, so Schöfl.
Dr. Rainer Schöfl, „IgG sind Abwehrkörper,
sie geben aber – für sich allein gesehen –
Teure IgG-Tests nutzlos
die wir in großer Menge in uns haben.
keinen Aufschluss darüber, ob eine Allergie
Immer wieder werben verschiedene Anbie-
Sie sind sozusagen die Erinnerung des
besteht. Warum viele Menschen, die sich
ter mit einfachen Bluttests, anhand derer
Immunsystems an einen ersten Kontakt
an die Testergebnisse halten, und auf viele
„Unverträglichkeiten“ auf verschiedene
mit Fremdeiweißkörpern. Wenn also etwa
Lebensmittel verzichten, dennoch von einer
Nahrungsmittel durch die Bestimmung des
das IgG gegen Milcheiweiß erhöht ist, so
Verbesserung berichten? „Wenn man von
so genannten Immunglobulins G4 – IgG
heißt das nur, dass der Körper irgendwann
113 getesteten Lebensmitteln 40 weglässt,
– feststellbar sein sollen. Typischerweise
einmal Antikörper dagegen gebildet hat.
ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein oder
enthalten die Betroffenen dann eine Liste
Es heißt aber nicht automatisch, dass der
zwei, die man vielleicht nicht verträgt, da-
mit hundert und mehr ausgetesteten Le-
Betroffene allergisch gegen Milcheiweiß ist
bei sind, hoch“, meint Schöfl, „abgesehen
bensmitteln, von denen sie bestimmte – oft
– eine Allergie ist nur durch IgE nachweis-
davon tut es den meisten Menschen gut,
sind es sehr viele – meiden sollen. „Diese
bar. Intoleranzen wiederum lassen sich gar
bewusster und weniger zu essen!“
Tests bieten keine Trennschärfe zwischen
nicht über IgG nachweisen.“ Zwar lassen
gesund und krank“, informiert Doz. Prim.
sich beim Allergiker auch IgG nachweisen,
Mag. Susanne Sametinger
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Intoleranzen – Was muss ich meiden?
Rotwein: keine gute Wahl bei HistaminUnverträglichkeit
Laktosefreie Milchprodukte sind eine gute Alternative.
Histaminunverträglichkeit
denen wichtige Inhaltsstoffe wie Eiweiß und
Angaben auf der Verpackung lesen! Sehr
Geräuchertes (Speck und Fisch), Gepökeltes,
Calzium in gleicher Menge wie in herkömm-
viele Lebensmittel – vor allem Fertigpro-
Vergorenes (Sauerkraut, Sojasauce), Käse
licher Milch enthalten sind.
dukte - entalten Sorbit, Fruktose oder
Laktose.
(vor allem Rohmilchkäse und Käse mit langer
Reifzeit), Alkohol, insbesondere Rotwein, Sekt
Fruktoseunverträglichkeit
und Bier. Manche Nahrungsmittel enthalten
Honig sowie die meisten Stein- und
zwar selbst kein Histamin, können aber die
Kernobstorten und Produkte aus
Freisetzung von körpereigenem Histamin
diesen Früchten (Birnenkompott,
bewirken und so Beschwerden hervorrufen:
Mus, Apfelstrudel…) enthalten
Tomaten, Tomatenprodukte, Kakao, Schoko-
Fruktose. Vorsicht bei Diabe-
lade, Nüsse, Erdbeeren, Himbeeren, Birnen,
tikerprodukten – hier wird
Zitrusfrüchte (Orange, Grapefruit), Hülsen-
Zucker noch oft durch
früchte, Weizenkeime und der Geschmacks-
Fruktose ersetzt. Ein
verstärker Glutamat.
Blick auf das Etikett
hilft, unerwünschte Darmbeschwerden
Laktoseunverträglichkeit
zu vermeiden.
Alle Milchprodukte, die Milchzucker in größeren Mengen enthalten, also Milch (von allen
Sorbitunverträglichkeit
Säugetieren!), Molke, Buttermilch, Sauermilch,
Äpfel, Birnen, Zwetschken, Kirschen, Pfirsi-
Schlagobers, Kefir, Frischkäse und Topfen,
che, Marillen, Nektarinen, Quitten, Datteln,
aber auch Süßigkeiten (Milchschokolade).
Mispeln und Weintrauben, Wein und Most
Joghurt und Hartkäse werden meist pro-
sowie Lebensmittel, die Sorbit als Zusatz-
blemlos vertragen. Alle Lebensmittel, die
stoffe enthalten.
keine Milchprodukte enthalten, können ohne
Bedenken gegessen werden. Generell werden laktosefreie Milchprodukte empfohlen, in
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Obst ist gesund, aber nicht jeder verträgt
den Fruchtzucker.
Interview
Richtige Ernährung von Anfang an
Kinderärztin Dr. Kornelia
Schwendtner über die
aktuellen Empfehlungen zur Ernährung von
Säuglingen.
Frau Dr. Schwendtner, kann man als
Mutter helfen, die Entstehung von
Allergien beim Kind zu vermeiden,
wenn man während des Stillens Nahrungsmittel, die oft Allergien auslösen,
wie etwa Nüsse oder Kuhmilch, weglässt?
Dr. Schwendtner: „Generell kann eine
stillende Mutter alles bedenkenlos essen, wenn ihr Kind gesund ist und keine
Allergien bei Eltern oder Geschwistern
bestehen. Wenn das Baby an einer Kuhmilchallergie leidet – eine der häufigsten
Allergien bei Säuglingen – dann sollte sie
Dr. Kornelia Schwendtner ist Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde
mit einer Praxis in Linz Urfahr.
aber unbedingt auf Kuhmilcheiweißfreie
Ernährung achten.“
Wenn man sein Kind nicht stillen
Tut man seinem Kind etwas Gutes, wenn
vom Kind ab. Man merkt ja auch, wenn
kann – welche Babymilch empfehlen
man es so lange wie möglich stillt und
sich das Kind für Essen interessiert und
Sie?
nicht zufüttert?
mitessen will.“
Dr. Schwendtner: „Für die ersten sechs
Dr. Schwendtner: „Die aktuelle Empfehlung
Und wie sollte die erste Beikost aus-
Monate empfehle ich für Säuglinge,
lautet, dass man zwischen 17. und 26.
sehen?
deren unmittelbare Verwandte Allergien
Woche mit der Beikost beginnen sollte.
haben, eine hypoallergene (HA-)Milch.“
Wann der ideale Zeitpunkt dafür ist, hängt
Dr. Schwendtner: „Normalerweise gibt
man dem Kind einen Gemüsebrei.
Und neueste Untersuchungen haben
gezeigt, dass auch bereits ab der 17.
Woche kleine Mengen Gluten zugefüttert
werden sollen, weil dies nachweislich
hilft, die Entstehung einer Zöliakie zu
vermeiden. Das Nagen am Brotscherz
oder am Zwiebackstück ist also absolut
zu empfehlen!“
Interview: Mag. Susanne Sametinger
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