Übungen zur Physik II PHY 121, FS 2017 Abgabe: Dienstag, 16. Mai 1200 Serie 10 Quellenfrei = source-free Wirbel = curl, eddy, vortex Durchflutungsgesetz = Ampere’s law Eisenkern = iron/magnet core Selbstinduktion = self-induction Gleichstrom = direct current (DC) Schaltkontakt = switching contact Windung = turn (of a wire) quellenfreies Feld = solenoidal field Wirbelstrom = eddy current Luftspalt = air/magnet gap Ringspule = toroidal coil Induktivität = inductance Wechselstrom = alternating current (AC) Verschiebungsstrom = displacement current Allgemeine Fragen 1. Vergleiche die Energie und die Energiedichte des elektrischen Feldes und des Magnetfeldes in einem Kondensator, resp. in einer Spule. Antwort: Elektrisches Feld (Kondensator) Magnetisches Feld (Spule) Wel = 12 CV 2 Wmag = 12 LI 2 Energie Wel = 12 ε0 εr AdE 2 wel = 12 ε0 εr E 2 Wmag = 1 1 2 2 µ0 µr AlB wmag = 1 1 2 2 µ0 µr B Energiedichte ~ ·E ~ wel = 12 D ~ ·B ~ wmag = 12 H Für lineare und homogene Materialien gelten die folgenden Zusammenhänge zwischen elektrischer Flussdi~ elektrischer Feldstärke E, ~ magnetischer Flussdichte B ~ und magnetischer Feldstärke H: ~ che D, ~ = ε0 εr E ~ D ~ = µ0 µr H ~ B (0.1) (0.2) Zusätzlich gilt für den Zusammenhang zwischen elektrischer und magnetischer Feldkonstante (c = Lichtgeschwindigkeit): ε0 µ0 = 1 . c2 2. Diskutiere die verschiedenen Maxwell-Gleichungen und ihre verschiedenen Schreibweisen. Antwort: 1 (0.3) Die Maxwellgleichungen (0.4 - 0.11) bilden zusammen mit den Materialgleichungen (0.12 und 0.13) die Grundlage der klassischen Elektrodynamik. Sie können sowohl in differentieller Form, ~ ·D ~ =ρ ∇ ~ ·B ~ =0 ∇ ~ ~ ×E ~ = − ∂B ∇ ∂t ~ ~ ×H ~ = ~j + ∂ D ∇ ∂t (0.4) (0.5) (0.6) (0.7) als auch in integraler Form dargestellt werden (für eine zeitlich konstante Fläche A). I ~ · dA ~= D Z ∂V I ρ · dV = Qinnen (0.8) V ~ · dA ~=0 B (0.9) ∂V ~ ∂B ~ · dA ∂A A ∂t Z Z I ~ ∂D ~ ~ ~ = I + Iv ~ H · d~s = j · dA + · dA A A ∂t ∂A I ~ · d~s = − E Z (0.10) (0.11) Die erste Maxwellgleichung (0.4 und 0.8) entspricht dem Gauß’schen Gesetz für das elektrische Feld und besagt, dass die Ladungsdichte ρ die Quelle der elektrischen Flussdichte ist, resp. der elektrische Fluss durch die geschlossene Oberfläche A eines Volumens V gegeben ist durch die eingeschlossene Ladung Qinnen . Die zweite Gleichung (0.5 und 0.9) entspricht dem Gauß’schen Gesetz für magnetische Felder: Die ma~ ist Quellenfrei, d.h. es gibt keine magnetischen Monopole, bzw. der magnetische gnetische Flussdichte B Fluss durch eine geschlossene Oberfläche A von V ist gleich Null. Die dritte Gleichung (0.6 und 0.10) entspricht dem Faraday’schen Induktionsgesetz. Die zeitliche Ände~ erzeugt Wirbel des elektrischen Feldes E, ~ resp. das Integral von rung der magnetischen Flussdichte B ~ E über den geschlossenen Rand ∂A einer Fläche A (d.h. die induzierte Spannung Uind ) ist gleich der negativen Änderung des magnetischen Flusses durch A. Die vierte Gleichung (0.7 und 0.11) entspricht dem Ampère’schen Gesetz erweitert mit dem (Maxwell’schen) Verschiebungsstrom und wird auch Durchflutungsgesetz genannt. Die Wirbel der magneti~ werden durch die elektrische Stromdichte ~j und die zeitliche Änderung der elektrischen schen Feldstärke H ~ ~ über den geschlossenen Rand ∂A einer Fläche A ist Flussdichte D erzeugt, resp. das Umlaufintegral von H gegeben durch die Summe des elektrischen Stromes und der zeitlichen Änderung des elektrischen Flusses durch A. Die Änderung des elektrischen Flusses durch eine Fläche wird auch als Verschiebungsstrom Iv bezeichnet. Die Materialgleichungen (0.12 und 0.13) beschreiben die Zusammenhänge zwischen elektrischer Flussdich~ elektrischer Feldstärke E ~ und elektrischer Polarisation P~ , resp. magnetischer Flussdichte B, ~ magnete D, ~ ~ tischer Feldstärke H und Magnetisierung M . Die Ausdrücke hinter den letzten Gleichheitszeichen gelten nur für lineare, zeitlich und räumlich homogene Materialien. ~ = ε0 E ~ + P~ = ε0 εr E ~ D ~ = µ0 · (H ~ +M ~ ) = µ0 µr H ~ B 2 (0.12) (0.13) Abbildung 1 illustriert die Maxwell-Gleichungen im Vakuum. ~ und B-Felder ~ ~ = ε0 E ~ und H ~ = Abbildung 1: Die Grafik illustriert die Entstehung der Eim Vakuum, also für D ~ 0 . Oben links: Eine Ladung q (Punkt in der Mitte) ist die Quelle (oder auch Senke) des elektrischen Feldes B/µ ~ Oben rechts: Bewegte Ladung (elektrischer Strom) erzeugt ein B-Feld. ~ E. Unten links: Eine zeitliche Änderung ~ ~ ~ des B-Feldes erzeugt Wirbel im elektrischen Feld E. Unten rechts: Eine zeitliche Änderung des E-Feldes erzeugt ~ Wirbel im magnetischen Feld B. Die Grafik wurde entnommen aus: Demtröder, Experimentalphysik 2, 2013. 3. Betrachte einen Elektromagneten bestehend aus einer Ringspule in den drei Konfigurationen ohne und mit Eisenkern, und mit einem Eisenkern mit Spalt d. Vergleiche die magnetische Induktion B der drei Konfigurationen. Wie verändert sich B ohne Eisenkern und mit Eisenkern mit Spalt? Antwort: Ohne Eisenkern kann die magnetische Feldstärke über das Integral durch einen geschlossenen Weg in der 3 Mitte der Ringspule berechnet werden. I ~ · d~s = 2πr · H0 = N · I, H (0.14) wobei r der mittlere Radius der Ringspule ist, N die Anzahl Windungen und I der Strom. Es gilt also N ·I und 2πr µ0 · N · I B0 = . 2πr H0 = (0.15) (0.16) Mit Eisenkern ohne Spalt gilt: I ~ · d~s = 2πr · HF e = N · I, H (0.17) und somit: N ·I und 2πr µr µ0 · N · I = . 2πr HF e = BF e (0.18) (0.19) Mit Spalt ist das Linienintegral gegeben durch I ~ · d~s = (2πr − d) · HF e + d · HSpalt = N · I. H (0.20) ~ beim Grenzübergang stetig sein, d.h. BSpalt = BF e und somit Zudem muss die Normalkomponente von B HSpalt = µr · HF e . Es gilt also im Spalt µr · N · I und 2πr + d(µr − 1) µ0 µr · N · I . = BF e = 2πr + d(µr − 1) HSpalt = µr · HF e = BSpalt (0.21) (0.22) Ist µr genügend gross, so dass d · (µr − 1) 2πr so gilt näherungsweise: BSpalt ≈ Das Feld ist somit um den Faktor 2πr d µ0 · N · I. d (0.23) verstärkt im Vergleich zum Feld B0 = µ0 ·N 2πr · I ganz ohne Eisenkern. 4. Wie berechnet sich die Selbstinduktion (Induktivität) einer langen Spule mit N -Windungen? Antwort: Das B-Feld im Innern der Spule mit Länge l und Strom I ist B = µr µ0 · N I. l (0.24) Der magnetische Fluss Φmag ist dann 2 Z Φmag = N · ~ · dA ~ = N · B · A = µr µ0 N IA B l A (0.25) und die Selbstinduktivität L der Spule L= Φmag N2 = µr µ0 A. I l 4 (0.26) 5. Wie funktionieren Wirbelstrombremsen und wo werden solche eingesetzt? Antwort: Werden ausgedehnte leitende Körper in einem Magnetfeld bewegt, so dass sich der magnetische Fluss durch den Körper ändert oder sind sie ruhend wechselnden Magnetfeldern ausgesetzt, so werden in dem Körper durch induzierte Spannungen Ströme induziert. Diese Kreisströme werden, wegen ihrer Induktionsstromlinien die wie Wirbel in sich geschlossen sind, auch Wirbelströme genannt. Nach der Lenz’schen Regel führen die Wirbelströme ihrerseits zu einem Magnetfeld, welches dem äusseren Feld entgegenwirkt. Die kinetische Energie des Körpers wird dabei wegen dem Leiterwiderstand nach dem Joule’schen Gesetz in thermische Energie umgewandelt und der Körper wird wegen der Energieerhaltung abgebremst (falls er in Bewegung war). Die Bremswirkung ist proportional zur Geschwindigkeit (wie die Reibung fester Körper in Flüssigkeiten). Wirbelstrombremsen eignen sich also nicht, um einen Körper zum absoluten Stillstand zu bringen. Die Bremswirkung hängt auch stark von der räumlichen Verteilung des leitenden Materials ab. So können sich zum Beispiel in einer Metallplatte mit vielen Schlitzen (oder Rissen) im Vergleich zu einer Vollplatte nur schwache Wirbelströme ausbilden, womit die Bremswirkung stark vermindert wird. Wirbelstrombremsen werden zum Beispiel in Zügen eingesetzt. Hierbei befindet sich der Magnet im Zug und die Wirbelströme werden in den Schienen induziert. Auch in Fitnessgeräten, Messgeräten (Dämpfung des Zeigers), Achterbahnen und vielen weiteren Bereichen werden Wirbelstrombremsen eingesetzt. 6. Eine Spule sei über einen mechanischen Schalter an eine Batterie (Gleichstrom = DC-Strom) angeschlossen. Wohin fliesst die gespeicherte Energie der Spule wenn der Schalter geöffnet wird? Was kann man dagegen tun? Weshalb gibt es dieses Problem nicht bei einem geladenen Kondensator? Antwort: Beim Öffnen des Schalters gibt es eine abrupte Stromänderung, wobei durch die Selbstinduktion eine grosse Spannung über der Spule induziert wird. Die induzierte Spannung ist proportional zur Stromänderung Vind (t) = −L · dI dt . Dies führt in der Realität meist zu einem elektrischen Durchschlag über den Schalter. Der Lichtbogen wird dabei solange aufrechterhalten, bis die gesamte, im Magnetfeld der Spule gespeicherte Energie in Wärme umgewandelt wurde. Dabei wird der Schalter meist zerstört oder die Schaltkontakte nehmen Schaden. Abbildung 2: Skizze der Spule, welche über einen Schalter an einer Gleichstromquelle angeschlossen ist und der Diode als Schutzschaltung. Dies kann verhindert werden, indem als Schutzschaltung parallel zur Spule eine Diode geschaltet wird. Solange der Schalter geschlossen ist, fliesst ein konstanter Strom I durch die Spule. Wird der Schalter geöffnet, hält die Selbstinduktion im ersten Moment den Strom I, der jetzt durch die Diode fliessen kann, aufrecht. Die Energie wird durch den Spulen- und Diodenwiderstand in Wärme umgewandelt, womit der 5 Strom abnimmt. Da die Diode während dem normalen Betrieb (Schalter zu) in Sperrrichtung eingebaut ist, wird keine zusätzliche Leistung verbraucht. Bei dem geladenen Kondensator gibt es dieses Problem nicht, da nach dem Öffnen des Schalters kein Strom mehr fliesst, dafür bleibt die Potentialdifferenz über dem Kondensator erhalten. Die Energie ist weiterhin im elektrischen Feld gespeichert. Aufgaben 1 Induktionsgesetz [3P] Eine leitende kreisförmige Schleife, die aus einem Draht mit Durchmesser d, elektrischer Leitfähigkeit σ, und Massendichte ρ hergestellt ist, fällt aus grosser Höhe h (in z-Richtung) mit v(t = 0) = 0 in einem Magnetfeld mit z-Komponente Bz = B0 ·(1+κz), wobei κ eine Konstante ist. Die Schleife mit Gesamtdurchmesser D soll während des Falls parallel zur x − y Ebene ausgerichtet sein. Finden Sie unter Vernachlässigung des Luftwiderstandes die Endgeschwindigkeit der Schleife. Lösung Es seien: Spulenlänge l = Dπ, Spulenfläche AS = Spule m = ρlAQS = 41 Dd2 ρπ 2 . D2 π 4 , Spulenquerschnittsfläche AQS = 2 Vind R und Masse der = d4D 2 σ des Drahtes 2 R R Vind erzeugt. Im Widerstand wird also die Energie Eel = P dt = R dt in In der Spule wird eine Spannung Vind induziert, die dann über dem Widerstand R = abfällt und dort die Leistung P = Wärme umgewandelt. d2 π 4 1 l σ AQS Die induzierte Spannung Vind ergibt sich aus der zeitlichen Änderung des magnetischen Flusses Φ durch die Spule. Dies führt zu der geleisteten elektrischen Energie: Z Φ= ~ · dA ~ B (1.1) A → Φz = Bz AS = B0 AS + B0 AS κz d Vind = − Φz = B0 AS κ ż = k ż | {z } dt k Z 2 Vind Eel = dt R Z Z 2 k 2 k2 Eel = ż dt = ż 2 dt. R R (1.2) Ekin + Epot + Eel = konst. (1.6) (1.3) (1.4) (1.5) Es gilt Energieerhaltung: Somit folgt aus der zeitlichen Änderung der Grössen die folgende Differentialgleichung: 6 d Etotal = 0 dt d d d Ekin + Epot + Eel = 0 dt dt dt 2 Z d 1 d d k ż 2 dt = 0 ( mż 2 ) + (mgz) + dt 2 dt dt R k2 mż z̈ + mg ż + ż 2 = 0 R k2 ⇒ z̈ + ż = −g. Rm (1.7) (1.8) (1.9) (1.10) (1.11) Wir nehmen an, dass die Spule aus der Ruhe fällt, also ż(0) = v(0) = 0 ist. Die Lösung der DGL hat die folgende Form, wobei nur die stationäre Geschwindigkeit vend gefragt ist: k2 k2 −mgR 1 − e− mR t + C0 e− mR t v(t) = (1.12) 2 | {z } k =0 da v(0)=0 vend = −16ρg −mgR = . k2 σD2 B02 κ2 (1.13) 2 Verschiebungsstrom [3P] (a) [2P] Zeigen Sie, dass das vom Verschiebungsstrom in einem (Platten-)Kondensator hervorgerufene Magnetfeld im Aussenraum des Kondensators das gleiche ist, wie das um die Zuleitung herum durch den Ladestrom I erzeugte Magnetfeld. (b) [1P] Zeigen Sie für den Fall von kreisrunden Kondensatorplatten, dass das Magnetfeld zwischen den Platten linear mit dem Abstand vom Zentrum zunimmt, also B ∝ r. Lösung Wir benutzen das Durchflutungsgesetz zur Lösung der Aufgabe: I ∂A ~ · d~s = H Z ~+ ~j · dA A Z A ~ ∂D ~ = I + Iv . · dA ∂t (2.1) (a) Zuerst betrachten wir das Magnetfeld um die Zuleitung. Für das Linienintegral auf der linken Seite der Gleichung (2.1) wählen wir einen Kreis im Abstand r um die Zuleitung. Auf der rechten Seite erhalten wir für das Integral über die elektrische Stromdichte ~j den Zuleitungsstrom I. Der zweite Term fällt weg, ~ da die Änderung der elektrischen Flussdichte ∂∂tD Null ist. 2πr = I und somit µ0 µ0 I Bzu (r) = . 2πr Bzu (r) · (2.2) (2.3) Um das Magnetfeld im Aussenraum des Plattenkondensators zu berechnen, betrachten wir die elektrische Flussdichte innerhalb des Kondensators. D = ε0 E = ε0 V Q Q = ε0 = . d d·C A0 7 (2.4) Dabei ist Q die Ladung des Kondensators und A0 dessen Plattenfläche. Die Änderung der Ladung über dem Kondensator ist genau durch den Zuleitungsstrom gegeben. I = Q̇ = A0 · Ḋ. (2.5) Wir q benutzen nun wieder das Durchflutungsgesetz und betrachten das Integral über einen Kreis mit Radius r> A0 π , also im Aussenraum des Kondensators. Für den ersten Term der rechten Seite von Gleichung 2.1 erhalten wir Null, da kein Leitungsstrom vorhanden ist. Für den zweiten Term benutzen wir Ḋ = und machen die Annahme, dass Ḋ = konst. innerhalb des Kondensators und Ḋ = 0 ausserhalb. Bc (r) · 2πr = µ0 I A0 Z ḊdA = Ḋ · A0 = I, also (2.6) µ0 I = Bzu (r). 2πr (2.7) A Bc (r) = Das Magnetfeld welches durch den Verschiebungsstrom im Aussenraum des Kondensators hervorgerufen wird, ist also gleich wie das Magnetfeld des Zuleitungsstromes. (b) Wir berechnen das Integral über einen Kreis mit Radius r < Bi (r) · 2πr = µ0 Z 0 2π Z q A0 π innerhalb des Kondensators. r Ḋ · rdφdr = Ḋ · πr2 = I · 0 πr2 . A0 (2.8) Also ist das Magnetfeld innerhalb des Kondensators gegeben durch Bi (r) = µ0 Ir ∝ r. 2A0 (2.9) 3 Elektromagnet [3P] Ein Elektromagnet (L + RM ) wird gemäss der angegebenen Schaltung an eine Gleichstromversorgung von V0 = 100 V angeschlossen. Die Widerstandswerte betragen R1 = 100 Ω, R2 = 4 Ω und RM = 2 Ω. Die Magnetspule hat eine Selbstinduktivität von L = 6 H. R2 RM R1 (a) [1P] Einige Zeit nach dem Einschalten fliesst ein konstanter Strom I2 durch den Magneten. Wie gross ist I2 ? (b) [2P] Berechnen Sie den zeitlichen Verlauf des Stromes durch die Magnetspule und die Spannung am Schaltkontakt kurz nach dem Ausschalten und stellen Sie den Strom als Funktion der Zeit dar. Wie gross ist die Zeitkonstante der Funktion? V0 L Lösung Nach der Knotenregel teilt sich der Strom an den Knotenpunkten auf. I1 sei der Strom, der durch den Widerstand R1 fliesst, I2 fliesse durch R2 , RM und L. Gemäss der Kirchhoff’schen Maschenregel können folgende Gleichungen aufgestellt werden, wobei alle beteiligten Spannungsquellen ein positives und alle Spannungsabfälle ein negatives 8 Vorzeichen bekommen: l X Vj = V0 − V2 − VM + Vind = V0 − I2 R2 − I2 RM − L · j=1 I1 R1 − I2 R2 − I2 RM d I2 = 0 dt (3.1) V0 − I1 R1 = 0 dd I2 = 0 −L· dt Die Spule zählt als Spannungsquelle. Sie induziert eine Spannung Vind = −L · (3.2) (3.3) d dt I. (a) Einige Zeit nach dem Einschaltvorgang hat sich der Strom durch die Schaltung stabilisiert, wodurch sich d die obigen Gleichungen vereinfachen, da dt I2 = 0 gilt. Wir können also den Strom durch den Magneten bestimmen mit V0 I2 = ≈ 16, 7A. (3.4) R2 + RM (b) Ausschalten bedeutet, dass der Schaltungszweig, in dem sich die Gleichspannungsquelle befindet, komplett abgetrennt wird. Die übrigbleibende geschlossene Schleife wird, bis auf das Vorzeichen von I1 R1 welches negativ wird, durch Gleichung (3.3) beschrieben. Allerdings gilt nun I2 (t) = I1 (t) = ISpule (t), da in dieser Schleife überall der gleiche Strom fliessen muss (es gibt keine Knoten mehr). Beim Ausschalten wird an der Spule, aufgrund der zunächst starken Stromabnahme, eine Spannung induziert und zwar so, dass sie dem abnehmenden Strom entgegenwirkt und diesen für eine gewisse Zeit aufrecht erhält (Lenz’sche Regel). Die sich aus Gleichung (3.3) ergebende Differentialgleichung 1. Ordnung für das Verhalten des Stromes lautet: L· d ISpule = −ISpule (R1 + R2 + RM ) = 0 dt (3.5) ˜ − τt löst diese Gleichung und liefert mit der Anfangsbedingung zum Zeitpunkt Der Ansatz ISpule (t) = Ie des Ausschaltens ISpule (0) = I2 : ISpule (t) = I2 · e− R1 +R2 +RM L ·t Abbildung 3 zeigt dieses Verhalten. Der Strom fällt hier mit einer Zeitkonstanten τ = ab. (3.6) L R1 +R2 +RM Abbildung 3: Der Spulenstrom ISpule (t) aufgetragen als Funktion der Zeit t. 9 = 0.057 s Unmittelbar nach dem Ausschalten wird die gesamte rechte Schleife, inklusive des Widerstandes R1 , durch den Strom ISpule durchflossen. Die Spannungsquelle erzeugt weiterhin eine Spannung von 100 V. Über R1 liegt nun die Spannung ISpule (0) · R1 ≈ 1, 67 kV an, jedoch in umgekehrter Richtung zur Spannungsquelle. Dies führt zu einem Potentialunterschied von ≈ 1, 77 kV über dem offenen Schaltkontakt. Das Öffnen des Schaltkontakts (z.B. das Ziehen des Netzsteckers) eines Stromkreises mit Spule kann deshalb zu Funkenüberschlag führen. 4 Energiebilanz [3P] R C1 Gegeben sei ein Schaltkreis bestehend aus zwei Kondensatoren mit gleicher Kapazität C1 = C2 = C und einem ohmschen Widerstand R. S C2 Zur Zeit t = 0 hat C1 die Ladung Q1 (t = 0) = Q0 und C2 die Ladung Q2 (t = 0) = 0. Der Schalter S wird geschlossen. (a) [1P] Berechnen Sie die gesamte elektrostatische Energie zur Zeit t = 0 und t = ∞. (b) [1P] Berechnen Sie den Strom I als Funktion der Zeit t und stellen Sie das Resultat qualitativ grafisch dar. R∞ (c) [1P] Berechnen Sie die gesamte im Widerstand produzierte Wärme W = R 0 I 2 dt. Stimmt die Energiebilanz (vergleiche mit Punkt a)? Lösung (a) Zur Zeit t = 0 ist nur im ersten Kondensator elektrostatische Energie gespeichert und zwar ist Eel (0) = 1 Q20 1 C1 · V12 = . 2 2 C (4.1) Zur Zeit t = ∞ ist in beiden Kondensatoren je die Ladung Q20 gespeichert (Ladungserhaltung!) und die Q0 . Die gesamte elektrostatische Energie ist somit Spannungen über den Kondensatoren sind V1 = V2 = 2C noch Eel (∞) = 1 1 1 Q20 1 Q20 1 Q20 C1 · V12 + C2 · V22 = + = . 2 2 2 4C 2 4C 4 C (4.2) Die elektrostatische Energie ist also am Ende nur noch halb so gross wie zu Beginn, d.h. irgendwo muss Energie verloren bzw. umgewandelt worden sein. (b) Der Strom ist gleich der Ladungsänderung beim ersten Kondensator Q̇1 (t) und ist gegeben durch die Spannungsdifferenz V2 (t) − V1 (t) über dem Widerstand R zwischen den zwei Kondensatoren: I= V2 (t) − V1 (t) Q2 (t) − Q1 (t) = = Q̇1 (t). R C ·R (4.3) Zudem gilt für die Ladung beim zweiten Kondensator Q2 (t) = Q0 − Q1 (t). 10 (4.4) Wir erhalten somit eine inhomogene Differentialgleichung erster Ordnung für Q1 (t) Q̇1 (t) = Q0 − 2 · Q1 (t) Q0 2 = − · Q1 (t). C ·R C ·R C ·R (4.5) t Diese können wir mit dem Ansatz Q1 (t) = K1 · e− τ + K2 und der Anfangs- und Endbedingung für Q1 , wobei die Zeitkonstante in der Exponentialfunktion aus der Lösung der homogenen Differentialgleichung folgt, lösen. Q0 Q0 ⇒ K2 = , und damit 2 2 Q0 ! Q1 (0) = Q0 ⇒ K1 = . 2 ! Q1 (∞) = (4.6) (4.7) Wir erhalten also für die Ladung Q1 (t) Q1 (t) = Q0 − 2 ·t Q0 · e CR + 2 2 (4.8) und für den Strom I(t) I(t) = Q̇1 (t) = − 2 Q0 · e− CR ·t . CR (4.9) Abbildung 4 zeigt den qualitativen Verlauf des Stroms. Abbildung 4: Qualitativer Verlauf des Stromes. Die x-Achse beschreibt die Zeit t, die y-Achse den Strom I(t). (c) Im Widerstand wird die folgende Wärme produziert Z ∞ Z ∞ 4 Q2 −CR − 4 ·t ∞ Q2 Q20 2 W =R I dt = 2 e− CR ·t dt = 20 e CR = 0 . C R 0 C R 4 4C 0 0 (4.10) Die Energiebilanz geht also auf: Eel (0) = Eel (∞) + W. (4.11) 23. Mai 2017 11