Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 1. 2. Grundlagen: Aufbau des Auges ......................................................... 4 1.1. Aufbau des Auges ....................................................................... 4 1.2. Test zum Thema Aufbau des Auges ........................................... 8 Augenerkrankungen ........................................................................... 8 2.1. Altersabhängige Makula-Degeneration (AMD)............................... 8 2.1.1. Allgemeines .............................................................................. 8 2.1.2. Ursachen und Risiken .............................................................. 9 2.1.3. Formen der AMD ...................................................................... 9 2.1.4. Krankheitsverlauf .................................................................... 13 2.1.5. Vorsorge ................................................................................. 13 2.1.6. Untersuchungsmethoden ....................................................... 14 2.1.7. Therapie .................................................................................. 15 2.1.8. Kostenübernahme durch die Krankenkassen........................ 17 2.1.9. Ausblick: Forschungsprojekte zur AMD-Therapie ................. 18 2.1.10. Alternative Behandlungsmethoden .................................. 19 2.1.11. Weiterführende Informationen, Links ............................... 20 2.1.12. Impressum......................................................................... 22 2.1.13. Bildnachweis ..................................................................... 22 2.1.14. Test zum Thema AMD ......................................................... 22 2.2. Glaukom – Grüner Star ............................................................. 23 2.2.1. Allgemeines ............................................................................ 23 2.2.2. Ursachen und Risiken ............................................................ 23 2.2.3. Formen.................................................................................... 24 2.2.4. Krankheitsverlauf .................................................................... 27 2.2.5. Vorsorge ................................................................................. 28 2.2.6. Untersuchungsmethoden ....................................................... 28 2.2.7. Therapie .................................................................................. 30 2.2.8. Alternative Behandlungsmethoden ........................................ 32 Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 2.2.9. Weiterführende Informationen, Links ..................................... 33 2.2.10. Impressum......................................................................... 34 2.2.11. Bildnachweis ..................................................................... 34 2.2.12. Test zum Thema Glaukom ................................................... 34 2.3. Grauer Star (Katarakt)................................................................... 34 2.3.1. Allgemeines ............................................................................ 35 2.3.2. Ursachen und Risiken ............................................................ 35 2.3.3. Formen und Krankheitsverlauf ............................................... 35 2.3.4. Krankheitsverlauf .................................................................... 39 2.3.5. Vorsorge und Untersuchungsmethoden ................................ 39 2.3.6. Untersuchungsmethoden ....................................................... 39 2.3.7. Therapie .................................................................................. 40 2.3.8. Alternative Behandlungsmethoden ........................................ 42 2.3.9. Weiterführende Informationen................................................ 42 2.3.10. Test zum Thema Glaukom ................................................... 43 2.4. Diabetische Netzhauterkrankung.................................................. 43 2.4.1. Allgemeines ............................................................................ 43 2.4.2. Ursachen und Risiken ............................................................ 44 2.4.3. Formen.................................................................................... 45 2.4.4. Krankheitsverlauf .................................................................... 48 2.4.5. Vorsorge ................................................................................. 48 2.4.6. Untersuchungsmethoden ....................................................... 49 2.4.7. Therapie .................................................................................. 49 2.4.8. Kostenübernahme durch die Krankenkassen........................ 54 2.4.9. Alternative Behandlungsmethoden ........................................ 55 2.4.10. Weiterführende Informationen, Links ................................... 56 2.4.11. Impressum ............................................................................ 57 2.4.12. Bildnachweis ......................................................................... 57 Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 2.4.13. Test zum Thema Diabetische Retinopathie......................... 58 3. Zertifikat ............................................................................................ 58 4. Impressum ........................................................................................ 58 Technische Einleitung Willkommen zum Onlinekurs Augenmedizin. Sie finden hier alle Erläuterungen zum Thema. Dieses Kursskript finden Sie auf der DBSV Internetseite www.dbsv.org in folgenden Formaten: − Word-Dokument − PDF-Datei − Daisy-Hörbuch mit synthetischen Stimmen als ZIP-Datei, die entpackt werden muss. − Brailledatei Kurzschrift im BRL-Format zum Ausdrucken mit 28 Zeichen pro Zeile und 28 Zeilen pro Seite Zum Onlinekurs gehören auch Aufgaben, die in diesem Skript erläutert sind. Die Bearbeitung der Aufgaben erfolgt auf unserer Lernplattform: http://lernen.dbsv.org. So können Sie die Kurse belegen: 1. Gehen Sie auf: http://lernen.dbsv.org - Wählen Sie "Registrieren" und geben Sie dort alle erforderlichen Daten ein. Damit haben Sie dann einen allgemeinen Zugang zur ELearning-Plattform. - Klicken Sie auf Kursübersicht und dann für den Kurs, den Sie absolvieren möchten auf "Ich möchte mich einschreiben". Dann können Sie die Kursaufgaben absolvieren. 2. Bei Fragen oder Problemen hilft Ihnen: Carolin Mischke, Projektkoordinatorin E-Learning Tel.: (030) 28 53 87-163 - E-Mail: [email protected] Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 3. In Absprache mit Frau Mischke können Sie auch andere Möglichkeiten der Bearbeitung der Aufgaben verabreden, z. B. per Word-Dokument oder mündlich. Einleitung In diesem Kurs erfahren Sie, wie das Auge aufgebaut ist, welche Augenerkrankungen es gibt, ihre Symptome sowie eventuelle Behandlungsmaßnahmen. Auch die Frage über die Kostenübernahme durch die Krankenkasse wird in diesem Kurs erläutert. Zu jedem Thema finden Sie kleine Aufgaben. Wenn Sie diese bearbeiten, bereiten Sie direkt Ihre Beratungspraxis für das jeweilige Thema vor. Mit diesem Kurs schaffen Sie sich also gleich ein kleines Handbuch für Tipps an Ratsuchende rund um die Augenmedizin. 1. Grundlagen: Aufbau des Auges 1.1. Aufbau des Auges Der kugelförmige Augapfel liegt geschützt in der Augenhöhle, eingebettet in Fettgewebe. Seitlich oberhalb des Auges liegt die Tränendrüse, die den größten Teil der Tränenflüssigkeit produziert. Mit jedem Lidschlag wird die Tränenflüssigkeit auf dem Auge verteilt und hält es feucht. Über zwei kleine Öffnungen am zur Nase gelegenen Augenwinkel hin, fließt die Tränenflüssigkeit aus dem Auge ab. Die Augenlider reinigen und befeuchten die Augenoberfläche mit jedem Lidschlag, außerdem dienen sie dem Schutz des Auges. Der vordere Teil des Auges ist die Hornhaut (Cornea), eine durchsichtige, gewölbte und von Tränenflüssigkeit benetzte Schicht. Hinter der Hornhaut liegt die Regenbogenhaut (Iris), eine farbige Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung kreisrunde Scheibe in deren Mitte sich das Sehloch (Pupille) befindet. Die Iris ist die Blende des Auges und reguliert durch Zusammenziehen und Weiten der Pupille die Lichtmenge, die ins Auge fällt. Die Iris trennt die vordere von der hinteren Augenkammer. Die Augenkammern sind mit einer durchsichtigen Körperflüssigkeit (Kammerwasser) gefüllt, die sich im vorderen Teil des Auges befinden. Die vordere Augenkammer reicht von der Hornhaut bis zur Iris. Die kleinere hintere Augenkammer liegt zwischen Iris und Glaskörper. Vordere und hintere Augenkammer stehen durch die Pupille in offener Verbindung. Den Randbereich der vorderen Augenkammer, wo Iris und Hornhaut aneinanderstoßen, nennt man Kammerwinkel. Dort liegt ein siebartiges Geflecht (Trabekelwerk), durch das das Kammerwasser aus der vorderen Augenkammer in eine ringförmig verlaufende Ader (Schlemmscher Kanal) abfließt. So wird der Flüssigkeitsdruck im Augeninneren reguliert. In der hinteren Augenkammer liegt hinter der Iris die Augenlinse, ein kristallklarer elastischer Körper, der das durch die Pupille eintretende Licht an der Hinterseite des Auges bündelt. Die Linse ist über feine Fasern (Zonulafasern) an den Ziliarmuskeln aufgehängt. Diese Muskeln können die Form der Linse von abgerundet zu abgeflacht und somit ihre Brechkraft verändern. So kann das Auge Objekte in unterschiedlichen Entfernungen scharf sehen. Diesen Vorgang nennt man auch Akkommodation. Diese Fähigkeit lässt mit zunehmendem Alter nach. Die Ziliarmuskeln bilden zusammen mit den Ziliardrüsen den Ziliarkörper. Die Ziliardrüsen produzieren das Kammerwasser, das die Linse und die Hornhaut mit Nährstoffen versorgt. Hinter der Augenlinse befindet sich der durchsichtige gelartige Glaskörper, der den größten Teil des Augeninneren ausfüllt. Er besteht zu 98% aus Wasser. Das von der Linse gesammelte Licht durchquert den Glaskörper auf seinem Weg zur Netzhaut. Die Netzhaut (Retina) ist die innerste von drei übereinanderliegenden Schichten, die das Auge umgeben. Sie ist eine dünne Haut, die den Glaskörper umschließt. In der Netzhaut liegen Millionen von Lichtzellen, die Lichtempfindungen aufnehmen, verarbeiten und über den Sehnerv zum Gehirn leiten. Es gibt zwei Arten von lichtempfindlichen Zellen: Die Stäbchen, die vor allem am Rand der Netzhaut konzentriert sind, ermöglichen das Sehen in der Dämmerung, das allerdings nur in Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Schwarz-Weiß. Für das Wahrnehmen von Farben und das Tagessehen sind die Zapfen zuständig. Sie sind besonders dicht in der Makula angesiedelt. Die Makula bezeichnet den zentralen Bereich der Netzhaut, in ihrer Mitte liegt die Fovea, die Stelle des schärfsten Sehens. Etwa vier Millimeter entfernt liegt die Stelle, an der der Sehnerv und die Blutgefäße, welche die Netzhaut versorgen, in das Auge eintreten (Papille). Hier befinden sich keine Sehzellen, man bezeichnet diesen Ort deshalb auch als blinden Fleck. Außen auf der Netzhaut liegt die stark durchblutete Aderhaut (Choroidea), die die Retina mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Die Aderhaut geht im vorderen Teil des Auges in den Ziliarkörper und dieser wiederum in die Regenbogenhaut über. Über der Aderhaut liegt die Lederhaut (Sclera), die weiße, derbe Schicht, die den Augapfel fast vollständig umschließt und das Auge schützt. Zusammen mit der durchsichtigen Hornhaut gehört sie zur äußeren Augenhaut. Sie reicht von der Eintrittsstelle des Sehnervs am hinteren Teil des Auges bis zur Hornhaut. Außen am Augapfel setzen die Augenmuskeln an, die die Augenbewegung, also die Blickrichtung ermöglichen. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Abb. „Querschnitt des Auges“: Dr. R. Kaden Verlag Wie Bilder entstehen Der Sehvorgang ist sehr komplex. Stark vereinfacht lässt er sich folgendermaßen beschreiben: Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung • Das einfallende Licht wird durch die Hornhaut und die Linse gebündelt und trifft als stark verkleinertes und umgekehrtes Bild auf die Netzhaut. • Die Zapfen und Stäbchen der Netzhaut registrieren die Lichtreize, verwandeln sie in Nervenimpulse, die über den Sehnerv an das Sehzentrum des Gehirns weitergeleitet werden. 1.2. Test zum Thema Aufbau des Auges Hier finden Sie einen kleinen Test zum Thema Aufbau des Auges: http://lernen.comenius-eveil.eu/mods/_standard/tests/test_intro.php?tid=18 2. Augenerkrankungen 2.1. Altersabhängige Makula-Degeneration (AMD) 2.1.1. Allgemeines Die Makula-Degeneration bezeichnet eine meist altersbedingte Erkrankung der zentralen Netzhaut, bei der in der Makula die Sinneszellen absterben. Zu unterscheiden ist zwischen der langsam verlaufenden trockenen AMD (85 Prozent der Fälle) und der aggressiveren feuchten AMD (15 Prozent der Fälle). In Deutschland ist die AMD laut Berufsverband der Augenärzte die häufigste Ursache für schwere Sehbehinderung. Etwa 5000 Menschen in Deutschland erblinden pro Jahr – das heißt ihr Visus fällt auf höchstens 0,02 ab. Durch neue Therapieverfahren ist das Risiko einer Erblindung bei der feuchten AMD rückläufig. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Frühformen der AMD treten bei 20 Prozent der 65- bis 74-Jährigen auf, bei den 75- bis 84-Jährigen sind etwa 35 Prozent betroffen. Eine AMD im Endstadium betrifft rund 1 Prozent der 65- bis 74-Jährigen und etwa 5 Prozent der 75- bis 84-Jährigen. Abb. 1: Normaler Seheindruck Abb. 2: Seheindruck mit AMD 2.1.2. Ursachen und Risiken Die Ursachen der AMD sind noch nicht bis ins Detail erforscht. Bekannte, wissenschaftlich nachgewiesene Risikofaktoren sind das Alter, Rauchen und genetische Veranlagung. Als weitere Faktoren werden Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Gefäßerkrankungen sowie Lichtexposition diskutiert. Auch sind Frauen häufiger von der Krankheit betroffen als Männer. 2.1.3. Formen der AMD 2.1.3.1. Frühstadien Bei Frühformen der AMD kommt es zu Veränderungen in bestimmten Zellschichten der Netzhaut: dem retinalen Pigmentepithel und der BruchMembran. Diese beiden unter den lichtempfindlichen Zellen (Photorezeptoren) gelegenen Schichten sind für die Ernährung und Regeneration der Photorezeptoren sowie für den Abtransport von Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Abbauprodukten des Stoffwechsels verantwortlich. Da in der Makula die Photorezeptoren besonders dicht angesiedelt sind, ist hier auch die Belastung der darunter gelegenen Schichten am stärksten. Im Laufe des Lebens sammeln sich in den beiden Schichten verschiedene Abbauprodukte des Stoffwechsels (u.a. Lipofuszin) langsam an. Werden diese Ablagerungen größer, dann kann der Augenarzt sie bei der Untersuchung des Augenhintergrunds als so genannte Drusen erkennen. Zusätzlich können Pigmentierungen Veränderungen des retinalen Pigmentepithels anzeigen. Abb. 3: Netzhautveränderung im Frühstadium, wie sie der Augenarzt bei der Untersuchung des Augenhintergrundes sieht: An der Stelle des schärfsten Sehens, der Makula, sind Ablagerungen zu erkennen. Symptome: Ein erstes Symptom für den Betroffenen kann in diesem Stadium sein, dass sich die Augen schlechter an die Dunkelheit anpassen. 2.1.3.2. Spätstadien Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 2.1.3.2.1. Trockene AMD Wenn die Krankheit fortschreitet, dann kann es zur „trockenen“ und zur „feuchten“ Form der AMD kommen. Bei der trockenen AMD sterben Pigmentepithel- und Photorezeptorzellen nach und nach ab. Der Augenarzt sieht bei der Untersuchung zunächst scharf begrenzte, inselartige Areale (geographische Atrophie), die größer werden und sich schrittweise vereinen. Abb. 4: Netzhautveränderung bei trockener AMD (geographische Atrophie): Zu sehen ist eine zentrale scharf begrenzte helle Fläche, in der die Netzhaut und das retinale Pigmentepithel zugrunde gegangen sind. In diesem Bereich sind auch die großen Aderhautgefäße erkennbar. Symptome: Insbesondere beim Lesen fällt eine Sehverschlechterung auf: Einzelne Buchstaben oder Silben „fehlen“. Ist das Zentrum der Makula von der trockenen AMD betroffen, kommt es zu einem deutlichen Sehverlust in der Mitte des Gesichtsfelds. Lesen und das Erkennen von Gesichtern beispielsweise fallen schwer. Die Orientierung im Raum ist jedoch weiterhin möglich. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 2.1.3.2.2. Feuchte AMD Die Frühstadien und die trockene AMD können in die feuchte AMD übergehen. Die nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgte Netzhaut versucht sich zu helfen, indem sie Wachstumsfaktoren (z. B. VEGF) ausschüttet, die die Bildung neuer Blutgefäße (Neovaskularisationen) anregen. Diese Blutgefäße verbessern aber die Ernährung der Netzhaut nicht, sie schaden sogar: Sie sind undicht, so dass Flüssigkeit oder Blut in und unter die Netzhaut austreten kann. Die neuen Blutgefäße und die aus ihnen heraustretende Flüssigkeit verdicken die Netzhaut oder heben sie von ihrer Unterlage ab. Es kann auch zu Blutungen unter der Netzhaut kommen. Abb. 5: Die feuchte Form der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) verläuft wesentlich aggressiver als die trockene AMD. In der Netzhaut bilden sich krankhafte Gefäße, die Flüssigkeit absondern und die empfindliche Netzhaut schädigen. Auf diesem Foto des Augenhintergrundes sind die Veränderungen der Netzhautmitte bereits deutlich zu erkennen. Symptome: Der Patient sieht verzerrt. Gerade Linien erscheinen plötzlich krumm. Im Endstadium wird das zentrale Gesichtsfeld von einem grauen Fleck eingenommen. Lesen und das Erkennen von Gesichtern beispielsweise Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung werden unmöglich. Die Orientierung im Raum ist jedoch weiterhin möglich. 2.1.4. Krankheitsverlauf Während die trockene AMD in der Regel langsam fortschreitet, kann die feuchte AMD innerhalb einiger Wochen zu einem gravierenden Sehverlust führen. Allerdings gibt es für die feuchte AMD seit einigen Jahren Behandlungsmöglichkeiten, während es für die trockene AMD bislang keine wissenschaftlich belegte Therapie gibt. 2.1.5. Vorsorge Der wichtigste vermeidbare Risikofaktor ist das Rauchen: Es konnte gezeigt werden, dass Raucher im Durchschnitt zehn Jahre früher an einer AMD erkranken als Nichtraucher. Um sich vor zu viel Lichteinstrahlung zu schützen ist es sinnvoll, vor allem im Gebirge und am Meer eine Sonnenbrille zu tragen. Gläser, die neben UV-Licht vor allem blaues Licht herausfiltern, sind besonders zu empfehlen. Der Einfluss der Ernährung ist umstritten, insbesondere, weil kurzfristige Ernährungsumstellungen wahrscheinlich nur geringe Auswirkungen haben. Möglicherweise ist aber die Ernährung mit viel grünem Gemüse (zum Beispiel Spinat, Grünkohl, Mangold), dass viel Lutein enthält, sinnvoll. Der Farbstoff Lutein schützt die Netzhautzellen vor altersbedingten Schäden. Die Einnahme von Vitaminpräparaten und Nahrungsergänzungsmitteln ist nur bei bestimmten Vorstadien der AMD als sinnvoll nachgewiesen worden. Sie sollte deshalb nur nach augenärztlicher Untersuchung erfolgen. Omega 3-Fettsäuren haben in einer aktuellen Studie keinen nachweisbaren Einfluss auf den Verlauf von Frühstadien der AMD gehabt. Die Chancen, eine feuchte AMD erfolgreich zu behandeln, sind umso größer, je früher die Diagnose gestellt wird. Insbesondere ältere Menschen sollten hin und wieder durch wechselndes Abdecken jedes Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Auge einzeln testen und prüfen, ob sie schlechter oder verzerrt sehen. Erscheinen gerade Linien verzerrt, sollte möglichst rasch ein Augenarzt aufgesucht werden. Der Berufsverband der Augenärzte empfiehlt Menschen ab dem Alter von 60 Jahren zudem regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen. Verwandte von AMD-Patienten sollten den Augenhintergrund schon ab dem 50. Lebensjahr jährlich kontrollieren lassen, weil das Risiko wegen der genetischen Faktoren größer ist. Abb. 6: Amsler-Test zur Selbstprüfung der zentralen Netzhaut auf Verzerrtsehen. Für den Test verwenden Sie ggf. Ihre Lesebrille. Halten Sie das Testgitter in den normalen Leseabstand (30 - 40 cm). Decken Sie ein Auge ab und fixieren Sie den Punkt in der Mitte. Testen Sie dann das andere Auge. Sind Verzerrungen der Linien erkennbar wie im rechten Bild dargestellt, besteht Verdacht auf eine feuchte AMD, der umgehend beim Augenarzt abgeklärt werden sollte. 2.1.6. Untersuchungsmethoden Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Zur Früherkennung der AMD begutachtet der Augenarzt die zentrale Netzhaut mit dem Augenspiegel (Ophthalmoskopie). Eine trockene AMD kann auch anhand der Fundusautofluoreszenz (FAF) beurteilt werden. Ansammlungen von Stoffwechsel-Abbauprodukten (Lipofuszin) sowie ein Abbau von retinalen Pigmentepithelzellen lassen sich mit der FAF gut erkennen. Sieht der Augenarzt Anzeichen für eine feuchte AMD, so dienen die Fluoreszein-Angiographie und die hochauflösende Spectral Domain optische Kohärenztomographie (SD-OCT) der weiteren Abklärung. (Weitere Angaben zu den genannten Untersuchungsmethoden: siehe „ABC der Augenuntersuchungen“) 2.1.7. Therapie Für die Behandlung der feuchten AMD stehen seit einigen Jahren Medikamente zur Verfügung, die direkt ins Auge gespritzt werden. Sie hemmen den Wachstumsfaktor VEGF, werden deshalb auch Anti-VEGFMedikamente genannt. Die Hemmung von VEGF unterdrückt die Aktivität der neugebildeten Blutgefäße und führt daher zur Rückbildung der Flüssigkeitsansammlungen in der Netzhaut und damit zu einer Erholung der Sehfunktion. Die Spritzen ins Auge stellen derzeit die einzige erfolgreiche Behandlung der feuchten AMD dar. Die Wirkstoffe Ranibizumab (Name des Präparats: Lucentis®), Aflibercept (Eylea®) und Bevacizumab (Avastin®) sind nach derzeitigem Stand des Wissens in ihrer Wirkung vergleichbar und werden daher vorwiegend eingesetzt. Im Gegensatz zu Avastin® sind Lucentis® und Eylea® zur Behandlung der feuchten AMD zugelassen. Avastin® wird im Rahmen des so genannten „off-label-use“ eingesetzt. Die Medikamente werden unter sterilen Bedingungen im Operationssaal ins Auge gegeben. Nebenwirkungen sind selten. Möglich sind Schmerzen im Auge, Blutungen, ein Fremdkörpergefühl, Glaskörpertrübungen (Mouches volantes) und ein Anstieg des Augeninnendrucks. Schwerwiegend, aber sehr selten sind Infektionen des Augeninneren, Netzhautschäden oder eine Linsentrübung (Katarakt). Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Die AMD ist eine chronische Erkrankung, die durch die Behandlung nicht dauerhaft geheilt werden kann, allerdings ist mit einer konsequenten Behandlung eine langfristige Stabilisierung möglich. In ca. 40% der Fälle ist bei frühzeitiger Behandlung eine Verbesserung zu erwarten, in den meisten Fällen kann eine weitere Sehverschlechterung aufgehalten werden. Alle Medikamente müssen mehrfach ins Auge gespritzt werden: Die Behandlung beginnt mit drei Injektionen im Abstand von je vier Wochen (Aufsättigungsphase). Die weitere Behandlung erfolgt individuell nach Bedarf. Dazu sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen und je nach Untersuchungsbefund weitere Spritzen notwendig. Verschiedene Behandlungsschemata stehen zur Verfügung, die ständig weiterentwickelt werden. Verbreitet ist beispielsweise die „Behandlung nach Bedarf“. Hier wird vier Wochen nach der dritten Injektion anhand einer SD-OCT-Untersuchung entschieden, ob weitere Injektionen notwendig sind. Falls ja, werden sie ausgeführt, falls nein, sollte ein halbes Jahr lang alle vier Wochen mit dem SD-OCT kontrolliert werden, um eine erneute Aktivität der AMD rasch behandeln zu können. Ein anderes Schema, „Treat and Extend“ wird nun auch vermehrt in Deutschland eingesetzt: Es wird so lange monatlich behandelt, bis mit dem SD-OCT keine Flüssigkeit in der Netzhaut mehr nachgewiesen werden kann. Dann wird nach einem etwas längeren Zeitraum kontrolliert und unabhängig vom Befund erneut das Medikament gespritzt, der Abstand zwischen den Spritzen wird aber langsam verlängert. So soll der individuell optimale Abstand zwischen den Medikamentengaben herausgefunden werden: Möglichst wenige Spritzen sollen das Sehvermögen erhalten. Kompliziert wird dies, wenn beide Augen behandelt werden müssen und beide Augen unterschiedliche Zeitintervalle benötigen. Mehrere Studien zur Kontrolle des Behandlungserfolgs haben gezeigt, dass sich neue Veränderungen der Netzhaut am frühesten mit der SDOCT Untersuchung oft vor dem Eintreten einer Sehverschlechterung zeigen. Bei frühzeitigem Erkennen und umgehender Behandlung lässt sich damit oft eine erneute Sehverschlechterung vermeiden. Zur Entscheidung, ob eine erneute Behandlung einer feuchten AMD mit Spritzen ins Auge notwendig ist, empfehlen die Fachgesellschaften der Augenärzte daher regelmäßige Untersuchungen mit der SD-OCT. Die konsequente Behandlung einer feuchten AMD kann sich über Jahre erstrecken und geht aufgrund der regelmäßigen Arztbesuche mit einer Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung deutlichen Belastung für Patienten und Angehörige einher. Daher ist es wichtig zu wissen, dass Studien gezeigt haben, dass mit regelmäßiger Kontrolle und rechtzeitiger Wiederbehandlung eine Stabilisierung und ein Erhalt der anfänglichen Sehverbesserung bei vielen Patienten über mehr als sieben Jahre möglich sind. Die Behandlungsnotwendigkeit nimmt mit der Zeit ab, im Mittel müssen im ersten Behandlungsjahr acht, im zweiten Behandlungsjahr vier bis fünf und danach ca. zwei bis drei Injektionen erfolgen. Die Therapietreue und die zuverlässige Einhaltung der verabredeten Termine ist deshalb für den Erhalt des Sehvermögens wesentlich. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass sich das Wissen um optimale Behandlungsverfahren stetig weiterentwickelt. Ziel ist das bestmögliche Behandlungsergebnis mit der geringstmöglichen Zahl von Behandlungen. Aufgrund aktueller wissenschaftlicher Ergebnisse weichen die Empfehlungen der augenärztlichen Fachgesellschaften für eine optimale Behandlung teilweise von den ursprünglich bei der Medikamentenzulassung empfohlenen Verfahren ab. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund weiterer laufender wissenschaftlicher Studien die Behandlung der feuchten AMD kontinuierlich verbessert wird und sich damit auch Änderungen gegenüber der obigen Darstellung ergeben können. 2.1.8. Kostenübernahme durch die Krankenkassen Seit dem 1. Oktober 2014 ist die Medikamentengabe ins Augeninnere (intravitreale operative Medikamenteneingabe, IVOM) eine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse. Die Behandlung mit den zugelassenen Medikamenten Lucentis® und Eylea® erfolgt seither im Rahmen der ambulanten Versorgung über die Versicherungskarte. Der Patient erhält von seinem Augenarzt ein Rezept für das Medikament, holt es in der Apotheke und bringt es zur Injektion im Operationszentrum mit. Dabei ist zu beachten, dass das Medikament gekühlt werden muss (im Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Kühlschrank aufbewahren und in einer Kühlbox transportieren). Der Patient kann sich das Medikament auch über den Arzt im gesicherten Kühltransport beschaffen lassen. Bei der Abrechnung über die Versichertenkarte kann für die Verlaufskontrolle nur die Angiografie, nicht aber das für die Verlaufskontrolle empfohlene SD-OCT abgerechnet werden. Daher sind auch die oben genannten individualisierten Behandlungsschemata nicht umsetzbar. Zahlreiche Krankenkassen haben Verträge über die Behandlung der feuchten AMD mit VEGF-Hemmern abgeschlossen, die wahlweise den Einsatz von Avastin®, Lucentis®, oder Eylea® vorsehen. Diese Verträge, die regional sehr unterschiedlich sein können, gelten zunächst weiter. Sie bieten den Vorteil, dass in der Regel die Kontrolle des Therapieerfolgs mit dem SD-OCT in den Verträgen eingeschlossen ist und damit auch individualisierte Behandlungsschemata möglich sind. Bei Abrechnung über dem EBM ist eine Kontrolle mit dem SD-OCT nicht enthalten und muss privat bezahlt werden. Voraussetzung für die Entscheidung über das verwendete Behandlungsverfahren und das eingesetzte Medikament ist eine umfassende, eindeutige und klare Patienteninformation. Nach Aufklärung des Patienten liegt es in seiner Entscheidung, welches Medikament gewählt wird. Die Behandlung mit einem bestimmten Medikament darf dem Patienten vom Arzt und der Krankenkasse nicht verweigert werden. 2.1.9. Ausblick: Forschungsprojekte zur AMD-Therapie Zur Behandlung der Frühstadien und der trockenen AMD werden derzeit zahlreiche Wirkstoffe untersucht, jedoch ist noch kein Wirkstoff für die Behandlung zugelassen. Es besteht jedoch Hoffnung, dass es in den nächsten Jahren begrenzte Therapiemöglichkeiten gibt. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Zur Behandlung der feuchten AMD wurden verschiedene Formen der Strahlentherapie erforscht. Laut Stellungnahme der augenärztlichen Fachgesellschaften kann in einzelnen Fällen eine „stereotaktische adjuvante Strahlentherapie“ erwogen werden, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Bei dieser Form der Behandlung (IRaySystem, Oraya Systems) werden drei Strahlenbündel von 100kV von außen auf das Auge gerichtet und auf die Makula fokussiert. Die Strahlen sollen eine selektive Schädigung von Zellen erzielen, um das Gefäßwachstum bei der feuchten AMD zu bremsen. In Kombination mit der Anti-VEGF-Therapie soll die notwendige Anzahl der Injektionen verringert werden. Die Fachgesellschaften halten eine solche Strahlentherapie für eine Möglichkeit, wenn trotz intensiver Anti-VEGFTherapie kein Behandlungserfolg erzielt wird und wenn das Areal der Gefäßneubildungen maximal einen Durchmesser von vier Millimetern hat und ihr Zentrum maximal drei Millimeter von der Fovea entfernt ist. Die Ergebnisse der Strahlenbehandlung sollen mit Zustimmung des Patienten systematisch in einem zentralen Register für eine Nachbeobachtungszeit von mindestens drei Jahren erfasst und durch ein externes Expertengremium jährlich ausgewertet werden. Diese Stellungnahme der Fachgesellschaften aus dem September 2015 soll spätestens nach drei Jahren überarbeitet werden. Dies liegt auch daran, dass mögliche Langzeitschäden durch die Bestrahlung noch nicht ausreichend beurteilt werden können. Die Transplantation von Netzhautzellen und die Behandlung mit Stammzellen werden weiterhin erforscht, derzeit sind diese Verfahren jedoch noch im experimentellen Stadium. 2.1.10. Alternative Behandlungsmethoden Zur Behandlung sowohl der feuchten als auch der trockenen AMD bieten ganzheitlich orientierte Augenärzte und viele Heilpraktiker verschiedene alternativmedizinische Therapien an, beispielsweise Akupunktur, aber auch andere Verfahren. Dazu gehören Blutwäsche (Rheopherese), Sauerstoffgaben, Infusionsbehandlungen und Spritzen hinter das Auge. Bislang liegen zu alternativen Behandlungsmethoden jedoch keine wissenschaftlich fundierten Wirksamkeitsnachweise vor. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 2.1.11. Weiterführende Informationen, Links 2.1.11.1. Informationen Selbsthilfe: www.dbsv.org/infothek/augenerkrankungen/amd/: Informationen des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands DBSV zur MakulaDegeneration www.pro-retina.de/netzhauterkrankungen/makula-degeneration: Informationen der PRO RETINA Deutschland e.V. (Selbsthilfevereinigung von Menschen mit Netzhautdegeneration) zur Makula-Degeneration 2.1.11.2. Informationen von Augenärzten: cms.augeninfo.de/fileadmin/PDF/amd.pdf: Patientenbroschüre „Die altersabhängige Makuladegeneration“ des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands www.augeninfo.de/patinfo/ivom.pdf: Patientenbroschüre „Augenärzte informieren: Intravitreale Medikamenteneingabe - Operative Medikamenteneingabe in das Auge“ des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands www.augeninfo.de/leit/leit21.pdf: Leitlinie der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA) und der Retinologischen Gesellschaft (RG) zur Altersabhängigen Makula-Degeneration www.dog.org/wp-content/uploads/2013/03/Stellungnahme-Anti-VEGFTherapie-bei-der-neovaskulären-Therapeutische-Strategie-Nov-2014final.pdf: Gemeinsame Stellungnahme von DOG, BVA und RG zur Behandlung der feuchten AMD und zu Kriterien für die Wiederbehandlung www.dog.org/wp-content/uploads/2015/10/Stellungnahme-RG-DOGBVA-zur-Strahlentherapie-bei-neovaskul%C3%A4reraltersabh%C3%A4ngiger-Makuladegeneration.pdf: Gemeinsame Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Stellungnahme von DOG, BVA und RG zur Strahlentherapie bei neovaskulärer altersabhängiger Makuladegeneration. 2.1.11.3. Weitere Informationen www.amdalliance.org: Internetseite der internationalen Organisation AMD Alliance international. Partner aus Deutschland sind: BVA, PRO RETINA Deutschland e.V., Prof. Dr. Frank Holz (Universitäts-Augenklinik Bonn) 2.1.11.4. Video Die nachfolgenden Links öffnen Videos, die die Augenerkrankung AMD und ihre Therapiemöglichkeiten genau erklären. Diese Videos sind fachlich sehr gut erklärt. Sie stammen von der Angiogenesis Foundation/USA (www.angio.org). Deshalb werden, in der deutschen Übersetzung, Abkürzungen englisch buchstabiert. - Wie AMD den Verlust des Augenlichts verursacht: https://www.youtube.com/watch?v=0xMrj_I1RQI&list=PLw4ahS7GJrIV50gbbqF1Wcbytw4-KMAi - Antiangiogene Methoden zur Behandlung von feuchter AMD: https://www.youtube.com/watch?v=tJCL6QJA5Ds&list=PLw4ahS7GJrIV50gbbqF1Wcbytw4-KMAi - Antiangiogene Behandlung: Interview mit einer Patientin: https://www.youtube.com/watch?v=MN8qZAlIrko&list=PLw4ahS7GJrIV50gbbqF1Wcbytw4-KMAi - Wake up and see in German: https://www.youtube.com/watch?v=Z-66M6BlyjI&list=PLw4ahS7GJrIV50gbbqF1Wcbytw4-KMAi Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 2.1.12. Impressum Herausgeber: Blickpunkt Auge des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes e.V. (DBSV), Rungestraße 19, 10179 Berlin, www.blickpunkt-auge.de und www.dbsv.org Autor: Prof. Dr. Ulrich Kellner, Zentrum für seltene Netzhauterkrankungen, AugenZentrum Siegburg, MVZ ADTC Siegburg GmbH, Europaplatz 3, 53721 Siegburg, www.augenzentrum-siegburg.de Redaktion: Jeanette Prautzsch 2.1.13. Bildnachweis Abb. 1 und 2: DBSV Abb. 3: BVA (2a_BVA_Augen_DB_33.jpg) Abb. 4: Prof. Kellner Abb. 5: BVA (2a_BVA_Augen_DB_34.jpg) Abb. 6: National Eye Institute, National Institutes of Health (2a_Amsler.jpg und 2a_Amsler_verzerrt.gif, https://nei.nih.gov/photo/amd 2.1.14. Test zum Thema AMD Hier finden Sie einen Test zu diesem Kursabschnitt: http://lernen.comeniuseveil.eu/mods/_standard/tests/test_intro.php?tid=30 Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 2.2. Glaukom – Grüner Star 2.2.1. Allgemeines Der Name Glaukom oder Grüner Star bezeichnet eine Gruppe von Krankheiten, bei denen nach und nach die Fasern des Sehnervs zugrunde gehen. In Deutschland sind nach Schätzungen des Berufsverbands der Augenärzte etwa 950.000 Menschen im Alter über 40 Jahren am Glaukom erkrankt. Die Zahl derer, die am Glaukom erkrankt sind oder bei denen ein wichtiger Risikofaktor, ein erhöhter Augeninnendruck, gegeben ist, wird auf mindestens zwei Millionen geschätzt. Pro Jahr erblinden in Deutschland knapp 2000 Menschen am Glaukom. Neben der Altersabhängigen Makula-Degeneration (AMD) und der diabetischen Netzhauterkrankung ist es in den Industrienationen eine der häufigsten Erblindungsursachen. In Deutschland ist das Glaukom der zweithäufigste Grund für den Bezug von Blindengeld. Das Wort „Glaukom“ geht auf das altgriechische „glaukos“ (auf das Meer bezogen: grau/bläulich) zurück und bezeichnet die blaugraue Verfärbung der Regenbogenhaut bei chronischen Entzündungen. In französischen Übersetzungen wurde aus der Meeresfarbe blau grün, da der Nordatlantik eher grünlich als bläulich wirkt. In Deutschland hat sich die Bezeichnung „Grüner Star“ eingebürgert – was leicht zu Verwechslungen mit dem „Grauen Star“ führt, der die Trübung der Augenlinse (Katarakt) bezeichnet. 2.2.2. Ursachen und Risiken Es gibt verschiedene Formen des Glaukoms mit unterschiedlichen Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten. Gemeinsam ist ihnen, dass das Gleichgewicht aus Augeninnendruck und Durchblutung im Auge aus dem Lot gerät und dass der Sehnerv geschädigt wird. Die Nervenfasern sterben nach und nach ab, was zu Ausfällen im Gesichtsfeld, im Endstadium zur Erblindung führt. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Abb. 6: Normaler Seheindruck Abb. 7: Seheindruck bei Glaukom Ein wichtiger Risikofaktor ist ein erhöhter Augeninnendruck. Das Risiko nimmt mit steigendem Alter zu: Von den 40- bis 54-jährigen Menschen in Deutschland haben 0,4 Prozent einen durch Glaukom bedingten Schaden am Sehnerv, bei den 55- bis 74-Jährigen sind es 2,6 Prozent und bei den über 75-Jährigen 7,6 Prozent. Ein erhöhtes Risiko tragen Menschen, in deren Familie Glaukomerkrankungen bekannt sind, Menschen mit einer Kurzsichtigkeit über 5 Dioptrien sowie Menschen mit dunkler Hautfarbe. Auch eine überdurchschnittlich dünne Hornhaut ist ein Risikofaktor. Außerdem kann ein niedriger oder ein stark schwankender Blutdruck zur Entstehung eines Glaukoms beitragen. 2.2.3. Formen 2.2.3.1. Offenwinkelglaukom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Die häufigste Glaukomform ist das Offenwinkelglaukom. Das Auge benötigt für seine normale Funktion einen normalen Innendruck. Er liegt zwischen 10 und 20 mmHg. Er wird dadurch aufrechterhalten, dass der Ziliarkörper im Auge ständig Kammerwasser bildet. Dieses Kammerwasser versorgt die Linse und die Hornhaut mit Nährstoffen, transportiert Stoffwechselprodukte ab und ist Teil des Immunsystems des Auges. Am Kammerwinkel (dem Übergang zwischen Hornhaut und Regenbogenhaut), über das Trabekelwerk und den Schlemm’schen Kanal fließt das Kammerwasser wieder aus dem Auge ab. Mit zunehmendem Alter kann die Durchlässigkeit des Trabekelwerks nachlassen. Die Folge ist ein allmählicher Anstieg des Augeninnendrucks. Dieser steigende Augeninnendruck vermindert die Durchblutung im Auge. Dadurch sterben die Fasern des Sehnervs langsam ab. Dass Offenwinkelglaukom ist eine chronische Krankheit und muss konsequent behandelt werden, um das Sehvermögen zu erhalten. Die Bezeichnung Offenwinkelglaukom (oder auch Weitwinkelglaukom) dient der Unterscheidung zum Winkelblock- und Engwinkelglaukom (siehe unten) und bezieht sich darauf, dass trotz weitem, offenem Kammerwinkel der Augeninnendruck individuell zu hoch ist und dadurch der Sehnerv geschädigt wird. 2.2.3.1.1. Normaldruckglaukom, eine Form des Offenwinkelglaukoms Bei etwa 50 Prozent der Patienten mit Offenwinkelglaukom liegt der Augeninnendruck unter 21 mmHg, er liegt also im Normalbereich, dennoch wird der Sehnerv geschädigt, weil die Durchblutung unzureichend ist. Hierbei können ein niedriger Blutdruck oder starke Blutdruckschwankungen eine Rolle spielen. Auch bei Menschen mit einer sehr dünnen Hornhaut kommt es vor, dass trotz „normalem“ Augeninnendruck ein Glaukomschaden vorliegt. In diesen Fällen liegt aber kein Normaldruckglaukom vor, sondern der Augeninnendruck wird aufgrund der Untersuchungstechnik zu niedrig gemessen. Deshalb ist es sinnvoll, auch die Hornhautdicke zu messen, um den gemessenen Augeninnendruck-Wert eventuell zu korrigieren. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Symptome: Das Offenwinkelglaukom verursacht zunächst keine Beschwerden oder Schmerzen. Erste Ausfälle im Gesichtsfeld bemerkt der Patient selbst nicht. Die Ausfälle treten erst am Rand des Gesichtsfeldes auf. Das Gehirn ergänzt die fehlenden Informationen zudem automatisch. Erst, wenn schon ein Großteil des Sehnervs zerstört ist, bemerkt der Patient selbst etwas. 2.2.3.1.2. Pseudoexfoliationsglaukom, eine Form des Offenwinkelglaukoms Das Pseudoexfoliationsglaukom ist eine Sonderform des Offenwinkelglaukoms, bei dem feine Ablagerungen auf der Linse und im Kammerwinkel den Abfluss des Kammerwassers hemmen. Die Zusammensetzung der Ablagerungen ist noch nicht geklärt. 2.2.3.2. Akutes, intermittierendes oder chronisches Winkelblockglaukom Das Winkelblockglaukom entsteht, wenn – meistens bei älteren, weitsichtigen Menschen – durch die altersbedingte Verdickung der Linse die Vorderkammer kleiner und der Kammerwinkel enger wird. Wenn die Iris sehr eng auf der Linse aufliegt, kann der notwendige Durchfluss des Kammerwassers durch die Pupille blockiert werden, das heißt, die Iris „verklebt“ mit der Linse und es kommt zum Glaukomanfall. Der akute Glaukomanfall ist ein dringender Notfall und muss sofort augenärztlich versorgt werden. Der Kammerwinkel muss nicht komplett blockiert sein, es kann auch eine schwankende Verengung entstehen, bei der der Augeninnendruck vorübergehend (intermittierend) oder dauernd (chronisch) erhöht ist. Dann ist die Rede von einem Engwinkelglaukom. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Symptome: Beim Glaukomanfall steigt der Augeninnendruck innerhalb kurzer Zeit auf mehr als 60 mmHg an. Die Patienten haben starke Schmerzen und sehen verschwommen, bei Dunkelheit werden Farbringe um Lichter herum wahrgenommen. Das Auge ist gerötet und der Augapfel fühlt sich hart an. Zusätzlich kann dem Betroffenen übel werden, bis hin zum Erbrechen. Ein Engwinkelglaukom, bei dem der Kammerwinkel nicht völlig blockiert ist, kann der Patient als vorübergehenden Kopfschmerz wahrnehmen. 2.2.3.3. Angeborenes (kongenitales) Glaukom In seltenen Fällen reift in der Schwangerschaft der Kammerwinkel oder das Trabekelmaschenwerk nicht vollständig aus. In der Folge ist der Abfluss des Kammerwassers gestört. Die Augen der Kinder sind dann besonders groß. Das angeborene Glaukom muss sofort behandelt werden, sonst droht das Kind zu erblinden. ‚Große Augen’ beim Kind sind daher nicht schön, sondern ein Warnzeichen, dass zu einer augenärztlichen Untersuchung führen muss. Steigt der Augeninnendruck erst beim Jugendlichen oder beim jungen Erwachsenen, dann ist die Rede von einem juvenilen Glaukom. 2.2.3.4. Sekundärglaukom Das Glaukom kann auch als Folge anderer Augenkrankheiten oder deren Behandlung auftreten. Zu den Krankheiten gehören beispielsweise diabetische Augenkrankheiten und die Uveitis. Insbesondere, wenn Patienten mit Kortison behandelt werden, ist es wichtig, den Augeninnendruck regelmäßig zu kontrollieren, da sein Anstieg eine mögliche Nebenwirkung der Therapie ist. 2.2.4. Krankheitsverlauf Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Abgesehen vom Glaukomanfall, der sich mit heftigen Schmerzen und Sehbeeinträchtigungen bemerkbar macht und ein augenärztlicher Notfall ist, der sofort behandelt werden muss, macht sich ein Glaukom über Jahre hinweg nicht bemerkbar. Erst in einem späten Stadium, wenn schon ein großer Teil des Sehnervs abgestorben ist, bemerken die Patienten die Gesichtsfeldausfälle. Die blinden Flecken treten zunächst am Rand des Gesichtsfelds auf, mit der Zeit breiten sie sich zum Zentrum hin aus. Wird ein Glaukom rechtzeitig festgestellt, ist eine erfolgreiche Behandlung, die den Sehnerv schützt, möglich. Die Behandlung – meist mit Augentropfen, eventuell mit Lasereingriffen oder Operationen – muss für den Rest des Lebens fortgesetzt werden, da das Glaukom eine chronische Krankheit ist. 2.2.5. Vorsorge Der Berufsverband der Augenärzte empfiehlt regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen ab dem 40. Lebensjahr; dunkelhäutige Patienten sollten sich schon ab dem 30. Lebensjahr untersuchen lassen. Auch Patienten mit Verwandten ersten Grades, die an einem Glaukom leiden, sollten schon frühzeitig zur Glaukomfrüherkennung gehen. 2.2.6. Untersuchungsmethoden Zur Glaukomfrüherkennung gehört die Messung des Augeninnendrucks (Tonometrie). Außerdem untersucht der Augenarzt den Sehnervenkopf – das ist die Stelle, an der der Sehnerv das Auge verlässt – an der Spaltlampe. Sinnvoll ist zudem die Messung der Hornhautdicke (Pachymetrie). Die Glaukomfrüherkennung ist keine Kassenleistung. Besteht nach dieser Untersuchung der Verdacht, dass ein Glaukom vorliegt, folgt eine Gesichtsfeldprüfung (Perimetrie), deren Kosten dann von der Kasse übernommen werden. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Mit weiteren Untersuchungsmethoden lassen sich insbesondere der Krankheitsverlauf und der Therapieerfolg kontrollieren: Retinatomographie (HRT), hochauflösende Optische Kohärenztomographie (SD-OCT) und Messung der Nervenfaserschichtdicke (Gdx). Diese Untersuchungen bezahlt die Krankenkasse nicht. Insbesondere bei einem Normaldruckglaukom kann es notwendig sein, mit mehreren Messungen ein 24-Stunden-Profil des Augeninnendrucks zu erstellen. Die privat zu zahlenden Kosten für die Glaukomfrüherkennung können je nach Umfang und eingesetztem Verfahren zwischen 20 und 140 Euro betragen. Abb. 8: Der Blick durch das Mikroskop ins Patientenauge zeigt den Sehnervenkopf – die Stelle, an der der Sehnerv das Auge verlässt. Das Foto zeigt eine Glaukompapille mit einer deutlichen Vertiefung (Exkavation) im Bereich des hellen Areals, weil die Nervenfasern zugrunde gegangen sind. Die Blutgefäße, die beim gesunden Auge in der Mitte der Papille zu sehen sind, liegen seitlich verlagert. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Abb. 9 und 5: Die Retinale Tomographie ermöglicht die genaue Vermessung der Papille. Mit Farben (Abb. 4) und Symbolen (Abb. 5) werden Veränderungen und ihr Ausmaß angezeigt. Abb. 6: Ein solches Bild entsteht bei der Perimetrie (Gesichtsfeldmessung). Es zeigt den Gesichtsfeldausfall bei Glaukom. Die dunklen Punkte oben und unten kennzeichnen die Bereiche des Gesichtsfeldausfalls. Die Stelle des schärfsten Sehens liegt an der Kreuzung beider Linien, sie ist vom Gesichtsfeldausfall nicht betroffen und die Sehschärfe ist gut. Der normale blinde Fleck, der dem Sehnervenkopf am Augenhintergrund entspricht, findet sich zwischen den beiden senkrechten Strichen links an der horizontalen Linie. Der glaukombedingte Gesichtsfeldausfall reicht von oben bis an den blinden Fleck heran. 2.2.7. Therapie Das Glaukom kann mit Medikamenten, die ins Auge getropft werden, durch Lasereingriffe oder durch Operationen behandelt werden. Schäden am Sehnerv, die bereits eingetreten sind, lassen sich allerdings nicht rückgängig machen. Verschiedene Wirkstoffe erhalten das Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Sehvermögen, indem sie den Augeninnendruck senken: Betablocker sind seit langem schon bewährt. Sehr effektiv ist die Drucksenkung mit Prostaglandinen. Die Wirkstoffgruppe der Carboanhydrasehemmer verbessert neben der drucksenkenden Wirkung auch die Durchblutung des hinteren Augenabschnitts. Diese Medikamente werden sowohl einzeln als auch in Kombination gegeben. Je nach Wirkstoff müssen sie einmal oder mehrmals täglich ins Auge getropft werden. Auch bei einem Normaldruckglaukom setzt die Therapie auf Drucksenkung, denn nur auf diesem Weg lässt sich bislang der Sehnerv vor weiteren Schäden schützen. Die Medikamente stehen heute häufig schon in Präparaten ohne Konservierungsmittel zur Verfügung – das ist besonders beim langanhaltenden Einsatz der Medikamente ein Aspekt, da Konservierungsmittel mitunter störende Nebenwirkungen verursachen können. Lässt sich mit Medikamenten keine ausreichende Drucksenkung erzielen, gibt es verschiedene Möglichkeiten einer Laserbehandlung oder eines chirurgischen Eingriffs. Zu den Lasertherapien gibt es abhängig von der Glaukomform verschiedene Verfahren. Beim Offenwinkelglaukom wird mit der Lasertrabekuloplastik, heute in der Regel als SLT-Laser (Selektive Lasertrabekuloplastik) durch Laserimpulse im Trabekelmaschenwerk der Abfluss des Kammerwassers verbessert. Bei Engwinkelglaukom wird mit dem Laser eine Öffnung der äußeren Regenbogenhaut (Iridotomie) geschaffen, durch die dann Kammerwasser von der Hinter- in die Vorderkammer fließen kann. Bei Sekundärglaukomen wird mit der Laserzyklodestruktion der Ziliarkörper verödet, der das Kammerwasser bildet. Diese Laserbehandlungen können bei Bedarf wiederholt werden. In den vergangenen Jahren wurden die chirurgischen Verfahren ständig weiterentwickelt und verfeinert, so dass heute verschiedene Methoden zur Verfügung stehen. So lässt sich für jeden Patienten die Methode auswählen, bei der mit dem geringsten operativen Aufwand die größtmögliche Wirkung erzielen lässt. Zu den chirurgischen Verfahren gehören die Trabekulektomie, bei der ein Abflussweg (eine Fistel) aus der Augenvorderkammer unter die Bindehaut geschaffen wird, und die Visko-Kanalostomie, bei der diese Fistel nicht bis in die Vorderkammer reicht, sondern nur bis zum Schlemm-Kanal. Ein neues Verfahren ist die Kanaloplastie. Dabei wird ein feiner Faden durch den Schlemm’schen Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Kanal gelegt und anschließend unter Spannung gesetzt, wodurch der Kanal offengehalten wird. Eine weitere Möglichkeit ist es, mit einem speziell entwickelten Instrument, dem Trabektom über einen Zugang durch die Hornhaut Gewebe des Trabekelmaschenwerks abzutragen und so den Abfluss des Kammerwassers durch den Schlemm-Kanal zu verbessern. Mikroimplantate, die in den Kammerwinkel eingesetzt werden, erweitern die Palette der Operationsverfahren zusätzlich. Auch nach einer Kataraktoperation sinkt der Augeninnendruck häufig. Durch die Entfernung der verdickten und verhärteten Linse wird die Vorderkammer tiefer und der Kammerwinkel weitet sich. In besonders schweren Fällen sind Schlauchimplantate eine Möglichkeit, den Augeninnendruck zu regulieren. Sie kommen beispielsweise zum Einsatz, wenn bei einem Patienten schon zum wiederholten Mal eine Glaukomoperation notwendig ist oder bei den schwierig zu behandelnden Sekundärglaukomen. Bei diesem Verfahren wird unter der Bindehaut eine Kunststoffplatte außen auf der Lederhaut des Auges verankert. Sie wird über einen Schlauch mit der Vorderkammer des Auges verbunden. Das Kammerwasser gelangt dann auf die Oberfläche der Kunststoffplatte und wird dort vom darüber gelegenen Gewebe aufgesaugt. Eventuell steuert ein Drosselventil, wie viel Kammerwasser aus der Vorderkammer abgeleitet wird. Diese Methode funktioniert auch dann, wenn das Gewebe verstärkt zur Narbenbildung neigt und die Trabekulektomie aus diesem Grund nicht erfolgreich ist. 2.2.8. Alternative Behandlungsmethoden Vielfach werden alternativmedizinische Therapien angeboten, um ein Glaukom zu behandeln. Dazu gehören die Akupunktur und die traditionelle chinesische Medizin, verschiedene Vitamine und andere Nahrungsergänzungsmittel. Auch bestimmte Sportarten (Ausdauersport) und Entspannungstechniken werden empfohlen. Diese Therapien können als Ergänzung der herkömmlichen Behandlung sinnvoll sein, sie können sie aber keinesfalls ersetzen. Fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse und Langzeitstudien zu den verschiedenen alternativen Ansätzen fehlen aber. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 2.2.9. Weiterführende Informationen, Links 2.2.9.1. Informationen der Selbsthilfe www.dbsv.org/infothek/augenerkrankungen/gruener-star/: Informationen des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands DBSV zum Glaukom http://www.bundesverband-glaukom.de/?getlang=de: Homepage des Bundesverband Glaukom e.V. 2.2.9.2. Informationen von Augenärzten cms.augeninfo.de/hauptmenu/augenheilkunde/augenerkrankungen/glauk om-gruener-star.html: Informationen zum Glaukom auf der Internetseite des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA) www.dog.org: Internetseite der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) www.dog.org/?cat=120: Link zur DOG-Sektion Glaukom cms.augeninfo.de/fileadmin/pat_brosch/glaukom.pdf: Patientenbroschüre Glaukom des BVA und der DOG ocunet.de/patienten/gruener_star.html: Informationen zum Glaukom auf der Internetseite der OcuNet Gruppe, ein Qualitätsverbund von Augenärzten 2.2.9.3. Weitere Informationen www.glaukom.de: Internetseite des Initiativkreises zur Glaukomfrüherkennung e.V. Konieczka, Gugleta, Flammer (2015). Glaukom: Ein Handbuch für Betroffene, Eine Einführung für Interessierte, Ein Nachschlagewerk für Eilige. 4., überarb. Aufl. Hans Huber Verlag, Bern [u.a.]. ISBN 9783456851464 Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 2.2.10. Impressum Herausgeber: Blickpunkt Auge des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes e.V. (DBSV), Rungestraße 19, 10179 Berlin, www.blickpunkt-auge.de und www.dbsv.org Autor: Prof. Dr. Ulrich Kellner, AugenZentrum Siegburg, MVZ ADTC Siegburg GmbH, Europaplatz 3, 53721 Siegburg, www.augenzentrumsiegburg.de Redaktion: Jeanette Prautzsch 2.2.11. Bildnachweis Abb. 1 und 2: DBSV Abb. 3 bis 6: Prof. Dr. Ulrich Kellner, entstanden während seiner Tätigkeit an der Augenklinik des Campus Benjamin Franklin der Charité Universitätsmedizin Berlin 2.2.12. Test zum Thema Glaukom Unter dem folgenden Link finden Sie einen Test zu diesem Kursabschnitt. Viel Erfolg! http://lernen.comeniuseveil.eu/mods/_standard/tests/test_intro.php?tid=27 2.3. Grauer Star (Katarakt) Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 2.3.1. Allgemeines Weltweit ist der Graue Star (die Katarakt) noch immer die häufigste Erblindungsursache: 17 Millionen Menschen sind daran erblindet. Eine Operation kann den Betroffenen das Augenlicht wiedergeben. Der Austausch der getrübten körpereigenen Linse gegen ein Kunststoffimplantat ist weltweit die häufigste Operation überhaupt. 2010 wurde in Deutschland nach Angaben der gesetzlichen Krankenversicherung bei 460.000 Patienten der Graue Star entfernt. In den meisten Fällen erfolgt die Operation ambulant. 90 Prozent der Patienten erreichen nach der Operation eine Sehleistung von 50 bis 100 Prozent. Ein Vorliegen anderer Augenerkrankungen (z.B. Altersabhängige Makuladegeneration, Diabetisches Makulaödem, vererbbare Netzhautdystrophien) kann die Erholung der Sehkraft begrenzen. 2.3.2. Ursachen und Risiken Die Linse des Auges, die in der Kindheit normalerweise völlig transparent und klar ist, färbt sich im Laufe des Lebens durch Alterungsprozesse gelb und wird schließlich trüb und undurchsichtig. Röntgenstrahlung, Stoffwechselerkrankungen, angeborene Störungen, andere Augenoperationen (z.B. Glaskörperoperation, GlaukomOperation) oder Verletzungen können ebenfalls zur Kataraktbildung führen, außerdem die Einnahme von Medikamenten, beispielsweise Kortison. UV-Licht gilt als Risikofaktor für die Linsentrübung. 2.3.3. Formen und Krankheitsverlauf 2.3.3.1. Altersbedingte Katarakt Am häufigsten ist der altersbedingte Graue Star (Katarakt). Im Alter zwischen 65 und 75 Jahren lässt sich bei den meisten Menschen ein Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Grauer Star feststellen, jeder zweite 75-Jährige nimmt dadurch Beeinträchtigungen des Sehvermögens wahr. Abb. 1: Normaler Seheindruck Abb. 2: Seheindruck mit Katarakt Abb. 1 und 2: DBSV Es ist ein wenig so, als blicke man durch eine Milchglasscheibe. Die Sicht wird langsam trüber, Farben verblassen, und man fühlt sich leicht geblendet. Das sind typische Symptome einer „altersbedingten Katarakt", der häufigsten Form des Grauen Stars. Weitere Symptome Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung können Doppelbilder sein, auch Halos (Lichtkränze) um Lichtquellen herum können wahrgenommen werden. Die Anpassungsfähigkeit des Auges beim Wechsel von einer hellen in eine dunkle Umgebung lässt nach. Es kann aber auch sein, dass die Veränderungen in der Augenlinse die Fähigkeit, in der Nähe zu sehen, vorübergehend bessert: Wenn die Linse dicker wird und es zu einer Verdichtung des Linsenkerns kommt, braucht der Betroffene mitunter die bislang benötigte Lesebrille nicht mehr. Abb. 3: Das Foto zeigt eine überreife (hypermature) Katarakt, bei der sowohl die Rinde als auch der Linsenkern bereits von der Trübung betroffen sind (fortgeschrittene altersbedingte Katarakt). Je nachdem, an welcher Stelle der Linse die Trübung einsetzt, unterscheiden Augenärzte zwischen • Cataracta corticalis: Trübungen in der Linsenrinde • Cataracta subcapsularis posterior: Hier setzt die Trübung im hinteren Bereich unter der die Linse umgebende Kapsel ein. Dann Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung schreitet die Katarakt meist schnell voran und es kommt früh zu Sehstörungen beim Sehen in der Nähe. • Cataracta nuclearis: Die Kernkatarakt schreitet langsam fort. Vorübergehend können die Patienten auf eine zuvor benutzte Lesebrille verzichten. 2.3.3.2. Kindliche Katarakt In seltenen Fällen ist ein grauer Star angeboren. Ursache kann beispielsweise eine Rötelnerkrankung der Mutter während der Schwangerschaft sein. Je nachdem wie ausgeprägt die Linsentrübung ist, muss das Kind schon in den ersten Lebenstagen oder Lebenswochen operiert werden. Sonst droht eine lebenslange Schwachsichtigkeit (Amblyopie). Aufgrund von Mangelernährung sind besonders in den Ländern Afrikas viele Kinder vom Grauen Star betroffen. Abb. 4: Das Foto zeigt ein Auge mit angeborenem Grauen Star (kongenitale Katarakt) Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Abb. 3 und 4: National Eye Institute, National Institutes of Health 2.3.4. Krankheitsverlauf Das Sehvermögen geht allmählich, schmerzfrei verloren. Die Linsentrübung kann unterschiedlich schnell fortschreiten. Unbehandelt führt die Katarakt zur Erblindung. Doch eine Heilung durch eine operative Entfernung der trüben Linse ist möglich. 2.3.5. Vorsorge und Untersuchungsmethoden Das Tragen von Sonnenbrillen, insbesondere in südlichen Ländern, am Meer und auch beim Wintersport in den Bergen, ist zur Vorsorge anzuraten. Immer wieder gibt es Empfehlungen, einem Grauen Star etwa mit Nahrungsergänzungsmitteln vorzubeugen. Dafür gibt es jedoch keinen wissenschaftlich fundierten Nachweis. 2.3.6. Untersuchungsmethoden Beim Augenarzt wird die Refraktion festgestellt und bei der Untersuchung mit der Spaltlampe der Zustand der Linse untersucht. Die Refraktion oder Brechkraft des Auges wird definiert als die Abweichung des individuellen Auges von der idealen Optik. Wenn die Entscheidung für eine Kataraktoperation getroffen wurde, folgen weitere Untersuchungen. So wird das Auge mithilfe von Ultraschall oder bei der optischen Biometrie mithilfe eines Laserstrahls vermessen, um die notwendige Stärke einer zu implantierenden Kunstlinse festzustellen. Eine detaillierte Vermessung der Hornhaut erlaubt eine genaue Bestimmung von Brechkraftfehlern und ist Voraussetzung für Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung hochwertige Kunstlinsen mit dem Ziel eines Sehens ohne Brille. Eine Vermessung des Hornhautendothels (Endothelmikroskopie) kann mögliche Risiken für eine Hornhauttrübung nach der Operation aufgrund von Hornhauterkrankungen erkennen lassen. Eine Untersuchung der Makula mit der hochauflösenden Optischen Kohärenztomografie (OCT) ist sinnvoll um Makula-Erkrankungen vor der Operation zu erkennen und bei Bedarf zuerst zu behandeln. 2.3.7. Therapie Die einzige Behandlungsmöglichkeit des Grauen Stars ist die Operation. Dazu wird der getrübte Anteil der körpereigenen Linse entfernt und an ihrer Stelle eine Intraokularlinse (IOL) implantiert. Das heute gängige Verfahren ist die so genannte Phakoemulsifikation. Dazu werden durch einen wenigen Millimeter langen Schnitt in der Hornhaut die Linsenkapsel geöffnet, der Linseninhalt mit Hilfe von Ultraschall zertrümmert und die Bruchstücke abgesaugt. Die Linsenkapsel, eine dünne Membran, bleibt erhalten; in diese wird dann die Kunstlinse implantiert. Die Operation wird in den meisten Fällen ambulant ausgeführt. Heute gibt es eine große Vielfalt an Intraokularlinsen, mit denen im Zuge der Kataraktoperation verschiedene Sehfehler ausgeglichen werden können. Das Ziel einer Katarakt-Operation hat sich in den letzten Jahren vom reinen Ersatz der getrübten körpereigenen Linse durch eine Intraokularlinse zu einem refraktiven Eingriff gewandelt, bei dem die Brechungseigenschaften der künstlichen Linse - wie bei einer Brille - an die individuellen Anforderungen des Patienten an ein optimales Sehen berücksichtigt werden können: • Monofokallinsen (Einstärkenlinsen) sind die Standardlinsen, die Patienten ohne Hornhautverkrümmung ein Sehen in der Ferne ohne Brille ermöglichen. Für das Sehen in der Nähe ist eine Lesebrille notwendig. • Zu den Linsen mit refraktivem Zusatznutzen (Sonder-, Premiumoder Komfort-Linsen) gehören: Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung - Asphärische Linsen: sie ermöglichen durch den Ausgleich von Brechkraftfehlern auch bei weiter Pupille für Patienten ohne Hornhautverkrümmung ein optimales Sehen in der Ferne ohne Brille bei schlechten Lichtbedingungen und ergeben die beste Abbildungsqualität. Für das Sehen in der Nähe ist eine Lesebrille notwendig. - Torisch-asphärische Linsen: Patienten, die aufgrund einer Hornhautverkrümmung einen Astigmatismus (Stabsichtigkeit) aufweisen, können diesen Sehfehler mit einer torischen Intraokularlinse ausgleichen lassen, so dass auch für sie für die Ferne keine Brille erforderlich ist. Für das Sehen in der Nähe ist eine Lesebrille notwendig. - Multifokallinsen (Mehrstärkenlinsen): sollen gutes Sehen in der Ferne und in der Nähe ermöglichen. Dazu wird das ins Auge fallende Licht auf zwei oder sogar drei Brennpunkte verteilt. Allerdings sind störende Sehphänomene wie Halos (Lichtkränze) um Lichtquellen und ein eingeschränktes Kontrastsehen mögliche Nebeneffekte. Diese Linsen erfordern eine gewisse Gewöhnung. Sie sind geeignet für Patienten, die ein Leben ohne Brille führen wollen. - Add-On-Linsen: sind Zusatz-Linsen, die zusätzlich zu einer bereits vorhandenen Kunstlinse eingesetzt werden können, um noch bestehende Brechkraftfehler auszugleichen oder um nachträglich eine multifokale Linse einzusetzen. - Die Light adjustable Lens, also eine mit Licht adjustierbare Linse: ist noch sehr neu und wird nur an wenigen Kliniken angeboten. Sie wird aus einem speziellen Kunststoff angefertigt, der seine Form ändert, wenn er mit UV-Licht bestrahlt wird. Zwei bis drei Wochen nach der Operation stellt der Augenarzt die Brechkraft des Auges fest und „justiert“ mit UVLicht die Linse. Zum Abschluss der Behandlung wird die Linse wiederum mit Hilfe von Licht fixiert, so dass weitere Veränderungen nicht möglich sind. In der Zeit zwischen der Operation und der Nachbehandlung muss Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung der Patient eine UV-Schutzbrille tragen, um Veränderungen der Linse zu vermeiden. Die Erfahrungen mit diesem Linsentyp sind noch begrenzt. Asphärische, torische, Multifokal- und Add-On-Linsen zählen zu den so genannten Sonderlinsen, deren Kosten nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Seit Anfang 2012 ist es jedoch möglich, dass gesetzlich Versicherte die Mehrkosten für die Sonderlinse sowie den Betrag für die zusätzlich erforderlichen Untersuchungen und operativen Leistungen selbst tragen, die Operation selbst aber von der Kasse bezahlt wird. Eine weitere Besonderheit sind Intraokularlinsen mit gelber Färbung. Alle zuvor genannten IOL-Arten sind auch mit gelber Färbung verfügbar. Durch die Färbung wird die Intraokularlinse der Lichtdurchlässigkeit der klaren natürlichen Linse angepasst. Sie filtert – im Vergleich zur ungetönten IOL – energiereiches blaues Licht und soll so die Netzhaut vor Schäden schützen. Das energiereiche blaue Licht ist möglicherweise an krankhaften Veränderungen in der Netzhaut bei einer altersabhängigen Makulade-Generation beteiligt. Jungen Patienten und Patienten, bei denen erste Veränderungen an der Makula erkennbar sind, werden deshalb Intraokularlinsen mit Blaulichtfilter empfohlen. 2.3.8. Alternative Behandlungsmethoden Alternativen zur Kataraktoperation gibt es nicht. 2.3.9. Weiterführende Informationen 2.3.9.1. Informationen der Selbsthilfe www.dbsv.org/infothek/augenerkrankungen/grauer-star/ Informationen des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands DBSV zum Grauen Star Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 2.3.9.2. Informationen von Augenärzten www.augeninfo.de Internetseite des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA) cms.augeninfo.de/fileadmin/PDF/catop.pdf Patientenbroschüre des BVA zur Kataraktoperation www.dog.org Internetseite der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) 2.3.10. Test zum Thema Glaukom Unter dem folgenden Link finden Sie einen Test zu diesem Kursabschnitt. Viel Erfolg! http://lernen.comeniuseveil.eu/mods/_standard/tests/test_intro.php?tid=27 2.4. Diabetische Netzhauterkrankung 2.4.1. Allgemeines Die Diabetische Netzhauterkrankung ist eine Folgekrankheit des Diabetes mellitus. Sie kann bei jeder Form der Zuckerkrankheit auftreten. Wird sie nicht behandelt, verliert der Patient das Augenlicht. Etwa 2.000 Menschen erblinden pro Jahr infolge einer diabetischen Retinopathie. Insgesamt haben nach Angaben des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands etwa 30.000 Mitbürger in Deutschland aufgrund dieser Krankheit ihr Sehvermögen verloren. Sie ist die Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung häufigste Erblindungsursache von Menschen im erwerbsfähigen Alter. Eine konsequente Kontrolle der Blutzucker- und Blutdruckwerte und regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt sind wichtige Schritte, um Netzhautschäden vorzubeugen beziehungsweise ihr Fortschreiten aufzuhalten. Im Frühstadium, noch ehe der Patient selbst eine Sehverschlechterung bemerkt, besteht die Möglichkeit der Behandlung mit dem Laser, in späteren Stadien sind Medikamentengaben ins Auge oder Glaskörperoperationen eine Möglichkeit das Sehvermögen zu verbessern. 2.4.2. Ursachen und Risiken Die diabetische Stoffwechsellage führt zu langsamen Veränderungen insbesondere in kleinen Blutgefäßen, so auch in der sehr gut durchbluteten Netzhaut des Auges. Ablagerungen schädigen die Gefäßwände. Dadurch verengen oder verschließen sich insbesondere die kleinsten Blutgefäße (Kapillaren) allmählich. Bei größeren Gefäßen werden die Gefäßwände undicht, so dass Flüssigkeit aus dem Blut in das umliegende Gewebe austritt. Es bilden sich zudem krankhafte Aussackungen an den Gefäßen, so genannte Mikroaneurysmen. Weil die Blutgefäße geschädigt sind, werden die lichtempfindlichen Zellen und vor allem die Nervenzellen, die für die Informationsverarbeitung und weiterleitung in der Netzhaut zuständig sind, nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und sterben nach und nach ab. Diese Schäden können nicht mehr rückgängig gemacht werden. Auf die mangelhafte Durchblutung reagiert das Gewebe im weiteren Verlauf der Krankheit, indem Wachstumsfaktoren (zum Beispiel VEGF) ausgeschüttet werden. Dadurch wird die Bildung neuer Blutgefäße angeregt, die jedoch an falscher Stelle (auf der Netzhautoberfläche) wachsen und dadurch mit dem Risiko von Blutungen ins Augeninnere (Glaskörperblutung) und einer Netzhautablösung einhergehen. All diese Veränderungen finden anfänglich meist nicht in der Netzhautmitte statt, so dass der Patient sie zunächst nicht bemerkt. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus, erhöhter Blutdruck und Rauchen sind nachgewiesene Risikofaktoren für die Entwicklung einer diabetischen Netzhauterkrankung. Abb. 10: Normaler Seheindruck Abb. 11: Seheindruck bei Diabetischer Retinopathie 2.4.3. Formen 2.4.3.1. Nicht proliferative diabetische Retinopathie Das Anfangsstadium bezeichnen Augenärzte als nicht proliferative (nicht wuchernde) diabetische Retinopathie. Bei der Untersuchung des Augenhintergrunds erkennt der Augenarzt die oben erwähnten Mikroaneurysmen, Gefäßunregelmäßigkeiten, kleine Blutungen oder Ablagerungen – so genannte harte Exsudate. Der Patient selbst bemerkt in diesem Stadium noch keine Sehverschlechterung. 2.4.3.2. Proliferative diabetische Retinopathie Im fortgeschrittenen Stadium ist das Sehvermögen akut gefährdet. Weil das Netzhautgewebe nicht ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung versorgt wird, werden Wachstumsfaktoren gebildet. Sie regen die Bildung neuer Blutgefäße an. Sie richten jedoch mehr Schaden an als sie nutzen. Sie wachsen ins Augeninnere, den Glaskörper hinein. Dadurch kann es zu schweren Blutungen in den Glaskörper hineinkommen. Die Betroffenen nehmen solche Blutungen als „Rußregen“ im Auge wahr oder sehen dunkle Wolken im Gesichtsfeld. Im weiteren Verlauf bilden sich auch Bindegewebsstränge, die Zug auf die Netzhaut ausüben und sie von der sie ernährenden Aderhaut abheben. Das Sehen von Lichtblitzen bei geschlossenen Augen kann ein Anzeichen dafür sein, dass plötzlicher Zug auf die Netzhaut ausgeübt wird und auf eine beginnende Netzhautablösung hin weisen. Abb. 12: Netzhautfoto eines Patienten mit proliferativer diabetischer Retinopathie. Der helle Halbring zeigt eine Membran im Glaskörper, die am runden Sehnervenkopf (Papille, rechts im Bild) und an der Netzhaut festsitzt und Zug auf die Netzhaut ausübt (Glaskörpertraktion). Zu sehen sind daneben Blutungen in der Netzhaut, Gefäßneubildungen am Sehnervenkopf und oben am Gefäßbogen, ein Makulaödem und Netzhautfalten im Bereich der Makula, die durch die Glaskörpertraktion entstanden sind. 2.4.3.3. Diabetische Makulopathie / diabetisches Makulaödem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Betreffen die Veränderungen den zentralen Netzhautbereich, sprechen Augenärzte von einer diabetischen Makulopathie. Im Zentrum der Makula liegt die Fovea, die Stelle des schärfsten Sehens. Oft bemerken die Patienten erst, dass mit ihren Augen etwas nicht in Ordnung ist, wenn innerhalb der Makula die Stelle des schärfsten Sehens mit betroffen ist: Es kommt zu einer Sehminderung im Zentrum des Gesichtsfeldes, Lesen wird schwer bis unmöglich. Gerade Linien erscheinen möglicherweise verzerrt. Ohne Behandlung droht die schwere dauerhafte Sehminderung bis hin zur Erblindung des betroffenen Auges. Ein diabetisches Makulaödem liegt vor, wenn sich Flüssigkeit in der Netzhaut im zentralen Netzhautbereich ansammelt, wobei die Fovea mitbeteiligt sein kann, aber nicht mitbeteiligt sein muss. Durch die Flüssigkeitsansammlung in der Netzhaut wird diese verdickt und das Sehen verschlechtert und verzerrt. Abb. 4a: Fluoreszenzangiographie eines Patienten mit diabetischem Makulaödem. Die kleinen hellen Ringe sind Narben einer früheren Laserbehandlung. In der Bildmitte ist zu sehen, wo (hell fluoreszierend aufleuchtende) Flüssigkeit aus den Gefäßen austritt. Die dunklen Punkte zeigen blockierende Blutungen. Abb. 4b: Aufnahme desselben Auges; links ist eine Nah-Infrarot-Aufnahme zu sehen, rechts eine hochauflösende Spektraldomänen (SD-)OCT-Aufnahme, die den Querschnitt der Netzhaut an der Stelle zeigt, die im linken Bild dem hellgrünen Pfeil entspricht. Das SD-OCT zeigt, wie stark die Netzhaut durch die Flüssigkeitseinlagerung ausgeweitet wurde. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung 2.4.4. Krankheitsverlauf Die Betroffenen merken lange Zeit nichts von dem Schaden, den die Zuckerkrankheit in ihrer Netzhaut anrichtet. Erst in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium treten inselartige blinde Flecken im Gesichtsfeld auf. Auch das Farbensehen und die Sehschärfe können beeinträchtigt sein. Ist die Fovea beteiligt, geht das zentrale Sehen verloren – dann kann man etwa nur noch mit Mühe oder gar nicht mehr lesen. Mit einer konsequenten Blutzucker- und Blutdruckeinstellung sowie Nikotinverzicht können Schäden oft über viele Jahre hinweg vermieden werden. Wichtig sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt und, falls nötig, die rechtzeitige Behandlung. Der Diabetes kann auch andere Augenkrankheiten zur Folge haben. So ist eine Linsentrübung (Katarakt) möglich oder ein Sekundärglaukom. Dabei steigt der Druck im Auge stark an mit der Folge, dass der Sehnerv geschädigt wird. Viele Diabetespatienten klagen auch über trockene Augen. 2.4.5. Vorsorge Steht die Diagnose „Diabetes“ fest, sollte baldmöglichst eine Untersuchung beim Augenarzt erfolgen. Wenn noch keine Schäden an der Netzhaut bestehen, genügt es, danach einmal im Jahr zum Augenarzt zur Kontrolluntersuchung zu gehen. Erkennt der Augenarzt Anzeichen einer diabetischen Retinopathie, sind Kontrolluntersuchungen alle drei bis sechs Monate notwendig. Wenn man selbst Verschlechterungen bemerkt – gerade Linien erscheinen verzerrt, „Rußflocken“ tauchen im Auge auf oder die Sehschärfe schwankt stark – sollte man unverzüglich zum Augenarzt gehen. Um die Netzhaut zu schützen, sollte der HbA1C-Wert, der die Langzeitkonzentration des Zuckers im Blut angibt, ebenso gut unter Kontrolle sein wie der Blutdruck. War der Blutzuckerwert über lange Zeit hinweg zu hoch, und wird nun beispielsweise mit einer Insulinpumpe Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung reguliert, sollte er nur langsam abgesenkt werden und man sollte in dieser Phase auf jeden Fall zum Augenarzt gehen. Eine rasche Absenkung des HbA1C-Werts steigert das Risiko für diabetische Netzhauterkrankungen und auch starke Schwankungen des Blutzuckers sind gefährlich. Für Frauen mit Diabetes sind während einer Schwangerschaft verstärkt Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt angeraten. 2.4.6. Untersuchungsmethoden Grundlage jeder Diabetestherapie ist die regelmäßige Kontrolle des Blutzuckers und des Blutdrucks. Bei den augenärztlichen Kontrolluntersuchungen wird das gesamte Auge mit Hilfe eines Spezialmikroskops untersucht. Besonders aufmerksam betrachtet der Augenarzt den Augenhintergrund mit der Netzhaut. Damit er das tun kann, wird die Pupille vor der Untersuchung mit Augentropfen medikamentös weitgestellt. Die Wirkung dieser Tropfen hält einige Stunden an. Solange ist man leicht geblendet und sieht unscharf. Währenddessen darf man nicht selbst Auto fahren. Deshalb sollten Diabetiker möglichst mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit einem Fahrer zur Augenuntersuchung kommen. Um den Verlauf der Krankheit zu dokumentieren macht der Augenarzt gegebenenfalls Fotos der Netzhaut. Unter Umständen werden weitere Untersuchungsmethoden eingesetzt. Dazu gehören die Fluoreszein-Angiographie und die hochauflösende Spectral domain optische Kohärenztomographie (SD-OCT) (siehe Infoblatt „Das ABC der Augenuntersuchungen“). 2.4.7. Therapie Bei der Behandlung müssen Augenarzt und Hausarzt beziehungsweise Diabetologe mit dem Patienten zusammenarbeiten. Die konsequente Einstellung der Blutzucker- und Blutdruckwerte schützt vor Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Gefäßschäden. Der Patient selbst kann viel tun, um das Fortschreiten der Krankheit zu bremsen: Viel Bewegung, gegebenenfalls eine Gewichtsreduktion und Nikotinverzicht tragen dazu bei, das Risiko einer diabetischen Retinopathie und anderer Folgeschäden des Diabetes zu senken. Zusätzlich ist es sinnvoll, erhöhte Blutfettwerte zu senken. Diabetes-Schulungen helfen den Patienten, die notwendigen Änderungen des Lebensstils in Angriff zu nehmen. 2.4.7.1. Laserkoagulation Liegt eine schwere nicht proliferative diabetische Retinopathie oder bereits eine proliferative diabetische Retinopathie vor, die das Sehvermögen noch nicht beeinträchtigt, dann kann die Laserkoagulation das Fortschreiten der Krankheit bremsen. Dazu richtet der Augenarzt gezielt Laserstrahlen auf die geschädigte Netzhaut. An den behandelten Stellen bilden sich Narben. Das Narbengewebe benötigt nur sehr wenig Sauerstoff, so dass die Versorgung des umliegenden, noch intakten Gewebes verbessert wird. Außerdem bilden sich weniger Wachstumsfaktoren, so dass Gefäßneubildungen unterdrückt werden. Je nachdem, wie umfangreich die Laserbehandlung ist, findet sie in mehreren Sitzungen statt. Je nachdem, wo die Netzhaut gelasert wird, spricht man von panretinaler oder fokaler Laserkoagulation. Die panretinale Behandlung ist angezeigt, wenn eine proliferative diabetische Retinopathie vorliegt, die nicht die Makula betrifft. Dann wird die gesamte Netzhaut mit Ausnahme der Makula mit Laserherden behandelt. Liegt ein diabetisches Makulaödem ohne Beteiligung der Fovea vor, wird mit einer fokalen Lasertherapie versucht, durch feine Laserherde neben dem Netzhautzentrum eine Rückbildung des Ödems zu erreichen. Die Behandlung erfolgt in der Regel unter Tropfanästhesie; nur bei stärkeren Schmerzen oder bei einer besonders ausführlichen Laserbehandlung erhält der Patient eine Spritze hinter den Augapfel (retrobulbär), um die Schmerzen zu vermeiden. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Abb. 13: Die Laserkoagulation ist eine Möglichkeit, die diabetische Retinopathie zu behandeln, noch bevor der Patient selbst eine Verschlechterung des Sehvermögens bemerkt. 2.4.7.2. Intravitreale Medikamentengabe Die Standard-Behandlung des diabetischen Makulaödems mit Beteiligung der Fovea ist heute die Gabe von Medikamenten ins Augeninnere. Dafür stehen zwei verschiedene Medikamentengruopen zur Verfügung. Einerseits so genannte VEGF-Hemmer und andererseits Kortikosteroid-haltige Medikamente. VEGF-Inhibitoren VEGF-Inhibitoren sind Medikamente, die den wichtigsten Wachstumsfaktor VEGF (vascular endothelial growth factor) hemmen. Studien haben gezeigt, dass mit einer Laserkoagulation in der Regel nur eine Stabilisierung, mit VEGF-Inhibitoren (Wirkstoffe: Ranibizumab, Bevacizumab, Aflibercept) bei einem Teil der Patienten eine deutliche Verbesserung des Sehvermögens erreicht werden kann. Die Wirkstoffe Ranibizumab (Lucentis®) und Aflibercept (EYLEA®) sind zur Behandlung des diabetischen Makulaödems zugelassen. Der Wirkstoff Bevacicumab (Avastin®) wurde inzwischen ebenfalls in mehreren Studien untersucht und wird ebenso erfolgreich eingesetzt. Bevacizumab ist für die Behandlung am Auge zwar nicht zugelassen, wird aber bei vergleichbarer Effektivität aufgrund der geringeren Kosten häufig eingesetzt. Zur Problematik Bevacicumab/Ranibizumab/Aflibercept sei auf das Informationsblatt zur Altersabhängigen Makula-Degeneration verwiesen. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Jedes VEGF-Inhibitoren-Medikament muss unter sterilen Bedingungen im Operationssaal ins Auge gespritzt werden (intravitreale operative Medikamenteneingabe; IVOM): Die Behandlung beginnt mit vier Injektionen im Abstand von je vier Wochen (Aufsättigungsphase). Ziel der Behandlung ist ein Erhalt des Sehvermögens. Einige Patienten erleben aber bereits nach den ersten Injektionen einen Visusgewinn. Abhängig von der Entwicklung der Sehschärfe und unter Kontrolle der Netzhautstruktur mit der SD-OCT wird über die Notwendigkeit weiterer Behandlungen entschieden. Diese sind sinnvoll, wenn eine Verbesserung der Sehschärfe oder der Netzhautstruktur noch möglich ist. Ist dies nicht der Fall, wird die Behandlung unterbrochen, der Verlauf mit monatlichen Kontrolluntersuchungen mit Sehschärfebestimmung und SD-OCT beobachtet. Zeigt sich dabei wieder eine Verschlechterung des Befundes, sind weitere Spritzen notwendig. Studien haben gezeigt, dass Veränderungen im SD-OCT einer Sehverschlechterung vorausgehen können und somit der empfindlichste Parameter für eine Verlaufskontrolle sind. Die Therapie kann nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn die Kontrolluntersuchungen regelmäßig stattfinden und wenn die Wiederbehandlungen rechtzeitig erfolgen. Eine stabile Stoffwechsellage (Blutzucker, -fett, -druck) ist eine wichtige Voraussetzung für die Wirksamkeit der Therapie. Nebenwirkungen nach der Gabe von VEGF-Inhibitoren sind selten. Möglich sind Schmerzen im Auge, Blutungen, ein Fremdkörpergefühl, Glaskörpertrübungen (Mouches volantes) und ein vorübergehender Anstieg des Augeninnendrucks. Schwerwiegend, aber sehr selten sind Infektionen des Augeninneren, Netzhautschäden oder eine Linsentrübung (Katarakt). Kortikosteroid -haltige Medikamente Zwei Medikamente aus dieser Gruppe stehen zur Behandlung zur Verfügung, beide werden ebenfalls durch eine IVOM unter sterilen Bedingungen ins Auge gebracht, auch die Verlaufskontrollen erfolgen wie bei den VEGF-Inhibitoren. Kortikosteroide greifen über einen anderen Mechanismus als die VEGFInhibitoren in die Behandlung des Makulaödems ein. Die verfügbaren Wirkstoffe haben gemeinsam, dass sie auf einem sogenannten Medikamententräger ins Auge hineingebracht werden, von dem das Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Medikament langsam freigesetzt wird. Sie unterscheiden sich deutlich in der Anwendung. Ozurdex ist ein kürzer wirksames Medikament, dessen Wirkung circa vier Monate anhält. Abhängig vom Verlauf sind dann auch wiederholte Anwendungen erforderlich. Iluvien ist ein Medikament, das über drei Jahre wirksam ist. Der Vorteil der korticoidhaltigen Medikamente ist die seltenere Anwendung im Vergleich zu den VEGFInhibitoren. Das Risiko während der IVOM ist vergleichbar mit den VEGF-Inhibitoren. Spezielle Risiken der Kortikosteroide sind das deutlich häufigere Auftreten einer Linsentrübung (Katarakt) und die Gefahr eines erhöhten Augeninnendrucks. Aus diesem Grunde wird Ozurdex empfohlen, wenn bereits eine Katarakt-Operation erfolgt ist oder die Anwendung der VEGF-Inhibitoren nicht möglich ist oder wirkungslos bleibt. Iluvien wird nur empfohlen, wenn andere Behandlungsmaßnahmen bei einem länger bestehenden diabetischen Makulaödem nicht erfolgreich sind. Bei wiederholter Anwendung von Ozurdex, insbesondere aber bei Iluvien, muss mit der späteren Notwendigkeit einer Katarakt-Operation oder einer Glaukombehandlung bis hin zur Operation gerechnet werden. Die Behandlung mit beiden Medikamenten erfordert daher zusätzlich häufigere Augeninnendruckkontrollen. Früher wurde auch das Kortikosteroid Triamcinolon als nicht zugelassenes Medikament eingesetzt, seit der Verfügbarkeit der zuvor genannten Medikamente aber praktisch nicht mehr verwendet, da ein Vorteil oder eine Gleichwertigkeit nicht nachgewiesen wurde. Die konsequente Behandlung eines diabetischen Makulödems kann sich über Jahre erstrecken und geht aufgrund der regelmäßigen Arztbesuche mit einer deutlichen Belastung für Patienten und Angehörige einher. Daher ist es wichtig zu wissen, dass Studien gezeigt haben, dass mit regelmäßiger Kontrolle und rechtzeitiger Wiederbehandlung eine Stabilisierung und ein Erhalt der anfänglichen Sehverbesserung bei vielen Patienten über mehr als vier Jahre möglich sind. Die Behandlungsnotwendigkeit nimmt mit der Zeit ab, im Mittel müssen im ersten Behandlungsjahr acht, im zweiten Behandlungsjahr vier bis fünf und danach circa zwei bis drei Injektionen erfolgen. Die Therapietreue und die zuverlässige Einhaltung der verabredeten Termine ist deshalb für den Erhalt des Sehvermögens wesentlich. Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Es ist auch darauf hinzuweisen, dass sich das Wissen um optimale Behandlungsverfahren stetig weiterentwickelt. Ziel ist das bestmögliche Behandlungsergebnis mit der geringstmöglichen Zahl von Behandlungen. Aufgrund aktueller wissenschaftlicher Ergebnisse weichen die Empfehlungen der augenärztlichen Fachgesellschaften für eine optimale Behandlung teilweise von den ursprünglich bei der Medikamentenzulassung empfohlenen Verfahren ab. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund weiterer laufender wissenschaftlicher Studien die Behandlung des diabetischen Makukaödems kontinuierlich verbessert wird und sich damit auch Änderungen gegenüber der obigen Darstellung ergeben können. Eine Kombination der medikamentösen Therapie mit einer fokalen Laserbehandlung des Makulaödems ist in der Regel nicht sinnvoll. Eine panretinale Laserkoagulation kann zusätzlich zur Gabe von VEGFInhibitoren sinnvoll sein. 2.4.7.3. Pars-plana-Vitrektomie (PPV) Wenn es zu Blutungen in den Glaskörper oder zu einer Netzhautablösung kommt, ist in der Regel die mikrochirurgische Entfernung des Glaskörpers notwendig, die pars-plana-Vitrektomie. Bei dem Eingriff kann eine abgehobene Netzhaut wieder angelegt und gleich eine Laserkoagulation ausgeführt werden. Abhängig vom Alter und der individuellen Situation ist es sinnvoll, die PPV mit einer vorbereitenden VEGF-Inhibitoren-IVOM oder einer Katarakt-Operation zu kombinieren. 2.4.8. Kostenübernahme durch die Krankenkassen Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Die Laserbehandlung und die Pars-plana-Vitrektomie sind Leistungen sowohl der gesetzlichen als auch privaten Krankenkassen. Seit dem 1. Oktober 2014 ist die Medikamentengabe ins Augeninnere (intravitreale operative Medikamenteneingabe, IVOM) eine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse. Die Behandlung mit den zugelassenen Medikamenten Lucentis® Eylea®, Ozurdex, Iluvien erfolgt seither im Rahmen der ambulanten Versorgung über die Versicherungskarte. Der Patient erhält von seinem Augenarzt ein Rezept für das Medikament, holt es in der Apotheke und bringt es zur Injektion im Operationszentrum mit. Dabei ist zu beachten, dass die Medikamente gekühlt werden müssen (im Kühlschrank aufbewahren und in einer Kühlbox transportieren). Der Patient kann sich das Medikament auch über den Arzt im gesicherten Kühltransport beschaffen lassen. Bei der Abrechnung über die Versichertenkarte kann für die Verlaufskontrolle kann nur die Angiografie, nicht aber das für die Verlaufskontrolle empfohlene SD-OCT abgerechnet werden. Zahlreiche Krankenkassen haben Verträge über die Behandlung des diabetischen Makulaödems mit IVOM abgeschlossen, die wahlweise den Einsatz von Avastin®, Lucentis®, Eylea®, Ozurdex oder Iluvien vorsehen. Diese Verträge, die regional sehr unterschiedlich sein können, gelten zunächst weiter. Sie bieten den Vorteil, dass in der Regel die Kontrolle des Therapieerfolgs mit dem SD-OCT in den Verträgen eingeschlossen ist. Bei Abrechnung über dem EBM ist eine Kontrolle mit dem SD-OCT nicht enthalten und muss privat bezahlt werden. Voraussetzung für die Entscheidung über das verwendete Behandlungsverfahren und das eingesetzte Medikament ist eine umfassende, eindeutige und klare Patienteninformation. Nach Aufklärung des Patienten liegt es in seiner Entscheidung, welches Medikament gewählt wird. Die Behandlung mit einem bestimmten Medikament darf dem Patienten vom Arzt und der Krankenkasse nicht verweigert werden. 2.4.9. Alternative Behandlungsmethoden Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Da die Zuckerkrankheit die Blutgefäße im gesamten Körper angreift, ist eine ganzheitliche Behandlung angezeigt, bei der Hausarzt, Diabetologe und Augenarzt mitwirken. Heilpraktiker bieten mitunter Verfahren wie Akupunktur, Licht- und Magnetfeldtherapien auch zur Behandlung der diabetischen Retinopathie an. Deren Wirksamkeit ist jedoch nicht wissenschaftlich belegt. Auch für die gelegentlich empfohlene Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln – etwa mit Wirkstoffkonzentraten aus der Heidelbeere – gibt es keinen wissenschaftlichen Nachweis des Nutzens. 2.4.10. Weiterführende Informationen, Links 2.4.10.1. Informationen der Selbsthilfe: www.dbsv.org/infothek/augenerkrankungen/diabetische-retinopathie/: Informationen des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands DBSV zur diabetischen Retinopathie www.pro-retina.de: Internetseite der PRO RETINA Deutschland e.V., Selbsthilfevereinigung von Menschen mit Netzhautdegenerationen 2.4.10.2. Informationen von Augenärzten: www.augeninfo.de: Internetseite des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA) www.dog.org: Internetseite der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung http://www.dog.org/wpcontent/uploads/2013/03/Stellungnahme_DMÖ_2014_04.pdf: Stellungnahme der DOG zum diabetischen Makulaödem http://cms.augeninfo.de/fileadmin/pat_brosch/diabetes.pdf: Patientenbroschüre der DOG und BVA zur diabetischen Netzhauterkrankung www.die-ifda.de: Internetseite der Initiativgruppe Früherkennung diabetischer Augenerkrankungen (IFDA) 2.4.10.3. Weitere Informationen www.insuliner.de: Internetseite der Zeitschrift „Der Insuliner“ von Diabetikern für Diabetiker www.diabetes-journal-online.de BiDmA: Bundesinitiative Diabetiker mit Augenproblemen, Diana Droßel, E-Mail-Adresse: [email protected] www.diabetesstiftung.de: Internetseite der Deutschen DiabetesStiftung (DDS) 2.4.11. Impressum Herausgeber: Blickpunkt Auge des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes e.V. (DBSV), Rungestraße 19, 10179 Berlin, www.blickpunkt-auge.de und www.dbsv.org Autor: Prof. Dr. Ulrich Kellner, AugenZentrum Siegburg, MVZ ADTC Siegburg GmbH, Europaplatz 3, 53721 Siegburg, www.augenzentrumsiegburg.de Redaktion: Jeanette Prautzsch 2.4.12. Bildnachweis Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) E-Learningkurs Augenmedizin www.lernen.dbsv.org Beraterquallifizierung Abb. 1 und 2: DBSV Abb. 3, 4a und 4b: Prof. Dr. U. Kellner, Augenzentrum Siegburg Abb. 5: Berufsverband der Augenärzte Deutschlands, Pressefotos 018 2.4.13. Test zum Thema Diabetische Retinopathie Hier finden Sie den Test zum Thema Diabetische Retinopathie: http://lernen.comeniuseveil.eu/mods/_standard/tests/test_intro.php?tid=29 3. Zertifikat Sie können jede Kursaufgabe mehrmals wiederholen, bis sie richtig gelöst ist. Bei den Tests werden Sie direkt eine automatische Rückmeldung mit Ihren Ergebnissen bekommen. Die offenen Fragen werden von der Kursleitung bewertet. Wenn Sie alle Aufgaben richtig absolviert haben, können Sie eine Kursbescheinigung vom DBSV erhalten. Viel Erfolg! 4. Impressum Herausgeber: Blickpunkt Auge des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes e.V. (DBSV), Rungestraße 19, 10179 Berlin, www.blickpunkt-auge.de und www.dbsv.org Autor: Prof. Dr. Ulrich Kellner, AugenZentrum Siegburg, MVZ ADTC Siegburg GmbH, Europaplatz 3, 53721 Siegburg, www.augenzentrumsiegburg.de Redaktion: Jeanette Prautzsch