.. UNIVERSIT AT BONN Physikalisches Institut Studie zum Entdeckungspotential im Prozess Higgs → W W → lνlν mit dem ATLAS-Experiment unter Berücksichtigung des W+Jets-Untergrundes von Malte Rast One of the main goals of the ATLAS experiment at the LHC is the discovery of a Higgs boson. The decay channel H → W W → lνlν yields the highest discovery potential for the SM Higgs boson in the mass region mH = 130 − 180 GeV. The production of W bosons with additional jets can lead to dilepton final states, that can be mistaken as a Higgs signal, either by leptonic decays of hadrons or misidentifications in addition to the leptonic W decay. Up to now, this background has only been modeled in fast simulation or neglected completely. A full detector simulation is crucial, since the main criterion for suppression of W+jets events is lepton isolation, which is not described sufficiently in the fast simulation. In this study, cut selections for the discovery of a Higgs boson produced via gluon fusion (GF) and vector boson fusion (VBF) in the decay channel H → W W → lνlν are performed and the discovery potential is updated. Results: The VBF channel is protected against W+jets by the forward jets signature. In the GF channel, it is shown that a strong lepton isolation criterion can disentangle W+jets from signal and other backgrounds, which is important for methods of background normalization and the reduction of systematic uncertainties. Post address: Nussallee 12 53115 Bonn Germany BONN-IB-2007-09 Bonn University November 2007 .. UNIVERSIT AT BONN Physikalisches Institut Studie zum Entdeckungspotential im Prozess Higgs → W W → lνlν mit dem ATLAS-Experiment unter Berücksichtigung des W+Jets-Untergrundes von Malte Rast Dieser Forschungsbericht wurde als Diplomarbeit von der Mathematisch - Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn angenommen. Angenommen am: Referent: Korreferent: 31. Oktober 2007 Prof. Dr. N. Wermes Prof. Dr. I. Brock Inhaltsverzeichnis 1 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 2 Grundlagen 4 3 Der LHC und das ATLAS-Experiment 10 3.1 Der Large Hadron Collider (LHC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.2 Der ATLAS-Detektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 4 Higgs-Boson-Suche im Kanal H → W W → lνlν 4.1 Signatur des Produktionsprozesses . . . . . . . . . . 4.1.1 Gluon-Fusion (GF) . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Vektor-Boson-Fusion (VBF) . . . . . . . . . 4.2 Signatur der Zerfalls-Produkte . . . . . . . . . . . . 4.3 Untergrundprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 15 15 15 16 17 5 Monte-Carlo-Generierung, Detektor-Simulation und Ereignis-Rekonstruktion 5.1 Verwendete Monte-Carlo-Generatoren . . . . . . 5.2 Ereignisrekonstruktion . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Jet-Rekonstruktion . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Myon-Identifikation . . . . . . . . . . . 5.2.3 Elektron-Identifikation . . . . . . . . . . 5.2.4 Lepton-Isolation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 23 24 24 24 24 26 . . . . . . . . . . . . 6 W-Produktion mit zusätzlichen Jets im Endzustand 28 + − 6.1 W W -Asymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 6.2 W+Jets als Untergrund zu dileptonischen Endzuständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 6.2.1 Vorselektion von W+Jets-Ereignissen auf Generatorniveau . . . . . . . . . . . . 31 6.2.2 Untersuchung von Leptonisolation und Stoßparameter-Signifikanz in voll simulierten W+Jets-Ereignissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 7 Die Schnittanalyse 43 7.1 Schnittanalyse Gluon-Fusion H → W W → lνlν . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 7.2 Schnittanalyse Vektor-Boson-Fusion H → W W → lνlν . . . . . . . . . . . . . . . 62 8 Multivariate Analysemethoden zur Verbesserung der Signifikanz 71 8.1 Die Likelihood-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 8.2 Anwendung der Likelihood-Methode in Vektor-Boson-Fusion . . . . . . . . . . . . . . 71 9 Zusammenfassung und Ausblick 75 A Leptonische Zerfälle langlebiger Hadronen 76 B bb-Produktion als Untergrund zur Higgs-Suche im Kanal Gluon-Fusion H → W W → lνlν 78 2 1 Einleitung 1 Einleitung Das Standardmodell der Teilchenphysik beschreibt die elementaren Bausteine der Materie und deren Wechselwirkungen. Es wurde in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelt und hat seitdem immer wieder seine Vorhersagekraft unter Beweis gestellt. Beispielsweise wurde das Top-Quark lange vor seiner Entdeckung vorhergesagt. 1994 war es sogar möglich auf Basis präziser Messungen von Standardmodell-Parametern die Top-Quark-Masse auf 145 < mtop < 185 GeV einzuschränken. Nach seiner Entdeckung 1995 am Fermilab durch die Experimente D0 und CDF hat man die Masse des TopQuarks mittlerweile zu (170,9 ± 1,9) GeV bestimmt. Nach dem Nachweis des Tau-Neutrinos 2000 am Experiment DONUT enthält das Standardmodell nur noch ein Teilchen, das bis jetzt noch nicht experimentell beobachtet wurde - das Higgs-Boson. Es nimmt eine besondere Rolle im Standardmodell ein, da es zur Erklärung der Massen der anderen Elementarteilchen postuliert wurde. Seine Masse ist ein freier Parameter, der nur durch bisherige Suchen und theoretische Argumente in Verbindung mit Präzsisionsmessungen von Standardmodell-Parametern eingegrenzt werden kann. In Theorien, die über das Standardmodell hinausgehen, wie beispielsweise der Minimalen Supersymmetrischen Erweiterung des Standardmodells (MSSM) ist der Higgs-Sektor vielfältiger und enthält mehrere Higgs-Bosonen. Der Large Hadron Collider (LHC), der sich zur Zeit am CERN1 in der Fertigstellung befindet, wird die Untersuchung von Proton-Proton-Kollisionen bei einer Schwerpunktsenergie von 14 TeV ermöglichen. Studien haben gezeigt, dass damit ein Higgs-Boson, wie es im Standardmodell vorhergesagt wird, oder mindestens eins der Higgs-Bosonen des MSSM nachgewiesen werden kann. Allerdings wird der LHC keine Higgs-Bosonen-Fabrik sein. Man erwartet nur in etwa jeder 1010 ten inelastischen Wechselwirkung ein Higgs-Boson. Das Higgs-Boson zerfällt sofort nach seiner Produktion wieder, dabei hängt der bevorzugte Zerfallskanal von seiner Masse ab. Zur Selektion der Higgs-Boson-Ereignisse im gesamten erlaubten Massenbereich wurden verschiedene Strategien entwickelt, die die Signatur von Produktion und Zerfall des Higgs-Bosons nutzen. Dabei ist es von großer Bedeutung sowohl alle anderen Prozesse, die eine ähnliche Signatur haben, als auch das Antwortverhalten des Detektors genau zu kennen. In den bisherigen Analysen der ATLAS-Kollaboration im Zerfall H → W W → lνlν wurde der Untergrund aus der Produktion von W-Bosonen in Assoziation mit zusätzlichen Jets (W+Jets) vernachlässigt oder nur in schneller Detektorsimulation behandelt. Eine Untersuchung in vollständiger Detektorsimulation ist aber unerlässlich, da das wichtigste Merkmal zur Erkennung und Unterdrückung von W+JetsEreignissen, die Lepton-Isolation, nur in vollständiger Detektorsimulation realistisch beschrieben wird. Der große Wirkungsquerschnitt von W+Jets und die CPU-intensive vollständige Detektorsimulation erfordern effiziente Methoden zur Auswahl relevanter Ereignisse. Genau darin besteht die Schwierigkeit in der Untersuchung von W+Jets und das ist die Haupt-Problemstellung dieser Arbeit. Die vorliegende Arbeit gliedert sich wie folgt: Zunächst werden einige Grundlagen der Higgs-Physik im Hinblick auf die Suche am LHC dargelegt. Darauf folgt eine kurze Beschreibung des LHC und des ATLAS-Experimentes. In Kapitel 4 werden die zu untersuchenden Signalprozesse Gluon-Fusion und Vektor-Boson-Fusion H → W W → lνlν und ihre Signatur erläutert. Diese Studie basiert auf Monte-Carlo-Ereignissen, die fast ausschließlich im Rahmen dieser Arbeit erstellt wurden. Die Generierung und Rekonstruktion dieser Ereignisse wird in Kapitel 5 beschrieben. Den Hauptteil der Arbeit bilden die Kapitel 6-8. Hier wird zunächst eine Unterscheidung und Einschätzung unterschiedlicher Ereignisklassen im W+Jets-Untergrund vorgenommen. Es wird eine Methode entwickelt, um für die wichtigste Ereignisklasse Monte-Carlo-Datensätze in vollständiger Detektorsimulation mit hinreichender statistischer Aussagekraft zu erstellen, die relevant für die Analysen in H → W W → lνlν sind. Die darauf folgende Schnitt-Analyse wird unter Berücksichtigung aller relevanten Untergrundpro1 Conseil Europeén pour la Recherche Nucléaire 3 zesse inklusive W+Jets durchgeführt und schließt mit einer Aktualisierung des Entdeckungspotentials gegenüber früheren Analysen. Zusätzlich werden die Möglichkeiten einer weiteren Unterdrückung von W+Jets-Ereignissen durch Lepton-Isolation ausgelotet. Als Alternative zur Schnitt-Selektion wird in der Vektor-Boson-Fusions-Analyse eine Likelihood-Methode angewandt und mit der Standard-Analyse verglichen. Die Zusammenfassung mit einem Ausblick auf weiterführende Forschungs-Themen bilden den Abschluss der Arbeit. 4 2 Grundlagen 2 Grundlagen Im Folgenden werden einige Probleme eines Standardmodells ohne Higgs-Felder umrissen und dann die spontane Brechung der Eichsymmetrie U (1)Y × SU (2)IW nach U (1)Q und der Higgs-KibbleMechanismus skizziert. Ausführlichere Darstellungen finden sich beispielsweise in [1, 2, 3, 4]. Desweiteren werden theoretische und experimentelle Grenzen auf die Higgs-Masse angegeben und schließlich die Mechanismen zu Higgs-Boson-Produktion und -Zerfall am LHC und das Entdeckungspotential mit dem ATLAS-Detektor dargestellt. Elektroschwache Symmetriebrechung und Higgs-Mechanismus Das Standardmodell ohne Higgs-Boson hat keine Erklärung für die Massen der Teilchen, insbesondere die Massen der mit etwa 80 und 90 GeV sehr schweren Eichbosonen W und Z. Die Forderung nach lokaler Eichinvarianz einer Theorie führt natürlicherweise zu den Feldern der Eichbosonen, welche die fundamentalen Kräfte vermitteln. Gleichzeitig verbietet sie aber auch die “ad hoc“-Einführung von Massentermen. Die Lagrangedichte des elektromagnetischen Feldes 1 Lem = − (∂µ Aν − ∂ν Aµ ) (∂ µ Aν − ∂ ν Aµ ) 4 (1) ist invariant unter der lokalen Eichtransformation Aµ (x) → Aµ (x) − ∂µ χ(x), die Lagrangedichte eines massiven Vektorfeldes 1 2 µ 1 W Wµ LmV = − (∂µ Wν − ∂ν Wµ ) (∂ µ W ν − ∂ ν W µ ) + MW 4 2 (2) ist dagegen nicht invariant unter Wµ (x) → Wµ (x) − ∂µ χ(x). Ohne diese Eichsymmetrie ist die Theorie nicht mehr renormierbar, d.h. sie ist nicht mehr durch eine endliche Zahl von Parametern beschreibbar, und verliert somit ihre Vorhersagekraft. Ein weiteres Beispiel für ein Problem des Standardmodells ohne Higgs-Boson ist die Streuung von WBosonen. Die Amplitude der s-Wellen-Streuung verletzt ab einer Schwerpunktsenergie von etwa 1,2 TeV die Unitarität, also die Wahrscheinlichkeitserhaltung. Die Einführung eines skalaren Bosons, das an die W-Bosonen proportional zu deren Masse koppelt (gHW W ∝ MW ), führt auf weitere Beiträge zur W-Paar-Streuung und erhält so die Unitarität. Ähnliche Überlegungen für die Fermionen des Standardmodells führen auf entsprechende Kopplungen gHf f ∝ mf . Die kleinste Darstellung eines solchen skalaren Higgs-Feldes, mit dem sich das bekannte Teilchenspektrum beschreiben lässt, ist ein komplexes Isospindublett 1 Φ3 + iΦ4 Φ= mit schwacher Hyperladung Y = 1 und Isospin IW = (3) Φ1 + iΦ2 2 mit vier reellen Parametern Φi . Die dazugehörige Lagrangedichte hat die Form LHiggs = (Dµ Φ)† (Dµ Φ) − V (Φ) 2 † † V (Φ) = µ Φ Φ + λ(Φ Φ) 2 (4) λ>0 (5) mit der kovarianten Ableitung 1 ~ µ − 1 ig ′ Y Bµ )Φ . Dµ Φ = (∂µ − ig~σ W 2 2 (6) Die Eichbosonen der elektroschwachen Wechselwirkung werden hier durch ein masseloses Isotriplett ~ µ zu SU (2)I und ein masseloses Isosingulett Bµ zu U (1)Y beschrieben. W W Für µ2 <0 hat das Potential V beliebig viele gleichberechtigte Minima 6= 0. Durch die Auswahl eines 5 solchen Minimums als Grundzustand wird die Symmetrie des Systems spontan gebrochen. Eine Wahl, 3 + Y /2)Φ = 0) führt, ist die zu einem elektrisch neutralen Vakuum (QΦ0 = (IW 0 1 0 √ Φ0 = , (7) v 2 wobei der Valkuumerwartungswert aus der Messung der Fermi-Konstanten zu v = 246 GeV bestimmt werden kann. Das physikalische Spektrum des Higgs-Feldes kann man durch Oszillationen ! 0 (8) Φ(x) = exp(i~ ρ(x)σ) v+H(x) √ 2 um den Grundzustand < Φ0 > beschreiben. Für jeden gebrochenen Generator einer Symmetrie erhält man ein masseloses Goldstone-Boson. Hier sind das die drei Komponenten von ρ ~ aus der Brechung U (1)Y ×SU (2)IW nach U (1)Q . Diese drei Freiheitsgrade werden nicht als Teilchen beobachtet, sondern über die Wahl der unitären Eichung in die Longitudinalkomponenten der W und Z-Bosonen überführt, die dadurch ihre Masse erhalten. Dies ist der Higgs-Kibble-Mechanismus. Einsetzen in die Lagrangedichte ergibt: LHiggs = (∂µ H)(∂ µ H) − µ2 H 2 (9) 2 2 2 2 1 g (v + H) 1 g (v + H) + · |Zµ |2 (10) |Wµ+ |2 + |Wµ− |2 + · 2 4 2 4cos2 θW Die Masseneigenzustände der beobachteten schweren Bosonen Wµ± und Zµ und dem masselosen Photon ~ µ und Bµ , Aµ ergeben sich aus der Mischung der Vektorfelder W r 1 ± Wµ = Wµ1 ∓ iWµ2 (11) 2 Aµ = Bµ cosθW + Wµ3 sinθW (12) Zµ = −Bµ sinθW + Wµ3 cosθW (13) mit dem schwachen Mischungswinkel θW (sinθW ≈ 0,231). Jetzt kann man Yukawa-Wechselwirkungsterme für die Kopplungen des Higgs-Feldes an die Fermionen in die Lagrangedichte schreiben. i h (14) LY ukawa = −gf R(Φ† L) + (LΦ)R Sowohl für die W- und Z-Bosonen, als auch für die Fermionen führen die Wechselwirkungsterme durch den nicht verschwindenden Vakuumerwartungswert des Higgs-Feldes auf Massenterme, die die Eichsymmetrie erhalten. Der Propagator eines massebehafteten Teilchens setzt sich zusammen aus dem freien Propagator 1/q 2 und der Summe über j = 1..∞ aller Propagatoren mit j Wechselwirkungen mit dem Higgs-Hintergrundfeld Φ0 (siehe Gl. 15,16). Setzt man den Wert dieser konvergenten geometrischen Reihe mit der Form des massebehafteten Propagators 1/(q 2 − M 2 ) gleich, erhält man einen linearen Zusammenhang zwischen den Massen M , mf der Teilchen und ihren Kopplungen g, gf an das Higgs-Feld. Der einzige unbekannte Parameter ist die Higgs-Boson-Masse mH oder äquivalent dazu die quartische Higgs-Selbstkopplung λ = m2H /(2v 2 ). 6 2 Grundlagen X 1 1 1 → 2+ 2 q q q2 j " gv √ 2 2 1 q2 #j = q2 1 1 X 1 gf v 1 j 1 √ → + = q q q q − mf 2 q j 1 − M2 =⇒ =⇒ v M = g√ 2 v mf = gf √ 2 (15) (16) Abbildung 1: Veranschaulichung der Massengenerierung durch Kopplung an das Higgs-Hintergrundfeld in Formeln und diagrammatisch. Oben: W- bzw. Z-Eichboson-Propagator Unten: Fermionpropagator Theoretische und experimentelle Grenzen auf die Higgs-Boson-Masse Wie im letzten Abschnitt erwähnt, ermöglicht die Existenz eines Higgs-Bosons die Erhaltung der Unitarität in der W-Paarstreuung. Dies gilt allerdings nur, wenn die Higgs-Boson-Masse etwa 1 TeV nicht übersteigt. Eine Untergrenze auf die Higgs-Boson-Masse ergibt sich aus der Forderung nach einem stabilen Vakuum, d.h. dass die quartische Selbstkopplung λ(Q2 ) bis zu einer bestimmten Skala Q = Λ positiv bleibt, das Higgs-Potential also ein stabiles Minimum hat. Je größer die Higgs-Masse ist, desto schneller steigt λ mit der Energieskala und erreicht den sogenannten Landau-Pol. Verlangt man die Gültigkeit des Standardmodells, also Vakuumstabilität und keinen Landau-Pol bis zur Planck-Skala von Λ ≈ 1019 GeV, muss die Higgs-Masse etwa im Bereich 130 < mH < 190 GeV liegen (siehe Abb. 2). Abbildung 2: Grenzen auf die Higgs-Masse in Abhängigkeit von der Skala, bis zu der das SM gültig sein soll [3]. 7 Eine experimentelle Untergrenze auf die Higgs-Boson-Masse haben die direkten Suchen der vier Experimente Aleph, Delphi, L3 und Opal bei LEP2 geliefert. Dieser Elektron-Positron-Speicherring wurde von 1989 bis 2000 betrieben und hat mit einer maximalen Schwerpunktsenergie von 209 GeV eine Standardmodell-Higgs-Masse von weniger als 114,4 GeV mit 95% Vertrauensniveau ausgeschlossen. Desweiteren kombiniert die “LEP Elektroweak Working Group“ [5] elektroschwache Observablen, die an den LEP-Experimenten gemessen wurden, mit Ergebnissen anderer Experimente, wie D0, CDF, NuTeV und SLD. Die ∆χ2 -Verteilung einer Anpassung der Standardmodellparameter an diese Daten in Abhängigkeit der Higgsmasse ist in Abb. 3 dargestellt. Der von dieser Anpassung favorisierte Wert liegt mit 76 GeV deutlich unterhalb der Ausschlussgrenze. Das Standardmodell bevorzugt also ein leichtes Higgs-Boson. Unter Berücksichtigung der Ausschlussgrenze und theoretischer und experimenteller Unsicherheiten kann man ein SM-Higgs-Boson mit einer Masse von über 182 GeV mit 95% Vertrauensniveau ausschließen. Abbildung 3: ∆χ2 der Anpassung von Standardmodellparametern an Daten in Abhängigkeit der HiggsMasse [5]. Higgs-Boson-Produktion, -Zerfall und Entdeckungspotential am LHC In vorhergehenden Studien der ATLAS-Kollaboration [6, 8, 9] wurde gezeigt, dass das ATLAS-Experiment mit einer Datenmenge, die einer integrierten Luminosität von 30 fb−1 entspricht, in der Lage ist, ein Standardmodell-Higgs-Boson im gesamten nicht ausgeschlossenen Massenbereich nachzuweisen (Abb. 4). Von Nachweis oder Entdeckung spricht man, wenn die Signalsigifikanz 5σ erreicht, d.h. in einem Zählexperiment ein Überschuss an Ereignissen gefunden wurde, der mindestens fünfmal so groß ist, wie die Unsicherheit auf die erwartete Anzahl der Untergrundereignisse3 . Da die Higgs-Kopplung an ein Teilchen proportional zu dessen Masse ist, wird der Zerfall H → W W im Bereich mH ≈ 2 × mW , wo das Higgs in zwei W-Bosonen auf deren Massenschale zerfallen kann, dominant (Abb. 5). Schon ab mH > 130 GeV trägt der Zerfallskanal H → W W mit einem virtuellen W maßgeblich zum Entdeckungspotential bei und ist für mH ≈ 170 GeV die einzige signifikante Nachweismöglichkeit. Dabei bietet der dileptonische Zerfallskanal trotz des geringen Verzweigungsverhältnisses von BR(W → lν) = 10,8%, P bzw. l=e,µ BR(W W → lνlν) = 4,5%, die besten Möglichkeiten zur Trennung des Signals vom Untergrund. Die Mechanismen zur Higgs-Produktion mit dem größten Wirkungsquerschnitt (Abb. 6) sind 2 3 Large Electron-Positron Collider Die Wahrscheinlichkeit einer Fluktuation des Untergrundes um > 5σ ist 3 · 10−7 8 2 Grundlagen die Gluon-Fusion und die Vektor-Boson-Fusion (Abb. 7). Dabei bietet die Vektor-Boson-Fusion durch die Produktion zusätzlicher Jets im Vorwärts- und Rückwärtsbereich des Detektors eine klarere Signatur. Dadurch ergibt sich trotz des kleineren Wirkungsquerschnittes ein höheres Entdeckungspotential für die Zerfallskanäle H → τ τ und H → W W . Abbildung 4: Entdeckungspotential für ein Standardmodell-Higgs-Boson bei einer integrierten Luminosität von 30 fb−1 , entnommen aus [9]. 9 Abbildung 5: Verzweigungsverhältnisse des Standardmodell-Higgs-Zerfalls in Abhängigkeit von der HiggsBoson-Masse, entnommen aus [10]. Abbildung 6: Wirkungsquerschnitte der verschiedenen SM-Higgs-Boson-Produktionsprozesse am LHC bei einer Schwerpunktsenergie von 14 TeV [11]. Die Vektor-Boson-Fusion qq → qqH ist bis zur nächstführenden Ordnung (NLO, engl.: Next-to-Leading Order) in der QCD-Entwicklung (Quantenchromodynamik, Eichtheorie der starken Wechselwirkung) berechnet worden, die Gluon-Fusion gg → H noch eine weitere Ordnung genauer (NNLO, engl.: Next-to-Next-to-Leading Order). Abbildung 7: Beispiel-Feynman-Graphen für Higgs-Boson-Produktion in Gluon-Fusion (GF, links) und Vektor-Boson-Fusion (VBF, rechts). 10 3 Der LHC und das ATLAS-Experiment 3 Der LHC und das ATLAS-Experiment 3.1 Der Large Hadron Collider (LHC) Der Large Hadron Collider ist ein Proton-Proton-Collider mit einer Schwerpunktsenergie von 14 TeV und einer geplanten Luminosität von 1034 cm−2 s−1 . Die Protonen-Pakete haben einen Abstand von 25 ns. Man erwartet bei jeder Kollision im Mittel etwa 23 Proton-Proton-Wechselwirkungen. Der LHC wird voraussichtlich im Mai 2008 in Betrieb genommen. Er soll in einer dreijährigen Anfangsphase mit einer niedrigeren Luminosität von 1033 cm−2 s−1 betrieben werden, mit nur etwa 2-3 Wechselwirkungen pro Kollision. Einige wichtige Begriffe, die später immer wieder aufgegriffen werden, sind: • Harter Prozess Parton-Parton-Wechselwirkung mit dem höchsten Impuls transversal zur Strahlachse in einer Proton-Proton-Kollision. • Unterliegendes Ereignis (UE) Wechselwirkung zwischen anderen Partonen im gleichen Proton-Proton-Paar wie das harte Ereignis. • Minimum-Bias-Ereignisse Inelastische Wechselwirkungen zwischen weiteren Proton-Proton-Paaren. • Pile-Up Da der zeitliche Abstand zwischen den Kollisionen geringer als die Auslesezeit des Kalorimeters ist, wird das Signal des betrachteten harten Prozesses nicht nur von Minimum-Bias-Ereignissen der gleichen Kollision, sondern auch der Kollisionen davor und danach überlagert. In der MonteCarlo-Produktion (siehe Abschnitt 5) wird die Überlagerung der sogenannten “hits“, also Treffer im inneren Detektor und Energieeinträge im Kalorimeter, vom hartem Prozess (inklusive UE) mit “hits“ aus separat generierten Minimum-Bias-Ereignissen von -36 bis +32 Kollisionen relativ zur betrachteten Kollision als “Pile-Up“ bezeichnet. 3.2 Der ATLAS-Detektor Abbildung 8 zeigt den ATLAS-Detektor mit seinen wichtigsten Komponenten. Ich beschränke mich hier auf eine Einführung in die Beschreibung von Spur-Objekten bzw. geladenen Teilchen relativ zur Detektor-Geometrie und gehe etwas genauer auf den inneren Detektor zum Nachweis von geladenen Spuren und das Kalorimeter zur Energiemessung aller wechselwirkenden Teilchen ein. Darstellung und angegebene Größen sind [6] entnommen. Koordinatensystem und wichtige Größen Die Strahlrichtung definiert die z-Achse, die x-y-Ebene steht senkrecht zum Strahl. Dabei zeigt die xAchse vom Wechselwirkungspunkt zur Mitte des LHC-Speicherrings und die y-Achse nach oben. Der Azimuth-Winkel φ wird um die Strahlachse herum gemessen und der Polar-Winkel θ gegen die Strahlachse. Die Pseudorapidität ist definiert als η = −ln tan (θ/2) und ist eine gute Näherung4 für die Rapidität L y = 12 ln E+p E−pL . Bei den bei Hadron-Collidern üblichen Energien kann man die Partonen innerhalb des Protons, also Quarks und Gluonen, als quasi-frei betrachten. Die Wechselwirkungen finden zwischen diesen Partonen statt, deren Anteil x am Impuls des Protons im Einzelfall unbekannt ist. Somit ist auch der Lorentz-Boost des Parton-Parton-Schwerpunktsystems in z-Richtung unbekannt. Die Rapidität ist 4 in dem hier normalerweise gegebenen Fall E >> m0 3.2 Der ATLAS-Detektor 11 Abbildung 8: Der ATLAS-Detektor. bei Hadron-Collidern eine nützliche Größe, da Abstände ∆y Lorentz-invariant und damit unabhängig vom Lorentz-Boost in z-Richtung sind. Desweiteren ist der η-φ-Parameter-Raum des Detektors gleichmäßig mit p Jets aus QCD-Wechselwirkungen belegt. Abstände in diesem Parameter-Raum werden mit ∆R = (∆η)2 + (∆φ)2 angegeben. p Statt des Teilchenimpulses p wird oft dessen Anteil transversal zur Strahlachse pT = (px )2 + (py )2 verwendet, ebenfalls wegen des unbekannten Lorentz-Boosts in z-Richtung. Die in einer Wechselwirkung produzierten Teilchen sind pT -balanciert, d.h. die vektorielle pT -Summe aller Teilchen ist Null. Bei einem Detektor, der den gesamten Raumwinkelbereich abdeckt, ist es somit möglich, den in dieser Bilanz fehlenden transversalen Impuls pmiss auf nicht wechselwirkende Teilchen, wie z.B. Neutrinos T zurückzuführen. X p~Tmiss = − p~Ti über alle nachgewiesenen Teilchen i (17) i Die Flugbahn eines geladenen Teilchens in einem homogenen Magnetfeld lässt sich durch eine Helix mit den folgenden fünf Parametern beschreiben. • 1/pT p Reziproke des Impulses transversal zur Strahlachse, wobei pT = (px )2 + (py )2 . • φ Azimuth-Winkel am sogenannten "point of closest approach", also dem Punkt mit dem geringsten Abstand in der transversalen Ebene zwischen Helix und Strahlachse, wobei tan(φ) = py /px . • d0 Transversaler Stoßparameter, definiert als transversaler Abstand zur Strahlachse am "point of closest approach"; das Vorzeichen wird entsprechend folgender Konvention gewählt: Sei φ0 der Azimuth-Winkel zum "point of closest approach", dann ist d0 positiv, wenn φ0 − φ = π2 + n · 2 · π mit n ∈ Z0 [7]. 12 3 Der LHC und das ATLAS-Experiment • cot(θ) Kotangens des Polarwinkels, wobei cot(θ) = pz /pT . • z0 Longitudinaler Stoßparameter, definiert als z-Komponente des "point of closest approach". Der Stoßparameter kann dazu verwendet werden, zu entscheiden, ob das Teilchen direkt vom Primäroder einem Sekundär-Vertex vom Zerfall eines anderen Teilchens stammt. Diese Information wird beispielsweise in der Identifikation von Teilchenbündeln (Jets) aus der Hadronisierung von Bottom-Quarks genutzt, da B-Hadronen durchschnittlich noch einige Millimeter im Detektor zurücklegen, bevor sie zerfallen. Spur- und Vertexrekonstruktion im inneren Detektor Der innere Detektor (siehe Abb. 9) befindet sich in einem 2T Solenoid-Magnetfeld. Über die Krümmung der geladenen Spur lässt sich dadurch der Impuls eines Teilchens bestimmen. Für eine möglichst exakte Bestimmung von Sekundär-Vertizes ist es notwendig, Spurpunkte mit hoher Auflösung nah an der Strahlachse zu messen. Diese Aufgabe übernimmt der Silizium-Pixel-Detektor mit seinen drei Lagen im Zentralbereich mit 50,5 mm, 88,5 mm und 122,5 mm Abstand zur Strahlachse und je drei Scheiben im Vorwärts- und Rückwärtsbereich. Darauf folgt der Silizium-Streifen-Detektor (SCT) mit vier Lagen und je neun Scheiben. Diese sind auf beiden Seiten mit leicht gegeneinander verkippten Streifendetektoren belegt, die so auch die Messung der z-Position ermöglichen. Die Pixel- und Streifen-Sensoren funktionieren nach dem Prinzip einer in Sperr-Richtung geschalteten Diode. Geladene Teilchen erzeugen auf ihrer Bahn durch den depletierten Bereich Elektronen-Loch-Paare. Diese beweglichen Ladungsträger werden durch ein elektrisches Feld gesammelt und ausgelesen. Die letzte und äußerste Komponente des inneren Detektors ist der Übergangsstrahlungsdetektor (TRT) mit 50000 sogenannten “Straw Tubes“ im Zentral- und 320000 im Vorwärts- und Rückwärtsbereich. Vereinfacht handelt es sich bei einer Straw Tube um ein 4 mm dünnes Proportional-Zählrohr. Die Kombination aus wenigen sehr genau bekannten Spurpunkten der Halbleiterdetektoren und den vielen Spurpunkten mit etwas schlechterer Auflösung im TRT sind ein guter Ausgangspunkt für eine stabile Spuranpassung. Laut [6] erreicht der innere Detektor folgende Auflösung für Transversalimpuls und transversalen Stoßparameter in Abhängigkeit von pT (in GeV): 1 13 √ σ (TeV−1 ) (18) ≈ 0,36 ⊕ pT pT sinθ 73 √ σ (d0 ) ≈ 11 ⊕ (µm) (19) pT sinθ Der TRT kann außerdem zur Teilchenidentifikation beitragen. Die Übergangsstrahlung, die erzeugt wird, wenn ein geladenes Teilchen in die zwischen den Straw Tubes liegende Folie eintritt, trägt ebenfalls zur Ionisation des Gases in den Straw Tubes bei. Ein Elektron verliert bei gleichem Impuls mehr Energie durch Übergangsstrahlung als ein Pion aufgrund des höheren Lorentz-Faktors γ = E/m. Die in den Straw Tubes durch Ionisations-Kaskaden verstärkte Ladung ist nährungsweise proportional zur primär erzeugten Ionisationsladung. So lässt sich durch einen Schnitt auf die Anzahl der sogenannten “HighThreshold-Hits“, also TRT-Signale über einer bestimmten Pulshöhe, bei einer Elektronen-Akzeptanz von 90% eine Pion-Unterdrückung von etwa 100 erreichen (d.h. eine Pion-Akzeptanz von ca. 1%). Kalorimetrie zur Messung von Teilchenenergien Das Kalorimeter-System des ATLAS-Detektors (Abb. 10) ist ein sogenanntes “Sampling - Kalorimeter“, in dem sich Schichten aus aktiven Materialen zum Teilchennachweis mit passiven Absorbern für 3.2 Der ATLAS-Detektor 13 Abbildung 9: Quadrant des Detektors mit Halbleiterdetektoren, TRT und elektromagnetischem Kalorimeter. die Schauerbildung abwechseln. Das elektromagnetische Kalorimeter (ECal, Abb. 11) besteht aus akkordeonartig angeordneten Kaptonelektroden, flüssigem Argon als aktivem und Blei als passivem Material. Die Akkordeon-Struktur ermöglicht eine komplette φ-Symmetrie und schnelle elektronische Auslese. Für Elektronen und Photonen wird eine Energieauflösung von σ E E 10% ≈p E/GeV (20) √ erwartet. Die Abhängigkeit σE ∝ E ergibt sich daraus, dass die Entwicklung von Schauern im Kalorimeter ein statistischer Prozess ist. Die Anzahl der produzierten Teilchen N ist proportional zur Primärenergie. Für große N lässt sich also die statistische Schwankung in der Nachweiswahrscheinlichkeit √ √ mit N und damit die Energieauflösung mit E beschreiben. Das hadronische Kalorimeter (HCal) besteht im Zentralbereich bis |η| < 1,7 aus Platten von Plastik-Szintillatoren (sogenannten Tiles) und Bleiabsorbern. Für das hadronische Endkappenkalorimeter (1,5 < |η| < 3,2) und das Vorwärtskalorimeter (3,1 < |η| < 4,9) wurde aufgrund der höheren Strahlenhärte flüssiges Argon verwendet. Die Energieauflösung für Jets wird voraussichtlich bei σ E E 50% ≈p ⊕ 3% E/GeV (21) liegen. Bei niedriger Luminosität erwartet man für den fehlenden transversalen Impuls das folgende Auflösungsvermögen: qX ET /GeV (GeV) (22) ≈ 0,46 · σ pmiss x,y P Dabei ist ET die Summe über die transversalen Energien aller Kalorimeterzellen. 14 3 Der LHC und das ATLAS-Experiment Abbildung 10: Die ATLAS-Kalorimeter. Abbildung 11: Ausschnitt aus dem elektromagnetischen Kalorimeter im Zentralbereich. Die drei “Samplings“ werden auch als Lagen des Kalorimeters bezeichnet. 15 4 Higgs-Boson-Suche im Kanal H → W W → lνlν 4.1 Signatur des Produktionsprozesses 4.1.1 Gluon-Fusion (GF) Die Gluon-Fusion (Abb. 12) ist der Produktionsprozess mit dem größten Wirkungsquerschnitt. Da das Higgs-Boson nicht direkt an masselose Teilchen koppelt, erfolgt die Produktion über eine Quarkschleife. Dabei ist die Top-Quark-Schleife der dominante Beitrag, da die Higgs-Top-Kopplung gHtt aufgrund der großen Top-Masse besonders stark ist. Die beiden Gluonen und damit das Higgs-Boson haben meist wenig pT , das von anderen Partonen kompensiert werden müsste. Daher wird außer den Zerfallsprodukten des Higgs-Bosons kaum Aktivität im Detektor erwartet. Dies wird im Zerfall H → W W → lνlν durch ein Veto gegen Jets ausgenutzt. Dabei ist zu bedenken, dass es abgesehen vom Signalprozess noch weitere Quellen für Jets wie UE und Minimum-Bias-Ereignisse gibt. Desweiteren kann Pile-Up die Jet-Energie-Messung verfälschen bzw erschweren (siehe Abschnitt 3.1). Abbildung 12: Beispiel-Feynman-Graph für Higgs-Boson-Produktion in Gluon-Fusion. 4.1.2 Vektor-Boson-Fusion (VBF) Obwohl die Vektor-Boson-Fusion (Abb. 13) einen kleineren Wirkungsquerschnitt hat als die GluonFusion, bietet dieser Prozess doch das größere Entdeckungspotential, da die Jet-Signatur eine bessere Signal-Untergrund-Trennung ermöglicht [9]. Die beiden eingehenden Partonen strahlen jeweils ein schweres Vektor-Boson (W,Z) ab und erhalten so ausreichend pT um im Vorwärtsbereich des Detektors nachgewiesen zu werden. Die Jets dieser beiden Partonen werden Tagging-Jets5 genannt. Die beiden Woder Z-Bosonen fusionieren zu einem Higgs-Boson. Da zwischen den Partonen im harten Prozess keine Farbladung ausgetauscht wird, erwartet man im Bereich zwischen den beiden Jets nur geringe Aktivität, abgesehen von den Zerfallsprodukten des Higgs-Bosons. Diesen Umstand nutzt das sogenannte “MiniJet-Veto“, das als Veto gegen zusätzliche Jets in einem festen zentralen η-Bereich oder zwischen den beiden Tagging-Jets umgesetzt werden kann. Zusätzlich oder alternativ kann man auch verlangen, dass Tagging-Jets und Higgs-Boson-Zerfallsprodukte in pT balanciert sind. Letztere Variante des “Mini-JetVetos“ wurde in [12] entwickelt. Abbildung 13: Beispiel-Feynman-Graph für Higgs-Boson-Produktion in Vektor-Boson-Fusion. 5 aus dem Englischen von “to tag - markieren“ 16 4 Higgs-Boson-Suche im Kanal H → W W → lνlν 4.2 Signatur der Zerfalls-Produkte Die Kinematik im Prozess H → W W → lνlν wird von Spinkorrelationen zwischen den W-Bosonen stark beeinflusst (siehe Abb. 14). Betrachten wir dazu das Ruhesystem des Higgs-Bosons. Für mH ≈ 2×mW sind die beiden W-Bosonen in diesem System ebenfalls fast in Ruhe. Das Higgs-Boson ist skalar, daher sind die Spins der beiden W-Bosonen entgegengesetzt orientiert. Da das Neutrino linkshändig ist, wird es entgegengesetzt der Spinrichtung des W + ausgesandt und das positive Lepton dementsprechend in Spinrichtung. Das Umgekehrte gilt für den W − -Zerfall. Daraus ergibt sich, dass sich die geladenen Leptonen bevorzugt in die gleiche Richtung und die beiden Neutrinos entgegengesetzt bewegen. Dementsprechend ist ein kleiner Abstand in η und φ zwischen den beiden Leptonen charakteristisch für den Signalprozess (siehe Abb. 41, 42 in Abschnitt 7.1 und 49 in Abschnitt 8.2). Diese Charakteristik wird undeutlicher, wenn mH deutlich verschieden von 2 × mW ist. Abbildung 14: Skizze zur Erläuterung der Spinkorrelation in H → W W → lνlν. Da sich die longitudinalen Komponenten der Neutrinos nicht bestimmen und auch deren Beiträge zum fehlenden transversalen Impuls nicht trennen lassen, kann man die Higgs-Boson-Masse nicht direkt rekonstruieren. In [13] wird eine Methode beschrieben, wie unter einigen Annahmen und der Verwendung der W-Boson-Masse als Zwangsbedingung eine Rekonstruktion möglich ist. Da diese Methode numerische Probleme und schwer einzuschätzende systematische Fehler mit sich bringt, wird hier wie in den bisherigen Analysen der ATLAS-Kollaboration die transversale Masse verwendet. Die transversale Masse des Lepton-Neutrino-Systems ist definiert als q (ETllmiss )2 − (pllmiss )2 (23) mT (llν) = T q → → (ETll + ETmiss )2 − (− p llT + − p miss )2 (24) = T Die Spinkorrelationen motivieren die Annahme, dass mll und mνν vernachlässigbar sind und die Näherung ETll ≈ pllT und ETmiss ≈ pmiss gültig ist. T q → → ⇒ mT (llν) = 2pllT pmiss − 2− p llT − p miss (25) T T q 2pllT pmiss (1 − cos∆φ) (26) mT (llν) = T mit dem Winkel ∆φ zwischen dem Zwei-Lepton-System und dem pmiss -Vektor in der transversalen T Ebene. Diese kann aber nur maximal so groß wie die Higgs-Boson-Masse werden, nämlich in dem Grenzfall, dass das Higgs-Boson keinen Longitudinal-Impuls hat, sämtliche Zerfallsprodukte transversal zur Strahlachse ausgesandt werden und dabei die Impulse der geladenen Leptonen und der Neutrinos jeweils parallel liegen6 . Daher hat die mT (llν)-Verteilung des Signals eine charakteristische Kante7 bei 6 7 Das entspricht exakt der in Abb. 14 skizzierten Konfiguration. In der Messung der W-Boson-Masse an Hadron-Collidern anhand der transversalen Masse mT (lν) zeigt sich eine vergleichbare Verteilung. Das Maximum einer solchen transversalen Masse wird auch als Jacobi-Spitze bezeichnet [14]. 4.3 Untergrundprozesse 17 der Higgs-Boson-Masse (siehe Abb. 42 in Abschnitt 7.1 und Abb. 47 in Abschnitt 7.2). In Gleichung 26 werden die invarianten Massen der Lepton- bzw Neutrino-Paare vernachlässigt. Nutzt man wieder die Annahme, dass die W-Bosonen im Ruhe-System des Higgs-Bosons ebenfalls in Ruhe sind, können die invarianten Massen gleichgesetzt werden mll ≈ mνν . Damit lassen sich dann wie folgt die transversalen Energien des Lepton- und des Neutrino-Systems und die transversale Masse berechnen. q ETll = (pllT )2 + m2ll (27) q ETνν = (pmiss )2 + m2ll (28) T q → → (ETll + ETνν )2 − (− p llT + − p miss )2 (29) MT = T Die beiden alternativen Definitionen mT (llν) und MT werden in den Analysen verglichen. Die Verwendung einer bestimmten Definition wird im Einzelfall motiviert. 4.3 Untergrundprozesse Hier werden die wichtigen Untergrundprozesse zu den beiden Analysen H → W W → lνlν in GluonFusion und in Vektor-Boson-Fusion aufgelistet und ihre Kinematik erläutert. • tt Abbildung 15: Beispiel-Feynman-Graph für tt-Produktion. Die Top-Quarks zerfallen zu nahezu 100% in je ein Bottom-Quark und ein W-Boson. Zerfallen die W-Bosonen leptonisch, besteht der Endzustand aus zwei Leptonen, fehlendem Transversalimpuls und zwei b-Jets. Je nach dem, ob die b-Jets rekonstruiert werden und genug Transversalimpuls haben, können sie ein Veto auslösen oder Tagging-Jet-Kandidaten abgeben. Die Produktion von tt-Paaren ist mit einem Wirkungsquerschnitt von X σtt × ( BR(W → lν))2 = 51 pb (30) l=e,µ,τ ein wichtiger Untergrund für die Analysen in Gluon-Fusion und Vektor-Boson-Fusion. 18 4 Higgs-Boson-Suche im Kanal H → W W → lνlν • Wt Abbildung 16: Beispiel-Feynman-Graph für Wt-Produktion. Wt hat den gleichen Endzustand wie tt, nur einen b-Jet weniger. Die Abstrahlung eines harten Gluons könnte den zweiten Tagging-Jet-Kandidaten liefern. Der Wirkungsquerschnitt beträgt X σW t × ( BR(W → lν))2 = 6,5 pb. (31) l=e,µ,τ • WWjj Abbildung 17: Beispiel-Feynman-Graphen für WWjj-Produktion. Links: elektroschwacher (EW) Prozess Rechts: QCD-Prozess Für die VBF-Analyse ist dieser Prozess wegen des exakt gleichen Endzustands ein wichtiger Untergrund. Der elektroschwache Prozess (4 elektroschwache Vertizes) hat einen kleinen Wirkungsquerschnitt X EW σW BR(W → lν))2 = 109 fb, (32) W jj × ( l=e,µ,τ jedoch eine sehr ähnliche Kinematik wie das Signal. Der QCD-Prozess hat einen deutlich größeren Wirkungsquerschnitt von X QCD σW BR(W → lν))2 = 17 pb, (33) W jj × ( l=e,µ,τ aber die Kinematik ist VBF-untypisch und durch den Farbaustausch zwischen den Partonen wird mehr hadronische Aktivität im Zentralbereich des Detektors erwartet. 4.3 Untergrundprozesse 19 • Zjj Abbildung 18: Beispiel-Feynman-Graphen für Zjj-Produktion. Links: elektroschwacher Prozess Rechts: QCD-Prozess Im Zerfall Z → τ τ → lννlνν erhält man alle Komponenten des VBF-Endzustandes und auch die Zerfälle Z → ee/µµ können durch die begrenzte ETmiss -Auflösung zum Untergrund beitragen. Für die Kinematik der EW- und QCD-Anteile gilt ähnliches wie für WWjj. • qq → W W Abbildung 19: Beispiel-Feynman-Graph für den Prozess qq → W W . Der Hauptuntergrund zu H → W W in Gluon-Fusion ist die direkte Produktion von W-BosonPaaren mit X σqq→W W × ( BR(W → lν))2 = 7,7 pb. (34) l=e,µ,τ • gg → W W Abbildung 20: Beispiel-Feynman-Graph für den Prozess gg → W W . Dieser Beitrag zur W-Boson-Paarproduktion ist in der bisherigen ATLAS-Analyse [8] nicht berücksichtigt worden. In [27] ist ein Monte-Carlo-Generator für diesen Prozess vorgestellt und der Wirkungsquerschnitt zu X σgg→W W × ( BR(W → lν))2 = 540 fb (35) l=e,µ,τ berechnet worden. Allerdings liegt die theoretische Unsicherheit bei etwa 20%. 20 4 Higgs-Boson-Suche im Kanal H → W W → lνlν • Z,WZ,ZZ Abbildung 21: Beispiel-Feynman-Graphen für Z-,WZ- und ZZ-Produktion. Für die Analyse in Gluon-Fusion kann die Produktion von Z-Bosonen, insbesondere im Zerfall Z → τ τ → lννlνν und auch WZ-Produktion mit W → lν, Z → ll und ZZ-Produktion mit Z → ll, Z → νν, zum Untergrund beitragen. • W+Jets Abbildung 22: Beispiel-Feynman-Graphen für W-Produktion mit zusätzlichen Jets im Endzustand. W-Boson-Produktion mit zusätzlichen Jets im Endzustand kann bei beiden Analysen zum Untergrund beitragen, wenn ausser dem Lepton aus dem W-Boson-Zerfall noch weitere Leptonen im Ereignis rekonstruiert werden, seien es Fehlidentifikationen oder echte Leptonen aus HadronZerfällen. Der Wirkungsquerschnitt X σW +Jets × BR(W → lν) = 52 nb (36) l=e,µ,τ P liegt drei Größenordnungen über σtt × ( l=e,µ,τ BR(W → lν))2 . Bei den bisherigen Suchen nach dem Higgs-Boson im Zerfall H → W W → lνlν am Proton-Antiproton-Collider Tevatron mit den beiden Experimenten D0 und CDF ist W+Jets ein wichtiger Untergrund [15, 16]. In der ATLAS-Analyse [8] in GF ist W+Jets nur mit schneller Detektorsimulation untersucht worden. Die ATLAS-Analyse [9] in VBF vernachlässigt W+Jets vollständig. Dieser Untergrund wird in Abschnitt 6.2 genauer diskutiert. 4.3 Untergrundprozesse 21 • bb Abbildung 23: Beispiel-Feynman-Graph für bb-Produktion. Aufgrund des großen Wirkungsquerschnitts von σbb = 500 µb ist die Abschätzung des Untergrundes aus bb-Produktion mit semileptonischen b-Hadron-Zerfällen schwierig. Ein Ansatz dazu wird in Anhang B diskutiert. In den genannten Analysen [8, 9] wird der bb-Untergrund vernachlässigt. 22 5 Monte-Carlo-Generierung, Detektor-Simulation und Ereignis-Rekonstruktion 5 Monte-Carlo-Generierung, Detektor-Simulation und Ereignis-Rekonstruktion Abbildung 24 zeigt schematisch den gesamten Verlauf der Monte-CarloProduktionskette mit voller Simulation des Detektors im Rahmen der ATLAS-UmgebungsSoftware ATHENA. Zunächst wird das Matrixelement des zu beschreibenden Prozesses berechnet. Es beschreibt die Übergangswahrscheinlichkeit zwischen ein- und ausgehenden Teilchen, abhängig von deren Quantenzahlen, wie Impuls, Spin etc. Die eingehenden Teilchen im Matrixelement sind nicht Protonen, sondern Partonen, also Quarks und Gluonen, die entsprechend den PartonDichte-Funktionen ausgewählt werden, welche die Impulsdichte der Partonen im Proton beschreiben. In dieser Arbeit wird dafür ausschließlich die Parametrisierung CTEQ6L1 [17] verwendet. Der Wirkungsquerschnitt ergibt sich durch Integration über den Phasenraum. Zur Beschreibung weiterer Wechselwirkungen innerhalb einer Abbildung 24: Schematische Darstellung der Monte-CarloProton-Proton-Kollision wird zum ErProduktion. eignis üblicherweise noch ein einfacher, in der Regel weicher 2 → 2 QCDStreuprozess hinzugefügt. Zusätzliche starke und elektromagnetische Abstrahlungen im Anfangs- und Endzustand beschreibt der sogenannte Partonschauer. Anschließend folgt die Hadronisierung, also der Übergang von Gluonen und Quarks zu Hadronen, und Zerfälle von kurzlebigen Teilchen. Damit ist die Ereignisgenerierung abgeschlossen. Die Eigenschaften des Ereignisses auf diesem sogenannten Generatorniveau werden als “wahre“ Größen bezeichnet. Die Simulation des Antwortverhaltens der verschiedenen Detektorkomponenten auf das Ereignis wird mit dem Programm G EANT 4 [18] durchgeführt. Wünschenswert wäre die Simulation sämtlicher PhysikProzesse zwischen 10 eV (z.B. Ionisationspotential des LAr im Kalorimeter) und 1 TeV. Dabei muss aber ein Kompromiss zwischen Genauigkeit und Rechenzeit geschlossen werden. Besonders aufwendig ist hierbei die Simulation der Schauerbildung im Kalorimeter, so dass die untere Grenze hier auf etwa 100 keV angehoben wird. In dieser Arbeit wird zur Beschreibung des Detektors das Layout ATLAS-CSC-0102-00 verwendet, in dem auch Material z.B. des Kryostaten oder der Ausleseelektronik und realistische Fehler in der Ausrichtung der Komponenten zueinander berücksichtigt werden. Die so produzierten Daten, wie Treffer im inneren Detektor und Energieeinträge im Kalorimeter, werden dann digitalisiert und auf ein Format gebracht, welches auch der echte Detektor als Aufzeichnung eines realen Ereignisses liefern würde. Wie in Grafik 24 zu erkennen, besteht die Möglichkeit die Schritte Simulation, Digitalisierung und Rekonstruktion durch die schnelle Detektorsimulation mit ATLFast [19] zu ersetzen. Dabei werden die Ereignisse auf Generatorniveau entsprechend einer Parametrisierung verschmiert, die auf der vollen Simu- 5.1 Verwendete Monte-Carlo-Generatoren 23 lation basiert. Nachweiswahrscheinlichkeiten werden nicht berücksichtigt; Formen elektromagnetischer und hadronischer Schauer und der Einfluss des Detektors auf Isolationsvariablen werden nur oberflächlich modelliert. Aufgrund des hohen Rechenaufwands der vollen Simulation8 ist die schnelle Simulation trotzdem ein wichtiges Hilfsmittel. Die in dieser Arbeit verwendeten Monte-Carlo-Daten sind ausschließlich im Limes verschwindender Luminosität generiert worden, d.h. ohne Minimum-Bias-Ereignisse und Pile-Up. In den folgenden Abschnitten werde ich auf die Unterschiede der verwendeten Generatoren eingehen und anschließend erläutern, wie aus realen Daten - oder deren Simulation - Ereignisse rekonstruiert werden. 5.1 Verwendete Monte-Carlo-Generatoren • Pythia6.4 [20] Pythia ist ein bewährter Vielzweckgenerator, der eine Vielzahl von festgelegten Prozessen beschreibt. Außer dem harten Prozess selbst lassen sich in Pythia ebenfalls Partonschauer und Fragmentation modellieren. • Sherpa1.0.9 [21] Sherpa produziert den Quellcode für einen Generator, der dann Ereignisse des zuvor spezifizierten Prozesses generiert. Dabei müssen nur Anfangs- und Endzustand definiert werden, dann berücksichtigt Sherpa alle beitragenden Graphen bis auf Schleifendiagramme. Die Anzahl der starken und elektroschwachen Vertizes kann festgelegt, bzw. eingeschränkt werden. Sherpa berechnet Matrixelemente mit bis zu 6 Teilchen im Endzustand. Eine Besonderheit dieses Generators ist die Kombination von Matrixelement und Partonschauer zur Beschreibung von Gluon-Abstrahlungen. Die divergenten kollinearen Abstrahlungen werden im Partonschauer zusammengefasst, während harte Abstrahlungen besser im Matrixelement beschrieben werden. Der dabei entstehende Überlapp im Phasenraum wird nachträglich entfernt. Diese in [22] vorgestellte Methode wird als “CKKWMatching“ bezeichnet. Sie ermöglicht oft eine bessere Beschreibung der Ausläufer von Jet-pT Verteilungen. Daher eignet sich Sherpa insbesondere, um der Frage nachzugehen, inwiefern zusätzliche Abstrahlungen in Untergrundprozessen in einer VBF-Analyse als Tagging-Jets akzeptiert werden oder welche Auswirkungen die genauere Beschreibung von Abstrahlungen auf das wichtige Veto gegen zentrale Jets hat. Dies wurde in [23, 24] ausführlich untersucht. In Sherpa1.0.9 werden das Partonschauer- und das Fragmentationsmodell von Pythia6.2 verwendet. Das Sherpa1.0.9-eigene Datenformat wurde mit dem Paket ReadSherpa_i-00-00-19 in ATHENA eingelesen. • AcerMC3.4 [25] AcerMC ist auf einige Standardmodell-Prozesse am LHC spezialisiert und beschreibt nur den harten Prozess selbst. In der ATLAS-Kollaboration wird er neben anderen zur Beschreibung von Top-Quark-Produktionsprozessen verwendet. Die Ereignisse wurden in ATHENA mit Pythia eingelesen, um dessen Fragmentations- und Partonschauermodell zu verwenden. • MadGraph/MadEvent (Version 4) [26] MadGraph funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip wie Sherpa. Auch hier können die Anzahl der Vertizes, Anfangs-, End- aber auch intermediäre Zustände vorgegeben werden. Die Helizitätsamplituden aller beitragenden Baumdiagramme werden berechnet. Vierervektor und Spininformationen des harten Prozesses werden im XML-Format ausgegeben. Dieses wurde in ein älteres MadGraph-Format konvertiert, das von ATHENA12.0.6 gelesen werden kann. Auch hier wird Pythia für Fragmentation und Partonschauer verwendet. 8 Simulation, Digitalisierung und Rekonstruktion dauert mindestens 10 Minuten pro Ereignis auf einem AMD Opteron 2.2GHz CPU. Zum Vergleich: Unter eine Sekunde pro Ereignis mit ATLFast. 5 Monte-Carlo-Generierung, Detektor-Simulation und Ereignis-Rekonstruktion 24 • gg2WW [27] Der Prozess gg → W W enthält in niedrigster Ordnung eine Quarkschleife, so dass er von Generatoren, die nur Baumdiagramme zulassen, nicht berücksichtigt wird. In der Analyse H → W W ohne weitere Jets ist der Beitrag nicht vernachlässigbar, wie in [28] gezeigt wurde. Die hier verwendeten Ereignisse wurden von M. Dührssen und N. Kauer mit gg2WW generiert und in das AcerMC-Format konvertiert. 5.2 Ereignisrekonstruktion Zur Rekonstruktion von vollständig simulierten Ereignissen wird das Software-Paket RecExCommon-00-07-04-53 in ATHENA12.0.6 verwendet. Die Spurrekonstruktion erfolgt mit dem Paket NewTracking [31], das ausgehend von den Paketen XkalMan und IPatRec [32] weiterentwickelt wurde. 5.2.1 Jet-Rekonstruktion Es stehen Rekonstruktionsalgorithmen mit verschiedenen, aber festen Kegelgrößen (Cone) und einer flexiblen Gruppierungsmethode (Kt) mit verschiedenen Abstandsparametern zur Verfügung. Der ConeJetalgorithmus bildet ausgehend von einem “Seed“, also einer Keimzelle im Kalorimeter mit mindestens 1 GeV, den Schwerpunkt aller Kalorimeter-Cluster in einem festen Kegel. In dem neuen Kegel um diesen Schwerpunkt wird dann iterativ immer wieder ein neuer Schwerpunkt berechnet, bis der Schwerpunkt stabil und dadurch die Jet-Achse festgelegt ist. Die Objekte, auf denen der Algorithmus operiert, können sogenannte Kalorimeter-“Tower“ sein, deren seitliche Ausdehnung in allen Lagen des Kalorimeters gleich ist, oder aber topologischen Cluster, bei denen Zellen in den verschiedenen Lagen des Kalorimeters flexibler zusammengefasst werden, um dem transversalen Schauerprofil Rechnung zu tragen. In dieser Arbeit werden “Cone4TopoJets“ verwendet, also der ConeJet-Algorithmus mit einer Kegelgröße von ∆R = 0.4 auf topologischen Clustern angewandt. Studien [33] haben gezeigt, dass Cone und Kt ähnliche Ergebnisse liefern. Etwas kleinere Kegel wie ∆R = 0.4 und die topologischen Cluster bieten im Vorwärtsbereich des Detektors eine höhere Nachweiswahrscheinlichkeit. Dies ist natürlich insbesondere im Hinblick auf die Identifikation von Vektor-Boson-Fusions-Ereignissen anhand der Vorwärts-Jets wichtig. 5.2.2 Myon-Identifikation Das verwendete Paket MUID kombiniert Spuren, die jeweils im inneren Detektor (ID) und im MyonSystem (MS) rekonstruiert wurden. Dazu wird die ID-Spur bis zum Myon-System extrapoliert, unter Berücksichtigung mehrerer Streu-Ebenen, die das Kalorimeter und weiteres Material repräsentieren. Dabei kann auch die Energiedeposition im Kalorimeter miteinbezogen werden. Nun wird die Übereinstimmung zwischen der extrapolierten Spur und den Spur-Kandidaten im MS geprüft. Für die beste Kombination und alle weiteren, deren χ2match -Wahrscheinlichkeit besser als 0.001 ist, wird eine kombinierte Spuranpassung durchgeführt. Das χ2f it dieser Anpassung und χ2match sind die wichtigsten Qualitätskriterien eines Myon-Kandidaten. 5.2.3 Elektron-Identifikation Das Material des inneren Detektors vor dem ECal gemittelt über |η| < 2,5 beträgt etwa eine halbe elektromagnetische Wechselwirkungslänge X0 . Beispielsweise haben etwa 20% aller Elektronen beim Verlassen des inneren Detektors schon die Hälfte ihrer Energie durch Bremsstrahlung verloren. Die Energieeinträge des Elektrons und der Bremsstrahlungsphotonen im ECal liegen normalerweise nah beeinander und können zusammengefasst werden (zu einem sogenannten Cluster), so dass die Energiemessung relativ unbeeinträchtigt bleibt. Bei der Impulsmessung werden verschiedene Methoden angewandt, 5.2 Ereignisrekonstruktion 25 z.B. kann eine kontinuierliche Änderung der Krümmung erlaubt werden, bei der Kalman-Filter-Methode kann der Energieverlust durch einen zusätzlichen Fehlerterm berücksichtigt werden oder der Impuls wird nur aus den ersten Siliziumlagen bestimmt. Die Methoden liefern für Elektronen mit ≈ 20 GeV ähnliche pT -Auflösungen im Bereich 2 − 4%. Zur Elektron-Identifikation bzw. insbesondere zur Elektron-PionTrennung werden verschiedene Variablen verwendet. Auf diese werden optimierte Schnitte angewandt und die Akzeptanzen werden jeweils als logische Bits zur Variablen isEM zusammengefasst. Die folgenden Erläuterungen der in isEM verwendeten Variablen richtet sich nach [34], und entsprechen der Definition von isEM in der verwendeten Athena-Version. • Energiedeposition im hadronischen Kalorimeter Die sogenannte “hadronic leakage” ist definiert als Verhältnis aus der transversalen Energie in einem ∆η × ∆φ = 0,2 × 0,2-Fenster der ersten Lage des hadronischen Kalorimeters zur transversalen Energie, die im EM-Kalorimeter rekonstruiert wurde. Elektronen deponieren typischerweise weniger als 2% ihrer Energie im hadronischen Kalorimeter. • Zweite Lage des EM-Kalorimeters (siehe Abb. 11 in Abschnitt 3.2) Elektromagnetische Schauer deponieren den größten Teil ihrer Energie in der zweiten Lage des EM-Kalorimeters. Die Form des Schauers wird durch folgende Variablen ausgedrückt: – Die seitliche Ausdehnung elektromagnetischer Schauer ist meist begrenzt auf einen Bereich von ∆η × ∆φ = 3 × 7 Zellen. Somit liegt das Verhältnis Rη (37) aus transversaler Energie in einem ∆η × ∆φ = 3 × 7-Cluster und dem dazugehörigen ∆η × ∆φ = 7 × 7-Cluster nahe Eins. Für hadronische Jets erhält man lange Ausläufer zu niedrigen Werten. – Die Breite des Schauers wird in einem Fenster von ∆η × ∆φ = 3 × 5 Zellen unter Verwendung der Summe über alle Zellpositionen in η, gewichtet mit der Energie, berechnet. ωη 2 = s P 2 EZelle × ηZelle P EZelle − P EZelle × ηZelle P EZelle 2 (37) • Erste Lage des EM-Kalorimeters Die erste Lage des EM-Kalorimeters ist in Streifen segmentiert, die eine feine Granularität in η bieten. Dadurch wird die Auflösung von Substrukturen in Schauern, beispielsweise von π 0 - oder η-Teilchen in Jets, ermöglicht. – Hadronische Schauer enthalten oft zwei Maxima. In einem Bereich ∆η × ∆φ = 0,125 × 0,2 um die Zelle mit dem höchsten Energieeintrag wird nach einem zweiten Maximum gesucht und ∆E = Emax2 − Emin , die Differenz zwischen der dem zweiten Maximum zugeordneten Energie und dem kleinsten Energieeintrag in einem Streifen zwischen den Maxima, als diskriminierende Variable gewählt. Ebenfalls verwendet wird ∆Emax2 = Emax2 /(1 + 9 · 10−3 ET /GeV) , (38) wobei ET die transversale Energie des gesamten ECal-Clusters ist. – Die Breite des Schauers wird in einem ∆η × ∆φ = 0,0625 × 0,2-Fenster (etwa 40 Streifen) bestimmt. s P Ei × (i − imax )2 P (39) ωη 1 = Ei Dabei ist i die Streifennummer, Ei die im Streifen deponierte Energie und imax bezeichnet den höchstenergetischen Streifen. 5 Monte-Carlo-Generierung, Detektor-Simulation und Ereignis-Rekonstruktion 26 – Die verbliebenen schmalen Schauer werden durch zwei weitere Variablen charakterisiert. Fside = E(±3) − E(±1) E(±1) (40) mit E(±n) der Energie in ±n Streifen um den Höchstenergetischen und der Breite des Schauers unter Einschränkung auf ±3 Streifen um das Maximum: s P Ei × (i − imax )2 P (41) ω3Streif en = Ei • Verwendung des inneren Detektors zur Elektron-Identifikation Nach Schnitten auf die vorhergehenden Variablen wird der Untergrund von Photon-Konversionen und Jets mit wenigen geladenen Spuren und hochenergetischen π 0 -Mesonen dominiert. Dieser kann reduziert werden, indem man eine gute Spur-Qualität verlangt und überprüft, wie gut Spur und ECal-Cluster räumlich und energetisch zu einander passen. – Spurqualität ∗ mindestens 9 Präzisionstreffer (Pixeldetektor und SCT) ∗ mindestens zwei Treffer im Pixeldetektor, davon einer in der innersten Lage ∗ transversaler Stoßparameter |d0 | < 1 mm – Räumliche Übereinstimmung von Spur und ECal-Cluster L1 ∆η = |ηCluster − ηID | und ∆φ = |φL2 Cluster − φID | L1 Dabei wird ηCluster in der fein in η segmentierten ersten Lage des ECals berechnet und φL2 Cluster in der zweiten, da diese die feinere Segmentierung in φ besitzt. ηID bzw. φID sind die Pseudorapidität und der Azimuthalwinkel der Spur, extrapoliert zum ECal. – Das Verhältnis E/p der im ECal gemessenen Energie zum Impuls der im inneren Detektor vermessenen Spur sollte für Elektronen nahe 1 liegen. – Übergangsstrahlendetektor (TRT) Entsprechend der Erläuterung in Abschnitt 3.2 wird das Verhältnis aus der Anzahl Treffer über einer bestimmten Pulshöhe zur Gesamt-Trefferzahl als trennende Variable verwendet. Die Breite eines Teilchen-Schauers ist das wichtigste Kriterium um mit dem ECal elektromagnetische und hadronische Schauer zu unterscheiden. Hadronische Schauer sind typischerweise breiter. In der ersten und zweiten Lage des Kalorimeters werden mehrere Variablen (ωη2 , ωη1 , Fside , ω3Streif en ) zur Beschreibung der Schauerbreite verwendet, die dementsprechend für elektromagnetische Schauer kleinere Werte aufweisen als für hadronische. Dabei wird die Breite immer nur in η berechnet, da Schauer von Elektronen aufgrund der Bremsstrahlung in φ aufgeweitet sind. In der Analyse werden zur Elektron-Vorselektion alle isEM-Bits abgefragt, bis auf das TRT-Bit. Ob das TRT-Bit das Verhältnis von Signal zu Untergrund verbessert, kann von der Art der Analyse abhängen und ist nur auf Basis sehr großer voll simulierter Monte-Carlo-Datensätze oder echter Daten zu beurteilen. Im Rahmen dieser Arbeit würde die Verwendung des TRT-Bits nur zu einer etwas niedrigeren Nachweiswahrscheinlichkeit führen. Die Unterdrückung von Jets durch isEM mit TRT in der verwendeten ATHENA-Version liegt laut einer Studie [35] bei 0,2 − 0,5 · 105 . In dieser Studie ist ebenfalls eine Likelihood-Diskriminante entwickelt worden, die auf isEM-ähnlichen Variablen basiert und eine etwas bessere Jet-Unterdrückung liefert. Diese ist allerdings erst ab ATHENA-Version 13 verfügbar. 5.2.4 Lepton-Isolation Leptonen aus Hadron-Zerfällen sind normalerweise nicht isoliert, d.h. es gibt hadronische Aktivität in ihrer Nähe. Dasselbe erwartet man beispielsweise für geladene Pionen, die als Elektronen fehlidentifiziert wurden. 5.2 Ereignisrekonstruktion 27 Die wichtigste Variable um Isolation von Elektronen zu beschreiben ist etcone, definiert als transversale Energie im elektromagnetischen und hadronischen Kalorimeter in einem Kegel um das Elektron, abzüglich der transversalen Energie, die dem Elektron selbst zugeordnet ist. X etcone = ET (ECal-Zelle) (42) ∆R(l± ,ECal-Zelle)<0.45 + X ET (HCal-Zelle) (43) ∆R(l± ,HCal-Zelle)<0.45 − X ET (ECal-Zelle) (44) ∆η×∆φ(l± ,ECal-Zelle)<2,5×3,5 ZL2 Das zu subtrahierende Fenster im ECal hat die Größe ∆η ×∆φ = 5×7ZL2 , wobei ZL2 = 0,025×0,025 die Zellengröße in der zweiten ECal-Lage bezeichnen soll. Im Zentralbereich entspricht ZL2 ungefähr einem Molière-Radius, in dem durchschnittlich 90% der Energie eines elektromagnetischen Schauers enthalten sind. Das Fenster ist in φ etwas größer als in η gewählt, da der Schauer durch die Ablenkung des Elektrons im Magnetfeld und die daraus resultierende Bremsstrahlung in φ verbreitert wird. Die verwendeten Kalorimeterzellen sind auf elektronisches Rauschen korrigiert, so dass ideal isolierte Leptonen im Mittel ein etcone von Null aufweisen. Das Rauschen ist proportional zur Wurzel aus der Anzahl der Zellen, also proportional zum Kegelradius mit etwa 3GeV × ∆R. Dadurch sind auch leicht negative etcone-Werte möglich. Für verschiedene Kegelgrößen ∆R = 0,2/0,3/0,4... wird etcone mit etcone20/etcone30/etcone40... bezeichnet, dabei ist etcone ≡ etcone45. Die Definition von etcone wird für Myonen genauso gewählt. Die Entsprechung von etcone auf Generatorniveau wird im Folgenden true_etcone genannt und ist die vektorielle pT -Summe aller stabilen wechselwirkenden Teilchen in einem Kegel um das Lepton. X − → p T (ww.Teilchen) (45) true_etcone = ∆R(l± ,ww.Teilchen)<0.45 Da die Energien der Kalorimeterzellen zur Berechnung von etcone unkalibriert sind, ist zu erwarten, dass etcone deutlich unterhalb des entsprechenden true_etcone liegt. Die zur Rekonstruktion verwendete ATHENA-Version 12.0.6 enthält leider zwei Fehler bei der Berechnung von etcone. Erstens ist das zu subtrahierende Fenster im ECal doppelt so groß in φ wie beschrieben. Zweitens wurde die Subtraktion des sogenannten “TileGap3“ vergessen. Dabei handelt es sich um eine Korrektur, die basierend auf einem Szintillator in der Lücke zwischen Szintillator-Tiles und den Endkappen bei η ≈ 1.5 den Energieverlust im Kryostaten und anderem passivem Material ausgleichen soll (siehe Abb. 9 in Abschnitt 3.2). Da ein Elektron in dieser Lücke Energie in diesem Szintillator deponiert, muss diese Energie ebenfalls abgezogen werden. Ersteres lässt sich auch als nicht optimale Definition auffassen. Zweiteres führt dazu, das lokal bei η ≈ 1.5 Elektronen als schlechter isoliert erscheinen als sie sind, was effektiv eine leichte Verschlechterung der Nachweiswahrscheinlichkeit nach sich zieht. Etwas Ähnliches könnte beim realen Detektor bei der Datennahme ebenfalls passieren. Aus diesem Grund und weil die offiziellen, zentral produzierten Datensätze, die bei Anfertigung der Arbeit zur Verfügung standen, diese Fehler ebenfalls enthalten, wurde auf eine Korrektur verzichtet. 28 6 W-Produktion mit zusätzlichen Jets im Endzustand 6 W-Produktion mit zusätzlichen Jets im Endzustand Abb. 25 zeigt Wirkungsquerschnitte und Produktionsraten für verschiedene Prozesse am LHC. Der Wirkungsquerschnitt für die W-Produktion beträgt etwa 200 nb und liegt damit vier Größenordnungen über dem für die Higgs-Produktion. In diesem Abschnitt wird zunächst auf eine Besonderheit der W-Produktion an einem Proton-ProtonCollider eingegangen, nämlich die W + W − -Asymmetrie. Weiterhin wird diskutiert, wie die W-Produktion zum Untergrund zu H → W W → lνlν beiträgt und wie dieser Untergrund effizient mit Hilfe der im letzten Abschnitt beschriebenen vollen Simulation abgeschätzt werden kann. Abbildung 25: Wirkungsquerschnitte und Produktionsraten für verschiedene Prozesse in Proton-(Anti-) Proton-Kollisionen als Funktion der Schwerpunktsenergie. 6.1 W + W −-Asymmetrie Die Produktionswirkungsquerschnitte σW für W + - und W − -Bosonen sind am LHC unterschiedlich groß und haben unterschiedliche Abhängigkeiten von der Rapidität y. Die folgenden Erläuterungen richten 6.1 W + W −-Asymmetrie 29 sich nach [36]. Dafür ist es zunächst ausreichend, sich auf den Prozess in führender Ordnung (LO, leading order) qq → W zu beschränken, da dieser den Wirkungsquerschnitt mit etwa 80% dominiert. Abbildung 26: Zerlegung des LO-Wirkungsquerschnitts für W-Produktion in die Flavour der eingehenden Quarks [36]. Abb. 26 zeigt eine Zerlegung des Wirkungsquerschnittes in die Flavour der eingehenden Quarks. Den größten Beitrag liefern ud → W + und du → W − . Dominant ist dabei an einem pp-Collider die Streuung von Valenzquarks an See-Antiquarks. Nimmt man weiterhin an, dass die Partondichtefunktionen für Anti-Up- und Anti-Down-Quarks im See gleich sind, erwartet man angesichts des Proton-Valenz-QuarkInhalts uud: σ − d u d d·u R∓ = W ≈ = · ≈ ≈ 0,5 (46) σW + u d u u·d Zieht man alle Quark-Flavour in Betracht und verwendet die Partondichtefunktionen MRST99 [36, 37] erhält man für den LHC eine Erwartung von: R∓ = 0,731 ± 0,005 (47) Die Rapiditätsverteilungen für W + und W − sind symmetrisch um yW = 0, aber sehr unterschiedlich für große yW (siehe Abb. 27). Die Erhöhung in der W + -Verteilung ab yW ≈ 3 rührt von der Streuung von Valenz-Up-Quarks mit großem Impulsanteil x1 an Anti-Down-Quarks mit kleinem x2 her. Für die Produktion massiver Teilchen über 2 → 1-Prozesse ist eine Relation von x1 und x2 durch die Masse des 30 6 W-Produktion mit zusätzlichen Jets im Endzustand produzierten Teilchens näherungsweise9 festgelegt: 2 Q2 = ŝ = x1 x2 s = MW (48) Dabei entspricht die Skala Q des harten Streuprozesses im s-Kanal gerade der Schwerpunktsenergie des Parton-Parton-Systems ŝ, die über x1 und x2 mit der Proton-Proton-Schwerpunktsenergie s verknüpft ist. Dadurch lässt sich ein Impulsanteil xi aus der Definition der Pseudorapidität eliminieren: 1 1 E + pL x1 yW = ln (49) = ln 2 E − pL 2 x2 Gl.48 =⇒ MW x1 = √ eyW s und MW x2 = √ e−yW s (50) Das Verhältnis der Rapiditätsverteilungen ist gegeben durch das Verhältnis der PDF-Produkte, ausgewertet bei den x1 und x2 , die den yW entsprechen. R∓ (yW ) = d(x1 ) u(x2 ) dσ/dyW (W − ) d(x1 ) · u(x2 ) = ≈ · dσ/dyW (W + ) u(x u(x1 ) · d(x2 ) 1 ) d(x2 ) (51) Für x2 → 0, d.h. auch steigende Rapidität yW , wird die Annahme u(x2 )/d(x2 ) → 1 sehr gut erfüllt, da die See-PDFs immer weniger durch Interferenz mit den Valenz-PDFs beeinflusst werden. Somit ist R∓ (yW ) bei großen Rapiditäten yW (d.h. großem x1 und kleinem x2 ) ein direktes Maß für das d/u2 . Verhältnis der Partonen bei großem x und Q2 = MW R∓ (yW ) ≈ d(x1 ) u(x1 ) (52) Hierbei wurden wieder die Beiträge von Strange- und schwereren Quarks vernachlässigt. Des Weiteren sind die Rapiditätsverteilungen der W-Bosonen nicht direkt, sondern nur über die Verteilungen der Leptonen experimentell messbar. Abbildung 27: Rapiditätsverteilungen der W + - und W − -Bosonen am LHC (100 000 Ereignisse generiert mit Pythia6.4). 9 Dies wird als “narrow width approximation“ bezeichnet. 6.2 W+Jets als Untergrund zu dileptonischen Endzuständen 31 6.2 W+Jets als Untergrund zu dileptonischen Endzuständen Beschränkt man sich auf den Kanal H → W W → lνlν, stehen bei einer integrierten Luminosität von 30 fb−1 etwa 1,5 · 109 leptonisch zerfallende W-Bosonen ungefähr 50000 Signalereignissen gegenüber. Wird in einem W+Jets Ereignis ein weiteres Lepton rekonstruiert, erhält man einen ähnlichen Endzustand wie beim Signal. Solche Leptonen können Fehlidentifikationen sein oder aber echte Leptonen, die natürlicherweise in Hadron-Zerfällen vorkommen. Laut [6, 35] wird eine Unterdrückung von Jets in der Elektron-Identifikation von etwa 105 erwartet10 . Die Wahrscheinlichkeit, dass beispielsweise ein geladenes Pion durch das Kalorimeter schlägt und ein Signal im Myon-System hinterlässt, wird durch die Dicke des Kalorimeters in Einheiten der hadronischen Wechselwirkungslänge λ bestimmt. Kalorimeter und zusätzliche Strukturen vor den Myonkammern liefern mit 11λ eine Durchschlagswahrscheinlichkeit von e−11 ≈ 10−5 . Die Durchschlagrate liegt damit 3-4 Größenordnungen unterhalb der Produktionsrate für prompte Myonen aus Charm-, Bottom-, oder K/π-Zerfällen [38]. Die Rate für Myonen, die in hadronischen Schauern im Kalorimeter entstehen, liegt 2-3 Größenordnungen unter der prompten Rate. Beide Typen können durch Vergleich der Spuren in innerem Detektor und Myon-System und der im Kalorimeter deponierten Energie weiter unterdrückt werden [39]. Um solche Fehlidentifikationen genau zu modellieren, müssten etwa 105 Ereignisse die gesamte in Abschnitt 5 beschriebene zeitintensive Generationskette durchlaufen, um ein potentiell relevantes Ereignis zu erhalten. In dieser Arbeit werden daher nur Ereignisse mit zusätzlichen echten Leptonen betrachtet. 6.2.1 Vorselektion von W+Jets-Ereignissen auf Generatorniveau Ereignisse mit echten Leptonen aus Hadron-Zerfällen lassen sich gezielt auf Generatorniveau auswählen, so dass nur die potentiell relevanten Ereignisse die gesamte Generationskette durchlaufen müssen. Beispielsweise ist es möglich mit einem Generatorfilter nur Ereignisse auszuwählen, die zwei Leptonen mit jeweils einem Minimum an transversalem Impuls im η-Akzeptanzbereich des Detektors enthalten. Durch eine solche Selektion werden Zerfälle langlebiger Hadronen, wie K/π → µν nicht berücksichtigt. Dieser Beitrag wird in Anhang A diskutiert. Desweiteren soll hier untersucht werden, ob ein Isolations-Schnitt auf Generatorniveau möglich ist, um die Effizenz bei der Auswahl relevanter Ereignisse zu erhöhen. Ein Schnitt auf Generatorniveau sollte immer ausreichend weicher gewählt werden, als der entsprechende Analyseschnitt. Beispielsweise liegt die Auflösung für den Transversalimpuls pT von Leptonen mit pT = 15 GeV bei etwa 3%. Ein Schnitt von pT > 13 GeV auf Generatorniveau liegt damit etwa 4,4 σ unterhalb des entsprechenden Analyse-Schnittes pT > 15 GeV. Der Verlust relevanter Ereignisse ist also vernachlässigbar. Abbildung 28 zeigt das pT -Spektrum von Leptonen aus Hadronzerfällen aufgeschlüsselt nach dem Quarkinhalt des Elternteilchens. Hierfür wurden zwei Datensätze kombiniert, um den niedrig-pT -Bereich, aber insbesondere die Ausläufer gut darzustellen. Für den Bereich ab 13 GeV sind mit Pythia6.4 etwa 100 Millionen W+Jets-Ereignisse generiert und auf 2 Leptonen mit pT > 13 GeV in |η| < 2.7 gefiltert worden. Die Filterakzeptanz beträgt (4,90 ± 0,02) · 10−4 . Die an das pT -Spektrum angepasste Pametrisierung11 1 NEreignisse mit × dNLeptonen exp(−pT /p0T ) = N orm · dpT (pT )α N orm = 0,038 ± 0,001 p0T = 17,6 ± 0,3 GeV (GeV −1 ) (53) α = 2,08 ± 0,01 fällt stärker als exponentiell. Daher ist es im Hinblick auf eine effiziente Auswahl relevanter Ereignisse sinnvoll, schon auf Generatorniveau einen möglichst harten pT -Schnitt ausreichend unterhalb des Analyseschnitts anzuwenden. Es wird also für die Erstellung der W+Jets-Datensätze für die folgenden 10 11 siehe auch Abschnitt 5.2.3 Die Wahl der Funktion ist nicht physikalisch motiviert, sondern sollte bei möglichst wenig Parametern eine akzeptable Anpassung an die Daten ermöglichen und somit ein Maß für das Gefälle geben. 32 6 W-Produktion mit zusätzlichen Jets im Endzustand Analysen ein Generatorfilter "DiLep A": Mindestens 2 Leptonen mit pT > 13 GeV innerhalb |η| < 2,7 (54) verwendet. Außerdem wäre eine Anhebung des pT -Schnitts in der Analyse eine effektive Möglichkeit zur Unterdrückung von W+Jets. Abbildung 28: pT -Spektrum von Leptonen aus Hadronzerfällen zerlegt in den Quarkinhalt der Elternteilchen (Generatorniveau). Die Skala auf der Y-Achse ist als Wahrscheinlichkeit interpretierbar, in einem W+JetsEreignis ein Lepton aus dem W-Zerfall mit pT > 13 GeV und |η| < 2,7 und ein weiteres Lepton aus einem Hadron-Zerfall mit |η < 2,7| in dem auf der X-Achse gegebenen 1 GeV -pT -Interval zu finden. Es wurde eine Parametrisierung (Gleichung 53) an das Spektrum angepasst. Abbildung 28 zeigt weiterhin, dass Charm-Hadronen, wie beispielsweise D± ,D0 ,Ds den größten Beitrag zu leptonischen Hadron-Zerfällen liefern. Mesonen mit einem Charm- oder Bottomquark zerfallen schwach und haben somit einen recht großen Anteil leptonischer Zerfallskanäle. Die Produktion von W+Charm ist aber gegenüber W+Bottom aus den folgenden Gründen deutlich bevorzugt. Die Partondichtefunktion (PDF) von Strange-Quarks im Proton ist bei kleinem Impulsanteil (kleinem Bjorken-x) ähnlich groß wie die PDFs von Up- oder Down-Quarks. Für die Produktion von W-Bosonen bei einer Schwerpunktsenergie von 14 TeV sind kleine Impulsanteile der Partonen ausreichend. Damit trägt der Prozess gs → W c (Abb. 29) durch den Übergang innerhalb der selben Quark-Generation signifikant zur W-Boson-Produktion mit einem zusätzlichen Quark bei. Die Produktion von W+Bottom ist nur mit einer anderen Quark-Generation, wie gu → W b, gc → W b möglich und durch die entsprechenden CKMMatrixelemente und die kleinere Charm-PDF unterdrückt. Der Prozess W + bb über Gluon-Aufspaltung (Abb. 29) ist daher der wichtigere Prozess zur Produktion von Bottom-Hadronen, allerdings zwei Größenordnungen kleiner als W+Charm. 6.2 W+Jets als Untergrund zu dileptonischen Endzuständen 33 Abbildung 29: Beispiel-Feynmangraphen für W + c - und W + bb - Produktion. Nach Sherpa betragen die P Wirkungsquerschnitte etwa σ(W + c + 0,1,2Jets) × l=e,µ,τ BR(W → lν) = 2 nb bzw. σ(W + bb + P 0,1,2Jets) × l=e,µ,τ BR(W → lν) = 22 pb. In der Schnittanalyse verlangt man, dass die rekonstruierten Leptonen isoliert sind, beispielsweise mit einem Schnitt auf etcone20 < 10 GeV. Abbildung 30 zeigt die Verteilung der entsprechenden Generatorgröße true_etcone20, wieder aufgeschlüsselt nach den Elternteilchen der Leptonen. Leptonen aus b-Hadron-Zerfällen sind offensichtlich deutlich isolierter als solche aus Charm- oder insbesondere leichten Hadronen. Je massiver ein Quark, desto größer ist der Impulsanteil des Hadrons, das dieses Quark nach der Fragmentation trägt, am Impuls des ursprünglichen Quarks. Damit bleibt für weitere Teilchen aus der Fragmentation eines b-Quarks weniger Impuls übrig. Außerdem erhalten Leptonen aus Zerfällen schwerer Teilchen mehr Transversalimpuls bzgl. der Flugrichtung ihres Elternteilchens. Beides trägt zur Isolation bei. Daher erhöht sich der relative Beitrag von W + bb nach einem Isolationsschnitt und sollte nicht vernachlassigt werden. Abbildung 30: true_etcone20-Spektrum von Leptonen aus Hadronzerfällen zerlegt in den Quarkinhalt der Elternteilchen (Generatorniveau). Zum Vergleich ist auch die Verteilung für Leptonen aus W-Zerfällen dargestellt. Alle Leptonen erfüllen pT > 13 GeV und |η| < 2,7. 34 6 W-Produktion mit zusätzlichen Jets im Endzustand Verlangt man in den W+Jets-Ereignissen mit zwei Leptonen über 13 GeV zusätzlich true_etcone20 < 15 GeV für beide Leptonen, wird der Untergrund schon vor der vollen Simulation um einen weiteren Faktor 7 unterdrückt. Um festzustellen, ob ein solcher Schnitt möglich ist, ohne relevanten Untergrund zu verlieren, muss zunächst die Auflösung von etcone20 untersucht werden. Dafür wurden mit Sherpa zwei Datensätze mit den Endzuständen l+ν +charm und l+ν +charm+2jets erstellt. Diese enthalten jeweils etwa 10000 Ereignisse mit zwei Leptonen über 13 GeV pT . In verschiedenen true_etconeIntervallen12 wurden an die Verteilung von etcone/true_etcone Gausskurven angepasst (Beispiel Abb. 31), deren Erwartungswerte und Standardabweichungen in den Graphen 32 und 33 gegen das Zentrum des true_etcone-Intervalles aufgetragen sind. Abbildung 31: Verteilung von etcone20/true_etcone20 im Intervall 80 GeV 160 GeV mit Anpassung einer Gauß-Kurve. < true_etcone20 < Der Erwartungswert lässt sich in Abhängigkeit der etcone-Energie folgendermaßen parametrisieren: etcone −true_etcone = a − (a − b) · exp (55) true_etcone c mit etcone a = (true_etcone → ∞) = (84,6 ± 0,8)% true_etcone etcone (true_etcone → 0) = (45,9 ± 2,3)% b = true_etcone c = (60,3 ± 6,6) GeV Da es sich bei etcone um unkalibrierte Energie handelt, ist das Verhältnis aus rekonstruierter zu tatsächlicher Energie mit einem Wert von deutlich unter 1 zu erwarten. Bei niedrigeren true_etcone-Werten 12 Es wurden die Intervalle 10 − 20(5 − 20), 20 − 40, 40 − 80, 80 − 160 und 160 − 320 GeV gewählt, um in allen Intervallen ähnlich viele Ereignisse zu finden. 6.2 W+Jets als Untergrund zu dileptonischen Endzuständen 35 Abbildung 32: Erwartungswert der angepassten Gauß-Kurve, aufgetragen gegen die Mitte des true_etconeIntervalls. Die Funktion < etcone/true_etcone > (siehe Gleichung 55) wurde an die Daten angepasst. 36 6 W-Produktion mit zusätzlichen Jets im Endzustand Abbildung 33: Standardabweichung der angepassten Gauß-Kurve, aufgetragen gegen die Mitte des true_etcone-Intervalls. Die Funktionen σ(etcone20)/true_etcone20 (s. Gl. 56) und σ(etcone45)/true_etcone45 (s. Gl. 57) wurden jeweils an die Daten mit den entsprechenden Kegelgrößen angepasst. Zum Vergleich ist die untere Kurve Cone4Jets σ(E)/E (s. Gl. 58) eingezeichnet, welche die Auflösung von unkalibrierten Jets angibt, die mit dem Cone-Algorithmus und einer Kegelgröße von ∆R = 0.4 rekonstruiert wurden [6]. 6.2 W+Jets als Untergrund zu dileptonischen Endzuständen 37 sinkt das Verhältnis noch weiter ab. Niederenergetische Teilchen können durch das Magnetfeld eher aus dem Kegel gelenkt werden, erleiden einen größeren relativen Energieverlust und stärkere Streuung durch das Material vor dem Kalorimeter. Die Standardabweichung ist für etcone20 und etcone45 unterschied√ lich und kann durch einen konstanten Term und den für Kalorimeterenergien typischen σE ∝ E-Term beschrieben werden. σ(etcone20) true_etcone20 = σ(etcone45) true_etcone45 = (116,8 ± 3,4)% p ⊕ (9,1 ± 0,5)% true_etcone20/GeV (73,0 ± 5,6)% p ⊕ (13,0 ± 0,6)% true_etcone45/GeV (56) (57) Der Beitrag durch Fluktuationen in den Kalorimeterzellen ist proportional zur Wurzel aus der Anzahl Zellen und damit zum Kegelradius, dadurch ist wohl der konstante Term bei größerem Kegel etwas größer. Durchschnittlich ist etwa 44% der Energie in etcone45 schon in etcone20 enthalten, der aber nur 20% der Fläche ausmacht. Wie man erwarten würde, sind also die zusätzlichen Teilchen bei einem nicht isolierten Lepton eher in der Nähe des Leptons, also der Mitte des Kegels, zu finden. Dadurch befinden sich bei einem kleineren Kegel mehr Teilchen in der Nähe der Kegelgrenze. Daher ist die Fluktuation durch Teilchen, die zwischen Generator- und Rekonstruktionsebene aus oder in den Kegel gestreut werden, höher und die Auflösung schlechter. Im Vergleich zur Energieauflösung, die in [6] für unkalibrierte Jets angegeben wird, die mit dem Cone-Algorithmus mit Kegelgröße ∆R = 0.4 rekonstruiert wurden, σ(E) 62,4% =p ⊕ 1,7% E E/GeV (58) ist die Auflösung für etcone besonders im konstanten Term schlechter. Allerdings besteht auch ein konzeptioneller Unterschied zwischen Jet- und etcone-Energie. Beim Jet ist der Kegel um den Energieschwerpunkt zentriert und dieser kann sich vom Generatorniveau zur Rekonstruktion verschieben. Der etcone-Kegel ist durch das Lepton fixiert und entspricht nicht unbedingt dem Energieschwerpunkt. Will man nun einen Generatorschnitt auf die Isolation anbringen, der drei Standardabweichungen über einem üblichen Analyseschnitt von etcone20 < 10 GeV liegt, kann man true_etcone20 < 55 GeV verlangen. Dadurch wird der W+Jets Untergrund allerdings nur um etwa 30% reduziert. Da dies die Effizienz in der vollständigen Simulation von relevanten W+Jets-Untergrundereignissen nur geringfügig verbessert, wurde im weiteren auf einen Isolationsschnitt auf Generatorniveau verzichtet. Die gewonnene Parametrisierung von etcone in Abhängigkeit von true_etcone wird aber in der Modellierung der Leptonisolation in der Untersuchung des bb - Untergrundes auf Generatorniveau in Anhang B Verwendung finden. 38 6 W-Produktion mit zusätzlichen Jets im Endzustand 6.2.2 Untersuchung von Leptonisolation und Stoßparameter-Signifikanz in voll simulierten W+Jets-Ereignissen In diesem Abschnitt werden einige Variablen auf Rekonstruktionsebene daraufhin untersucht, ob sie sich zur Trennung isolierter Leptonen aus W-Boson-Zerfällen von nicht isolierten Leptonen aus HadronZerfällen eignen. Zu einem üblichen Isolationsschnitt, Std.-Isol.: e± etcone20 < 10 GeV und µ± etcone20 < 5 GeV (59) der so oder ähnlich in vielen ATLAS-Analysen verwendet wird, soll eine Alternative gefunden werden, die sich insbesondere zur Unterdrückung von W+Jets-Ereignissen eignet. Die Variablen werden anhand von Leptonen aus Hadron-Zerfällen im Datensatz W+Jets und Leptonen aus W-Boson-Zerfällen im Signaldatensatz H170 untersucht. Beide Datensätze sind mit voller Detektorsimulation erstellt worden (Details in Abschnitt 7, Tabelle 1 und Unterabschnitt Vorselektion). Die Nachweiswahrscheinlichkeiten für Elektronen und Myonen in Abbildung 34 zeigen, dass Leptonen aus Hadron-Zerfällen schon durch Rekonstruktions- und Identifikations-Algorithmen und die Schnitte der Vorselektion deutlich unterdrückt werden. Die Verteilungen der folgenden Variablen sind in den Abbildungen 35, 36 dargestellt. • etcone20 und etone40 − etcone20 Die etcone-Variable wurde in Abschnitt 5.2.4 erläutert. etone40 − etcone20 ist dementsprechend die transversale Energie in einem Hohlkegel mit Außenradius ∆R = 0,4 und Innenradius ∆R = 0,2. • min∆R(e/µ,Jet) Der Abstand in ∆R zwischen Lepton und nächstliegendem Jet. • N(Spuren Cone20), N(Spuren Cone40) Anzahl Spuren mit pT > 1 GeV in einem Kegel mit Radius ∆R = 0,2 bzw. ∆R = 0,4 um das Lepton. Die Lepton-Spur wird mitgezählt. • pT (Spuren Cone20), pT (Spuren Cone40) Vektorielle Summe der Transversalimpulse aller Spuren mit pT > 1 GeV in einem Kegel mit Radius ∆R = 0,2 bzw. ∆R = 0,4 um das Lepton. Der Transversalimpuls der Lepton-Spur wird subtrahiert. • d0 /σ(d0 ) Signifikanz des transversalen Stoßparameters13 (siehe Abschnitt 3.2). Der Hauptteil der relevanten Leptonen aus Hadron-Zerfällen stammt aus Mesonen mit Charm- oder Bottom-Inhalt, welche noch einige Millimeter im Detektor zurücklegen, bevor sie zerfallen. Falls die Leptonen beim Zerfall Impuls transversal zur Flugrichtung des Elternteilchens erhalten, sollten sie größere d0 -Werte aufweisen als Leptonen aus W-Zerfällen. • Elektron E233/E277 Verhältnis der transversalen Energien in einem ∆η × ∆φ = 3 × 3 Zellen großen Cluster in der zweiten Lage des elektromagnetischen Kalorimeters und dem dazugehörigen ∆η × ∆φ = 7 × 7Cluster. Diese Variable beschreibt die Breite des elektromagnetischen Schauers und ist eine Variation von Rη (37), das schon in isEM zur Elektron-Identifikation verwendet wird (siehe Abschnitt 5.2.3). Teilchen, die ihre Energie im selben Cluster deponieren wie das Elektron, tragen nicht zur etcone-Energie bei (siehe Abschnitt 5.2.4), können aber zu einem breiteren Schauer führen. 13 Die gemessenen Stoßparameter liegen in der gleichen Größenordnung wie die Auflösung. Die Auflösung des Stoßparameters hängt stark von der Qualität der rekonstruierten Spur ab. Um den Einfluss der Spurrekonstruktion zu verringern, wird daher die Signifikanz des Stoßparameters verwendet. 6.2 W+Jets als Untergrund zu dileptonischen Endzuständen 39 Abbildung 34: Nachweiswahrscheinlichkeiten für Elektronen und Myonen in η- und pT -Intervallen. Die Nachweiswahrscheinlichkeiten für Leptonen aus W-Boson-Zerfällen und Hadron-Zerfällen in W+Jets sind getrennt dargestellt. Zum Vergleich ist auch die Nachweiswahrscheinlichkeit im Signaldatensatz H170 dargestellt. Auf die Abhängigkeit der Nachweiswahrscheinlichkeit von der Detektorgeometrie wird in Abschnitt 7, Bildunterschrift zu Abb. 37 eingegangen. 40 6 W-Produktion mit zusätzlichen Jets im Endzustand Abbildung 35: Variablen zur Trennung isolierter Elektronen aus W-Boson-Zerfällen von nicht isolierten Elektronen aus Hadron-Zerfällen. Verglichen werden Elektronen aus W-Zerfällen im Datensatz H170 und Elektronen aus Hadronzerfällen im Datensatz W+Jets nach einem Schnitt auf zwei Leptonen mit pT > 15 GeV und |η| < 2,5. Die Verteilungen sind flächenormiert auf Eins. Im Histogramm rechts oben ist der Anteil Ereignisse ohne Jet im höchsten Intervall eingetragen. 6.2 W+Jets als Untergrund zu dileptonischen Endzuständen Abbildung 36: Verteilungen für Myonen analog zu Abbildung 35. 41 42 6 W-Produktion mit zusätzlichen Jets im Endzustand Nach der obigen Definition der Standard-Isolation sind die meisten der Leptonen aus Hadron-Zerfällen, die die Vorselektion passieren, isoliert. Das liegt daran, dass bei Elektronen etcone20 mit den isEMVariablen zur Elektron-Identifikation korreliert ist. Myonen werden nicht akzeptiert, wenn innerhalb ∆R = 0,4 ein Jet mit pT > 15 GeV rekonstruiert wurde. Der Standard-Isolationsschnitt ist außerdem im Hinblick auf eine hohe Lepton-Nachweiswahrscheinlichkeit gewählt worden. Die Variablen min∆R(e/µ,Jet) und d0 /σ(d0 ) zeigen nur eine geringe Trennkraft. Die Leptonen, die in der Hadronisierung und Fragmentation eines Quarks oder Gluons entstanden sind und die Vorselektion passieren, werden also nicht transversal zur Jet-Achse abgestrahlt und zusätzlich zum Jet rekonstruiert. Sie übernehmen eher einen großen Anteil am Impuls des primären Partons, so dass die Impulsrichtung des Leptons kaum von der des primären Partons abweicht und die restlichen Teilchen aus der Hadronisierung nicht genug Energie tragen, um als Jet rekonstruiert zu werden. Die Verteilung von E233/E277 zeigt, dass auch nach der Vorselektion durch isEM noch Information in der Form des elektromagnetischen Schauers steckt, die zur Charakterisierung der Leptonisolation beitragen kann. Die restlichen Variablen zeigen eine deutliche Trennkraft, sind aber stark korreliert, da sie alle Teilchenzahl/-energie im Kegel um das Lepton beschreiben. In der Analyse H → W W → lνlν ist es sinnvoller, kleinere Kegel zu verwenden, da die Leptonen aufgrund der Spinkorrelation nah beieinander liegen. Ein Lepton innerhalb dessen etcone-Kegel ein anderes Elektron Energie deponiert, würde als nicht isoliert verworfen. Beispielsweise hat der Standard-Isolations-Schnitt im Signal nach Analyseschnitten (ohne Isolation) eine Effizenz von 98%. Verlangt man statt dessen etcone45 < 15 GeV für beide Leptonen, liegt die Effizienz nur bei 85%. Beide Schnitte haben eine Effizienz von etwa 85% bei W+Jets. Die Verwendung größerer Kegel erscheint dementsprechend nicht sinnvoll, diese müssten gegebenenfalls um die Energie anderer Elektronen korrigiert werden. In der folgenden Analyse wird zunächst die Standard-Isolation verwendet und ein Vergleich mit einem härteren Isolationsschnitt durchgeführt. Harte Isol.: e± etcone20 < 5 GeV und µ± etcone20 < 2,5 GeV ± e ± und µ N(Spuren Cone20) = 1 (60) (61) Allgemein ist noch zu bemerken, dass hier nicht berücksichtigte Minimum-Bias-Ereignisse und Pile-Up zu mehr niederenergetischen Spuren und zusätzlichen Energieeinträgen im Kalorimeter führen. Dadurch würden die Verteilungen der Isolationsvariablen sicherlich beeinflusst. 43 7 Die Schnittanalyse Die Schnitte in der Analyse Gluon-Fusion H → W W → lνlν richten sich größtenteils nach [28, 8]. Die Schnittanalyse Vektor-Boson-Fusion H → W W → lνlν orientiert sich an [9]. Beide Analysen wurden bisher nur mit schneller Detektorsimulation durchgeführt. In den Tabellen 1 und 2 sind die für die Schnittanalysen verwendeten Monte-Carlo-Datensätze aufgelistet. Die meisten Untergrund-Datensätze sind ebenfalls in schneller Detektorsimulation erstellt worden, da die von der ATLAS-Kollaboration zentral produzierten voll simulierten Datensätze oft eine zu geringe Statistik aufweisen und eine private Produktion zu viel CPU-Zeit benötigt. Für das Signal wird in beiden Analysen jeweils ein zentral produzierter voll simulierter Datensatz mit den privaten schnell und voll (nur GF) simulierten Datensätzen verglichen. Da der W+Jets-Untergrund stark von Isolationsvariablen abhängt, kann dieser Untergrund nur in voller Simulation untersucht werden. Für die Analyse in Gluon-Fusion ist mit Pythia6.4 ein Datensatz W+Jets erstellt worden, der mit dem in Abschnitt 6.2 definierten Generator-Schnitt "DiLep A"gefiltert wurde. Für die Analyse in Vektor-Boson-Fusion ist die Beschreibung zusätzlicher Jets in der W-Produktion allein durch Partonschauer und die in Pythia6.4 integrierte W+1Jet Matrixelementkorrektur nicht ausreichend. Daher wurde der in Abschnitt 5 näher beschriebene Generator Sherpa verwendet. Da Sherpa einerseits mehr Zeit zur Ereignisgenerierung benötigt und andererseits die Möglichkeit bietet, explizit Quark-Typen im Endzustand zu spezifizieren, wurden zwei spezialisierte Datensätze W+c+Jets und W+bb+Jets erstellt. Die Produktionsprozesse W + c und W + bb wurden in Abschnitt 6.2 als die für Zwei-Lepton-Endzustände relevanten identifiziert, gegenüber denen die weiteren vernachlässigbar sind. In beiden Datensätzen wurde jeweils die Abstrahlung von 0, 1 und 2 weiteren Jets im Matrixelement berechnet. 7 Die Schnittanalyse Name / Prozess H150_f H160 H160_f H170 H170_CSC H170_f H180_f H190_f VBFH110_f VBFH120_f VBFH130_f VBFH140_f VBFH150_f VBFH160_f VBFH170_CSC VBFH170_f VBFH180_f VBFH190_f Zerfall H H H H H H H H H H H H H H H H H H → WW → WW → WW → WW → WW → WW → WW → WW → WW → WW → WW → WW → WW → WW → WW → WW → WW → WW Generator → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν → lνlν Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.3 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Hadronisierung Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.3 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Simulation / Rekonstruktion ATLFasta voll Sim. Ac ATLFast voll Sim. A voll Sim. Bd ATLFast ATLFast ATLFast ATLFast ATLFast ATLFast ATLFast ATLFast ATLFast voll Sim. B ATLFast ATLFast ATLFast GeneratorFilter Dilep Bb Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B Dilep B σ [fb] 584 706 706 692 694 692 615 469 9,58 26,4 56,9 90,4 122 151 154 153 141 109 Anzahl Ereignisse 100 000 4950 100 000 5000 4500 100 000 100 000 100 000 100 000 100 000 100 000 100 000 100 000 150 000 4 000 100 000 100 000 100 000 Tabelle 1: Verwendete Monte-Carlo-Datensätze für die Signalprozesse. Schnell simulierte Daten sind mit “_f“, zentral von der ATLAS-Kollaboration produzierte, voll simulierte Daten sind mit “_CSC“ bezeichnet. Alle weiteren wurden im Rahmen dieser Arbeit in voller Simulation erstellt. a schnelle Detektor-Simulation mit Atlfast-AtlasReconstruction-00-00-17 in ATHENA12.0.6.3 Es werden mindestens zwei Leptonen mit pT > 5 GeV innerhalb von |η| < 2,7 verlangt. c volle Detektor-Simulation in ATHENA12.0.6.1, Digitalisierung und Rekonstruktion in ATHENA12.0.6.3 d volle Detektor-Simulation in ATHENA12.0.31, Digitalisierung und Rekonstruktion in ATHENA12.0.6.1 44 b Name / Prozess ttbar_f Wt_f qq2WW_f gg2WW_f WZ_f ZZ_f Ztautau_f WWjj_f WWjj Ztautau_CSC W+Jets W+c+Jets W+bb+Jets Zerfall Generator tt → bbW W → bblνlν W t → bW W → blνlν W W → lνlν W W → lνlν W Z → lνll ZZ → llνν Z → ττ W W → lνlν W W → lνlν Z → ττ W → lν W → lν W → lν AcerMC3.4 AcerMC3.4 MadGraph4 gg2WW [27] Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 MadGraph4 MadGraph4 AlpGend Pythia6.4 Sherpa1.0.9 Sherpa1.0.9 Hadronisierung Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Pythia6.4 Jimmye Pythia6.4 Pythia6.2 Pythia6.2 Simulation / Rekonstruktion ATLFasta ATLFast ATLFast ATLFast ATLFast ATLFast ATLFast ATLFast voll Sim. Cc voll Sim. C voll Sim. C voll Sim. C voll Sim. C GeneratorFilter DiLep Bb DiLep B DiLep B f Lep + VBFg DiLep Ah DiLep A + VBF DiLep A + VBF σ [fb] 51,1 · 103 6,48 · 103 7,69 · 103 540 329 499 67,2 · 103 109 109 6,21 · 103 26,0 · 103 2,97 · 103 365 Anzahl Ereignisse 5 825 000 210 000 179 999 130 000 50 000 50 000 500 000 408 922 9 900 500 000 97 684 33 358 4 900 Tabelle 2: Verwendete Monte-Carlo-Datensätze für die Untergrundprozesse. Schnell simulierte Daten sind mit “_f“, zentral von der ATLAS-Kollaboration produzierte, voll simulierte Daten sind mit “_CSC“ bezeichnet. Alle weiteren wurden im Rahmen dieser Arbeit in voller Simulation erstellt. a schnelle Detektor-Simulation mit Atlfast-AtlasReconstruction-00-00-17 in ATHENA12.0.6.3 Es werden mindestens zwei Leptonen mit pT > 5 GeV innerhalb von |η| < 2,7 verlangt. c volle Detektor-Simulation in ATHENA12.0.31, Digitalisierung und Rekonstruktion in ATHENA12.0.6 d Alpgen [29] ist ein auf W/Z+Jets-Produktion spezialisierter Matrixelement-Generator, hier wurden zentral produzierte Z+2,3,4,5Jets-Datensätze kombiniert. e Jimmy ist ein Satz von Bibliotheken, der auf [30] basiert und zur Hadronisierung und Fragmentierung von Monte-Carlo-Ereignissen verwendet wird. f Es wird mindetens ein Lepton mit pT > 10 GeV innerhalb von |η| < 2,7 verlangt. g Es gibt mindestens eine Kombination aus zwei Jets, die ausgehend von allen wechselwirkenden Teilchen auf Generatorniveau mit dem Cone-Algorithmus mit Kegelgröße ∆R = 0,4 (Cone4TruthJets) rekonstruiert wurden, die pJet1 > 20 GeV, pJet2 > 15 GeV, |η Jet1/2 | < 5, Mjj > 300GeV und ∆ηjj < 2 erfüllt. T T h Es werden mindestens zwei Leptonen mit pT > 13 GeV innerhalb von |η| < 2,7 verlangt. b 45 46 7 Die Schnittanalyse Vorselektion rekonstruierter Objekte Rekonstruktionsalgorithmen für verschiedene Objekte werden meist unabhängig voneinander angewandt. So wird beispielsweise ein Elektron fast immer auch als Jet rekonstruiert. Es ist daher notwendig, den Überlapp zwischen den Objekten zu entfernen und dabei gewisse Qualitätskriterien an die Objekte zu stellen. Dies wurde hier mithilfe des ATHENA12.0.6-Paketes EventView-00-00-19 durchgeführt. Dabei werden Objekte in einer gewissen Reihenfolge in ein sogenanntes “EventView“, also eine Sichtweise oder Interpretation des Ereignisses, eingefügt. Überlappt ein Objekt innerhalb eines bestimmten ∆R mit einem schon eingefügten Objekt, wird es verworfen. Es wurden folgende Reihenfolge und Vorselektion gewählt. 1. Elektronen • Kinematik: pT > 10 GeV, |η| < 2,5 • isEM: Es werden alle isEM-Bits abgefragt, bis auf das TRT-Bit (siehe Abschnitt 5.2.3). • Überlapp: Elektronen innerhalb ∆R = 0,1 eines schon eingefügten Elektrons werden verworfen. So werden vereinzelt auftretende Mehrfachrekonstruktionen entfernt. 2. Jets • Algorithmus: Cone4TopoJets (siehe Abschnitt 5.2.1) • Kinematik: pT > 15 GeV, |η| < 5 • Überlapp: Jets innerhalb ∆R = 0,4 eines schon eingefügten Objekts werden verworfen. 3. Myonen • Kinematik: pT > 10 GeV, |η| < 2,5 • Spurqualität: χ2match < 20 (Anzahl Freiheitsgrade N dof = 5 ), χ2f it /N dof < 5 (N dof variabel) • Überlapp: Myonen innerhalb ∆R = 0,4 eines eingefügten Jets werden verworfen, da diese mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Jet stammen und desweiteren spätere Isolationsschnitte nicht passieren würden. Myonen innerhalb ∆R = 0,1 eines schon eingefügten Myons werden verworfen, um Mehrfachrekonstruktionen zu entfernen. Photonen und Tau-Jets werden vernachlässigt. Hochenergetische Photonen kommen in den verwendeten Datensätzen so gut wie gar nicht vor. Die Anzahl der Ereignisse mit zwei Leptonen und Tau-Jet(s) ist ebenfalls vernachlässigbar. Außerdem würde eine separate Rekonstruktion von Tau-Jets nicht zur SignalUntergrund-Trennung beitragen. Isolation ist normalerweise schon Teil der Vorselektion von Leptonen. Es wurde bewusst auf einen direkten Isolations-Schnitt auf etcone in der Vorselektion verzichtet, um die Isolation nach der Vorselektion studieren zu können. Nachweiswahrscheinlichkeiten Die Nachweiswahrscheinlichkeit für Jets liegt nahe bei Eins und sinkt für Jets mit niedrigem Transversalimpuls (10 < pT < 20 GeV) auf etwa 90% ab. Für eine detaillierte Studie der Nachweiswahrscheinlichkeit für Jets wird auf [33] verwiesen. In Studien, die auf schneller Detektorsimulation basieren, wurde bisher üblicherweise eine Nachweiswahrscheinlichkeit für Leptonen von 90% angenommen. Die volle Simulation zeigt, dass die Nachweiswahrscheinlichkeit insbesondere für Elektronen niedriger ist. Optimalerweise würde man die Nachweiswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von η und pT der Leptonen aus der vollen Simulation auf ATLFast 47 übertragen. Leider steht für eine zweidimensionale Abtastung keine ausreichende Statistik zur Verfügung. Da für Leptonen im Bereich pT > 15 GeV und |η| < 2,5 die η-Abhängigkeit aufgrund der Detektor-Geometrie größer als die pT -Abhängigkeit ist, wird hier die Nachweiswahrscheinlichkeit in η-Intervallen verwendet. Eine leichte Korrelation (hohes η ⇔ niedriges pT ) führt dazu, dass die Modellierung in η die niedrigere Nachweiswahrscheinlichkeit für pT < 20 GeV schon näherungsweise beschreibt. Trotzdem werden die Leptonen in den Intervallen 10 < pT < 15 GeV, 15 < pT < 20 GeV und pT > 20 GeV noch entsprechend der Nachweiswahrscheinlichkeit in voller Simulation korrigiert. Die Nachweiswahrscheinlichkeit für die volle Simulation, ATLFast und ATLFast mit der Modellierung der Nachweiswahrscheinlichkeiten sind in Abbildung 37 für den Datensatz H170 dargestellt. Hierbei ist die Nachweiswahrscheinlichkeit definiert als der Anteil wahrer Leptonen, zu denen innerhalb von ∆R < 0,01 ein rekonstruiertes Lepton assoziiert werden kann, welches die Vorselektion passiert. Das ∆R-Kriterium ist so gewählt, dass die Assoziation eindeutig ist und der mittlere Abstand zwischen wahrem und rekonstruiertem Lepton < ∆R >= 6 · 10−4 deutlich darunter liegt. Die Anzahl nicht assoziierter rekonstruierter Leptonen liegt unter 0,1%. Die Nachweiswahrscheinlichkeiten für volle Simulation und ATLFast mit Modellierung stimmen im verwendeten Bereich (pT > 15 GeV und |η| < 2,5) recht gut überein. Die Modellierung wurde noch einmal anhand von WWjj-Ereignissen überprüft (siehe Abb. 38). Die Struktur des Detektors wirkt sich deutlich auf die Nachweiswahrscheinlichkeiten aus. Für Elektronen ist die Nachweiswahrscheinlichkeit im Bereich 1,3 < |η| < 1,8 durch den Übergang zum Endkappenkalorimeter, bzw. die Kabel zum Inneren Detektor und das Kalorimeter-Kühlsystem zwischen Zentral- und Enkappenkalorimeter verschlechtert (siehe auch Abbschnitt 3.2 Abb. 9). Generell funktioniert die Identifikation im Zentralbereich besser, da dort der elektromagnetische Schauer durch die feine Segmentierung des Kalorimeters und das senkrechte Auftreffen besser vermessen werden kann. Für Myonen sinkt die Nachweiswahrscheinlichkeit bei η = 0 stark ab, weil sich dort eine Lücke zwischen den Myon-Kammern befindet, durch die Kabel zum inneren Detektor laufen und das Kalorimeter-Kühlsystem versorgt wird. Im Bereich um |η| ≈ 1,2 wird die Nachweiswahrscheinlichkeit durch den Übergang zu den Endkappen beeinträchtigt. Lepton pT -Schnitte und Trigger Die untere Grenze auf das pT des zweiten Leptons wurde in der GF-Analyse von 10 auf 15 GeV angehoben und damit an die VBF-Analyse angeglichen, da einerseits dadurch der Untergrund aus HadronZerfällen deutlich reduziert wird (siehe Abb. 28) und andererseits die Sensitivität der Analyse auf die Nachweiswahrscheinlichkeit von niedrig-pT -Leptonen verringert wird. Des Weiteren wird so in jeder Kombination die Trigger-Schwelle überschritten, was im Fall von zwei Elektronen mit 20 und 10 GeV nicht der Fall wäre. Das Trigger-System des ATLAS-Detektors wählt Ereignisse zur Aufzeichnung aus, die potentiell interessant sind. Der Lepton-Trigger akzeptiert Ereignisse, die eine der folgenden Bedingungen für Leptonen im Bereich |η| < 2,5 erfüllen: 1µ mit pT > 20 GeV oder (62) 2µ mit pT > 10 GeV oder (63) 1e mit pT > 25 GeV oder (64) 2e mit pT > 15 GeV oder (65) 1µ mit pT > 10 GeV und 1 e mit pT > 15 GeV (66) Da die Lepton-Schnitte in den beiden folgenden Analysen die Trigger-Schwelle überschreiten, wurde auf eine weitere Berücksichtigung des Triggers verzichtet. 48 7 Die Schnittanalyse Abbildung 37: Nachweiswahrscheinlichkeiten für Elektronen und Myonen in voller Simulation, ATLFast und ATLFast mit Modellierung für den Datensatz H170. Für die Modellierung wurden die Nachweiswahrscheinlichkeiten in η-Intervallen (also die beiden Verteilungen für die volle Simulation links) auf die Leptonen in ATLFast angewandt. Leptonen im Bereich pT < 15 GeV wurden nicht verwendet, sind hier nur mit dargestellt, um die schlechtere Nachweiswahrscheinlichkeit für niedrig-pT -Elektronen darzulegen. Auf die Intervalle 10 < pT < 15GeV, 15 < pT < 20GeV und pT > 20GeV wurde zusätzlich eine Korrektur angewandt. 49 Abbildung 38: Nachweiswahrscheinlichkeiten für Elektronen und Myonen in voller Simulation, ATLFast und ATLFast mit Modellierung im Datensatz WWjj. Es wurde die Modellierung verwendet, die auf Datensatz H170 (Abb. 37) beruht. 50 7 Die Schnittanalyse 7.1 Schnittanalyse Gluon-Fusion H → W W → lνlν Die Analyse wird für Higgs-Boson-Massen im Bereich von 150 − 190 GeV durchgeführt. Außerhalb dieses Bereiches trägt die Analyse nicht zum Entdeckungspotential bei. Die Higgs-Boson-Produktion in VBF wird hier auch berücksichtigt, da in geringem Maße auch VBF-Ereignisse selektiert werden, bei denen die Tagging-Jets nicht rekonstruiert wurden. Folgende Selektion wird angewandt: 1. Leptonakzeptanz Es werden zwei isolierte Leptonen entgegengesetzter Ladung mit pLep1 > 20 GeV und pLep2 > 15 T T GeV innerhalb von |η| < 2,5 verlangt. Isolation bedeutet dabei, dass für Elektronen etcone20 < 10 GeV und für Myonen etcone20 < 5 GeV gilt (Standard-Isolation aus Abschnitt 6.2.2). 2. pmiss T Der fehlende transversale Impuls pmiss soll mindestens 40 GeV betragen. T P Es wird die Größe “METRefFinal“ verwendet. Dafür wird die gesamte transversale Energie ET aus den kalibrierten Objekten Elektronen, Myonen und Jets und den verbliebenen Kalorimeterzellen, welche keinem P miss Objekt zugeordnet sind, berechnet. Dann gilt px,y = − Ex,y . Dieser Schnitt reduziert alle Untergründe, die keine Neutrinos enthalten, wie beispielsweise qq → Z → ee/µµ. 3. PTllmiss Der Betrag der vektoriellen Summe der Leptonimpulse in der transversalen Ebene und des fehlenden transversalen Impulses PTllmiss = sX (pLep1 + pLep2 + pmiss )2 i i i (67) i=x,y soll weniger als 60 GeV betragen. Dadurch wird der große tt und W t Untergrund reduziert. 4. b-Jet-Veto Es werden alle Ereignisse verworfen, welche einen rekonstruierten b-Jet mit pT > 20 GeV innerhalb von |η| < 2,5 enthalten. In ATLFast wird ein Jet als b-Jet bezeichnet, wenn sich ein b-Quark in einem Abstand von ∆R < 0,4 zur Jet-Achse befindet. Desweiteren wird eine Rekonstruktions-Wahrscheinlichkeit von 60% für b-Jets und eine Fehlidentifikationsrate von 1% für leichte Jets (u,d,s,g) und 16% für c-Jets angenommen. In der vollen Simulation werden Rekonstruktionswahrscheinlichkeiten und Fehlidentifikationen vollständig realistisch beschrieben. Dafür wird aus verschiedenen rekonstruierten Variablen, wie beispielsweise der Signifikanz des Stoßparameters (siehe Abschnitt 3.2) der Spuren im Jet ein Gewicht berechnet, welches die Wahrscheinlichkeit angibt, dass der Jet ein b-Jet ist. Auf dieses Gewicht wird ein Schnitt angewandt, der einer Rekonstruktionswahrscheinlichkeit von 60% entspricht. Dabei ist die Fehlidentifikationsrate für leichte Jets 0,5%14 . Da nur im Intervall |η| < 2,5 Spuren rekonstruiert werden können, werden in ATLFast und voller Simulation auch nur in diesem Bereich b-Jets identifiziert. 5. Jet-Veto Alle Ereignisse, die einen Jet mit pT > 40 GeV innerhalb von |η| < 4,5 enthalten, werden verworfen. Die Vetos gegen b-Jets und gegen Jets allgemein reduzieren den tt und W t Untergrund weiter. 14 Die Fehlidentifikationsrate für c-Jets wird von der zur Bestimmung der Raten verwendeten Routine leider nicht berechnet, wurde aber in den Datensätzen richtig berücksichtigt. 7.1 Schnittanalyse Gluon-Fusion H → W W → lνlν 51 6. Mll Im Ruhesystem des Higgs-Bosons wird das Lepton- und das Neutrino-Paar entgegengesetzt mit gleicher Energie ausgesandt. Daher ist die invariante Masse des Lepton-Paares Mll beschränkt durch mH /2. Ein Schnitt auf Mll < 80 GeV verwirft insbesondere Untergrundereignisse, bei denen die Lepton-Paare aus einem Z-Boson stammen. Auch gegen die anderen Untergrundklassen ist der Schnitt effizient. 7. Z → τ τ Veto Unter der Hypothese, dass die beiden Leptonen und der fehlende transversale Impuls aus einem Zerfall Z → τ τ → lννlνν stammen, lässt sich die Z-Masse bzw. invariante Tau-Paar-Masse Mτ τ mithilfe der kollinearen Näherung rekonstruieren. Dabei geht man davon aus, dass die Impulse der Tau-Zerfallsprodukte aufgrund des großen Lorentzboosts parallel zum Tau-Impuls selbst liegen. Der Anteil des Lepton-Impulses am Tau-Impuls wird mit xτ 1 bzw. xτ 2 bezeichnet und lässt sich dann mithilfe der Impulserhaltung in der transversalen Ebene berechnen: − → − → p Lep2 p Lep1 → − → − → → → τ2 τ1 T pT + pT = + T =− p Lep1 +− p Lep2 +− p miss T T T xτ 1 xτ 2 ⇒ xτ 1 = xτ 2 = (68) pLep1 pLep2 − pLep1 pLep2 x y y x (69) pLep1 pLep2 − pLep1 pLep2 x y y x (70) pLep2 pmiss − pLep2 pmiss + pLep1 pLep2 − pLep1 pLep2 y x x y y x x y pLep1 pmiss − pLep1 pmiss + pLep1 pLep2 − pLep1 pLep2 x y x y y x y x Unter Vernachlässigung der Leptonmassen ergibt sich die invariante Tau-Paar-Masse zu Mτ τ = √ Mll , xτ 1 · xτ 2 (71) Eine detailliertere Beschreibung der kollinearen Näherung findet sich in [41, 12]. In Abb. 39 sind Mτ τ und xτ 1 gegen xτ 2 für den Signalprozess und Z → τ τ dargestellt. Im Gegensatz zum Signalprozess sind bei Z → τ τ die xτ größtenteils beide > 0, d.h. unter dieser Hypothese physikalisch sinnvoll. Die Mτ τ -Verteilung für Z → τ τ ist zwar durch die pmiss -Auflösung stark T verbreitert, zeigt aber ein deutliches Maximum bei der Z-Masse. Die kollineare Näherung ist daher ein geeignetes Mittel zur Identifizierung und Unterdrückung des Z → τ τ -Untergrundes. Alle Ereignisse mit xτ 1 > 0, xτ 2 > 0 und |MZ − Mτ τ | < 25 GeV werden verworfen. 8. ∆ηll Ein Schnitt auf die Differenz der Pseudorapiditäten ∆ηll < 1,5 nutzt die in Abschnitt 4.2 diskutierten Spinkorrelation (s. Abschnitt 4.2) in H → W W , aufgrund derer sich die beiden Leptonen räumlich näher sind als in den Untergrundprozessen. 9. ηll → → Für die Pseudorapidität des Zwei-Lepton-System ηll = η(− p Lep1 + − p Lep2 ) wird ηll < 1,47 verlangt. Dadurch werden qq → W W -Untergrundereignisse unterdrückt, die durch Streuung von Valenz- an Seequarks erzeugt werden. In solchen Ereignissen erhält das W-Paar einen größeren Lorentz-Boost in Vorwärts-Richtung als beim Signalprozess, wodurch das Zwei-Lepton-System eine größere Pseudorapitität hat. 10. ∆Φll Ein Schnitt auf ∆Φll < 1,0 rad trägt deutlich zur Signal-Untergrund-Trennung bei, da sich die erwähnte Spinkorrelation insbesondere auf den Winkel zwischen den Leptonen in der transversalen Ebene auswirkt. 52 7 Die Schnittanalyse 11. mT (llν) Die transversale Masse des Lepton-Neutrino-Systems unter Vernachlässigung der Masse des LeptonPaares ist im Signalprozess durch die Masse des Higgs-Bosons begrenzt. Der Bereich niedriger mT (llν) wird vom Untergrund dominiert. Daher ist es sinnvoll, einen Fensterschnitt anzuwenden, der von der erwarteten Higgs-Boson-Masse abhängt. Die größte Signifikanz erreicht man dabei für mH −40 GeV < mT (llν) < mH bei mH = 170−190 GeV und mH −30 GeV < mT (llν) < mH bei mH = 150 − 160 GeV. Abbildung 39: Graphen zur Motivation der Z → τ τ Veto Schnitte. Oben: Verteilung von xτ 1 gegen xτ 2 für Signalprozess und Z → τ τ . Zwei Leptonen im Ereignis wurden verlangt, keine weiteren Schnitte. Unten: Auf Flächeninhalt Eins normierte Mτ τ -Verteilungen für Ereignisse mit zwei Leptonen und xτ 1 > 0 , xτ 2 > 0. Die Histogramme in den Abbildungen 40-42 zeigen die Verteilungen der verwendeten Variablen sukzessive nach den vorhergehenden Schnitten. In Tabelle 3 sind die Wirkungsquerschnitte der Prozesse sukzessive nach jedem Schnitt angegeben. Der Isolationsschnitt wurde relativ moderat gewählt (Vergleich Abschnitt 6.2.2), da zunächst studiert werden sollte, in welchem kinematischen Bereich die W+Jets Ereignisse liegen. 7.1 Schnittanalyse Gluon-Fusion H → W W → lνlν Abbildung 40: Obere 4 Graphen: pT und η der beiden Leptonen nach Schnitt 1. Unten links: Fehlender Transversalimpuls nach Schnitt 1. Unten rechts: PTllmiss -Verteilung nach Schnitt 2. Alle Verteilungen sind auf Flächeninhalt Eins normiert. 53 54 7 Die Schnittanalyse Abbildung 41: Jet Oben links: Transversalimpuls pJet T des Jets mit größten pT innerhalb von |η| < 4,5 im Ereignis nach Schnitt 4. Ereignisse, in denen kein Jet rekonstruiert wurden, sind bei pJet T = 0 eingetragen. Oben rechts: Invariante Masse des Lepton-Paares nach Schnitt 5. Unten links: Pseudorapiditätsabstand zwischen den Leptonen nach Schnitt 7. Unten rechts: Pseudorapidität des Lepton-Paares nach Schnitt 8. Alle Verteilungen sind auf Flächeninhalt Eins normiert. 7.1 Schnittanalyse Gluon-Fusion H → W W → lνlν 55 Abbildung 42: Oben links: Winkel zwischen den Leptonen in der transversalen Ebene nach Schnitt 9. Oben rechts: Verteilung der transversalen Masse mT (llν) nach Schnitt 10. Unten links: Zum Vergleich die Verteilung der transversalen Masse MT unter Berücksichtigung der LeptonPaar-Masse nach Schnitt 10. Alle Verteilungen sind auf den Wirkungsquerschnitt des Prozesses nach dem angegebenen Schnitt normiert und in der durch die Legende angegebenen Reihenfolge gestapelt. 7 Die Schnittanalyse Schnitt: ohne Schnitte 1. Leptonakzeptanz + Isolation 2. ETmiss 3. PTllmiss 4. b-Jet-Veto 5. Jet-Veto 6. Mll 7. Z → τ τ Veto 8. ∆ηll 9. ηll 10. ∆Φll 11. mT (llν) H170 692 297 284 227 146 145 117 114 114 107 93,7 60,4 35,0 H170_CSC 694 287 273 221 139 138 112 108 108 102 87,7 56,1 33,2 H170_f 692 298 294 234 144 142 116 113 112 107 91,3 58,0 34,2 ttbar_f 51100 10300 10200 7940 2130 670 198 78,7 78,0 70,9 59,8 23,2 10,8 Wt_f 6480 1440 1430 1060 383 206 125 54,6 54,3 48,8 42,4 18,6 8,67 qq2WW_f 7690 1140 1130 585 483 479 438 230 229 205 163 65,9 20,1 gg2WW_f 540 109 109 77,4 67,5 67,1 59,3 37,3 37,2 33,4 28,7 15,2 7,57 W+jets 26000 728 613 266 238 235 214 173 173 127 112 42,2 1,06 WZ_f 329 134 133 72,3 51,5 50,8 43,4 7,24 7,14 6,23 4,77 1,67 0,51 ZZ_f 499 226 225 142 112 111 101 8,24 8,17 7,42 5,84 2,54 0,51 Ztautau_f 67200 8770 8740 705 102 98,4 58,3 44,9 24,5 23,8 15,7 0,00 0,00 56 Tabelle 3: Verhalten von Signal und Untergrund in der Schnittanalyse GF H → W W → lνlν. Die angegebenen Zahlen sind Wirkungsquerschnitte in fb sukzessive nach jedem Schnitt. Die Signaldatensätze in schneller Detektorsimulation H170_f und in voller Detektorsimulation H170 (privat produziert) liefern nach der Modellierung der Lepton-Nachweiswahrscheinlichkeiten vergleichbare Ergebnisse. Der ebenfalls voll simulierte, zentral produzierte Datensatz H170_CSC zeigt eine etwas schlechtere Leptonakzeptanz und Isolation, was wahrscheinlich auf die höhere Jet-Aktivität in Pythia6.3 zurückzuführen ist. 7.1 Schnittanalyse Gluon-Fusion H → W W → lνlν 57 Die Verteilung der transversalen Masse mT (llν) in Abb. 42 zeigt, dass der W+Jets-Untergrund hauptsächlich zu niedrigen transversalen Massen beiträgt. Selbst bei der Suche nach einem Higgs-Boson mit mH = 150 GeV werden alle Ereignisse mit mT (llν) < 120 GeV verworfen. Dann tragen W+JetsEreignisse nur noch mit etwa 5% zum Gesamtuntergrund bei. Abb. 42 zeigt zum Vergleich ebenfalls die Verteilung der transversalen Masse MT des Lepton-NeutrinoSystems unter Berücksichtigung der Masse des Lepton-Paares. In der Schnittanalyse GF H → W W → lνlν ist der Unterschied recht klein und die Verwendung von MT statt mT (llν) bringt keine Verbesserung der Signifikanz. Der Prozess gg → W W trägt nach Schnitten mit etwa 15 % zum Gesamtuntergrund bei (38% von qq → W W ), damit wird das Ergebnis der Generator-Niveau-Analyse in [28] bestätigt. Tabelle 4 zeigt die Anzahl der Signal- S und Untergrundereignisse U für eine integrierte Luminosität von L = 10 fb−1 und Higgs-Boson-Massen im Bereich 150 − 190 GeV nach allen Analyseschnitten. Die statistische Unsicherheit auf die Anzahl der Ereignisse N wird nach Poisson-Statistik berechnet. Dabei 15 wird als Unsicherheit √ die obere Grenze des 68% Konfidenzintervalls verwendet . Für N > 100 ist die Näherung ∆N ≈ N gerechtfertigt. Die Abschätzung der systematischen Unsicherheit geht über den Rahmen dieser Arbeit hinaus und ist letztendlich auch erst mit echten Daten zufriedenstellend möglich. Für die Berechnung der Signalsignifikanzen wurden daher Annahmen über 5%, 10% und 20% systematischer Unsicherheit auf die Anzahl der Untergrundereignisse gemacht. Des Weiteren trägt die statistische Unsicherheit der Monte-Carlo-Datensätze zur Systematik bei. Die statistischen Unsicherheiten ∆Ui auf die Ereigniszahlen Ui in den verschiedenen Untergrundklassen i werden entsprechend der Luminosität Li des Datensatzes umgewichtet und quadratisch addiert16 . ∆UM C = X L i Li · ∆Ui 2 (72) Bis zur Datennahme sollte möglichst eine ausreichende Menge Monte-Carlo-Daten erstellt worden sein, damit diese Unsicherheit vernachlässigbar ist. Die Signifikanzen werden daher einmal mit und einmal ohne diesen Beitrag berechnet. q (73) Signalsignifikanz = S/ (∆Ustat )2 + (∆Usyst )2 mit ∆Usyst = x · U bzw. ∆Usyst = p (x · U )2 + (∆UM C )2 für x = 5/10/20% Abbildung 43 stellt die berechneten Signifikanzen für 1 , 10 und 30 fb−1 dar. Die wichtigste Vorraussetzung für eine Entdeckung ist eine möglichst kleine systematische Unsicherheit. Gelingt es, diese auf 5 − 10% zu reduzieren, ist eine Entdeckung eines Higgs-Bosons mit einer Masse von 165 − 170 GeV mit wenigen fb−1 möglich17 . 15 Für die Berechnung der Signalsignifikanz ist die Wahrscheinlichkeit einer Fluktuation des Untergrundes nach oben relevant. Für Gauß-verteilte Fehler liefert diese Fehlerfortplanzung die korrekte Gesamt-Unsicherheit, für Poisson-verteilte Fehler wird die Gesamt-Unsicherheit etwas überschätzt. 17 Zur Erinnerung: 10 fb−1 entspricht einem Jahr LHC-Laufzeit bei niedriger Luminosität. 16 7 Die Schnittanalyse mH [GeV] 150 160 170 180 190 S ∆Sstat ∆SM C U ∆Ustat ∆UM C 196 294 342 201 89,5 14 17 19 14 10 3,4 4,6 4,9 3,5 2,1 532 428 492 352 228 23 21 22 19 15 17 14 14 12 9 Signif. 5% syst. 5,6 9,9 10,3 7,8 4,7 Signif. 10% syst. 3,4 6,2 6,3 5,1 3,3 Signif. 20% syst. 1,8 3,3 3,4 2,8 1,9 Signif. 5% +MC 5,0 9,0 9,5 7,1 4,3 Signif. 10% + MC 3,3 5,9 6,1 4,8 3,1 Signif 20% + MC 1,8 3,3 3,4 2,7 1,8 58 Tabelle 4: Erwartete Ereigniszahlen nach den Schnitten der Analyse GF H → W W → lνlν mit statistischer Unsicherheit bei einer integrierten Luminosität von 10 fb−1 . Die Unsicherheit aufgrund der begrenzten Monte-Carlo-Statistik ist ebenfalls angegeben. Die Signalsignifikanzen wurden für systematische Unsicherheiten von 5%, 10% bzw. 20% auf die Anzahl der Untergrundereignisse berechnet. 7.1 Schnittanalyse Gluon-Fusion H → W W → lνlν 59 Abbildung 43: Entdeckungspotential für ein SM-Higgs-Boson in der Analyse GF H → W W → lνlν in Abhängigkeit der Masse des Higgs-Bosons. Die drei Graphen zeigen die Signalsignifikanzen für integrierte Luminositäten von 1, 10 bzw. 30 fb−1 . Die verschiedenen Kurven berücksichtigen dabei eine systematische Unsicherheit von 5%, 10% bzw. 20% mit und ohne die statistische Unsicherheit aufgrund der begrenzten Monte-Carlo-Statistik. 60 7 Die Schnittanalyse Auswirkungen eines härteren Lepton-Isolationsschnitts Es wurde gezeigt, dass Vorselektion und Analyseschnitte mit Standard-Isolation ausreichen, um den W+Jets-Untergrund für die Analysen im Massenbereich mH = 150 − 190 GeV auf weniger als 5% des Gesamtuntergrunds zu reduzieren. Weitere Quellen nicht isolierter Leptonen wie bb-Produktion18 könnten einen härteren Isolationsschnitt notwendig machen. Für die Bestimmung der Higgs-Boson-Masse mit einer größeren Datenmenge ist außerdem ein reinerer Signaldatensatz wünschenswert. Des Weiteren kann die Lepton-Isolation helfen, verschiedene Untergrundklassen außerhalb des Signalbereichs zu trennen und so die systematische Unsicherheit auf die Anzahl der Untergrundereignisse im Signalbereich zu reduzieren. Daher wird hier untersucht, wie sich ein härterer Isolationsschnitt, wie in Abschnitt 6.2.2 definiert, auf die Verteilungen von ∆Φll und mT (llν) in W+Jets und die Signalsignifikanz auswirkt. Zur Erinnerung hier noch einmal Standard- und harter Isolationsschnitt: Std.-Isol.: Harte Isol.: e± etcone20 < 10 GeV und µ± etcone20 < 5 GeV e± etcone20 < 5 GeV und µ± etcone20 < 2,5 GeV ± e ± und µ N(Spuren Cone20) = 1 (74) (75) (76) Dieser harte Isolations-Schnitt sollte nur auf Datensätze in voller Detektorsimulation angewandt werden, da erstens der Bereich niedriger Energien in etcone durch die Modellierung aus Abschnitt 6 nicht hinreichend beschrieben wird und zweitens die schnelle Detektorsimulation zwar Spur-Objekte zur Verfügung stellt, diese aber nicht mittels der Spurrekonstruktion erstellt wurden und im niedrig-pT -Bereich keine realistische Entsprechung der vollen Simulation darstellen. Da für die meisten Untergrundprozesse nur schnell simulierte Datensätze zur Verfügung stehen, wird ein Korrekturfaktor auf die Wirkungsquerschnitte angewandt. Die Effizienz εhI des zusätzlich zur Standard-Isolation angewandten harten Isolationsschnittes ist in Tabelle 5 für die zur Verfügung stehenden voll simulierten Datensätze aufgelistet. Die Schnitteffizienzen der W W → lνlν-Prozesse vor und nach Schnitten sind kompatibel. Das bedeutet, dass diese Effizienz vermutlich auf andere W W → lνlν-Prozesse übertragbar ist und von den anderen Analyse-Schnitten entkoppelt. Für die schnell simulierten Datensätze, die alle W W → lνlν-Prozesse sind, wird der harte Isolationsschnitt durch eine Korrektur des Wirkungsquerschnitts um den gewichteten Mittelwert von εhI für H160, H170 ,WWjj nach Schnitt 1 ersetzt: < εhI >= 86,8. Damit wurden die Verteilungen von ∆Φll und mT (llν) in Abbildung 44 vor und nach dem harten Isolationschnitt erstellt. Der W+Jets-Untergrund kann auf diese Weise auch ausserhalb des mT (llν)-Massenfensters fast vollständig unterdrückt werden. Die starke Reduktion von W+Jets und die leichte Reduktion aller anderen Prozesse inklusive Signal wirken sich gegenläufig auf die Signalsignifikanz im mT (llν)-Massenfenster aus. Beispielsweise heben sich für eine Datenmenge von 1 fb−1 und eine angenommene systematische Unsicherheit von 5% die Effekte in der Analyse für mH = 150 GeV genau auf. Bei höheren mH war der Beitrag von W+Jets im Massenfenster schon vor dem harten Isolationsschnitt geringer, daher sinkt die Signifikanz - für mH = 170 GeV beispielsweise um 7%. Für Methoden der Untergrund-Subtraktion anhand der ∆Φll -Verteilung ist die Abtrennung des W+Jets-Untergrundes mithilfe der Lepton-Isolation sinnvoll. 18 Dieser Untergrund wurde in der ATLAS-Kollaboration ebenfalls noch nicht hinreichend studiert, ein Ansatz dazu wird in Anhang B diskutiert. 7.1 Schnittanalyse Gluon-Fusion H → W W → lνlν Datensatz H160 H170 WWjj W+Jets εhI [%] nach Schnitt 1. 86,2 ± 0,8 87,0 ± 0,7 87,6 ± 1,4 11,6 ± 0,6 61 εhI [%] nach Schnitt 11. 84 ± 2 84 ± 2 - Tabelle 5: Schnitteffizienzen εhI des zusätzlichen harten Isolationsschnitts für voll simulierte Datensätze nach erstem und letztem Analyseschnitt mit statistischer Unsicherheit. Abbildung 44: Oben links: Winkel zwischen den Leptonen in der transversalen Ebene nach Schnitt 9. Oben rechts: Verteilung der transversalen Masse mT (llν) nach Schnitt 10. Unten: Dieselben Verteilungen nach einem zusätzlichen härteren Isolations-Schnitt. Alle Verteilungen sind auf den Wirkungsquerschnitt des Prozesses nach dem angegebenen Schnitt normiert und in der durch die Legende angegebenen Reihenfolge gestapelt. 62 7 Die Schnittanalyse 7.2 Schnittanalyse Vektor-Boson-Fusion H → W W → lνlν Die Analyse wird für Higgs-Boson-Massen im Bereich von 110 − 190 GeV durchgeführt. Dabei werden für niedrige und höhere angenommene Higgs-Boson-Massen leicht unterschiedliche Selektionen angewandt. Im Bereich 135 < mH < 190 GeV wird die folgende Selektion angewandt, wobei Änderungen für 110 < mH < 135 GeV explizit angegeben werden. 1. Leptonakzeptanz Es werden zwei isolierte Leptonen entgegengesetzter Ladung mit pLep1 > 20 GeV und pLep2 > 15 T T GeV innerhalb von |η| < 2,5 verlangt. Isolation bedeutet dabei, dass für Elektronen etcone20 < 10 GeV und für Myonen etcone20 < 5 GeV gilt (Standard-Isolation aus Abschnitt 6.2.2). 2. Jet-Tagging Es werden mindestens zwei Jets innerhalb der Akzeptanz η < 4,9 im Ereignis verlangt. Ein Vergleich verschiedener Methoden zur Identifikation der Tagging-Jets, wie beispielsweise • Auswahl der beiden Jets mit dem höchsten pT . Dabei wird der Jet mit dem höchsten pT als TagJet1 bezeichnet und der zweite als TagJet2. Des Weiteren wird verlangt, dass beide Jets in unterschiedlichen Hemisphären liegen η T agJet1 · η T agJet2 < 0. • Auswahl der Jets mit dem jeweils höchsten pT in beiden Hemisphären η ≷ 0 • Auswahl des Jet-Paares mit der höchsten invarianten Masse Mjj hat gezeigt, dass die Ergebnisse nach Schnitten unabhängig von der verwendeten Methode sind [33]. Hier wird die erste Methode verwendet. Zur Unterdrückung des tt- und W t-Untergrundes wird das Ereignis verworfen, falls ein oder beide Jets als b-Jets19 identifiziert worden sind. 3. TagJet pT Für die Tagging Jets wird pTT agJet1 > 40 GeV und pTT agJet2 > 20 GeV verlangt. 4. ∆ηjj Der Pseudorapiditätsabstand zwischen den Tagging-Jets soll mindestens ∆ηjj > 3,8 betragen. Dadurch werden Prozesse mit Farbaustausch zwischen den wechselwirkenden Partonen, wie tt, W t, WWjj(QCD) und Zjj(QCD) unterdrückt. 5. zentrale Leptonen T agJet T agJet < η Lep1/2 < ηmax . Die Leptonen sollen bezüglich η zwischen den Tagging-Jets liegen ηmin Das Higgs-Boson wird im Laborsystem fast in Ruhe produziert, dadurch ist der Zerfall im Detektor isotrop. Eine solche flache Verteilung in θ wird über η = −ln tan (θ/2) in eine Verteilung transformiert, die bei η = 0 ein Maximum hat. Dementsprechend liegen die Leptonen zentral in η. Da das Schwerpunktsystem der VBF Parton-Parton-Wechselwirkung aber oft20 noch einen LorentzBoost in z-Richtung besitzt, ist es sinnvoller, “zentral“ bezüglich der Tagging-Jets zu definieren. Dieser Schnitt trägt weiter zur Reduktion von QCD-Prozessen bei. 6. Leptonen Öffnungswinkel Wie in der GF-Analyse wird hier die Spinkorrelation im Signal ausgenutzt, die zu einem kleinen Öffnungswinkel zwischen den Leptonen führt. Schnitt: ∆Φll < 1,05 rad 19 20 ∆Rll < 1,8 cos(∆θ) > 0,2 (77) Zur Definition eines b-Jets siehe b-Jet-Veto in der GF-Analyse. Nach Schnitten auf die VBF-Kinematik ist in 70% der VBF-Ereignisse mit mH = 130 GeV ein Tagging-Jet zentral (|η| < 3,2) und ein Tagging-Jet im Vorwärtsbereich (3,2 < |η| < 4,9) [42]. 7.2 Schnittanalyse Vektor-Boson-Fusion H → W W → lνlν 63 In allen Untergrundklassen sind die Leptonen eher entgegengesetzt orientiert, so dass insbesondere ∆Φll eine hohe Trennkraft zeigt. Für 110 < mH < 135 GeV verändert sich die Kinematik aufgrund der stärkeren Virtualität eines W-Bosons und folgende Alternative wird verwendet: ∆Φll < 1,5 rad ∆Rll < 1,6 (78) 7. Mll Es wird Mll < 85 GeV verlangt. Falls die Leptonen im Endzustand vom gleichen Typ sind, wird der Schnitt auf Mll < 75 GeV angezogen, um Z → ee/µµ-Ereignisse zu unterdrücken. Im Bereich 110 < mH < 135 GeV wird der Schnitt noch einmal auf Mll < 65 GeV verschärft. 8. pmiss T Für den ee/µµ-Endzustand wird außerdem ein Minimum an fehlendem Transversalimpuls von pmiss > 30 GeV verlangt, ebenfalls zur Unterdrückung des Z → ee/µµ-Untergrundes. T 9. max pLep T Lep1/2 Ein Schnitt auf pT < 120 GeV entfernt ohne Signalverlust einige Ausläufer im Untergrund. Der Schnitt entfällt für 110 < mH < 135 GeV. 10. Z → τ τ Veto Alle Ereignisse mit xτ 1 > 0, xτ 2 > 0 und |MZ − Mτ τ | < 25 GeV werden verworfen (siehe GF-Analyse). 11. Mjj Die invariante Masse der Tagging-Jets soll mindestens Mjj > 550 GeV betragen. Dadurch werden QCD-Prozesse, W t und teilweise tt unterdrückt. Für 110 < mH < 135 GeV liefert 600 < Mjj < 2500 GeV eine bessere Signalsignifikanz. 12. ptot T tot Es wird ein Schnitt auf ptot T < 30 GeV angewandt. Dabei ist pT der Betrag der vektoriellen − → → → → tot Summe der Transversalimpulse aller Endzustandsteilchen p T = − p Lep1 +− p Lep2 +− p miss + T T T T agJet1 T agJet2 − → − → pT + pT und sollte im Signalprozess Null ergeben. Durch den Parton-Schauer und → die begrenzte Auflösung, insbesondere in pmiss , wird − p tot T T verschmiert. Für Prozesse mit Farbaustausch zwischen den wechselwirkenden Partonen erwartet man zusätzliche Abstrahlungen zwischen den Jets, die diese Impulsbalance stören. 13. Jet-Veto Alle Ereignisse mit einem dritten Jet im Zentralbereich η Jet3 < 3,2 und pT > 20 GeV werden verworfen. Dieses direkte Jet-Veto ist genauso motiviert, wie das indirekte im vorhergehenden Schnitt. 14. mT (llν) Es wird ein Schnitt auf mT (llν) > 30 GeV angewandt, der für 110 < mH < 135 GeV auf mT (llν) > 20 GeV gelockert wird. Durch die anderen Schnitte in VBF gegenüber der Analyse in Gluon-Fusion ist der Unterschied zwischen den beiden Definitionen der transversalen Masse etwas größer. Für das Massen-Fenster wird MT verwendet, da das Signal ein etwas ausgeprägteres Maximum knapp unterhalb der Higgs-Masse zeigt (siehe Abb. 47). Außerdem ist MT gegenüber mT (llν) durch die Berücksichtigung der invarianten Lepton-Paar-Masse zu höheren Massen verschoben. Dadurch wird tt und WWjj teilweise aus dem Massenfenster geschoben, aber auch Zjj von niedrigen mT (llν) in den MT -Signalbereich. Diese Ereignisse sollen durch den Schnitt unterdrückt werden. 64 7 Die Schnittanalyse 15. MT Abhängig von der erwarteten Higgs-Masse wird ein Fenster-Schnitt 50 GeV < MT < mH + 10 GeV angewandt. Für mH > 160 GeV wird die obere Massengrenze angehoben, um die Signalsignifikanz zu erhöhen. mH [GeV] Obere Grenze auf MT [GeV] 160 175 170 190 180 220 190 240 In Tabelle 6 sind die Wirkungsquerschnitte der verschiedenen Prozesse sukzessive nach Schnitten für die Analyse mit einer angenommenen Higgs-Masse von 170 GeV aufgelistet. Die Abbildungen 45-47 zeigen die Verteilungen der verwendeten Variablen sukzessive nach Schnitten. Durch Ausnutzung der VBF-Kinematik ist das Signal deutlich reiner, allerdings auch deutlich kleiner als in Gluon-Fusion (vgl. Abb. 42 und 47). Das führt zu einer höheren Signalsignifikanz bei einer Menge von 30 fb−1 gesammelter Daten, eine frühe Entdeckung mit wenigen fb−1 ist aber schwieriger. Für den gesamten Massenbereich mH = 110 − 190 GeV sind die Signalsignifikanzen für 30 fb−1 und angenommene systematische Unsicherheiten von 5%, 10% und 20% jeweils unter Berücksichtigung und Vernachlässigung der Unsicherheit aufgrund der Monte-Carlo-Statistik in Tabelle 7 angegeben und in Abb. 48 dargestellt. Betrachtet man analog zur Analyse [9] eine systematische Unsicherheit von 10% und vernachlässigt ∆UM C , werden die Ergebnisse dieser vorherigen Analyse in sofern bestätigt, dass der Kanal VBF H → W W → lνlν bei 30 fb−1 im Bereich mH = 130 − 190 GeV zu einer Entdeckung eines SM-Higgs-Bosons führt und für mH = 110 − 130 GeV zum Entdeckungspotential beiträgt. Für den Beitrag von W+Jets in VBF im Bereich 135 < mH < 190 GeV nach Schnitten kann leider nur eine Obergrenze festgelegt werden: Nerwartet (W+c/bb+Jets bei 30 fb−1 ) < 15 Ereignisse bei 95% Vertrauensniveau (79) +7,9 Zum Vergleich werden 47−6,8 Ereignisse aus anderen Untergrundprozessen und 184 ± 14 Signalereignisse von einem Higgs-Boson mit mH = 170 GeV erwartet. Um diese Obergrenze zu senken, müsste die Statistik in W+Jets für VBF erhöht werden. Selbst wenn W+Jets einen signifikanten Beitrag liefern würde, ließe sich dieser analog zu GF-Analyse über einen harten Isolationsschnitt noch um einen Faktor 10 reduzieren. 7.2 Schnittanalyse Vektor-Boson-Fusion H → W W → lνlν Abbildung 45: Obere 4 Graphen: pT und η der beiden Tagging Jets nach Schnitt 2. Unten links: Pseudorapiditätsabstand zwischen den Tagging Jets nach Schnitt 3. Alle Verteilungen sind auf Flächeninhalt Eins normiert. 65 66 7 Die Schnittanalyse Abbildung 46: Oben links: Öffnungswinkel zwischen den Leptonen ∆Φll nach Schnitt 5. Oben rechts: Invariante Masse des Zwei-Lepton-Systems Ml l nach Schnitt 6. Mitte links: Invariante Masse der beiden Tagging-Jets Mj j nach Schnitt 10. Mitte rechts: Impuls-Balance ptot T nach Schnitt 11. Unten links: Transversalimpuls pJet3 des Jets mit größten pT innerhalb von |η| < 3,2 im Ereignis, abgesehen T von den Tagging Jets, nach Schnitt 12. Ereignisse, in denen kein dritter Jet rekonstruiert wurde, sind bei pJet3 = 0 eingetragen. T Alle Verteilungen sind auf Flächeninhalt Eins normiert. 7.2 Schnittanalyse Vektor-Boson-Fusion H → W W → lνlν 67 Abbildung 47: Links: Verteilung der transversalen Masse mT (llν) unter Vernachlässigung der Lepton-Paar-Masse nach Schnitt 13. Rechts: Verteilung der transversalen Masse MT unter Berücksichtigung der Lepton-Paar-Masse nach Schnitt 14. Die Verteilungen sind auf den Wirkungsquerschnitt des Prozesses nach dem angegebenen Schnitt normiert und in der durch die Legende angegebenen Reihenfolge gestapelt. 7 Die Schnittanalyse Schnitt: ohne Schnitte 1. Leptonakzeptanz + Isolation 2. Jet-Tagging 3. TagJet pT 4. ∆ηjj 5. zentrale Leptonen 6. Leptonen Öffnungswinkel 7. Mll 8. pmiss T 9. max pLep T 10. Z → τ τ Veto 11. Mjj 12. ptot T 13. Jet Veto 14. mT (llν) 15. MT VBFH170_f 153 64,8 63,8 42,2 36,7 26,3 25,3 16,7 16,4 15,4 14,6 14,3 11,8 7,74 6,72 6,38 6,13 VBFH170_CSC 154 64,6 61,4 39,4 33,4 24,2 23,2 14,9 14,6 13,5 12,9 12,7 10,6 7,36 6,20 5,94 5,63 ttbar_f 51100 10300 10200 1610 1460 236 178 38,5 33,9 32,0 30,0 28,4 20,7 3,67 1,18 1,09 0,95 WWjj_f 109 21,5 21,4 13,2 12,0 6,86 6,18 0,97 0,75 0,71 0,62 0,57 0,52 0,36 0,32 0,30 0,26 Wt_f 6480 1440 1430 186 139 24,9 17,8 3,95 3,55 3,27 3,21 3,09 1,67 0,59 0,37 0,37 0,37 Ztautau_CSC 6210 165 159 88,3 77,7 22,9 15,8 3,23 3,20 3,13 2,83 0,43 0,33 0,10 0,03 0,00 0,00 W+c+jets 2970 46,2 27,9 10,9 6,58 3,02 2,49 0,80 0,71 0,44 0,44 0,44 0,18 0,09 0,09 0,09 0,09 W+bb+jets 365 7,01 4,40 1,79 1,64 0,82 0,60 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 68 Tabelle 6: Verhalten von Signal und Untergrund in der Schnittanalyse VBF H → W W → lνlν. Die angegebenen Zahlen sind Wirkungsquerschnitte in fb sukzessive nach jedem Schnitt. Aufgrund der begrenzten Statistik im Datensatz VBFH170_CSC ist die Unsicherheit auf den Wirkungsquerschnitt nach Schnitten in der GröV BF H170_CSC ßenordnung von 10% (σSchnitt15. = 5,63 ± 0,46). Im Rahmen dieser Ungenauigkeit ist die Übereinstimmung zwischen schnell und zentral voll simuliertem Datensatz akzeptabel. S ∆Sstat ∆SM C U ∆Ustat ∆UM C 5,45 18,3 42,6 75,0 109 175 184 151 103 3,5 5,4 7,6 9,7 10,5 13,2 13,6 12,3 10,1 0,1 0,4 0,9 1,4 2,0 2,3 2,9 2,5 1,8 21,8 27,0 31,6 31,0 37,7 45,5 50,1 53,8 55,2 5,8 6,3 6,7 6,6 7,2 7,8 8,1 8,4 8,5 7,7 7,9 8,1 7,9 8,1 8,2 8,2 8,2 8,2 Signif. 5% syst. 0,93 2,85 6,21 11,0 14,7 21,5 21,6 17,1 11,5 Signif. 10% syst. 0,89 2,68 5,76 10,2 13,5 19,4 19,3 15,1 10,2 Signif. 20% syst. 0,75 2,21 4,63 8,25 10,5 14,6 14,3 11,0 7,38 Signif. 5% +MC 0,56 1,79 4,03 7,21 9,97 15,2 15,6 12,5 8,47 Signif. 10% + MC 0,55 1,74 3,90 6,98 9,55 14,4 14,7 11,7 7,88 Signif 20% + MC 0,52 1,59 3,49 6,24 8,30 12,1 12,1 9,47 6,35 7.2 Schnittanalyse Vektor-Boson-Fusion H → W W → lνlν mH [GeV] 110 120 130 140 150 160 170 180 190 Tabelle 7: Erwartete Ereigniszahlen nach den Schnitten der Analyse VBF H → W W → lνlν mit statistischer Unsicherheit bei einer integrierten Luminosität von 30 fb−1 . Zur Berechnung der Unsicherheit aufgrund der begrenzten Monte-Carlo-Statistik wurden die Datensätze W+c+Jets und W+bb+Jets zusammengefasst. Diese Unsicherheiten sind sehr groß, da in allen Untergrunddatensätzen außer ttbar_f und WWjj_f die Statistik zu gering ist. Die Signalsignifikanzen wurden für systematische Unsicherheiten von 5%, 10% bzw. 20% auf die Anzahl der Untergrundereignisse berechnet. 69 70 7 Die Schnittanalyse Abbildung 48: Entdeckungspotential für ein SM-Higgs-Boson in der Analyse VBF H → W W → lνlν in Abhängigkeit der Masse des Higgs-Bosons bei einer integrierten Luminosität von 30 fb−1 . Die verschiedenen Kurven berücksichtigen dabei eine systematische Unsicherheit von 5%, 10% bzw. 20% mit und ohne die statistische Unsicherheit aufgrund der begrenzten Monte-Carlo-Statistik. 71 8 Multivariate Analysemethoden zur Verbesserung der Signifikanz Die Trennung von Signal und Untergrund durch Schnitte auf leicht interpretierbare Variablen hat einen großen Vorteil. Sie ist transparent und die Ergebnisse meist intuitiv verständlich. Der Nachteil ist, dass ein Teil der verfügbaren Information nicht genutzt wird. So könnte ein Signal-Ereignis, das von einem einzelnen Schnitt verworfen wurde, trotzdem noch zu einer Entdeckung beitragen. Die Grundidee multivariater Methoden ist die Berechnung einer diskriminierenden Größe, basierend auf möglichst der gesamten Information in den verwendeten Variablen. Die Methode wird mit Monte-CarloDatensätzen für Signal und Untergründe trainiert, d.h. die Diskriminante auf Trennung von Signal und Untergrund optimiert. Die Methode sollte dann mit Datensätzen getestet werden, die statistisch von den Trainingsdatensätzen verschieden sind. 8.1 Die Likelihood-Methode Für alle Variablen i und Signal- und ggf. mehrere Untergrundklassen k werden Referenzverteilungen Rik erstellt und auf Eins normiert. Für die Referenzverteilungen sollten ausreichend viele Ereignisse verwendet werden, um den Einfluss statistischer Fluktuationen zu minimieren. Dabei kann auch eine Glättung der Verteilungen helfen. Ein Mass Wik für die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis einer bestimmten Klasse angehört, ist für jede Variable in Abhängigkeit des Variablenwerts xi definiert: Rk (xi ) Wik (xi ) = P i k k Ri (xi ) (80) Die Likelihood-Funktion wird dann durch das normierte Produkt dieser Wik für alle Variablen gebildet: k k i Wi (xi ) Q k k gk i Wi (xi ) L (x) = P Q (81) Dabei kann man den Untergrundklassen noch verschiedene Gewichte gk geben, beispielsweise entsprechend den Wirkungsquerschnitten σk : gSignal = 1 und σk gk = P für k ∈ Untergrund k σk (82) Unter der Annahme, dass die verwendeten Variablen unkorreliert sind, beschreibt die Likelihood-Funktion LSignal (x) die Wahrscheinlichkeit, dass eine Ereignis mit den Variablenwerten x ein Signalereignis ist. In der Praxis ist diese Annahme eigentlich immer verletzt. Trotzdem ist die Likelihood-Funktion eine leicht zu erstellende und zu optimierende Diskriminante, die oft eine Verbesserung gegenüber einer Schnitt-Analyse bringt. 8.2 Anwendung der Likelihood-Methode in Vektor-Boson-Fusion Für die Analyse in Vektor-Boson-Fusion bei einer Higgs-Masse von mH = 160 GeV wird eine Likelihood-Funktion auf Basis der Datensätze VBFH160_f, ttbar_f und WWjj_f, also Signal und den beiden wichtigsten Untergrundprozessen, berechnet. Dazu wird zunächst eine Vorselektion auf alle Datensätze angewandt. Aus den Ereignissen in VBFH160_f, ttbar_f und WWjj_f, die die Vorselektion passiert haben, werden jeweils 5000 zur Erstellung der Referenzhistogramme und 5000 zum Testen bzw. Evaluieren der Likelihood-Funktion verwendet21 . Als Variablen für die Referenzhistogramme in Abb. 49 wurden kontinuierliche kinematische Variablen der Endzustandsteilchen ausgewählt, die möglichst unabhängig vom Boost des Ereignisses in z-Richtung sind. Diese umfassen die Kinematik des Zwei-Lepton-Systems 21 In diesem Abschnitt werden die Datensätze zum Trainieren und Evaluieren der Likelihood jeweils durch ein t bzw. e am Ende der Bezeichnung unterschieden (VBFH160_ft und VBFH160_fe). 72 8 Multivariate Analysemethoden zur Verbesserung der Signifikanz ∆Φll , ∆ηll , Mll , die Kinematik des Tagging-Jet-Systems ∆Φjj , ∆ηjj , Mjj , die Impuls-Balance PTtot und die transversale Masse MT . Die übrigen Schnitte 1-3,5,8-10,13,14 der VBF-Analyse in Abschnitt 7.2, die diese Variablen nicht verwenden, werden als Vorselektion definiert. Da insbesondere MT sehr sensitiv auf die angenommene Higgs-Boson-Masse ist, müssten solche Referenzhistogramme für mH = 110 − 190 GeV beispielsweise in 10-GeV-Schritten erstellt und zur Berechnung der Likelihood-Funktion verwendet werden. Findet man Hinweise auf ein Higgs-Boson in einem bestimmten Massenbereich, kann die Schrittweite in mH dort verkleinert werden, um die beste Übereinstimmung zu finden. Eine einfache Glättung der Histogramme wird durch lineare Interpolation zwischen den Intervallen erreicht. Die sich daraus ergebenden stetigen, stückweise linearen Funktionen werden als Rik zur Berechnung der Likelihood-Funktion in Abb. 50 verwendet. Die beiden Untergrundprozesse werden entsprechend den Wirkungsquerschnitten nach der Vorselektion (siehe Tabelle 8.2) gewichtet: gttbar = 0,968 (83) gW W jj = 0,032 Wählt man einen Schnitt auf die Likelihood-Funktion, mit dem man etwa das gleiche Untergrundniveau erhält wie in der Schnittanalyse, 1 1 22 ′ L > 0,9917 bzw. transformiert : L = − ln − 1 > 0,319 (84) 15 L erreicht man eine um 19,5% verbesserte Signaleffizienz. Die Vorselektion reduziert das Signal schon sehr stark (siehe Tabelle 8.2). Daher könnte die LikelihoodMethode noch weiter verbessert werden, indem man Schnitte der Vorselektion, wie beispielsweise das Jet-Veto, lockert und weitere Variablen in die Likelihood-Referenzhistogramme aufnimmt. Des Weiteren wäre es sinnvoll, leichte Schnitte mit hoher Signaleffizienz auch auf die bisher nur für die Referenzhistogramme verwendeten Variablen in die Vorselektion aufzunehmen. Prozess / Datensatz ohne Schnitte Vorselektion Schnitt-Analyse Likelihood VBFH160_f ttbar_f WWjj_f Wt_f 151 16,8 5,96 7,12 51100 94,8 0,87 1,00 109 3,12 0,23 0,24 6480 17,7 0,37 0,22 W+c+jets / W+bb+jets 3340 1,92 0,09 0,09 Ztautau_CSC 6210 0,97 0,00 0,00 Tabelle 8: Wirkungsquerschnitte in fb nach der Vorselektion (Schnitte 1-3,5,8-10,13,14 der VBF-Analyse entsprechend Abschnitt 7.2), nach allen Analyse-Schnitten und alternativ dem Schnitt auf die LikelihoodFunktion. Hierbei wurde die Schnittanalyse wegen der Vergleichbarkeit ebenfalls auf den Evaluierungsdatensätzen der Likelihood durchgeführt. 22 Diese willkürliche Transformation L′ ermöglicht einen genaueren Blick in die Spitzen der Likelihood-Verteilung bei Null und Eins in Abb. 50. 8.2 Anwendung der Likelihood-Methode in Vektor-Boson-Fusion 73 Abbildung 49: Referenzhistogramme der Variablen zur Berechnung der Likelihood-Funktion. Die Histogramme sind auf Flächeninhalt Eins normiert. 74 8 Multivariate Analysemethoden zur Verbesserung der Signifikanz Abbildung 50: Verteilung der Signal-Likelihood L für die Evaluierungsdatensätze. Um einen genaueren Blick in die Spitzen der Verteilung bei Null und Eins zu werfen, wurde die Likelihood auch noch entsprechend 1 L′ = − 15 ln L1 − 1 transformiert dargestellt. 75 9 Zusammenfassung und Ausblick In der vorliegenden Arbeit wurden Schnitt-Analysen für den Zerfallskanal H → W W → lνlν in VektorBoson-Fusion und Gluon-Fusion durchgeführt. Dabei wurde erstmals der W+Jets-Untergrund in vollständiger Detektorsimulation berücksichtigt. Eine dafür notwendige effiziente Methode zur Vorselektion relevanter Ereignisse vor der Detektorsimulation wurde entwickelt. Die Untersuchung der Auflösung der Lepton-Isolationsvariable etcone hat gezeigt, dass die entsprechende Größe auf Generatorniveau true_etcone sich nicht zur Vorselektion von Ereignissen eignet. Trotzdem lieferte diese Untersuchung eine Parametrisierung der Auflösung, die eine bessere Abschätzung der Lepton-Isolation auf Generatorniveau ermöglicht. Diese Parametrisierung wird beispielsweise zur Untersuchung des bb - Untergrundes in Anhang B verwendet. Da für die Analysen sowohl volle als auch schnelle Detektorsimulation notwendig waren, wurde anhand der Signaldatensätze ein Vergleich durchgeführt. Nach einer Übertragung der Lepton-Nachweiswahrscheinlichkeiten aus der vollen auf die schnelle Simulation stimmt das Verhalten der Signaldatensätze in den Schnitt - Analysen innerhalb der statistischen Unsicherheit überein. In der Analyse GF H → W W → lνlν tragen W+Jets-Ereignisse im Bereich niedriger transversaler Massen zum Untergrund bei. Bei Verwendung eines Standard-Isolations-Schnittes liegt der Beitrag von W+Jets zum Gesamtuntergrund vor dem letzten Analyse-Schnitt auf die transversale Masse bei 24%. In den Massenfenstern für die Analysen mit mH = 150 − 190 GeV ist der Beitrag <5%. Eine Untersuchung verschiedener Variablen zur Charakterisierung der Lepton-Isolation hat gezeigt, dass der W+JetsUntergrund weiter reduziert werden kann. Die ebenfalls untersuchte Stoßparameter-Signifikanz bietet dagegen fast keine weitere Unterscheidungsmöglichkeit zwischen Leptonen aus W-Boson-Zerfällen und Leptonen aus Hadron-Zerfällen. Ein zusätzlicher Isolationsschnitt mit einer Effizienz von 12% für W+Jets und 87% für Prozesse vom Typ W W → lνlν verbessert zwar nicht die Signalsignifikanz bei einer festen angenommenen systematischen Unsicherheit; aber gerade zur Begrenzung der systematischen Unsicherheit kann die Unterscheidung der Untergrundklassen außerhalb des Signalbereichs mittels Leptonisolation beitragen. Für die Analyse VBF H → W W → lνlν konnte eine Obergrenze auf den Beitrag von W+Jets nach Analyseschnitten bestimmt werden. Diese lässt den Schluss zu, dass der VBF-Kanal durch die Signatur der Vorwärts-Jets vor W+Jets geschützt ist. Eine Verbesserung der Monte-Carlo-Statistik sollte diese Aussage erhärten. In VBF wurde eine Likelihood-Methode am Beispiel mH = 160 GeV angewandt, die bei gleichem Untergrund-Niveau ein etwa 20% höheres Signal liefert. Hier könnten Variationen in Vorselektion und Auswahl der Variablen für die Referenz-Verteilungen zu weiteren Verbesserungen führen. Des Weiteren könnte dies ein Ausgangspunkt zur Untersuchung weiterer multivariater Analysemethoden mit Hilfe des Software-Paketes TMVA (Toolkit for Multivariate Data Analysis [43]) sein. In beiden Analysen konnte die bisherige Erwartung der ATLAS-Kollaboration bestätigt werden, dass mit 30 fb−1 gesammelter Daten eine Entdeckung eines SM-Higgs-Bosons im Bereich mH = 150 − 190 GeV in GF und im Bereich mH = 130 − 190 GeV in VBF gesichert ist. Die Analyse in VBF trägt für mH = 110 − 130 GeV zum Entdeckungspotential bei. Die Entdeckung eines Higgs-Bosons mit mH ≈ 165 − 170 GeV ist in GF mit wenigen fb−1 möglich. Vorraussetzung dafür ist die Begrenzung der systematischen Unsicherheit. Dafür ist die Berücksichtigung von W+Jets-Ereignissen und deren Identifikation mittels Lepton-Isolation notwendig. 76 A Leptonische Zerfälle langlebiger Hadronen A Leptonische Zerfälle langlebiger Hadronen Langlebige Hadronen mit einer Lebensdauer cτ im Bereich von einigen Metern (siehe Tabelle 9) werden auf Generatorniveau in Pythia6.4 in der verwendeten ATHENA-Version als stabil behandelt23 . Die Zerfälle werden dann in der Detektorsimulation von G EANT gehandhabt. Durch die Selektion von Leptonen auf Generatorniveau werden also Leptonen, die erst aus dem Zerfall eines langlebigen Hadrons hervorgehen, ignoriert. Relevant sind dabei nur Zerfälle vor dem Kalorimeter, da das Hadron sonst stark wechselwirkt und einen hadronischen Schauer ausbildet. Das KL hat ein großes cτ und seine leptonischen Zerfälle sind Dreikörperzerfälle. Die Wahrscheinlichkeit, dass das KL vor dem Kalorimeter zerfällt und ein hochenergetisches Lepton entsteht, ist daher vernachlässigbar. Der Beitrag geladener Kaonen und Pionen wurde ausgehend von deren Kinematik in 2 · 105 Pythia W+Jets-Ereignissen auf Generatorniveau abgeschätzt. Für jedes Kaon/Pion wurde die Wahrscheinlichkeit berechnet, dass dieses im inneren Detektor in Myon und Neutrino zerfällt. Dabei wurde der innere Detektor vereinfacht als Zylinder mit Radius 1,4 m und Länge 7,5 m angenommen. Jedes Kaon/Pion wurde mit dieser Wahrscheinlichkeit gewichtet. Beim Zweikörperzerfall sind im Schwerpunktssystem (SPS) Energien bzw. Impulsbeträge der Zerfallsprodukte festgelegt. Der Zerfall ist isotrop, d.h. alle Raumwinkel Ω sind gleichberechtigt. Ein Ensemble von Zerfällen ist also gleichverteilt in cos(θ) und φ. Nun kann man das Koordinatensystem so wählen, dass die z-Achse parallel zur Impulsrichtung des Elternteilchens und der Myon-Impuls in der x-z-Ebene liegt. Der Myon-Impuls lässt sich dann über den Winkel θ ausdrücken und in das Laborsystem transformieren: → γEµ + βγcos(θ)|− p µ| Eµ 0 z-Boost 0 Lab S (85) = p = pSP − → − → µ µ sin(θ)| p µ | sin(θ)| p µ | =⇒ − → − → βγEµ + γcos(θ)| p µ | cos(θ)| p µ | Für Kaonen und Pionen mit pT > 10 GeV ist die Näherung β ≈ 1 gerechtfertigt. Unter Vernachlässigung der x-Komponente des Myon-Impulses lässt sich der Impulsanteil des Myons am Kaon/Pion-Impuls schreiben als: → → |− p µ| Eµ + cos(θ)|− p µ| = (86) → mK/π |− p K/π | Der Impulsanteil ist also unabhängig vom Impuls des Kaons/Pions und gleichverteilt zwischen Minimum und Maximum bei cos(θ) = ±1. Der Myon-Impuls im Schwerpunktsystem und die Intervalle des Impulsanteils sind in Tabelle 9 angegeben. Für jedes Kaon/Pion in den W+Jets-Ereignissen wurde aus dem pT des Kaons/Pions ein Myon-pT durch Multiplikation mit einer Zufallszahl aus dem Intervall zwischen minimalem und maximalem Impulsanteil abgeleitet. Dieses Myon-pT -Spektrum ist in Abb. 51 zusammen mit dem Myon-pT -Spektrum aus Charm-Hadron-Zerfällen dargestellt. Der Beitrag geladener Pionen (Kaonen) zur Produktion von Myonen mit pT ≈ 20 GeV ist etwa einen Faktor 20 (30) kleiner als der von Charm-Hadronen. Dabei ist zu beachten, dass die Myonen aus Kaonund Pion-Zerfällen möglicherweise besser isoliert sind, da es sich um Zwei-Körper-Zerfälle handelt. Andererseits werden viele solcher Myonen wahrscheinlich wegen zu geringer Spurqualität verworfen, da der Zerfall eine leichte Richtungsänderung und eine Verringerung des pT der Spur verursacht. Die Isolation könnte anhand von true_etcone abgeschätzt werden. Ein möglicher Ansatz, um die Auswirkungen auf die Spurrekonstruktion abzuschätzen, wäre eine Untersuchung von voll simulierten EinTeilchen-Ereignissen, also des Verhaltens einzelner myonisch zerfallender Kaonen und Pionen im Detektor. 23 Für die mit Sherpa erstellten Datensätze wurde Sherpa so konfiguriert, dass Teilchen mit cτ > 10 mm auf Generatorniveau stabil sind. 77 Hadron π± K± KL cτ [m] 7,8 3,7 15,3 leptonische Zerfälle BR(π ± → µ± ν) = 100% BR(K ± → µ± ν) = 63% BR(KL → π ± e∓ ν) = 40% BR(KL → π ± µ∓ ν) = 27% S [MeV] pSP µ 29,9 236 − |→ p µ| − |→ p K/π [0,573; 1] [0,046; 1] Tabelle 9: Langlebige Hadronen, die in Pythia6.4 in der verwendeten Athena-Version auf Generatorniveau stabil gesetzt sind. Abbildung 51: Diese Verteilungen sind anhand von 2 · 105 Pythia W+jets Ereignissen auf Generatorniveau erstellt worden. Links oben: pT -Spektrum von Kaonen und Pionen in W+Jets-Ereignissen (genauer: Wahrscheinlichkeit, in einem W+jets-Ereignis ein Lepton aus dem W-Zerfall mit pT > 13GeV und |η| < 2,7 und ein Kaon/Pion mit |η| < 2,7 im angegebenen 1GeV-pT -Intervall zu finden). Rechts oben / Links unten: Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein solches Kaon innerhalb des inneren Detektors bzw. vor dem Kalorimeter in ein Myon und ein Neutrino zerfällt, aufgetragen gegen pT und η des Kaons. Rechts unten: Abgeleitetes pT -Spektrum der Myonen aus Kaon- und Pion-Zerfällen. Zum Vergleich ist auch das pT -Spektrum von Myonen aus Charm-Hadron-Zerfällen dargestellt (entspricht Abb. 28 mit Beschränkung auf Myonen). B bb-Produktion als Untergrund zur Higgs-Suche im Kanal Gluon-Fusion H → W W → lνlν 78 B bb-Produktion als Untergrund zur Higgs-Suche im Kanal Gluon-Fusion H → W W → lνlν Ein weiterer potentieller Untergrund für dileptonische Endzustände ist die Produktion von BottomAntibottom-Paaren, wobei die Leptonen aus dem Zerfall der b-Hadronen entstehen. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden: 1. Je ein Lepton stammt aus je einem b-Hadron. Dabei müssen beide b-Hadronen zentral in η liegen. Die Leptonen sind in der transversalen Ebene tendenziell entgegengesetzt orientiert, haben also im Gegensatz zur Signatur des Signals ein großes ∆Φll 2. Beide Leptonen stammen aus einem b-Hadron, das in der Regel über eine Kaskade folgenden Typs zerfällt: B → l± + D + X → l± + l∓ + X + Y (87) In diesem Fall ist das ∆Φll eher klein, also Signal-ähnlich. Der Jet aus der Hadronisierung des zweiten b-Quarks24 könnte, sofern er rekonstruiert wird, ein b-Jet- oder Jet-Veto auslösen oder aber einen Tagging-Jet-Kandidaten abgeben, je nach Orientierung in η. Der Wirkungsquerschnitt liegt mit σbb ≈ 500 µb zwölf Größenordnungen über dem Wirkungsquerschnitt für H → W W → lνlν. Hier soll versucht werden, den relevanten Anteil an bb-Ereignissen mit MonteCarlo-Daten auf Generatorniveau abzuschätzen. Um effizient einen Datensatz zu erzeugen, der einer möglichst hohen integrierten Luminosität entspricht, muss bei der Ereignisgeneration der Phasenraum eingeschränkt werden. Für die erste Ereignisklasse kann man verlangen, dass beide b-Quarks im Zentralbereich des Detektors liegen und kann den Wirkungsquerschnitt durch Generatorschnitte |η b1 | < 3,0 pb1 T > 30 GeV |η b2 | < 3,0 pb2 T > 20 GeV (88) ef f auf σbb = 520 nb reduzieren. Nach der Hadronisierung wird dann ein Generator-Filter angewandt, um die Zerfälle mit hochenergetischen Leptonen auszuwählen. Verlangt man zwei Leptonen mit jeweils Lep1/2 > 10 GeV erreicht man eine weitere Unterdrückung um einen Faktor |η|Lep1/2 < 2,7 und pT 8,5 · 10−3 . Die in Abschnitt 6.2 gewonnene Parametrisierung von etcone kann nun verwendet werden, um ausgehend von true_etcone20 für jedes Lepton die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, dass in etcone20 weniger als 10 GeV rekonstruiert werden. Die Ereignisse werden dann mit dem Produkt dieser Isolationswahrscheinlichkeiten beider Leptonen gewichtet. Trotz der Generatorschnitte konnte nur ein Datensatz erstellt werden, der ohne Berücksichtigung der Isolationsgewichtung einer integrierten Luminosität von 0,12f b−1 entspricht. Um trotzdem eine Vorstellung der Kinematik der Ereignisse und ihrer Relevanz für die Analyse GF H → W W → lνlν zu bekommen, wird die transversale Masse mT (llν) mit einem der wichtigsten Analyse-Schnitte ∆Φll < 1,0 rad in Abb. 52 dargestellt. Zusätzlich wird Mll > 10 GeV verlangt um Ereignisse der zweiten Klasse zu entfernen (siehe unten). Zur Berechnung von mT (llν) muss eine Annahme über die fehlende transversale Energie im Ereignis getroffen werden. Im schlimmsten Fall wird außer den Leptonen kein Jet und nur wenig transversale Energie rekonstruiert. Der daraus → → → resultierende fehlende transversale Impuls − p miss = −(− p Lep1 +− p Lep2 ) wird für die Berechnung der T T T transversalen Masse verwendet. Zwar bricht die Statistik im Bereich mT (llν) ≈ 100 GeV ein, aber das Spektrum beschreibt in der logarithmischen Skalierung näherungsweise ein lineares Gefälle, sodass eine Extrapolation möglich ist. Diese relativ konservativen Annahmen legen den Schluss nahe, dass bb im 24 Der Wirkungsquerschnitt für die Produktion einzelner b-Quarks ist deutlich kleiner als σbb und W + b-Produktion ist Teil des behandelten W+Jets-Untergrundes. 79 Signalbereich mT (llν) > 120 GeV nur mit ∼ 6 fb zum Untergrund beitragen kann. Weitere Analyseschnitte, die hier nicht angewandt wurden, sollten diesen Beitrag weiter reduzieren25 . Zum Vergleich: Der gesamte bisher betrachtete Untergrund nach allen Schnitten der GF-Analyse (bei mH = 150 GeV → mT (llν) > 120 GeV) beträgt 53,2 fb. Dem gegenüber scheint der Beitrag von bb-Ereignissen gering. Dies müsste mit einer detaillierteren Untersuchung bestätigt werden. Abbildung 52: Verteilung der transversalen Masse mT (llν) in bb-Ereignissen. Die Daten sind mit MadGraph und den im Text angegebenen Generator-Schnitten und -Filtern generiert worden und entsprechen einer integrierten Luminosität von 0,12 fb−1 . Die Ereignisse sind gewichtet mit der Isolationswahrscheinlichkeit für beide Leptonen. Es wurde ein Schnitt auf ∆Φll < 1,0 rad und Mll > 10 GeV angewandt. Abbildung 53 zeigt die Verteilung der invarianten Masse der beiden Leptonen Mll für die zweite Ereignisklasse. Diese ist im generierten Datensatz zwar aufgrund des Generatorschnitts stark unterrepräsentiert, aber die Charakteristik kann trotzdem untersucht werden. Man erkennt die J/Ψ-Resonanz bei 3,1 GeV. Da die Leptonen aus dem Zerfall eines Hadrons aus einem b-Quark und leichteren Quarks stammen, ist Mll . 5 GeV. Diese Ereignisklasse ließe sich also in der GF-Analyse H → W W → lνlν durch einen Schnitt auf Mll > 5 − 10 GeV ohne größeren Signalverlust (siehe Abb. 41 in Abschnitt 7.1) unterdrücken. Ob dies notwendig ist, sollte anhand echter Daten überprüft werden. Findet man nach Analyseschnitten im Mll -Spektrum Resonanzen von dileptonischen Hadron-Zerfällen, wie J/Ψ → l+ l− oder Υ → l+ l− , sollten diese durch den genannten Schnitt entfernt werden. 25 Für W+Jets beträgt die Effizienz dieser weiteren Schnitte etwa 25% 80 B bb-Produktion als Untergrund zur Higgs-Suche im Kanal Gluon-Fusion H → W W → lνlν Abbildung 53: Verteilung der invarianten Masse von Lepton-Paaren aus einem b-Hadron-Kaskaden-Zerfall. Rot/Gestrichelt: bb-Datensatz mit 0,12 fb−1 und den im Text angegebenen Generator-Schnitten und -Filtern Schwarz/Durchgezogen: Kontrolldatensatz mit weicherem Generator-Schnitt und geringer Statistik Beide Datensätze sind mit MadGraph erstellt worden. Literatur 81 Literatur [1] D. Griffiths: “Introduction to Elementary Particles“, ISBN 0-471-60386-4 (1987). [2] F. Halzen und A.D. Martin: “Quarks and Leptons: An Introductory Course in Modern Particle Physics“, John Wiley and Sons Inc., (1984). [3] H. Spiesberger, M. Spira, P.M. 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