LeitfadenOnline Marketing

Werbung
11
Web-Analytics
559
Web-Controlling
566
Web-Mining
578
Bewertung von Web 2.0-Portalen
585
Klickbetrug und Affiliate-Hopping
593
Online-Marktforschung
601
Leitfaden
Online Marketing
Performance-Marketing
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
„Die Hälfte meiner Werbung ist zum Fenster hinausgeworfenes Geld. Ich weiß nur
leider nicht, welche Hälfte“. Dieser Henry Ford zugeschriebene – eigentlich von
John Wanamaker stammende – Ausspruch gilt nicht für Online-Marketing. Hier
kann sehr genau gemessen werden, welches Werbemittel wie viele gute Kunden
bringt. Das wird als Performance Marketing bezeichnet. Darüber hinaus können
aber noch weit mehr Daten via Internet erhoben werden.
Wolfgang Thomas erläutert, was genau Performance-Marketing ist und was
dabei gemessen werden kann. Damit kann die Frage beantwortet werden,
welche Kampagne wie wirksam war und wie sie weiter optimiert werden kann.
Direktmarketingprofis haben Performance-Marketing als Erste für sich entdeckt.
Eifersüchtig bewachte Kompetenzgrenzen zwischen Marketing und Vertrieb müssen
neu abgesteckt werden.
Thomas Brommund definiert Web-Controlling als Abbildung der Unternehmensziele
auf den Teilbereich der Internetaktivitäten. Key-Performance-Indicators (KPI)
liefern aussagekräftige Erfolgsfaktoren. Diese enden nicht mit den Standardmetriken
PageViews, Visits und Visitors. Ergänzend sollten Bezahlsysteme, Bonitätssysteme,
externe Datenbanken und Warenwirtschaftssysteme eingebunden werden.
Martin Oesterer beleuchtet die Möglichkeiten des Web-Mining. Er erläutert, wie
man Relevanz generieren, Produktaffinitäten bestimmen und Interessen ermitteln
kann. Data-Mining wird seit Jahrzehnten im Direktmarketing genutzt. Nun setzt es
sich auch im Online-Marketing durch. Hauptanwendungen sind die Personalisierung
von Inhalten und die ereignisgesteuerte Interaktion mit Besuchern.
Harald Eichsteller zeigt, welche Messwerte für die Bewertung von Onlineportalen
geeignet sind. Marktposition, Kundenstamm, Kundenbeziehung und Nachhaltigkeit
sind die wichtigsten Faktoren. Bei abnehmenden Responseraten sinkt der Returnon-Customer (ROC) überproportional. Hohen Einfluss hat die Churn-Rate, die
besagt wie viele Premium-Kunden kündigen. Besteht erst einmal ein stabiler
Kundenstamm, gibt es einen First-Mover-Advantage. Will ein Konkurrent diesen
durch Nachbauen eines Portals aufholen, ist das schwer.
Christian Bennefeld demonstriert, dass die präzise Messbarkeit auch eine ganz
andere Seite des Internet enthüllen kann: Klickbetrug. Um solchen Dingen auf
die Spur zu kommen, ist das Tracking des Besucherverhaltens durch ein WebControlling System ratsam. Inzwischen haben jedoch alle großen Anbieter eigene
Vorkehrungen getroffen, um Manipulationen zu entlarven und diese Klicks
rückzuvergüten.
Axel Theobald behandelt die Möglichkeiten der Online-Marktforschung. OnlineBefragungen vereinen geringe Kosten und hohe Geschwindigkeit. Innerhalb weniger
Stunden können auch komplexeste Fragebögen entworfen werden. Interessant ist
die Möglichkeit der zufälligen Anordnung von Fragen oder Antworten. Auch
Online-Panels können sehr schnell Antworten liefern. Das ist ein Stamm von
Befragungspersonen, die regelmäßig zu unterschiedlichen Themen befragt werden
können.
558
Performance-Marketing –
Direktmarketing im Internet
Wolfgang Thomas
Marketingentscheider, die zum ersten Mal den Begriff Performance-Marketing
hören, werden wahrscheinlich misstrauisch, da er zunächst wenig aussagekräftig
und trennscharf daher kommt. Wer möchte schon Marketing-Maßnahmen oder
Strategien verfolgen, die nicht „performen“, wie man neudeutsch sagt. Jede
Kampagne, jedes Marketingkonzept wird schließlich auf ein bestimmtes Ziel, eine
bestimmte Leistung hin entwickelt, sei es nun Markenbekanntheit oder -sympathie
oder auch die Kaufbereitschaft in der Zielgruppe.
Das Besondere am Performance-Marketing in Online-Medien ist die Orientierung
an unmittelbar messbaren Zielgrößen wie zum Beispiel einem Besuch auf einer
Website, eine Registrierung als Nutzer oder gar den direkten Kauf. Die Fachgruppe
Performance-Marketing im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW e.V.) hat
den Begriff daher wie folgt definiert:
„Performance-Marketing in den digitalen Medien ist ein Bestandteil des
Mediamix und dient sowohl der Kundengewinnung als auch der Kundenbindung.
Der Einsatz der verschiedenen Werbemedien verfolgt das Ziel, messbare
Reaktionen und/oder Transaktionen mit dem Nutzer zu erzielen. Die Ansprache
des Kunden beziehungsweise Interessenten erfolgt sehr gezielt, nach Möglichkeit
individuell, um die größtmögliche Interaktion mit den Nutzern zu erreichen.
Performance-Marketing versteht sich als integrierter Ansatz. Die Bestandteile
sollen vernetzt zum Einsatz kommen, um so auf Handlungsweisen des Kunden
beziehungsweise potenzieller Interessenten einwirken zu können.“
Wen diese Beschreibung an gängige Direktmarketing-Definitionen erinnert, liegt
völlig richtig: letztlich ist Performance-Marketing „nur“ die Ausprägung des
Direktmarketing in interaktiven Medien. Einige Besonderheiten werden aber an
den folgenden Merkmalen des Performance-Marketing deutlich:
Performance-Marketing bedeutet Messbarkeit
Die Reaktionen und Transaktionen der Zielgruppe sind eindeutig, zeitnah,
vollständig und modular beobachtbar und messbar.
• Eindeutigkeit bedeutet in diesem Kontext vor allem, dass die Zielgrößen
direkt aufgezeichnet werden können. Es bedarf keiner Definition und Inter559
Zielgrößen sind
unmittelbar
messbar
Größtmögliche
Interaktion durch
individuelle
Ansprache
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
pretation von Hilfsgrößen wie zum Beispiel bei der psychografischen Größe
der Kaufbereitschaft der Kauf, sondern die Anzahl der Besucher einer Website
oder der Käufer eines Produktes kann sehr unmittelbar beobachtet werden.
• Zeitnah ist eine Messung, wenn zwischen der Kampagnenaktivität und der
Messung der Reaktion durch die Zielgruppe eine Zeitspanne von wenigen
Stunden oder Tagen liegt, während eine regelmäßige Messung beispielsweise der Markenbekanntheit in Quartals-, Halbjahres- oder gar JahresZyklen vorgenommen wird.
• Vollständig ist eine Messung, wenn diese nicht auf der Reaktion einer
Stichprobe oder ein Panel sondern auf der Grundgesamtheit aller Interaktionen
mit der Zielgruppe beruht, was im Performance-Marketing üblicherweise
der Fall ist.
• Modular meint eine Betrachtung, in der die einzelnen Kampagnenelemente
separat beurteilt und auch gesteuert werden können.
Insbesondere der Aspekt der Modularität unterscheidet Performance-Marketing
erheblich vom klassischen Marketing. Stellen wir uns einen Print- oder TV-Flight
vor, so ist die Auswirkung einer einzigen Anzeige und eines einzelnen TV-Spots
im Normalfall nicht bewertbar, die Wirkung der Kampagne entfaltet sich aus der
Gesamtheit aller Kampagnenelemente. Hinzu kommt, dass durch die längeren
Vorlaufzeiten bei Einbuchung und technischer Umsetzung von Werbung in
klassischen Medien eine taktische Steuerung nicht so ohne weiteres möglich wäre,
selbst wenn eine entsprechende Informationsgrundlage über die Responseleistung
einer Anzeige, eines Spots oder einer Beilage vorliegt, wie dies im klassischen
Direktmarketing angestrebt wird.
Anzeigentexte
und Keywords
können in
Echtzeit während
der Kampagne
geändert werden
Verglichen damit ist insbesondere das Suchmaschinen-Marketing unglaublich
modular und kleinteilig. Kampagnen umfassen hier von einigen Hundert bis
zu Hunderttausenden Begriffen und Suchwortkombinationen. Für jeden dieser
Suchbegriffe lässt sich die Zahl der Kontakte und Reaktionen in Form von
Klicks und späterer Käufe in der Folge dieses Shopbesuches aufzeichnen und
auswerten. Die Erkenntnisse daraus können dann gleich in Optimierungsschritte
der Kampagne umgesetzt werden, indem zum Beispiel ein Anzeigentext praktisch
in Echtzeit geändert wird oder ein erfolgloses Keyword von jetzt auf gleich nicht
mehr geschaltet wird. Damit kann die Effizienz der Kampagne optimiert werden,
noch während sie läuft. Der Werbetreibende identifiziert also ex-post präzise, welche
Kampagnenelemente gut funktioniert haben und ist unmittelbar in der Lage, aus
diesen Erkenntnissen auch Reaktionen abzuleiten und umzusetzen.
Schließlich ist die Vernetzung des Performance-Marketing mit dem übrigen
Marketing-Mix essentiell für den Gesamterfolg. Natürlich wird die Reaktionsbereitschaft der Zielgruppe auf die Kampagnenelemente des interaktiven
Direktmarketing entscheidend von Faktoren wie Bekanntheit oder Sympathie einer
Marke beeinflusst. Es gibt zwar auch viele Performance-Marketing Kampagnen von
Anbietern, die auf Markenkommunikation praktisch vollständig verzichten (müssen)
und diese Kampagnen funktionieren in gewisser Weise auch. Unbekannte Anbieter
weisen aber regelmäßig niedrigere Responseraten auf als bekannte Absender
560
Wolfgang Thomas: Performance-Marketing – Direktmarketing im Internet
einer Botschaft. Auch wird die Bereitschaft zum Kauf per Kreditkarte bei einem
Markenanbieter eher höher sein als bei einem namenlosen Powerseller. Umgekehrt
können Performance-Marketing-Kampagnen auch als Nebeneffekt für eine hohe
Sichtbarkeit im Netz sorgen und damit die Bekanntheit einer Marke unterstützen.
Wohlgemerkt: Klassische Werbung ist keine Voraussetzung für PerformanceMarketing, aber wenn ohnehin solche Kampagnen existieren, sollten diese möglichst
eng mit dem Performance-Marketing abgestimmt und auch zeitlich synchronisiert
werden, um einen optimalen Gesamteffekt zu erzielen.
Für klassische Werber ist die Kleinteiligkeit der Kampagnenplanung sowie die
Geschwindigkeit und Eindeutigkeit der Responsedaten oft irritierend. Das Glauben
an die Richtigkeit eines Konzeptes wird durch einen schnellen Realitätstest ersetzt.
Positiv ist hierbei sicher, dass definitive Irrwege in der Kundenansprache schneller
identifiziert werden. Henry Fords berühmte alte Klage, er wüsste nicht welche
Hälfte für Werbung er zum Fenster rausgeschmissen hätte, verliert so ein Stück weit
seine Gültigkeit. Vorsicht ist aber trotzdem angebracht vor vorschnellen Schlüssen.
Natürlich kann man eine Online-Kampagne schon am zweiten Tag auswerten und
optimieren. Hier sollte aber insbesondere auf ausreichende Fallzahlen unbedingt
geachtet werden, sonst regiert der Zufall über der Stringenz der Erkenntnisse.
Werbekonzepte
können durch die
Eindeutigkeit der
Responsedaten
sehr schnell
überprüft
werden
Kennzahlen im Performance-Marketing
Zahlen regieren das Performance-Marketing. Das Verständnis dieser Größen
ist essentiell, um dieses Marketingkonzept zu verstehen und richtig umsetzen
zu können. Gerade weil das Internet eine solche Fülle von Daten en passant
zur Auswertung zur Verfügung stellt, ist deren richtiges Verständnis und die
Konzentration auf die wesentlichen Kennziffern (neudeutsch auch gern als Key
Performance Indicators oder KPI zusammengefasst) so wichtig. Immer noch
begegnet man Kunden, die den aktuellen Traffic ihrer Website zwar mit „über
200.000“ recht genau beziffern können, aber leider nicht wissen, was diese Zahl
aussagen sollte: Page Impressions, Visits, User oder gar Hits. Daher zunächst die
wichtigsten Messgrößen und Kennzahlen im Überblick:
Eine Page Impression ist der Aufruf einer Seite. Dabei reicht es aus, wenn sich
der wesentliche Teil des Bildschirms ändert, während die Navigation und das
Basislayout unverändert auf dem Schirm bleiben. Historisch entstand dieser Begriff
in den späten 90er Jahren, als sich der Bildschirm vieler Websites aus sogennanten
Frames zusammensetzte und damit beim Aufruf einer neuen Seite mitunter drei bis
vier neue HTML-Seiten gleichzeitig aufgerufen wurden. Da der technische Aufbau
eines Internet-Angebotes aber nicht die Nutzungszahlen verfälschen sollte, einigte
sich die Internet-Branche seinerzeit auf die Definition der Page Impressions. Da
Frames heute kaum noch vorkommen, entspricht die Anzahl der Page Impressions
mittlerweile wieder den HTML-Seitenabrufen.
AdImpressions sind dementsprechend die beim Nutzer geladenen und angezeigten
Werbeflächen bei der Nutzung einer werbefinanzierten Website. Ruft ein User
zum Beispiel eine Ergebnisseite bei einer Suchmaschine ab, erhält er neben seinen
Suchergebnissen auch bis zu zehn Textanzeigen. Eine PageImpression entspricht in
561
Das Verständnis
und die Konzentration auf die
wesentlichen
Kennzahlen ist
wichtig, um das
Konzept des
PerformanceMarketing zu
verstehen
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
diesem Fall also 10 AdImpressions. Bei Bannerschaltungen sind auf einer Seite meist
nur 2 bis 4 Anzeigen (manchmal auch nur eine oder überhaupt keine) zu sehen.
Ein Click ist die vom Nutzer ausgeführte Interaktion mit einem Werbemittel.
Weniger kompliziert: der Nutzer folgt dem in der Anzeige hinterlegten Hyperlink zur
Seite des Werbetreibenden, um sich dort näher mit dessen Angebot zu beschäftigen.
Auf einen Click folgt damit im Normalfall ein Visit, also ein Nutzungsvorgang
einer beworbenen Website. Für die Handelsszene entspricht ein Visit damit der
Kundenfrequenz in einem Ladengeschäft. Wie im richtigen Leben kann ein Kunde
einen Shop natürlich auch mehrfach aufsuchen, bevor er oder sie tatsächlich einen
Kauf tätigt. Die Anzahl verschiedener Nutzer ohne diese Besuchsdopplungen
bezeichnet man als Unique Visitor beziehungsweise Unique User.
Als prozentuale Relation zwischen Clicks und AdImpressions wird die ClickThrough-Rate (CTR, auch Klickrate) gebildet. Ein Wert von einem Prozent
sagt also, dass jeder hundertste User, der mit der Werbebotschaft konfrontiert
wurde, die Anzeige auch anklickt, um die Seite des Werbetreibenden zu besuchen.
Die Höhe der Klickrate hängt maßgeblich vom Umfeld der Werbeschaltung und
der Gestaltung des Werbemittels ab. Für Banner sind Klickraten zwischen 0,1 und
2 Prozent üblich, bei Textanzeigen in Suchmaschinen liegt die Rate etwas höher
bei 0,5 bis 5 Prozent, was aber auch logisch ist, da der Nutzer hier Angebote als
Antwort auf eine von ihm geäußerte Abfrage erhält und nicht spontan mit Werbung
konfrontiert wird.
Im Cost-per-Click (CpC) wird das eingesetzte Werbebudget durch die Anzahl der
erzielten Klicks geteilt. Dieser Cost-per-Click ist im Suchmaschinen-Marketing
auch die Abrechnungs- und damit die Stellgröße für die Budgetierung, während
bei einer Abrechnung auf Tausenderkontaktpreis der CpC eine resultierende
Effizienzkennziffer ist.
Was genau als
Conversion
gewertet
wird, ist vom
Werbetreibenden
selbst definierbar
Ausgehend vom Besuch des Nutzers auf einer Website – zum Beispiel einem OnlineShop – ist die nächste Stufe der Interaktion üblicherweise der Kauf. Die Relation
zwischen Anzahl der Verkäufe und Visits wird als Conversion Rate bezeichnet,
also die Umwandlungsrate zwischen Besuchern des Shops und denen, die auch
zu Kunden wurden. Typische E-Commerce Umwandlungsraten liegen in einer
Größenordnung von ein bis zwei Prozent bezogen auf alle Visits einer Website.
Bei kostenlosen Registrierungsprozessen und Gewinnspielen können andere Raten
erreicht werden. Was genau aus Sicht des Werbetreibenden als Conversion gewertet
wird, ist frei definierbar:
• ein Kauf,
• eine Bestellung von Prospektmaterial,
• der Wunsch nach Besuch eines Außendienstmitarbeiters,
• die Vereinbarung einer Probefahrt für einen PKW oder
• die Anmeldung für einen Newsletter.
Abhängig von dieser Vielfalt in den Conversion-Zielen gibt es eine Vielzahl von
Kennziffern, in denen das eingesetzte Werbebudget durch die Anzahl der erreichten
Conversions geteilt wird, um die anteiligen Cost per Acquisition (CPA) zu ermitteln.
Gängige Ausprägungen sind:
562
Wolfgang Thomas: Performance-Marketing – Direktmarketing im Internet
• der Cost per Order (CPO) als Werbekosten pro Kauf,
• der Cost per Lead (CPL) als Werbekosten pro generierter Adresse und
• der Cost per Registration (CPR) als Kosten pro Registrierung.
Die aus dem Direktmarketing bekannte Trichterdarstellung ist auch im PerformanceMarketing durchaus üblich, um die Beziehungen zwischen den genannten
Kennziffern zu verdeutlichen. In einigen Webcontrolling-Systemen wird auch die
englische Bezeichnung „Funnel“ hierfür verwandt. Die folgende Abbildung fasst
somit die erläuterten Begriffe zusammen:
Abb. 1: Beziehungen zwischen den Kennziffern
Performance-basierte Abrechnungsmodelle
Ein häufiges Missverständnis im Performance-Marketing betrifft die sogenante
Performance-basierte Abrechnung mit den Medien. Hierbei werden die Werbeträger
(im Online-Bereich also Websites, Suchmaschinen oder Affiliates) nur für die
tatsächlich erbrachten Responseerfolge bezahlt und nicht für die werbliche Präsenz
an sich.
Klassische Medien wie Print oder TV extrapolieren aus ihrer Verbreitung in der
Vergangenheit die Reichweite eines Werbeträgers in die Zukunft und legen Preise
hierfür fest. Um diese Preise vergleichbar zu machen, ist der Tausenderkontaktpreis
(TKP, in englisch CPM) hilfreich. Bei Bannerschaltungen wird der TKP zum
Preismodell, das heißt es wird pro tausend angezeigte Banner ein bestimmter Preis
erhoben und am Kampagnenende abgerechnet.
Performance-orientierte Preismodelle gehen noch einen Schritt weiter: der
Werbeträger erhält nur dann Geld für die erbrachte Werbeleistung, wenn
tatsächlich der gewünschte Erfolg in Form eines Klicks, eines Leads oder gar
eines Kaufs eingetreten ist. Werbeleistung, die nicht zum gewünschten Erfolg
führt, wird demnach auch nicht bezahlt. Damit wälzt der Werbetreibende einen
erheblichen Teil seines wirtschaftlichen Risikos ab auf die Medien, die Planung
563
Werbeträger
werden nur für
Responseerfolge
bezahlt, nicht
allein für die
werbliche
Präsenz
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
Bei einer
leistungsbasierten
Abrechnung
entscheidet der
Betreiber der
Website welche
Werbung wann,
wo und wie oft
läuft
einer Kampagne wird bedeutend einfacher. Im Suchmaschinen-Marketing hat sich
die Abrechnung auf Kosten pro Klick (CpC) fest etabliert, im Affiliate-Marketing
dominiert die Abrechnung pro Kaufabschluss. Dagegen sind Websites mit begehrten,
knappen und hochwertigen Zielgruppen oder Features nicht darauf angewiesen,
ihre Werbeflächen leistungsbasiert zu verkaufen. Eine weitere Konsequenz der
leistungsbasierten Abrechnung ist auch, dass die Medien ein Mitspracherecht bei
der Platzierung und Gestaltung der Werbung beanspruchen. Dies äußert sich zum
Beispiel in den redaktionellen Richtlinien für die Gestaltung von Textanzeigen
in Suchmaschinen. Auch verliert der Werbetreibende in diesem Modell seinen
Anspruch auf eine Präsenz in einem von ihm gebuchten Umfang oder an einer von
ihm ausgesuchten Platzierung. Bei Performance-orientierter Abrechnung legt der
Betreiber der Website fest, welche Werbung wann, wo und wie oft läuft. Aus seiner
Sicht unwirtschaftliche Kampagnen werden entweder überhaupt nicht angenommen
oder nach einer kurzen Testperiode wieder abgesetzt.
So verlockend die leistungsbasierte Abrechnung der Medialeistung auch sein mag:
sie ist in vielen Umfeldern schlicht nicht durchsetzbar. Die gute Nachricht ist, dass es
im Performance-Marketing nicht notwendig ist, dass die Werbung erfolgsorientiert
abgerechnet wird. Natürlich macht dies für die Planung und Optimierung vieles
einfacher. Es gibt aber auch sehr viele Platzierungen, die auf Basis von Fixkosten
pro Belegungszeitraum oder eben über Tausenderkontaktpreise abgerechnet
werden und trotzdem sehr wirtschaftlich sind. Entscheidend für die Nutzung
als Performance-Marketing Instrument ist daher nicht die Abrechnungsmethode
sondern der Planungs- und Optimierungsansatz. Solange der Erfolg einer Kampagne
primär oder ausschließlich auf Basis der unmittelbar erzielten Resultate beurteilt
und gesteuert wird, können alle Geschäftsmodelle zum Einsatz kommen.
Steigende Grenzkosten bei Skalierung
Testkampagnen
im Kleinen
können nicht
unbedingt
hochgerechnet
werden
Je stärker ein
Bedarf beim
potenziellen
Kunden geweckt
werden muss,
desto niedriger
die Conversion
Economies of scale sind im Wirtschaftsleben ein natürliches Phänomen. Intuitiv
erwartet daher jeder Entscheider, dass sich die Ergebnisse einer noch bescheidenen
Testkampagne zumindest linear hochrechnen und damit skalieren lassen. In der
Praxis des Performance-Marketing ist dies leider oft ein Trugschluss. Viele WebsiteBetreiber schwärmen zum Beispiel von der unglaublich guten Umwandlungsrate
bevor sie überhaupt die Website aktiv bewerben, beobachten aber dann oft ein
Sinken der Kaufrelation, sobald das Angebot aktiv vermarktet wird. Dies ist relativ
leicht erklärbar mit der Struktur der Seitennutzer: eine wenig beworbene Website
erfährt überwiegend eine Nutzung durch Bestandskunden oder Neukunden, die
durch Mund-zu-Mund-Propaganda auf das Angebot aufmerksam wurden. Diese
User kommen also schon mit dem mehr oder minder fest gefassten Entschluss auf
die Website, sich mit dem Angebot näher zu beschäftigen und gegebenenfalls auch
zu kaufen. Ähnlich ist die Lage bei Nutzern, die über Suchmaschinen-Werbung
(SEM) auf die Seite kommen.
Je früher der Nutzer noch im Kaufentscheidungsprozess ist, je stärker ein Bedarf
erst noch geweckt werden muss, umso niedriger wird die Conversion sein. Der
Haken dabei: die Kosten pro Bestellung oder Neukunde mögen bei einer sehr
564
Wolfgang Thomas: Performance-Marketing – Direktmarketing im Internet
kleinen Kampagne zwar sensationell günstig sein, aber die absolute Dimension des
Geschäfts ist noch sehr bescheiden. Möchte der Werbetreibende dann aber „den
Hahn aufdrehen“, stehen der Skalierung diverse Hindernisse im Weg: die Anzahl
der Suchanfragen in einer Suchmaschine ist letztlich begrenzt.
Wohlgemerkt: bei über 35 Millionen deutschen Online Nutzern besteht mittlerweile
eine mehr als ausreichende Reichweite, um deutlich steigende Investitionen auch
in Performance-Marketing-Kampagnen zu rechtfertigen. Die Erfahrung zeigt aber,
dass die CPOs im Zuge der Skalierung tendenziell eher steigen als fallen, aller
Konditionenvorteile im Einkauf größerer Kampagnen zum Trotz. Solange die Kosten
für die Neukundengewinnung aber mit den traditionellen Wegen konkurrenzfähig
sind, lohnt auch eine Skalierung bei steigenden Grenzkosten.
Organisatorische Herausforderungen
Unternehmen mit ausgeprägter Direktmarketing-Erfahrung werden sich mit dem
Einstieg ins Performance-Marketing leicht tun. Hier liegen schon LeistungsBenchmarks und Erfahrungen zu Umwandlungsraten aus den Offline-Kampagnen
vor. Ein wichtiger Aspekt ist die Bereitschaft zum ständigen Lernen und
Optimieren einer Kampagne. Für die kontinuierliche und zeitnahe Verbesserung
von Platzierungen und Werbemittel ist es zum Beispiel notwendig, die mit der
Steuerung der Kampagne betrauten Geschäftseinheiten mit den erforderlichen
Kompetenzen und Entscheidungsspielräumen auszustatten.
Der klassische Konflikt zwischen Marketing und Vertrieb wird im PerformanceMarketing insoweit entschärft, als dass Vertriebsziele in das Zentrum der
Kommunikation rücken. Daran schließt sich aber die Frage an, ob solche
Maßnahmen aus dem Vertriebs- oder Werbebudget bestritten werden sollten und
welcher Bereich „den Hut aufhat“. Letztlich profitieren aber beide Bereiche von
einer engen Verzahnung ihrer Aktivitäten.
Insgesamt bietet Performance-Marketing vielfältige Ansätze für neue und effiziente
Wege zur Erschließung neuer Kunden. Als innovatives Marketingkonzept bricht es
mit verschiedenen Paradigmen der klassischen Werbung, erfahrene Direktmarketer
werden sich aber nach Gewöhnung an die neuen Begriffe schnell heimisch fühlen
und die enorm schnellen Reaktionszeiten und Reportingzyklen zu schätzen wissen.
Mit einer im Performance-Marketing erfahrenen Agentur, die idealerweise alle
relevanten Spielarten integriert planen und umsetzen kann, wird die Erschließung
des Internet als Sales und Pre-Sales-Kanal zu einer schnell umsetzbaren und auch
langfristig erfolgreichen Marketinginnovation.
565
Die Bereitschaft
zum ständigen
Lernen und
Optimieren ist
Voraussetzung
für eine erfolgreiche Kampagne
Web Analytics – Web Controlling
Thomas Brommund, Axel Amthor
Abbildung der
Unternehmensziele auf den
Teilbereich
der Internetaktivitäten
Der entscheidende Schritt in Richtung einer funktionierenden Erfolgsmessung
liegt zunächst nicht in der Implementierung eines technischen Mess-Systems,
sondern beginnt immer mit Abbildung der Unternehmensziele auf den Teilbereich
der Internetaktivitäten.
Der Web Analytics-Regelkreis
Während die initiale Einführung eines Web Analytics-Tools ein in sich abgeschlossenes Projekt darstellt, bedeutet Web Analytics einen kontinuierlichen
Regelkreis zu durchlaufen, der wie folgt beschrieben werden kann:
1. Planung
Es gilt Marketingziele zu definieren, Key-Performance-Indicators (KPIs) zu
identifizieren und diese messbar zu machen.
2. Erfolgsmessung
Dies bedeutet die Überwachung des laufenden Betriebes, um bei relevanten
Abweichungen von den Zielvorgaben rechtzeitig handeln zu können.
3. Analyse
Es gilt die Web-Statistik-Daten
auszuwerten und hinsichtlich der
gesetzten Ziele und Geschäftsausrichtung zu interpretieren.
4. Optimierung
Es gilt nun die aus der Analyse
abgeleiteten Handlungsempfehlungen umzusetzen und die Reaktion
auf die Veränderungen erneut zu
messen und zu analysieren.
Abb.1: Web Analytics-Regelkreis
566
Thomas Brommund, Axel Amthor: Web Analytics – Web Controlling
Abb.2: Von der Metrik und Dimension zur Web-Scorecard
Was zeichnet Web Analytics-Projekte aus?
Sie sind interdisziplinär, zumeist technisch anspruchsvoll und in der Regel strategisch
ausgerichtet und müssen schnell auf neue Anforderungen angepasst werden.
Interdisziplinär
Web Analytics-Projekte sind grundsätzlich interdisziplinär, häufig sogar unternehmensübergreifend. Sie umspannen ein sehr weites Feld an erforderlichem Knowhow, um erfolgreich durchgeführt werden zu können:
• Umfassendes Marketingwissen.
• Spezielles Wissen im Online-Marketing, dessen Instrumente
und Abrechnungsmodelle, wie zum Beispiel Suchmaschinenoptimierung (SEO), Suchmaschinenmarketing (SEM),
Affiliate-Marketing, E-Mail-Marketing und cross-mediale Kampagnen.
• Kenntnisse des Geschäftsmodells und der Strategie des Unternehmens.
• Kenntnisse der Prozesse im Unternehmen.
• Kenntnisse der IT-, Web- und weiteren Infrastruktur in Breite und Tiefe.
• Kenntnisse im Controlling und Reporting.
• und gegebenenfalls Kenntnisse im Bereich Data-Warehousing
und Business-Intelligence.
Web Analytics-Projekte erfordern die zielgerichtete Zusammenarbeit unterschiedlicher Abteilungen innerhalb eines Unternehmens. Marketing, Vertrieb und
Technik müssen eine gemeinsame Sprache finden, um die Anforderungen an eine
Web Analytics-Lösung zu definieren. Es gilt gemeinsam die Anforderungsseite aus
Marketing und Vertrieb mit der Entwicklungsseite der IT und externen Dienstleister
zusammenzuführen. Hierbei wird die Komplexität der Projektabwicklung vielfach
unterschätzt.
567
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web Analytics
Technisch anspruchsvoll
Bezahlsysteme,
Bonitätssysteme, externe
Datenbanken
und Warenwirtschaftssysteme
einbinden
Web Analytics-Projekte sind technisch anspruchsvoll. Es geht letztendlich um
die Verarbeitung von Massendaten in nahezu Echtzeit. Es gilt zu verstehen wie
aktive Elemente in die Seite zu integrieren sind, Transaktionsabläufe abgebildet
werden, Bezahlsysteme, Bonitätssysteme, externe Datenbanken und Warenwirtschaftssysteme eingebunden werden, interne und externe Marketing Maßnahmen
gemessen werden. Zusätzliche Werkzeuge wie zum Beispiel Bid-Management
Tools oder Behavioral Targeting-Lösungen gilt es ebenso einzubinden wie die
Daten von externen Online-Marketing beziehungsweise Performance- MarketingDienstleistern.
Übernehmen externe Dienstleister Bereiche des Online-Marketings, gilt es diese
Erfolgsmetriken in die eigenen Tools einzubinden, um letztendlich eine ganzheitliche
Sicht auf die Online-Marketing-Maßnahmen zu erhalten.
Strategisch
Web Analytics-Projekte sollen die Zahlen für die strategische Weiterentwicklung der
Website und des Unternehmens liefern, dafür müssen die erhobenen Kenndaten und
Zahlen auch einen starken Bezug zum Geschäftsmodell haben. Des Weiteren sollen
die Tools die Grundlage für ein erfolgreiches Online-Marketing liefern. Diese Daten
sollen nahezu in Echtzeit, valide und zuverlässig erhoben werden und anschließend
detailliert und aggregiert bereitgestellt werden.
Change Management is King!
Die Anforderungen an das Web Analytics System sind permanenten Änderungen
und Anpassungen unterworfen:
• Änderung der Websitestruktur
• Änderung der Transaktionsabläufe in der Site
• Änderung oder Erweiterung des Geschäftsmodells
• Marketingmaßnahmen als „Mini Projekte“
• Neue Werbepartner, neue Werbeformen, neue Werbemittel,
neue Verrechnungsmodelle
• Technologische Weiterentwicklung der Website
• An- und Einbindung neuer Tools und Technologien
Es gilt diese Änderungen in der Projektplanung und in der Tool-Auswahl zu
berücksichtigen.
568
Thomas Brommund, Axel Amthor: Web Analytics – Web Controlling
Kriterien für die Auswahl von Web Analytics-Tools
Dimensionen und Metriken stellen die Basis für die geschäftsrelevanten
Informationen über eine Website bereit. Aus dieser Erkenntnis ergeben sich zwei
wichtige Konsequenzen.
Dimensionen und
Metriken
Die genaue Planung der Metriken und Dimensionen legt den Grundstein für WebAnalytics. Eine gute Basis für die Bestimmung der verwendeten Dimensionen
bilden die Fragen, die das Web Analytics-System beantworten soll. Die Antworten
auf diese Fragen werden im Reporting für die Entscheider zusammengefasst.
Nach der Auswahl der erforderlichen Dimensionen, erfolgt die Wahl des WebAnayltics-Tools, welche die gewünschten Informationen bereitstellen können.
Da sich die verfügbaren Tools in diesem Punkt teilweise erheblich unterscheiden,
kommt der Genauigkeit des Pflichtenheftes eine besonders große Bedeutung zu.
Die folgenden Abschnitte zeigen einige Kriterien auf, mit deren Hilfe die Eignung
der Tools für die eigene Web Analytics-Aufgabenstellung geprüft werden kann.
Zusammenhang Metrik, Dimension und Instanz
Das Aufsetzen eigener Statistiken im Web-Controlling-Umfeld endet nicht mit den
Standardmetriken „PageViews“, „Visits“ und „Visitors“. Die meisten Programme
in diesem Umfeld bieten Auswertungen dieser Metriken nach Dimensionen wie
Seitennamen, Webseitenbereichen oder Navigationshierarchien an.
Bei der Definition eigener Metriken werden aber immer wieder Fehler gemacht und
es kommt nicht selten vor, dass Metriken, Dimensionen und Instanzen verwechselt
und fröhlich durcheinandergewürfelt werden.
Web-Controlling
endet nicht mit
den Standardmetriken
PageViews, Visits
und Visitors
So stellt die Zählung von erfolgreichen Registrierungen eine eigene Metrik dar.
Simpel, ist dies doch einfach ein Zähler, den man nach Zeitverlauf darstellen kann:
gestern einhundert, heute achtzig Registrierungen.
Der erste und häufigste Fehler in diesem Zusammenhang ist, dass in einer eher
„schlichten“ Implementierung einfach die Seitenabrufe der Quittungsseite „Vielen
Dank ...“ gezählt werden. Wir beobachten aber auf solchen Seiten immerhin rund
15 bis 20 Prozent Wiederherstellungen, reloads, zum Beispiel über Taste F5 oder
Ähnlichem, was die Ergebnisse stark verfälscht. Auch handelt es sich hier nicht um
die Metrik „Anzahl Registrierungen“ sondern um die Metrik „Page-Views“ – und
das ist ein Unterschied.
Möchte man die echten Registrierungen zählen, braucht man schon eine engere
Verzahnung mit dem Backend. Gleiches gilt für Bestellungen und Leads oder
Ähnliches. Interessant wird es dann, wenn man Fragen stellt wie: „Wieviel Käufe im
letzten Monat wurden von welcher Altersgruppe getätigt?“. Dann benötigt man eine
Dimension „Altersgruppe“, nach der die Metrik „Bestellungen“ heruntergebrochen
werden kann. Eine Instanz dieser Dimension „Altersgruppe“ wäre dann zum
Beispiel „30-39“.
Die Vorgehensweise bei der Erstellung von Metriken und Dimensionen ist also
zunächst, die Fragen aus dem Reporting korrekt zu formulieren und danach zu
569
15 bis 20
Prozent Wiederherstellungen
verfälschen die
Ergebnisse
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web Analytics
ermitteln, welche Metriken in welchen Dimensionen dargestellt werden müssen. Erst
dann kann daraus die notwendige technische Implementierung abgeleitet werden.
Zuordnung von Dimensionen zu Metriken
Im Idealfall können Metriken und Dimensionen frei zugeordnet werden, das ist aber
nicht bei allen Web Analytics-Tools der Fall. Manche Tools erfassen zum Beispiel
die Besuchereigenschaften wie Alter oder Geschlecht et cetera nur in einer Auswahl
der verfügbaren Metriken, zum Beispiel nur Traffic-Metriken, obwohl auch eine
Auflösung dieser Dimensionen nach Erfolgsmetriken wie „Newsletteranmeldung“
wichtige Informationen liefern kann.
Korrelation von Dimensionen
Dimensionen stellen Eigenschaften von bestimmten Ereignissen dar. Manchmal
reicht eine Eigenschaft alleine aber nicht aus, um die gewünschten Informationen
zu gewinnen. Für eine Metrik „Newsletteranmeldung“ können zum Beispiel
die Dimensionen „Geschlecht“ und „PLZ-Bereich“ definiert werden. Einzeln
geben diese Dimensionen aber noch keine Antwort auf die Frage, wie viele
Newsletteranmeldungen von weiblichen Besuchern aus Hamburg im letzten Monat
erfolgt sind. Für eine solche Fragestellung muss eine Korrelation zwischen den
Dimensionen „Geschlecht“ und „PLZ-Bereich“ hergestellt werden. Dabei sind nur
Korrelationen möglich zwischen Dimensionen, die in der gleichen Metrik gemessen
werden.
Derzeitig bieten nur hochwertige Web Analytics-Tools die Möglichkeit Dimensionen
zu korrelieren, dabei ist jedoch oft nur die Korrelation von zwei Dimensionen
möglich. Die Frage, wie viele Newsletteranmeldungen von weiblichen Besuchern
im Alter von 18 bis 30 Jahren aus Hamburg im letzten Monat erfolgt sind, wird
allerdings nur bei der Korrelation von drei Dimensionen, nämlich Geschlecht, PLZBereich und Alter, beantwortet.
Als weiteres Unterscheidungsmerkmal der Web Analytics-Tools sollte die Flexibilität bei den Korrelationen betrachtet werden. In vielen Fällen sind die Korrelationen
vorgegeben und können vom Kunden nicht geändert werden. Da die Wahl der
Dimensionen und Korrelationen aber entscheidenden Einfluss auf sinnvolles
Reporting hat, kann auf die benutzerdefinierte Wahl der Korrelationen in vielen
Fällen nicht verzichtet werden.
Reporting
Bewertung
der ReportingFunktionen eines
Tools
Über das Reporting gilt es die verantwortlichen Entscheider und Mitarbeiter
regelmäßig über die aktuelle Zielerreichung zu informieren und auf eventuelle
Schwachstellen aufmerksam zu machen. Die Ausführung des Reportings hat einen
erheblichen Einfluss auf die Akzeptanz bei den Anwendern und damit auf den
Gesamterfolg des Web Analytics-Projektes.
570
Thomas Brommund, Axel Amthor: Web Analytics – Web Controlling
Folgende Aspekte helfen bei der Bewertung der Reporting-Funktionen eines
Tools:
• Können Dashboards zur Darstellung der Kennzahlen individuell,
zum Beispiel bezogen auf die Rolle oder Funktion, eingerichtet werden?
• Können Dashboards und Reports automatisch per E-Mail
zeitgesteuert verschickt werden, zum Beispiel als PDF?
• Können für den Zugriff auf die Reporting-Daten Gruppenund Benutzerrechte angelegt werden?
Die Reporte sollten zusätzlich dokumentierbar sein, um „Ausreißer“ in den
Kennzahlen zu erläutern.
Key-Performance-Indicators (KPI)
Mit den KPI werden die zahlreichen Kennzahlen, die auf Basis von Dimensionen
und Metriken erhoben werden, zu aussagekräftigen Erfolgsfaktoren für das Onlinegeschäft verdichtet.
Folgende Aspekte helfen bei der Bewertung der KPI-Funktionen eines Tools:
Key-PerformanceIndicators (KPI)
liefern aussagekräftige Erfolgsfaktoren
• Können eigene KPIs definiert werden?
• Können für die KPIs Zielvorgaben (Sollwerte) angegeben werden?
Performance-Marketing
Die Web Analytics-Daten bilden die Entscheidungsgrundlage für die Optimierungsmaßnahmen von Schwachstellen beziehungsweise von ungenutzten Potenzialen im
Onlinebereich. Mit integrierten Lösungen können die Aufgaben des PerformanceMarketings deutlich effizienter erledigt werden als mit verteilten Systemen.
Folgende Aspekte helfen bei der Bewertung, beispielhaft für die Einbindung von
SEM-Maßnahmen, eines Tools:
• Kann die Performance der SuchmaschinenmarketingMaßnahme gemessen werden?
• Welche Suchmaschinen können verwaltet werden?
Die Einführung eines Web Analytics-Systems
Für die Einführung eines Web Analytics-Systems wird in der Regel ein interdisziplinäres Projekt-Team gebildet: Management beziehungsweise Geschäftsleitung, Marketing und IT beziehungsweise Technik arbeiten dabei oft mit
externen Dienstleistern und Beratern zusammen. Das Ziel der Projektleitung ist
es dabei, die Kenntnisse und Anforderungen aus allen Bereichen gewinnbringend
571
Einbindung von
SEM-Maßnahmen
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web Analytics
in das Projekt einzubringen. Der Ansatz, ein Web Analytics-Projekt ausschließlich
durch Marketing oder IT durchführen zu lassen, führt der Erfahrung nach nicht zu
optimalen Ergebnissen:
• Die IT-Verantwortlichen neigen dazu, sich eher am technisch
Machbaren zu orientieren, was zu eher technologischen, aber
für den Geschäftserfolg nicht relevanten Kennzahlen führt.
• Das Marketing setzt im Projekt zwar meistens relevante Kennzahlen
um, kommt aber in der Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern
oft zu strukturellen Insellösungen, die nicht oder nur schwer
in die (informations-) technische Infrastruktur zu integrieren sind.
Idealerweise führt die Geschäftsleitung das Projekt mit Mitgliedern aus allen
beteiligten Funktionen in einer klassischen Matrix-Organisation. Der Fokus
der Projektleitung liegt dabei vor allem auf der Rentabilität der Web AnalyticsEinführung gemessen im Return on Investment (ROI), auf der durchgängigen
technischen Implementierung und der Konzentration auf die wesentlichen KeyPerformance-Indicators, die tatsächlich die strategischen Ziele des Unternehmens
abbilden.
Planung eines Web Analytics-Systems
Die Planung eines Web Analytics-Systems ist für jedes Unternehmen verschieden.
Dennoch lässt sich ein genereller Leitfaden erstellen, der die wichtigsten Schritte
umfasst.
Web AnalyticsProjekt steht
und fällt mit
der Konzeption
der OnlineAktivitäten
Best Practice
Der Erfolg von Web Analytics-Projekten steht und fällt mit der Konzeption der
Onlineaktivitäten. Sofern die Internetkonzepte schon einen relevanten Bezug zur
Geschäftsstrategie haben, sind sie in der Regel in sich tragfähig und beinhalten die
wesentlichen KPIs.
Mit der Konzentration auf die relevanten Kennzahlen, die individuell auf das
eigene Unternehmen und die eigene Strategie zugeschnitten sind, reduziert sich
die Auswahl der möglichen Tools beziehungsweise Hersteller automatisch. Werden
hingegen – aufgrund mangelnder Vorbereitung – nur allgemeine Kennzahlen ohne
Bezug zur spezifischen Aufgabenstellung des Unternehmens vom Web AnalyticsSystem eingefordert, so können zahllose Tools diese Anforderungen erfüllen. Das
gesamte Projekt zur Einführung wird so deutlich aufgebläht und sowohl zeitlich
wie auch finanziell belastet.
Die Aufgabenstellung sollte daher im Vorfeld soweit definiert werden, dass nur circa
drei Anbieter als mögliche Lösungspartner in Frage kommen. Diese Kandidaten
werden dann auf die Erfüllung der Vorgaben hin geprüft und bewertet, um mit einem
angemessenen Aufwand zu Entscheidungsvorlagen zu kommen.
572
Thomas Brommund, Axel Amthor: Web Analytics – Web Controlling
Projektdauer und Projektaufwände
Die Dauer für die Einführung eines Web Analytics-Systems hängt natürlich stark von
den Anforderungen ab. In der Regel muss man mit circa drei bis sechs Monaten für
komplexe Websites rechnen. Aufgrund der Vielzahl der beteiligten Projektmitglieder
Exemplarischer Projektplan
1. Erstellung eines Anforderungskataloges mit folgenden Aspekten:
• Key-Performance-Indicators (KPI) zur Abbildung
der relevanten Ergebnisse aus den Online-Aktivitäten.
• Web Scorecards zur Zusammenfassung der KPI
und zum Abgleich mit den Sollwerten.
• Aufschlüsselung interner und externer Marketingmaßnahmen.
• Anforderungen an das Reporting mit erforderlichen Formaten, Möglichkeiten
der Benutzerverwaltung, Verteilung der Reports und Automatisierungsoptionen.
• Integration der Daten (Import, Export), Schnittstellen zu anderen „Datenwelten“
wie Data-Warehouse oder Warenwirtschaftssystem.
• Informationen aus anderen Informationssystemen wie zum Beispiel
die Retourenrate aus dem Warenwirtschaftssystem.
2. Erarbeitung des Optimierungspotenzials und monetäre Bewertung
– notwendig für die ROI-Berechnung.
3. Erarbeitung eines Request-for-Information (RFIs) für die Auswahl der Web
Analytics-Tools beziehungsweise deren Hersteller. Die in dem RFI aufgeführten
Kriterien sollen eine individuelle Bewertung zulassen und nach den Anforderungen
des Unternehmens gewichtet sein.
4. Auswahl eines geeigneten Tools. Idealerweise soll sich die gewählte Lösung
innerhalb von maximal 24 Monaten rentieren.
5. Erstellung eines technischen Umsetzungskonzeptes
mit entsprechendem Projektplan.
6. Integration in die Webseite und erste Validierung der gemessenen Zahlen.
In dieser Phase hilft die Plausibilitätsprüfung umfangreicher Kennzahlen dabei,
eventuell Schwachstellen aufzuspüren.
7. Aufsetzen der Benutzerverwaltung, Erstellung und Konfiguration der Reports.
8. Aufstellen der ETLs für die Datenflüsse in andere Informationssysteme
(ETL – Extraction-Transformation-Load).
9. Detaillierte Validierung der Zahlen. In dieser Phase erfolgt die Feinabstimmung
des Systems, hier werden gegebenenfalls Korrekturen in der technischen
Implementierung vorgenommen. Auch Anforderungen, die sich erst im Laufe des
Projektes ergeben haben, werden in dieser Phase umgesetzt.
10. Projektabnahme und Inbetriebnahme. An dieser Stelle setzt der regelmäßige
Prozess aus planen, messen, analysieren und optimieren ein, der den Erfolg
des Projektes sicherstellt.
573
Benutzerverwaltung,
Verteilung der
Reports und
Automatisierungsoptionen
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web Analytics
Tipp
Eine mit definiertem Rücktrittsrecht verbundene Verpflichtung, die Anforderungen
auch tatsächlich einzuhalten, hilft beim Aussortieren derjenigen Anbieter, die in
der ersten Runde grundsätzlich alle Anforderungen erfüllen, dies später aber
nicht in der gewünschten Form leisten können.
Die Auswahl weniger, individueller und wichtiger KPIs reduziert auch den
Aufwand für die technische Implementierung in die Website, die einen großen
Teil des gesamten Projektumfangs ausmacht. Es empfiehlt sich nicht mehr als
5 KPIs pro Rolle zu definieren.
Muss hingegen das verwendete Tool aufgrund ungenauer Vorarbeiten während
der Implementierung gewechselt werden, kommt der erforderliche Aufwand fast
einem neuen Projekt gleich.
aus verschiedenen Funktionen und der engen Verknüpfung mit der geschäftlichen
Strategie sind kürzere Projektlaufzeiten selten zu erreichen.
Es ist relativ schwer, allgemeine Aussagen über Aufwände für Web AnalyticsProjekte zu treffen, da Anforderungen und technische Implikationen je nach Website,
Programmhersteller und Projektorganisation sehr weit gefächert sein können.
Generell können jedoch für die Kalkulation der Aufwände folgende Regeln herangezogen werden:
• Die in die Webseite zu integrierenden HTML-Elemente – Tracking
Pixel, Landmark – sind von Hersteller zu Hersteller sehr unterschiedlich
aufgebaut und erfordern sehr unterschiedliche Backend-Integrationen
bei komplexen Dimensionen und Metriken. Generell sind diese
HTML-Elemente zwischen den Herstellern naturgemäß völlig
inkompatibel – ein Austausch des Anbieters führt zumindest
zu einer völligen technischen Neuintegration des neuen Anbieters.
Dies hat auch Auswirkung auf eventuell Evaluierungen von Tools.
Unterschiedliche
in die Webseite
zu integrierenden
HTML-Elemente
wie Tracking Pixel
und Landmark
• Die Projektphasen Planung/Konzeption und Validierung sollten
zusammen mit mindestens dreißig Prozent des Gesamtaufwandes
kalkuliert werden.
• Auch wenn die technische Integration irrtümlich oft als trivial
betrachtet wird, sollte man ein sorgfältiges Integrationskonzept erstellen
und darauf achten, dass alle KPIs und deren Abbildung in Form von
spezifischen Tracking-Elementen in den Seiten sauber dokumentiert
werden. Ansonsten ist eine spätere Pflege und Wartung nicht
durchführbar. Die Aufwände hierfür sind zu kalkulieren
und einzuplanen.
574
Thomas Brommund, Axel Amthor: Web Analytics – Web Controlling
Budget und Wirtschaftlichkeit
Web Analytics-Systeme zielen auf den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen ab,
insofern ist die Betrachtung des Returns on Investments (ROI), also die Rentabilität
oder Wirtschaftlichkeit, ein zentraler Aspekt.
Auf der Ausgabenseite sind zu berücksichtigen:
• Aufwand für Marketingkampagnen
• Aufwand für Websiteoptimierungen
• Aufwand für Analyse und Bewertung
• Aufwand für das Web Analytics-Tool
Demgegenüber stehen Kostenreduzierungen beziehungsweise Ergebnisverbesserungen durch:
• Einsparpotential bei Marketingmaßnahmen
(Streuverluste, Makrokonversion)
• Verbesserung der Mikrokonversion
• Steigerung der Effizienz
• Steigerung von Umsatz und Leads
Bezogen auf einen Betrachtungszeitraum von zwölf bis vierundzwanzig Monaten
sollte die Einführung einer Web Analytics-Lösung rentabel werden, dementsprechend muss das benötigte Budget bereitgestellt werden – siehe auch Ziffern
1 – 3 und 9 des Projektplanes.
Auswahl eines geeigneten Web Analytics-Tools
Eine optimale „Short List“ der Anbieter führt maximal drei verschiedene Tools
auf, die einem weitergehenden Vergleich unterzogen werden. Die Erfahrung hat
gezeigt, dass eine längere Liste von Anbietern, die zur Angebotsabfrage aufgefordert
werden, nicht zu einer besseren Entscheidungsgrundlage führt. Vielmehr ist es
entscheidend, so exakte Angaben wie möglich über die einzelnen Kriterien wie
beispielsweise KPIs, Dimensionen und Metriken zu machen, die in das Reporting
einfließen sollen.
Um eine entsprechende Vorauswahl an geeigneten Web Analytics-Anbietern treffen
zu können, sei auf den Einkaufsführer von Ideal Observer verwiesen. Anhand der
dort aufgeführten Kriterien kann eine „long list“ erstellt werden. Diese „long list“
sollte im nächsten Schritt anhand von Primärkriterien auf eine überschaubare Anzahl
von Herstellern – wir empfehlen maximal drei – eingegrenzt werden:
• Wirtschaftliche Position des Anbieters.
• Zugrunde liegendes Lizenzmodell.
• Referenzen, aktive und passive, mit Präferenz auf Lösungen,
die ähnliche Geschäftsmodelle als Grundlage haben wie die zu
messende Website.
575
Maximal drei
verschiedene
Tools einem
weitergehenden
Vergleich
unterziehen
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web Analytics
• Reife beziehungsweise Marktreife des Produktes.
• Beratungs- und Servicekompetenz des Anbieters.
In dem noch recht jungen Markt „Web Analytics“ tendieren die Hersteller oftmals
zu einer aggressiven Vertriebsstrategie, was mitunter zu einem tatsächlichen
„overselling“ führen kann. Um hier unliebsame Überraschungen zu vermeiden,
sollten die Ausschreibungsunterlagen, auch Request for Informations (RFIs), die
Anforderungen so exakt wie möglich beschreiben und hinsichtlich des Erfordernisses
auch gewichten. Andernfalls tritt ein, was wir in Projekten als das „100-ProzentSyndrom“ bezeichnen: Alle zur Angebotsabgabe aufgeforderten Anbieter erfüllen
alle Anforderungen zu hundert Prozent. Dieser Effekt ist zu erwarten, wenn allzu
banale Kennzahlen in allzu allgemeiner Form abgefordert werden.
Tipp
Vermeiden Sie die Herstellerdatenblätter eines favorisierten Herstellers abzuschreiben und diese als Tabelle an die diversen Anbieter zu versenden. Sie
erhalten in der Regel alle Fragebögen mit 100 Prozent Erfüllungsgrad zurück.
Formulieren Sie Ihre Anforderungen bezogen auf Ihr Geschäftsmodell und
beschreiben Sie, was Sie vom Tool erwarten. Konzentrieren Sie sich auf wesentliche Aspekte ihres Geschäftes und der dafür relevanten Kennzahlen.
Fragen Sie dezidiert nach, wie Ihre KPIs dargestellt werden können und ob hierfür
zusätzliche Module oder Komponenten erforderlich sind. Für die Lieferung von
Echtzeitdaten sind sogenannte „Service-Level-Agreements“ hilfreich, um sicher
zu stellen, auch bei höherem Traffic auf der Site noch zeitnahe Auswertungen
vornehmen zu können.
Evaluierung von Tools
Die Probefahrt
ist der sicherste
Weg, spätere
Enttäuschungen
zu vermeiden
Ein probates Mittel zur Bewertung der Leistungsfähigkeit von Softwareprogrammen
ist die Evaluierung. Hierbei wird für einen begrenzten Zeitraum, in einem
begrenzten aber repräsentativen Szenario, eine Reihe von Tools zur Bewertung
der Leistungsfähigkeit „Probe gefahren“.
Web Analytics befasst sich mit der Messung von Erfolgskriterien auf Websites.
Dazu gehören insbesondere solche KPIs, die den wirtschaftlichen Erfolg von
Websites, Portalen oder Shops abbilden. Diese KPIs sind in der Regel nicht trivial
und erfordern entsprechenden Aufwand in der technischen Integration der TrackingTools. Insofern laufen Unternehmen bei der Evaluierung solcher Tools in zwei
mögliche Problemfelder:
• Entweder, die Evaluierung vermeidet den größeren technischen
Aufwand und wird anhand primitiver Kennzahlen durchgeführt
– dann ist das Ergebnis nicht repräsentativ und führt wiederum
zum „100-Prozent-Syndrom“.
576
Thomas Brommund, Axel Amthor: Web Analytics – Web Controlling
• Oder das Unternehmen wird versuchen, mit den zu evaluierenden
Tools alle KPIs zu implementieren und damit das Projekt gleich n-mal
durchführen – damit wird der wirtschaftliche Rahmen (ROI)
des Projektes gefährdet.
Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass insbesondere solche Projekte zu unbefriedigenden
Gesamtergebnissen geführt haben, bei denen eine zu große Zahl von Herstellern mit
trivialen Anforderungen in eine Evaluierung genommen wurde. Projektlaufzeiten
von mehr als einem Jahr, mit anschließend banalen Statistiken, waren (leider) die
Folge – abgesehen von einer nicht mehr nachvollziehbaren Wirtschaftlichkeit
eines solchen Projektablaufes. Es muss im Gegenteil davon ausgegangen werden,
dass die Gesamtaufwände für die Durchführung der Evaluierung nicht durch eine
bessere, weil wirtschaftlichere, Entscheidung oder die Auswahl eines vermeintlich
günstigeren Anbieters amortisiert werden können.
Literatur
Axel Amthor, Thomas Brommund: Projektleitfaden Web Analytics – Erfolg ist messbar!
– Bezug über www.contentmetrics.de, 2006.
577
WebMining
Martin Oesterer, Karsten Winkler
Unternehmen mit analytischen Geschäftsstrategien können ihren Wettbewerbern
immer einen Schritt voraus sein. Das postulierte Thomas H. Davenport in seinem
Artikel „Aus Daten Geld machen“, der im Harvard Businessmanager 4/2006
publiziert wurde. Dieser Beitrag greift Davenports Postulat auf und zeigt, wie
Geschäftsstrategien mit Bezug zum Internet durch den Einsatz von Web-Mining
erfolgreicher verwirklicht werden.
Die Daten quälen, bis sie gestehen?
Nachdem nun auch ältere Semester im Web Fahrkarten buchen, Überweisungen
tätigen oder Renteninformationen anfordern, steht fest: Das Internet hat
sich in vielen Geschäftsbereichen zu einem unverzichtbaren Informationsund Vertriebskanal entwickelt. Aktuell ist einerseits eine Renaissance von
innovativen, rein Internet-basierten Geschäftsmodellen zu beobachten, die etwa
durch Information, Gemeinschaftsgefühl oder Unterhaltung ihren Kunden echte
Mehrwerte bieten. Andererseits investieren bereits zu Zeiten der Dampfmaschine,
des Telegramms oder der Lochkarte gegründete Unternehmen verstärkt in ihre
Internetpräsenzen, um diesen Vertriebskanal optimal in die Geschäftsprozesse
und Kommunikationsstrategien einzubetten. So vielfältig kommerzielle und
administrative Websites und ihre Betreiber auch sind, eines haben sie gemeinsam:
Die Investition in das Internet dient der Verwirklichung eigener Ziele, wie zum
Beispiel Reputation und Sichtbarkeit zu erhöhen, Gewinne zu erzielen, Kunden zu
gewinnen oder Kommunikationskosten zu senken.
Relevanz
generieren,
Produktaffinitäten
bestimmen,
Interessen
ermitteln
Die Verwirklichung dieser Ziele erfordert eine konsequente Umsetzung
geeigneter Maßnahmen: Die Relevanz der Webinhalte ist zu optimieren, es
sollten nur produktaffine Zielgruppen angesprochen werden, Benutzeroberflächen
sind möglichst intuitiv zu gestalten und Bestandskunden sollten aktiv auf für
sie interessante Angebote hingewiesen werden. Wie aber können Betreiber von
Websites im virtuellen Raum Relevanz generieren, Produktaffinitäten bestimmen,
die Gebrauchstauglichkeit erhöhen beziehungsweise Interessen ermitteln? Die
sprichwörtliche Tante Emma setzte ihr Gedächtnis und ihre Intelligenz ein, um
sich diesen Herausforderungen des Geschäftslebens im Krämerladen zu stellen. Sie
kannte Generationen von Stammkunden, deren Freud und Leid, ihre persönliche
Interessen, Kaufhistorie und deren finanziellen Spielraum. Laufkundschaft wurde
von Tante Emma aufgrund jahrelanger Erfahrung und kaufmännischen Gespürs
578
Martin Oesterer, Karsten Winkler: Web-Mining
bestmöglich beraten. Wie ist aber das Gedächtnis und die Intelligenz von Tante
Emma auf den Vertriebskanal Internet mit Millionen potenzieller Kunden und einer
für Menschen oft nicht mehr überschaubaren Produktvielfalt zu übertragen?
Ein institutionalisiertes Gedächtnis im Form von Datenbanken wird, oft in
Kombination mit intelligenten Verfahren der Datenauswertung wie etwa DataMining, seit Jahrzehnten im Direktmarketing von erfolgreichen Unternehmen
genutzt, um trotz einer Vielzahl von Mitarbeitern, Kontaktpunkten und Produkten
eine vertrauensvolle, profitable und langfristige Beziehung zu Kunden aufzubauen.
Erklärtes Ziel von Investitionen in das Kundenbeziehungsmanagement ist die
Abkehr von der rein transaktionsorientierten Belieferung eines Massenmarktes
mit standardisierten Produkten hin zur individuellen Ansprache des Kunden
zur Etablierung einer langfristigen Geschäftsbeziehung. Im Gegensatz zum
Einkauf über traditionelle Vertriebswege (zum Beispiel Filiale, Telefon oder
Versicherungsvertreter) ist der Besuch einer Website weitgehend frei von direkten
Kontakten von Mensch zu Mensch. Aber: Der virtuelle Raum weist höchst
interessante Besonderheiten auf, zum Beispiel die mögliche Personalisierung
von Inhalten oder auch die denkbare direkte, ereignisgesteuerte Interaktion mit
Besuchern.
Data-Mining
wird seit
Jahrzehnten im
Direktmarketing
genutzt
Personalisierung
von Inhalten
und ereignisgesteuerte
Interaktion mit
Besuchern
Zur Bestimmung dieser zielgruppengesteuerten Inhalte bieten sich nun, analog zum
Data-Mining auf „klassischen“ Datenbeständen, Methoden des Web-Mining an.
Pragmatisch betrachtet ist Web-Mining ein zielorientierter Prozess der Selektion,
Aufbereitung, Exploration und Modellierung Internet-basierter Daten, um
unbekannte Zusammenhänge zum Vorteil des eigenen Unternehmens zu entdecken.
Anders als im konventionellen Data-Mining sind in Web-Mining-Projekten meist
sehr große Mengen von Online-Protokolldaten zu erfassen, mit teilweise speziellen
Verfahren aufzubereiten und anzureichern sowie oft mit spezifischen Methoden
zu analysieren und zu interpretieren. Das grundsätzliche, sehr prozessorientierte
Vorgehen im Web-Mining ist aber ebenso identisch mit einem klassischen DataMining-Projekt wie die Mehrzahl eingesetzter Methoden.
Einsatzgebiete für Web-Mining
Bei einem produktiven Einsatz im Unternehmen ist Web-Mining kein Selbstzweck,
sondern leistet einen wertvollen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele.
Die oft genutzte Klassifikation von Web-Mining-Einsatzgebieten in die Analyse
von Inhalten (Web-Content-Mining), die Gewinnung von Einsichten in das
Besucherverhalten (Web-Usage-Mining) und die Identifizierung Website-übergreifender Verweisstrukturen (Web-Structure-Mining) zielt eher auf eine Abgrenzung
gegenüber klassischen Data-Mining-Fragestellungen. Wird Web-Mining hingegen
aus Anwendersicht betrachtet und umfasst damit auch die Methodenvielfalt des
Data-Mining, so bietet sich eine vereinfachte Unterscheidung von explorativen
und prädiktiven Einsatzgebieten an.
Explorative Verfahren des Web-Mining, wie etwa Clustering-Algorithmen, die
Pfadanalyse, die Entdeckung von Assoziationsregeln oder die Analyse sozialer
Netzwerke, werden eingesetzt, um in der verfügbaren Datenbasis interessante und
579
Web-ContentMining, WebUsage-Mining
und WebStructure-Mining
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
wirtschaftlich verwertbare Muster zu identifizieren, zu interpretieren und deren
Veränderung im Zeitablauf zu verfolgen. Primäres Ziel ist die Gewinnung von
neuen, nützlichen und nachvollziehbaren Einsichten in das Verhalten von Besuchern
und Kunden, um zum Beispiel das kundenzentrierte Data-Warehouse mit neuen
Erkenntnissen anzureichern.
Next-Best-OfferSysteme zur
Empfehlung
von relevanten
Produkten
Die aus der Marktforschung bekannte Segmentierung von Besuchern mittels
Clustering-Algorithmen dient beispielsweise deren Unterteilung in Gruppen mit
einem homogenen Klickverhalten, Kaufverhalten oder Kommunikationsverhalten.
Außerdem unterscheiden sich Profile eines Segments in ihrer Charakteristik
möglichst stark von denen anderer Segmente. Deshalb lassen sich Segmente mit
sprechenden Bezeichnungen wie „junge Wintersportinteressenten aus Großstädten“
charakterisieren. Die Ergebnisse explorativer Analysen werden beispielsweise für
die Definition zielgruppenspezifischer Inhalte, ein Behavioural Targeting bei der
Auslieferung von Werbebotschaften oder im Rahmen von produktorientierten
Newsletter-Kampagnen verwendet. So genannte Next-Best-Offer-Systeme zur
Empfehlung von relevanten Produkten oder Inhalten basieren ebenfalls häufig
auf explorativen Verfahren, um das Verhalten ähnlicher Kundengruppen oder
Verbundkaufeffekte auszunutzen.
Prädiktive Verfahren des Web-Mining fokussieren auf die Erstellung möglichst
zuverlässiger Vorhersagen, zum Beispiel durch Anwendung von Regressionsverfahren, Entscheidungsbäumen oder neuronalen Netzen. Im Online-Marketing
gibt es eine Vielzahl interessanter Eigenschaften von Besuchern und Kunden, deren
möglichst gute Vorhersage wirtschaftliche Vorteile verspricht. Die Modellierung
von Kanalpräferenzen vor einer Kundenansprache, die Vorhersage der Bonität neuer
Kunden oder auch die Ermittlung von Produktaffinitäten dienen der Senkung von
Kommunikationskosten, ermöglichen die Reduktion des Zahlungsausfallrisikos
und erhöhen den Umsatz durch relevante Cross-Selling-Angebote. Darüber hinaus
lassen sich durch den Einsatz von Text-Mining-Methoden auch eingehende E-Mails
hinsichtlich ihres Inhalts klassifizieren und können anschließend automatisiert
an die richtige Abteilung weitergeleitet werden. Im Gegensatz zu explorativen
Einsatzgebieten ist die Nachvollziehbarkeit meist eine im Vergleich zur angestrebten
hohen Vorhersagequalität untergeordnete Eigenschaft von prädiktiven Modellen.
Zahlung auf
Rechnung
verweigern,
falls die Ausfallwahrscheinlichkeit über
achtzig Prozent
liegt
Die Vorhersagemodellierung nutzt vergangenheitsbezogene Daten mit bekannter
Ausprägung der Zielvariable und potenziell erklärende Variablen, um ein Modell
zu trainieren, zu optimieren und auf Allgemeingültigkeit zu testen. Je nach
Anforderung an die Aktualität eines Modells umfasst die für Training und Test
relevante Zeitspanne ein Jahr, zwei Monate oder nur die letzten zehn Minuten. Nach
der Modellierung wird das beste Vorhersagemodell exportiert und auf neue, aber
strukturgleiche Datensätze angewendet, um zum Beispiel die Eintrittswahrscheinlichkeit der relevanten Ausprägung einer kategoriellen Zielvariable zu ermitteln.
Die Anwendung von Vorhersagemodellen wird auch als Scoring bezeichnet. Nach
einem Scoring der Bonität neu angemeldeter Kunden kann das Shopsystem zum
Beispiel eine Zahlung auf Rechnung verweigern, falls die Ausfallwahrscheinlichkeit
über achtzig Prozent liegt.
580
Martin Oesterer, Karsten Winkler: Web-Mining
Vorgehen im Web-Mining
Die Frage nach dem Aufbau analytischer Kenntnisse im Unternehmen einerseits oder
dem Zukauf analytischer Beratung andererseits ist unter Beachtung der strategischen
Relevanz des Web-Mining sowie der aktuellen Personalsituation und der Zeitplanung
zu entscheiden. Ob der Einsatz von Web-Mining als einmaliges Projekt geplant ist
oder Training und Anwendung von Vorhersagemodellen in Geschäftsprozesse
einzubetten sind: Zunächst ist ein wirtschaftlich relevantes Ziel aus dem OnlineMarketing zu formulieren und entsprechende Erfolgskriterien festzulegen.
Ein Beispiel ist die „Steigerung der Click-Through-Rate interner Verweise auf
Aktionsartikeln von zwei auf fünf Prozent zur Erhöhung des Umsatzes“. Ein im
Idealfall durch das Management unterstütztes Team, das sowohl fachliche als auch
methodische Kompetenz vereint, formuliert anschließend Anforderungen an die
Datenbasis, übersetzt das Marketing-Ziel in eine Web-Mining-Fragestellung und
plant die Einbettung der Ergebnisse in operative Systeme, wie zum Beispiel die
Auslieferung nutzerspezifischer Artikelempfehlungen.
Nach der Festlegung von Ziel, Erfolgskriterien, Budget und Zeitplanung ist die
Datenbasis zur Anwendung von Web-Mining-Methoden zu definieren, aus den
Quelldatensystemen zu extrahieren und in einer Tabelle zusammenzuführen. Im
Ergebnis entsteht eine so genannte analytische Basistabelle, die je Untersuchungsobjekt (etwa Sitzung eines Besuchers oder Kunde) potenziell relevante Informationen und gegebenenfalls eine oder mehrere Zielvariablen enthält. Beispiele für
Variablengruppen sind demographische Informationen, Reaktionen auf OnlineMarketing-Kampagnen, besuchte Seiten und Inhaltsbereiche sowie angesehene
und gekaufte Produkte.
Der typische Web-Mining-Prozess besteht aus folgenden Schritten: Stichprobenziehung, Exploration der Daten, Modifizierung der Daten, Modellierung der
Fragestellung und Auswertung der Ergebnisse. Der Anwender im analytischen
Online-Marketing modelliert die jeweilige Fragestellung in einem graphischen
Prozessflussdiagramm, wie es in Abb. 1 dargestellt ist. In diesem Diagramm
repräsentieren Pfeile den Fluss von Daten und Metadaten, während graphische
Symbole die jeweils auszuführenden, parametrisierten Prozess-Schritte (zum
Beispiel ein Regressionsverfahren) repräsentieren.
Die Anwendung des besten Modells im Rahmen eines Scoring in Stapelverarbeitung oder Echtzeit wird einerseits durch den Export der Scorewerte in
beliebige Datenbanken ermöglicht. Somit können beispielsweise für Kunden
Produktaffinitäten oder die Zugehörigkeit zu Kundensegmenten direkt in
der Datenbank des Shopsystems gespeichert werden. Struktur, Syntax und
Semantik der bei Anwendung eines Modells zu verarbeitenden Daten müssen
den Trainingsdaten entsprechen. Andererseits lassen sich Vorhersagemodelle und
Ergebnisse einiger explorativer Verfahren auch als ausführbare Programme (zum
Beispiel als Base SAS Code, in C oder Java) sowie in der Syntax der Predictive
Modeling Markup Language zur direkten Anwendung in Datenbewirtschaftungsprozessen oder operativen Systemen exportieren. Ein letzter, wichtiger Aspekt
der Modellanwendung ist die Überwachung der Modellgüte operativ genutzter
Segmente oder Vorhersagemodelle, um deren „Lebenszeit“ nicht zu überschreiten.
581
Demographische
Informationen,
Reaktionen
auf OnlineMarketingKampagnen,
besuchte Seiten
und Inhaltsbereiche sowie
angesehene
und gekaufte
Produkte
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
Es ist beispielsweise wenig zielführend, Kunden für den Rest ihres Lebens als
„junge Wintersportinteressenten aus Großstädten“ zu klassifizieren, ausgelistete
Artikel zu empfehlen oder die Bonität von Kunden anhand eines fünf Jahre alten
Modells zu evaluieren.
Abb. 1: Web-Mining-Prozessflussdiagramm im SAS Enterprise Miner
Daten, Daten und nochmals Daten
Statischer
Zählpixel oder
JavaScriptbasierter PageTags sind besser
als Logfiles
Qualitativ hochwertige Online-Protokolldaten bilden zweifellos die Basis für
Aktivitäten im Web-Mining. Grundlage für deren Erfassung können einerseits
Logdateien der Webserver sein, in denen die ausgelieferten Dateien mit Zeitstempel,
IP-Adresse des anfordernden Rechners und weiteren Informationen aufgezeichnet
werden. Diese rein Server-seitige Datenerfassung ist aber mehr ein Notbehelf
als eine vollständige und fehlerfreie Protokollierung, da insbesondere die auf
unterschiedlichen Ebenen eingesetzten Zwischenspeicher und Proxy-Server sowie
die oft bei Internet-Zugangsdienstleistern beobachtete dynamische Zuweisung
verschiedener IP-Adressen innerhalb einer Sitzung die Daten stark verfälschen.
Diese Nachteile führten zur Entwicklung von Client-seitigen Protokollierungsverfahren, die mittels statischer Zählpixel oder JavaScript-basierter Page-Tags
Informationen über Browser und betrachtete Webseiten an einen Protokollserver
übermitteln. Allerdings werden die Vorteile der Client-seitigen Verfahren meist
mit einem großen Wartungsaufwand zur zeitnahen, konsistenten Aktualisierung
der Page-Tag-Parameter, einer Ladezeiterhöhung durch die Abhängigkeit von
Protokollservern und einer aus Datenschutzgründen kritischen Kommunikation
mit Third-Party-Servern erkauft.
In der Lösung SAS for Customer Experience Analytics wird mit der speedtrap Dynamic Data Collection ein innovatives Client-seitiges Verfahren zur
Echtzeit-Protokollierung von Ereignissen im Browser der Besucher eingesetzt,
582
Martin Oesterer, Karsten Winkler: Web-Mining
das die Nachteile der beiden skizzierten Verfahren umgeht. Kern des FirstParty-Verfahrens ist die einmalige Einbettung desselben parameterlosen Skripts
in sämtliche ausgelieferte Webseiten. Nach dem Laden einer Seite übermittelt
dieses Skript verschlüsselt und asynchron, zur Vermeidung von Wartezeiten, die
relevanten Ereignisse an den Protokollserver, wobei die Kommunikation aus dem
gesicherten „Sandkasten“ der jeweiligen Seite im Browser heraus erfolgt. Der
Detaillierungsgrad der übermittelten Ereignisse wird je Website, Seitenbereich
oder Seite zentralisiert konfiguriert, so dass, im Gegensatz zu Page-Tags, die
Geschäftslogik nicht mittels JavaScript-Parametern in Webseiten zu kodieren
ist. Neben den üblichen Page-Tag-Informationen können zum Beispiel Klicks,
Ladevorgänge, Metadaten, Tastatureingaben, verdeckte Formularfelder oder
auch Mouse-Over-Ereignisse zur visuellen Sitzungsrekonstruktion aufgezeichnet
werden. Dieses äußerst wartungsarme Verfahren ermöglicht neben datengetriebenen
Usability-Studien insbesondere den Aufbau einer stets aktuellen, fehlerfreien und
konsistenten Datenbasis für Web-Mining. Das gilt auch für Ajax-Applikationen,
Flash-Inhalte oder mobile Endgeräte.
Online-Protokolldaten hoher Qualität sind zwar eine wichtige Basis für Web-Mining,
aber eben nur eine Seite der Medaille. Zu Gewinnung einer vollständigen Sicht auf
Besucher und Kunden des Vertriebskanals Internet ist die Anreicherung dieser online
erfassten Informationen mit Offline-Daten unerlässlich. Beispielsweise können
URL-Parameter wie die Seitennummer in der Datenbank des Content-ManagementSystems um ergänzende Informationen wie Seitentitel, Autor oder Inhaltskategorie
angereichert werden. Warenwirtschaftssysteme verfügen zudem über vielfältige
Zusatzinformationen, um Artikelnummern in Warenkorbdaten anzureichern. Die
Integration von Daten der Offline-Welt in analytische Basistabellen für WebMining ermöglicht die Generierung von weitaus größeren analytischen Mehrwerten
als bei alleinigem Fokus auf Online-Protokolldaten.
Zusammenfassung und Ausblick
Online-Marketing wird durch den gezielten Einsatz von Web-Mining sowohl
effektiver, adressiert also die richtigen Zielgruppen mit passenden Botschaften,
als auch effizienter, beispielsweise durch Senkung der Kommunikationskosten.
Der Einsatz intelligenter Verfahren der Datenanalyse ermöglicht im Sinne von
Davenports analytischen Geschäftsstrategien die Generierung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile im äußerst dynamischen Internet. Die Literaturhinweise am
Schluss des Beitrags zeigen wichtige Quellen für den Einstieg in die Welt des
Web-Mining.
Aktuell diskutierte Themen in der Web-Mining-Community sind die Konvergenz
von Online- und Offline-Welt, die Anwendung analytischer Modelle in Echtzeit
sowie Aspekte des Datenschutzes. Trotz vieler Besonderheiten: Das Internet ist
für die Mehrzahl der Unternehmen eben nur ein Kanal von vielen. Eine vielfach
angestrebte ganzheitliche Kundenorientierung darf somit weder das Internet
gänzlich ignorieren noch eine ausschließliche Konzentration von Maßnahmen auf
583
Klicks, Ladevorgänge,
Metadaten,
Tastatureingaben, verdeckte
Formularfelder
oder auch MouseOver-Ereignisse
können aufgezeichnet werden
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
dieses Medium zulassen. Die gegenwärtig verbreitete Schaffung von Insellösungen
im Online-Marketing ist deshalb unter Konvergenzaspekten nicht überzeugend.
Anonymisierung
der erfassten
Daten oder
transparente
Einwilligung
Im Web-2.0-Zeitalter korreliert der Wert von Unternehmen stark mit der Kundenzufriedenheit. Deshalb gilt es, das Vertrauen von Interessenten und Kunden durch
Einhaltung der Datenschutzbestimmungen langfristig zu sichern. Neben einer
möglichen Anonymisierung der erfassten Daten gilt es insbesondere, Kunden
durch deutlich wahrnehmbare Mehrwerte zur Einwilligung in die Speicherung
und Verarbeitung personenbezogener Daten zu motivieren. Die vorgestellte speedtrap Dynamic Data Collection setzt zum Beispiel einen Hinweis in den jeweiligen
Datenschutzrichtlinien voraus, respektiert im Browser hinterlegte P3P-Richtlinien,
unterstützt SSL-Verschlüsselung und ermöglicht den Einsatz von Opt-in- oder Optout-Mechanismen.
Literatur
Patricia Cerrito: Introduction to Data Mining Using SAS Enterprise Miner. – 468 Seiten,
ISBN 9781590478295, SAS Publishing, Cary, NC, 2006.
Soumen Chakrabarti: Mining the Web: Discovering Knowledge from Hypertext Data.
– 344 Seiten, ISBN 9781558607545, Morgan Kaufmann Publishers, San Francisco,
CA., 2002.
Thomas H. Davenport, Jeanne G. Harris: Competing on Analytics. The New Science of
Winning. – 240 Seiten, ISBN 9781422103326, Harvard Business School Press, Boston,
MA., 2007.
Hajo Hippner, Melanie Merzenich, Klaus D. Wilde: Handbuch Web Mining im Marketing:
Konzepte, Systeme, Fallstudien. – 509 Seiten, ISBN 9783528057947, Verlag Vieweg,
Braunschweig/Wiesbaden, 2002.
SAS Institute Inc.: Beyond Web Analytics: A New Generation of Customer Experience
Analytics: Increasing Sales Revenue and Improving Service by Gaining Actionable
Multi-Channel Intelligence. – White Paper. SAS Institute Inc., Cary, NC., 2007.
SAS and all other SAS Institute Inc. product or service names are registered trade-marks
or trademarks of SAS Institute Inc. in the USA and other countries. Other brand and
product names are trademarks of their respective companies.
584
Kundenkapitalbezogene
Bewertung von Web 2.0-Portalen
Harald Eichsteller
Was hat die Bewertung eines Web 2.0-Portals mit der Bewertung eines Heizölhandels
gemeinsam? Vor der Akquisition eines Heizölhandels sind für den potenziellen
Käufer die folgenden Faktoren besonders wichtig:
A. Stärke der Marktposition (Zahl der Wettbewerber, relativer
Marktanteil, Marktführerschaft)
Marktposition,
Kundenstamm,
Kundenbindung
und Nachhaltigkeit sind
die wichtigsten
Faktoren
B. Kundenstamm (Zahl, Altersstruktur, Fassungsvermögen der Tanks)
C. Bindung der Kunden (Tradition, Dauer der Kundenbeziehung,
Loyalität/Wiederkaufsraten)
D. Gefahr der Abwanderung von Kunden
(Nachhaltigkeit, langfristige Sicherung)
Daraus wird kundenbezogen das Heizölvolumen der nächsten 10 Jahre hochgerechnet und bepreist, mit der Methode der Diskontierten Cashflows (DCF)
zu einem Barwert verdichtet und schließlich mit den eigenen Erwartungen und
Vorgaben zu Rentabilität und Profitabilität abgeglichen.
Zusätzlich wird betrachtet, ob es auf folgende Fragen positive Antworten gibt:
E. Verschafft mir die Akquisition Zugang zu einem Markt,
den ich bisher nicht hatte? (Segment, Region, Struktur)
F. Erhöht sich durch die Akquisition die Effizienz meiner
Kommunikationsmaßnahmen? (Anzeigen, Radio, Flyer, Internet)
G. Erreiche ich durch die Akquisition eine höhere Marge?
(Kostendegression, geringere Preissensitivität)
H. Erreiche ich durch die Akquisition eine zusätzliche Marge,
die über dem Invest liegt? (Return on Investment, Interner Zinsfuß)
Das Einstiegsbeispiel aus einer Branche, die eindeutig eher zur „Very Old Economy“
zählt, zeigt Historie, Qualität und Praxistauglichkeit von Kundenkapitalbetrachtungen bei der Bewertung von Geschäften. Man hätte auch die Bewertung einer
Zahnarztpraxis heranziehen können – das hätte den Sprung zur Bewertung von
Web 2.0-Portalen optisch etwas kürzer aussehen lassen, im Kern hätten sich aber
kaum Unterschiede ergeben.
585
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
Return-on-Customer (ROC)
Viele der im Einstiegsbeispiel genannten Aspekte haben Don Peppers
und Martha Rogers Mitte 2005 in ihrem Buch „Return-on-Customer“
aufgegriffen [1]. Sie appellieren dabei an Manager und Shareholder
gleichermaßen, die Kunden und die Erhaltung ihres Wertes in den Mittelpunkt der Betrachtungen zu stellen und dabei die Nachhaltigkeit von
(Marketing-)Aktionen als oberstes Beurteilungskriterium für positives Wirken zu
etablieren. Der Begriff Return-on-Customer (ROC) ist mit Bedacht in Analogie
zum allgemein anerkannten Konzept des Return on Investment (ROI) gewählt,
das klassischerweise zur Beurteilung der Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von
Investitionen herangezogen wird.
Spielregeln der
Finanzmärkte
vernachlässigen
kundenorientierte
Betrachtungsweisen
Die Finanzmärkte haben spätestens in den letzten zehn Jahren Spielregeln geprägt,
die nicht immer optimale Voraussetzungen für kundenorientierte Betrachtungsweisen
bieten; einige dieser Spielregeln sind im Folgenden kurz skizziert:
1. Finanzmärkte funktionieren kurzfristig, maximal quartalsorientiert, und
Manager sind tendenziell bereit, wichtige kundenorientierte Maßnahmen
zugunsten der vorausgesagten Umsatz- und Ertragsziele zu opfern.
2. Finanzmärkte belohnen stetiges überproportionales Wachstum mit einer
höheren Notierung; Aktienoptionsprogramme für Manager können durchaus
auch dazu führen, dass dieses Wachstum‚ ohne Rücksicht auf langfristige
Verluste angestrebt wird. [2]
3. Finanzmärkte hatten den Charme kundenorientierter Lebenswertbetrachtungen (Customer-Lifetime-Value – CLV) schon vor Jahren
erkannt und Mergers & Akqui-sitions (M&A’s) in der Phase des
Internet-Hypes um das Jahr 2000 mit CLVs bewertet – schade nur,
dass die zu Grunde gelegten Kundenwerte in vielen Fällen nicht einmal
ansatzweise realisiert waren, als die Unternehmen ihre Pforten wieder
geschlossen haben.
4. Finanzmärkte nehmen Brand-Equity und Customer-Equity bei M&A‘s
als Residualwert wahr, der zusätzlich zu den Buchwerten bezahlt wird und
den die Buchhalter als „Goodwill“ abschreiben. Es existieren eine Vielzahl
unterschiedlicher Brand-Equity Modelle [3] – lediglich das Ranking der
weltweiten Top-100 Brands von Interbrand, Zintzmeyer & Lux [4]
wird öffentlich wahrgenommen; in den meisten Unternehmen werden solche
Werte weder errechnet noch ausgewiesen.
Doch die Betrachtung des Konzepts von Peppers und Rogers zur Berechnung des
Return-on-Customer (ROC) lohnt sich dennoch, vor allem wenn man die nachhaltige
Werthaltigkeit des Kundenkapitals beurteilen möchte. Hier das Rechenwerk in der
Übersicht:
Dabei ist das Kundenkapital (Customer-Equity) gleich der Summe der Kundenlebenswerte (CLV) aller Kunden. Dies bedeutet, dass nur ein positiver Return-onCustomer (ROC) erzielt werden kann, wenn nicht nur ein positiver Cashflow erreicht
wird, sondern darüber hinaus die zukünftigen (abgezinsten) Erträge der Kunden
586
Harald Eichsteller: Kundenkapitalbezogene Bewertung von Web 2.0-Portalen
nicht mehr abnehmen, als aktuell‚ aus ihnen heraus erwirtschaftet wird. Hier ist
Marken- und Kunden-Management gefragt, nicht zu verkaufen, sondern gleichzeitig
die Zukunft des Unternehmens zu stärken, also Wert zu schaffen. Kampagnen, die
gerade mal einen kurzfristig positiven Cashflow erzeugen, aber gleichzeitig die
Wahrscheinlichkeit reduzieren, dass ein Großteil der Kunden weiterhin Kunde
bleibt, führen zu einem Wertverlust.
πi + Δ CEi
ROC = ______________
CEi-1
πi = Cashflow der Kunden im betrachteten Zeitraum i
Δ CE = Zuwachs/Verlust von Customer-Equity im Zeitraum i
CEi-1 = Customer-Equity zu Beginn des Zeitraums i
Abb. 1: Berechnung des Return-on-Customer (ROC)
Peppers und Rogers illustrieren dies am Beispiel einer Unternehmung, deren
Responseraten im Direktmarketing (6 Mailings pro Jahr) von ursprünglich ein
Prozent jeweils 0,05 Prozentpunkte jährlich zurückgehen. Das klingt nicht wirklich
tragisch, Direktmarketingleute leben seit Jahren mit solchen Phänomenen. Doch
diese „schleichende Erosion“ lässt das Kundenkapital erschreckend abschmelzen.
Die Auswirkungen auf den ROC sind verheerend:
Jahr
1. Jahr
2. Jahr
3. Jahr
4. Jahr
Responserate
1,00 %
0,95 %
0,90 %
0,85 %
ROC
+ 20 %
- 10 %
- 20 %
- 40 %
Schleichende
Erosion der
Responseraten
lässt das
Kundenkapital
abschmelzen
Abb. 2: Entwicklung des Return-on-Customer (ROC) bei abnehmenden Responseraten
Während eine gleichbleibende Zufriedenheit und Responserate von ein Prozent in
diesem Beispiel kontinuierlich einen Return-on-Customer von 20 Prozent generieren
würde, erodiert die Kundenbasis mit abnehmender Zufriedenheit und entsprechend
abnehmenden Responseraten auf nur noch etwas mehr als ein Viertel (-10% -20%
-40% = -70%) des Ursprungs.
Peppers und Rogers beschäftigen sich im Hauptteil von „Return-on-Customer“ damit,
wie man erfolgreich das Kundenkapital erhöht. So liegt die Basis kundenorientierter
Strategien in der Segmentierung der Kunden nach Werthaltigkeit und Potenzial
sowie der Berücksichtigung von Lebenszyklusphasen. Es ist empfehlenswert,
sich besonders dem Segment mit dem größten Wachstumspotenzial zu widmen,
Up- und Cross-Selling zu aktivieren und die Gewinnung von Neukunden durch
Empfehlungen zu stimulieren.
587
Segmentierung
der Kunden nach
Werthaltigkeit
und Potenzial
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
Kundenkapital und Return-on-Customer von Web 2.0-Portalen
Geschäftsmodell
beruht auf
kostenpflichtigen
PremiumFunktionen
XING, ehemals openBC, ist eine Plattform, auf der Ende Dezember 2006 1,7
Millionen Business-orientierte Menschen ihre Profildaten aktiv hinterlegt haben
und über „Social Software“ Verknüpfungen zu anderen Mitgliedern dieser Plattform
erstellt und optisch ersichtlich gemacht werden. Das Geschäftsmodell beruht auf
attraktiven Premium-Funktionalitäten mit Such-, Verknüpfungs- und Kommunikationsmöglichkeiten, die gegenüber der kostenfreien Basisversion mit 5,95 Euro pro
Monat bepreist werden.
Die 5,2 Millionen Aktien mit einem Nennwert von 1 Euro wurden im Dezember
2006 erfolgreich mit einer Erstnotierung von 30 Euro an der Börse eingeführt.
Das entspricht einem Wert von über 150 Millionen Euro, der in den ersten sechs
Monaten bei +/- 2 Euro pro Aktie stabil blieb.
Im Februar 2007 waren circa 1,19 Millionen Unique-Visitors online und haben
ungefähr 99 Millionen Seiten abgerufen (Page-Impressions). Circa sechzig Prozent
der Basis-Mitglieder und 89 Prozent der Premium-Mitglieder sind pro Monat auf
der Plattform eingeloggt. Ungefähr 13 Prozent (221.000) aller Mitglieder sind
Premium-Mitglieder (Stand: 31. Dezember 2006).
Die Jahresbilanz 2006 weist einen Umsatz von sechs Millionen Euro aus, ohne die
Kosten für den Börsengang war ein operativer Gewinn vor Zinsen, Steuern und
Abschreibungen (EBITDA) von 1,4 Millionen angefallen. Die EBITDA-Marge
soll auf 30 bis 35 Prozent in 2007 steigen [5].
Dank Publizitätsgesetz haben wir detaillierte Daten zur Beurteilung der
Werthaltigkeit des Social-Networks XING vorliegen und können so die 150
Millionen Euro „challengen“. Zunächst wären da die Faktoren A bis D, nach denen
wir die potenzielle Heizölhandelsakquisition beurteilt haben. Klare Pluspunkte auf
der ganzen Linie:
A. Absoluter Marktführer, LinkedIn & Co. in Deutschland
klar abgeschlagen.
B. Relevante Zahl der potenziellen Zielgruppe erfasst.
C. Kundenbindung eher groß.
D. Ausstiegsbarrieren eher klein (lediglich Gefahr des Ausstiegs
aus Premium-Angebot).
Da es sich um einen IPO (Initial-Public-Offering) und nicht um eine Akquisition
handelt, sind die Fragen E bis H für die Bewertung hier nicht relevant. Bleibt die
Berechnung des kundenbezogenen Umsatz- und Margenvolumens. Der maximale
Umsatz ergibt sich aus einer einfachen Multiplikation der Premium-Kunden mit
der Jahresgebühr (12 x 5,95 Euro).
588
Harald Eichsteller: Kundenkapitalbezogene Bewertung von Web 2.0-Portalen
Kunden Anteil Premium-Kd. max. Umsatz tats. Umsatz EBITDA
1.700.000
13%
221.000
15.779.400 €
6.000.000 €
1.400.000 €
in %
23%
Abb. 3: Key Performance Indicator (KPI) von XING in 2006
Setzen wir nun die prospektiven Daten rein hypothetisch in einer Modellrechnung auf
3,5 Millionen aktive Kunden mit einem Premium-Anteil von 20 Prozent und gehen
von der avisierten Marge von 35 Prozent aus, ergeben sich die folgenden Zahlen:
Kunden Anteil Premium-Kd. max. Umsatz tats. Umsatz EBITDA
3.500.000
20%
700.000
49.980.000 €
49.980.000 €
17.493.000 €
in %
35%
Abb. 4: Key Performance Indicator (KPI) von XING hypothetisch
Um von einem Jahres-EBITDA von circa 17,5 Mio Euro auf den Wert von 150
Millionen Euro zu kommen, wird hier ein Multiplikator von 8,6 angesetzt. In diesem
sogenannten EBITDA-Multiple sind zukünftige Gewinnerwartungen einerseits sowie
Risikoeinschätzungen und Diskontierungssätze andererseits mit einbezogen. Bei der
im Sommer 2007 durchgeführten Übernahme der skandinavischen Mediengruppe
SBS durch die ProSiebenSat.1 Media AG kamen EBITDA-Multiples von 12 bis
14 zum Ansatz, was bei der kontrovers diskutierten Zukunft des werbefinanzierten
Fernsehens als sehr ambitioniert betrachtet werden kann.
Zurück zu XING: es sind offensichtlich noch viele wichtige Fragen unbeantwortet,
die hilfreich sein können, um auf Basis der in Abbildung 4 skizzierten KPI den
Wert von XING zu beurteilen:
I. Wie groß ist das gesamte Zielgruppen-Potenzial?
J. Kann das Angebot auf weitere Zielgruppen übertragen werden?
K. Kann das Angebot auf weitere Länder übertragen werden?
L. Wie groß ist der Unterschied zwischen EBITDA und EBIT?
M. Wie groß ist die Churn-Rate: Wie viele Premium-Kunden kündigen?
N. Welche Business-Modelle lassen sich zusätzlich andocken?
O. Welche Strategischen Allianzen können Netz- und
Margeneffekte verstärken?
P. Welche EXIT-Szenarien sind möglich?
Q. Ist ein Verkauf an die „üblichen Verdächtigen“ für diese attraktiv?
(Google, eBay, Microsoft, News Corporation, Holtzbrinck, Private
Equity Companies)
Und zu guter Letzt bleibt die Frage nach der Nachhaltigkeit und langfristigen
Sicherung des eingesetzten Kapitals. Der erste Aspekt kann mit hoher Wahrscheinlichkeit positiv bewertet werden – trotz niedriger Eintrittsbarrieren bei digitalen
Konzepten werden es weitere Plattformen wie StayFriends oder LinkedIn schwer
haben, sich in Deutschland erfolgreich und schnell zu etablieren. Mittelfristig bleibt
589
Wie groß ist
die Churn
Rate: Wie viele
Premium-Kunden
kündigen?
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
nur die Frage, wie es StudiVZ, einem im jüngeren Zielsegment positionierten
Social-Network, gelingt, den Übergang von der Studierenden-Plattform in die
Business-Welt zu gestalten.
StudiVZ ist eine Plattform, auf der Studierende die Möglichkeit haben, ihren
Freundeskreis online abzubilden, sich mit Kommilitonen zu vernetzen und
neue Kontakte zu knüpfen. Gemeinsam besuchte Vorlesungen, Interessen
und Themengruppen werden verlinkt. Persönliche Profile, Fotoalben und
Diskussionsgruppen zählen zu den Grundfunktionen.
Die 1,8 Millionen Mitglieder sind zu 97 Prozent zwischen 18 und 29 Jahren alt
und rufen monatlich über 1,8 Milliarden Seiten ab (Page Impressions). 51 Prozent
sind täglich, 84 Prozent wöchentlich und 93 Prozent mindestens einmal im Monat
eingeloggt. Es sind 1500 Hochschulen und andere Bildungseinrichtungen vertreten,
besonders BWL/VWL/Jura (20% + 6%), angehende Ingenieure und Informatiker
(13% + 5%) sowie Pädagogen (7%).
Die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck hat die Plattform, die im März 2006 noch
3000 Mitglieder zählte, für einen hohen zweistelligen Millionenbetrag gekauft, die
Angaben schwanken zwischen 50 und 85 Millionen Euro. Vermarktet wird die Site
nun über GWP media-marketing der Verlagsgruppe Handelsblatt.
Auf einem
Portal massiv
Werbung zu
schalten, könnte
die Community
verschrecken
Die Financial Times Deutschland (FTD) schreibt am 3. Januar 2007: „Bei Holtzbrinck selbst wird der Preis für das Verluste schreibende Unternehmen als durchaus
hoch bewertet.“ „Die größte Frage wird sein, wie das zu monetarisieren ist, da
haben wir noch eine Menge Arbeit vor uns“, sagte ein Beteiligter. Auf dem Portal
massiv Werbung zu schalten, könnte die Studenten-Community verschrecken. „Das
wird man sicher sehr vorsichtig machen müssen“, hieß es. „Für die Nutzer soll das
Angebot des Portals weiter kostenlos sein.“ [6]
Es wird deutlich, dass unser Kriterienkatalog A bis D zwar auch durchaus sehr
positive Antworten generiert, aber keinerlei monetarisierbare kundenbezogene
Ansätze bietet. Das Vorbild Facebook mit über 20 Millionen Nutzern soll laut
FTD im Jahr 2006 ca. 50 Mio. Dollar Umsatz mit Onlinewerbung und dem
Verkauf virtueller Symbole erzielt haben. Die Gründer und Betreiber von
Facebook setzen sich mit eigenen Wertansätzen immer wieder geschickt in Szene.
Nach Brancheninformationen haben 2006 Angebote von Viacom und Yahoo
über mindestens 750 Mio Dollar vorgelegen. Peter Thiel, Großaktionär und
Aufsichtsratsmitglied sagte der „Financial Times“ Mitte Juli 2007, dass Facebook
aktuell 2 bis 3 Mrd. Dollar bekommen könne, aber man an 8 bis 10 Milliarden Dollar
Wert glaube. In einem Blog der Zeitschrift „Business 2.0 Magazine“ in den USA
stand letztes Jahr der von Facebook schon damals in Umlauf gebrachte Wertansatz
von 2 Milliarden Dollar heftig in der Diskussion; ein Blogger rechnete vor, dass
jeder College-Student also 285 Dollar wert sein müßte. [6]
Klassischen Verlagshäusern ist diese Art von Rechnung vertraut. Die Betrachtung
fokussiert sich dabei allerdings nicht auf den kundenbezogenen Wert, sondern die
kundenbezogenen Akquisitionskosten. Der FTD beispielsweise ist es 200 Euro
wert, einen neuen Abonnenten zu gewinnen (Stand Mai 2007). Rechnet man die
Akquisitionskosten für StudiVZ als Akquisitionskosten für die zahlreichen Produkte
590
Harald Eichsteller: Kundenkapitalbezogene Bewertung von Web 2.0-Portalen
der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck um, errechnet sich ein Wert von circa
50 Euro. Frage E „Verschafft mir die Akquisition Zugang zu einem Markt, den ich
bisher nicht hatte?“ und Frage F „Erhöht sich die Effizienz meiner Kommunikationsmaßnahmen?“ treffen hier offensichtlich eher den Kern der Strategie bei von
Holtzbrinck Networks. Laut FTD „erhofft sich der Konzern beizeiten Synergien mit
dem Studienführer der zum Verlag gehörenden Wochenzeitung „Zeit“, die darüber
hinaus das Magazin „Zeit Campus“ mit dazugehörigem Online-Portal an den Start
gebracht hat“ [6]. Werbefinanzierten Portalen bleibt also definitiv der gleiche Weg
wie allen medialen Werbeträgern – Erhöhung der Tausender-Kontakte, Etablierung
einer hohen Kontaktqualität, Realisierung hoher Tausender-Kontakt-Preise. Mit dem
Betrieb von lokalen Portalen in Frankreich, Spanien, Italien und Polen ist StudiVZ
auf einem guten Weg zur weiteren Expansion. Mit einem Spin-Off für Schüler
erschließt man die noch jüngeren Zielgruppen, die sich in ihren Peer Groups per
SMS und Messenger verständigen. Bleibt die am Ende des letzten Kapitels gestellte
Frage, wie es gelingt, den Übergang von der Studierenden-Plattform in die Welt
der Werktätigen zu gestalten.
Zeitungen ist
es bis zu 200
Euro wert,
einen neuen
Abonnenten zu
gewinnen
Social Commerce ist ein erst in diesem Jahr an der Oberfläche sichtbar gewordenes
Feld, das zusätzliche Perspektiven eröffnen könnte. Das auf Revenue-Sharing
aufgebaute Business-Modell, was in Affiliate-Programmen erfolgreich zum
Einsatz kommt, setzt darauf, dass die aktiven Meinungsführer in Communities ihre
Empfehlungsmacht auch für Produkte und Dienstleistungen einsetzen. Dieser relativ
kleine, auf 5 Prozent geschätzte Teil der Community Members, die bereits 1997
von Hagel/Armstrong skizziert wurden [7], stellen in ihrem Bereich/Profil Produkte
und Dienstleistungen dar und schaffen einen Direktzugang zu Commerce-Seiten.
Für Unternehmen und Plattformbetreiber bedeutet dies, diese Meinungsführer als
eigene Zielgruppe zu erfassen und es dieser besonders einfach zu machen, attraktive
Links zu Produkten und Dienstleistungen in ihren Bereich/Profil zu integrieren.
Dealjaeger.de beispielsweise ist eine Social-Commerce-Plattform, die dieses
Business Modell betreibt und sich den Revenue-Share der Commerce-Betreiber
mit den aktiven Usern teilt. Dieser Mechanismus könnte nach Einschätzung von
Experten durchaus eine wertvolle Erweiterung der Business-Modelle der skizzierten
Social-Network-Plattformen werden.
Der Zugang zu technischem Knowhow und hochperformanter Informationstechnologie bei Web 2.0-Portalen und anderen digitalen Konzepten ist ein wichtiger
Aspekt, der durch die Kundenfokussierung der dargestellten Wertansätze noch
nicht betrachtet wurde. Die Gründergeneration von Web 1.0 hat immer noch die
Nase vorn, wenn es gilt, den Nerv von interessanten Zielgruppen mit innovativen
Angeboten und einem „Added Value“ zu treffen.[8]
Die Applikationen sind durchweg web-basiert, schlank und skalierbar auf dem
neuesten Stand der Technologie ohne Rücksichten auf bestehende IT-Infrastrukturen aufgebaut. Das gelingt in traditionellen Unternehmen nicht immer
und so entsteht leicht ein zeitlich technologischer Gap von einem Jahr und mehr.
Die Schlussfolgerung: „Nachbauen“ geht nicht so einfach, den „First-MoverAdvantage“ aufholen oftmals auch nicht. Strategische Alternativen sind somit
lediglich: „Aufgeben“ oder „Kaufen“!
591
First-MoverAdvantage durch
Nachbauen
aufzuholen ist
schwer
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
Diese Erkenntnis hat viele etablierte Unternehmen dazu bewegt, Gründerfirmen
mit Eigenkapital auszustatten und somit einen alternativen Zugang zu innovativen
Ansätzen und Technologien zu haben. Eine sehr stark vereinfachte Rechnung zeigt
allerdings, dass auch hier das Investment erheblich sein kann: Ein Web-Arbeiter
mit 75.000 Euro pro Jahr „all inclusive“ ausgestattet „verbrennt“ in einem Jahr
mit 39 Kollegen ein Jahresbudget von 3 Millionen Euro – ein schlagkräftiges, gut
überschaubares und hochmotiviert führbares Unternehmens-Setup. Berücksichtigt
man zwei Jahre Entwicklungszeit und eine Erfolgsquote von 20 Prozent, errechnen
sich 30 Millionen Euro. Zugegebenermaßen ist das einfach und konservativ
gerechnet; jeder Fondsmanager von Private Equity und Venture Capital wird deshalb
bestrebt sein, die Entwicklungszeit zu verkürzen und Erfolgsaussichten durch eine
qualifizierte Vorauswahl der Investments zu erhöhen.
Virtuelle Welten produzieren seit Second Life Schlagzeilen in Boulevard- und
Fachpresse. Die Ankündigungen von Sony@home sowie Endemol mit Electronic
Arts, weitere Welten zu kreieren, die sich grafisch zweifelsohne in einer anderen
Qualitäts- und Performanzebene bewegen werden, müssten bei Linden Labs
die Alarmglocken läuten lassen. Second Life hat es nicht geschafft, schnell und
nachhaltig genug die Zielgruppe zu binden.
So sind die Investitionen der werbetreibenden Wirtschaft in ihre jeweilige virtuelle
Selbstdarstellung auf Second Life nicht als Commitment für die Plattform, sondern
für das Genre zu sehen. Virtuelle Showrooms und Ingame-Advertising sind
Werbeformen der Zukunft, für die sich die Unternehmen von American Apparel
bis Adidas, von Reuters bis Springer, von IBM bis Vodafone rüsten.
Abschließend kann man sagen, dass für die Bewertung von Web 2.0-Portalen nicht
mehr oder weniger strukturiertes Vorgehen gefragt ist als bei der Bewertung von Old
und Very Old Economy Geschäften. Das Risiko kann nur dann besser eingeschätzt
werden, wenn man enger und näher an Zielgruppen und Technologie ranrückt,
um potenzielle Erfolgsaussichten einschätzen zu können. Kundenkapitalbezogene
Ansätze sind auf jeden Fall hilfreich, fantasievolle und zugleich realistische
Einschätzungen zukünftiger Erträge zu erhalten.
Literatur
[1] Marta Rogers, Don Peppers: Return-on-Customer: Creating Maximum Value from
Your Scarcest Resource. – 304 Seiten, ISBN 9780385510301, Cyan Books, 2005.
[2] Harald Eichsteller, Michael Lorenz, Stephan Wecke: Fit für die Geschäftsführung.
– Aufgaben und Verantwortung souverän meistern. – 256 Seiten, ISBN 9783593376622,
Campus, 2005.
[3]) Brand Equity Review, Göttgens, Bauer, BBDO 2001. http://www.bbdo.de/de/home/
studien.download.Par.0008.Link1Download.File1Title.pdf
[4] http://www.interbrand.ch/d/presse/presse_d.asp?anc=bestglobalbrands06
[5] http://corporate.xing.com/
[6] Financial Times Deutschland unter www.ftd.de; diverse Abrufe Mai-Juli 2007.
[7] John Hagel, Arthur G. Armstrong: Net Gain: Profit im Netz. – 344 Seiten, ISBN
9783636013941, Redline Wirtschaftsverlag, 2006.
[8] Die 50 interessantesten Gründer, Wirtschaftswoche, 3. April 2007.
592
Klickbetrug und
Affiliate-Hopping
Christian Bennefeld
Müssen sich Privatkunden mit kriminellen Auswüchsen wie Phishing, URLSpoofing und Dialern herumschlagen, so werden Internetunternehmen von Klickbetrug und Affiliate-Hopping heimgesucht. Diese beiden Ausprägungen illegaler
Web-Aktivitäten richten genau da Unheil an, wo es viele Unternehmen besonders
schmerzt: im Online-Marketing. Denn so effizient die unterschiedlichen Instrumente
der virtuellen Absatzförderung auch sind, betrügerische Geldmacherei ist auch
hier längst keine Seltenheit mehr – und dabei geht es häufig um beträchtliche
Summen.
Entsprechend häuft sich auch die Zahl der Werbetreibenden, die gegen ihre
Marketingpartner vor Gericht ziehen. Ein prominentes Beispiel: Im Rahmen einer
Sammelklage gegen Google wurde im Juli 2006 ein Vergleich geschlossen, der
den Internetkonzern zur Zahlung von 90 Millionen US-Dollar an seine Kunden
verpflichtete. Diese beträchtliche Summe resultiert ausschließlich aus Schäden, die
auf Klickbetrug zurückzuführen sind. Auf Kundenseite ist man sich einig, dass
Suchmaschinenbetreiber und Affiliate-Plattformen weitreichendere Maßnahmen
ergreifen müssen, um sich und ihre Werbepartner vor der kriminellen Energie von
Internetbetrügern zu schützen. Doch wie lässt sich Betrug im Internet systematisch
aufdecken? Ist es vielleicht sogar möglich, kriminelle Handlungen zu verhindern?
Mit welchen Mitteln können die tatsächlichen Betrüger identifiziert und darüber
hinaus auch haftbar gemacht werden?
Um diesen Fragestellungen auf den Grund zu gehen, werden im Folgenden drei
wesentliche Formen von Betrügereien im E-Business unterschieden: Klickbetrug
im Keyword-Advertising und bei Google-AdSense sowie betrügerische Machenschaften im Affiliate-Marketing. Dieser Artikel liefert Informationen zu den
technischen Hintergründen und bietet wertvolle Hinweise, wie sich illegale
Machenschaften erkennen und sogar vermeiden lassen.
Betrug im CPC-Geschäft
Ein Großteil der Klickbetrügereien spielt sich rund um die Marketingmaßnahmen ab,
bei denen pro Klick abgerechnet wird. Diese spezielle Form der Online-Werbung,
das Cost-per-Click- oder kurz CPC-Modell, kommt sowohl im klassischen
Keyword-Advertising als auch beispielsweise bei Google-AdSense zum Einsatz.
593
Was für Privatkunden Phishing
ist, sind für
Unternehmen
Klickbetrug und
Affiliate-Hopping
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
Klickbetrug im Keyword-Advertising
Mitbewerber
klickt mehrfach
auf Sponsored
Links seines
Konkurrenten
Die simpelste Variante des Klickbetrugs im Keyword-Advertising zielt auf die
finanzielle Schädigung der Konkurrenz ab. Dazu klickt ein Mitbewerber meist
manuell mehrfach auf den Sponsored-Link seines Konkurrenten – dieser muss
deshalb letztlich auch für Klicks zahlen, die nicht von seiner Zielgruppe stammen.
Regelrecht professionell wird der Klickbetrug, wenn sogenannte Robots oder
Click-Bots zum Einsatz kommen. Bei ihnen handelt es sich um Software-Tools,
die automatisch und mit hoher Frequenz auf Sponsored Links und Werbeanzeigen
klicken. Automatisiertes Klicken ist für Betrüger insbesondere dann ein probates
Mittel, wenn die Werbeanzeige, die ein Mitbewerber geschaltet hat, komplett
aus der Liste der Sponsored Links verschwinden soll. Die Robots klicken hierzu
einfach so lange auf einen gut gelisteten Link, bis dessen festgelegtes Tagesbudget
ausgeschöpft ist. Häufig wird so das CPC-Budget durch die Robots bereits in den
frühen Morgenstunden aufgebraucht. Die Folge: Die Anzeige des Mitbewerbers
erscheint an diesem Tag gar nicht mehr. Inzwischen bieten sogar organisierte Banden
ihre Dienste an, wenn es darum geht, die Konkurrenz entweder durch manuelles
oder durch automatisiertes Klicken auf die Sponsored Links zu schädigen.
Beispiel: Ein namhafter Anbieter von Krankenversicherungen wird bei einer
Suchmaschine in den Sponsored Links an erster Stelle gelistet, sobald ein Internetnutzer die Suchbegriffe „Krankenversicherung Vergleich“ eingibt. Er zahlt dafür
den Betrag von 7,50 Euro pro Klick; das Tagesbudget ist auf 11.250 Euro, also
exakt 1.500 Klicks festgelegt. Nun beauftragt ein Konkurrenzunternehmen einen
Klickbetrüger mit dem Wegklicken des Mitbewerbers. Mit einer speziell zu
diesem Zweck entwickelten Robot-Software ist es für den Betrüger ein Leichtes,
in kürzester Zeit 1.500 Klicks zu tätigen. Er beginnt damit kurz nach Mitternacht, und am folgenden Morgen ist der Krankenversicherungsanbieter aus der
Liste der Sponsored Links verschwunden. Dem Werbetreibenden ist dabei ein
doppelter Schaden entstanden: Zum einen hat er mehrere tausend Euro in eine
Marketingmaßnahme investiert, die absolut keinen Nutzen erzielt, zum anderen
entgehen ihm für den entsprechenden Tag Neukundengewinne, Interessenten geraten
an die Konkurrenz.
Klickbetrug bei Google-AdSense
Die Motivation zum Klickbetrug bei Google-AdSense liegt weniger in der
Schädigung der Konkurrenz als darin, dass ein Websitebetreiber, der GoogleAdSense auf seiner Website schaltet, durch zahlreiche Klicks mehr Geld verdienen
kann. Deshalb geht ein Großteil der Betrügereien bei Google-AdSense auf das Konto
von Werbepartnern, die – manuell oder automatisiert – auf die Links der bei ihnen
gelisteten Unternehmen klicken. Die Zahl der Betrüger, die scheinbar thematisch
relevante Websites erstellen, nimmt inzwischen beträchtliche Ausmaße an.
Beispiel: Ein Online-Händler von Trekking-Ausrüstungen definiert in GoogleAdWords unter anderem die Keywords „Zelten“, „Camping“ und „Trekking“ für
seine Werbeanzeigen. Gleichzeitig aktiviert er Google-AdSense für die zusätzliche
Werbeeinblendung auf themenspezifischen Websites. Dadurch erscheint der Link
zu seinem Online-Shop jetzt automatisch beispielsweise auch auf Special-Interest-
594
Christian Bennefeld: Klickbetrug und Affiliate-Hopping
Portalen zum Thema Trekking und auf Websites von Individualreiseanbietern. Eine
der Special-Interest-Seiten, ein Forum zum Thema „Camping in Skandinavien“,
ist ausschließlich erstellt worden, um als Werbeplattform Gewinne zu erzielen.
Der Betreiber des Campingforums begnügt sich jedoch nicht mit den regulären
Einnahmen, die er durch die Klicks seiner Websitebesucher auf die Links des
Trekkingausrüsters erzielt. Er steigert seine Erträge dadurch, dass er mehrfach
am Tag selbst auf die entsprechenden Links klickt, intelligente Robots zur Klickgenerierung einsetzt oder professionelle Klickbetrüger beauftragt. Hier entstehen
für den Werbenden je nach Höhe des Klickpreises ebenfalls erhebliche finanzielle
Schäden – ganz abgesehen davon, dass vielleicht seine gesamte Online-MarketingKampagne ohne Wirkung verpufft.
Betrug im Affiliate-Marketing
Neben den professionellen Klickbetrügern, die sich durch die Manipulation von Costper-Click-Programmen bei Google, Yahoo und Co. bereits bis zu dreißig Prozent
der eingesetzten Budgets unter den Nagel reißen, erschleichen sich sogenannte
Affiliate-Hopper mit unlauteren Mitteln Provisionen und Gewinnbeteiligungen.
Im Affiliate-Marketing wird nur selten über Einzelklicks auf Banner oder Links
betrogen, da CPC-Modelle hier keine große Verbreitung haben. Die geringen
Klickpreise bieten – anders als im Keyword-Advertising – keinen großen Anreiz
für Betrüger. In den meisten Fällen erschleichen sich sogenannte Affiliate-Hopper
unrechtmäßig Provisionen, indem sie für denselben Merchant auf mehreren AffiliatePlattformen als Publisher registriert sind. So ist es möglich, dass dem Publisher ein
und derselbe Einkauf beim selben Merchant durch die unterschiedlichen Plattformen
mehrfach vergütet wird. Da die einzelnen Affiliate-Plattformen autark arbeiten
und einen Cookie einer anderen Plattform nicht auslesen können, ist es technisch
für die Plattformbetreiber nicht möglich, diesen Betrug festzustellen. Diese
Betrugsvariante funktioniert immer dann, wenn Merchants ihr Partnerprogramm
auf mehreren Affiliate-Plattformen betreiben und auf ihnen dieselben AffiliatePartner teilnehmen.
Die technische Umsetzung von Affiliate-Hopping ist simpel: Schaltet ein Merchant
im Rahmen seiner Kampagne Werbemittel auf verschiedenen Affiliate-Plattformen,
veröffentlicht der Publisher diese zwar auf seiner Website, er verlinkt sie jedoch so
geschickt, dass der Besucher Cookies von jeder der Affiliate-Plattformen gesetzt
bekommt – auch wenn er nur auf ein einziges Werbemittel klickt. So geht bei
Abschluss einer Transaktion dieses Besuchers jeweils eine Rückmeldung an die
einzelnen Affiliate-Plattformen, auf denen der Merchant sein Programm betreibt,
obwohl es nur einen Kaufabschluss gab. Resultat: Der Betrüger kassiert die
Provision für eine einzelne Transaktion gleich mehrfach.
Beispiel: Ein Modehaus möchte die Besucherzahl und damit gleichzeitig die
Verkaufsrate in seinem Online-Shop erhöhen. Dazu betreibt es sowohl bei affilinet
und TradeDoubler als auch bei zanox ein Affiliate-Programm. Nun erstellt ein
Webmaster ein Webportal zum Thema „Mode und Lifestyle“ und meldet sich bei
den drei Plattformen als Publisher für das Modehaus an. Er schaltet das aktuelle
595
Wenn Partnerprogramme
auf mehreren
AffiliatePlattformen
gleichzeitig
betrieben werden
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
Werbemittel des Modehauses jedoch nur einmal und verknüpft dieses so geschickt
mit den einzelnen Programmen der Plattformen, dass ein Werbemittelklick bei
allen drei Plattformen registriert wird. Deshalb wird nicht nur ein Cookie gesetzt,
wenn ein Besucher seiner Website über das Werbemittel in den Online-Shop des
Modehändlers gelangt, sondern gleich drei. Bestellt der Kunde jetzt ein Produkt,
so wird bei Bestellung ebenfalls für jede der drei Plattformen je ein unsichtbares
Pixel geladen. Die Folge: Jede Plattform registriert die Bestellung und ordnet den
Verkauf dem betrügerischen Publisher zu. Der Betrüger streicht so für nur eine
Bestellung die vereinbarte Gewinnbeteiligung dreifach ein.
Kein Rückkanal
zwischen
Warenwirtschaft
und AffiliatePlattform wichtig
Doch damit nicht genug: Um seine unrechtmäßigen Erträge weiter zu erhöhen,
macht sich der Affiliate-Betrüger den fehlenden Rückkanal zwischen Warenwirtschaft und Affiliate-Plattform zu Nutze. Hierzu bestellt er zunächst sehr
kostspielige Produkte selbst, beispielsweise teure Herrenanzüge und Abendkleider. Diese Bestellungen storniert er jedoch umgehend. In Ermangelung einer
Schnittstelle zwischen der Warenwirtschaft, in der die Stornierungen verwaltet
werden, und den Affiliate-Plattformen, die den Verkauf registriert haben, ist keine
Transparenz darüber gegeben, ob eine Bestellung widerrufen wurde. So kann das
Modehaus im Affiliate-System nicht detailliert erkennen, welche Waren tatsächlich
gekauft und welche Bestellungen storniert wurden. Der Affiliate-Betrüger nutzt
diesen blinden Fleck und streicht lukrative Provisionen für Verkäufe ein, die
faktisch nicht zu Stande gekommen sind. Weil ein Rückkanal zur Stornomeldung
an die Affiliate-Plattform nicht vorhanden ist, nimmt das Modehaus jeden Monat
eine pauschale Provisionsbereinigung vor, die sich an der aktuellen Stornoquote
bemisst. Die Abzüge, die durch diese Provisionsbereinigung entstehen, sind für den
Affiliate-Hopper jedoch praktisch irrelevant, denn er fährt nach wie vor enorme
Provisionssummen ein – und das bei geringstem Aufwand.
E-Business-Betrüger: Eine anonyme Masse
Betrüger, die sich in der Unterwelt des Online-Marketings besonders wohlfühlen,
zeichnen sich durch ein ganz spezielles Merkmal aus: Sie verstehen es, sich
weitestgehend unerkannt im Internet zu bewegen. Dabei wächst die geschätzte
Dunkelziffer über Häufigkeit und Ausmaß von E-Business-Betrügereien von Jahr
zu Jahr dramatisch.
Wie E-Business-Betrüger ihre Spuren verwischen
Egal ob Klickbetrug oder Affiliate-Hopping, die wenigsten Internetgauner gehen so
ungeschickt ans Werk, dass sie über ihre IP-Adresse oder Cookies ausfindig gemacht
werden können. Hinter dieser kleinen Gruppe von Amateur-Betrügern verbergen
sich in den meisten Fällen vermutlich Unternehmer, die durch manuelle Klicks auf
Sponsored-Links oder Werbebanner ihrem Konkurrenten auf die Schnelle Schaden
zufügen wollen. Der Großteil der professionellen Klickbetrüger bedient sich jedoch
wesentlich ausgereifterer Methoden.
Inzwischen ist es selbst für Laien kein Problem mehr, sich im Internet völlig anonym
zu bewegen. Viele Maßnahmen schützen jedoch nicht nur die Privatsphäre von
596
Christian Bennefeld: Klickbetrug und Affiliate-Hopping
aufrichtigen Nutzern, sie ermöglichen es auch Online-Betrügern, nahezu unentdeckt
zu bleiben. Üblicherweise kann spätestens durch einen richterlichen Beschluss über
die IP-Adresse, die an jeden Internetnutzer vergeben wird, festgestellt werden,
wer sich hinter dem Besucher einer Website verbirgt. Das lässt sich jedoch leicht
umgehen: Durch sogenannte Proxies ist es so gut wie unmöglich, einen Nutzer zu
identifizieren. Proxy heißt „Stellvertreter“ und bezeichnet einen Netzwerkserver, der
anstelle eines Client-Rechners Netzwerkverbindungen aufbaut und so die Rolle des
Internetnutzers übernimmt. Ähnlich einem Boten führt der Proxy die Anweisungen
des Internetnutzers stellvertretend durch und verwendet dabei eine eigene IP-Adresse.
Bei sogenannten offenen Proxies handelt es sich zumeist um Server, die fehlerhaft
konfiguriert sind. Sie nehmen im Gegensatz zu regulär eingestellten Proxy-Servern
jegliche externe Anfrage entgegen und reichen diese in ihrem Namen weiter. So wird
die Identität der anfragenden Person nicht sichtbar. Letztlich kann jedermann einen
offenen Proxy als virtuelle Zwischenstation verwenden. Auf diesem Weg bleiben
Internetbetrüger, die auf einzelne Links klicken, in der Regel völlig unentdeckt. Und
auch die vorgetäuschte Bestellung von Produkten eines Affiliate-Merchants bleibt
so anonym. Erschwerend kommt hinzu, dass professionelle Betrüger ausländische
Proxies nutzen oder direkt aus dem Ausland heraus agieren. Sie können also häufig
selbst dann nicht rechtlich belangt werden, wenn ihre Identität aufgedeckt wurde.
Häufigkeit von E-Business-Betrug
Der Betrug über den Verbrauch des Tagesbudgets, also Klickbetrug im KeywordAdvertising, ist in Europa zurzeit noch nicht so stark verbreitet; in den USA ist er aber
längst ein großes Thema. Klickbetrug über Google-AdSense bewegt sich inzwischen
auch in Europa in manchen Branchen deutlich im zweistelligen Prozentbereich.
Ebenso wächst die Zahl der Affiliate-Hopper. Bei großen Unternehmen, die ihre
Online-Marketingaktionen über mehrere Affiliate-Plattformen laufen lassen,
können in Deutschland schon jetzt bis zu zwanzig Prozent der Provisionen auf
betrügerische Maßnahmen zurückgeführt werden.
Klickbetrug
im Keyword
Advertising, ist
in Europa zurzeit
noch nicht stark
verbreitet
Anbieter von CPC-Abrechnungsmodellen wie Google, Yahoo! Search Marketing
und Miva sehen im Gegensatz zu vielen Experten den Klickbetrug in Deutschland
und Europa im zu vernachlässigenden Promillebereich. Diese Aussage wird durch
eigene Messungen der Betreiber unterstrichen. Jedoch sind die CPC-Anbieter
technisch gar nicht in der Lage, die wirkliche Größenordnung zu messen. Den
Anbietern stehen in der Regel nur Daten über den Besucher zur Verfügung, die
bei der Einblendung der Werbeanzeige und beim Klick erfasst wurden. Ob der
Besucher jemals die Website des Werbetreibenden erreicht und sich auf dieser wie
ein regulärer Nutzer verhält, bleibt ihnen verschlossen.
Maßnahmen gegen Betrug im E-Business
Das wirksamste Mittel, um Betrügereien im Internethandel zu erkennen, ist ein
durchgängiges Tracking des Besucherverhaltens durch ein Web-Controlling
System. Kennt ein Online-Verantwortlicher das natürliche Verhalten auf seiner
Website, so kann er Abweichungen im Nutzerverhalten, die auf Klickbetrug
597
Grundsätzliche
Maßnahmen
gegen E-Business-Betrug
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
Tracking des
Besucherverhaltens
durch ein WebControlling
System
notwendig
hinweisen, schnell erkennen. Um eine Website und ihr natürliches Verhalten zu
messen, empfiehlt es sich, zunächst nur jene Nutzer zu beobachten, die nicht über
Affiliate-Maßnahmen oder Sponsored Links auf die Website gelangen. Bei dieser
Messung werden im regulären Websitetraffic unter anderem folgende Kennzahlen
betrachtet:
Geografie: Aus welchen Ländern, Regionen und Städten kommen die Besucher?
IP-Adressen: Haben die Besucher Proxies genutzt? Wurde ein Großteil der
Werbemittelklicks und Abverkäufe von offenen Proxies aus getätigt?
Technische Daten: Welche Betriebssysteme, Browser, Provider et cetera verwenden
die Besucher?
Verweildauer: Wie lange haben sich die Besucher auf der Website aufgehalten?
Seitenaufrufhäufigkeiten: Wie viele und welche Seiten wurden aufgerufen?
Zeitverhalten: Zu welcher Uhrzeit und mit welcher Frequenz wird auf Anzeigen
geklickt?
Konversionsraten: Wie viele Käufe oder Transaktionen wurden korrelierend zur
entsprechenden Werbemaßnahme getätigt?
Werbemittelkontakte: Mit welchem Werbemittel hatte der Besucher den letzten
und damit zu wertenden Werbemittelkontakt?
Nachdem die Website und das natürliche Verhaltensmuster der Besucher durch das
Web-Controlling System analysiert und eingemessen sind, kann eine Betrugsanalyse
sämtlicher Besucher – inklusive der Kampagnenbesucher – erfolgen, also auch
derjenigen, die über CPC-Modelle und Affiliate-Kampagnen auf die Website gelangt
sind. Weichen nun einer oder mehrere der Parameter erheblich von den zuvor
analysierten Mustern ab, ist es mehr als wahrscheinlich, dass der Werbetreibende
Klickbetrügern zum Opfer gefallen ist.
Bei nachgewiesenem Betrug
werden
Vergütungen
nicht ausschüttet
sondern dem
Werbetreibenden
automatisch
rückerstattet
Gerade bei Click-Bots, die das betrügerische Klicken automatisieren, werden
Abweichungen vom Verhalten realer Websitebesucher schnell deutlich. Besonders auffällig sind in solchen Fällen beispielsweise Seitenzugriffe, bei denen
der mutmaßliche Besucher nach dem Aufruf der Startseite die Website direkt
wieder verlässt. Häuft sich ein derartiges Verhalten, liegt auch hier wieder der
Betrugsverdacht nahe. Selbst bei intelligenteren Click-Robots, die sich dem
menschlichen Verhalten entsprechend mit mehreren Klicks über eine Website
bewegen, lassen sich mit einem übergreifenden Web-Controlling über kurz oder
lang Abweichungen vom natürlichen Traffic feststellen.
Ein spezieller Indikator für systematischen Klickbetrug ist das verstärkte Aufkommen
von IP-Adressen, hinter denen sich offene Proxies verbergen. Um auf Klickbetrüger
aufmerksam zu werden, die sich auf diese Weise anonymisieren, abonnieren die
Suchmaschinenbetreiber Listen offener Proxies und gleichen diese mit den bei
Werbemittelklicks gemessenen IP-Adressen ab. Decken sich die IP-Adressen der
Liste mit denen verdächtiger Werbemittelklicks, kann es vorkommen, dass der
598
Christian Bennefeld: Klickbetrug und Affiliate-Hopping
Betreiber die entsprechenden Vergütungen im Verdachtsfall nicht ausschüttet und
dem Werbetreibenden automatisch rückerstattet.
Spezielle Maßnahmen im Affiliate-Marketing
Um Affiliate-Hopping zu verhindern, können Online-Händler selbst ein aufwändiges
Cookie-Tracking auf ihrer Website implementieren. Die Krux an dieser Idee:
Eine derartige Lösung zu entwickeln und zu betreiben, ist für den Merchant
mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden – und häufig ist dies nur mit
externem Know-how zu bewältigen. Daher ist in den meisten Fällen der Einsatz
einer intelligenten Web-Controlling Lösung, die Affiliate-Betrüger aktiv abwehrt,
die wesentlich kostenfreundlichere Alternative.
Beim Affiliate-Betrug ist eine Form des Web-Controlling besonders wirkungsvoll: Mittels Pixel-Technologie lässt sich exakt feststellen, welcher Käufer
über welche Affiliate-Website in einen Online-Shop gelangt ist. Durch solch
ein übergreifendes Web-Controlling lassen sich Affiliate-Maßnahmen unabhängig von den erhobenen Daten der Affiliate-Plattformen kontrollieren. Im
Gegensatz zu den Plattformbetreibern, die Werbemaßnahmen lediglich im
unmittelbaren Zusammenhang mit ihrem Affiliate-System überprüfen, erfasst ein
übergeordnetes Web-Controlling den Traffic einer Website in einem wesentlich
weitreichenderen Kontext. So können durch die Pixel-Technologie mehrfache
Provisionsausschüttungen von vornherein vermieden werden, denn der letzte
Kontakt mit der Werbemaßnahme und die tatsächliche Konversion erscheinen in
ihrem unmittelbaren Zusammenhang. Der Shopbetreiber sieht hier den tatsächlichen
Abverkauf nur einmal, weil nicht mehr mehrere Pixel statisch in das Bestellbestät
igungsformular eingebunden sind, sondern das Pixel der Plattform dynamisch mit
dem letzten Kontakt eingeblendet wird.
Vom Betrug durch Affiliate-Hopper sind besonders große Unternehmen betroffen,
die aufgrund ihrer umfangreichen Marketingmaßnahmen die Affiliate-Programme
auf mehreren Plattformen parallel betreiben. Unternehmen, deren Marketingerfolg
nicht zwingend davon abhängt, dass sie auf mehrere Plattformen zurückgreifen,
sollten sich ausschließlich auf ein Affiliate-Programm beschränken. Diese
Maßnahme bietet als einzige eine hundertprozentige Sicherheit gegen Betrug
durch Affiliate-Hopper.
Fazit
Viele Klicks, keine Kunden, hohe Kosten – Klickbetrüger und Affiliate-Hopper
verderben inzwischen vielen Werbetreibenden die Freude am Online-Marketing.
Dabei sind die Instrumente der Internetwerbung die ideale Basis für preiswerte und
höchst effektive Marketingkampagnen. Gerade deshalb sind die Forderungen der
Werbenden nach verstärkten Kontrollen und transparenteren Abrechnungsmodellen
durch die Suchmaschinenbetreiber und Affiliate-Plattformen mehr als verständlich.
Wenn es auch grundsätzlich sehr schwer ist, die verschiedenen Varianten des
599
Mehrfache
Provisionsausschüttungen
können von
vornherein
vermieden
werden
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
Klickbetrugs aufzudecken, eines gilt für alle betroffenen Parteien: Ohne ein
übergreifendes Web-Controlling ist es schlicht unmöglich, dem Betrug im EBusiness beizukommen. Wer sich vor illegalen Machenschaften im Internethandel
schützen und Betrüger dingfest machen will, kann dies nur durch Web-Controlling
tun.
600
OnlineMarktforschung
Axel Theobald
Zwei Trends, zum einen die immer weiter steigende digitale Vernetzung auch unter
Privatpersonen und zum anderen ein stetig steigender Bedarf der Unternehmen
an aktuellen empirischen Daten, treffen im Internet zusammen und gewinnen eine
neue Dynamik. Beide zusammen umrahmen die noch relativ junge Disziplin der
Online-Marktforschung und führen dazu, dass Online-Befragungen immer beliebter
werden. Ihr Einsatzspektrum ist mannigfaltig, man begegnet ihnen beinahe auf
Schritt und Tritt im Internet. Bekannt sind vor allem die kleinen Abstimmungen
oder Votings auf Webseiten, für die teilweise sogar Teilnehmer über andere Medien
wie TV oder Radio angeworben werden. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um
wirkliche Marktforschung. Im Gegenteil: Aktionen dieser Art bringen seriöse und
sinnvolle Online-Befragungen eher in Verruf beziehungsweise sorgen latent für ein
schlechteres Image derselben. Belastbare Daten zur Entscheidungsunterstützung
erfordern wenigstens eine irgendwie kontrollierte Teilnehmerauswahl sowie einen
intelligenten Fragenkatalog mit aufeinander abgestimmten Inhalten und einer
durchdachten Dramaturgie, der verschiedene Fragestellungen auch zueinander in
Beziehung setzen und damit Erkenntnisgewinne gewährleisten kann.
OnlineBefragungen
werden immer
beliebter
Einführung einer neuen Befragungsform
Die Durchführung von Befragungen zum Zweck der Markt- und Sozialforschung
ist gängige Praxis in Wissenschaft und Unternehmen. Man bedient sich dabei
verschiedener Methoden. Im Allgemeinen werden bezüglich der Vorgehensweise
drei als eigenständige unterschieden: die schriftliche, die mündliche sowie die
telefonische Befragung. Noch bis Mitte der 1990er-Jahre waren persönlichmündliche Befragungen die bevorzugte Methode der Marktforscher zur
Datenerhebung. Der Anteil dieser Methode sank jedoch kontinuierlich zugunsten
von schriftlichen Umfragen, die günstiger sind, sowie telefonischen Befragungen,
die schneller sind.
Ungefähr zur Jahrtausendwende trat dann die Online-Marktforschung auf den Plan
und entledigte sich langsam aber sicher ihres eher experimentellen Charakters, den
sie bis zu diesem Zeitpunkt noch hatte. Mittlerweile werden von den Marktforschungsinstituten gut ein Viertel aller getätigten Interviews online durchgeführt,
ein noch vor wenigen Jahren undenkbarer Wert. Der einfache Grund für diese
Entwicklung ist, dass Online-Befragungen die beiden treibenden Faktoren „geringe
Kosten“ und „hohe Geschwindigkeit“ in nahezu idealer Weise in sich vereinen.
601
Schriftliche, die
mündliche und
telefonische
Befragung
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
OnlineBefragungen
vereinen geringe
Kosten und hohe
Geschwindigkeit
Mit keiner anderen Methode können gleichzeitig die Meinungen vieler tausend
Personen zu solch geringen Kosten erfasst werden.
Vor allem der Faktor Geschwindigkeit hat sich bei der Anwendung des Internet im
Bereich der Marktforschung als zunehmend kritisch erwiesen. Manager benötigen
traditionell sehr häufig – und mit der allgemein stark steigenden Dynamik
des Marktgeschehens immer häufiger – aktuelle Daten als Grundlage ihrer
Entscheidungen. Im Optimalfall hätte der Manager die Ergebnisse zu seinen
Fragen am liebsten „noch während der gerade laufenden Sitzung“. Dies ist bei
ausgewählten Zielgruppen beziehungsweise Fragestellungen mit Hilfe des Internet
durchaus realisierbar.
Aus den vorherigen Ausführungen wird deutlich, dass das Internet mit seinen
spezifischen Eigenschaften ein sinnvolles Alternativmedium für Befragungen sein
kann. Es dient mittlerweile vielen Menschen als eine Art Treffpunkt und kann
dazu benutzt werden, Eigenschaften, Einstellungen und Meinungen von Personen
zu studieren, die auf andere Weise nie ökonomisch sinnvoll erfasst werden
könnten. Die Internetnutzung ist heute für einen Großteil der Bevölkerung bereits
selbstverständlich. Die weitere Entwicklung ist voraussehbar, und mittelfristig
werden fast alle Menschen, zumindest in den industrialisierten Nationen, über
irgendeine Art von Netzwerk erreichbar sein.
Vorteile der Online-Marktforschung
Selbst die konservativsten Marktforschungsinstitute haben in den vergangenen
Jahren anerkannt, dass sich im Online-Bereich ein neuer Markt entwickelt hat und
bieten Online-Forschung in der einen oder anderen Form an. Als besondere Vorteile
der neuen Methode sind die im Folgenden angeführten herauszustellen.
Innerhalb
weniger
Stunden auch
komplexeste
Fragebögen
Schnelligkeit: Bei der Messung von Kundenzufriedenheiten zum Beispiel ist ein
sofortiges Feedback vom Kunden mit eventueller Reaktionsmöglichkeit oftmals
entscheidend. Mit entsprechender Software lassen sich innerhalb weniger Stunden
auch komplexeste Fragebögen entwickeln, und die Einladung zur Teilnahme kann
sofort per E-Mail an den Kundenstamm beziehungsweise an eine Stichprobe daraus
verschickt werden. Die Erfahrung zeigt, dass in diesem Fall bereits in den ersten
zwei Tagen ein Großteil des gesamten Rücklaufs eingebracht und entsprechend
zeitnah auf die Ergebnisse reagiert werden kann.
Wirtschaftlichkeit: Gegenüber traditionellen Methoden der Marktforschung ist die
Online-Erhebung von Daten vor allem dann weit überlegen, wenn es sich um sehr
große oder weit verteilte, zum Beispiel internationale, Stichproben handelt. Diese
Voraussetzungen sind zum Beispiel bei Onlinedienstleistern häufig gegeben.
Datenverfügbarkeit: Alle Daten liegen bereits in elektronischer Form vor.
Mühsames Abtippen wie zum Beispiel vom Papierfragebogen entfällt. Auch dies
erhöht die Geschwindigkeit des gesamten Forschungs- und Reaktionsprozesses.
602
Axel Theobald: Online-Marktforschung
Multimedia-Fähigkeit: Dem Teilnehmer können auch Vorlagen und Stimuli in
verschiedener Form präsentiert werden, zum Beispiel zur Beurteilung neuer Produkte
und Verpackungen oder zur Bewertung von TV- und Radio-Werbespots.
Möglichkeit komplexer Fragebögen: Online-Befragungen ermöglichen es wie
in kaum einer anderen Methode, die technischen Möglichkeiten zur Steuerung des
Fragebogens voll auszuschöpfen. Im einfachsten Fall ist dies eine Filterführung, um
Teilnehmer nicht mit Fragen zu belästigen, die sie aufgrund der zuvor gegebenen
Antworten gar nicht betreffen. Weiterhin gibt es die Möglichkeit der zufälligen
Anordnung von Fragen oder Antworten, auch Randomisierung genannt, um
Reihenfolgeeffekte zu vermeiden. Ein weiteres Beispiel ist die Zufallsauswahl
von Bewertungsobjekten, um den Aufwand für den Teilnehmer möglichst gering
zu halten.
Direkte Kontrolle von Fehleingaben: Neben der möglichen Komplexität sorgen
Online-Befragungen auch von vornherein für eine einheitliche und konsistente
Datenbasis. Die Teilnehmer können so kontrolliert werden, dass sie die gestellten
Fragen auch in korrekter Art und Weise ausfüllen müssen. Dies betrifft zum Beispiel
die Anzahl auswählbarer Antworten, die Summe von vergebenen Prozentwerten
oder das Erzwingen von Antworten, falls dies geboten ist. Hiermit ist keine
Beeinflussung der Teilnehmer gemeint, sondern es wird lediglich eine formal
stimmige Eingabe und damit die direkte Verwertbarkeit der erhobenen Daten ohne
besondere Datenpflege gewährleistet.
Kein Interviewereinfluss: Gerade wenn es um die Messung von Zufriedenheiten
und Einstellungen geht, ist der Einfluss eines Interviewers nicht selten beachtlich,
da die Teilnehmer oftmals nicht offen ihre Meinung, zum Beispiel eine mögliche
Unzufriedenheit, zum Ausdruck bringen möchten. Die Erfahrungen der OnlineMarktforscher zeigen, dass über das Internet in der Regel ehrlichere und „extremere“
Antworten von den interviewten Personen zu erwarten sind.
Der Aspekt der Wirtschaftlichkeit gewinnt an zusätzlicher Relevanz, wenn
bedacht wird, dass im Zuge der Globalisierungstendenzen auch der internationalen
Marktforschung entscheidende Bedeutung zukommt. So müssen zum Beispiel
Entscheidungen über die Entwicklung einer Marketingstrategie beziehungsweise das
Marketing-Mix in der heutigen Zeit häufig vor dem Hintergrund einer international
ausgerichteten Unternehmenstätigkeit getroffen werden. Bisher leisteten sich im
Wesentlichen nur große und finanzstarke Unternehmen eine solche Form der
Marktforschung, da die Erhebungsdesigns durch technische oder wirtschaftliche
Restriktionen meist auf bestimmte Regionen beschränkt waren. Mit dem Internet
steht nun auch kleineren Firmen ein kostengünstiges Medium für diesen Zweck
zur Verfügung, mit dem effizient mehrsprachige Untersuchungen durchgeführt
werden können.
603
Möglichkeit
der zufälligen
Anordnung von
Fragen oder
Antworten
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
Einsatzgebiete für Onlinebefragungen
Die Möglichkeiten der Verwendung von Onlinebefragungen sind mittlerweile
mannigfaltig und erweitern sich ständig. Die häufigsten Einsatzgebiete und
Themenstellungen sind zur Zeit die folgenden:
• Kundenzufriedenheit
• Websitebefragung
• Beschwerdemanagement
• Nutzeranalyse
• Produkt-/Konzepttest
• Expertenbefragung
• Bedarfs-/Potenzialanalyse
• Business-to-Business-Befragung
• Werbewirksamkeitsanalyse
• Mitarbeiterbefragung
• Preistest
• Führungskräfte-Feedback
• Imageanalyse
• 360-Grad-Befragung
• Qualitätsmanagement
• Messebefragung
• Onlinepanel
Online-Panels
sind ein Stamm
von Befragungspersonen, die
regelmäßig zu
unterschiedlichen
Themen befragt
werden können
Was die derzeit häufigsten Anwendungsbereiche betrifft, so dominieren naturgemäß
jene Einsatzgebiete, in denen die jeweilige Zielgruppe am besten über das Medium
Internet erreichbar ist. Zum einen sind dies Befragungen direkt auf einer Website,
bei denen die Teilnehmer mittels Pop-up oder Layer zufallsgesteuert ausgewählt
werden können. Zum zweiten sind es Mitarbeiterbefragungen, bei denen durch die
heute in den meisten Fällen vorhandene interne Vernetzung beziehungsweise PCAusstattung hohe Abdeckungsraten anzutreffen sind, was die Verfügbarkeit von
Internet oder Intranet angeht. Und zum dritten geht es um Kundenbefragungen von
Unternehmen im Business to Business-Bereich, bei denen die häufig vorhandenen
Kundenlisten direkt verwendet werden können, um die Teilnehmer einzuladen.
Ein weiteres wichtiges Thema in diesem Zusammenhang sind die sogenannten
Onlinepanels. Hierbei handelt es sich um einen Stamm von Befragungspersonen,
die in gewissen zeitlichen Abständen zu unterschiedlichen Themen befragt werden
können. Mittlerweile gibt es zahlreiche Anbieter auf dem Markt, die Stichproben aus
solch großen Teilnehmer-Pools zur einmaligen Verwendung quasi vermieten. Großer
Vorteil dieser Vorgehensweise ist es, dass die gewünschte Stichprobe bereits vorab
nach bestimmten Merkmalen, wie zum Beispiel Alter, Geschlecht, Konsumvorlieben
et cetera, ausgesucht werden kann. Nachteilig sind die damit verbundenen Kosten,
die in der Regel zwischen fünf und fünfzehn Euro pro Teilnehmer liegen.
604
Axel Theobald: Online-Marktforschung
Software-Unterstützung
Zur Durchführung von Online-Marktforschung bietet sich die Verwendung
spezieller Software an, die auch den methodischen Anforderungen der Erstellung
von komplexen Fragebögen Rechnung trägt. Hierfür gibt es bereits verschiedene
etablierte Anbieter, die sich allerdings in Bezug auf ihre Ausrichtung sowie den
Umfang der erhältlichen Features teilweise deutlich unterscheiden. Die Verwendung
solcher Software bietet klare Effizienzvorteile gegenüber der Eigenprogrammierung
mit Hilfe von HTML-Formularen und CGI-Skripten oder Ähnlichem. Diese
Vorteile sind naturgemäß weniger relevant, wenn es nur um eine geringe Anzahl
von Fragen beziehungsweise Teilnehmern geht. Je mehr Fragen jedoch gestellt
werden sollen, je komplexer die Anforderungen an die Filterführung, das Design
oder die Ablaufkontrolle sind und je kritischer der Aspekt der Datensicherheit ist,
desto eher empfiehlt es sich, dies Spezialisten zu überlassen, die tagtäglich mit
Projekten dieser Art zu tun haben.
Wie in vielen anderen Bereichen gibt es auch hier einerseits sehr billige sowie
andererseits relativ hochpreisige Software-Lösungen. Die vermeintlich günstigeren
Anbieter offenbaren jedoch häufig sehr schnell ihre Schwachpunkte wie geringe
Belastbarkeit bei hohen Teilnehmerzahlen, nicht ausgereifte Features, mangelnder
Service und Support bei Problemfällen, geringer Erfahrungshintergrund et cetera.
Do’s and Don’ts
Im Folgenden soll noch auf einige wichtige Aspekte bei der Anlage und
Durchführung von Online-Befragungen verwiesen werden:
Organisation
• Eine seriöse Umfrage darf nie einen anderen Zweck als den der
Datenerhebung und Umfrageforschung beinhalten, also keine
Verkaufs- oder Werbeabsicht.
• Gewähren Sie nach Möglichkeit die Option, ein Interview zu
unterbrechen und zu einem späteren Zeitpunkt fortzuführen.
Dies erhöht den Komfort für den Teilnehmer und bringt
höhere Rücklaufquoten.
• Nutzen Sie im Fall der Teilnehmerrekrutierung per E-Mail
die Möglichkeit, eine Erinnerungs-E-Mail (Reminder) zu versenden,
um die Rücklaufquote zu erhöhen.
605
Je mehr Fragen
jedoch gestellt
werden sollen,
je komplexer die
Anforderungen
an die Filterführung
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
Rekrutierung
• Die Befragten sollten über den Zweck der Umfrage
sowie die Verwendung der Daten soweit wie möglich und
wahrheitsgemäß aufgeklärt werden.
• Weisen Sie auf die Freiwilligkeit der Teilnahme an Ihrer Umfrage hin.
• Der Hinweis, dass die erhobenen Daten lediglich in aggregierter und
anonymisierter Form ausgewertet beziehungsweise weitergeleitet
und nicht für forschungsfremde Zwecke verwendet werden,
sollte nicht fehlen.
• Sprechen Sie keine Person direkt mit der Bitte um Teilnahme
an einer Umfrage an, die zuvor ausdrücklich bekundet hat, dass
sie dies nicht wünscht. Erlaubt ist die direkte persönliche Einladung
nur bei einem bereits vorhandenen Firmenkontakt oder vorheriger
Einwilligung.
• Belästigen Sie die Personen, die Sie mit Ihrer Umfrage ansprechen,
so wenig wie möglich. Jede kontaktierte Person sollte jederzeit
ohne großen Aufwand die Möglichkeit haben, das Interview
zu beenden beziehungsweise die Teilnahme zu verweigern.
• Die Bereitschaft zur Teilnahme an einer Umfrage darf nicht
absichtlich erhöht werden durch unrealistische Angaben
bezüglich der wahrscheinlichen Dauer der Befragung.
Gestaltung
• Wählen Sie das Design so, dass die Teilnehmer klar erkennen,
von wem sie befragt werden beziehungsweise, wer die Umfrage
durchführt (Firmenlogo, Firmenfarben et cetera).
• Beachten Sie, dass nicht jeder Teilnehmer über die gleiche
PC-Ausstattung verfügt. Optimieren Sie die Befragung auf eine
relativ geringe Auflösung – heutiger Standard ist 1024x768.
Vermeiden Sie das Auftreten von Scrollbalken bei dieser Auflösung.
• Setzen Sie multimediale Elemente wie kleine Filme, animierte GIFBilder oder Töne nur dann ein, wenn sie dem Umfragezweck dienen.
• Informieren Sie die Teilnehmer über den aktuellen Ausfüllgrad
ihres Fragebogens mit einer Fortschrittsanzeige.
606
Axel Theobald: Online-Marktforschung
• Platzieren Sie auf den Umfrageseiten keine Werbebanner oder
andere Formen der Werbung, falls dies nicht aufgrund des Untersuchungsdesigns erforderlich ist. Unauffällige Hinweise auf die
durchführende Institution sind gestattet.
• Geben Sie den Probanden ausreichende Hinweise über sich selbst
als durchführende Institution. Als Mindestanforderung sollten Sie
auf der Einführungs- und Schluss-Seite den Firmennamen
inklusive Kontaktmöglichkeit via E-Mail-Adresse oder Telefonnummer nennen.
Geben Sie die
Möglichkeit,
keine Angabe
zu machen
beziehungsweise
nicht zu
antworten
• Gewähren Sie den Teilnehmern bei persönlichen Fragen
die Möglichkeit, keine Angabe zu machen beziehungsweise
nicht zu antworten. Gleiches gilt für Fragestellungen, bei denen
nicht sicher ist, ob alle Teilnehmer diese überhaupt sinnvoll
beantworten können.
Incentives
• Vermeiden Sie zu hohe Incentives, also Belohnungen der
Teilnehmer für die Bearbeitung eines Fragebogens, zum Beispiel
in Form von Verlosungen. Diese bergen immer die Gefahr der
Verzerrung der Untersuchungsergebnisse. Geringwertige Incentives
haben dagegen nachweislich keine ergebnisrelevanten Einflüsse,
können sich jedoch positiv auf die Antwortquoten auswirken.
• Falls Sie Incentives verwenden, sollten Sie keinen der Teilnehmer
von der Chance zum Erhalt der Belohnung ausschließen.
• Ausgelobte Incentives müssen auch tatsächlich ausgegeben werden.
Literatur
Axel Theobald, Marcus Dreyer, Thomas Starsetzki (Hrsg.): Online-Marktforschung
– Theoretische Grundlagen und praktische Erfahrungen. – 430 Seiten, ISBN: 9783409217811, Gabler Verlag, 2003.
607
T. Schwarz: Leitfaden Online Marketing / Kap. 11 Web-Analytics
608
Buchinformation
Leitfaden Online-Marketing
Herausgeber: Torsten Schwarz
850 Seiten, Preis: 39,90 Euro, gebunden
ISBN: 978-3000209048, September 2007,
Verlag: marketing-BÖRSE.
http://www.amazon.de/dp/3000209042
Online-Werbung wächst derzeit zehnmal schneller als alle anderen Werbemedien. Kein
anderes Medium ist so preisgünstig und effizient bei der Ansprache neuer Kunden und
Zielgruppen. Deshalb setzen immer mehr Unternehmen bei der Neukundengewinnung auf
Suchmaschinenmarketing, Kontextwerbung oder Viral Marketing. In diesem Buch erläutern
die einhundert renommiertesten deutschsprachigen Online-Marketing-Experten, was sich
bewährt hat. Es bündelt das aktuelle praxisrelevante Wissen einer jungen Branche. Von
Affiliate- über Suchmaschinenmarketing bis zum Web 2.0 werden Strategien erläutert und
praktische Tipps gegeben.
Keine Werbeform entwickelt sich so schnell weiter wie Online-Werbung. Während TV-,
Print- und Außenwerbung 2006 um maximal sieben Prozent zulegten, stiegen die Ausgaben
für Online-Werbung laut Branchenverband BVDW um sagenhafte 84 Prozent. Fast eine
Milliarde Euro wurde 2006 für klassische Online-Werbebanner ausgegeben. Dazu kommen
noch einmal über eine Milliarde Euro für Suchmaschinenanzeigen. Aber auch Bereiche wie
Suchmaschinenoptimierung oder E-Mail-Marketing boomen. Unter dem Sammelbegriff Web
2.0 schießen Mitmach-Angebote und soziale Netzwerke wie Pilze aus dem Boden.
Verbraucher informieren sich via Internet über Preisvergleichs- und Meinungsportale. Dort
schreiben Menschen offen, was sie von Produkten und Firmen halten. Hier als Unternehmen
Präsenz zu zeigen, erfordert Fingerspitzengefühl.
Dieses Buch bündelt das aktuelle Wissen einer ganzen Branche. Als Standardwerk ist es ein
absolutes Muss für Online-Marketing-Spezialisten und solche, die es werden wollen. Die
Autoren sind die führenden Köpfe der Online-Branche. Es sind erfolgreiche Fachbuchautoren,
hochrangige Experten aus renommierten Unternehmen sowie anerkannte Wissenschaftler.
Zum Herausgeber:
Dr. Torsten Schwarz gilt als Fachmann für Online-Marketing in Deutschland. Er ist
Herausgeber des Beratungsbriefs "Online-Marketing-Experts", Autor diverser Fachbeiträge
und Bücher sowie mehrfacher Lehrbeauftragter. Laut "acquisa" gehört er zu den Vordenkern
in Marketing und Vertrieb. Der Online-Pionier war Marketingleiter eines Softwareherstellers
und berät heute internationale Unternehmen. Er ist Geschäftsführer des Dienstleisterportals
marketing-BÖRSE und leitet den Arbeitskreis Online-Marketing im Verband der deutschen
Internetwirtschaft.
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… Leitfaden Online-Marketing
850 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3000209048, September 2007
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