20.1 Ausgabe 13102011 Zeit - Astronomische Vereinigung

Werbung
20. Ausgabe
12. Oktober 2011
Tübinger Sternchen
Lieber Sternfreund,
der 1629 in Holland geborene „Christian Huygens“ ist jedem Astronomen bekannt. Er entdeckte
den ersten Saturnmond und erkannte die Form des Saturnringes. Dass er sein Leben lang
Uhren baute und verbesserte, wissen schon nicht mehr so viele Sternfreunde.
Da die Zeit zuverlässig abläuft, Sekunde für Sekunde, nehmen wir Uhren um damit bei
bekannter zurückgelegter Entfernung, die Geschwindigkeit zu messen. Der Tachometer im
Auto ist ein gutes Beispiel. Haben wir es eilig, fahren wir schon einmal ein paar Kilometer pro
Stunde schneller als erlaubt. Eine weitere Entfernungsangabe mit Hilfe der Zeit ist das
Lichtjahr. Damit ist die Strecke gemeint, welche das Licht in einem Jahr zurücklegt,
umgerechnet sind dies 9.460.471.451.897km. Die Zeit vergeht immer gleich schnell. Na, fast
immer. Dummerweise ist das Wochenende ruck zuck vorbei und die Schultage ziehen sich
fürchterlich zäh dahin. Das ist jedoch nur die gefühlte Zeit, die Uhren ticken erbarmungslos,
immer gleichmäßig vor sich hin.
Warum wird dann aber an manchen Jahresenden eine Schaltsekunde angehängt, in anderen
Jahren wiederum keine? Läuft die Zeit doch nicht gleichmäßig, oder dreht sich die Erde immer
langsamer? Der Mond bremst tatsächlich die Rotation unseres Planeten, etwa 0,05 Sekunden
in 100 Jahren - das ist es also nicht. „Don Sullivan“ Leiter des „National Institute of Standards
and Technology” kann darüber Auskunft geben(1). Vor etwa 60 Jahren wurde die Länge eines
Tages über 33 Monaten möglichst genau bestimmt. Das Ergebnis wird noch heute zur
Bestimmung der Jahreslänge benutzt, stimmt aber nicht auf die Sekunde genau. Mit der
Schaltsekunde wird dies ausgeglichen.
Im Jahr 1905 veröffentlichte „Albert Einstein“ die spezielle Relativitätstheorie. Der Chemiker
und erste Staatspräsident von Israel, „Chaim Weizmann“ reiste mehrere Tage gemeinsam mit
ihm und berichtete danach: „Einstein erklärte mir jeden Tag seine Theorie, und bei unserer
Ankunft war ich schließlich überzeugt, dass zumindest er sie verstand“.
Diese Theorie war eine Revolution in der Physik. Die Zeit und der Raum sind seither keine
festen Größen mehr. Das bringt einiges an Überraschungen, doch lese selbst in diesem, sicher
nicht einfach zu verstehenden, Tübinger Sternchen.
Dein Ludwig
Inhalt
Seite
3
Ereignisse im Oktober.
3
Der Mond im Oktober.
3
Planeten im Oktober.
4
Die Zeit.
6
Hinweise.
Ereignisse im Oktober.
Der Kometen „C/2009 P1 Garradd“ ist am Abendhimmel im Fernglas zu bewundern.
In der Nacht vom 21. zum 22. Oktober, wird das Maximum des Meteorschauers der
Orioniden erwartet. Ihr Ursprung ist wahrscheinlich der berühmte Komet Halley. Es werden
20 bis 30 Meteore pro Stunde erwartet.
Am 30.10.2011 endet die Sommerzeit um 3 Uhr (MESZ). Die Uhren werden eine Stunde
zurückgestellt auf 2 Uhr (MEZ).
Der Mond im Oktober.
04.10.2011
12.10.2011
20.10.2011
26.10.2011
zunehmender Halbmond
Vollmond
abnehmender Halbmond
Neumond
Planeten im Oktober.
Merkur befindet sich zu nahe an der Sonne und ist nicht zu beobachten.
Venus kann zum Monatsende für kurze Zeit, tief am westlichen Horizont beobachtet
werden.
Mars steigt erst nach Mitternacht über den Horizont auf. Erst im Jahr 2012 wird der rote
Planet gut zu beobachten sein.
Jupiter steht von der Erde aus gesehen, genau gegenüber der Sonne. Er geht auf wenn die
Sonne untergeht, morgens ist es dann umgekehrt - wenn die Sonne aufgeht, verschwindet
der Planet unter dem Westhorizont. Der Riesenplanet ist wegen seiner Helligkeit nicht zu
übersehen.
Saturn befindet sich zu nahe an der Sonne und ist nicht zu beobachten
Uranus befindet sich im Sternbild Fische. Er steht die ganze Nacht über dem Horizont. Er ist
der am weitesten entfernte, mit bloßem Auge sichtbare Planet.
Neptun steht im Sternbild Wassermann. Schwer zu finden, erkennt man ihm im Fernglas
oder im Teleskop an seiner blauen Färbung. Kurz nach Mitternacht verschwindet er unter
dem Horizont.
Die Zeit.
Langweiliges Thema. Wenn du wissen willst, wie viel Uhr es ist – überall hängen
Zeitanzeiger. Vieleicht hast du sogar eine hochgenaue Funkarmbanduhr. Damit ist das
Thema Zeit erledigt… Wirklich?
Tatsächlich hat niemand die geringste Ahnung was Zeit wirklich ist. Seit Albert Einstein
wissen wir aber, dass jeder Gegenstand (auch jeder Mensch) seine eigene Zeit hat! Nun
wird’s schrecklich kompliziert, also mal langsam. Vielleicht hast du schon einmal vom
Zwillingsparadox gehört. Einer von den Zwillingen bleibt auf der Erde während der Bruder
mit einem Raumschiff zum sonnennächsten Stern „Proxima Centauri“ in 4,22 Lichtjahren
Entfernung fliegt. Ein sehr unruhiger roter Zwergstern - eine dumme Entscheidung.
Trotzdem, er will dorthin und dazu braucht er natürlich ein sehr schnelles Raumschiff. Am
besten das SLR-270.000, dies schafft locker 90% der Lichtgeschwindigkeit. Damit sollte die
Strecke in 4,7 Jahren überwunden sein - hin und zurück also in 9,4 Jahren.
Am Zielort ist es schrecklich langweilig, nicht mal ein Planet… und noch schlimmer, die
Gummibärchen gehen langsam aus. Darum hält er sich dort nicht lange auf und macht sich
wieder auf den Heimweg. Könnte der Raumfahrer während seines Fluges, die Freunde auf
der Erde beobachten, er würde sicher laut auflachen. Alle bewegen sich viel zu langsam.
Aber auch für die Erdenbewohner sind die Bewegungen des Astronauten wie in Zeitlupe besonders Eigenartig ist, das Raumschiff ist in Flugrichtung auf die halbe Länge geschrumpft
(aber nur aus der Sicht der Erdlinge, nicht für den Astronauten, für den ist sein Schiff
unverändert). Wieder zurück, behauptet der Astronaut er sei nur 4,1 Jahre unterwegs
gewesen, da ist er sich ganz sicher denn er hat noch einige wenige Gummibärchen übrig.
Sein Bruder - deutlich älter geworden - ist sich aber auch sicher, die Reise seines Zwillings
hat 9,4 Jahre gedauert, also genau wie vorausberechnet.
Das Unglaubliche ist, beide haben Recht. Der Raum zwischen Start und Ziel, ist wegen der
hohen Geschwindigkeit von 270.000 Kilometer pro Sekunde, geschrumpft (wie die Rakete
aus Sicht der Erdenbewohner). Jedoch nur der Raum des Reisenden,
dieser hat seine
Geschwindigkeit verändert. Er beschleunigte auf 90% der Lichtgeschwindigkeit. Sein Bruder
verbrachte die ganzen Jahre auf der Erde, ohne große Veränderung seiner Geschwindigkeit.
Am gleichen Tag geboren, ist der weitgereiste Zwilling jetzt 5 Jahre und 110 Tage jünger als
sein Bruder, welcher Zuhause geblieben ist.
Einstein versuchte uns immer klar zu machen, dass jeder seine eigene Zeit und seinen
eigenen Raum besitzt. Dabei ist für Jeden der Ablauf seiner eigene Zeit immer gleich.
Befindet sich ein Gegenstand zu uns in Bewegung, ändert sich dessen Zeit aus unserer Sicht
immer in Richtung langsamer werdend.
Wir erinnern uns, beide Brüder sahen den jeweils Anderen während der Reise sich in
Zeitlupe bewegen. Wir sind leider noch nicht ganz fertig, jetzt wird es noch einmal
schwierig.
Auch Masse verändert die Zeit – doch was ist Masse?
Stehst du im Aufzug und fährst in eine obere Etage, merkst du beim Anfahren des Liftes,
dass du schwerer wirst. Hast du die Möglichkeit dich dabei auf eine Waage zu stellen, wirst
du feststellen, sie zeigt während der Beschleunigung des Aufzuges mehr Gewicht an. Du
hast aber sicher nicht zugenommen, deine Masse ist noch gleich. Wiegst du auf der Erde
mit
Raumanzug
60kg,
zeigt
die
Waage
auf
dem
Mond
wegen
der
geringeren
Anziehungskraft nur 10kg an. Die Waage zeigt dein Gewicht je nach Aufenthaltsort an, nicht
deine Masse. Solltest du einmal das Vergnügen haben dich in der Schwerelosigkeit einer
Raumstation aufhalten zu dürfen, wirst du bemerken eine Waage hilft dir dort oben nicht
weiter, sie zeigt immer 0 Kilogramm an. Doch lässt sich in der Schwerelosigkeit ein
Gegenstand mit viel Masse, obwohl er neben dir in Luft fliegt, viel schwerer von der Stelle
bewegen, als ein Gegenstand mit wenig Masse. Die Masse ist träge, sie ist faul. Jeder
Veränderung möchte sie sich widersetzten.
Nun wird es schlimm! Je mehr Masse umso langsamer vergeht die Zeit. Der Zeitunterschied
ist im Aufenthalt auf der Erde zum Aufenthalt auf dem Mond noch nicht erkennbar. Dazu
benötigt es schon sehr große Massen. Lustig wird es bei den Schwarzen Löchern. Du weißt
ja, wenn ein sehr großer Stern, mit mehreren Sonnenmassen, seinen Brennvorrat
aufgebraucht hat, fällt er in sich zusammen. Immer weiter, bis all seine Masse in einem
unvorstellbar kleinen Punkt konzentriert ist. Selbst Licht kann aus dieser Umgebung nicht
mehr entkommen. Wie der Astronom „Bob Berman“ aber feststellte, kann es fertige
Schwarze Löcher für „uns“ gar nicht geben. Die Gravitation darin ist unvorstellbar hoch,
dadurch wird für einen außenstehenden Beobachter wie wir es sind, die Zeit innerhalb des
Schwarzen Loches so gebremst, dass sie fast auf Ewigkeit still steht, noch bevor ein solch
eigenartiges Objekt fertig ist.
Doch setzten wir uns auf einen solchen Stern während er zusammenfällt (natürlich
unmöglich), würden wir die Entstehung eines Schwarzen Loches innerhalb Sekunden
erleben. Leider sind wir nun auch ein Teil des Objektes, in unsere Atome zerlegt und
zermalmt. Könnten wir es jedoch sofort nach dem Entstehen wieder verlassen (natürlich
auch unmöglich), würden wir in einem seltsamen Universum auftauchen. Wir waren für die
Welt außerhalb, eine unvorstellbare lange Zeit im Schwarzen Loch.
Nun wissen wir, die Zeit und der Raum sind keine festen Größen. Wir haben große
Schwierigkeiten dies zu glauben, dies widerspricht unseren täglichen Erfahrungen. Dass es
jedoch der Wirklichkeit entspricht, wurde in vielen Experimenten bewiesen.
Einen unveränderlichen Maßstab haben wir aber doch, die Lichtgeschwindigkeit. Einstein
behauptete: „Nichts ist schneller als Licht“ und „Die Geschwindigkeit des Lichts im Vakuum
des Weltraumes ist für alle gleich (299.792,458 Kilometer in der Sekunde). Damit können
wir Zeit und Entfernungen messen und abgleichen. Raum und Zeit ist veränderlich, nur die
Lichtgeschwindigkeit steht felsenfest.
Doch vielleicht hatte hier unser Albert doch nicht ganz recht. Neue Versuche mit dem
großen Teilchenbeschleuniger in Cern (Schweiz), irritieren die Wissenschaftler. Sie haben
Teilchen mit Überlichtgeschwindigkeit gemessen. Da es dies nicht geben dürfte, werden
immer noch Fehler in der Versuchsanordnung gesucht. Wir leben wahrhaft in einer
verrückten Zeit (und Raum).
Große Massen und hohe Geschwindigkeit verändern die Zeit, sie läuft langsamer ab. Sollten
wir nun alle mehr Süßigkeiten essen um unsere Körpermasse zu optimieren und dazu wie
die Irren über die Autobahn rasen? Lieber nicht - beides ist eher ungesund und
Lebensverkürzend. Zudem ist selbst das jetzige SLR Model zu langsam und unser
Körpergewicht viel zu gering, um auch mit den genauesten Uhren eine Zeitverzerrung
feststellen zu können. Die Zeit ist doch nicht langweilig, nutzte sie.
Homepage der Astronomischen Vereinigung Tübingen:
www.sternwarte-tuebingen.de
Hilfe für Einsteiger und Fortgeschrittene
www.astronomie.de
VDS (Vereinigung der Sternfreunde e.V.)
www.vds-astro.de
Forum für junge und jugendliche Amateurastronomen
www.andromedaforum.de
Buchtipps zum Thema
(1)
von Bob Berman
Der Komet unterm Küchentisch
Vorträge in der Sternwarte Tübingen,
für Mitglieder des AVT kostenlos, aber nicht umsonst!
Freitag 14.10. 2011, Wolfgang Wettlaufer,
Mitglied des AVT:
Irgendwo noch eine Erde?
Freitag 21.10. 2011, Prof. Dr. Hans Ulrich Keller,
Universität Stuttgart, Planetarium Stuttgart:
Weltuntergang am 21.12.2012?
Freitag 27.10.2011, Dr. Emil Khalisi,
Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg
Gefördert durch die Klaus Tschira Stiftung:
Mission Cassini
Die nächste Treffen der AVT Jugendgruppe jeweils von 17:30Uhr bis 19Uhr:
26.10.2011
09.11.2011
23.11.2011
07.12.2011
21.12.2011
Viel Zeit für dein Hobby,
wünscht Dir das Jugendgruppenteam
Ludwig und Katharina
Herunterladen