Systemtheorie - Überblick: ? Grundlagen der Systemtheorie – Sytemtheoretische Ansätze; Systemarten – System und Umwelt – Autopoiesis – Mensch, Person, Psychisches System – Strukturelle Kopplung – Kommunikation, Handlung – Beobachtung ? Organisation aus systemtheoretischer Sicht – Organisation – Entscheidung – Struktur ? Personalmanagement aus systemtheoretischer Sicht – Personal – Steuerungs – Personalabteilung – Personalführung Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 1 Systemtheoretische Ansätze Systemtheorien Struktur-Funktionalismus: Parsons (AGIL-Schema) General Systems Theory (Bertalanffy) Kybernetik 1. Ordnung: Regelkreis Soziologische Systemtheorie (Luhmann) Kybernetik 2. Ordnung: Beobachtertheorie (v. Foerster) Autopoiesis (Maturana, Varela) Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 2 Systemarten Systeme Systeme Allopoietische Allopoietische Systeme Systeme Autopoietische Autopoietische Systeme Systeme (Maschinen) (Maschinen) Lebende LebendeSysteme Systeme Sinnsysteme Sinnsysteme Operation: Operation: Zellproduktion Zellproduktion Interaktionen Wolfgang Elšik Soziale SozialeSysteme Systeme Psychische PsychischeSysteme Systeme Operation: Operation: Kommunikation Kommunikation Operation: Operation: Gedanken Gedanken Organisationen Theoretische Grundlagen des Personalmanagements Gesellschaften 3 Regelkreis (Kybernetik 1. Ordnung) (Führungsgröße) Stellgröße (Regler) (Ist-Wert) (Fühler) (Regelstrecke) (Stellglied) (Regelgröße) (Störgröße) Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 4 Triviale und nicht-triviale Maschinen Trivialmaschine Nicht-Trivialmaschine F x y f x Z Input Ursache Reiz Funktion Naturgesetz Organismus Ouput Wirkung Reaktion • von der Vergangenheit unabhängig • im Verhalten vorhersagbar • steuerbar Wolfgang Elšik y z Selbstreferenz Z ... Zustandsfunktion z ... Zustand zum Zeitpunkt t • von der Vergangenheit abhängig • im Verhalten nicht vorhersagbar • nicht steuerbar Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 5 System/Umwelt ? Operationen ziehen eine Grenze und schaffen damit die Differenz von System und Umwelt: kein System kann außerhalb seiner Grenzen operieren ? Umwelt ist konstitutiv für System: ohne Abgrenzung von der Umwelt gibt es kein System ? System ist konstitutiv für die Umwelt: Es gibt keine Umwelt "an sich", sondern nur für ein System ? Umwelt ist zunächst nur "Rauschen", das mit internen Differenzschemata (Strukturen) beobachtet und zum Inhalt von Kommunikation und Entscheidung gemacht wird ? System und Umwelt entwickeln sich in Bezug aufeinander ? Umwelt ist immer komplexer als das System Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 6 Autopoiesis ? Selbsterzeugung und Selbsterhaltung ? autopoietische Systeme erzeugen die Elemente, aus denen sie bestehen, durch Verknüpfung der Elemente, aus denen sie bestehen (Selbstreferenz) ? rekursiver Reproduktionsprozeß: das Ergebnis einer Operation ist die Grundlage für die folgende Anschlußoperation ? Systeme sind operativ geschlossen (autonom, Selbstreferenz), aber nicht autark (d.h. sie sind umweltabhängig) ? Systeme sind in ihrem Ressourcenaustausch gegenüber der Umwelt offen, aber ihre autonome Operationsweise bestimmt die Form des Austauschs Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 7 Mensch, Person, Psychisches System Mensch ? ist kein systemtheoretischer Begriff (kein einheitlicher Operations-modus), sondern Sammelbezeichnung für strukturell gekoppelte Systeme, die füreinander Umwelt sind (organisches, neuronales, psychisches, etc. System) Person ? ist eine soziale Adresse für Kommunikation ? dient der strukturellen Kopplung zwischen psychischen und sozialen S. ? ähnlich Rollen, aber Erwartungen werden einem konkreten Menschen zugerechnet Psychisches System (Bewußtsein) ? Elemente = Gedanken, die sich rekursiv reproduzieren ? Gehirn = notwendige Umwelt, aber Gehirntätigkeiten sind keine Gedanken (das Gehirn denkt nicht!) Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 8 Strukturelle Kopplung ? eine spezifische Beziehung zwischen zwei Systemen: sie sind aufeinander angewiesen und operieren zugleich autonom, d.h. sie bleiben füreinander Umwelt bspw. Gehirn und Bewußtsein; Bewußtsein und Kommunikation ? Kopplung nur auf der Ebene der Strukturen, nicht der Operationen: dasselbe Ereignis kann Inhalt von Kommunikation und Gedanken sein ? Umwelt kann das System nur irritieren, stören, anregen etc., nicht aber die Operationen des Systems bestimmen: Irritation, Störung, Anregung sind systeminterne Konstruktionen ? nur das Bewußtsein kann die Kommunikation irritieren, andere Operationen (bspw. Radioaktivität, Arbeitslosigkeit, Lottogewinn) müssen erst vom Bewußtsein wahrgenommen werden, um kommunizierbar zu sein Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 9 Kommunikation ? ? ? ? ? Kommunikation ist die Synthese dreier Selektionen: Information, Mitteilung und Verstehen Kommunikation ist ein Ereignis, keine Sequenz der 3 Selektionen Information: A unterscheidet mehrere Themen und wählt eines aus Mitteilung: A unterscheidet mehrere Übertragungsformen und wählt eine aus Verstehen: – B unterscheidet zwischen Information und Mitteilung – nicht die bloße Wahrnehmung von Ereignissen, denn da fehlt die Erfassung der Mitteilungsabsicht (Vorteil der Sprache!) – nicht "richtiges" Erfassen der Information oder der Motive von A, kein psychischer Vorgang – gewähltes Verständnis geht aus der Anschlußkommunikation hervor Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 10 Kommunikation ? Basiselement der Konstitution sozialer Systeme ? Kommunikation ist eine Operation, die weitere Kommunikationen produziert ? nicht der Mensch, sondern die Kommunikation kommuniziert ? Kommunikation erfordert mindestens 2 psychische Systeme ? keine Übertragung einer Botschaft von A zu B ("Gedankenaustausch") Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 11 Handlung ? Basiselement der Selbstbeschreibung sozialer Systeme ? Kommunikation ist nicht direkt beobachtbar ? durch Zurechnung von Kommunikation auf Personen (Identifikationspunkte der Kommunikation) entsteht Handeln (Sichtbarmachung der Kommunikation) ? Vereinfachung: nur die Mitteilung wird beobachtet und zugeschrieben ? Zuschreibung von Autorenschaft und damit von Verantwortung, Absicht, Motive, ... aber: keine Reduktion des Sozialen auf das Psychische! ? Verkürzung von Kommunikation auf das Handeln einer Person schafft Anknüpfungspunkte für weitere Kommunikation (Fortsetzung der Autopoiesis) Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 12 Strukturen ? Erwartungen, die den Kommunikationsprozeß regulieren durch Einschränkung ("Vorauswahl") der im System zugelassenen Anschlußmöglichkeiten: viele Nachfolgeelemente werden unwahrscheinlich, einige (nicht nur eines!) werden zugelassen und damit wahrscheinlicher ? sichern den Übergang von einer Operation zur nächsten, ohne Strukturen würde das System aufhören zu existieren/operieren ? Elemente sind ereignishaft und damit irreversibel, Strukturen sind dauerhafter und damit reversibel ? autopoietische Systeme sind strukturdeterminiert, d.h. nur systemeigene Strukturen bestimmen ihre Operationen Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 13 Beobachtung ? Alle Systeme können beobachten, nicht nur psychische Systeme ? Jede Beobachtung setzt eine Unterscheidung voraus und ist an die gewählte Unterscheidung gebunden ? Keine Beobachtung kann sich im Moment der Beobachtung selbst beobachten, denn sie kann eine Unterscheidung nicht auf sich selbst anwenden ("blinder Fleck") --> Beobachtung 2. Ordnung (Beobachtung der Beobachtung) Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 14 Beobachtung ? auch die Beobachtung 2. Ordnung kann sich nicht selbst beobachten und ist an ihren blinden Fleck gebunden; sie ist keine "bessere" (privilegiertere, hierarchisch höhere), sondern eine andere Beobachtung ? Jede Beobachtung ist eine kontingente Konstruktion, die bei einer anderen Unterscheidung auch hätte anders ausfallen können. ? Beobachtung ist eine systeminterne Operation (z.B. Kommunikation über Marktveränderungen), mit der trotz operativer Geschlossenheit der Bezug zur Umwelt hergestellt werden kann (Fremdreferenz) Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 15 Organisation ? Organisation besteht aus Entscheidungen, die die Organisation aus Entscheidungen selbst anfertigt (rekursive Entscheidungsverkoppelung) ? Elemente der Organisation = Entscheidungen ? 2 Probleme der Selektion des Anschlusses: – 1. Welche Kommunikation rechnet sich die Organisation als eigene Entscheidung zu? (Fremd- und Selbstzuschreibung) – 2. Auf welche (Vor)Entscheidungen soll zurückgegriffen werden? (Struktur) Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 16 Entscheidung ? Entscheidung als Sonderform der Kommunikation: kein psychischer Vorgang eines Entscheiders ? Ereignisse, die per se nicht bestandsfähig sind ? "Entscheidung ist alles, was die Organisation als Entscheidung ansieht" ? Entscheidung als Transformation von Kontingenzen ? Entscheidung als Koppelung von Selbst- und Fremdreferenz Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 17 Organisationsstruktur ? Strukturen dienen der Überbrückung der Distanz von Entscheidung zu Entscheidung durch den Aufbau von Erwartungen ? fassen offene Komplexität in ein Muster geltender, üblicher, erwartbarer, wiederholbarer Relationen ? werden im nachträglichen Behandeln früherer Entscheidungen aufgebaut (z.B. durch Wiederholung, Bezugnahme) ? Entscheidungsprämissen als geronnene Entscheidungen – Kommunikationswege (Formalorganisation) – Programme (Konditional-, Finalprogramme) Stelle – Personen } ? Entscheidung über Entscheidungsprämissen – Planung Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 18 Personal ? Personal = Gesamtheit der Personen in einer Organisation ? Personalentscheidung als Entscheidung über die Entscheidungsprämisse Person, betreffen die Mitgliedschaft ? Organisation und Mitglied sind füreinander black boxes: – Mitgliedschaft als individuell attribuierte Einschränkung von Verhaltensmöglichkeiten durch die Organisation – Mitgliedschaft als Relevanzvermutung von Handlung ? Personen stellen der Organisation Überraschungsfähigkeit und Wahrnehmung zur Verfügung ? Motive/Motivation als Zuschreibungen von Gründen für Handlungen Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 19 Steuerungsverständnis Operative Operative Geschlossenheit Geschlossenheit Organisation als nicht-triviale Maschine (Selbst-) (Selbst-) Reflexionspotential Reflexionspotential Intervention Intervention Externe Veränderungsanregung durch „Rauschen“, Irritieren, alternative Sichtweisen anbieten Trennung von Beobachtung und Handeln durch - Beobachterrollen - Schriftlichkeit der Mitteilung Steuerung Steuerung • Selbststeuerung • nicht erzwingbar • abh. vom intervenierten System (Interventionslogik ≠ Prozeßlogik) Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 20 Personalabteilung Steuerung Steuerung als als Selbststeuerung Selbststeuerung • PAbt. als Impulsgeber: Produktion von Rauschen für das VG-MA-System • Dezentralisierung von ausführenden Aufgaben, die auf Personen (≠ Personal) abzielen Wolfgang Elšik Formale Formale Strukturen Strukturen als als ErwartungsErwartungsbildung bildung • Programme: Arbeitsstrukturierung • Kommunikationswege: Berichtswege, hierarchische Einbettung der PAbt. • Personen: Kriterien der Personalauswahl Theoretische Grundlagen des Personalmanagements Anschlußfähigkeit Anschlußfähigkeit als als Voraussetzung Voraussetzung für für Kommunikation Kommunikation • Gute Hypothesen („Als-ob-Annahmen) über die innere Logik der relevanten sozialen Systeme (VG-MA, GL, BR) 21 Personalführung ? bezieht sich nicht auf einzelne Personen, sondern auf Strukturen (Normen, Regeln, Vorschriften, Gewohnheiten, Denkvorstellungen, Machtgefüge, Beziehungsnetze, ...) ? zielt auf die folgenreiche Kommunikation/Entscheidung im sozialen System „Organisation“ ? psychische Systeme von VG und MA sind strukturell gekoppelt mit dem sozialen System, haben einen privilegierten Zugang zur Kommunikation, können aber selbst nicht kommunizieren ? ein verändertes Bewußtsein (z.B. „Mitarbeiterorientierung“) bedeutet nicht automatisch eine veränderte Kommunikation z.B. „partizipative Entscheidungen“) Wolfgang Elšik Theoretische Grundlagen des Personalmanagements 22