Ultrarotspektrum von GaOOH

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Ultrarotspektrum von G a O O H
E in h a k d S ch w arzm an n u n d H e lm u t S p a r r 1
Anorganisch-Chemisches Institut der Universität Göttingen
(Z.
Naturforsdi. 23
b,
767— 770 [1968]; eingegangen am 7. Dezember 1967)
Vom GaOOH, GaOOD und den entsprechenden partiell deuterierten Präparaten wurden die
IR-Absorptionsspektren im Bereich von 10 000 bis 33 cm-1 aufgenommen und Banden den OHValenz- und OH-Librationsschwingungen und Schwingungen der GaOg-Oktaeder zugeordnet. Die
Multiplizität der OH-Banden ist im wesentlichen auf eine Wechselwirkung der Schwingungen der
OH-Gruppen in der Einheitszelle zurückzuführen. Banden bei 1069 cm-1 und 1031 cm-1 im IRSpektrum von GaOOD werden auf die beiden Librationsschwingungen einer isolierten OH-Gruppe
zurückgeführt.
Im Rahmen von Untersuchungen über die Wasserstoffbrückenbindung in Hydroxyden wurden die IRAbsorptionsspektren von polykristallinem GaOOH,
GaOOD und den entsprechenden partiell deuterier­
ten Präparaten aufgenommen und Anzahl und Lage
der OH-Banden diskutiert.
Abb. 1. Kristallgitter von GaOOH (Diasporstruktur). Ge­
strichelte Linien bedeuten O —H . . . O-Brücken.
1 H . S pa rr , Teil der Staatsexamensarbeit, Göttingen 1967.
2 J. Böhm u . K . Kahan, Z. anorg. Chem. 238, 350 [1938].
3 W. H oppe , Z. Kristallogr., Mineralog. Petrogr., Abt. A
103, 73 [1941].
4 R. B u sin g
u
.
H . Levy, Acta crystallogr. [Copenhagen] 11,
798 [1958].
* M it den hier vorliegenden Messungen praktisch identische
IR -Spektren sind bereits von G lemser und H artert 5
(G a O O H , 4000 — 670 cm - *), K olesova und
R yskin 6
(G a O O H , 4000 — 420 cm - * ), R ahlfs und S chwarzmann 7
(G a O O H ,
G aO O D ,
4000 — 420 cm- 1 )
und
B e n o it 8
(G a O O H ,
G aO O D ,
3650 — 290 cm- 1 )
veröffentlicht
worden.
G aO O H 2 und GaOOD kristallisieren nach D e b y e - S c h e r r e r -Aufnahmen im Kristallgitter des
Diaspors3t 4, von dem alle Atomlagen bekannt
sind. Die Raumgruppe ist Dlh-Pbnm. Es befinden
sich 4 Formeleinheiten in der Einheitszelle. Die
Struktur besteht aus G a06-0ktaedern, die sowohl
über Ecken und Kanten, als auch über Wasserstoff­
brücken miteinander verbunden sind (Abb. 1). Nach
einer Neutronenbeugungs-Analyse4 liegen im K ri­
stallgitter des mit GaOOH isostrukturellen Diaspors,
a-AlOOH, nichtlineare Wasserstoff brücken mit einem
O ( H ) . . . O-Abstand von 2,650 + 0,003 Ä vor. Der
O — H-Vektor bildet mit der O ( H ) . .. O-Verbindungslinie einen Winkel von 12,1°. A lle OH-Grup­
pen besitzen die gleiche Umgebung. Die Atomlagen
im Kristallgitter von GaOOH sind dagegen noch
nicht festgelegt worden.
In Abb. 2 (Spektrum Nr. 1 und Nr. 15) und
Abb. 3 sind die IR-Absorptionsspektren von GaOOH
und GaOOD wiedergegeben *.
Eine genaue Schwingungsanalyse anorganischer
Festkörper ist — von sehr einfachen Fällen abge­
sehen — im allgemeinen nicht durchführbar. Genau
betrachtet handelt es sich um Schwingungen der gan­
zen Einheitszelle des Kristalls. Beim GaOOH und
GaOOD ist aber eine Vereinfachung der Schwin0. G l e m s e r u . E. H a r t e r t , Naturwissenschaften 40, 552
[1953],
8 V. A. K o l e s o v a u. Ya. I. R y s k i n , J. Struct. Chem. 3 , 656
[1962].
7 H. R a h l f s , Diplomarbeit, Göttingen 1964; E. S c h w a r z ­
m a n n , Habilitationsschrift, Göttingen 1965.
8 A. C o r n e l i s - B e n o i t , Spectrochim. Acta [London] 21, 623
[1965],
* * Zum Vergleich ist im Spektrum Nr. 8 das Spektrum einer
Mischung von 1 Tl. synthetischem GaOOH und 1 Tl.
GaOOD eingezeichnet ( --------- ).
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c m '1
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1800
,
cm*1
Abb. 2. IR-Absorptionsspektren [KBr-Preßlinge] von pol kristallinen GaOOH-Präparaten mit verschiedenem Deuterie­
rungsgrad. Banden bei 3400cm-1 und 1640cm-1 rühren vom Wassergehalt des Einbettungsmittels h e r**.
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gungsanalyse deswegen möglich, weil die OH- bzw.
OD-Gruppen einerseits und die Gallium-SauerstoffOktaeder andererseits ziemlich verschiedene Schwin­
gungsfrequenzen besitzen. Die Wechselwirkung zw i­
schen diesen Gruppen ist somit nur schwach. In
erster Näherung können die Schwingungen dieser
Gruppen unabhängig voneinander betrachtet wer­
den.
Im IR-Spektrum von GaOOH sind — wegen des
Vorliegens eines Symmetriezentrums — Banden von
maximal 2 OH-Valenz[voH] und 4 OH-Librationsschwingungen [< 5 o h ] neben Absorptionen von den
Schwingungen der GaOe-Oktaeder zu erwarten.
Im Spektrum von GaOOH tritt eine breite A b ­
sorption mit Maxima bei 2900 cm-1 und 2724 cm-1
auf, die OH-Valenzschwingungen zugeordnet wird.
Zwei starke Banden bei 1033 cm“ 1 und 950 cm-1
werden auf OH-Librationsschwingungen zurückgefiihrt. Die beiden schwachen bei 2035 cm-1 und
1947 cm-1 auf tretenden Absorptionen dürften von
den ersten Obertönen von OH-Librationsschwingun­
gen herrühren (s. weiter unten).
Die Zuordnung von Banden zu OH-Valenz- und
OH-Librationsschwingungen beruht dabei auf der
Frequenzlage und der gesetzmäßigen Verschiebung
dieser Absorptionen um einen Faktor von etwa 1,3,
wenn man Wasserstoff gegen Deuterium austauscht.
Eine weitere Information über die Natur der OHValenz- und OH-Librationsschwingungen kann man
durch eine Untersuchung der Spektren partiell deuterierter Präparate, die sich also nur im H/D-Verhältnis voneinander unterscheiden, erhalten. Insbeson­
dere liefert diese Methode wertvolle Hinweise über
die Stärke der Kopplung von Schwingungen der OHOszillatoren in der Einheitszelle. Eine solche Wech­
selwirkung der zwar kristallographisch verschiede­
nen, aber sonst identischen OH-Gruppen führt zu
einer Aufspaltung der OH-Valenz- und der OH-Librationsschwingungs-Banden. Dabei wird die Fre­
quenzdifferenz zwischen den einzelnen OH-Schwingungen (auch unter Berücksichtigung der R a m a n aktiven OH-Schwingungen, die aber experimentell
noch nicht gefaßt worden sind) als ein Maß für die
Stärke der Kopplung der OH-Schwingungen ange­
sehen. In weitgehend deuterierten Präparaten befin­
den sich die OH-Gruppen in fast demselben Kristall­
feld wie im GaOOH, eine Wechselwirkung der OHGruppen untereinander ist aber praktisch nicht mehr
Abb. 3. IR-Absorptionsspektren [Csl-Preßlinge] von poly­
kristallinem GaOOH und GaOOD im Bereich der Gitter­
schwingungen.
möglich und die zwischen OH und OD nur gering.
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Man erhält so die Valenz- und die beiden Librationsschwingungen der isolierten OH-Gruppe.
Abb. 2 zeigt die IR-Spektren einer Reihe von par­
tiell deuterierten Präparaten im System GaOOH —
GaOOD.
Ausgehend vom GaOOH (Spektrum Nr. 1) ver­
ringert sich bei den Präparaten mit zunehmendem
Deuterierungsgrad die Aufspaltung der OH-Valenzund der beiden starken OH-Librations-Schwingungsbanden. Letztere, die im Spektrum von GaOOH bei
1033 cm-1 und 952 cm-1 liegen, fließen im weit­
gehend deuterierten Präparat zu einer einzigen
Bande zusammen. Die Aufspaltung dieser Banden
ist also im wesentlichen durch Kopplung von Schwin­
gungen der OH-Gruppen in der Einheitszelle be­
dingt. Mit zunehmendem Deuteriumgehalt der Prä­
parate wird die Wellenzahl des „Schwerpunktes“
der beiden starken (5oH-Banden kontinuierlich nach
der folgenden empirisch ermittelten Funktion er­
höht 1:
(% H — 100)2
(5<5oh- 9 5 3 )2
(41)2
(19,7)2
•
Der „Schwerpunkt“ 5<5oh der beiden OH-Librations-Schwingungsbanden $oh [höherfrequent] und
<5oh [niederfrequent] ergibt sich aus einer mathe­
matischen Beziehung, die zwischen diesen beiden A b ­
sorptionen und dem niederfrequenten Oberton d 0h
von OH-Librationsschwingungen besteht1:
J-,
<5OH
2
__
4 (5oh + 10 <5oH
^
•
Neben diesen beiden starken <5oH‘Banden werden
mit zunehmendem Deuterierungsgrad der Proben
weitere, allerdings schwache, OH-Librationsschwingungs-Banden sichtbar. Inwieweit hier Absorptionen
von OH-Librationsschwingungen vorliegen, die in
verschiedenen Richtungen im Kristall erfolgen, kann
nicht entschieden werden. Vom GaOOH waren Ein­
kristalle von hinreichender Größe für Messungen im
polarisierten Ultrarotstrahl nicht erhältlich. Bei Ein­
kristallen von den mit GaOOH isostrukturellen H y­
droxyden Diaspor, a-AlOOH, und Göthit, a-FeOOH,
konnte nachgewiesen werden, daß die Librationsschwingungen einer OH-Gruppe in verschiedenen
Richtungen im Kristall erfolgen 9. Die beim weit­
gehend deuterierten Präparat (Spektrum Nr. 14)
9 E.
S ch w arzm an n u.
H.
S p a rr,
Publikation in Vorbereitung.
vorliegenden Banden bei 1069 cm-1 und 1031 cm-1
sind möglicherweise auf die beiden Librationsschwingungen einer isolierten OH-Gruppe zurückzu­
führen.
Ein den OH-Librationsschwingungen ähnliches
Verhalten zeigen die beiden im Spektrum von
GaOOH bei 2035 cm-1 und 1947 cm-1 auftretenden
schwachen Banden. Auch diese verschwinden beim
Deuterien und treten im Spektrum von GaOOD ge­
setzmäßig um etwa den Faktor 1,3 verschoben bei
kleineren Wellenzahlen auf. Die niederfrequentere
dieser beiden Banden verschiebt sich mit fortschrei­
tendem Deuterierungsgrad nach höheren Wellenzah­
len. Bei allen Präparaten ist ihre Frequenz durch den
Faktor 2 mit der Frequenz des „Schwerpunktes“ der
beiden starken <5oH-Banden verbunden. Die höherfrequentere der beiden Absorptionen ändert mit zu­
nehmendem Deuteriumgehalt der Proben ihre
Frequenzlage nicht. Beide Banden werden auf erste
Obertöne von OH-Librationsschwingungen zurückge­
führt.
Im Bereich von 700 cm-1 bis 200 cm-1 auftre­
tende Banden verschieben sich beim Deuterieren
praktisch nicht. Diese Absorptionen werden den
Schwingungen der GaOe-Oktaeder zugeordnet. Eine
Aufteilung in Valenz- und Deformationsschwingun­
gen der Oktaeder ist wegen der starken Wechselwir­
kung dieser Schwingungen untereinander nicht mög­
lich.
Im noch ferneren IR-Bereich wurden bis 33 cm-1
keine weiteren Banden beobachtet.
Die IR-Spektren von GaOOH und GaOOD zeigen
— ganz besonders im Bereich der OH- bzw. ODSchwingungen — große Ähnlichkeit mit den Spek­
tren von a-AlOOH, a-AlOOD, a-ScOOH, a-ScOOD,
a-FeOOH und a-FeOOD 9. Dieser Befund zeigt die
Isotypie dieser Verbindungen. Insbesondere dürf­
ten bei allen Strukturen sehr ähnliche Bindungsver­
hältnisse für das Proton bzw. Deuteron in der Was­
serstoffbrücke vorliegen.
Herrn Professor Dr. O. G l e m s e r sind wir für die
großzügige Unterstützung dieser Arbeit sehr zu Dank
verpflichtet. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft
und dem Fonds der Chemischen Industrie danken wir
für die finanzielle Unterstützung und für die Gewäh­
rung eines Stipendiums an Herrn S p a r r vom Stipendien-Fonds der Chemischen Industrie.
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