Sa., 12.10.2013 Geburtshilfe-Abteilung am EVK Münster schließt Geburtsinsel bricht weg - Schließung sorgt für Aufschrei Zum Jahresende schließt die Geburtshilfe-Abteilung des Evangelischen Krankenhauses Johannisstift im Kreuzviertel. Bleibt abzuwarten, welche Alternativen den Hebammen geboten werden. Foto: Oliver Werner Münster Hebammen sind in Sorge, Frauen, die ihr Kind im nächsten Jahr im Evangelischen Krankenhaus Johannisstift zur Welt bringen wollten, müssen sich ein neues Krankenhaus für die Entbindung suchen. Denn mit Ende des Jahres gehen in den drei Kreißsälen an der Wichernstraße die Lichter aus. Dort, wo Frauen in den Wehen eine 1:1-Betreuung erfahren haben. Von Maria Meik Sie fiel aus allen Wolken, als sie hörte, dass in den Kreißsälen im Evangelischen Krankenhaus zum Jahresende die Lichter ausgehen. Und dabei wollte Sabrina Bierekoven doch so gerne im März 2014 ihr erstes Kind im EVK an der Wichernstraße auf die Welt bringen – weil sie und ihr Mann nur Gutes über die Entbindungen und die Hebammenarbeit im Kreuzviertel gehört haben und weil die werdenden Eltern eine natürliche und individuelle Geburt schätzen. „Hier wusste ich mich in guten Händen“ „Man gibt hier den Frauen ihre Zeit zum Gebären. Ich bedauere die Schließung sehr. Hier wusste ich mich in guten Händen“, berichtet Sabrina Bierekoven. Sie hat sich die drei Kreißsäle mit ihrem Mann angesehen und ging mit dem sicheren und freudigen Gefühl nach Hause, hier ihr Kind auf die Welt bringen zu wollen. „Jetzt versuchen wir eine Hausgeburt. Denn von den großen Krankenhäusern hört man immer wieder Geschichten, doch nur eine Nummer von vielen zu sein“, sagt die werdende Mutter. Hebammen fassungslos Am Mittwochnachmittag ereilte die EVK-Mitarbeiter die Nachricht von der Schließung der Geburtshilfe-Abteilung mit rund 500 Geburten im Jahr. Eine beliebte und geschätzte Abteilung mit der Hebammenpraxis im Innenhof des Krankenhauses mit seinem unverwechselbarem Charme. Die bittere Nachricht löste bei den Hebammen der Praxis Enttäuschung und Fassungslosigkeit aus. Vier sind Beleg-Hebammen mit Betten für „ihre Frauen“ in der bald schließenden Abteilung. Sie werden, was die Haftpflicht angeht, prozentual vom Krankenhaus unterstützt. „Das EVK ist eine Geburtsinsel. Die Atmosphäre ist liebevoll, die Betreuung individuell und die Gebärende selbstbestimmend“, beschreibt Karin Rettinger das Gesamtpaket rund um neues Leben. „So wie wir geboren werden, so verläuft unser Leben. Je friedvoller die Geburt, umso belastbarer und kreativer der Mensch“, verweist sie auf die pränatale Psychologie. Bei den Hebammen hängen Existenzen dran Karin Rettinger ist freiberufliche Hebamme in der Praxis und berichtet von Tränen, die es sowohl bei ihren Kolleginnen als auch bei etlichen Frauen gegeben habe, die im nächsten Jahr im EVK Johannisstift entbinden wollten. Bei den Hebammen hängen Existenzen dran, das Geburtsgeld fällt weg, das von den Kassen bei einer Eins-zu-eins-Betreuung im Krankenhaus in Höhe von 280 Euro Brutto pro Geburt gezahlt wird, informiert Rettinger. Sie hofften nun auf den Fortbestand der Praxis, in der viele Kurse zum Wohlbefinden von Mutter und Kind stattfinden. Das EVK ist den acht Hebammen der Praxis verbunden. Die Geschäftsführung hat betont, dass keine Entlassungen geplant seien. „Die Gespräche mit den Hebammen, die eine anständige und vernünftige Behandlung verdient haben, stehen noch aus, die Möglichkeiten bleiben abzuwarten. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich noch nichts Konkretes sagen“, so EVKSprecherin Susanne Grobosch. Sächsische Zeitung- Freitag, 13.09.2013 Ärger um die Geburtsklinik Die Führung der Elblandkliniken will eine Abteilung im Radebeuler Krankenhaus schließen. Dagegen wehren sich Stadträte – bis auf einen. Von Peter Redlich Bald keine Geburten mehr in Radebeul? Das neue Konzept der Elblandkliniken sieht dies als Teil eines großen Sparplanes vor. ©dpa Es kommt so mal nebenbei an die Öffentlichkeit. Im Radebeuler Krankenhaus soll die Geburtsklinik geschlossen werden. Diese geplante Schließung ist Teil eines Konzepts, welches die neue Führung der Elblandkliniken mit Geschäftsführer Frank Ohi gemeinsam mit den Ärzten und dem Aufsichtsrat aufgesetzt hat, sagt Thomas Gey. Der SPD-Kreisrat und Fraktionschef der SPD im Radebeuler Stadtrat ist Mitglied im Aufsichtsrat der Elblandkliniken. Auf die Nachfrage, ob Gey denn für das Konzept gestimmt habe, sagt er, dass das geheim sei. Er habe das Konzept aber nicht als Katastrophe empfunden. Als ziemlich daneben bezeichnet der Sozialdemokrat allerdings, dass OB Bert Wendsche (parteilos) gemeinsam mit allen anderen Fraktionschefs im Ältestenrat eine Resolution gegen die Schließung der Geburtsklinik verabschiedet und an Landrat Arndt Steinbach (CDU) und den Klinikenchef geschickt hat. „Da hätte man doch reden können“, sagt Gey empört. Viel Zeit ist allerdings nicht mehr. In der nächsten Kreisratssitzung Ende September soll das Konzept den Räten vorgestellt werden. Anschließend, so bestätigt Thomas Gey, soll das Ganze im Aufsichtsrat beschlossen werden. Was steckt hinter diesem Gerangel um die Geburtsklinik und dem Konzept der Elblandkliniken? In der Radebeuler Resolution heißt es, dass „millionenschwere Verluste aus strukturellen und personellen Fehlentwicklungen im Gesamtverbund der Elblandkliniken in den letzten Jahren zu konstatieren sind, die Geschäftsführung daraufhin zwar ausgetauscht wird, jedoch jene in Klinikleitung und Aufsichtsrat, die diesen verhängnisvollen Weg mitgetragen haben, bisher kein öffentliches Wort zu ihrer Mitverantwortung gefunden“ haben. Jetzt muss also Geld gespart werden. Und da solle jedem Krankenhaus etwas genommen und auch etwas gegeben werden, sagt Thomas Gey. In Riesa beispielsweise müsse am meisten abgespeckt werden. Der geplante Krankenhausneubau dort soll weniger als die bisher veranschlagten 75 Millionen Euro kosten, sagt Gey. Auch, indem dort statt 350 nur 270 Betten eingerichtet würden. In Radebeul soll die Geburtsklinik dran glauben. Wie viel damit zu sparen ist, wisse der Aufsichtsrat nicht, so Gey. Dies sei vorerst ein Konzept, das aus Sicht der Mediziner zusammengestellt ist, noch keines der Geschäftsleute. Gey: „Ich weiß aber, dass hier in Radebeul nicht mehr als ein Kind pro Tag im Jahresschnitt zur Welt kommt.“ Ein weiteres Argument sei das Fehlen von Experten für Risikogeburten, für die ohnehin die betreffenden Mütter an andere Kliniken verwiesen werden müssen. Ist an 18 von 35 anderen sächsischen Kliniken mit Geburtsstationen aber genauso, entgegnen die Gegner der Schließungsabsicht. Thomas Gey: „Es ist die Absicht, aus allen drei Krankenhäusern in Radebeul, Meißen und Riesa letztlich ein großes Krankenhaus zu machen. Mit Möglichkeiten, sich gegenseitig auszutauschen.“ In Riesa und Meißen seien beispielsweise die Fachleute für Risikogeburten da. Klinikenchef Frank Ohi sagte gestern zu einer Anfrage der SZ, dass er sich derzeit zu den Problemen und der Resolution nicht äußern werde, erst wieder nach der nächsten Kreistagssitzung und der Vorstellung des Konzepts. Von Dieter Hanisch, Westerland 28.11.2013 Inland Vom Verschwinden der echten Sylter Jährlich kamen bisher auf der Nordseeinsel einhundert Kinder zur Welt - doch damit wird es wohl vorbei sein Nur noch auf zwei deutschen Nordseeinseln können Kinder in einer Klinik entbunden werden: auf Sylt und auf Föhr. Doch zum Jahresende soll nun auch die Sylter Geburtshilfe schließen. Schlechte Aussichten auf Sylt: Die Geburtshilfe der Nordseeklinik wird wahrscheinlich bald schließen. Foto: imago/blickwinkel Auf der Nordseeinsel Sylt (Schleswig-Holstein) treibt die Bewohner seit Wochen eine sorgenvolle Frage um: Gibt es ab 2014 nur noch Geburten auf dem Festland? Es ist wieder einmal das leidige Thema der Berufshaftpflichtversicherung, bei dem die werdenden Mütter die schlechtesten Karten zu haben scheinen. Zwölf von ihnen reagierten jetzt mit einem Brandbrief an die Bundes- und Landespolitik. Bisher kann noch in der zum Asklepios-Verbund gehörenden Nordseeklinik entbunden werden. Jährlich kamen zuletzt etwa einhundert Kinder auf der Insel zur Welt. Sind die massiv gestiegenen Versicherungsprämien für Hebammen zu einem bundesweiten Problem geworden, das auch bei den Berliner Koalitionsverhandlungen Thema war, geht es im konkreten Sylter Fall darum, dass dort künftig wohl auch ein als Belegarzt tätiger Gynäkologe die von ihm geforderte Versicherungssumme allein zahlen muss. Bisher hatte die Nordseeklinik die Kosten in Höhe von rund 40 000 Euro übernommen. Nun weigert sie sich, diese Praxis fortzusetzen und verweist in ihrer Begründung auf einen angeblichen Verstoß gegen das Antikorruptionsgesetz. Einem Gutachten zufolge stellt eine Kostenerstattung durch die Klinik für den Arzt eine wirtschaftliche Vorteilnahme dar. Im Bundesgesundheitsministerium in Berlin wird diese Rechtsposition nun gerade geprüft. Das SPD-geführte Gesundheitsministerium in Kiel fordert dennoch im Rahmen der gesundheitlichen Vollversorgung ein Konzept von Asklepios. Das Ministerium will den Klinikbetreiber nicht aus seiner vertraglichen Verantwortung entlassen, zumal dieser Fördergelder vom Land bezieht. Auch die von Klinikseite aufgeworfene Idee, dass Hebammen sich künftig von eigens geschulten Chirurgen bei Kaiserschnitten unterstützen lassen, gibt die Gesetzeslage nicht her. Auf der Insel selbst wird Asklepios fraktionsübergreifend scharf kritisiert. Der stellvertretende Sylter Bürgermeister Carsten Kerkamm (CDU) nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Er findet es nicht richtig, »dass wir eine auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Kapitalgesellschaft unterstützen sollen«. Asklepios jedoch ist offenbar gar nicht mehr an einer Alternativlösung mit seiner Beteiligung interessiert: Auf einer Mitarbeiterversammlung hat der Betreiber bereits das Ende der Geburtshilfe zum Jahresende verkündet. In der kommenden Woche wird sich der Sozialausschuss im Landtag sich mit der Problematik beschäftigen. Was die Nordseeinseln betrifft, können derzeit - neben Sylt - nur noch auf der Insel Föhr Kinder in einer Klinik entbunden werden. Aus finanziellen Gründen wurden in SchleswigHolstein in den vergangenen Jahren bereits sechs Geburtshilfestationen geschlossen. In entlegenen Landstrichen des Nordens kann der Weg ins nächste Krankenhaus mit Gynäkologieabteilung schon mal 50 Kilometer betragen. Laut dem Deutschen Hebammenverband bieten in Deutschland nur noch 3000 von 20 000 Hebammen eine Geburtshilfe an. Allein seit 2010 haben sich wegen der explodierten Versicherungsprämien rund 20 Prozent der Hebammen aus der Geburtshilfe zurückgezogen. Für Juli kommenden Jahres steht die nächste Erhöhung der Versicherungsgebühren ins Haus. Sankt-Franziskus-Krankenhaus Eitorf Hebammen kämpfen um Station Erstellt 01.12.2013 Der Kreißsaal in Eitorf wurde 2008 aufwändig umgebaut und unter anderem mit einer Gebärwanne ausgestattet. Foto: Bilder: Ebert, privat Zum Ende des Jahres will das Sankt-Franziskus-Krankenhaus in Eitorf seine Gynäkologie und Geburtshilfe schließen. Die Belegärztin und ihr Team sind geschockt und wollen die Schließung nicht kampflos hinnehmen. Von Sandra Ebert Drucken per Mail Eitorf. Die Nachricht aus der Klinikverwaltung war ein Schock für Patientinnen und Angestellte gleichermaßen: Zum Ende des Jahres schließt das Sankt-Franziskus-Krankenhaus seine Gynäkologie und Geburtshilfe. Knapp 30 Schwangere, deren Geburtstermin für Ende Dezember und Anfang Januar ausgerechnet ist, müssen sich jetzt eine neue Klinik und eine neue Hebamme für die Entbindung suchen. Geburtenrate kontinuierlich gestiegen Belegärztin Claudia Olmos wurde das Kündigungsschreiben am Donnerstag in ihrer Praxis durch eine Verwaltungsangestellte übergeben. Ihren Konsiliarvertrag hatte das Krankenhaus schon eine Woche zuvor fristlos gekündigt. Maria Kremer, einer der drei Beleg-Hebammen, wurde Ende vergangener Woche mündlich mitgeteilt, dass die Station an Silvester dicht mache. „Dabei hatte ich am Montag noch ein Gespräch mit der Verwaltung über die Zukunft unserer Abteilung, und da war keine Rede von der Schließung“, sagt sie. Eine schriftliche Kündigung haben die Hebammen noch nicht erhalten. Gründe für die Schließung wurden auch Ärztin Claudia Olmos nicht genannt. „Wir haben einen Versorgungsauftrag“ Die Ärztin und die Hebammen Ulrike Becker, Maria Kremer und Dagmar Lingnau-Schäfer wollen nun für ihre Station kämpfen, die sie in den vergangenen fünf Jahren aufgebaut haben. „Wir haben doch einen Versorgungsauftrag“, sagen sie. „Eitorf ist das einzige Krankenhaus hier im ländlichen Raum mit einer Geburtsstation!“ Jetzt steht den Schwangeren bis zum nächsten infrage kommenden Krankenhaus eine zum Teil 30 Kilometer lange Autofahrt bevor. Olmos, bis 2007 leitende Ärztin für Geburtshilfe in Bensberg, war von der damaligen Eitorfer Klinikleitung abgeworben worden, um die vor sich hin dümpelnde Gynäkologie auf Vordermann zu bringen. „Ich habe die Belegabteilung 2007 übernommen, in dem Jahr gab es 48 Geburten und vereinzelte gynäkologische Operationen.“ Die Hebammen Dagmar Lingnau-Schäfer, Ulrike Becker, Maria Kremer und Gynäkologin Claudia Olmos wollen ihre Abteilung erhalten. Olmos drängte auf einen neuen, modernen Kreißsaal, der 2008 mit Landesmitteln und Spenden Eitorfer Bürger eingerichtet wurde. „Er ist in Deutschland einzigartig“, so die Ärztin. Mit dem Künstler Herbert Antweiler wurde ein Raum geschaffen, der nichts Klinisches hat: „Die Farben, die Beleuchtung, die abgerundeten Raumecken sollen den gebärenden Frauen Schutz geben“, erklärt sie. Ein rundes Kreißbett und eine Gebärwanne stehen zur Verfügung. Besonderen Wert legte das Team auch auf die Betreuung der Schwangeren. „Von der achten Woche an, sofern gewünscht, bis zur Nachsorge“, sagt Ulrike Becker. „Wir sind bei der Geburt dabei, auch wenn diese länger dauert. Das zu wissen, ist für die Wöchnerinnen beruhigend.“ Das Konzept ging auf, die Geburtenrate stieg kontinuierlich. 2012 kamen 174 Kinder in Eitorf zur Welt, in diesem Jahr waren es 156, knapp 30 stehen noch aus. „Bis Juni kommenden Jahres haben wir schon viele Anmeldungen“, berichtet Ulrike Becker. Auch die Zahl der Operationen sei leicht gestiegen, auch wenn Kaiserschnitte in Eitorf eher selten der Fall sind: „Wir haben etwa 21 im Jahr, bundesweit sind es im Durchschnitt 37“, schildert Olmos. „Abteilung wird hervorragend angenommen“ Von rückläufigen Patientenzahlen, die Geschäftsführerin Marlies Gabriel in einer Donnerstagnachmittag veröffentlichten Pressemitteilung anführte, könne nicht die Rede sein. Und so erfolglos wie dargestellt sei auch die Suche nach weiteren dringend benötigten Belegärzten nicht. Noch in diesem Monat hätte ein ehemaliger Oberarzt aus Waldbröl, der bereits als Honorararzt in Eitorf arbeitet, mit einer Sonderbedarfszulassung für Gynäkologie und Geburtshilfe ins Team wechseln sollen. Gynäkologische Operationen zum Beispiel bei Inkontinenz wollte dieser Arzt zusätzlich durchführen. Mehr dazu Sankt-Franziskus-Krankenhaus Klinik in Eitorf schließt Gynäkologie Dass nun das Aus für die Geburtsstation in der sich zunehmend auf Gefäßchirurgie, Knie- und Hüftoperationen spezialisierenden Klinik kommen soll, können die Frauen nicht nachvollziehen. „Unsere Abteilung wird hervorragend angenommen und schreibt schwarze Zahlen!“ Geburtshaus ohne Geburten - Hebammen scheitern am Kostendruck Fotos: Geburtshaus und Familienzentrum Fulda 22.11.13 - FULDA - „Entweder wir bleiben unserem Konzept treu oder wir arbeiten wirtschaftlich", fasst Ellen Bittdorf die Situation des Fuldaer Geburtshauses am Heinrich-von-Bibra-Platz zusammen. Die fünf freiberuflichen Hebammen werden ab April 2014 weiterhin im Familienzentrum alles anbieten, was vor oder nach der Geburt Thema sein kann. Beratung, Wochenbettbetreuung, Rückbildungsgymnastik oder Krabbelgruppen – das Familienzentrum will weiterhin seinem Konzept treu bleiben. Nur die Geburtsbetreuung zu Hause oder bei Belegbetten im Krankenhaus wird es nicht mehr geben, weil die Kosten für die freiberuflichen Hebammen so explodiert seien. Nicht nur die laufenden Unterhaltungskosten, sondern besonders die steigenden Versicherungsprämien seien mit dem Konzept nicht länger vereinbar. Derzeit würden 35 außerklinische Geburten gerade die Kosten der Haftpflichtversicherung decken. Bei etwa 65 Geburten im Jahr, die von den Hebammen des Geburtshauses betreut werden, ist das für den Verein ein Zuschussgeschäft. Die persönliche Betreuung durch eine Hebamme und eine besondere Atmosphäre bei der Geburt sei von vielen Frauen gern in Anspruch genommen worden, so Bittdorf weiter. „An der Nachfrage liegt es auf keinen Fall." Die intensive und personengebundene Betreuung durch die Hebammen lasse nicht zu, etwa durch Mehrbelegung die Kosten zu verringern. Ein weiterer Faktor sei die schwierige Personallage. Die freien Hebammen suchen dringend Kolleginnen, allerdings seien wenige Hebammen bereit, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Die Entscheidung sei nicht leicht gefallen, besonders weil das Geburtshaus das einzige in der Region ist. Für die fünf passionierten Hebammen ist es noch gar nicht richtig vorstellbar, dass bald die Geburtsbegleitung wegfällt. Bittdorf will sich aber noch nicht geschlagen geben: „Das Thema ist aber noch nicht vom Tisch – wenn sich eine Möglichkeit bietet, das Konzept der ganzheitlichen Geburtshilfe weiterzuführen, werden wir jeden Strohhalm ergreifen". 20. Dezember 2013 08:18 Ende für Geburtenstation Zwiesler sterben aus Bild vergrößern Neugeborene auf einer Säuglingsstation. (Foto: DPA) In Zwiesel werden zu wenige Kinder geboren, nun muss die letzte Geburtenstation im Landkreis Regen schließen. Auch in anderen Regionen Bayerns wird für Schwangere der Weg zum Kreißsaal immer weiter. Von Wolfgang Wittl Als Sylvia Stöckl vor sieben Jahren am Krankenhaus Zwiesel zu arbeiten begann, ging für sie ein Traum in Erfüllung. Hebamme, noch dazu in ihrer Heimat - das wollte sie schon immer werden. Stöckl hat daher lange mit sich gerungen, als sie am vergangenen Wochenende mit ihren Kolleginnen an die Öffentlichkeit ging. Mit einer halbseitigen Anzeige in der Lokalzeitung informierten die Hebammen die Bevölkerung, dass sie zum 1. Januar ihren Dienst in Zwiesel aufgeben werden. Der Landkreis Regen wird damit seine letzte Geburtenstation verlieren. Regen ist nicht der erste Landkreis mit diesem Problem - und doch vermutlich Vorreiter einer bedenklichen Entwicklung. Laut Gesundheitsministerium kommen zwar bereits neun der 71 bayerischen Kreise ohne Geburtshilfe aus. Die meisten aber grenzen unmittelbar an kreisfreie Städte mit deren großen Kliniken an. In ländlichen Gebieten mit weiten Wegen zählen Geburtenstationen zur zentralen Daseinsvorsorge, Schließungen wie in Regen gehörten zur absoluten Ausnahme. Doch das wird sich ändern, befürchtet Cornelia Köstler. Sie sagt: "Die kleinen Kliniken werden ihre Geburtenabteilungen in den kommenden Jahren alle schließen." Köstler hat diesen Schritt bereits hinter sich. Sie ist Geschäftsleiterin im Krankenhaus Karlstadt, Kreis Main-Spessart, dessen letzte Geburtenstation zum Jahresbeginn 2012 aufgab. Der Widerstand in der Bevölkerung war groß, doch an der Entscheidung sei nicht zu rütteln gewesen, sagt Köstler. Es fehlte schlicht an Geburten: zum einen wegen der allgemeinen demografischen Entwicklung, zum anderen weil immer mehr werdende Mütter ein Klinikum mit maximaler Versorgung vorziehen. Heute fahren daher fast alle Schwangeren aus MainSpessart nach Aschaffenburg oder Würzburg. Weitere Auswirkungen? "Es wird halt kein Kind mehr zur Welt kommen, das von sich sagen kann, es wäre in diesem Landkreis geboren worden." Die psychologische Komponente ist das eine, die infrastrukturelle Grundsicherung für einen Landkreis wie Regen das andere, sagt Christian Schmitz. Er kann Köstlers Beobachtung nur bestätigen: "Im Gesundheitssystem geht alles in Richtung Zentralisierung, alles ist auf größere Häuser ausgerichtet." Schmitz ist seit ein paar Wochen neuer Vorstand der Regener Kreiskliniken, die Schließung der Geburtenstation ist seine erste Bewährungsprobe. Allein durch die Grundversorgung, sagt Schmitz, könne ein Krankenhaus kein Geld mehr verdienen. Spezialisierte Abteilungen jedoch sind hauptsächlich in großen Häusern angesiedelt. Für Kliniken wie Zwiesel eine unaufhaltsame Spirale nach unten. Der Mangel betrifft ganz Deutschland Gleichwohl ist man im Kreis Regen bereit, für seine Geburtshilfe viel Geld in die Hand zu nehmen: zusätzlich 100.000 Euro, trotz eines jährlichen Klinikdefizits von einer Million Euro. Man werde alles versuchen, die Station zu erhalten, sagt Landrat Michael Adam. Doch die Möglichkeiten sind begrenzt. "Uns fehlt die Perspektive", klagt Sylvia Stöckl, die Hebamme. Es mangele an allem: an Geburten, an Geld, am Rückhalt der Ärzte und der Bevölkerung, vor allem an Kolleginnen. Fünf Hebammen arbeiten in Zwiesel, jedoch nur noch drei in der Rufbereitschaft - zu wenig, um einen Schichtbetrieb aufrecht zu erhalten. "Wir kämpfen seit Jahren gegen Windmühlen, wir können nicht mehr", sagt Stöckl. Das Dilemma begann 2009, als die Belegärzte ihren Vertrag mit der Klinik kündigten. Einige Gynäkologen verweisen ihre Patientinnen seitdem an andere Häuser, zum Unmut der Hebammen. 281 Entbindungen gab es vergangenes Jahr in Zwiesel, knapp 400 wären aus Sicht der Hebammen für einen wirtschaftlichen Betrieb nötig. Die Stadt Zwiesel bot diese Woche zwar 10.000 Euro Soforthilfe an, "sehr löblich", wie Stöckl findet, "aber dadurch wird das Problem auch nicht gelöst." Von einem Krisengespräch am Donnerstag erwartete sie sich nichts. Aufgeben will die Klinikleitung nicht. "Wir brauchen einen sinnvollen Neustart mit allen Beteiligten", sagt Vorstand Schmitz. Vielleicht schon zum 1. April. Sylvia Stöckl ist skeptisch, ob sich die Geburtenstation wiederbeleben lässt. Seit dem Wochenende habe sie Angebote von Kliniken aus ganz Bayern erhalten, die sie gerne als Hebamme einstellen wollten. "Der Mangel betrifft ganz Deutschland", sagt sie, "doch das hat die Politik nicht kapiert." Lokalpolitiker wünschen sich bereits strukturpolitische Änderungen: Kassen sollten für eine Geburt im Bayerischen Wald mehr zahlen als etwa in München. Wie schwer es ist, eine Hebamme nach Zwiesel zu lotsen, weiß die Klinikleitung nur zu gut. Auf eine Anzeige in einer Fachzeitschrift hin kam keine einzige Rückmeldung. Wer dem Krankenhaus eine Hebamme vermitteln kann, bekommt 3000 Euro Provision. Doch nicht mal ein monatlicher Zuschuss von 2500 Euro pro Hebamme vermochte Stöckl zu halten. Mit ihr kündigten zwei weitere Kolleginnen. Eine andere ist schwanger, die einzig verbliebene arbeitet nicht im Schichtbetrieb. Sollte die Gesamtkonstellation stimmen - sie wäre die Erste, die freudig nach Zwiesel zurückkehrte, sagt Stöckl. Zunächst aber wird sie am 1. Januar in Freyung ihre neue Stelle antreten.