DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE STATUSKONFERENZ FÖRDERSCHWERPUNKT ÖKONOMIE DES KLIMAWANDELS Forschung zur Klimaökonomie gemeinsam gestalten. 11. & 12. NOVEMBER 2015 BERLIN-MITTE | CAFE MOSKAU PROGRAMM UND IMPULSE DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE FÖRDERSCHWERPUNKT „ÖKONOMIE DES KLIMAWANDELS“ DES BMBF-RAHMENPROGRAMMS FORSCHUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNGEN (FONA) SOWIE DER BMBF-FORSCHUNGSAGENDA GREEN ECONOMY Die Statuskonferenz zum BMBF-Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels“, die am 11. und 12. November im Cafe Moskau (Berlin) stattfindet, führt den Dialog zur Mit dem Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels“ fördert das Bundes- Klimaökonomie fort, der in der ersten Jahreshälfte 2015 mit den vier Foren zur Klima- ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) derzeit 27 Forschungsprojekte, die ökonomie angestoßen wurde. wirtschaftliche Aspekte des Klimawandels untersuchen. Mit diesem Programm wird die Forschungskompetenz für lösungsorientierte klimaökonomische Fragestellungen gestärkt. Der Dialog zur Klimaökonomie öffnet den Förderschwerpunkt nun über die Grenzen der akade- „Forschung zur Klimaökonomie gemeinsam gestalten.“ Unter diesem Motto sollen im Kreis von Wissenschaftlern und Praktikern die Ergebnisse aus dem Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels“ des BMBF diskutiert und Herausforderungen mischen Forschung hinaus. Er bietet Behörden, Politik, Unternehmen und Vertretern der Zivil- für die zukünftige klimaökonomische Forschung identifiziert werden. Wir möchten gesellschaft einen umfassenden Überblick über den Stand der Forschung und die gemeinsam mit Ihnen Ideen für eine praxisnahe und anwendungsorientierte Weiter- Möglichkeit, die vorliegenden Ergebnisse mit der Wissenschaft zu diskutieren. Als entwicklung des Förderschwerpunkts „Ökonomie des Klimawandels“ erarbeiten. Plattform für eine Intensivierung dieses Austauschs zwischen Forschung und Praxis haben wir im Frühjahr 2015 das Forum Klimaökonomie eröffnet, in dem in zwangloser Atmosphäre aktuelle Herausforderungen der Klima- und Energiepolitik erörtert werden konnten. Der erste Konferenztag steht dabei besonders im Zeichen des Dialogs zwischen Forschung und Praxis über die Schwerpunkte zukünftiger Forschung. Zunächst informieren wir über Projektergebnisse des Förderschwerpunkts sowie über Einsichten, die aus dem begleitenden Dialog zur Klimaökonomie gewonnen wurden. Zudem erhalten die Praktiker Gelegenheit, ihre Sicht auf die aktuellen Herausforderungen durch den Klimawandel und daraus resultierende Forschungsbedarfe einzubringen. UNSERE ZIELE IM DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE: Der zweite Konferenztag legt den Fokus darauf, wie die Themen des Vortags struk- ||Wir informieren Sie über aktuelle Forschungsergebnisse aus dem Förderschwerpunkt turell und inhaltlich in der Forschungspraxis umgesetzt werden können. Ergänzend zu „Ökonomie des Klimawandels“ und den Stand der ökonomischen Klimaforschung. Inhalten und Organisation zukünftiger Forschung zur Klimaökonomie sollen auch die ||Wir diskutieren mit Ihnen über gesellschaftliche Herausforderungen, die von der besonderen Herausforderungen der inter- und transdisziplinären Forschung berück- Wirtschaftsforschung zu klima- und energiepolitischen Themen beantwortet werden sichtigt werden. sollten. ||Wir stellen eine Plattform für eine mögliche zukünftige Kooperation zwischen Forschern und Praktikern bereit, mit der eine Stärkung der Anwendungsorientierung und Praxisnähe der klimaökonomischen Forschung erreicht werden soll. 2 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE STATUSKONFERENZ 2015 VORWORT 3 STATUSKONFERENZ FÖRDERSCHWERPUNKT ÖKONOMIE DES KLIMAWANDELS Forschung zur Klimaökonomie gemeinsam gestalten. 11. NOVEMBER 2015 | 10.00 - 19.00 UHR 12. NOVEMBER 2015 | 09.00 - 13.00 UHR Berlin-Mitte | Cafe Moskau | Karl-Marx-Allee 34 PROGRAMM 09.00 Uhr Registrierung und Begrüßungskaffee KLIMAÖKONOMISCHE FORSCHUNG UND GESELLSCHAFT 10.00 Uhr Begrüßung und Eröffnung Angela Elis Prof. Gernot Klepper Ph.D. | Moderation der Konferenz | Institut für Weltwirtschaft 10.15 Uhr Panel: Dialog zur Klimaökonomie - Erfahrungen und Erkenntnisse Prof. Dr. Karen Pittel Prof. Dr. Manuel Frondel | ifo Institut München | RWI Essen Dr. Jesko Hirschfeld Prof. Dr. Joachim Schleich | IÖW Berlin | Fraunhofer ISI Karlsruhe 11.10 Uhr Vortrag: Gesellschaftliche Relevanz von wirtschafts- und sozialwissenschschaftlicher Forschung Dr. Georg Schütte 13.45 Uhr Parallele Breakout-Sessions zu vier Querschnittsthemen der Klimaökonomie Thema A: Klimawandel: Was kommt auf die Kommunen zu? Moderation: Dr. Sven Schulze | HWWI Impulsstatements: Helga Schenk | Behörde für Umwelt und Energie Hamburg Cordine Lippert | Koordinierungsstelle Klimaschutz Stadt Potsdam Thema B: Die Finanzierung der Dekarbonisierung: Problemstellung, Instrumente und Forschungsbedarf MITTWOCH, 11. NOVEMBER 2015 ÖKONOMISCHE FORSCHUNG ZUM KLIMAWANDEL - WO STEHEN WIR? Moderation: Impulsstatements: Dr. Sebastian Petrick | Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Prof. Dr. Rainer Durth | KfW Bankengruppe Norbert Speckmann | Cofely Deutschland GmbH Udo Sieverding | Verbraucherzentrale NRW Thema C: Vorreiter im Klimaschutz: Zwischen Innovationsschub und Protektionismus Moderation: Dr. Kai Lessmann | Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Impulsstatements: Dr. Sonja Peterson | Institut für Weltwirtschaft Dr. Marten von Velsen-Zerweck | nserve Environmental Service GmbH Oliver Schäfer | Solar Power Europe Dr. Alexander Fisher | BMUB Thema D: Klimaverträglichkeit und Wettbewerbsfähigkeit in Einklang bringen: Lösungsansätze der Klimaökonomie Moderation: Prof. Dr. Karen Pittel | ifo-Institut München Impulsstatements: Ingmar Jürgens | Europäische Kommission Vertretung Deutschland Anne Feldhusen | Bundesverband der deutschen Industrie e.V. Dr. Barbara Praetorius | Agora Energiewende 15.30 Uhr Pause | Staatssekretär BMBF 11.30 Uhr Poster-Pitch (Teil 1) Projekte des Förderschwerpunkts Ökonomie des Klimawandels 12.15 Uhr Mittagspause (bis 13.45 Uhr) 12.30 Uhr Poster-Session (Teil 1) bis 13.30 Uhr Ergebnisse aus den Projektarbeiten des Förderschwerpunkts Ökonomie des Klimawandels 4 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE STATUSKONFERENZ 2015 PROGRAMM MITT WOCH 5 KLIMASCHUTZ UND KLIMAWANDEL: AKTUELLE HERAUSFORDERUNGEN UND FORSCHUNGSBEDARF 16.00 Uhr Panel: Forschungsbedarfe aus Sicht der Praxis Moderation: Angela Elis Dr. Ursula Fuentes Hutfilter Dr. Olaf Burghoff | BMUB | Gesamtverband d. dt. Versicherungen Dr. Jens Mundhenke Thomas Fricke | BMWi | European Climate Foundation 17.15 Uhr Poster-Pitch (Teil 2) Projekte des Förderschwerpunkts Ökonomie des Klimawandels 18.00 Uhr Zusammenfassung und Ausblick auf den folgenden Tag Prof. Gernot Klepper Ph.D. | Institut für Weltwirtschaft 18.15 Uhr Poster-Session (Teil 2) bis 19.15 Uhr Ergebnisse aus den Projektarbeiten des Förderschwerpunkts Ökonomie des Klimawandels 18.30 Uhr Gelegenheit zur Vernetzung und Kooperationsanbahnung bei einem gemeinsamen Abendessen DONNERSTAG, 12. NOVEMBER 2015 08.30 UhrKaffee INHALTE UND FORMEN ZUKÜNFTIGER FORSCHUNG ZUR KLIMAÖKONOMIE 09.00 Uhr Impuls: Epistemische Grundlagen und methodische Anforderungen der transdisziplinären Forschung Prof. Dr. Wolfgang Krohn | Universität Bielefeld 09.20 Uhr Impuls-Dialog: Welche (klimaökonomische) Forschung braucht die Praxis? Heino von Meyer Prof. Gernot Klepper Ph.D. | OECD Berlin Centre | Institut für Weltwirtschaft 09.45 Uhr Parallele Break-Out-Sessions: Gemeinsame Defintion zukünftiger Forschung zur Klimaökonomie – Inhalte, Formate und Organisation Thema 1: Klimaschutz und Transformation des Energiesystems Moderation: Prof. Dr. Andreas Löschel | Universität Münster Thema 2: Anpassung an den Klimawandel Moderation: Prof. Dr. María Máñez Costa | GERICS Climate Service Center Germany Thema 3: Internationale Klimapolitik Moderation: Dr. Sonja Peterson | Institut für Weltwirtschaft 11.15 Uhr Kaffeepause KLIMAÖKONOMISCHE FORSCHUNGSFRAGEN DER ZUKUNFT: ||Senden Sie uns bereits vorab praktische und gesellschaftlich relevante Themen und Fragestellungen, die aus Ihrer Sicht in den nächsten Jahren von der klimaökonomischen Forschung adressiert werden sollten! ||Nutzen Sie dazu unser Onlinformular unter www.kiel-earth-institute.de/Forschungsfragen.html oder senden Sie uns eine E-Mail an [email protected]. 6 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE STATUSKONFERENZ 2015 11.45 Uhr Diskussion der Gruppenergebnisse im Plenum zu zukünftigen Forschungsschwerpunkten Moderation: Angela Elis 12.30 Uhr Fazit der Statuskonferenz und Ausblick Prof. Dr. René Haak | BMBF 12.45 Uhr Lunch (to go) PROGRAMM DONNERSTAG 7 IMPULSPAPIERE AUS DEM FÖRDERSCHWERPUNKT ÖKONOMIE DES KLIMAWANDELS Die vier Impulspapiere sind aus den 27 Projekten im Rahmen des BMBF-Förderschwerpunkts Ökonomie des Klimawandels sowie dem ebenfalls durch den BMBF geförderten „Dialog zur Klimaökonomie“ hervorgegangen. Dieser Dialog wurde von KIEL Beteiligte Institute des BMBF-Förderschwerpunkts Ökonomie des Klimawandels HAMBURG LÜNEBURG BERLIN den Forschern im Rahmen von mehreren Workshops vorbereitet. Dabei wurden vier POTSDAM FRANKFURT OSNABRÜCK BIELEFELD inhaltliche Themenschwerpunkte identifiziert, die wir zusammen mit Vertretern von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in jeweils einem „Forum Klimaökonomie“ in ESSEN BOCHUM DUISBURG der Kalkscheune in Berlin diskutiert haben: GÖTTINGEN KASSEL KÖLN ||Kosten von Klimawandel, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel: LEIPZIG JENA DRESDEN „Warten oder starten: Wer, wann, womit?“ am 16. März 2015. ||Energieressourcen und klimafreundliche Energieversorgung: „Energie, Wirtschaft und Klima im Wettbewerb?“ am 13. April 2015. MANNHEIM ||Internationale Klimaverhandlungen und –regimes: KARLSRUHE „Gerechter Klimaschutz – Geht das?“ am 4. Mai 2015. BAYREUTH REGENSBURG MÜNCHEN ||Gestaltung und Wirkungen klimapolitische Maßnahmen und Instrumente: „Klimaschutz in Europa: Wie kann ein Politikmix gestaltet werden?“ HINTERGRUNDPAPIERE: am 22. Juni 2015. Für die Foren wurde durch die Koordinatoren der einzelnen Themenschwerpunkte ||J. Hirschfeld, E. Pissarskoi, S. Schulze, J. Stöver: „Kosten des Klimawandels und zusammen mit Teilnehmern der 27 Projekte jeweils ein Hintergrundpapier verfasst. der Anpassung an den Klimawandel aus vier Perspektiven. Impulse der deutschen Sie und die Diskussion auf den Foren zur Klimaökonomie bilden die Grundlage für die Klimaökonomie zu Fragen des Kosten und Anpassung.“ hier vorliegenden Impulspapiere. Diese Impulse stellen in knapper und übersichtlicher http://www.fona.de/mediathek/pdf/Hintergrundpapier_Forum_Kosten.pdf Form Befunde und Empfehlungen der aktuellen klimaökonomischen Forschung. Ausführlichere Forschungsergebnisse und Thesen finden Sie in den Hintergrund­ papieren, die online verfügbar sind (siehe Box). ||K. Pittel, K. Rennings, K. Sommerfeld, J. Wackerbauer: „Der Beitrag der Energiepolitik zur Wettbewerbspolitik. Energie, Wirtschaft und Klima im Wettbewerb?“ http://www.fona.de/mediathek/pdf/Hintergrundpapier_Forum_Energie.pdf ||V. Duscha, U. Kornek, K. Lessmann, J. Schleich: „Verteilungsgerechtigkeit und Im Namen aller Autoren Vorreiterverhalten in internationaler Klimapolitik“ Lena Bednarz und Gernot Klepper http://www.fona.de/mediathek/pdf/Hintergrundpapier_Forum_Verhandlungen.pdf ||M. Andor, M. Frondel, K. Neuhoff, S. Petrick, S. Rüster: „Klimaschutzpolitik in Europa – Wie kann ein Politikmix gestaltet werden?“ http://www.fona.de/mediathek/pdf/Hintergrundpapier_Forum_Instrumente.pdf 8 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE ÜBERSICHT 9 Impulspapier Themenschwerpunkt „Kosten von Klimawandel, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel“ SVEN SCHULZE | JANA STÖVER | H AMBURGISCHES WELTWIRTSCHAFTSINSTITUT Klimaökonomie hierzu bisher leisten kann und welche Fragen für künftige Forschung noch offen sind. ÖKONOMIE DER ANPASSUNG: FORTSCHRITTE, FALLSTRICKE UND OFFENE FRAGEN Die Ökonomie der Anpassung steckt ein sehr heterogenes und umfangreiches Feld an (HWWI) Fragestellungen ab. Nachfolgend werden einige aus Sicht der Autoren wichtige Aspekte JESKO HIRSCHFELD | EUGEN PISSARSKOI aufgegriffen und soweit möglich mit Projektergebnissen des Förderschwerpunktes | I NSTITUT FÜR ÖKOLOGISCHE WIRTSCHAFTS­ sowie Resultaten der Begleitveranstaltungen ergänzt. INSTITUT FÜR ÖKOLOGISCHE WIRTSCHAF TSFORSCHUNG FORSCHUNG (IÖW) Ein gängiger Ausgangspunkt vieler Untersuchungen ist die Frage nach den Kosten des Klimawandels. Die Antwort hierauf dient dazu, entweder die Notwendigkeit von Anpas- ANPASSUNG AN DEN KLIMAWANDEL: STAND DER FORSCHUNG – NEUE FORSCHUNGSPERSPEKTIVEN sungs- aber auch von Klimaschutzmaßnahmen zu rechtfertigen oder eine Analyse des ALLGEMEINE EINORDNUNG Wirtschafts- und Lebensbereiche. Für Deutschland weichen die meisten Schätzungen Nettonutzens von Anpassung vorzubereiten. Die untersuchten Ebenen reichen dabei vom globalen bis in den regionalen Raum und umfassen entweder alle oder ausgesuchte Um ein weiteres Fortschreiten des Klimawandels zu verhindern, wird zwar vielerorts nur leicht voneinander ab, denn sie liegen bei 0,1 bis 0,75 % des jährlichen BIP bis zum Klimaschutz betrieben, der darauf abzielt, die Emission von Treibhausgasen zu begrenzen Jahr 2050. Diese Ergebnisse mögen einen geringen Handlungsbedarf suggerieren. Das bzw. zu verringern. Aufgrund der bereits emittierten Treibhausgase und des deshalb nicht zu schlussfolgern, wäre jedoch ein Irrtum. Viele Studien zeigen, dass die Kosten des mehr zu vermeidenden Klimawandels gewinnt jedoch die Klimaanpassung zunehmend Klimawandels im internationalen Maßstab vor allem in Entwicklungs- und Schwellen- an Bedeutung. Hitze, Starkregen, Meeresspiegelanstieg, Hochwasser- und Sturmereig- ländern auftreten dürften. Im nationalen Maßstab deutet das Wissen über die regionale nisse – all diese Phänomene könnten im Zuge des Klimawandels vermehrt und stärker Verteilung der Auswirkungen des Klimawandels in dieselbe Richtung. Folglich sollten auftreten und zu erheblichen Schäden an öffentlichen Infrastrukturen, Wirtschaftsbe- die Kosten des Klimawandels entweder internationale Zusammenhänge berücksich- trieben, privaten Vermögenswerten, der menschlichen Gesundheit und Ökosystemen tigen, regional abgeschätzt oder in eine umfassendere Analyse eingebettet werden. führen. Auch Deutschland wird davon betroffen sein, wenngleich sich andere Länder schwereren Konsequenzen gegenübersehen werden. Zugleich wird der Klimawandel selbst innerhalb Deutschlands unterschiedliche Ausprägungen und Folgen haben. Im Hinblick auf eine umfassendere Untersuchung ist als zweiter Baustein die Schätzung der Kosten der Anpassung notwendig. Dies erweist sich solange als gut machbar, wie es sich um technische Anpassungsmaßnahmen handelt, bei denen zu den Anschaf- Es gibt mittlerweile auf vielen Ebenen Anstrengungen, der Notwendigkeit von Klima­ fungs- oder Baukosten vor allem noch die Wartungskosten hinzukommen. Schwieriger anpassung Rechnung zu tragen, indem Anpassungsstrategien und -pläne entworfen ist dies schon bei Maßnahmen, die entweder als „grün“, wie z.B. Renaturierungen von oder Maßnahmenpakete auf den Weg gebracht wurden. Diese reichen dabei von inter- Flächen, oder als „weich“, z.B. im Sinne der Förderung von Wissen und Handlungs­ nationalen Papieren (Europäische Anpassungsstrategie von 2013), über nationale fähigkeit, zu klassifizieren sind. Anspruch und Unschärfe der Schätzungen verstärken Ausarbeitungen (z.B. Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS, 2008) sich noch, wenn nicht nur einzelne Maßnahmen sondern Maßnahmenpakete oder und Aktionsplan Anpassung (APA, 2011) der Bundesregierung) bis hin zu Konzepten solche jenseits der lokalen Ebene betrachtet werden. Jüngere Studien deuten darauf für einzelne Regionen, wie z.B. für einige Bundesländer und Städte in Deutschland. hin, dass die Kosten der Anpassung bisher eher unterschätzt wurden, weil Aspekte wie Im Hinblick auf die Durchführung von Anpassung an den Klimawandel besteht deshalb Unsicherheit oder die (politischen) Umsetzungskosten nur unzureichend berücksichtigt eine starke Nachfrage in Politik, Verwaltung und Unternehmen, aber auch in der Zivil- wurden. Hinzu kommt, dass vorhandene Mittel statt für Anpassung auch für andere gesellschaft, was, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt unternommen werden Politikbereiche, sei es Bildung oder Infrastruktur, genutzt werden könnten. Damit sollte. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick dazu gegeben, welchen Beitrag die entstehen sogenannte Opportunitätskosten, die künftig stärker bei der Legitimation 10 KOSTEN VON KLIMAWANDEL, KLIMASCHUTZ UND ANPASSUNG AN DEN KLIMAWANDEL DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE 11 von Anpassung zu berücksichtigen sind. Methoden oder zugrundeliegenden Annahmen ab. Dies kann auch die zuvor genannten Das Wissen über die Kosten des Klimawandels und der Anpassung ist grundsätzlich Ergebnisse relativieren, dass die Kosten des Klimawandels in Deutschland bis zur Mitte notwendig, um Kosten-Nutzen-Analysen (KNA) durchzuführen. Sie dienen dazu, eine Entscheidung darüber zu begründen, ob Anpassung bzw. eine bestimmte Maßnahme durchgeführt werden sollte oder nicht. Sowohl die Literatur als auch die praktischen des Jahrhunderts gering ausfallen dürften, sofern Auswirkungen außerhalb Deutschlands starke Rückkopplungseffekte auf deutsche Unternehmen und ihre Zulieferer oder Abnehmer haben. Hierzu liegen aber bisher weder aus deutscher noch aus Sicht Erfahrungen zeigen aber, dass KNA meist zu kurz greifen und nur in bestimmten anderer Länder Resultate vor. (technisch orientierten) Fällen praktikabel sind. Dies liegt zum einen daran, dass Anpassung kann mit positiven oder negativen Nebenwirkungen einhergehen. Der Einbau bestimmte Folgen des Klimawandels, wie z.B. die Beeinträchtigung von Ökosystemen von Klimaanlagen in Gebäuden mag dort den Hitzestress an heißen Tagen reduzieren, oder der Lebensqualität, nur schwierig und annahmebasiert monetarisiert werden jedoch kann sich deren Einsatz negativ auf den Ausstoß von Treibhausgasen auswirken. können. Zum anderen bestehen vielfältige Unsicherheiten hinsichtlich des Ausmaßes Auch die Schaffung von (städtischen) Grünflächen wird gemeinhin als förderlich für das des künftigen Klimawandels, seiner tatsächlichen Folgen und deren (ökonomischen) lokale Klima und die Lebensqualität angesehen, sie steht aber zugleich im Konflikt mit Auswirkungen. Aus diesem Grund sind in letzter Zeit viele Methoden weiterentwickelt einer Nutzung der Flächen für Wohnen und Gewerbe. Obgleich die Literatur und die und verfeinert worden, die diese Aspekte einfließen lassen (z.B. Multikriterien-Analysen, Diskussionen auf einschlägigen Veranstaltungen umfänglich die Bedeutung positiver Szenario-Analysen, robuste Entscheidungsfindung). Allerdings sind hier erstens noch Nebeneffekte von Anpassung betonen, steht deren systematische Aufarbeitung jenseits weitere wissenschaftliche Fortschritte nötig, zweitens fehlt es noch an Vorschlägen einiger Standardbeispiele noch aus. für deren praxisorientierten Einsatz. Weiterhin ist zu beobachten, dass die Klimaökonomie sich mit der Beurteilung allmäh- Die Anpassungsforschung konzentriert sich häufig auf einzelne Sektoren. Dies sind licher Klimaveränderungen, im Gegensatz zu Extremereignissen, aus methodischen letztlich Bereiche, welche sich zur Beschreibung von Auswirkungen des Klimawandels Gründen schwertut. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Modelle und Argumente sinnvoll zusammenfassen lassen, wie z.B. der Küsten- und Hochwasserschutz, die der Wirtschafts- und der Naturwissenschaften eher nur auf der Grundlage von Annahmen, Wasserwirtschaft, der Gesundheitssektor oder die Landwirtschaft. Es zeigt sich, z.B. zum Zusammenhang zwischen Temperatur und Wirtschaftsleistung, miteinander dass diese Sektoren bisher unterschiedlich stark untersucht wurden und sich somit verbunden sind. Eine gesicherte empirische Basis ist hier ebenso wenig auszumachen in einigen Bereichen Lücken auftun. Während die Sektoren Küsten- und Hochwasser- wie ein etabliertes Zusammenspiel klimatischer und ökonomischer Modelle. Für die schutz, Wasser- oder Landwirtschaft bereits gut erforscht sind, ist dies beispiels- Praxis von Politik, Verwaltung oder Unternehmen mag dies zunächst unerheblich weise für die Sektoren Biodiversität und Ökosysteme, Gesundheit sowie für Unter- erscheinen. Allerdings ist es wichtig, die Wirkungskanäle des Klimawandels auf Gesell- nehmen der weitaus meisten Branchen und mit Abstrichen für Infrastrukturen nicht schaft und Wirtschaft (und umgekehrt) besser zu verstehen, um sowohl die Folgen des der Fall. Besonders augenfällig ist dies bei Unternehmen bzw. Wirtschaftszweigen, Klimawandels als auch die Wirksamkeit von Anpassung besser abschätzen zu können. da hier jenseits der Tourismusbranche kaum Abschätzungen vorliegen. Hieran lassen Damit kommt hier der Zusammenarbeit der Klimaökonomie mit anderen Disziplinen sich allerdings auch einige Probleme sektoraler Analysen verdeutlichen: Bisher liegen eine große Bedeutung zu. zwar viele Beschreibungen von Auswirkungen des Klimawandels vor, jedoch mangelt es Eingangs wurde darauf hingewiesen, dass viele Akteure Bedarf an der konkreten an belastbaren Daten zu den wirtschaftlichen Auswirkungen. Darüber hinaus können sich gerade bei Wirtschaftszweigen gegenläufige Effekte ergeben, so dass z.B. in einer Stadt (hitzebedingt) Tourismusströme zurückgehen, während sie in einer Küstenregion aufgrund steigender Temperaturen und geringerer Niederschläge steigen. Auch könnte die höhere Wahrscheinlichkeit von Extremwetterereignissen in einer Region zu Standortverlagerungen in eine andere Region führen. Auf nationaler oder internationaler Ebene könnten sich diese Effekte ausgleichen. Die Einschätzung der Klimawandelfolgen hängt also entscheidend von der Perspektive, aber auch von den verwendeten 12 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE Beurteilung von Anpassung artikulieren. Je nach Akteur variiert dieser Bedarf jedoch, denn es gilt zwischen Anpassungspolitik, -programm und -projekt bzw. -maßnahme zu unterscheiden. Anpassungspolitik bildet den übergeordneten Rahmen, der (in Deutschland) auf Bundes- oder Landesebene gesetzt wird. Ein Anpassungsprogramm hat entweder regionalen oder sektoralen Charakter, während ein Anpassungsprojekt bzw. eine -maßnahme eher lokal oder einzelwirtschaftlich ausgerichtet sind. Damit sind aber auch unterschiedliche ökonomische Methoden und sogar Ansprechpartner KOSTEN VON KLIMAWANDEL, KLIMASCHUTZ UND ANPASSUNG AN DEN KLIMAWANDEL 13 gefragt, um diesen Beratungsbedarf zu stillen. Zugleich muss gesichert bleiben, dass Ferner zeigt sich, dass das Wissen über die wirtschaftlichen Auswirkungen im Kontext die Ökonomie ein Werkzeug zur Entscheidungsunterstützung ist, ohne den Handelnden von Wirtschaftszweigen und Unternehmen nicht besonders ausgeprägt ist. Besonders die eigentliche Entscheidung abnehmen zu können. Dies gilt insbesondere für den in Industrie und im Dienstleistungsbereich, wie z.B. der Finanzwirtschaft, aber auch Umgang mit Unsicherheiten. dem Gesundheitsbereich fehlt noch der konsequente Schritt von der Beschreibung Es besteht allerdings immer noch eine Diskrepanz zwischen dem Angebot der Wissen- möglicher Auswirkungen hin zu deren Bewertung. schaft und den Nachfragern ihrer Ergebnisse. Der Forschung fällt es schwer, schnelle Im geographischen Zusammenhang fehlt es besonders an Ergebnissen für Entwick- und eindeutige Antworten zu generieren. Umgekehrt erwarten Anwender in Politik, lungs- und Schwellenländer einerseits, und an solchen für einzelne Regionen in den Verwaltung und Unternehmen unmittelbare und pragmatische Hilfestellungen für Industriestaaten andererseits. Besseres Wissen hierzu wäre zum einen wichtig, weil die kurze Frist. Es ist deshalb unumgänglich, dass sich beide Seiten hier aufeinander es einen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Anpassung gibt. zubewegen. In der Ökonomie der Anpassung hat dieser Prozess in jüngerer Zeit aber Zum anderen ließen sich dann regionale bzw. intergenerationelle Verteilungsfragen insofern eingesetzt, als dass eine Tendenz von auswirkungsbasierten zu politikorien- auf verschiedenen Ebenen, d.h. in oder zwischen Ländern, besser adressieren. tierten Projekten und Veröffentlichungen auszumachen ist. Diesen Weg gilt es weiter Schließlich sind bei der Bewertung von Klimawandelfolgen die jeweiligen normativen zu verfolgen. Annahmen explizit zu machen und zu diskutieren, die die verschiedenen gesellschaft- EINE AUSWAHL OFFENER FORSCHUNGSFRAGEN Die bisherigen Ausführungen haben bereits einige offene Punkte aufgezeigt. Diese lichen Gerechtigkeitsauffassungen abbilden. Hierzu ist eine Einbindung von gesellschaftlichen Akteuren in den Forschungsprozess erforderlich. werden im Folgenden im Sinne künftig zu untersuchender Forschungsfragen aufge- Bewertung von Anpassung griffen und durch einige neue Aspekte ergänzt. Bei der Bewertung von Anpassungsmaßnahmen und der Analyse ihrer institutionellen Umsetzbarkeit sollte die Zusammenarbeit mit Praxisakteuren in einzelnen Bewertung von Klimawandelfolgen Zur fundierten Abschätzung von Klimawandelfolgen und deren Unsicherheiten bedarf es einer noch engeren Verknüpfung von natur-, wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Ansätzen. Die Verknüpfung von Modellen der Ökonomie und der Klimawissenschaften findet z.B. bisher nur oberflächlich oder ad hoc statt. Es sollte stattdessen Wirtschaftssektoren und auf kommunaler Ebene gestärkt werden. Dies gilt für die Stadt- und Gemeindeentwicklung ebenso wie für Branchen (produzierendes Gewerbe, Handwerk) oder Betreiber und Nutzer von Infrastrukturen (Häfen, Straßen, Gleise, Kommunikationsleitungen). interdisziplinär an einer besseren Verzahnung beider Ansätze gearbeitet werden. Inwieweit Anpassungsmaßnahmen oder -politiken zu bewerten sind, hängt von der Hierzu gehören auch empirische Ergebnisse zu den wirtschaftlichen Auswirkungen von Zielgruppe ab und bestimmt das zu verwendende (ökonomische) Instrumentarium. Klimaparametern: Ist es beispielsweise sinnvoll anzunehmen, dass steigende Durch- Vor allem für Anpassungsmaßnahmen sind leicht handhabbare, anwenderfreundliche schnittstemperaturen immer und überall zu wirtschaftlichen Einbußen führen? Gibt es Werkzeuge angezeigt, während zur Beurteilung in der Anpassungspolitik komplexere Schwellenwerte oder führen vielmehr die Folgen des Temperaturanstiegs wiederum ökonomische Modelle notwendig sind. Dies muss in weiterer Forschung stärker heraus- zu ökonomischen Konsequenzen? gearbeitet und besser differenziert werden. Im Hinblick auf Anpassungspolitik ist zudem Die indirekten Wirkungen von Klimawandelfolgen in Drittländern auf die deutsche Volkswirtschaft (die sich durch Zuliefer- und Abnehmerverflechtungen ergeben können) sollten eingehender untersucht werden als dies bislang der Fall ist. Dabei sollten besonders vulnerable Branchen und Wertschöpfungsketten identifiziert werden, die stärker die Interaktion von einzelnen Politikbausteinen zu analysieren: Eine Gebühr auf die Versiegelung von Flächen könnte deren Fortschreiten zwar einerseits bremsen und öffentliche Einnahmen generieren, jedoch andererseits einem wachsenden Bedarf an Wohn- und Gewerbeflächen zuwiderlaufen. mögliche Stärke der Wirkungen abgeschätzt und darauf aufbauend gemeinsam mit den Bei der Abschätzung der Kosten und Nutzen einzelner Anpassungsmaßnahmen sollten potenziell betroffenen Wirtschaftsakteuren Anpassungsstrategien erarbeitet werden. auch die jeweiligen nicht-monetären Wirkungen genauer analysiert werden, dies ins­besondere bei weitreichenden transformativen Maßnahmen, die einen sozialen oder 14 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE KOSTEN VON KLIMAWANDEL, KLIMASCHUTZ UND ANPASSUNG AN DEN KLIMAWANDEL 15 kulturellen Wandel induzieren. Ferner hat die ökonomische Literatur zwar weitgehend identifiziert, in welchen Fällen private Anpassung und wann staatliche Anpassung angezeigt ist. Die Überwindung der Barrieren von privater Anpassung bedarf jedoch insbesondere dort noch weiterer Untersuchungen, wo staatliche Instrumente zur Anreizsetzung zum Einsatz kommen müssten. Dies kann von Mechanismen zur Risikoteilung und zum Risikotransfer wie Versicherungen, über die Verbesserung von Ressourcenpreisen, wie für die Entnahme von Grundwasser, bis hin Steuern und Subventionen reichen. Gerade der Bereich der Versicherungen ist noch nicht abschließend zu bewerten: In Entwicklungsländern könnten sie durch Ernteversicherungen Lebensgrundlagen absichern und in Industrie­ ländern bei zunehmenden Extremwetterereignissen individuelle Schäden lindern. Zugleich muss aber sichergestellt werden, dass es nicht zu moralischen Wagnissen und opportunistischem Verhalten – dies auf beiden Marktseiten – kommt. Letztlich gilt: Anpassung ist hochgradig regional und kontext-spezifisch. Demnach muss Impulspapier Themenschwerpunkt „Energieressourcen und klimafreundliche Energieversorgung“ KAREN PITTEL | JOHANN WACKERBAUER | L EIBNIZ-INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN (IFO) KLAUS RENNINGS (†) | KATRIN SOMMERFELD | Z ENTRUM FÜR EUROPÄISCHE WIRTSCHAFTS­ FORSCHUNG (ZEW) KLIMAVERTRÄGLICHKEIT UND WETTBEWERBSFÄHIGKEIT IN EINKLANG BRINGEN – ERGEBNISSE UND LÖSUNGSANSÄTZE AUS DER KLIMAÖKONOMIE die zukünftige Forschung zur Ökonomie der Anpassung (in Deutschland) stärker politik- ZIELKONFLIKTE IN EINER GREEN ECONOMY und nachfrageorientiert ausgerichtet sein, um dieser Tatsache gerecht zu werden. In der Forschungsagenda Green Economy des Bundesministeriums für Bildung und ABSCHLIESSENDE BEMERKUNGEN Forschung wird eine international wettbewerbsfähige, umwelt- und sozialverträg- Anpassung dient Haushalten und Unternehmen beim Umgang mit den nicht mehr vermeidbaren Risiken des Klimawandels. Bestehende Unsicherheiten sind dabei kein Grund für weiteres Abwarten. Klimaanpassung kann zwar in manchen Bereichen Schritt für Schritt erfolgen. Dort jedoch, wo langfristige, später nur teuer korrigierbare ­Infrastruktur- und Flächennutzungsentscheidungen getroffen werden, sollte auch heute schon Vorsorge stattfinden. Wissenschaft und Praxis müssen sich bei der Suche nach klimapolitischen Lösungen, der Analyse und Bewertung ihrer Auswirkungen und bei der Diskussion der konkreten Ausgestaltung von Umsetzungsoptionen weiter aufeinander zubewegen und in engeren Austausch miteinander treten. Nur so kann die wissensbasierte Transformation zu einer klimaresilienten Gesellschaft gelingen, die das Ausmaß des Klimawandels begrenzt und mit den unvermeidbaren Risiken zu leben lernt. liche Wirtschaft als Leitbild postuliert. Auf dem Weg zu einer Green Economy soll den globalen Herausforderungen wie begrenzten Ressourcen, bedrohten Ökosystemen und Klimawandel wirtschaftlich erfolgreich begegnet werden. In Bezug auf die Klimapolitik besteht ein zentrales Problem darin, wie potentielle Zielkonflikte zwischen Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit vermieden bzw. gelöst werden können. Die Forschungsagenda Green Economy ist als Leitinitiative eingebettet in das weiterentwickelte Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige Entwicklungen – FONA“, zu dem auch der Förderschwerpunkt „Ökonomie des Klimawandels" gehört. In diesem Statuspapier ist in komprimierter Form dokumentiert, welche Lösungsansätze die Teilprojekte des Themenschwerpunkts Energieressourcen und klimafreundliche Energieversorgung entwickelt haben, um Klimaverträglichkeit und Wettbewerbsfähigkeit in Einklang zu bringen. In Anschluss zu den Lösungsansätzen werden offene Fragen thematisiert, die auch den Bedarf für zukünftige Forschung deutlich machen. DIE DEBATTE UM KLIMAVERTRÄGLICHKEIT UND WETTBEWERBSFÄHIGKEIT – ERGEBNISSE UND LÖSUNGSANSÄTZE Um die verschiedenen Aspekte der Klimaverträglichkeit und Wettbewerbsfähigkeit zu analysieren, wurden im Themenbereich Energieressourcen und klimafreundliche Energieversorgung eine Reihe wichtiger und aktueller Fragen der Klimapolitik behandelt: Welchen 16 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE ENERGIERESSOURCEN UND KLIMAFREUNDLICHE ENERGIEVERSORGUNG 17 Einfluss hat der Wettbewerb auf den Energiemärkten auf die Abbaupfade fossiler Emissionswirkung einer verstärkten Erdgasnutzung Energieträger? Wie beeinflussen verschiedene klimapolitische Instrumente den inter- Gleichzeitig wird eine Strategie der Substitution kohlenstoffreicher durch kohlen- nationalen Wettbewerb? Welche infrastrukturellen Maßnahmen sind zur Unterstützung der Klimapolitik erforderlich? Welche Wettbewerbseffekte können in den einzelnen Branchen auftreten? Welche Auswirkungen hat die Berücksichtigung der Akzeptanz für verschiedene Klimaschutzmaßnahmen sowie verteilungspolitischer Aspekte? Die Aktualität und Relevanz dieser Fragen wurde dabei auch in Diskussionen mit Stakeholdern aus Politik, Wirtschaft und Verbänden im Rahmen des Forums Klimaökonomie immer wieder bestätigt. stoffärmere fossile Energieträger propagiert. Daher haben der US-amerikanische „Fracking“-Boom, technischer Fortschritt bei den Fördertechniken von Öl und Gas und der Rückgang der amerikanischen CO2-Emissionen teilweise die Hoffnung genährt, auch einen globalen Emissionsrückgang durch die Verdrängung von Kohle durch Erdgas zu erreichen. Obwohl die Verbrennung von Erdgas geringere Emissionen als die Verbrennung von Kohle hervorruft, scheint die Hoffnung auf eine Bremsung des Klimawandels durch die Erschließung und Nutzung von reichhaltigeren Erdgasvor- Langfristige und globale Wirkungen von Klimapolitik Die aktuelle klimapolitische Debatte widmet sich vor allem der Frage der effizienten Ausgestaltung klima- und energiepolitischer Maßnahmen, stellt deren grundsätzliche Notwendigkeit allerdings selten in Frage. Ob und welche klimapolitischen Maßnahmen kommen allerdings irreführend zu sein. So zeigen Simulationsanalysen, dass nicht nur Kohle durch Erdgas ersetzt würde, sondern auch erneuerbare Energien und Kernkraft. Außerdem würde das zusätzliche Erdgasangebot in einigen Sektoren wie Haushalten und Industrie lediglich zu einer erhöhten Nutzung und kaum zu Substitution führen. tatsächlich erforderlich sind, hängt jedoch in hohem Maße von der Größe der globalen Ausbau der Energieinfrastruktur Ressourcenbestände ab. Die Einhaltung des 2°C-Ziels macht es nämlich notwendig, Damit rücken hinsichtlich der CO2-Minderungsstrategien die erneuerbaren Energien einen großen Teil der fossilen Ressourcen im Boden zu belassen. In der energiepolitischen Debatte wird teilweise immer noch die Vermutung geäußert, dass wegen der Erschöpfung der fossilen Ressourcen die Emissionen von Treibhausgasen ohnehin reduziert werden. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass Reserveknappheiten auch langfristig keine ausreichenden preistreibenden Effekte im globalen Markt bewirken, die Treibhausgasemissionen aus dem Verbrauch von fossilen Energieträgern einschränken würden. Somit können Knappheiten eine ambitionierte Klimapolitik nicht ersetzen. Im Gegenteil, theoretische und Simulationsanalysen zeigen, dass die Einführung klimapolitischer Maßnahmen sogar dazu führen kann, dass der Abbau von Kohle, Öl und Erdgas schneller als ohne diese Politiken erfolgt (sogenanntes „Grünes Paradoxon“). Erwarten die Eigentümer von Öl, Erdgas und Kohle, dass die Profitabi- in den Fokus und es stellt sich die Frage, wie die volatile Einspeisung von Strom aus Wind und Sonne am effizientesten genutzt werden kann. Wegen des zunehmenden Ausbaus erneuerbarer Energien gewinnt der Stromhandel zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union an Bedeutung. Im Augenblick sind die existierenden Übertragungskapazitäten nicht ausreichend, um eine effiziente Nutzung der volatil einspeisenden erneuerbaren Energien in den verschiedenen Regionen Europas zu gewährleisten. Entsprechend würde ein Ausbau der Leitungen zu einer effizienteren Nutzung der bestehenden Erzeugungskapazitäten sowie der eingespeisten erneuerbaren Energie führen. Berechnungen zeigen, dass durch einen Ausbau der Übertragungskapazitäten deutliche Wohlfahrtsgewinne erreicht werden können. lität des Abbaus ihrer Ressourcen in der Zukunft aufgrund von Klimapolitiken, kosten- Energieeffizienz und Innovationen günstigerer grüner Energie oder höherer Substituierbarkeit in der Wahl des Energie- Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien stellt die Verbesserung der Energieeffi- trägers sinkt, besteht ein Anreiz, den Abbau der fossilen Energieträger zu beschleunigen. zienz eine zweite wichtige Säule der Energiewende dar. Hinsichtlich der Steigerungs- Daher sollten auch unorthodoxe angebotsseitige Klimapolitiken in Betracht gezogen möglichkeiten der Energieeffizienz in der Industrie erscheinen die Möglichkeiten zur werden, die Anreize für Ressourcenbesitzer setzen, das Angebot fossiler Energieträger Minderung von Treibhausgasemissionen unter Nutzung der aktuell besten verfügbaren zu reduzieren, wie z.B. Kompensationszahlungen für die Nicht-Extraktion eines Teils Techniken jedoch in vielen Bereichen ausgeschöpft zu sein. Die Ausgestaltung regula- der fossilen Energieträger. torischer Energieeffizienzstandards sollte entsprechend nur industriespezifisch und unter Berücksichtigung technischer Minderungspotentiale sowie unterschiedlicher Kostenstrukturen erfolgen. Nicht-intendierte Rückwirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit können so vermieden werden. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, 18 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE ENERGIERESSOURCEN UND KLIMAFREUNDLICHE ENERGIEVERSORGUNG 19 dass Innovationen und Energieeffizienzsteigerungen in Industriesektoren, die zugleich der Akzeptanzforschung zeigen, dass ein umfassender, ergebnisoffener Dialogprozess durch das Europäische Emissionshandelssystem erfasst werden, kurzfristig lediglich mit der Öffentlichkeit dringend notwendig ist, wenn CCS in Zukunft als Option für die zu einer Umverteilung der Emissionen zwischen Sektoren und Staaten führen. Bekämpfung des Klimawandels in Europa in Betracht gezogen werden soll. Trade-Off zwischen Verteilungs- und Effizienzzielen OFFENE FRAGEN UND FORSCHUNGSBEDARF Neben den Fragen nach der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und der Effizienz klimapolitischer Maßnahmen rücken zunehmend auch verteilungspolitische Gesichtspunkte in den Vordergrund des politischen Diskurses. Die Debatten um den Netzausbau wie auch um den Ausbau der Standorte für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien haben gezeigt, dass beide Maßnahmen zunehmend auf Akzeptanzprobleme stoßen. Bei der Finanzierung des Ausbaus erneuerbarer Energien und des Netzausbaus müssen Effizienz- und Verteilungs- bzw. Gerechtigkeitsziele daher gegeneinander abgewogen werden. So wird beispielsweise ein Ausbau erneuerbarer Energien nach dem Kriterium der Kosteneffizienz allein zu einer sehr ungleichen Verteilung der Anlagen im Raum führen. Anwohner werden entsprechend unterschiedlich durch Landschaftsveränderungen betroffen, was die Akzeptanz der Anlagen schmälern kann. Das Akzeptanzproblem kann zwar durch Einbeziehung von Gerechtigkeitszielen abgemildert werden, z.B. in Gestalt von Mindestabständen bei der räumlichen Verteilung der Anlagen. Ein höherer Mindestabstand führt zu einer stärkeren Streuung der Anlagen im Raum, senkt aber die Kosteneffizienz, da gleichzeitig die Stromgestehungskosten überproportional Beim Forum Klimaökonomie zum Themenschwerpunkt Energieressourcen und klimafreundliche Energieversorgung wurden weiterführende Fragen erörtert, die für den zukünftigen Forschungsbedarf relevant sind und im Folgenden stichpunktartig dargestellt werden. Einige dieser Fragen schließen dabei direkt an den bisherigen und zuvor dargestellten Stand der Forschung an, während andere ergänzende Forschungsfelder identifizieren: ||Langfristige und globale Wirkungen von Klimapolitiken: Die Analyse potentiell konter­ karierender Wirkungen von Klimapolitiken hat sich in der Vergangenheit zum größten Teil auf theoretische und Simulationsanalysen beschränkt. Eine Abschätzung der Dimension dieser Effekte bedarf allerdings empirischer Untersuchungen anhand existierender Politiken. Diese Untersuchungen könnten Antworten auf folgende Fragen liefern: Wie (stark) reagiert das Angebot an fossilen Energieträgern auf Nachfrageänderungen? Inwieweit regen Klimapolitiken zur weiteren Exploration von Ressourcenbeständen an oder verhindern diese sogar? Wie ist es möglich die Extraktion von fossilen Brennstoffen zu verhindern, um das 2°C-Ziel zu erreichen? zum Mindestabstand ansteigen. Die Berücksichtigung von Gerechtigkeitszielen kann ||Carbon-Leakage: Bisherige Analysen von Carbon Leakage konzentrieren sich auf kurz- damit zu steigenden Kosten der Energieversorgung führen. Werden die Kosten der bis mittelfristige Wirkungen unilateraler Klimapolitiken. Es ist allerdings zu erwarten, Förderung erneuerbarer Energien auf die Strompreise umgelegt, führt dies zudem zu dass langfristige Angebotselastizitäten unter anderem aufgrund von Preiseffekten regressiven Verteilungseffekten. Steigt die Fördersumme aufgrund einer kosteninten- auf den Energiemärkten stärker ausfallen werden. In diesem Zusammenhang wären siveren Verteilung der Anlagen, so verstärken sich auch diese Effekte. auch Vergleiche der wirtschaftlichen Auswirkungen verschiedener einseitiger natio- Akzeptanz von Technologien naler Klimapolitiken in unterschiedlichen Ländern erforderlich. Diese Untersuchungen Nicht zuletzt aufgrund der Zielkonflikte und Akzeptanzfragen beim Umbau des Energie- sollten auch durch empirische ex post-Analysen begleitet werden, insbesondere im systems sollte mittelfristig auch die Möglichkeit eines Einsatzes von Brückentechno- Hinblick auf die empirische Evidenz von Carbon Leakage über die Anpassung von logien diskutiert werden. Eine Nicht-Berücksichtigung dieser Optionen engt den Techno- Handelsströmen und Substitutionsprozesse auf den Energiemärkten. logieraum ein und kann potentiell zu Kostensteigerungen führen. Brückentechnologien wie CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) oder Climate Engineering können die Erreichung der gesteckten Klimaziele mittelfristig erleichtern. Allerdings wird diesen Technologien häufig mit Skepsis begegnet. So lehnt die Bevölkerung CCS weitgehend ab, obwohl Experten die Gesundheits- und Umweltrisiken von beispielsweise CCS auf dem Meeresgrund als gering einschätzen. Andere Maßnahmen, welche bei der Bevölkerung auf weniger Ablehnung stoßen, wie die Aufforstung großer Flächen in der Sahara oder im australischen Outback, sehen Experten dagegen sehr kritisch. Die Ergebnisse 20 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE ||Energiesicherheit und Unsicherheit: Unsicherheit spielt für die Wirkungen von klimaund energiepolitischen Maßnahmen in vielerlei Hinsicht eine große Rolle. Dies bezieht sich sowohl auf die Verfügbarkeit und die Preise von fossilen Energieträgern wie auch die volks- und betriebswirtschaftlichen Kosten technischer Alternativen. Zukünftige Forschung sollte daher explizit die Rolle von Unsicherheit bei der Erreichung der Klimaziele und ihre technischen und politischen Ursachen berücksichtigen. Hier sollte auch das Spannungsfeld zwischen globalem Überfluss an fossilen Energien einerseits und lokaler sowie kurzfristiger Gefährdung der Versorgungssicherheit ENERGIERESSOURCEN UND KLIMAFREUNDLICHE ENERGIEVERSORGUNG 21 andererseits thematisiert werden. Wirkungen klimapolitischer Maßnahmen und Instrumente“ detailliert). ||Wettbewerbseffekte von Energiepolitik: Die große Heterogenität der industrie-spezifi- ||Akzeptanz: Bezüglich der Akzeptanz von verschiedenen Klimaschutztechnologien schen Wettbewerbseffekte von Energiepolitik erfordert weitere detaillierte Betrach- wurde diskutiert, dass nicht nur deren Kosten, sondern auch deren Nutzen für die tungen. Die Kostenänderungen, die sich durch unterschiedliche Energiepolitiken für betroffene regionale Wirtschaft berücksichtigt werden sollten. Hieraus ergibt sich u.a. gewerblich Energieverbraucher ergeben, können ein Risiko für die Wettbewerbsfä- Forschungsbedarf hinsichtlich der Netto-Beschäftigungseffekte umweltökono­mischer higkeit darstellen – oder eine Chance, sofern gezielte Energiepolitik zur Stärkung Regulierung und der daraus resultierenden Technologieoptionen. Auch wären die der Wettbewerbs­position beiträgt, z.B. durch verstärkte Innovationstätigkeit. Hier ist Möglichkeiten und Grenzen des Klimaschutzes über freiwillige Verhaltensänderungen weitere Forschung erforderlich zu den Wirkungen von Klima- und Energiepolitik auf ein interessanter Forschungsgegenstand. Zur Erklärung des Verhaltens von Energie- unterschiedliche Wirtschaftszweige und deren Wettbewerbsfähigkeit. konsumenten sollten Ansätze aus der Verhaltensökonomik stärker genutzt werden. ||Energieeffizienz und Innovationen: Hinsichtlich der Wirkung und des Potentials der Innova- FAZIT tionspolitik muss der zeitliche Vorlauf, der für technische Entwicklungen ebenso wie Die vorangegangenen Ausführungen haben noch einmal deutlich gemacht, wie vielschichtig für Infrastrukturmaßnahmen notwendig ist, bei der Beurteilung von Politikmaßnahmen die Frage nach dem Verhältnis von Klimaverträglichkeit und Wettbewerbsfähigkeit ist. berücksichtigt werden. Hieraus ergibt sich Forschungsbedarf bezüglich des Investitionsverhaltens energieintensiver Industrie vor dem Hintergrund ihrer sehr langen Investitionszyklen. Dabei wäre auch die Erforschung der technischen und wirtschaftlichen Treibhausgas-Minderungspotenziale energieintensiver Industrien im Ausland im Vergleich zu Deutschland von Interesse. Ergänzend könnten detailliertere Studien zum Potenzial temporärer Verschiebungen der Stromnachfrage zwischen Haushalten und energieintensiven Industrien durchgeführt werden. ||Ausbau der Energieinfrastruktur: Wie bereits dargestellt, kann ein Ausbau der vorhandenen Übertragungskapazitäten zu Wohlfahrtsgewinnen führen. In diesem Zusammenhang bestehen aber nach wie vor Defizite in der Forschung hinsichtlich der geeig- Die beschriebenen Ergebnisse und Lösungsansätze widmeten sich sehr unterschiedlichen Aspekten des Themenkomplexes Klimaverträglichkeit und Wettbewerbs­fähigkeit. Aus diesem Grund bieten die entwickelten Lösungsansätze keine einfachen und einheitlichen Antworten, sondern fokussieren auf Handlungsoptionen in verschiedenen Politikfeldern. Festzuhalten bleibt dabei insbesondere, dass ||die Klimapolitik nicht allein auf die ohnehin zu erwartende Verknappung fossiler Ressourcen oder eine Substitutionsstrategie durch Erdgas vertrauen darf. ||eine Erweiterung der Stromübertragungskapazitäten im Zuge des Ausbau erneuerbarer Energien mit erheblichen Wohlfahrtsgewinnen verbunden sein kann. neten regulatorischen Instrumente für die Unterstützung des Netzausbaus. Es sind ||die Ausgestaltung regulatorischer Energieeffizienzstandards industriespezifisch politische Empfehlungen herzuleiten, die sich insbesondere bezüglich des Infrastruk- erfolgen sollte, um nicht-intendierte Rückwirkungen auf die internationale Wettbe- turausbaus ergeben. werbsfähigkeit zu vermeiden. ||Europäischer Emissionshandel: Rund 50 % der CO2-Emissionen der europäischen Union werden vom Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) erfasst. Aufgrund dieser ||Akzeptanzprobleme in Bezug auf erneuerbare Energien wie auch Brückentechnologien die Kosten der Energiewende erhöhen können. Bedeutung wurde der Emissionshandel von Seiten der Stakeholder als wesentliche Trotz der Vielzahl an für die Energie- und klimapolitische Debatte relevanten Ergeb- Determinante der Wirkung der europäischen Klimaschutzanstrengungen auf die nissen lässt sich in Bezug auf alle diskutierten Fragestellungen offene Forschungs- internationale Wettbewerbsfähigkeit angesehen. Hier bietet sich als Forschungs- fragen und Forschungsbedarf identifizieren. Die Beantwortung dieser Fragen kann perspektive an, transdisziplinär zwischen Wissenschaft und Stakeholdern Szenarien wichtige Impulse für die Klimapolitik liefern und dabei helfen, potentielle Zielkonflikte über die zukünftige Ausgestaltung des EU-ETS zu entwickeln. Wichtig wäre dabei, zwischen Klimaverträglichkeit und Wettbewerbsfähigkeit zu entschärfen. die Politikfolgenabschätzung von Umweltregulierung sowohl ex ante durch Simulationen vorzunehmen als auch die Politikmaßnahmen ex post zu evaluieren. (Mit dem Thema Emissionshandel beschäftigt sich der Themenschwerpunkt „Gestaltung und 22 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE ENERGIERESSOURCEN UND KLIMAFREUNDLICHE ENERGIEVERSORGUNG 23 Impulspapier Themenschwerpunkt „Internationale Klimaverhandlungen und -regimes“ VICKI DUSCHA | JOACHIM SCHLEICH | F RAUNHOFER-INSTITUT FÜR SYSTEM- UND INNOVATIONSFORSCHUNG (ISI) ULRIKE KORNEK | KAI LESSMANN | P OTSDAM-INSTITUT FÜR KLIMAFOLGENFORSCHUNG (PIK) Das Bemühen um einen Prozess, der vor allem auf freiwilliger Selbstverpflichtung baut, wirft unter anderem die folgenden drei Fragen auf: Wie kann eine gerechte, konsensfähige Verteilung der Kosten für den Klimaschutz aussehen? Auf welche Art und Weise kann eine Vorreiterrolle durch einzelne Länder bzw. Regionen ausgefüllt werden? Und wie wirkt sich die Vorreiterrolle auf die Vorreiter-Länder selbst, aber auch auf die globalen Klimaschutzanstrengungen, aus? Beide Aspekte, die Gerechtigkeit der Kostenverteilung sowie die aktive Rolle einiger Staaten (hier insbesondere Industrienationen), sind bereits im Prinzip der „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung“ der Klimarahmenkonvention verankert. ANTWORTEN DER KLIMAÖKONOMISCHEN FORSCHUNG VERTEILUNGSGERECHTIGKEIT UND VORREITERVERHALTEN IN INTERNATIONALER KLIMAPOLITIK Die Debatte über Kooperation im internationalen Klimabereich und die Verteilung von Beiträgen ist stark geprägt von einer sehr grundsätzlichen Diskussion über Gerechtigkeitsprinzipien als Kriterium für die Verteilung von Klimaschutzbeiträgen zwischen AKTUELLE HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE INTERNATIONALE KLIMAPOLITIK Ländern. Zu den diskutierten Gerechtigkeitsprinzipien gehören u.a. das Verursacher- Im Vorfeld der Klimakonferenz in Paris waren die Staaten aufgerufen, freiwillig nationale prinzip, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder gleiche pro-Kopf-Emissionen, Politikziele und Maßnahmen – die sogenannten „intended nationally determined contri- wie auch Kombinationen von Prinzipien. Gerechtigkeitsaspekte werden nicht nur butions“ (INDCs) – vorzulegen. Diese sollen die Grundlage für ein neues Klimaschutz- angeführt, um für Akzeptanz zu werben, sondern auch um Forderungen oder Inakti- abkommen für die Zeit nach 2020 bilden. Die INDCs spiegeln die Abkehr von einem vität zu rechtfertigen. „top-down“ Regime (z.B. Kioto Protokoll) hin zu einem „bottom-up“ Regime wider: statt Auch die wirtschaftwissenschaftliche Forschung hat sich in jüngster Zeit verstärkt mit über zentrale Verhandlungen auf UN-Ebene werden die Beiträge einzelner Länder zur der Rolle von Gerechtigkeitsaspekten in der internationalen Klimapolitik beschäftigt. Emissionsminderung (und Finanzierung) national festgelegt. Empirische Untersuchungen zeigen, dass sich die Gerechtigkeitspräferenzen verschie- Ersten Bewertungen zufolge sind die vorgelegten INDCs nicht ambitioniert genug, um dener Akteure und Länder unterscheiden. So präferieren Verhandler unterschied- den globalen Temperaturanstieg auf maximal 2°C gegenüber dem vorindustriellen licher Länder unterschiedliche Gerechtigkeitskriterien, wobei sie tendenziell dasjenige Zeitalter zu begrenzen. Dazu müsste der weltweite Ausstoß an Treibhausgasen nach Kriterium bevorzugen, das für ihr eigenes Land am vorteilhaftesten ist. Die Präfe- Analysen des IPCCs bis 2050 um mindestens 40 Prozent verglichen mit 2010 reduziert renzen von Bürgern scheinen hingegen tendenziell weniger egoistisch ausgeprägt und werden. Eine konsensfähige Verteilung der Lasten (Minderungsanstrengungen und zeigen – auch im internationalen Vergleich – eine starke Zustimmung für das Verur­ Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen), um das globale Emissionsreduktionsziel sacherprinzip. Sowohl für Verhandler als auch für Bürger gilt, dass Lastenverteilungs- zu erreichen, konnte bisher nicht gefunden werden. Dies wird durch Unterschiede regeln große Zustimmung erhalten, die mehrere distributive Gerechtigkeitsprinzipien in den Gerechtigkeitsvorstellungen zwischen den Ländern erschwert. Gegenwärtig miteinschließen. entscheidet also jedes Land selbst, wieviel es zum Klimaschutz beitragen möchte. Spieltheoretische Analysen zur eigennützigen Beteiligung an internationalen Klimaab- Die Europäische Union will im Verhandlungsprozess mit ambitionierten Zielen voran- kommen zeigen weitgehend, dass unter Zugrundelegung gängiger normativ motivierter gehen und so potentiell eine Vorreiterrolle im Klimaschutz einnehmen. Der INDC der Gerechtigkeitsprinzipien wie gleiche pro-Kopf-Emissionen oder historische Verant- EU sieht vor, die Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 um 40 Prozent relativ zu wortung nur wenig Kooperation zwischen den Ländern zustande kommt, u.a. da diese 1990 zu senken, bis 2050 wird eine Reduktion von 80 bis 95 Prozent angestrebt. Dazu Prinzipien die tatsächlichen Kosten und Nutzen von Klimapolitik der einzelnen Länder sollen vermehrt erneuerbare Energien eingesetzt, die Energieeffizienz erhöht und der nur unzureichend widerspiegeln. Außerdem werden Transferzahlungen notwendig, EU-Emissionshandel gestärkt werden. die für zahlende Länder zu hoch (i.e. höher als Kooperationsgewinne) oder politisch 24 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE INTERNATIONALE KLIMAVERHANDLUNGEN UND -REGIMES 25 kaum akzeptabel sind, da sie in erster Linie an Erdöl- und Kohle-exportierende Länder Ländern Skalen- und Lerneffekte, die zu sinkenden Kosten der Klimaschutztechno- gehen. Werden die Emissionsziele hingegen proportional zu den aktuellen Ländere- logien führen. Schwellen- und Entwicklungsländer profitieren von den Vorreitern, missionen gesetzt, ist die erforderliche Umverteilung vergleichsweise gering. Konzep- indem sie die neu entwickelten, klimafreundlichen Technologien übernehmen und so tionelle Analysen, die auf der finanzwissenschaftlichen Theorie der öffentlichen Güter einen vergleichsweise emissionsarmen Entwicklungspfad einschlagen. Bei einigen beruhen, kommen zu dem Ergebnis, dass sich stabile und ökonomisch effiziente Klima- Technologien eröffnet sich dadurch zudem die Möglichkeit, selbst zum Produzenten von abkommen erreichen lassen, wenn Länder, die wohlhabender sind oder stärker vom Klimaschutztechnologien zu werden. Diese Wirkungskette, die von der Etablierung von Klimaschutz profitieren, ceteris paribus auch einen höheren Beitrag leisten. Vorreiter-Märkten in den Industrieländern angestoßen wird, beschreibt eine zusätz- Leistet ein Klimaschutz-Vorreiter einseitig einen ambitionierten Beitrag, so bewirkt diese Minderung heimischer Emissionen auch eine Verlagerung von Emissionen in unregulierte Länder (carbon leakage). Denn einerseits verfällt durch die Minderung der Preis für fossile Ressourcen, was in der Regel eine erhöhte Nachfrage im unregulierten Ausland zur Folge hat. Andererseits kommt es wettbewerbsgetrieben zu Standortverlagerungen in Folge der gesteigerten Emissionskosten. Besonders betroffen hiervon sind emissionsintensive Sektoren. Obwohl der erstere, sogenannte Energiemarkteffekt in Modellrechnungen stärker ausgeprägt ist, ist der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit zentral und dominant in der nationalen Debatte. liche Option jenseits direkter Finanztransfers, wie Industrieländer der unterschiedlich ausgeprägten Verantwortung gerecht werden können. Dennoch lässt sich feststellen, dass ohne Unterstützung durch weitere politische Maßnahmen Emissionsreduktionen durch marktgetriebene Technologieübernahme zu langsam stattfinden, um zur Lösung des Klimaproblems entscheidend beizutragen. FORSCHUNGS- UND INNOVATIONSBEDARFE Obwohl die eigenen Beiträge in Form der INDCs zunächst national festgelegt werden, findet im internationalen Rahmen der UNFCCC-Verhandlungen eine Debatte der Ziele statt. Offen ist dabei, wie ambitioniert INDCs durch den Prozess der Verhandlungen Steuerlicher Grenzausgleich, bei dem Im- und Exporte in bzw. aus der regulierten Region werden können, und ob sich die Aussicht auf eine globale Einigung auf ein langfristiges be- bzw. entlastet werden, kann hier helfen, die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzu- „2-Grad Abkommen” dadurch verbessert oder verschlechtert. Der Paradigmenwechsel stellen. Die genauen Konsequenzen sind jedoch von der Produktionsweise abhängig: Ist zu einem "bottom-up" Regime wirft die Frage nach der Konstruktion eines dauerhaften die Produktion Teil einer international verteilten Wertschöpfungskette, so verhindert und effektiven Klimaabkommens auf. Die ökonomische Forschung kann einen Beitrag steuerlicher Grenzausgleich nicht die Abwanderung beispielsweise emissionsinten- zur Beantwortung dieser wichtigen qualitativen und quantitativen Fragestellungen siver Vorprodukte in das unregulierte Ausland. Die praktische Umsetzung eines steuer- geben, z.B. durch Anwendung und Weiterentwicklung spieltheoretischer und numeri- lichen Grenzausgleichs wird insbesondere dadurch erschwert, dass die Schätzung der scher Modelle. Sie erlauben Aussagen darüber, wie nationale Anreize zur Emissions- mit einem Produkt assoziierten Emissionen aufwendig ist und ein steuerlicher Grenz- vermeidung aussehen und wie internationale Institutionen dazu beitragen können, den ausgleich als Eingriff in den Freihandel begriffen werden kann. Erste pragmatische Prozess effizienter und erfolgreicher zu gestalten. Vorschläge vermeiden diese Probleme unter Kompromissen hinsichtlich der Effizienz des steuerlichen Grenzausgleichs. Alternativ kann die emissionsintensive Industrie mit Hilfe von Sonderregelungen wie z.B. der kostenfreien Zuteilung von Emissionszertifikaten von den Belastungen durch Klimapolitik entlastet werden. Die Anwendung von Gerechtigkeitsprinzipien kann in diesem Rahmen dazu beitragen, die einzelnen Beträge sowie den Prozess der Klimaverhandlungen zu bewerten. Dabei geht es, anders als bisher in der ökonomischen Forschung verfolgt, nicht um eine wissenschaftliche „top-down“-Festlegung von Zielen, sondern um einen Steuerungsmecha- Während die Sorge um Standortnachteile einer Vorreiterrolle im Sinne höherer Emissi- nismus, mit dem ein höheres Ambitionsniveau der nationalen Ziele erreicht werden onsminderungen entgegensteht, gilt dies nicht für andere Formen, eine Vorreiterrolle soll. Ein Beispiel dafür ist der ‚naming-and-shaming‘-Ansatz, bei dem sich Länder für auszufüllen: die Entwicklung CO2-armer Technologien, z.B. im Energiebereich. Industri- ihre jeweiligen Ziele international rechtfertigen müssen. Die ökonomische Forschung eländer wie Deutschland nehmen hier seit Jahren eine führende Position ein. Dies kann durch die Bewertung der INDCs und deren Effektivität im Prozess der Verhand- wird unterstützt durch eine Politik, die heimische Nachfrage in den Technologiefeldern lungen einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass zukünftig ambitioniertere Ziele induziert, in denen das jeweilige Land eine starke Stellung über die gesamte Wertschöp- festgelegt werden. Die Einbettung von in den INDCs genannten Maßnahmen in natio- fungskette einnimmt. Gleichzeitig bewirkt die Marktnachfrage in den entwickelten naler Politik, insbesondere deren Wechselwirkung mit der nationalen Finanz- und 26 INTERNATIONALE KLIMAVERHANDLUNGEN UND -REGIMES DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE 27 Hauhaltspolitik, betrifft dabei die politischen Entscheider unmittelbar. Abseits der internationalen Verhandlungen haben sich darüber hinaus in den letzten Impulspapier Themenschwerpunkt „Gestaltung und Wirkungen klimapolitischer Maßnahmen und Instrumente“ Jahren zahlreiche Initiativen gegründet, in denen subnationale Akteure wie Städte oder MARK ANDOR | MANUEL FRONDEL Firmen Klimaschutzziele festlegen und verfolgen. Auch Einzelpersonen tragen durch | R HEINISCH-WESTFÄLISCHES INSTITUT FÜR freiwillige Maßnahmen (z.B. CO2-Kompensationen) zum Klimaschutz bei. Das Potential WIRTSCHAFTSFORSCHUNG (RWI) ESSEN dieser Initiativen, fehlende Klimaanstrengungen auf der politischen Ebene auszugleichen oder zu ergänzen, ist derzeit weitestgehend unverstanden und unerforscht. Die ökono- K ARSTEN NEUHOFF | SEBASTIAN PETRICK mische Forschung kann hier auf der einen Seite feststellen, inwiefern diese Aktivi- | D EUTSCHES INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTS- täten zur Emissionsminderung beitragen können und auf der anderen Seite in welcher FORSCHUNG (DIW) BERLIN wechselseitigen Beziehung sie zur nationalen und internationalen Klimapolitik stehen. Länder zögern, ambitionierte nationale Beiträge zum Klimaschutz zu leisten, weil sie Wettbewerbsnachteile auf globalen Märkten sowie eine Verlagerung von Emissionen in Länder mit weniger ambitionierter Klimapolitik (Carbon Leakage) befürchten. Die ökonomische Forschung hat bisher wesentlich zu einem besseren Verständnis der EMISSIONSHANDEL UND DARÜBER HINAUS – STAND UND PERSPEKTIVEN DER FORSCHUNG ZU KLIMAPOLITISCHEN INSTRUMENTEN Wirkungsweise dieser internationalen Effekte beigetragen. Detaillierte empirische EINLEITUNG UND STAND DER FORSCHUNG Arbeiten auf Basis beobachteter Größen könnten in Zukunft das vorhandene Wissen Gesellschaft und Politik haben sich in den vergangenen Jahren zu weitreichenden über die quantitative Bedeutung dieser Effekte verbessern und somit für Entscheidungen in Wirtschaft und Politik eine belastbarere Grundlage bieten. Klimaschutzzielen verpflichtet. So hat sich die Bundesregierung auf eine Reduktion der Emissionen von mindestens 40 % bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 und von 80-95 % bis zum Jahr 2050 festgelegt. Die Staats- und Regierungschefs der EU haben FAZIT Im Bemühen um eine Beschränkung des globalen Klimawandels sind die internationalen Klimaverhandlungen weiterhin das zentrale Forum. Der Paradigmenwechsel von dem Ansatz einer top-down Lastenverteilung, wie noch im Kioto-Protokoll verankert, vergleichbare Ziele auf europäischer Ebene beschlossen und beim G7-Gipfel im Juni 2015 haben sich die wichtigsten Industrienationen der Welt auf ehrgeizige Ziele bis zum Jahr 2050 geeinigt. hin zu selbstbestimmten Zusicherungen der teilnehmenden Nationen, wie sie sich in Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht stellt sich die Frage, wie diese Ziele effizient den INDCs der COP21 manifestieren, wirft dabei neue Fragen auf. Diese gehen über erreicht werden können. Ökonomen sind sich seit langer Zeit einig, dass dafür ein die Fragen einer isoliert betrachteten nationalen Wettbewerbsfähigkeit und Techno- CO2-Preis notwendig ist, wie er in Europa durch den Emissionshandel eingeführt logieführerschaft hinaus und verknüpfen sie wie oben skizziert mit der in internatio- wurde. Abgesehen davon unterscheiden sich die Politikempfehlungen von Ökonomen nalen Verhandlungen thematisierten Wahrnehmung von internationaler Verantwortung. jedoch stark, da sie auf unterschiedlichen Paradigmen aufbauen. Einige Ökonomen Die wirtschaftswissenschaftliche Forschung kann hier wichtige Beiträge leisten: Sie argumentieren, dass ein CO2-Preis alleine ausreichend ist, wenn möglich weltweit kann zu einem besseren Verständnis der strategischen Dimension des entstehenden harmonisiert. Andere argumentieren, dass zusätzliche Politikmaßnahmen notwendig bottom-up Regimes, also dessen Design und den daraus resultierenden Interaktionen sind und erfolgreicher Klimaschutz auch ohne globale Harmonisierung von Zielen und und Anreizen beitragen. Detaillierte empirische Arbeiten, die klimapolitische und innova- Instrumenten möglich ist. Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass in tionsökonomische Erkenntnisse integrieren, können bestehende theoretische Arbeiten der Praxis ein Nebeneinander einer Vielzahl von Politikmaßnahmen herrscht. Es gilt ergänzen bzw. herausfordern. Diese ökonomische Forschung kann Handlungsoptionen daher theoretisch und empirisch zu klären, wie verschiedene Politikmaßnahmen wirken für Stakeholder aus Politik und Wirtschaft entwickeln, die dringend benötigt werden, und miteinander interagieren. um mittels ambitionierter Klimapolitik den globalen Klimawandel zu begrenzen. Dazu geben wir in diesem Impulspapier einen Überblick über theoretische und empirische Gründe, die für die gleichzeitige Verwendung mehrerer energie- und klimapolitischer 28 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE GESTALTUNG UND WIRKUNGEN KLIMAPOLITISCHER MASSNAHMEN UND INSTRUMENTE 29 Instrumente sprechen können. Erstens ist die Einführung eines Preises für Emissionen Energiebereich. nicht in allen Sektoren zielführend, unter anderem weil hierdurch hohe Transaktions- Unklar ist jedoch die dynamische Effizienz des Emissionshandels. So ist zweifelhaft, ob kosten entstehen können. Zweitens hat gerade die jüngste Forschung gezeigt, dass Individuen sich nicht in allen Lebenslagen rational verhalten. Drittens ist nicht klar, ob der Emissionshandel in effizienter Weise mittel- bis langfristige Anreize für Emissionsreduktionen setzt (dynamische Effizienz). Für die zukünftige Forschung gilt es, theoretische Konzepte, die für den Einsatz mehrerer Instrumente sprechen, auch empirisch zu überprüfen und gegenüber möglichen Nachteilen und Inflexibilitäten abzuwägen. Im Folgenden geben wir einen Überblick über den Stand der Forschung und untersuchen, unter welchen Umständen verschiedene Instrumente sich sinnvoll ergänzen können. der Emissionshandel – insbesondere bei den derzeitig niedrigen Preisen im EU ETS – alleine genügend Anreize für die Entwicklung neuartiger emissionsarmer Lösungen setzt. Des Weiteren stellt sich für die Bereiche, die aktuell nicht vom Emissionshandel erfasst werden, die grundsätzliche Frage, ob der Emissionshandel dafür ein geeignetes Instrument wäre. Dies muss für jeden Sektor einzeln geprüft werden. So deuten die Ergebnisse im Verkehrsbereich darauf hin, dass der Emissionshandel alleine nicht erfolgsversprechend ist und stattdessen zumindest um andere Instrumente ergänzt werden sollte. Im Falle des urbanen Verkehrs könnte dies beispielsweise eine Mautlösung sein (siehe das Märkte und Preisinstrumente für klimafreundliche Produkte und Prozesse Projekt EMPACCA). Im Gegensatz dazu scheinen die Ergebnisse im Luftverkehr dafür Die Bepreisung von klimaschädlichen Aktivitäten in Höhe des jeweils verursachten zu sprechen, dass der Emissionshandel hierbei die kosteneffiziente Art der Vermeidung Klimaschadens ist die klassische umweltökonomische Antwort auf die Klimaschutz- von Emissionen darstellt (siehe das Projekt AviClim). herausforderung. Theoretisch führt die Internalisierung externer Effekte durch einen Preis zu einer Reduktion der Emissionen um genau jenes Maß, das zu minimalen negativen Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Wohlstand führt. Ein Emissionspreis erfüllt damit eine wichtige Informationsfunktion, die zu einer transparenteren Einbeziehung von Klimaschäden in wirtschaftliche Entscheidungsprozesse führt. Eine Die Bepreisung von Emissionen kann unerwünschte Verteilungswirkungen oder Wettbewerbsnachteile für energieintensive Industrien haben, die der Regulator zum Beispiel durch Ausnahmeregelungen abmildern kann – die aktuelle Debatte um die Ausgestaltung des Carbon-Leakage-Schutzes nach 2020 ist ein Beispiel hierfür. solche Bepreisung wird in der Regel durch eine Steuer, eine Abgabe oder durch die Instrumente zur Berücksichtigung von Verhaltensanomalien Schaffung eines Marktes für Emissionszertifikate erreicht. Auch wenn marktbasierte Politikinstrumente im neoklassischen Grundmodell zu einer In Deutschland liegt dieses Prinzip der Internalisierung externer Effekte rudimentär allen Verbrauchssteuern auf Energie zugrunde. Das umweltökonomische Flaggschiff der Bepreisung von Klimaschäden in Europa ist jedoch das Europäische Emissionshandelssystem (EU ETS). Anstatt Klimaschäden indirekt über den Energieverbrauch zu besteuern, werden im Emissionshandel die Treibhausgasemissionen mit einem Preis versehen. Die Eingriffsstärke wird nicht durch die Höhe eines Steuersatzes bestimmt, sondern durch die EU-weite Emissionsobergrenze. Aus umweltökonomischer Sicht sind marktbasierte Instrumente attraktiv, da sie – zumindest theoretisch – klimapolitische Effektivität mit ökonomischer Effizienz im Sinne minimaler Kosten verbinden. Mit der ökonomischen Effizienz einher geht eine dezentrale Entscheidung der Marktakteure über die Verteilung der Vermeidungsanstrengungen auf verschiedene Emissionsquellen. Damit verbunden ist eine gewisse Robustheit der Regulierung gegenüber Unsicherheiten, etwa bezüglich der Kosten verschiedener Vermeidungstechnologien, der Vermeidungspotenziale, etc. Die fiskalischen Erträge von Steuern oder Auktionen können zudem für verschiedene Zwecke verwendet werden, nicht zuletzt für die Förderung von Innovationen im Umwelt- und 30 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE effizienten Allokation der Emissionsminderungsanstrengungen führen, haben sich in der Praxis eine Reihe von Hindernisse herauskristallisiert, die die effiziente Wirkungsweise oder die Effektivität von Märkten aushebeln können. Dazu gehören unter anderem unvollkommene Finanzmärkte, Transaktions­kosten, unvollkommene Informationen, aber auch verhaltensökonomische Hindernisse wie die Vernachlässigung von Konsequenzen in ferner Zukunft oder die Höhergewichtung von Verlusten und Risiken. Auch wenn korrekt gesetzte Standards ein effektives Instrument der Emissionsminderung sein können, werden sie in der umweltökonomischen Forschung üblicherweise lediglich als „zweitbeste“ Regulierungsoption angesehen. Mit ein Grund dafür ist, dass Standards meist aus der Perspektive optimierender Akteure analysiert werden. Standards sind jedoch eine Möglichkeit, um zum Beispiel verhaltensökonomische Hindernisse zu adressieren. Dazu können nach aktuellen Forschungsergebnissen aber auch weitere verhaltensökonomisch motivierte Maßnahmen eingesetzt werden, etwa gut aufbereitete Informationskampagnen oder Energieeffizienzlabels. Beispielsweise deuten Ergebnisse aus dem Projekt Eval-MAP darauf hin, dass signifikant mehr effiziente Kühlschränke gekauft werden, wenn das EU-Energieeffizienzlabel um GESTALTUNG UND WIRKUNGEN KLIMAPOLITISCHER MASSNAHMEN UND INSTRUMENTE 31 die Angaben von jährlichen Verbrauchskosten erweitert wird. Je nach Entscheidungs- FORSCHUNGS- UND INNOVATIONSBEDARF situation, die mit einem Politikinstrument unterstützt werden soll, können alternativ Aus dem Konsens der Wissenschaft über die Sinnhaftigkeit eines Politikmixes ergeben oder ergänzend Einbindungs-, Partizipations- und Informationsinstrumente helfen, sich neue Forschungsfragen, etwa zur Quantifizierung der Wirkung verschiedener Informationsasymmetrien zu beseitigen oder zur Verbesserung der Informationslage Politiken in Maßnahmenpaketen und der Abwägung von Synergiepotentialen. Demge- beizutragen. Die Wahl eines effizienten Politikmixes wird immer noch kontrovers genüber stehen ein wachsender administrativer Aufwand und das Risiko von Fehlsteue- diskutiert – das zeigt weiteren Analysebedarf. Es ist vor allem unverzichtbar, dass rungen bei der Nutzung zusätzlicher Politiken. Um diese Fragen anzugehen, liegt die die Wirkung der unterschiedlichen Instrumente auf Basis umfassender empirischer Erschließung folgender Themenbereiche nahe: Daten evaluiert wird. Energie- und klimaökonomische Forschung sollte sich der Analyse der die Instrumen- Strategische Instrumente für Innovation und Infrastrukturentwicklung tenauswahl begründenden Marktversagen sowie den institutionen- und verhaltens- Kurz- und mittelfristige Transformationsprozesse lassen sich in der Regel mithilfe ökonomischen Hindernissen widmen. Darunter fällt nicht zuletzt auch die Analyse der der oben beschriebenen Instrumente anstoßen. Mit Blick auf langfristige Zeithori- Diskrepanzen von technischem und tatsächlich realisiertem Energieeffizienzpotenzial. zonte jenseits des überblickbaren strukturellen und technologischen Rahmens stehen Forschung zu innovativen Politikinstrumenten, wie das sogenannte „Nudging“, kann politische Entscheider jedoch vor dem Problem, dass angesichts der wachsenden hier den politischen Diskurs bereichern. Beispielsweise stellt sich die Frage, ob verhal- Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung selbst tiefgreifende klassische Markt- tenspsychologische Hindernisse bei Effizienzinvestitionen im Gebäudebereich vorliegen instrumente oder Standards nicht mehr ausreichend sind, um die nötige Transformati- und, falls ja, wie diese überwunden werden können, um Investitionen in diesem Bereich onsleistung zu erbringen. So können Pfadabhängigkeiten und Lock-in-Effekte in Bezug zu fördern. So können Interventionen auf Grundlage von Erkenntnissen der Verhal- auf bestehende Technologien sowie unterschiedliche soziale und private Diskontie- tensforschung entwickelt werden, um das energiesparende Verhalten von Haushalten rungsraten dazu führen, dass eine rein dezentral organisierte Gestaltung von Trans- und Unternehmen zu fördern. formations- und Innovationsprozessen über einen langen Zeithorizont nicht gesamt- Darüber hinaus besteht hoher Bedarf an Akzeptanzforschung, vor allem bei Instrumenten wirtschaftlich optimal ist. mit hoher Eingriffstiefe und wenn die Regulierung private Endverbraucher betrifft. Eng Deswegen werden insbesondere in Sektoren mit großer Kapitalintensität, langen Techno- verknüpft mit der Akzeptanz ist die Frage der sozialen Folgen von Regulierung. Das logiezyklen, vielteiliger Wertschöpfungskette und einer beschränkten Möglichkeit, betrifft die direkte oder indirekte Verteilung von Möglichkeiten und Kosten, etwa von über Patente Anreize für längerfristige Investitionen zu schaffen, zusätzliche Instru- Umlagen, aber auch Fragen des Strukturwandels. mente zur Förderung von neuen Technologien eingesetzt. Neben der F&E-Förderung Zur Abschätzung der Effektivität von Politikinstrumenten und der Reaktion von Haushalten werden diese langfristig ausgerichteten Instrumente auch zur Verbesserung der Finanzierungs­bedingungen für strategisch wichtig erachtete Investitionen im Privatsektor genutzt. Dies geschieht zum Beispiel durch eine Umverteilung des allgemeinen Finanzierungsrisikos oder durch eine möglichst glaubwürdige Absicherung regulatorischer Unsicherheiten für Investoren. Das prominenteste Beispiel ist die Förderung erneuerbarer Energien über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Kernelement des EEG ist die Förderung in Form von Einspeisevergütungen, die für jede produzierte Einheit grünen Stroms in der Regel über 20 Jahre in unveränderter Höhe garantiert werden. Dadurch wird Investoren in erneuerbare Energietechnologien das komplette Preisrisiko über die nächsten 20 Jahre abgenommen. Bei derartigen strategischen Instrumenten wird daher jeweils kontrovers diskutiert ob, wie lange, und nach welchen und Unternehmen ist der Aufbau von geeigneter Monitoringkapazität unerlässlich. Moderne Evaluierungsstudien erlauben auf Basis empirischer Daten eine Identifikation der Effektivität von Politikmaßnahmen und kausale Wirkungsanalysen. Trotzdem werden moderne Evaluationsmethoden in Deutschland noch kaum angewandt, vor allem im Bereich der Klimaschutz- und Energiepolitik bestehen hier ganz erhebliche Defizite. Außerdem bestehen noch große Lücken bei der Erforschung der Interaktionen zwischen verschiedenen Politikinstrumenten. Da die umweltökonomische Forschung dazu tendiert, einzelne Politikmaßnahmen zu analysieren, und der Effekt einzelner Politikmaßnahmen auch eine entscheidende Information im politischen Entscheidungsprozess ist, sind mögliche Synergie- und Kannibalisierungseffekte bisher nur unzureichend untersucht. Kriterien vom Regulator interveniert werden soll. 32 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE GESTALTUNG UND WIRKUNGEN KLIMAPOLITISCHER MASSNAHMEN UND INSTRUMENTE 33 FAZIT DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE Marktbasierte Instrumente wie der Emissionshandel sind als kostenminimierende, effektive Instrumente nach wie vor das Kernelement moderner Klima- und Energiepolitik. Zusätzliche Instrumente können allerdings aus einer Reihe von Gründen sinnvoll sein. Um mehrere Zielerreichungsperspektiven (bspw. statisch vs. dynamisch) sowie KOORDINATION „KOSTEN VON KLIMAWANDEL, KLIMASCHUTZ UND auch mehrere Ziele (Emissionsminderung vs. Wettbewerbs­f ähigkeit vs. wirtschaft- ANPASSUNG AN DEN KLIMAWANDEL“: liche Prosperität) abzudecken, ist das Zusammenspiel verschiedener Instrumente Dr. Jesko Hirschfeld | [email protected] | 030-884 594-19 nötig. Zur Gestaltung, Umsetzung und Monitoring eines Instrumentenpaketes sind Dr. Eugen Pissarskoi | [email protected] | 030-884 594-49 klare Rahmen­bedingungen notwendig. Dazu zählt unter anderem auch eine Zielhier- Dr. Sven Schulze | [email protected] | 040-340 576-355 archie, die gleichzeitig die Abwägung zwischen verschiedenen politischen Zielkom- Dr. Jana Stöver | [email protected] | 040-340 576-667 plexen erleichtert und transparent macht. KOORDINATION „ENERGIERESSOURCEN UND KLIMAFREUNDLICHE ENERGIEVERSORGUNG“ Prof. Dr. Karen Pittel | [email protected] | 089-9224-1384 Dr. Katrin Sommerfeld | [email protected] | 0621-1235-216 Dr. Johann Wackerbauer | [email protected] | 089-9224-1277 KOORDINATION „INTERNATIONALE KLIMAVERHANDLUNGEN UND –REGIMES“ Dr. Vicki Duscha | [email protected] | 0721-6809-226 Dr. Ulrike Kornek | [email protected] | 0331-288-2562 Dr. Kai Lessmann | [email protected] | 0331-288-2563 Prof. Dr. Joachim Schleich | [email protected] | 0721-6809-203 KOORDINATION „GESTALTUNG UND WIRKUNGEN KLIMAPOLITISCHER MASSNAHMEN UND INSTRUMENTE“ Dr. Mark Andor | [email protected] | 0201-8149-216 Prof. Dr. Manuel Frondel | [email protected] | 0201-8149-204 Prof. Karsten Neuhoff, Ph.D. | [email protected] | 030-89 789-471 Dr. Sebastian Petrick | [email protected] | 030-89 789-317 34 DIALOG ZUR KLIMAÖKONOMIE IMPULSPAPIERE KONTAKTDATEN 35 VERANSTALTUNGSORT: Cafe Moskau Karl-Marx-Allee 34 | 10178 Berlin ANREISE: http://www.cafemoskau.com/lage/ ANMELDUNG: Wir bitten um eine Anmeldung über unser Onlineformular unter www.kiel-earth-institute.de/AnmeldungStatuskonferenz.html oder per E-Mail an [email protected] WEBSITE DER VERANSTALTUNG: www.kiel-earth-institute.de/Statuskonferenz.html KONTAKT Dr. Lena-Katharina Bednarz Institut für Weltwirtschaft (IfW) an der Universität Kiel Telefon: 0431-8814 278 Mail: [email protected] www.kiel-earth-institute.de/Klimaoekonomie.html www.fona.de/de/17141