Lösungsvorschlag Übung 11 HS 2011 Lösungsvorschlag Übung 11 Aufgabe 1: Der klassische harmonische Oszillator Als Achse in unserem eindimensionalen Koordinatensystem wählen wir die x-Achse, wobei die Gleichgewichtsposition (Position des Teilchens im Ruhezustand) bei x = 0 liege. Da die Kraft bei Auslenkung immer entlang x wirkt, kann man F = Fx = −kx als Skalar schreiben. a) Die Rückstellkraft verursacht eine Beschleunigung des Teilchens gemäss F = ma, wobei die Beschleunigung als a = ẍ = d2 x/dt2 ist. Somit folgt F = ma = − kx mẍ = − kx d2 x k x. = − dt2 m (1.1) (1.2) (1.3) Beachten Sie, dass x eine Funktion der Zeit t ist. b) Wir bestimmen ω, indem wir verifizieren, dass x(t) = x0 sin(ωt + ϕ) (1.4) tatsächlich eine Lösung von Gl. (1.3) ist. Wir setzen Gl. (1.4) in die Differentialgleichung ein: k d2 x(t) = − x(t) 2 dt m d2 k (x sin(ωt + ϕ)) = − x0 sin(ωt + ϕ) 0 dt2 m k −x0 ω 2 sin(ωt + ϕ) = − x0 sin(ωt + ϕ) m k ω2 = mr k ω= ± m (1.5) (1.6) (1.7) (1.8) (1.9) bzw. k = ω 2 m. (1.10) c) Mittels der ersten Anfangsbedingung ẋ(0) = 0 kann ein Ausdruck für die Phase ϕ bestimmt werden, ẋ(t = 0) = 0 = x0 ω cos(ωt + ϕ) = x0 ω cos ϕ. (1.11) Diese Gleichung wird durch π (1.12) ϕ = (2n + 1) , n ∈ Z 2 gelöst. Da die Sinusfunktion in Gl. (1.4) 2π-periodisch ist, können wir uns ohne Beschränkung der Allgemeinheit auf die beiden Fälle ϕ= π 2 und ϕ= 3π 2 (1.13) beschränken. Aus der zweiten Anfangsbedingung ergibt sich x(t = 0) = C = x0 sin(ωt + ϕ) = x0 sin ϕ. (1.14) 1 Lösungsvorschlag Übung 11 HS 2011 Einsetzen der beiden zuvor erhaltenen Werte für ϕ führt zu C = x0 sin π = x0 2 und C = x0 sin 3π = −x0 . 2 (1.15) Es gibt also scheinbar zwei Lösungen, welche die gegebenen Anfangsbedingungen erfüllen. Bei genauerer Betrachtung stellen sich diese jedoch als identisch heraus: π 3π x(t) = C sin ωt + = −C sin ωt + . (1.16) 2 2 Hierbei wurde ausgenutzt, dass sin(α) = − sin(α + π) ist. Für die verbleibenden Teilaufgaben könnte man anstelle der allgemeinen Lösung auch diese spezielle Lösung verwenden, ohne dass sich die Endergebnisse ändern würden. d) Die Gesamtenergie ist die Summe aus kinetischer Energie, 1 1 Ekin (t) = mẋ2 (t) = mx20 ω 2 cos2 (ωt + ϕ), 2 2 (1.17) und potentieller Energie, 1 1 1 Epot (t) = kx2 (t) = kx20 sin2 (ωt + ϕ) = ω 2 mx20 sin2 (ωt + ϕ), 2 2 2 (1.18) so dass 1 1 Etot = Ekin (t) + Epot (t) = mω 2 x20 cos2 (ωt + ϕ) + sin2 (ωt + ϕ) = mω 2 x20 . 2 | {z } 2 (1.19) =1 Die Gesamtenergie hängt somit nicht von der Zeit t ab und ist gleich der Energie bei t = 0. e) Die kinetische Energie ist gegeben durch p2 (t) 2m (1.20) k 2 x (t). 2 (1.21) Ekin = und die potentielle Energie durch Epot = Die gesamte Energie lässt sich somit schreiben als Etot = Ekin + Epot = p2 k + x2 . 2m 2 (1.22) Sie wird in der klassischen Mechanik auch als Hamilton-Funktion des Systems bezeichnet. 2 HS 2011 P(ξ) / (mω/ħ) Lösungsvorschlag Übung 11 Auslenkung ξ P(ξ) / (mω/ħ) Abbildung 1-1: Vergleich zwischen klassischer (schwarz) und quantenmechanischer (farbig) Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte. Die Kurve für n =p0 ist blau, die für n = 2 rot und die für n = 10 orange dargestellt. Die Abszisse zeigt die Auslenkung als ξ = x mω/~. Für eine bessere Erkennbarkeit wurde die Kurve für n = 2 um +2 und die für n = 10 um +4 verschoben. Auslenkung ξ Abbildung 1-2: Vergleich zwischen klassischer (schwarz) und quantenmechanischer (blau) Aufenthaltswahrp scheinlichkeitsdichte für n = 50. Die Abszisse zeigt die Auslenkung als ξ = x mω/~. Aufgabe 2: Der quantenmechanische harmonische Oszillator a) Unter Beachtung des Korrespondenzprinzips (p → p̂ und x → x̂) lässt sich der Hamiltonoperator aus Etot herleiten. Er ist gegeben durch p̂2 k Ĥ = + x̂2 . 2m 2 (2.1) b) Der klassische und der quantenmechanische Oszillator haben die gleiche Winkelfrequenz ω, jedoch ist für das Quantensystem die Energie quantisiert, da nur bestimmte Energieeigenwerte En erlaubt sind, wobei n die entsprechende Quantenzahl ist. Die Energieniveaus sind dabei äquidistant, wie man an der angegebenen Gleichung erkennen kann (Unterschied zum Teilchen im Potentialkasten). Der klassische Oszillator kann im Gegensatz dazu beliebige 3 Lösungsvorschlag Übung 11 HS 2011 Energien annehmen. Ein weiterer Unterschied ist die Energie des Grundzustands. Während der klassische Oszillator einen Ruhezustand einnehmen kann, der keine Energie hat, kann die Energie des quantenmechanischen Oszillators nicht kleiner als ~ω/2 sein (der Ruhezustand des quantenmechanischen Oszillators würde die Heisenbergsche Unschärferelation verletzen, da in diesem Zustand sowohl Impuls als auch Ort exakt bekannt wären, d.h. ∆x = ∆p = 0 gelten würde). qm c) Die quantenmechanischen Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichten P0qm (ξ), P2qm (ξ) und P10 (ξ) sind in Abbildung 1-1 farbig dargestellt. d) Die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte weist für n=0 ein Maximum am Ursrpung auf. Für n=1 hat die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte zwei Maxima und eine Nullstelle am Ursprung. Für n=2 gibt es drei Maxima, davon eines am Ursprung, welches kleiner als die anderen beiden ist. Mit zunehmender Quantenzahl werden die aussen liegenden im Verhältnis zu den innen liegenden Maxima stetig grösser und verschieben sich zu immer grösseren Auslenkungen. Am Ursprung wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit hingegen immer geringer. Dies ist in Abbildung 1-2 für n=50 illustriert. Die Anzahl der Knotenpunkte oder Nullstellen in der Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte ist gleich der Quantenzahl n. Je mehr Knoten, desto höher der Energieeigenwert. Wie bereits unter b) erwähnt, kann das oszillierende Teilchen im klassischen Fall alle Energie abgeben (E = 0) und sich entsprechend exakt am Ursprung aufhalten. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte des quantenmechanischen Oszillators zeigt dagegen aufgrund der nicht verschwindenden Nullpunktsenergie eine glockenkurvenförmige Verteilung um den Ursprung. Ausserdem erkennt man, dass die Bewegung des klassischen Oszillators beschränkt ist auf den Bereich, der durch die Gesamtenergie vorgegeben ist. In Bereichen mit höherer potentieller Energie kann sich das Teilchen nicht aufhalten. Für den quantenmechanischen Oszillator ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte im klassisch verbotenen Gebiet dagegen von Null verschieden und fällt monoton gegen Null ab. Die klassische Aufenthaltsdauer des Teilchens an einem Ort ist umgekehrt proportional zur jeweiligen Geschwindigkeit. An den Umkehrpunkten der Oszillation, also bei maximaler Auslenkung, ist diese Geschwindigkeit Null und somit die Aufenthaltsdauer maximal. Je grösser n wird, desto ähnlicher werden die Kurven für klassichen und quantenmechanischen Oszillator in Abbildung 1-2. Das Korrespondenzprinzip ist also erfüllt. Aufgabe 3: Der quantenmechanische Rotator Nach dem Korrespondenzprinzip können wir aus der klassischen Rotationsenergie Erot den Hamiltonoperator Ĥrot konstruieren. Ĥrot ~ˆl 2 = 2mr2 (3.1) ˆ Für den Drehimpulsoperator ~l2 gilt folgende Eigenwertgleichung ~ˆl 2 Yl,m (θ, φ) = ~2 l(l + 1) Yl,m (θ, φ), (3.2) so dass man für das rotierende Teilchen die Eigenwertgleichung Ĥrot Yl,m (θ, φ) = ~2 l(l + 1) Yl,m (θ, φ) 2mr2 (3.3) 4 Lösungsvorschlag Übung 11 HS 2011 erhält, mit den Energieeigenwerten Erot = ~2 l(l + 1) 2mr2 (3.4) Dabei kann l ganzzahlige Werte l = 0, 1, 2, 3, ... annehmen. Aufgabe 4: Nullpunktsenergie i. Das freie Teilchen entspricht einem Teilchen im Kasten für den Grenzwert der Kastenlänge L → ∞. Dabei gehen die diskreten Energiezustände En in ein Kontinuum über und alle Energiezustände sind realisierbar. Somit ist es für das freie Teilchen möglich, keine kinetische Energie zu haben, was einem Stillstand des Teilchens entspricht. (Dies ist kein Widerspruch zur Heisenbergschen Unschärferelation, da für ein ruhendes Teilchen zwar der Impuls bekannt, dafür aber der Ort völlig unbestimmt ist.) ii. Das Teilchen im eindimensionalen Kasten mit Länge L kann folgende diskrete Energiezustände einnehmen: En = n2 h2 8mL2 (4.1) 2 h Für die möglichen Werte n = 1, 2, 3, .. folgt eine Nullpunktsenergie En=1 = 8mL 2 , d.h. das Teilchen im eindimensionalen Kasten hat immer eine von Null verschiedene Energie. Da dann auch der Erwartungswert der kinetischen Energie von Null verschieden sein muss, kann das Teilchen nicht zum Stillstand kommen. iii. Der harmonische Oszillator kann folgende Energiewerte einnehmen: 1 Eν = (ν + )~ω 2 (4.2) Für die möglichen ν = 0, 1, 2, 3... folgt eine Nullpunktsenergie Eν=0 = 12 ~ω. Ebenso wie das Teilchen im eindimensionalen Kasten hat der harmonische Oszllator immer eine von Null verschiedene Energie und kann nicht zum Stillstand kommen. iv. Wie in Teilaufgabe a) berechnet, kann ein Teilchen, das um einen fixen Punkt rotiert die diskreten Energiezustände Erot = ~2 l(l + 1) 2mr2 (4.3) einnehmen. Für l = 0, 1, 2, 3... folgt eine Nullpunktsenergie El=0 = 0. Dies bedeutet, dass das die Rotationsbewegung zum Stillstand kommen kann. Ein freies rotierendes Teilchen hat deshalb keine Nullpunktsenergie. 5