Ruhr-Universität Bochum PD Dr. med. Michael Krismann Dienstort: Augusta-Krankenanstalt Abteilung: Institut für Pathologie Immunhistochemische Differentialdiagnose von kleinzelligen Lungenkarzinomen und epitheloiden Mesotheliomen Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Zahnmedizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität-Bochum vorgelegt von Janine Pohlmann aus Hattingen 2007 Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr Referent: PD Dr. med. M. Krismann Koreferent: Prof. Dr. med. A. Tannapfel Tag der mündlichen Prüfung: 29. Mai 2008 meinen Eltern gewidmet Inhaltsverzeichnis 3 1 Einleitung 6 1.1 Geschichtlicher Überblick 6 1.2 Entwicklungsgeschichte und Anatomie der Pleura und der angrenzenden Strukturen 8 1.2.1 Histogense 10 1.2.2 Gefäßversorgung, Lymphbahnen und Nerven 11 1.2.3 Funktionen der Pleura 12 1.3 Epidemiologie und Inzidenz 13 1.4 Maligne Mesotheliome 15 1.4.1 Klinische und radiologische Befunde, Therapie und Prognose 15 1.4.2 Makroskopische Befunde 23 1.5 25 Asbest 1.5.1 Historischer Überblick 25 1.5.2 Fasertypen 27 1.5.3 Charakteristische Eigenschaften der Fasern und Pathogenese 28 1.5.4 Vorkommen und Verbrauch von Asbest 31 1.6 Andere ätiologische Aspekte 33 1.7 Berufskrankheit Mesotheliom 35 1.8 Primäre pulmonale kleinzellige Karzinome 36 1.9 Sekundäre Pleuratumoren 40 1.10 Metastasierungsverhalten der sekundären Tumoren der Pleura 42 1.11 Immunhistochemie zur Sicherung der Diagnose maligner Pleuratumoren 43 2 Fragestellung 45 3 Materialien und Methoden 46 3.1 Materialien 46 3.1.1 Mesotheliome 47 3.1.2 Kleinzellige Tumore 49 3.2 50 Methoden 3.2.1 TMA-Technik 50 3.2.2 Färbevorgang 55 Inhaltsverzeichnis 3.3 Verwendete Antikörper 4 58 3.3.1 CD 56 59 3.3.2 Thyreoidaler Transkriptionsfaktor (TTF1) 60 3.3.3 CK 5/6, CK MNF 116 61 3.3.4 Calretinin 62 3.3.5 Ki-67 63 3.4 64 Beurteilung der Reaktionsmuster 3.4.1 Sensitivität 68 3.4.2 Spezifität 68 3.4.3 positiver-/negativer prädiktiver Wert 68 3.4.4 Statistische Aussagen 69 4 Ergebnisse 71 4.1 Alters- und Geschlechtsverteilung 71 4.1.1 Gesamtkollektiv 71 4.1.2 Teilkollektiv der männlichen Patienten 72 4.1.3 Teilkollektiv der weiblichen Patienten 73 4.2 4.3 Ergebnisse hinsichtlich der Vergleichbarkeit von TMA-Schnitten versus Originalschnitten 74 Ergebnisse der immunhistochemischen Untersuchungen 76 4.3.1 TTF1 77 4.3.2 Zytokeratine (MNF 116 und CK 5/6) 80 4.3.3 CD 56 85 4.3.4 Calretinin 89 4.3.5 Ki-67 92 4.4 96 Einsatz von Markerkombinationen 4.4.1 TTF1 und CD 56 97 4.4.2 CK MNF 116 und CK 5/6 98 4.4.3 Calretinin und CK MNF 116 99 4.4.4 TTF1, CD 56 und Ki-67 100 4.4.5 TTF1 und CK MNF 116 102 Inhaltsverzeichnis 5 4.4.6 CD 56 und TTF1 103 4.4.7 TTF1 und Calretinin 104 4.4.8 Calretinin und CD 56 105 4.5 108 Kasuistische Beispiele 4.5.1 Pseudomesotheliomatös wachsendes kleinzelliges Karzinom 108 (Fall 105) 4.5.2 Fraglicher Fall eines Pleuramesothelioms (Fall 6 F) 110 5 Diskussion 113 5.1 Allgemeine Betrachtungen zum methodischen Vorgehen 113 5.1.1 Qualitätskontrolle 115 5.1.2 TMA-Technik 116 5.1.3 Heterogenität epitheloider Mesotheliome und kleinzelliger Karzinome 117 5.2 119 Immunhistochemische Untersuchungen 5.2.1 Thyreoidaler Transkriptionsfaktor (TTF1) 120 5.2.2 Zytokeratine 124 5.2.3 CD 56 133 5.2.4 Calretinin 136 5.2.5 Ki-67 139 5.3 Anwendung von Markerkombinationen zur differentialdiagnostischen Abgrenzung epitheloider Mesotheliome und kleinzelliger Karzinome 142 6 Zusammenfassung 146 6.1 Einleitung 146 6.2 Material und Methoden 146 6.3 Ergebnisse 146 6.4 Diskussion 148 7 Literaturverzeichnis 149 1 Einleitung 1 Einleitung 1.1 Geschichtlicher Überblick 6 Erstmals beschrieben wird die Existenz eines bösartigen Tumors der serösen Häute im Jahre 1767 von Joseph Liteutaud (Brockmann und Müller, 1991). Dennoch wird meist erst die Arbeit von Wagner aus dem Jahre 1870 als Ausgangspunkt der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dieser Tumorentität angesehen. Schon 1906 berichtete Auribault über den Tod von Arbeitern, die in den Jahren 1890-1895 in einer Asbestspinnerei und Weberei gearbeitet hatten. 1908 wurde über 30 Arbeiter berichtet, die ebenfalls in der asbestverarbeitenden Industrie beschäftigt waren und zwischen 1894 und 1906 wegen progredienter Schwindsucht behandelt worden waren (Neumeister et al., 2001). Zu diesem Zeitpunkt wurde noch kein Zusammenhang zwischen Asbest und den Erkrankungen der Arbeiter hergestellt, obwohl Asbest 1902 in die Liste gesundheitsgefährdender Stäube aufgenommen worden war. Vielmehr war man der Ansicht, die rasch zum Tode führende Erkrankung sei auf Kalkstaub und die damit einhergehende Anfälligkeit für Tuberkulose zurückzuführen. In den folgenden Jahren wurden in verschiedenen Ländern der Welt Untersuchungen bezüglich bösartiger Pleuratumoren durchgeführt und versucht, erste ätiologische und pathogenetische Erkenntnisse zu gewinnen. Eine einheitliche Terminologie wurde erst 1931 von Klemperer und Rabin mit der Abgrenzung eines benignen lokalisierten und eines malignen diffusen Mesothelioms eingeführt. Schon zu diesem Zeitpunkt war eine große histologische Vielfalt des Pleuramesothelioms bekannt und von Klemperer und Rabin auf die Pluripotenz der Mesothelzellen zurückgeführt worden. Heute wird die Gruppe der malignen Mesotheliome in lokalisierte maligne und diffuse maligne Formen aufgeteilt, wobei letztere in epitheloide, biphasische und sarkomatoide Typen eingeteilt werden (Brockmann und Müller, 1991). 1 Einleitung 7 Trotz zahlreicher weiterer Veröffentlichungen über maligne Pleuratumoren und die Assoziation mit dem universellen Werkstoff Asbest, die erstmals von Gloyne und Weiss 1935 in Großbritannien in Bezug zur Ätiologie dieses Tumors gesehen wurde (McDonald und McDonald,1996), wenig später auch von Nordmann u.a., erlangte die Existenz eines Mesothelioms als eigene Tumorentität erst mit der Arbeit von Wagner et al. (1960) breite Anerkennung. Auch eine epidemiologische Bestätigung der Vermutung von Gloyne und Weiss im Hinblick auf die induzierende Wirkung von Asbest konnte von Wagner et al. erfolgen. Eine auffällige Verbindung zwischen Asbestexposition und dem Auftreten von Pleuramesotheliomen wurde bei Minenarbeitern in der nordwestlichen Kapprovinz von Südafrika festgestellt. Wagner bezeichnete die pathologische Veränderung als „tuberkelähnliches Lymphom“ der Pleura (Wagner et al., 1960). Seitdem wurde vor allem in den Industrienationen bis heute durch den weit verbreiteten Einsatz von Asbest besonders nach dem zweiten Weltkrieg eine Zunahme der Mesotheliominzidenz beobachtet. Dennoch erfolgte die Anerkennung des Pleuramesothelioms als Berufskrankheit erst 1977 mit der Folge, dass immer mehr Verdachtsfälle schon zu Lebzeiten gemeldet und auch anerkannt wurden. 1 Einleitung 1.2 8 Entwicklungsgeschichte und Anatomie der Pleura und der angrenzenden Strukturen Im 1. Embryonalmonat entwickelt sich, ausgehend vom Ektoderm, das extraembryonale Mesoderm. Es ist vorwiegend aus kubischen Zellen aufgebaut, aus denen das spätere Mesothel (Deckepithel) hervorgeht, und kleidet als parietales Mesoderm die Außenwand und als viszerales Mesoderm die Innenwand der Zölomhöhle, der Vorläuferin der Körperhöhlen, aus. Mit fortschreitender Differenzierung des Bronchialsystems entwickelt sich dann aus dem viszeralen Blatt des Mesoderms die Pleura viszeralis, welche die spätere Lunge, ausgenommen den Hilus und die Stelle von der das Lig. pulmonale abgeht, vollständig bedeckt (Langmann, 1985). Sie setzt sich auch in den Fissurae interlobares der Lunge fort. Mit zunehmender Vergrößerung der Lungenanlagen und der Pleurahöhlen bekommen diese schließlich Kontakt mit dem Herzen und der Thoraxwand. Diese wird von der Pleura parietalis ausgekleidet, die aus dem parietalen Blatt des Mesoderms entstanden ist (Moore und Persaud, 1996). Die beiden Pleurablätter gehen am Lungenstiel ineinander über (Rauber und Kopsch, 1987). Sowohl die Lungenoberfläche als auch die seitliche Thoraxwand sind also in gleicher Weise von einer serösen Haut bedeckt. Zwischen den Pleurablättern befindet sich ein weniger als 20 µm breiter Spaltraum, der mit 3-5 ml einer hyaluronsäurereichen Flüssigkeit gefüllt ist. Viszerale und parietale Pleura bestehen mikroskopisch aus 5 verschiedenen Schichten: • Mesothelschicht mit Basalmembran • sehr dünne Schicht submesothelialen Bindegewebes • äußere elastische Grenzlamelle • Pleurahauptschicht • innere elastische Grenzlamelle 1 Einleitung 9 Die Pleuradeckschicht, das Mesothel, besteht aus einer einschichtigen Lage flacher bis kubischer Zellen, die im apikalen Bereich einen dichten Mikrovillibesatz aufweisen. Diese sind von einer sog. Glykokalix, einer Gleitschicht, umgeben, die eine hohe Affinität zu Hyaluronsäure besitzt und das Gleiten der beiden Pleurablätter während der Atemexkursion erleichtert (Herbert, 1986). Die Zellen der Mesothelschicht verformen sich während der Atembewegung und sind durch Desmosomen miteinander verbunden (Müller, 1994). Das Mesothel ist von der darunterliegenden Pleurahauptschicht durch eine Basalmembran separiert. Die Pleurahauptschicht ist aus kollagenem Bindegewebe mit einzelnen mesenchymalen Zellen aufgebaut, sie wird zum Mesothel durch eine äußere elastische Grenzlamelle, zur Lunge durch die innere, straffer entwickelte elastische Grenzlamelle abgegrenzt (Müller, 1983). Sowohl Blut- und Lymphgefäße als auch Nerven verlaufen in der Pleurahauptschicht. Die Struktur der Pleura parietalis ist der der Pleura viszeralis sehr ähnlich, dennoch gibt es einige funktionelle und strukturelle Unterschiede. Während die Pleura visceralis der Lungenoberfläche fest anliegt, ist die Pleura parietalis mit der Brustwand durch eine Bindegewebsschicht (Fascia endothoracica) verschieblich verbunden (Waldeyer und Mayet, 1979). Mikroskopisch lassen sich in der Pleurahauptschicht der Pleura parietalis keinerlei elastische Schichten belegen, und nur in einigen Abschnitten befinden sich ausgeweitete Lymphgefäße, die direkt mit der Pleurahöhle in Verbindung stehen und in der Lage sind, Partikel bis Erythrocytengröße (8,4 µm) aufzunehmen. Sowohl die Pleura parietalis als auch die Pleura viszeralis besitzen transsudative und resorptive Fähigkeiten, allerdings ist die resorptive Leistung der Pleura parietalis deutlich größer. 1 Einleitung 1.2.1 10 Histogenese Wie aus der Embryonalentwicklung deutlich wird, entstammen sowohl die hochdifferenzierten Zellen des Mesoderms als auch die mesenchymalen Zellen des submesothelialen Bindegewebes demselben Ursprungsgewebe. Aus diesem Grunde liegt die Vermutung nahe, dass epitheloide Pleuratumoren, die mikroskopisch die Zellen des Mesothels imitieren und sarkomatoide Tumoren, deren Erscheinungsbild dem der spindelförmigen Zellen des submesothelialen Bindegewebes weitgehend entspricht, ebenfalls aus einer gemeinsamen Stammzelle entstehen. Eine Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen hat sich mit der Klärung dieser Frage befasst. Der obigen Argumentation folgend sind viele Autoren der Meinung, dass beide Tumorentitäten sich aus einer Stammzelle des Mesothels entwickeln (Stosiek und Goertchen, 1986). Demgegenüber steht eine Reihe von Forschern, die der Ansicht sind, sowohl epitheloide als auch sarkomatoide Mesotheliome entstünden aus Subserosazellen. (Brockmann et al., 1991). Die abschließende Klärung der Frage nach ihrer Histogenese ist bis dato weiterhin unklar. 1 Einleitung 1.2.2 11 Gefäßversorgung, Lymphbahnen und Nerven Die Blutversorgung der Pleura parietalis erfolgt hauptsächlich über Intercostal- und Zwerchfellarterien, im Pericardbereich über die Aorta, wohingegen die Pleura viszeralis von Pulmonal- und Bronchialarterien mitversorgt wird. Die Gefäße verlaufen in der bindegewebigen Pleurahauptschicht. Über Sammelvenen gelangt das Blut in die interlobulären Venen, um dem Körperkreislauf wieder zugeführt zu werden. Zusätzlich führt die Pleurahauptschicht ein dichtes System von Lymphgefäßen. Sie befinden sich vorwiegend entlang der peripheren Grenze zum umgebenden Lungengewebe und münden schließlich in die interlobulären Lymphbahnen der Lunge. Die Pleura parietalis besitzt Stomata, über die sie direkt mit der Pleurahöhle in Verbindung steht und somit den Abtransport auch größerer Partikel aus dem Pleuraspalt in die Brustwand gewährleistet. Im kaudalen Bereich sowie im Bereich des Zwerchfells ist die resorptive Leistung aufgrund der Häufung der Stomata am höchsten. Ihr Durchmesser beträgt im Durchschnitt 1,2 µm, kann sich aber durch eine Dehnung im Zuge der Einatmung bis um das Zehnfache erweitern. Es wird verständlich, weshalb sich Partikel, darunter auch Asbestkörper, bevorzugt in diesen Bereichen der Pleurablätter ansammeln. Die Phagozytoseaktivität der Pleuradeckzellen ist gering. Die Pleura viszeralis besitzt im Gegensatz zur Pleura parietalis keine sensiblen Fasern, letztere wird sensibel von Ästen des Nervus phrenicus und von Intercostalnerven innerviert. Die Pleura viszeralis wird durch Äste des N. vagus und der sympathischen Nerven innerviert, die auch die Bronchien versorgen (Müller, 1983). 1 Einleitung 1.2.3 12 Funktionen der Pleura Es existieren drei wesentliche Funktionen der Pleura: Durch ihre große Oberfläche und den interpleuralen Flüssigkeitsfilm wird eine leichtere Beweglichkeit der Lungen gewährleistet. Zusätzlich wird durch den Flüssigkeitsfilm eine verschiebliche Haftung zwischen Pleura viszeralis und Pleura parietalis erreicht. Zudem besitzt die Pleura, besonders die Pleura viszeralis, eine Art Stützfunktion gegenüber dem leichten elastischen Lungengewebe, das gewissermaßen zwischen den Blättern der Pleura viszeralis „aufgespannt“ ist. Durch den dichten Abschluss zum Lungengewebe, den die Pleura gewährleistet, herrscht in der Pleurahöhle ein stetiger negativer Druck von 0,4-0,8 kPa. Hierdurch wird ein Kollaps der Lungen in der Expirationsphase vermieden (Lee und Olak, 1994). 1 Einleitung 1.3 13 Epidemiologie und Inzidenz Das maligne Pleuramesotheliom als hochmaligner Tumor der serösen Häute ist eine in der Normalbevölkerung selten zu diagnostizierende Neoplasie. Die Inzidenz variiert zwischen einem und 15 Fällen pro einer Million Einwohner (Neumann et al., 2001, Müller et al., 2003). Bei stattgehabter Asbestexposition dagegen nimmt die Häufigkeit der diagnostizierten Fälle erheblich zu. Studien gehen von sechs bis elf Erkrankten pro 100 Exponierten aus, sodass man von einem „Signaltumor“ bei Asbestexposition spricht (Müller et al., 2003, Konietzko et al., 2000). Tatsächlich kann bei 70-90% der Erkrankten von einer meist beruflich bedingten Asbestexposition ausgegangen werden (Krismann und Müller, 2000). Andere Studien nehmen sogar an, dass nahezu 100% aller Mesotheliome durch Asbest und andere biobeständige Fasern kritischer Länge hervorgerufen werden, wenn die Gefährdung in der Umwelt und im privaten Bereich mitberücksichtigt wird (Konietzko et al., 2000). Allerdings ist es mitunter schwierig, eine eindeutige Asbestexposition zu eruieren, da zwischen Exposition und Manifestation der ersten Symptome eine durchschnittliche Latenzzeit von 35 Jahren liegt, wobei hier Abweichungen zwischen 10 und 60 Jahren vorkommen können. Der jüngste Mesotheliompatient verstarb mit 36 Jahren (Drechsel-Schlund et al., 2003). Dies ist wahrscheinlich auf eine Exposition im Kindesalter zurückzuführen. Der Altersmedian der Patienten liegt im Allgemeinen zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr, wobei Männer weitaus häufiger betroffen sind als Frauen, die 13-22% der Fälle ausmachen (Neumeister et al., 2001, Bittmann und Wöckel, 2003). Dies ist anhand der Tatsache zu erklären, dass in den sog. Staubberufen zum überwiegenden Teil Männer tätig gewesen sind. Das Risiko einer Asbeststaubexposition war in handwerklichen Berufen, etwa im Isolier- Bau-, Metall- und Elektrohandwerk oder den Asbestzementprodukte herstellenden Industriezweigen, besonders hoch (Woitowitz et al., 1989). Im Gegensatz zum asbestassoziierten Lungenkrebs gibt es bei der Entstehung asbestassoziierter Mesotheliome keine Schwellendosis. Vielmehr können auch 1 Einleitung 14 kurze Expositionzeiten nach entsprechender Latenzzeit Mesotheliome verursachen. Die gewerblichen Berufsgenossenschaften berichteten 2003 über eine Textilarbeiterin, die nach einer Exposition von drei Wochen an einem Mesotheliom erkrankte und daran verstorben war. Hain et al. verwiesen 1984 auf einen Patienten, der nach einer entsprechenden Latenzzeit nach nur zweiwöchiger Exposition im beruflichen Bereich an einem Mesotheliom erkrankt war. Im Allgemeinen liegt aber eine über mindestens zwei Jahre sich erstreckende Exposition im beruflichen oder urbanen Bereich vor (Hain et al., 1984). Im Jahre 2004 wurden im Deutschen Mesotheliomregister 780 neue Patienten mit einer Mesotheliomerkrankung erfasst, im selben Jahr wurden 808 Berufskrankheiten nach Ziffer 4105 anerkannt (Butz, 2004). Im Vergleich dazu waren es 1988 nur 168 Fälle (Neumann et al., 2001), was einerseits daran liegt, dass diese vergleichsweise seltene Erkrankung auch außerhalb spezialisierter Zentren immer häufiger diagnostiziert wird, andererseits aber auch an einer Zunahme der Erkrankungshäufigkeit. Da in Deutschland der maximale Asbestverbrauch zwischen 1965 und 1980 stattfand (Krismann und Müller, 2000), ist das Maximum der Inzidenz nach entsprechender Latenzzeit zwischen 2010 und 2015 (Coenen und Schenk, 1990) zu erwarten. Seit den 80er Jahren nimmt der Asbestverbrauch stetig ab. Obwohl schon 1979 die gesundheitsschädigende Wirkung bekannt war, konnte erst nach einem langwierigen Prozess über viele Jahre, und nachdem geeignete Ersatzstoffe zur Verfügung standen, in einigen Industrieländern ein Herstellungs- und Verwendungsverbot durchgesetzt werden. In Deutschland erfolgte das Verbot 1993. Seitdem ist eine Verarbeitung nur noch mit Sondergenehmigungen weiterhin zulässig, oder wenn der Umgang im Rahmen von Abbruch- Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten nicht zu vermeiden ist (Merget, 2005). Dennoch werden v.a. in den sog. Schwellenländern (z.B. China) noch immer jährlich etwa 2.5 Mio. Tonnen Asbest gewonnen und verwendet. 1 Einleitung 1.4 Maligne Mesotheliome 1.4.1 Klinische und radiologische Befunde, Therapie und Prognose 15 Die klinische Symptomatik ist in frühen Erkrankungsstadien meist uncharakteristisch. Eines der ersten, und führendes Symptom ist ein schlecht zu lokalisierender thorakaler, einseitiger, meist dumpfer Schmerz, oft atemabhängig mit gleichzeitiger Manifestation eines einseitigen Pleuraergusses und Dyspnoe. Des Weiteren klagen etwa ein Drittel der Patienten über einen begleitenden Reizhusten. Mit Fortschreiten der Erkrankung kommen typische Symptome wie Abgeschlagenheit, Fieber, Gewichtsverlust und Nachtschweiß hinzu. In Spätstadien ist häufig eine zur Seite gebeugte, schmerzbedingte Schonhaltung der Patienten zu beobachten (Neumeister et al., 2001). Die zum Teil sehr starken Schmerzen sind Folge des infiltrativen Wachstums des Tumors in Brustwand und Muskulatur und die dadurch eingeschränkte Beweglichkeit der Lungen während der Atemexkursion. Greift der Tumor auf das Mediastinum über und infiltriert das Perikard, kommt es dort zur Ergussbildung mit typischer klinischer Symptomatik. Bei bereits weit fortgeschrittenem Wachstum findet man zwar einen Befall der mediastinalen Lymphknoten, eine hämatogene Metastasierung findet sich dagegen erst spät. Zur Sicherung der Diagnose kommen invasive und nicht invasive Maßnahmen zur Anwendung: Radiologisch und computertomographisch zeigt ein Mesotheliom neben einem einseitigen Pleuraerguss, der bei vielen Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose vorliegt, oftmals ein ungleichmäßiges arkadenförmiges Wachstum, welches sich in Form eines Begleitschattens an den vom Erguss nicht überdeckten Anteilen der Thoraxwand darstellt. In späten Stadien sind besonders im basalen Bereich zum Teil massive knollenartige Verschattungen und Verschwartungen der betroffenen Seite zu diagnostizieren. Eine Ausbreitung zur Gegenseite erfolgt meist erst in späten Stadien (Calavrezos und Hain, 1982). 1 Einleitung 16 Da es mittels hochauflösender Computertomographie (HRCT) möglich ist, Strukturen bis zu 3 mm darzustellen, ist es denkbar, auch Mesotheliome in sehr frühen Stadien zu diagnostizieren, was bei den sog. Hochrisikogruppen im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen von Bedeutung sein kann (Hering et al., 1993). Um ein Frühmesotheliom handelt es sich nach Müller, „ wenn sicher eine noch frühe Infiltration auf beurteilbare Areale der Pleurahauptschicht beschränkt bleibt “, es sich also um ein pT1(a) Stadium handelt. Nach Bauer (1993) sind nachsorgende Untersuchungen dann durchzuführen, wenn die Auslöseschwelle am Arbeitsplatz überschritten wurde, und eine Asbeststaubexposition länger als drei Monate vorlag. Ab einem Wert von 15000 F/m³ besteht die Pflicht zur Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen. Laut Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVGB) erwiesen sich die Mortalitätsraten für die Diagnose Mesotheliom speziell bei den Beschäftigten der Asbesttextil- sowie der Asbestzementprodukte herstellenden Industrie und der verarbeitenden Handwerksberufe als sehr hoch (Woitowitz et al., 1989). Im Rahmen der Hochrisikogruppen- Identifikation sollten die relevanten Zeitdaten der Asbesteinwirkung (Beginn der Exposition und Dauer), ebenso wie das Lebensalter der Patienten berücksichtigt werden, da das Risiko sich mit zunehmender Dauer der zurückliegenden Einwirkzeit erhöht. Die Auswertung von Studienergebnissen führt zu der Annahme, dass das Lebensalter zwischen 60 und 65 Jahren ein für diese Erkrankung prädestinierter Lebensabschnitt zu sein scheint, auch wenn die Einwirk- und Latenzzeiten eine viel breitere Streuung vermuten lassen (Drechsel-Schlund et al., 2003). 1 Einleitung 17 Eine neuere Methode zur Diagnosesicherung ist die Positronenemissionstomographie (FDG-PET). Mit einer Genauigkeit von bis zu 92% gelingt die Unterscheidung zwischen gutund bösartigen Prozessen. Zudem bestehen auch in der Darstellung mediastinaler Lymphknotenmetastasen, deren frühzeitige Diagnose im Rahmen eines multimodalen Therapieschemas große prognostische Bedeutung erlangt, einige Vorteile gegenüber dem CT oder dem MRT (Neumeister et al., 2001). Die beschriebenen Befunde sind nicht spezifisch für das maligne Pleuramesotheliom, besonders im Hinblick auf die häufige Metastasierung anderer Tumorentitäten in die Pleura. Aufgrund mehrerer Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass trotz vielfältiger bildgebender Untersuchungsmethoden zur Diagnosesicherung zu Lebzeiten in den allermeisten Fällen eine videogestützte Thorakoskopie nötig ist, die die Beurteilung sämtlicher Pleuraflächen unter direkter Sicht erlaubt und den Patienten kaum belastet (Dienemann, 2005). Allerdings sollten wegen der noch an anderer Stelle zu erwähnenden großen Heterogenität mehrere Proben von verschiedenen Abschnitten entnommen werden. Eine „blinde“ Pleurabiopsie hat dagegen nur eine Sensitivität von unter 50%, da Mesotheliome der Pleura oft in den distalen Bereichen der parietalen/ diaphragmalen Pleura auftreten, die für eine Biopsie schwer zugänglich sind (Konietzko et al., 2000). Als weitere diagnostische Maßnahme kommt schließlich die Pleurapuktion in Betracht, wobei jedoch auch hier nur in 35-50% der Fälle der definitive Nachweis maligner Zellen im Exsudat gelingt. Eine negative Zytologie kann also keinesfalls ein Mesotheliom ausschließen (Müller et al., 2003). Eine Bronchoskopie mit anschließender histologischer oder zytologischer Untersuchung kommt beim erforderlichen differentialdiagnostischen Ausschluss eines peripheren Bronchialkarzinoms in Betracht (Calavrezos und Hain, 1982). Aufgrund der oben geschilderten Symptome, die lange Zeit unspezifisch bleiben, werden die meisten Pleuramesotheliome in bereits weit fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert, weshalb besonders pallativen Therapiemaßnahmen große Bedeutung zukommt. 1 Einleitung 18 Die Pleurektomie oder die Entfernung größerer Tumormassen zur Schmerzlinderung kann indiziert sein. Auch die Pleurodese mit Tetracyclinen oder Talkum ist bei rezidivierenden Pleuraergüssen sehr wirkungsvoll. Beide Substanzen sind in ihrer Wirkung einander gleichwertig (Müller et al., 2003). Angaben zur kurativen Radiotherapie sind selten. Sie wird von den meisten Autoren kritisch beurteilt, da die großen Strahlenfelder und die notwendigerweise hohen Dosen zu erheblichen Nebenwirkungen führen können, sie ist jedoch als Schmerztherapie sehr wirkungsvoll (Mezger, 2000, von Bültzingslöwen, 1996). Erhebliche Bedeutung hat sie in der Bestrahlung von Punktionsstellen bei vorangegangener Biopsie, Punktion oder Drainage erlangt, da der Tumor in diesen Bereichen oftmals nach außen wächst. Eine chirurgische Intervention wird im Allgemeinen nur bei Patienten mit einem Stadium I oder frühem Stadium II und gleichzeitig gutem Allgemeinzustand zu vertreten sein, was zum Zeitpunkt der Diagnose nur bei weniger als 30% der Patienten zutrifft. Die potentiell kurative, erweiterte Pleuropneumonektomie im Sinne einer radikalen Resektion des gesamten Tumors mit angrenzenden Strukturen wie Diaphragma und Perikard (sog. P3D) ist möglich, jedoch mit einer hohen Morbidität belastet. 25% der Patienten erleiden ernsthafte Komplikationen (Müller et al., 2003). Mit limitierten Eingriffen wie Dekortikation und Pleurektomie, liegt die postoperative Mortalität zwar nur bei 2%, allerdings werden sie letztlich nur in pallativer Absicht durchgeführt, da ein vollständiges Entfernen aller malignen Zellen unmöglich ist. Letztlich ist immer ein Abwägen zwischen den Nachteilen fehlender Radikalität und den Nebenwirkungen chirurgischer Maßnahmen nötig, v. a. da in neueren Studien nachgewiesen wurde, dass die Überlebenszeit entscheidend vom Tumorstadium und weniger von der Art des Eingriffs bestimmt wird. Das Pleuramesotheliom konnte bis dato durch eine Chemotherapie kaum beeinflusst werden, der Einsatz schien nur bei raschem Fortschreiten mit klinischen Symptomen gerechtfertigt zu sein (Michael et al., 2001). In einigen neueren Studien sind jedoch gewisse Erfolge mit Pemetrexed vor allem in Kombination mit Cisplatin dokumentiert worden (Müller et al., 2003, Eberhardt, 2004). 1 Einleitung 19 Als Konsequenz dieser Entwicklung wurde kürzlich die Kombinationstherapie mit Pemetrexed und Cisplatin als erster chemotherapeutischer Behandlungsstandard für das Pleuramesotheliom von der FDA für die USA zugelassen (Tomek und Manegold, 2005). Die Prognose der malignen Pleuramesotheliome ist trotz einiger Fortschritte bezüglich Diagnose und Therapie in den letzten Jahren außerordentlich schlecht. Obwohl Mesotheliome im Vergleich zu den Lungenkarzinomen langsam wachsen, liegt die mittlere Überlebenszeit nach Diagnosestellung zwischen 12 und 15 Monaten (Neumann et al., 2001), wobei Frauen durchschnittlich länger leben als Männer (Hartmann und Schütze, 1992). In seltenen Fällen konnte aber über ungewöhnlich lange Überlebenszeiten berichtet werden (Wong et al., 2002). Die längste Überlebenszeit, die im Deutschen Mesotheliomregister bekannt ist, beträgt 19 Jahre. (Neumann et al., 2001) Law et al. konnten 1983 in einer Studie eine kürzere Überlebenszeit von Patienten mit nachgewiesener Abestexposition im Vergleich zu Patienten ohne Exposition feststellen. Insgesamt scheint die Tumorhistologie neben dem Tumorstadium bei Diagnosestellung ein signifikanter Prognosefaktor zu sein, wobei der epitheloide Subtyp mit einer Überlebenszeit von 14,2 Monaten die beste Prognose hatte, gefolgt vom biphasischen (8,3 Monate) und dem sarkomatoiden Typ (6,1 Monate) (Hartmann und Schütze, 1992, Schirren et al., 1998). Auch das Alter der Patienten hat einen Einfluss auf die mittlere Überlebenszeit. Hartmann und Schütze sind sogar der Ansicht, es beeinflusse die Prognose weit stärker als der histologische Subtyp. Demnach lebten unter 60-jährige Patienten mit einer Überlebenszeit von durchschnittlich 16 Monaten signifikant länger als Patienten, die älter als 60 Jahre waren (6,7 Monate). In derselben Untersuchung konnte gleichzeitig eine längere Überlebenszeit von Frauen bei gleicher Altersverteilung festgestellt werden. Das wichtigste die Prognose beeinflussende Kriterium bleibt jedoch das Tumorstadium zum Zeitpunkt der Diagnose. Aus diesem Grunde sollte vor jeder Therapie das Stadium mittels TNM-Klassifikation so exakt wie möglich ermittelt werden. 1 Einleitung Tabelle 1: TNM-Klassifikation maligner Pleuramesotheliome (6. Auflage 2004) pT1 Ipsilaterale parietale Pleura pT1a Nur Pleura parietalis pT1b Pleura parietalis und fokale Beteiligung der Pleura viszeralis pT2 Ipsilaterale Pleura mit mindestens einem der folgenden Merkmale: Konfluierender Tumor der viszeralen Pleura, Zwerchfellinfiltration, Lungenparenchyminfiltration pT3 Ipsilaterale Pleura mit mindestens einem der folgenden Merkmale: Infiltration der fascia endothoracica, des mediastinalen Fettgewebes. Einzelner Tumorherd mit Thoraxwandinfiltration. Nicht transmurale Pericardinfiltration. Potentiell resektabler Tumor pT4 Ipsilaterale Pleura mit mindestens einem der folgenden Merkmale: Diffuse oder multifokale Infiltration des Thoraxwandweichteilgewebes, Rippeninfiltration, transdiaphragmale Zwechfellinfiltration, Infiltration anderer Mediastinalorgane, direkte Ausbreitung auf kontralaterale Pleura,Infiltration der Wirbelsäule, transmurale Pericardinfiltration, maligner Pericarderguß, Myokardinfiltration, Infiltration des Plexus brachialis PN0 Keine regionalen Lymphknotenmetastasen PN1 Metastase(n) in ipsilateralen bronchopulmonalen und/oder ipsilateralen Hiluslymphknoten PN2 Metastase(n) in subcarinalen und/oder ipsilateralen Lymphknoten entlang der A. mammaria interna oder in mediastinalen Lymphknoten PN3 Metastase(n) in kontralateralen mediastinalen Lymphknoten, solchen entlang der kontralateralen A. mammaria interna, kontralateralen Hilus- und/oder ipsioder kontralateralen Skalenus- oder supraklavikulären Lymphknoten PMx Das Vorhandensein von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden PM0 Keine Fernmetastasen PM1 Fernmetastasen vorhanden 20 1 Einleitung 21 Charakteristisch für die Histologie der malignen Mesotheliome ist die große Heterogenität ihrer Wachstumsmuster untereinander und sogar innerhalb eines Tumors. Nach der WHO-Klassifikation von 2004 werden drei verschiedene Wachstumstypen des malignen Pleuramesothelioms unterschieden: • Vorwiegend epitheloide Mesotheliome • Vorwiegend sarkomatoide Mesotheliome • Biphasische (gemischte) Mesotheliome Ein vorwiegender Subtyp wird immer dann angegeben, wenn die zweite Tumorkomponente weniger als 10% der gesamten Tumorzellen ausmacht (Müller und Krismann, 2004). Diese Einteilung geht noch auf Klemperer und Rabin zurück (Brockmann und Müller, 1991). Der epitheloide Subtyp tritt am häufigsten auf. Bei den Tumorzellen handelt es sich um polygonale bis flach zylindrische, epithelähnliche Mesothelzellen. Sie können sehr verschiedene Wachstumsmuster aufweisen: azinär, papillär, tubulär, solide oder zystisch. Sarkomatoide Mesotheliome bestehen aus spindeligen Zellformen, und ähneln den mesenchymalen Zellen der Pleurahauptschicht. Sie sind überwiegend parallel angeordnet, aber auch wirbelartige Anordnungen von Fasern und Tumorzellen kommen vor. In die Gruppe der sarkomatoiden Mesotheliome ist auch das desmoplastische Mesotheliom einzuordnen, das sich durch eine ausgeprägte Kollagenfaserproduktion und Zellarmut auszeichnet. Beim biphasischen Subtyp kommen in unterschiedlichen Anteilen sarkomatoide und epitheloide Tumorzellen nebeneinander vor. 1 Einleitung 22 Die definitive Zuordnung eines Mesothelioms zu einem der beiden erstgenannten Subtypen ist kritisch zu sehen, wenn nur kleinere Biopsieproben eines ausgedehnten Tumors der Klassifikation zu Grunde liegen. Sehr häufig kommen in verschiedenen Bereichen eines Pleuramesothelioms beide Subtypen in unterschiedlichen Anteilen vor. 1 Einleitung 1.4.2 23 Makroskopische Befunde Beim malignen Pleuramesotheliom werden lokalisierte und diffuse Formen unterschieden, wobei erstere ausgesprochen selten sind, breitbasig von der Pleura ausgehen und durch infiltrierendes, destruierendes Wachstum mit nur unvollständiger Kapsel charakterisiert sind (Brockmann und Müller, 1991). Einige Autoren sind der Ansicht, dass die diffusen Formen ihren Ausgang von der parietalen Pleura nehmen und sich dann charakteristischerweise in den anatomisch gegebenen Räumen entlang der parietalen und viszeralen Pleura sowie den interlobulären Septen ausbreiten (Boutin, 1989). Prädilektionsstellen scheinen die basalen, zwerchfellnahen Bereiche zu sein, von wo aus der Tumor in caudocranialer Richtung wächst (Vogt-Moykopf et al., 1987). In Frühstadien bilden sich multiple weiße, kleine Knötchen zunächst oft in der Pleura parietalis, die mit Fortschreiten der Erkrankung zu millimeter- bis zentimeterdicken Tumormassen konfluieren und die Lunge schließlich zirkulär umschließen und komprimieren. Häufig finden sich aufgrund einer unvollständigen Obliteration der Pleurahöhle und infolge rezidivierender Ergüsse abgeschlossene, unterschiedlich große, zystische Hohlräume. Die Grenze zum Lungengewebe wird meist lange scharf toleriert (innere elastische Grenzlamelle). Erst in späten Stadien kommt es bei Mesotheliomen vom epitheloiden Subtyp zu einer Infiltration des Lungenparenchyms, sarkomatoide Mesotheliome dagegen neigen schon früh zu einer Infiltration in das Lungengewebe (Krismann und Müller, 2000). Demgegenüber kommt es häufig entlang von Stichkanälen nach bioptischen Eingriffen zu einer Ausbreitung durch die Brustwand. Die Konsistenz des Tumors ist fest bis sehr fest, seine Schnittfläche grau- weiß bei sarkomatoiden Formen, bei epitheloider Differenzierung ist die Konsistenz infolge Hyaluronidaseexpression fadenziehend. 1 Einleitung 24 Durch lokal infiltratives Wachstum kann es zum Befall der Mediastinalorgane und der Thoraxwand kommen, ein Befall der kontralateralen Pleura ist nicht selten, aber meist nur in Endstadien zu beobachten. Über das Zwerchfell und die serösen Häute des Abdomens wächst der Tumor in seltenen Fällen per continuitatem direkt ins Peritoneum vor. In weit fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung kann es darüber hinaus zu Rippenarrosionen infolge eines massiven Befalls der Intercostalmuskulatur kommen. Es besteht eine Koinzidenz zwischen dem Auftreten hyaliner Pleuraplaques und Mesotheliomen. Erstere sind bei über 50% der Patienten zu diagnostizieren, dabei handelt es sich um weiße, flach erhabene, faserreiche Fibrosen in rippenparalleler Anordnung v.a. der Pleura parietalis. Bevorzugt treten sie im Zentrum tendineum des Zwerchfells und in den posterio- lateralen Abschnitten in Höhe der 7. bis 10. Rippen auf. Sie entwickeln sich in 70% der asbestassoziierten Fälle (Krismann und Müller, 2000) infolge jahrelanger Enzündungsreaktionen als Reaktion auf intrapleural liegende Asbestfasern, sind aber nicht als Präneoplasien maligner Mesotheliome zu werten (Brockmann und Stolpe, 1991), sondern können vielmehr als Brückenbefunde einer meist jahrelangen Asbestexposition betrachtet werden (Hain et al., 1984). Maligne Pleuramesotheliome bleiben nur in 18% der Fälle lokal begrenzt, eine Metastasierung in die mediastinalen und pulmonalen Lymphknoten ist sehr häufig. Der Obduktionsbefund zeigt in 50-75% der Fälle ein Übergreifen des Tumors auf die kontralaterale Pleura (Brockmann, 1992, Law et al., 1982). Eine hämatogene Metastasierung findet sich zwar in 50% der Fälle, die Metastasen sind jedoch bis auf einzelne Ausnahmen klein, häufig ohne klinische Relevanz und werden deshalb erst bei der Obduktion erkannt. Mit abnehmender Häufigkeit sind bei der Fernmetastasierung epitheloider Pleuramesotheliome folgende Organe bzw. Organsysteme betroffen: kontralaterale Pleura (50%), ipsilaterale/kontralaterale Lunge (jeweils 40%), Leber (20%), Myokard (20%), Peritoneum, Milz, Haut (jeweils 10%) (Scharmach et al., 2005). Epitheloide Mesotheliome metastasieren bevorzugt in die hilären und mediastinalen Lymphknoten, während sich die Mesotheliome vom sarkomatoiden Subtyp relativ früh auf hämatogenem Weg ausbreiten und sich klinisch ähnlich wie Sarkome verhalten (England et al., 1989). 1 Einleitung 1.5 Asbest 1.5.1 Historischer Überblick 25 Der Werkstoff Asbest ist schon seit der Steinzeit bekannt, dies belegen asbestfaserhaltige Keramik- und Töpferwaren, die im Sudan und in der Nähe heutiger Asbestminen in Finnland gefunden wurden und die auf die Jahre 2500 v. Chr. datiert werden. Auch im alten Griechenland, und im Ägypten der Pharaonenzeit wurde es aufgrund seiner vielfältigen Materialeigenschaften verwendet und geschätzt. Plutarch (120-46 v. Chr.) erwähnt ein Material namens Asbest, welches zu Garn gesponnen und im Feuer gereinigt werden könne (Neumeister et al., 2001). Im Altertum baute man Asbest bevorzugt im Mittelmeerraum ab, später auch in Russland und nach Entdeckung großer Vorkommen im 19 Jh. auch in Südafrika und Kanada. Eine kommerzielle Nutzung ist erstmals aus dem Jahre 1720 belegt, wonach Peter der Große asbestverarbeitende Fabriken im Ural bauen ließ. Im Zuge der Industrialisierung und der großen Nachfrage wurde ab Ende des 19.Jh. Asbest in großen Mengen aus Kanada und Südafrika importiert, das Importmaximum wurde in den 70er Jahren des 20. Jh. mit 200 000 Tonnen erreicht. In den folgenden Jahren nahm der Rohasbestimport zwar ab, dennoch wurden 1988 noch über 55000 Tonnen verarbeitet (Raithel et al., 1996). Die größten asbestverarbeitenden Fabriken in Deutschland befanden sich in Hamburg, Hannover, Dortmund und Frankfurt (Böhme, 1951). In den neuen Bundesländern gehörte Dresden neben Magdeburg und Halle- Bitterfeld zu den Städten mit der höchsten Asbestbelastung (Katschinski und Müller, 1994). Eine gesundheitsschädigende Wirkung ist seit Anfang des vorigen Jahrhunderts bekannt, es wurden Fälle von Asbestose beschrieben. Es folgten weitere Untersuchungen und auch tierexperimentelle Studien um einen ätiologischen Zusammenhang zwischen pathologischen Veränderungen und Asbestexposition zu sichern. Dennoch traten erste Unfallverhütungsvorschriften, die zulässige Höchstgrenzen der Staubkonzentration angaben, erst im Jahre 1973 in Kraft. 1 Einleitung 26 Seit 1993 herrscht ein allgemeines Herstellungs- und Verarbeitungsverbot in Deutschland und neuerdings in der ganzen EU. Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten werden zukünftig die wesentlichen asbeststaubgefährdenden Tätigkeiten darstellen, für deren Ausführung umfassende Schutzvorschriften gelten. Dennoch ist die Gefährdung durch Asbest noch nicht gebannt, da global Produktion und Verwendung sogar wieder zunehmen (Baader und Schittly, 2004). Somit besteht aufgrund der weltweiten Handelsbeziehungen weiterhin ein gewisses Gefährdungspotential, und nur ein weltweites Verbot kann verhindern, das es auch in der Zukunft zu weiteren Todesfällen kommt, obwohl die Gefahren heute sehr gut bekannt sind. 1 Einleitung 1.5.2 27 Fasertypen Asbest ist ein Oberbegriff für zwei Gruppen von natürlich vorkommenden, silikatischen Mineralien mit charakteristischer feinfaseriger Struktur: die Serpentinasbeste und die Amphibolasbeste, wobei sich letztere in mehrere Untergruppen gliedern lassen. • Serpentinasbest: Chrysotil (Weißasbest) • Amphibolasbest: Krokydolith (Blauasbest) Amosit (Braunasbest) Tremolit Aktinolith Antophyllit Die wirtschaftlich bedeutendsten Asbestarten waren Chrysotil mit einem Anteil von 90-95% und Krokydolith mit einem Anteil von 5-10% am Gesamtverbrauch (BGFE, 2001). 1 Einleitung 1.5.3 28 Charakteristische Eigenschaften der Fasern und Pathogenese Die chemische Zusammensetzung der einzelnen Gruppen unterscheidet sich in einigen Punkten, was ihre verschiedenen Eigenschaften bedingt. Die Amphibolasbeste zum Beispiel gehören zu den Kettensilikaten, ihre Fasern sind gerade, starr und stäbchenförmig, in Bezug auf die Säurebeständigkeit sind sie dem Serpentinasbest weit überlegen. Dieser ist aufgrund seines schichtgitterartigen Aufbaus weicher, besser spinnbar und sehr hitzebeständig (Böhme, 1951). Seine Fasern sind gekrümmt, feiner und, bedingt durch den komplexen chemischen Aufbau, hohlfaserig. Je nach geforderten Materialeigenschaften wurde entweder die eine oder andere Gruppe von Asbest verwendet. Das unterschiedliche gesundheitliche Gefährdungspotential ist auf diese chemisch- physikalischen Eigenschaften zurückzuführen. Zwar können alle kommerziell verfügbaren Faserarten im Tierexperiment Lungenkrebserkrankungen hervorrufen, jedoch gilt Chrysotil als wesentlich weniger gefährlich als Krykodolit und Amosit (McDonald und McDonald, 1996). Dies ist auf die bessere Löslichkeit und Biegsamkeit seiner Fasern zurückzuführen, eine Elimination im Gewebe ist leichter möglich. Amphibolfasern sind starrer und zu lang, um von Alveolarmakrophagen phagozytiert zu werden. Die Abhängigkeit der Pathogenität der Fasern von ihren geometrischen Abmessungen gilt als bewiesen, demnach steigt deren kanzerogene Potenz mit zunehmender Länge und Abnahme des Durchmessers (Bauer, 1993). Kanzerogen sind demnach Fasern mit einem Durchmesser von höchstens 1 µm und einer Länge von mindestens 3 µm. Es soll eine besonders hohe kanzerogene Potenz gegeben sein, wenn ihr Durchmesser weniger als 0,2 µm und ihre Faserlänge mehr als 10 µm beträgt. Im Wesentlichen erreichen die Asbestfasern den Pleuraspalt auf lymphatischem Wege, wo es zu einer Aktivierung von Lymphocyten und Gewebsmakrophagen kommt, die ihrerseits aufgrund der Faserlänge nicht in der Lage sind, die Fasern vollständig zu umschließen und zu phagozytieren. Durch die Ausschüttung von Zytokinen werden Fibroblasten und andere Zielzellen stimuliert und es kommt un- 1 Einleitung 29 ter Umständen zur Auslösung chronisch entzündlicher, fibrotischer und tumoröser Prozesse. Eine genaue Übersicht zu den immunologischen Vorgängen findet man bei Kagan und Brody (1996). Die Fasern verbleiben im Gewebe und es kommt durch Anlagerung einer eisenhaltigen Proteinhülle zur Bildung von Asbestkörpern. Es handelt sich hierbei um eine Art Schutzvorrichtung des Organismus gegenüber der mechanischen Reizung der Asbestfasern (Böhme, 1951). Pseudoasbestkörper sind im Gegensatz dazu morphologisch ähnliche Gebilde, die nicht auf die Inhalation von Asbest, sondern anderer faserförmiger Mineralien (z.B. Glaswolle) zurückzuführen sind (Woitowitz et al., 1986). Eine Abgrenzung kann schwierig sein, da beide Gebilde eine eisenhaltige Proteinhülle aufweisen. Die Klärung ihrer Herkunft ist nur durch eine Lungenstaubfaseranalyse mittels lichtmikroskopischer und elektronenmikroskopischer Untersuchung möglich. Abbildung 1: Asbestkörperchen zentral im Lungenparenchym, eisenhaltige Makrophagen in der Nachbarschaft (Berlinerblau-Färbung). 1 Einleitung 30 Das griechische Wort asbestos (= unauslöschlich, unvergänglich) bezeichnet bereits die wichtigsten Materialeigenschaften. Asbest ist chemisch sehr beständig, unterliegt nicht dem natürlichen Vorgang der Korrosion, ist nicht brennbar, säureresistent und eignet sich hervorragend als Isoliermaterial. Charakteristisch für Asbest ist die leichte Spaltbarkeit in einzelne Fasern, die eingeatmet werden und auf diesem Wege Lunge und Pleura erreichen. Dieses „Verstaubungsverhalten“ ist weit stärker ausgeprägt als bei allen künstlichen mineralischen Fasern. Allerdings erlaubt die unter Mineralien selten anzutreffende feinfaserige Struktur, Asbestfasern zu verspinnen, zu weben und in die Länge zu ziehen, was wiederum die Materialeigenschaften von Produkten mit Asbestzusatz für die Bereiche Brandfestigkeit, Wärme-/Hitzebeständigkeit, Zugfestigkeit/Elastizität, Chemikalienbeständigkeit und Isolation (Wärme und Elektrizität) erheblich verbesserte. 1 Einleitung 1.5.4 31 Vorkommen und Verbrauch von Asbest In der Natur sind Asbestvorkommen weltweit verbreitet. Chrysotilvorkommen befinden sich vor allem in Kanada, Russland und Südafrika. Krokydolith und Amosit werden in Südafrika und Italien abgebaut, Anthophyllit in Finnland und Tremolit wird vorwiegend in China und Italien gefunden. In Deutschland befinden sich geringe Vorkommen als Nebenbestandteile in anderen Gesteinen (Sauerland, Harz). Vielfach wird Asbest im Tagebau gewonnen, aber auch ein Abbau im Stollenbetrieb ist möglich. Es gilt als belegt, dass es in der Vergangenheit kaum einen industriellen und handwerklichen Bereich gab, in dem nicht wenigstens zeitweilig mit Asbest und asbesthaltigen Materialien umgegangen wurde. Entsprechend vielfältig sind die Berufsgruppen, die im Laufe ihres Berufslebens asbestexponiert gewesen sein können: Sie umfassen Dachdecker, Kfz- Mechaniker, Isolierer, Elektriker ebenso wie Arbeiter in Kraftwerken, der chemischen und metallverarbeitenden Industrie sowie der Textilindustrie und des Schiffbaus. Die mit Abstand stärkste Gefährdung ist im Umgang mit Asbestzement und schwach gebundenen Asbestfasern, wie sie zur Isolierung von Lüftungsrohren und Stahlkonstruktionen bis Mitte der 70er Jahre obligat verwendet wurden, zu sehen (Schrab et al., 2000). Unter den beruflich asbestexponierten Personengruppen stehen Isolierer zusammen mit Werftarbeitern an erster Stelle. Auch in der Textilindustrie bei der Herstellung asbesthaltiger Schutzkleidung und im Baugewerbe bei der Herstellung und Verarbeitung von Asbestzement wurden sehr hohe Staubbelastungen erreicht. Durch die breite Verwendung von Asbest kann von einer allgemeinen Umweltbelastung ausgegangen werden, so dass sich nahezu bei jedem Menschen Asbestfasen in der Lunge nachweisen lassen, auch wenn er keinen direkten Umgang mit diesem Material hatte. 1 Einleitung 32 Neumann et al. gehen ab einem Wert von > 22 Asbestkörpern pro cm³ Lungengewebe von einer erhöhten Asbestbelastung aus (Neumann et al., 2001). Eine über diesen Wert hinausgehende Belastung ist auch bei Personen, die in der Nähe asbestverarbeitender Fabriken oder Asbestminen lebten, festzustellen. Senyigit et al. berichteten 2000 über ein vermehrtes Auftreten von Mesotheliomen in einigen Bereichen der südlichen Türkei als Folge der Umgebungsbelastung. Auch wurden hier asbesthaltige Produkte als Reinigungsprodukte im Haushalt verwendet. Auch im Trinkwasser lassen sich aufgrund asbesthaltiger Leitungssysteme in Deutschland Belastungen von einer bis elf Mio. Fasern pro Liter feststellen. Bisher konnte jedoch diesbezüglich keine erhöhte Inzidenz von Krebserkrankungen des Verdauungstraktes nachgewiesen werden. (Müller und Krismann, 1996). 1 Einleitung 1.6 33 Andere ätiologische Aspekte Künstliche Mineralfasern werden zum Teil als Asbestersatzmaterialien verwendet, es handelt sich dabei um amorphe Silicate mit andersartiger Faserstruktur. In Tierversuchen konnten Malignome lediglich nach intraperitonealer Instillation, nicht aber nach inhalativer Exposition hervorgerufen werden. Respondek et al. berichteten 1993 über tierexperimentelle Ergebnisse bezüglich der fibrogenen und neoplastischen Potenzen von sogenannten Rockwool- Fasern. Es handelt sich dabei um künstlich aus Basaltgestein hergestellte Mineralfasern. Im Vergleich zu Asbest waren die fibrogenen Auswirkungen gering, und es konnten keinerlei neoplastische Zellen nachgewiesen werden, was in Anbetracht der nur 10 monatigen Versuchsdauer und der Latenzzeiten, die bei Pleuramesotheliomen üblicherweise vorkommen, nicht verwunderlich ist. Bis dato ist eine abschließende Aussage bezüglich des Gefährdungspotentials, das von künstlichen Mineralfasern ausgeht, nicht möglich. Neben Asbest kommt in der Gruppe der Mineralien natürlichen Ursprungs nur noch dem Erionit, einem faserförmigen Zeolith, eine kanzerogene Wirkung zu (Müller, 2005). In einigen Gegenden der Türkei besteht eine Erionitexposition aus der natürlichen Umgebung. Sehr hohe Erkrankungsraten wurden in den sogenannten „ZeolithDörfern“ von Kappadokien festgestellt, deren Bewohner in Häusern aus diesem faserförmigen Vulkangestein lebten. Im Mesotheliomregister Bochum sind Fälle von ehemaligen türkischen Gastarbeitern bekannt, die an einem Mesotheliom erkrankten und bei denen eine berufliche Exposition nicht nachgewiesen werden konnte. Für die Kombination von Rauchen und Asbest konnte bezüglich der Entwicklung von Mesotheliomen kein Kausalzusammenhang festgestellt werden. Allerdings wiesen Selikoff und Hammond schon in den 70er Jahren epidemiologisch ein um das Hundertfache erhöhte Lungenkrebsrisiko für Raucher nach, die gleichzeitig asbestexponiert waren (Selikoff und Hammond, 1975). 1 Einleitung 34 Rauchen allein erhöhte das Risiko an einem Lungentumor zu erkranken um das bis zu 25- fache. Ein synkanzerogener Effekt tritt auch bei der Kombination von Asbest und Strahlung auf (Kotschy-Lang, 2001). Neben Mineralien natürlichen und künstlichen Ursprungs wird auch der Einfluss radioaktiver Strahlung und Thorotrastapplikation (ein früher gebräuchliches Kontrastmittel) als Ursache für eine Mesotheliomentstehung diskutiert. Auch konnten in verschiedenen Studien DNA Sequenzen des SV40 in bis zu 60% der Mesotheliome festgestellt werden. Müller berichtete 2005, dass in 57% der Mesotheliome, die alle vom epithelialen Subtyp waren, DNA Sequenzen des SV 40 gefunden werden. Erstmals gelang der Nachweis 1994. Die Tatsache, dass zwischen 1955 und 1961 mit dem SV 40 Virus verseuchte Poliomyelitis- Impfstoffe im Umlauf waren, ließen den Verdacht eines erhöhten Risikos für bestimmte Tumoren (u.a. auch für Mesotheliome) in den betroffenen Jahrgänge aufkommen. Allerdings sind diese Zusammenhänge noch nicht vollständig verstanden und Gegenstand aktueller Forschungsprojekte. 1 Einleitung 1.7 35 Berufskrankheit Mesotheliom Die Inhalation von Asbeststaub kann zu einer Lungenfibrose, der sog. Asbestose, zu einem Lungenkarziom, zu einem Mesotheliom der Pleura, des Peritoneums und des Pericards, oder zu einem Larynxkarzinom führen. Mit einem Anteil von 70% an der Gesamtzahl der zu entschädigenden berufsbedingten Krebserkrankungen nimmt Asbest unter den kanzerogenen Arbeitsstoffen mit weitem Abstand die Spitzenposition ein (Rösler et al., 1994). Woitowitz bezeichnet es als die „bedeutendste, krebserzeugende Arbeitsnoxe“ (Woitowitz et al., 1986). Theoretisch kann jede Asbestfaser kritischer Abmessung Auslöser eines Mesothelioms sein. Es existiert keine Schwellendosis. Die Erkrankung an einem malignen Pleuramesotheliom wird von den Berufsgenossenschaften auch nach nur einmaliger beruflicher Exposition anerkannt, da es als gesichert gilt, dass es infolge einer kurzfristigen bis zu 30 Jahre zurückliegenden Einatmung hoher Faserkonzentrationen (z. B. kommt es bei der mechanischen Bearbeitung von Asbestplatten zu Faserkonzentrationen von bis zu 50 Mio. Fasern/m³ im Staub) zur Inkorporation in Lunge und Pleura kommen kann (Muhle et al., 1998). Die Aufnahme in die Liste der Berufskrankheiten erfolgte in der ehemaligen DDR 1972, in der Bundesrepublik sogar erst 1977. Weit früher wurde 1936 die Asbestose, und 1943 bösartige Lungentumoren bei gleichzeitiger Asbestose in Deutschland als Berufskrankheit anerkannt. Seit 1992 ist der Nachweis sogenannter medizinischer Brückenbefunde (asbestassoziierte Lungen- oder Pleuraveränderungen) zur Anerkennung eines asbestassoziierten Lungenkarzinoms nicht mehr zwingend erforderlich. Vielmehr wird eine Kausalität auch bejaht, wenn der Betroffene mehr als 25 sogenannte Faserjahre einer beruflichen Exposition ausgesetzt war. Ein Faserjahr entspricht einer achtstündigen täglichen Einwirkung über ein Jahr von 10 6F/m³ der kritischen Abmessungen (Länge > 5µm, Durchmesser <3 µm, Länge zu Durchmesserverhältnis mindestens 3:1) über einen Zeitraum von mindestens 240 Arbeitstagen (Bauer et al., 1997). Seit 1993 können auch die Mesotheliome des Perikards unter der Listennummer 4105 der Berufskrankheitenverordnung entschädigt werden. 1 Einleitung 36 Wegen der bereits erwähnten differentialdiagnostischen Schwierigkeiten kommt dem Pathologen auch im Hinblick auf versicherungstechnische Fragestellungen eine besondere Verantwortung zu. 1.8 Primäre pulmonale kleinzellige Karzinome Primäre maligne Lungentumoren stellen unter den bösartigen Neoplasien die weltweit häufigste Todesursache dar (Müller et al. 1998). Kleinzellige Lungentumoren nehmen dabei einen Anteil von 20-25% ein. Sie sollen sich bevorzugt in den zentralen und intermediären Segment- und Subsegmentbronchien entwickeln (Müller et al., 1998). Der Ausgangspunkt kann am Operations- oder Obduktionspräparat jedoch häufig nicht mehr eindeutig bestimmt werden. Zum Diagnosezeitpunkt sind sie meist schon weit fortgeschritten. Diese sehr aggressiven Tumore sind durch hohe Proliferationsraten (die durchschnittliche Tumorverdoppelungszeit beträgt nur 30 Tage) und eine frühzeitige lymphogene und hämatogene Metastasierung gekennzeichnet. Dementsprechend ist ihre Prognose mit einer Überlebenszeit von 4-12 Monaten außerordentlich schlecht. In 70% der Fälle liegen zum Diagnosezeitpunkt bereits Metastasen entsprechend eines M1 Stadiums in anderen Organen und/oder Organsystemen im Sinne von Fernmetastasen vor. Nach Junker und Müller weisen 47% der kleinzelligen Karzinome Lebermetastasen, 38,5% Knochenmetastasen, 29,9% Metastasen in der Nebenniere und 18,4% Hirnmetastasen auf (Junker und Müller, 1989). Einige der Tumoren machen sich u.a. durch paraneoplastische Syndrome bemerkbar, da sie Hormone ins Blut sezernieren und dadurch den natürlichen Hormonhaushalt beeinflussen. In Biopsien von oftmals nur 1-2 mm Größe erfolgt die Diagnose zunächst nach dem histomorphologischen Erscheinungsbild. Die Tumorzellen sind im Vergleich zu denen anderer Subtypen auffallend klein. Laut WHO-Klassifikation von 2004 darf ihr Durchmesser maximal dem Durchmesser von drei kleinen, ruhenden Lymphozyten entsprechen (Travis et al., 2004). 1 Einleitung 37 Ebenfalls nach obiger Klassifikation sind kleinzellige Karzinome definiert als maligne epitheliale Tumoren bestehend aus kleinen Zellen mit wenig Zytoplasma, schlecht definierten Zellgrenzen, fein- granulärem Kernchromatin und fehlenden oder unauffälligen Nukleolen. Die Zellen sind rund, oval oder spindelförmig, ihre Zellkerne prominent. Nekrosen sind typischerweise ausgedehnt, die Mitoseraten hoch. Die chromatinreichen Kerne stehen gegenüber dem nur wenig oder nicht deutlich erkennbaren Zellplasma im Vordergrund. Durch den Zellreichtum und die weiche Konsistenz des Tumors sind Quetschartefakte ebenso ein typisches Merkmal in bioptisch gewonnenem Gewebe wie oftmals ausgedehnte Nekrosen. Es können vielfältige Wachstumsmuster vorkommen, die Anordnung der Zellen reicht von solide über bandförmige bis zu rosettenartigen Formationen (Hermanek und Gall, 1979). Seit 1999 werden die kleinzelligen Tumoren einer Gruppe neuroendokriner Tumoren zugeordnet. Die Weltgesundheitsorganisation unterteilt diese nach der Klassifikation von 2004 in: • Kleinzellige Karzinome • Kombinierte kleinzellige Karzinome • Karzinoidtumoren (typisch und atypisch) • Großzellige neuroendokrine Karzinome Das Vorkommen eines kleinzelligen Karzinoms mit einer anderen Tumorentität im Sinne eines zusammengesetzten Tumors ist oftmals beobachtet worden (kombiniert kleinzellige Karzinome). Die Kombination eines kleinzelligen Lungenkarzinoms und eines malignen Mesothelioms in der Pleura schilderten 2004 Lee und Soomro. Der Patient war beruflich asbestexponiert und Raucher. 1 Einleitung 38 Die epitheloiden Zellen zeigten ein papilläres Wachstumsmuster und wurden von charakteristischen kleinzelligen Komponenten eingeschlossen. Typischerweise exprimierten die epitheloiden Zellen des Mesothelioms Calretinin und Cytokeratin 5/6. CD 56 und TTF1 dagegen waren erwartungsgemäß ausschließlich in kleinzelligen Tumorzellen positiv. Nach Müller sind die häufigsten Primärtumoren mit sekundärer Pleurabeteiligung Lungentumoren und hier vor allem Adenokarzinome und kleinzellige Karzinome (Müller, 2005). Es existieren zahlreiche Studien, die sich mit pseudomesotheliomatös wachsenden Lungenkarzinomen beschäftigen, wobei hier vor allem die Adenokarzinome besonders gut erforscht sind (Harwood et al., 1976, Ordonez, 2000, Ordonez, 2003, Leers et al., 1998). Bis zum heutigen Zeitpunkt liegen jedoch kaum Ergebnisse bezüglich pseudomesotheliomatös wachsender kleinzelliger Karzinome vor. Falkonieri et al. untersuchten 1995 vier pseudomesotheliomatös wachsende kleinzellige Karzinome mit dem Ergebnis, dass eine Unterscheidung nach klinischen und radiologischen Kriterien nicht möglich war, wohl aber nach histochemischen und immunhistochemischen Zusatzuntersuchungen. Die Tumoren waren vom „oat cell“ Typ und wiesen keinerlei kombinierte Bereiche glandulärer oder squamöser Komponenten auf. Es existieren demgegenüber Fälle von kombinierten kleinzelligen Karzinomen, die allein auf histomorphologischer Ebene eine Abgrenzung zu epitheloiden Mesotheliomen nicht erlauben. Ein ebensolcher Fall machte 2004 im Institut für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum an den Kliniken Bergmannsheil zahlreiche Zusatzuntersuchungen notwendig, mit dem Resultat, dass eine Einordnung dennoch nicht eindeutig erfolgen konnte. Zwar konnte für CD 56 und TTF1 eine Positivität nachgewiesen werden, gleichzeitig jedoch auch eine fokale, kräftig positive Reaktion für Calretinin und Cytokeratin 5/6, die in epitheloiden Mesotheliomen charakteristischerweise positiv ausfällt. 1 Einleitung 39 Aufgrund der sehr hohen Proliferationsfraktion erfolgte schließlich die Zuordnung zu einem kleinzelligen Karzinom mit dem Hinweis auf das Vorliegen einer nicht kleinzelligen Komponente („nach Art eines basalzelligen Plattenepithelkarzinoms“) im Sinne eines kombinierten kleinzelligen Karzinoms. Abbildung 2: Lungenschnittfläche eines pseudomesotheliomatös wachsenden kleinzelligen Lungenkarzinoms, hämorrhagischer Lungeninfarkt im Bereich des basalen Unterlappens. 1 Einleitung 1.9 40 Sekundäre Pleuratumoren Bei dem größten Teil maligner Tumoren der Pleura handelt es sich nicht um primär aus Ursprungszellen der Pleura sich entwickelnde Tumoren. Nur 1-3% aller Pleuratumoren sind Mesotheliome (Krismann und Müller, 2000). Sehr viel häufiger haben sich Metastasen anderer Primärtumoren per continuitatem, auf lymphogenem oder hämatogenem Wege in der Pleura ausgebreitet. Die häufigste in die Pleura metastasierende Tumorentität stellen dabei die Lungenkarzinome dar (Hartmann, 1989). Einen besonderen Stellenwert nehmen die peripheren Lungenkarzinome ein, die frühzeitig die Pleura involvieren und sich hier extensiv ausbreiten. Ihr Wachstumsverhalten imitiert das der Pleuramesotheliome, was zum Begriff des pseudomesotheliomatösen Wachstums geführt hat (Brockmann, 1992). Eine klinische, radiologische und makroskopische Unterscheidung ist oftmals nicht möglich, allerdings ist anamnestisch meist keine Asbestexposition nachzuweisen (Dessy und Pietra, 1991). Eine zuverlässige Diagnostik bei der Abgrenzung von sekundären Tumoren der Pleura ist erst seit den 80er Jahren mit Hilfe der Immunhistochemie möglich (Krismann und Müller, 2000), und auch mit modernen immunhistologischen Untersuchungsmethoden gelingt eine definitive Diagnose in einigen Fällen nicht. Pleurametastasen sind ebenfalls bei malignen Tumoren der Oberbauchorgane (Magen, Pankreas, Leber), des Dickdarms und der endokrinen Organe zu diagnostizieren (Brockmann und Müller, 1991). Klinisch werden nicht selten diese Primärtumoren erst nach typischer thorakaler Symptomatik der Pleurametastasen entdeckt, wenn diesbezüglich weitere Staginguntersuchungen durchgeführt wurden (Sommer et al., 1981). In seltenen Fällen konnte über das synchrone Auftreten von Mesotheliomen und einer zweiten Tumorentität berichtet werden. In diesen Fällen handelte es sich zu 67% bei dem Zweittumor um ein Lungenkarzinom (Attanoos et al., 2003). Kann die pleurale Neoplasie aufgrund histologisch und immunhistochemisch überlappender Merkmale mit dem Zweittumor nicht eindeutig als Mesotheliom diagnos- 1 Einleitung 41 tiziert werden, stellt sich die Frage, ob es sich nicht um eine pseudomesotheliomatös wachsende Metastase desselben handelt. Tumormetastasen sind oft niedriger differenziert als der Primärtumor und eine zuverlässige Einordnung auf Grund spezifisch exprimierter Produkte nicht mehr möglich (Fisseler-Eckhoff et al., 2000). Die Klärung dieser Frage ist nicht nur aus versicherungsmedizinischen Gründen relevant, sondern auch Voraussetzung für das weitere Therpiekonzept. Im Hinblick auf die zum Teil schwierige Diagnosesicherung wurde 1993 vom europäischen Mesotheliompanel ein 5-stufiges Schema erstellt, welches die diagnostische Wahrscheinlichkeit eines Mesothelioms angibt: Mesotheliom A: sicheres Mesotheliom, kein Zweifel an der histologischen Diagnose. Mesotheliom B: wahrscheinliches Mesotheliom, die Zurückhaltung kann ihre Begründung in der mangelnden Gewebegröße, der schlechten Qualität oder der mangelnden Differenzierung finden, oder das Fehlen gewisser histologischer Details kann zu leichten Zweifeln Anlass geben. Mesotheliom C: mögliches Mesotheliom, die Diagnose kann nicht abgelehnt werden, aber es fehlen Hinweise für eine positive Diagnose. Mesotheliom D: wahrscheinlich kein Mesotheliom, die Diagnose ist zwar unwahrscheinlich, kann aber nicht absolut von der Hand gewiesen werden. Mesotheliom E: sicher kein Meotheliom, die konkrete Diagnose eines anderen Tumors sollte angegeben werden (Brockmann und Müller, 1991). 1 Einleitung 1.10 42 Metastasierungsverhalten der sekundären Tumoren der Pleura Die prädisponierte Lage von Lunge und Pleura innerhalb des Organsystems sowie der spezielle anatomische Aufbau der Pleurahöhle sind die wichtigsten Gründe für die häufige Metastasierung sekundärer Tumoren in die Pleura. Eine Metastasierung erfolgt per continuitatem durch das Einwachsen des Tumors in die umliegenden Gewebe oder es findet eine Verschleppung der Tumorzellen über Lymphbahnen und Blutgefäße statt. Allgemein wird davon ausgegangen, dass sich die Tumoren epithelialen Ursprungs bevorzugt lokal und auf lymphatischem Wege, sarkomatöse Tumoren dagegen vermehrt hämatogen ausbreiten (Law et al., 1982). Die Mehrzahl der sekundären Pleuratumoren manifestiert sich vermutlich über die Pleura viszeralis. Hier befinden sich dichtgelagert kleinere Blutgefäße und direkt subpleural ein engmaschiges Netz von Lymphgefäßen. Die Pleura parietalis kommuniziert einerseits mit dem subpleuralen Lymphgefäßsystem, und steht andererseits ebenfalls mit der Pleurahöhle in direkter Verbindung. Tumoren aus dem Bauchraum gelangen über die paraaortalen und die begleitenden Lymphbahnen sowie direkt durch lokales Vorwachsen in die Pleurahöhle. Findet eine lymphogene Ausbreitung statt, kommt es zu dem typischen Erscheinungsbild einer Lymphangiosis carcinomatosa mit ausgeweiteten Lymphgefäßen und kleinknotiger, vernetzt erscheinender, grauer Verbreiterung der Pleura. Histologisch finden sich untereinander vernetzte Tumorzellstränge mit begleitender Fibrose in den pulmonalen und pleuralen Lymphgefäßen. Diese kommunizieren über zahlreiche Ausläufer mit Tumorknötchen, die sich intra- und subpleural oder aber auch im Lungenparenchym gebildet haben (Dail, 1994). 1 Einleitung 1.11 43 Immunhistochemie zur Sicherung der Diagnose maligner Pleuratumoren Wie alle Gewebe exprimieren auch Tumorzellen gemäß ihres Ursprungs mehr oder weniger spezifische zytoplasmatische, nukleäre und Oberflächenantigene, die mittels immunhistochemischer Färbemethoden nachgewiesen werden und Hinweise auf ihre Histogenese geben können. Bei der pathologisch-anatomischen Untersuchung erlaubt der Nachweis bestimmter Antigene bei Neoplasien unklaren Ursprungs gelegentlich eine sichere histogenetische Zuordnung, da auch entdifferenzierte Tumore meist die Filamentstruktur ihrer Muttergewebe beibehalten. Da jedoch die meisten aller bisher bekannten Antigene nicht tumor- oder organspezifisch sind, werden je nach Fragestellung spezielle Antigenkombinationen eingesetzt. Erstmals nachgewiesen wurden gewebespezifische Antigene bereits 1941 von Coon und Mitarbeitern. Erst in den 70er Jahren fanden diese Erkenntnisse jedoch breitere Anwendung auch in der Tumordiagnostik. Besonders die Entwicklung monoklonaler Antikörper von Köhler et al. 1975 beeinflusste die immunhistochemischen Nachweismethoden entscheidend. Seit den 80er Jahren sind auch die diagnostischen Möglichkeiten der primären und sekundären Pleuratumoren durch den Fortschritt und die Erweiterung immunhistochemischer Methoden erheblich bereichert worden. Trotzdem kann, insbesondere bei kleinen Gewebeproben und/oder fehlenden klinischen Angaben, die Unterscheidung zwischen primären und sekundären malignen Prozessen in vielen Fällen erhebliche Probleme bereiten. Bis zum heutigen Zeitpunkt existiert kein spezifischer Mesotheliommarker, vielmehr wird ein immunhistochemisches Markerpanel, welches je nach Fragestellung variiert, zur Diagnosesicherung eingesetzt. Die spezifischen wiederkehrenden Profile helfen in vielen Fällen, eine abschließende Diagnose zu stellen. 1 Einleitung 44 Es existieren drei typische Problemfälle, die in der Diagnose maligner Tumoren der Pleura auftreten können: die Unterscheidung sarkomatoider Mesotheliome und sekundärer Pleuratumoren primärer Weichteilsarkome kann unter Umständen schwierig sein, besonders wenn einzelne Parameter vom typischen Bild abweichen. Auch die Abgrenzung reaktiver Läsionen von sog. Frühmesotheliomen ist zum Teil nicht unproblematisch. Die Konzentration auf Kernatypien, invasives Wachstum und andere typische Tumormerkmale ist zwingend zu einer sicheren Diagnose erforderlich. Allerdings gelingt in Frühstadien in einigen Fällen der Nachweis infiltrativen Wachstums noch nicht. Andererseits können reaktive Serosaläsionen geringgradige Kernatypien zeigen. Auch eine Reihe von Pleurametastasen primärer Lungenkarzinome können sehr leicht mit vorwiegend epitheloiden Mesotheliomen verwechselt werden. Besonders hervorzuheben sind hier die Adenokarzinome der Lunge. Zahlreiche Autoren haben sich bereits mit diesem differentialdiagnostischen Problem befasst und schlagen aufgrund der Auswertung ihrer Untersuchungsergebnisse in den allermeisten Fällen ein Markerpanel bestehend aus Markern (Calretinin und CK MNF 116), die nach aktuellen Erkenntnissen in einem hohen Prozentsatz der Mesotheliomzellen nachzuweisen sind, und gegen HEA (human epithelial antigen) gerichteten Antikörpern vor, die in der Regel in Mesotheliomen nicht nachgewiesen werden. Mit diesem Vorgehen ist in der Regel eine Abgrenzung möglich, wenngleich es aber Grenzfälle gibt, bei denen diese Marker allein eine sichere Diagnose nicht erlauben. Außerdem können Faktoren, die mit dem Material (Biopsiegröße, Bedingungen der Fixierung) oder mit den Methoden/Verfahren (z.B. Einsatz proteolytischer Enzyme) zusammenhängen, die Ergebnisse zum Teil erheblich beeinflussen. In seltenen Fällen ist eine abschließende Beurteilung unmöglich, und versicherungsmedizinisch relevante Fragen machen ein fachübergreifendes kritisches Abwägen der in Betracht kommenden Differentialdiagnosen erforderlich. 2 Fragestellung 2 45 Fragestellung Ziel der durchgeführten Untersuchungen war es, die Validität verschiedener Marker im Hinblick auf die Differentialdiagnose zwischen epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen zu ermitteln und die Wertigkeit verschiedener Markerkombinationen im Hinblick auf eine möglichst hohe Sensitivität und/oder Spezifität anzugeben. Die durchgeführten Untersuchungen sollen die folgenden Fragen klären: 1. Dass sich in epitheloiden Mesotheliomen konstant Zytokeratine und Calretinin nachweisen lassen, ist bekannt. Es soll geprüft werden, zu welchem Prozentsatz dies auch für kleinzellige Karzinome zutrifft. 2. Wie zuverlässig ist die TMA-Technik (Tissue-Micro-Array-Technik) bezüglich der Diagnose von epitheloiden Mesotheliomen in kleinen Gewebeproben im Vergleich zu den an Originalschnitten durchgeführten Immunfärbungen? 3. Können Mesotheliome neuroendokrine Differenzierungen aufweisen, und wenn ja, in welcher Häufigkeit? 4. Welche Rolle spielt die Proliferationsfraktion des jeweiligen Tumorgewebes im Hinblick auf die differentialdiagnostische Unterscheidung zwischen epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen? 5. Wie hoch ist die Sensitivität und Spezifität der angewendeten immunhistochemischen Färbungen, wenn es um die Unterscheidung zwischen kleinzelligen Lungenkarzinomen und epitheloiden Mesotheliomen geht? 6. Lassen sich durch Markerkombinationen Sensitivität und Spezifität steigern? 3 Materialien und Methoden 3 Materialien und Methoden 3.1 Materialien 46 Insgesamt lagen der Untersuchung 112 Mesotheliome aus den Jahren 2000-2004 zugrunde. Von jedem Tumor wurden drei Stanzen von unterschiedlichen Bereichen entnommen, in Tissue-Micro-Array-Blöcke (TMA-Blöcke) eingebracht (vgl. S. 51ff.) und nach immunhistochemischer Färbung ausgewertet (vgl. S. 60ff.). Von den Mesotheliomen wurden insgesamt 18 TMA-Blöcke hergestellt, 15 davon mit je 20 Gewebestanzen, drei enthalten 12 Stanzen. Bei den kleinzelligen Karzinomen kamen 100 Tumore pulmonalen Ursprungs zur Auswertung, wobei hier keine TMA-Blöcke hergestellt wurden, da die zu untersuchenden Tumore in Form von Biopsieproben vorlagen und somit nicht genug Gewebe für diese Form der Untersuchung boten. Alle untersuchten Gewebeproben stammen aus dem Archiv des Instituts für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum an den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil. Sowohl kleinzellige Karzinome als auch Mesotheliome wurden nach histologischen Kriterien der WHO-Klassifikation in Kombination mit immunhistochemischen Zusatzuntersuchungen diagnostiziert. Bei allen untersuchten Geweben handelte es sich um formalinfixiertes Gewebe, das standardisiert aufgearbeitet und in Paraffin eingebettet worden war. 3 Materialien und Methoden 3.1.1 47 Mesotheliome Insgesamt lagen den Untersuchungen 112 Mesotheliome aus den Jahren 20002004 zugrunde. Bei 60 Fällen handelte es sich um auswärtige Gewebeproben, die dem Institut für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum an den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil zur konsiliarischen Begutachtung vorgelegt worden waren. Es wurden jeweils nur Fälle ausgewertet, von denen mindestens zwei repräsentative Tumorstanzen vorlagen. Für keine Färbung waren alle ursprünglich eingebrachten Stanzen auswertbar, so dass unterschiedliche Fallzahlen resultieren. Die Zahl der ausgewerteten Mesotheliome schwankt je nach Färbung zwischen 103 (CD 56) und 95 (Calretinin), je nachdem, wie viele Stanzen während des Aufziehens auf Objektträger verloren gegangen waren oder aus anderen Gründen (zu wenige Tumorzellen in tieferen Schnittebenen der Stanze, unspezifische Hintergrundfärbung, Stanzzylinder übereinander geklappt und deshalb nicht auswertbar) nicht repräsentativ waren und deshalb nicht zur Auswertung gelangen konnten. Alle untersuchten Mesotheliome waren vom vorwiegend epitheloiden Subtyp und zum ganz überwiegenden Teil pleuralen Ursprungs (n=105). 7 Mesotheliome stammten aus dem Peritoneum. Zur Verfügung standen Operationspräparate in Form von Resektaten, Exstirpaten, Dekortikaten und P3D-Präparaten (hierbei handelt es sich um ein Pleuropneumoniepräparat, welches zusammen mit dem angrenzenden Perikard und dem Diaphragma im Sinne eines en block- Resektates entfernt wird) sowie Biopsieproben. Bei den auswärtigen Präparaten wurde vermerkt, ob das Gewebe als Nassmaterial oder in Form von Paraffinblöcken bei der Zusendung vorgelegen hat. Es wurden nur Mesotheliome für die Untersuchung ausgewählt, die ausreichend Gewebe für mehrere immunhistologische Schnitte lieferten und von denen entweder ausreichend große Areale von Tumorgewebe in einem Block vorlagen die einen Abstand von mindestens 0,5 cm zwischen den Stanzen erlaubten, oder aber mehrere Gewebeblöcke mit repräsentativen Tumorzellen, um der Heterogenität dieser Tumorentität Rechnung zu tragen. 3 Materialien und Methoden 48 Das Durchschnittsalter der an einem Mesotheliom erkrankten Patienten lag zum Diagnosezeitpunkt bei 65,2 Jahren, wobei der jüngste Patient 41, der älteste 83 Jahre alt war. Alters- und Geschlechtsverteilung sind Abbildung 3 zu entnehmen. Verteilung der Mesotheliome auf Altersgruppen und Geschlecht n 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 41 33 18 7 0 0 30-39 3 1 40-49 3 2 50-59 60-69 70-79 4 0 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% total m total w % 80-89 Altersgruppe Abbildung 3: Alters- und Geschlechtsverteilung in der Gruppe der Mesotheliome. 3 Materialien und Methoden 3.1.2 49 Kleinzellige Tumore Zur Auswertung kamen 100 kleinzellige Karzinome aus den Jahren 2002 bis 2004. Dabei handelte es sich fast ausschließlich um kleinzellige Tumoren pulmonalen Ursprungs, in zwei Fällen lag eine Pleurakarzinose eines kleinzelligen Karzinoms vor. Da den Untersuchungen zum überwiegenden Teil kleinere Biopsieproben der Tumore zugrunde lagen, konnten keine Tissue-Micro-Array (TMA) Blöcke der kleinzelligen Tumoren hergestellt werden. Das durchschnittliche Alter der Patienten zum Diagnosezeitpunkt lag bei 68 Jahren, der älteste Patient war 86, der jüngste 34 Jahre alt (Abb.4). Verteilung der kleinzelligen Karzinome auf Altersgruppen und Geschlecht n 40 35 30 25 20 15 10 5 0 31 25 11 2 5 0 30-39 1 40-49 8 4 50-59 60-69 6 70-79 4 3 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% total m total w % 80-89 Altersgruppe Abbildung 4: Alters- und Geschlechtsverteilung in der Gruppe der kleinzelligen Karzinome. 3 Materialien und Methoden 3.2 50 Methoden 3.2.1 TMA-Technik Erstmals im Jahre 1986 wurden verschiedene Gewebeproben simultan im Rahmen der sog. Sausage-Technik von Battifora et al. untersucht. Bei dieser Methode wurden sogenannte Multi-Tissue Tumor Blöcke (MTTB) hergestellt, indem bis zu 100 verschiedene Gewebe wenig standardisiert mittels eines Biopsieinstrumentes von Hand in einen Empfängerparaffinblock eingebracht wurden (Fedor und De Marzo, 2005). Aufgrund der fehlenden Standardisierung war die Auswertung der jeweiligen Untersuchungsergebnisse erheblich erschwert. Eine technische und gedankliche Weiterentwicklung dieser Untersuchungsmethode stellt der Tissue-Micro-Arrayer dar, der 1998 von Kononen et al. entwickelt wurde, um eine große Anzahl von Geweben unter standardisierten Bedingungen gleichzeitig histochemisch und immunhistochemisch zu untersuchen (Kononen et al., 1998) Durch die genaue Positionierungsmöglichkeit jeden Gewebes in X- und YRichtung ist die Reproduzierbarkeit gewährleistet und die Bewertung der Färbeergebnisse sehr erleichtert. Vor dem eigentlichen Stanzvorgang wurden die zu untersuchenden morphologisch repräsentativen Bereiche der Tumoren auf den HE-Schnitten mit einem Faserstift markiert. 3 Materialien und Methoden 51 Stanzvorgang: Das hierzu gebräuchliche Gerät, der Tissue-Micro-Arrayer, ist kommerziell bei Beecher Instruments, Silver Springs, Maryland/USA zu beziehen. Es besteht aus einer Basisplatte mit eingelassener Haltevorrichtung in der sich das Empfängerparaffinblöckchen einspannen lässt. Über diesen in seiner Position fixierten Block wird ein Tischchen geschoben, auf dessen Oberfläche der Block mit dem zu entnehmenden Gewebe frei beweglich ist. In definiertem Abstand dazu befindet sich oberhalb ein manuell in rechts- und links- Richtung schwenkbarer und in der Senkrechten beweglicher Arm, an dessen Enden sich in ihrem Durchmesser unterschiedliche Stanzzylinder anbringen lassen. Die Position der Zylinder lässt sich durch digitale Präzisionsführer in X- und Y-Richtung manuell steuern. Schwenkvorrichtung mit rechtem und linkem Stanzzylinder Präzisionsführer Y-Achse Präzisionsführer X-Achse Basisplatte Tisch mit Entnahmeblock Haltevorrichtung mit Empfängerblock Abbildung 5: Tissue-Micro-Arrayer mit Entnahme- und Empfängerblock. 3 Materialien und Methoden 52 Der Entnahmeblock wird nun so positioniert, dass sich der zuvor auf dem HESchnitt markierte Bereich des Tumors direkt unter der linken Stanznadel befindet. Die linke Nadel besitzt einen etwas größeren Durchmesser als die rechte, das bedeutet einen leicht vergrößerten Durchmesser des Stanzzylinders des entnommenen Gewebes gegenüber dem zuvor mit der rechten Nadel im Empfängerblock ausgestanzten Zylinder. Auf diesem Wege wird eine Klemmpassung des Gewebes im Empfängerblock gewährleistet. Nachdem ein Zylinder aus dem Entnahmeblock ausgestanzt wurde, wird das Tischchen mit diesem entfernt und der Arm mit den Stanznadeln umgeschwenkt, so dass sich nun durch Herabdrücken der rechten Nadel in festgelegter Position ein zylindrischer Hohlraum für den einzubringenden Tumorzylinder im Empfängerblöckchen schaffen lässt. Nachfolgend kann die Gewebeprobe der linken Nadel vorsichtig in diesen Hohlraum eingebracht werden. Anschließend werden die Nadeln mit Hilfe der Präzisionsführer um 1,5 mm in Xund/oder Y-Richtung verschoben und ein neuer Stanzzyklus begonnnen. Abb.: 6 a Abb.: 6 b Abb.: 6 c Abbildung 6 a - c: Stanzvorgang mit Ausstanzen eines Zylinders im Empfängerblock, Ausstanzen des entsprechenden Areals im Entnahmeblock und Einbringen in den Empfängerblock. Für jeden Block wurde mittels Tabelle die Position der untersuchten Tumoren dokumentiert. Da sich durch das Ausstanzen des Zylinders im Empfängerblock im Randbereich sehr leicht das Paraffin aufwirft, hat sich ein leichtes Erwärmen der Blöckchen vor dem Stanzvorgang bewährt. Da die Empfängerblöcke eine Höhe von 4 mm aufweisen, die Entnahmeblöcke durch vormalig angefertigte Schnitte aber meist dünner sind, ist ein stufenloser 3 Materialien und Methoden 53 Abschluss des Gewebes mit dem umgebenden Paraffin nicht gegeben. Aus diesem Grunde ist es notwendig, die Höhe durch Unterlegen von Paraffin auf 4 mm anzupassen. So befinden sich nach Einbringen aller Stanzzylinder alle auf annähernd gleichem Höhenniveau, so dass ein Gewebeverlust beim Schneiden der ohnehin zum Teil reduzierten Gewebe vermieden wird. Am Rand jeden Blöckchens wurde ein gewebefreier Rand von 3 mm eingehalten, um einem Gewebeverlust durch Abschwimmen während des Aufziehens der Schnitte vorzubeugen. Es wurden insgesamt 18 TMA-Blöcke hergestellt, 15 davon enthalten je 20 Mesotheliomstanzen von 2 mm Durchmesser und 2 mitgeführte Positivkontrollen (originäres Lungengewebe/Lungengewebe mit angeschnittener Bronchiole). Drei Blöcke enthalten nur 12 Stanzen mit je zwei Positivkontrollen, da diese nachträglich hergestellt worden sind, nachdem sich herausgestellt hatte, dass durch Faktoren während des Färbens und die vorbereitenden Arbeitsschritte so viele Stanzzylinder verloren gegangen waren, dass die geforderte Kollektivgröße von 100 Mesotheliomfällen nicht erreicht wurde. Die Positivkontrollen dienen einerseits bei den Färbungen TTF1 und CD 56 zur Kontrolle, ob die entsprechenden immunhistochemischen Reaktionen korrekt abgelaufen sind, oder negative Ergebnisse eventuell auf einen fehlerhaften Ablauf der immunhistochemischen Arbeitsschritte zurückzuführen sind. Andererseits werden unspezifische Färbeergebnisse auf diese Weise ausgeschlossen. Gleichzeitig wird die Auswertung der jeweils angefertigten Schnitte erheblich erleichtert, da sich durch die spezifische Position der Positivkontrollen am rechten oberen Rand eine falsche Zuordnung der Gewebezylinder durch unbewußt spiegelbildliches Betrachten der Schnitte ausschließen lässt. 3 Materialien und Methoden 54 Abbildung 7: TMA-Blöckchen mit 20 Stanzzylindern epitheloider Mesotheliome sowie zwei Stanzen originären Lungengewebes am rechten oberen Rand. Pro Tumor sind drei Stanzen aus jeweils repräsentativen Bereichen entweder aus einem Blöckchen oder, wann immer vorhanden, aus zwei oder drei verschiedenen entnommen worden und in drei unterschiedliche Empfängerblöcke immer an gleicher „Schachbrettposition“ eingebracht worden (Tabelle 6). Einerseits wurde so der bekannten Heterogenität dieser Tumorentität, andererseits einem möglichen schwankenden Ausfall der Färbequalität, hervorgerufen durch Faktoren während der immunhistochemischen Arbeitsschritte, Rechnung getragen. Nach Subtrahieren der Anzahl an Stanzen, die nach dem Schneiden und Aufziehen auf die Objektträger verloren gegangen waren oder die nach mikroskopischer Kontrolle nicht mehr ausreichend viele Tumorzellen enthielten, verblieben je nach Färbung unterschiedlich viele repräsentative Mesotheliomstanzen aus 95 (Calretinin) bis 103 (CD 56) Mesotheliomen. Alle angefertigten Blöcke wurden für eine Stunde bei 40°C im Brutschrank erwärmt, um eine bessere Adhäsion zu erreichen und möglicherweise vorhandene Spalträume zwischen Stanzzylinder und umgebenem Paraffin zu eliminieren. 3 Materialien und Methoden 55 3.2.2 Färbevorgang Vorbehandlung: Von allen untersuchten Gewebeproben wurden nach Formalinfixierung (phosphatgepuffertes, 4%iges Formalin, pH 7,4) und Paraffineinbettung 1-2 µm dicke Schnittpräparate angefertigt, die auf gelatinebeschichtete Objektträger aufgezogen wurden. Die Präparate wurden über Nacht bei einer Temperatur von 37°C im Brutschrank getrocknet. Da Paraffinreste eine verstärkte Hintergrundfärbung immunhistochemischer Färbungen bedingen, erfolgte die sorgfältige Entparaffinierung mittels absteigender Alkoholreihe. Für die Antikörper CD 56, CK 5/6, Mib1, Calretinin und TTF 1 wurde eine hitzeinduzierte Antigendemaskierung in der Mikrowelle vorgenommen. Dazu wurden die entparaffinierten Schnitte in eine mit EDTA-Puffer (pH 8, außer Calretinin: hier pH 9,5) gefüllte Küvette gestellt und 20 min. in der Mikrowelle bei ca. 100°C (800 W) erwärmt. Bei CK MNF 116 erfolgte eine enzymatische Demaskierung mit Protease für 15 min. bei 37°C. Bei der Antigendemaskierung wurden die Bindungsstellen der Antigene, die durch die Formalinfixierung vernetzt sind, für die nachfolgende Bindung mit den jeweiligen Antikörpern freigelegt. Für das weitere Vorgehen wurden die verschiedenen Primärantikörper gemäß den Herstelleranweisungen mit Hilfe eines Diluents der Firma Zymed verdünnt, was einerseits ihre Haltbarkeit steigert und andererseits die Einwirkung in der jeweils geeigneten Konzentration gewährleistet. Konzentrationen der Primärantikörper: CD 56 (Zymed): 1:400 TTF 1(Neo Markers): 1:100 CK MNF 116 (DAKO): 1:1600 CK 5/6 (DAKO): 1:200 Mib1 (DAKO): 1:800 Calretinin (DAKO): 1:2000 3 Materialien und Methoden 56 Da alle hier durchgeführten immunhistochemischen Färbungen nach der Labelled StreptAvidin-Biotin-Methode (LSAB-Methode) erfolgten, soll diese im Folgenden kurz erläutert und ihre Vorteile gegenüber anderen Methoden aufgezeigt werden. LSAB-Methode: Bei dieser Methode bindet der spezifische Primärantikörper an das Antigen im Gewebe und wird mit einem biotinylierten Sekundärantikörper markiert, der eine Brücke zwischen dem Primärantikörper und dem LSAB-Komplex bildet. Bei Biotin handelt es sich um ein wasserlösliches Vitamin, das sich gut an den Brückenantikörper koppeln lässt und aufgrund der hohen Affinität zu Avidin eine Verbindung zum Streptavidin-Enzymkonjugat herstellen kann. Die Schnitte wurden für 25 min. bei Raumtemperatur mit den Primärantikörpern inkubiert, danach für jeweils 15 min. mit den biotinylierten Brückenantikörpern und dem Streptavidin-Peroxidase-Konjugat. Nach jedem Vorgang wurde mit Pufferlösung gespült, um im Gewebe verbliebene Überschüsse zu entfernen. Abbildung 8: Die drei Schritte der LSAB-Methode bestehen aus Primärantikörper (Schritt 1), biotinyliertem Brückenantikörper (Schritt 2) und enzymmarkiertem Streptavidin (Schritt 3) (Boenisch, 2003). 3 Materialien und Methoden 57 In einem letzten Schritt wurde der Komplex durch die Zugabe des Chromogens Neu-Fuchsin (rot) sichtbar gemacht. Dieses bindet an die alkalische Phosphatase des Streptavidin-Enzymkomplexes und bildet somit einen Enzym-Substratkomplex. Die Einwirkzeit betrug 10 min. Die beschriebenen Schritte erfolgten im Autostainer Tech-Mate 500 der Firma DAKO. Anschließend wurden die Schnitte von Hand mit Hämatoxylin (Mayer) für zwei Minuten gegengefärbt und dann ebenfalls für zwei Minuten in Wasser gebläut und danach wiederum für zwei Minuten in Tris-Puffer gespült. Daraufhin wurden die Präparate durch die aufsteigende Alkoholreihe geführt und somit dehydriert bevor sie über Xylol mit Eukitt, einem Klebstoff auf Xylolbasis, und Deckgläsern eingedeckt wurden. Abbildung 9: TMA-Schnitt mit 20 Tumorstanzen epitheloider Mesotheliome sowie zwei Positivkontrollen am Beispiel der Calretinin- Färbung. Die Auswertung der immunhistochemisch gefärbten Präparate wurde mit einem Lichtmikroskop der Firma Leica vorgenommen. 3 Materialien und Methoden 3.3 58 Verwendete Antikörper Für die vorliegende Untersuchung wurden monoklonale Antikörper gegen Ki-67 (Klon Mib 1, Dako, Hamburg), Calretinin (Klon DAK Calret 1, Dako, Hamburg), TTF1 (Klon 8G7G3/1, Neomarkers, Fremont, CA, USA), CD 56 (Klon 123C3, Zymed, South San Francisco, CA, USA), sowie Antikörper gegen Zytokeratin 5 und 6 (Klon D5/16 B4, Dako, Hamburg) und Zytokeratin 5, 6, 8, 17 und 19 (Klon MNF 116, Dako, Hamburg) verwendet. Da monoklonale Antikörper nur ein Epitop eines Antigens erkennen, sind sie sehr spezifisch, Kreuzreaktionen sind selten. Weitere Vorteile sind die saubere positive Darstellung ohne Beeinträchtigung durch eine Hintergrundfärbung und die garantierte Reproduzierbarkeit des Färbeergebnisses. Andererseits reagieren monoklonale Antikörper aufgrund der hohen Spezifität wesentlich empfindlicher auf mögliche Veränderungen des Epitops, und es kann z.B. bei Überfixierungen zu falsch negativen Ergebnissen kommen. Tabelle 2: Charakteristika der verwendeten Antikörper. Antigen Antikörper-Klon Hersteller Spezies Isotyp Ki-67 Mib1 Dako Maus IgG1, Kappa Calretinin Dak Calret 1 Dako Maus IgG1, Kappa TTF1 8G7G3/1 Neomarkers Maus IgG1, Kappa CD 56 123C3 Zymed Maus IgG1 CK 5/6 D5/16B4 Dako Maus IgG1, Kappa CK 5/6/8/17/19 MNF 116 Dako Maus IgG1, kappa Tabelle 3: Verdünnung der verwendeten Primärantikörper und Vorbehandlung der Schnittpräparate. Antigen Antikörper-Klon Verdünnung Vorbehandlung Ki-67 Mib1 1:800 hitzeinduzierte Antigendemaskierung Calretinin Dak Calret 1 1:2000 hitzeinduzierte Antigendemaskierung TTF1 8G7G3/1 1:100 hitzeinduzierte Antigendemaskierung CD 56 123C3 1:400 hitzeinduzierte Antigendemaskierung CK 5/6 D5/16B4 1:200 hitzeinduzierte Antigendemaskierung 1:1600 enzymatische Antigendemaskierung CK 5/6/8/17/19 MNF 116 3 Materialien und Methoden 3.3.1 59 CD 56 Bei CD 56 handelt es sich um ein Protein, welches in Form dreier verschiedener Isoformen molekularer Massen, 180 kD, 140 kD und 120 kD, in menschlichem und tierischem Gewebe vorkommt. Das neural cell adhesion molecule (NCAM) gehört zur Familie der Immunglobuline. Es sind Oberflächenproteine, die durch charakteristische Bindungen in Zell zu Zell- Interaktionen während der Embryonalentwicklung eine Rolle spielen. Sie werden exprimiert in neuralem, neuroektodermalem und neuroendokrinem Gewebe und in Neoplasien, die aus diesen Ursprungsgeweben hervorgehen. Es findet eine zytoplasmatische Reaktion in den jeweiligen Geweben statt. In Normalgewebe (originärem Gewebe) bedingt CD 56 (Klon 123C3) eine Anfärbung peripherer Nervenzellen, Zellen der Schilddrüse, des Gehirns und der Plazenta. In neoplastischen Geweben wird es verwendet zur Detektion kleinzelliger Lungenkarzinome und kann ebenso bei der Diagnose von T-Zell-Lymphomen hilfreich sein. Schon in den 80er Jahren konnte an Gefrierschnitten gezeigt werden, dass nahezu 100% aller kleinzelligen Karzinome diffus CD 56 exprimieren, nicht kleinzellige Karzinome jedoch nur selten positiv für CD 56 sind. Kaufmann konnte 2000 zeigen, dass auch Untersuchungen an Paraffinmaterial sehr gut geeignet sind, kleinzellige und nicht kleinzellige Karzinome immunhistochemisch zu unterscheiden (Kaufmann, 2000). 3 Materialien und Methoden 3.3.2 60 Thyreoidaler Transkriptionsfaktor (TTF1) Der thyreoidale Transkriptionsfaktor TTF1 ist ein 38 kD schwerer nukleärer Transkriptionsfaktor der NKx2 Familie (Abutaily et al., 2002). In dieser Untersuchung kam der kommerziell verfügbare Antikörper gegen TTF1 (Klon 8G7G3/1) zur Anwendung. Eine nukleäre Färbung zeigen in originärem Lungengewebe die Typ IIPneumozyten und die nicht kinozilientragenden Bronchialepithelien ebenso wie die Zellen der Schilddrüse und des Dienzephalons (Kaufmann, 2000, Lau et al. 2002). In neoplastischem Gewebe reagieren außer den Karzinomen der Schilddrüse Adenokarzinome und kleinzellige Karzinome der Lunge zu einem überwiegenden Teil positiv auf TTF1. Law et al. wiesen allerdings 2002 darauf hin, dass in undifferenzierten und anaplastischen Schilddrüsentumoren in den allermeisten Fällen keine Färbereaktion nachzuweisen ist. Dies trifft auch auf undifferenzierte Lungenkarzinome zu (Krismann, 2005, persönliche Mitteilung). Tamiolakis et al. (2002) konnten in ihrer Studie über eine TTF1- Positivität bei 66,7% der von ihnen untersuchten kleinzelligen Lungenkarzinome berichten, in einer weiteren Untersuchung waren es nur 53% (Chang et al., 2004). Die Mehrzahl aller Studien berichten jedoch von einer TTF1- Expression in mehr als 80% der kleinzelligen Lungenkarzinome (Chhieng et al., 2001, Myong, 2003, Wu et al., 2003, Chang et al., 2004, Johansson, 2004, Lau et al., 2002), allerdings sei es nicht spezifisch für diese, eine Expression könne auch in kleinzelligen Karzinomen anderer Primärlokalisationen gefunden werden (Lau et al. 2002). Die TTF1- Immunreaktion wird außerdem verwendet zur Unterscheidung zwischen primären Lungentumoren (insbesondere Adenokarzinomen) und extrapulmonalen nicht kleinzelligen Tumoren (außer Schilddrüsentumoren) und Mesotheliomen, die ebenfalls in der Regel negativ reagieren. Der Wert von TTF1 als prognostischer Marker in Neoplasien der Lunge ist bereits in vielen Studien untersucht worden, allerdings zum Teil mit sehr widersprüchlichen Ergebnissen (Myong, 2003, Syed et al., 2000, Puglisi et al., 1999), so dass der diesbezügliche Nutzen von TTF1 weiterhin Gegenstand aktueller Forschungen bleibt. 3 Materialien und Methoden 3.3.3 61 CK 5/6, CK MNF 116 Die Zytokeratine sind Polypeptide des Alpha Typs mit einem Molekulargewicht zwischen 40 und 68 kD und gehören zur Familie der Intermediärfilamente, die als Komponente des Zellskeletts in fast allen epithelialen Zellen und auch einigen nicht epithelialen Zellen gefunden werden. Die Intermediärfilamente lassen sich in 7 Subtypen unterteilen. Die Zytokeratine bilden eine dieser Untergruppen. Zytokeratine sind die meistverbreiteten Marker der Epitheldifferenzierung, es lassen sich je nach Molekulargewicht und isometrischem Punkt 20 verschiedene Typen unterscheiden (Moll et al., 1982). Bei dem genutzten Antikörper (Monoclonal Mouse Anti- Human Cytokeratin 5/6, Klon D5/16B4) handelt es sich um einen Antikörper gegen Zytokeratin 5 und 6. CK 5 besitzt ein Molekulargewicht von 58 kD, es gehört, ebenso wie Zytokeratin 6 (56 kD) zu den hochmolekularen Zytokeratinen des Grundtyps. CK 5/6 wird in allen Zellschichten des mehrschichtigen Epithels, des Übergangsepithels und komplexen Epithels sowie in Mesothelzellen und in epitheloiden Mesotheliomzellen exprimiert. Darüber hinaus auch in Basalzellen des Plattenepithels (Boenisch, 2003). In der Regel wird es nicht in einfachen Epithelien und nicht epithelialem Gewebe nachgewiesen. Es gilt als ein positiver Marker für den Nachweis von epitheloiden Mesotheliomen (Clover et al., 1997) und als hilfreich bei deren Abgrenzung gegenüber primären Lungenkarzinomen, insbesondere Adenokarzinomen, wenn er in Kombination mit anderen der Fragestellung entsprechenden Markern eingesetzt wird. Der zweite verwendete Antikörper aus der Gruppe der Zytokeratine (Monoclonal Mouse Anti- Human Cytokeratin, Klon MNF 116) markiert ebenfalls Epithelgewebe und Tumoren epithelialen Ursprungs, allerdings reagiert er zusätzlich mit Zytokeratinen niedrigeren Molekulargewichts, sein Reaktionsspektrum umfasst Zytokeratine mit einem Molekulargewicht zwischen 40 und 58 kD (Boenisch, 2003). Er reagiert mit den hochmolekularen Zytokeratinen 5, 6 und 17 sowie den niedermolekularen Zytokeratinen 8 und 19. 3 Materialien und Methoden 3.3.4 62 Calretinin Calretinin wird von originären und neoplastischen Mesothelzellen exprimiert und ist ein hoch spezifischer und sensitiver Marker zur Identifizierung von Mesotheliomen vom epitheloiden Subtyp besonders im Hinblick auf die Abgrenzung derselben gegenüber pulmonalen Karzinomen adenoider (=Adenokarzinome) aber auch kleinzelliger Differenzierung. Auch hier sollte die Diagnose je nach Fragestellung immer durch ein Panel von Antikörpern, beispielsweise zwei positive „Mesotheliommarker“ (Calretinin, CK 5/6) und zwei negative (TTF1, CEA) gestützt werden (Abutaily et al., 2002, Attanoos et al., 2003). Bei Calretinin handelt es sich um ein Calcium bindendes Protein einer Molekülmasse von 29 kD (Die Tos und Doglioni, 1998), welches in zentralem und peripherem Nervengewebe sowie normalen Mesothelzellen, Mastzellen und Muskelzellen exprimiert wird. Auch in Makrophagen ist gelegentlich eine positive Reaktion nachweisbar (Abutaily et al. 2002). Seine Funktion ist noch nicht eindeutig geklärt, einige Autoren postulieren eine Calciumpufferfunktion an Nervenzellen bei Störungen des Calciumhaushaltes (Dei Tos und Doglioni, 1998). Der in dieser Untersuchung verwendete Antikörper (Klon DAK Calret 1) weist das entsprechende Antigen im Zellkern und im Zytoplasma nach. Bei Mesotheliomen fällt die Reaktion charakteristischerweise sowohl nukleär als auch zytoplasmatisch positiv aus. 3 Materialien und Methoden 3.3.5 63 Ki-67 Das Ki-67 Antigen wurde erstmals 1983 von Gerdes et al. in basaloiden Tumoren nachgewiesen, die komplette molekularbiologische Struktur aber erst 1993 von Schlüter und Mitarbeitern publiziert (Schlüter et al., 1993, Gerdes et al., 1984). Demnach handelt es sich um ein nukleäres Protein, welches in zwei Isoformen mit 345 und 395 kD vorkommt. Ein Nachweis mit dem Antikörper Mib1 gelingt jeweils nur in den aktiven Phasen eines Zellzyklus (späte G1-, S-, G2-, M-Phase) ausschließlich im Zellkern. In den Ruhephasen wird das Protein sehr schnell abgebaut. Der Ki-67 Proliferationsindex ist der prozentuale Anteil der Zellen mit nukleärer Mib1- Reaktion und dient zum Nachweis der Wachstumsfraktion verschiedener normaler und neoplastischer Gewebe. In Normalgewebe finden sich positive Reaktionen in Geweben mit hohen Zellteilungsraten, wie Dünn- und Dickdarmschleimhaut, Zellen der Magenschleimhaut und in lymphatischen Keimzentren. Die Proliferationsfraktion ist in neoplastischen Geweben gemäß ihrer Definition zumeist größer als in Normalgewebe, kann je nach Tumorentität und Malignitätsgrad jedoch erheblich schwanken, und ist hier teilweise auch von differentialdiagnostischer Bedeutung. Die Funktion des Ki-67 Antigens ist noch nicht abschließend geklärt. Einige Autoren schreiben ihm eine Bedeutung in der Aufrechterhaltung der DNA-Struktur während der Teilungsphase zu (Sawhney und Hall 1992, zit. bei Junker, 2001) In zahlreichen Studien wurde eine Korrelation zwischen der Malignität verschiedener Tumorentitäten und ihrer Wachstumsfraktion festgestellt (Gerdes et al., 1984, Schönherr et al., 2004). 3 Materialien und Methoden 3.4 64 Beurteilung der Reaktionsmuster Die Auswertung sowohl der kleinzelligen Tumore, als auch der Mesotheliome erfolgte für alle verwendeten Immunfärbungen mit Ausnahme von Mib1 semiquantitativ nach dem modifizierten immunreaktiven Score nach den Richtlinien von Remmele und Stegner. Bei dieser Methode wird das Ergebnis durch die Färbeintensität und den Prozentsatz der angefärbten Tumorzellen bestimmt. Dazu wird das Produkt der Werte für Färbeintensität und des Anteils positiver Tumorzellen gebildet. Es resultiert ein Score von 0-12. Werte von 0-1 entsprechen in dieser Auswertung einem negativen Ergebnis. Tabelle 4: Wertung von Färbeintensität und Prozentsatz der angefärbten Tumorzellen bei den Markierungen Calretinin, CK 5/6, CK MNF 116, TTF1 und CD 56. Punkte Färbeintensität Anteil positiver Tumorzellen keine Anfär0 bung 0% 1 schwach <10% 2 mäßig 10-50% 3 stark 51-80% 4 - >80% 3 Materialien und Methoden 65 Tabelle 5: Bewertung des immunreaktiven Scores. Bewertung des immunreaktiven Scores Score 0 negativ 1 schwach positiv mäßig positiv 2 3 4 6 8 stark positiv 9 12 Bei der zellulären Lokalisation der Immunreaktion wurde unterschieden zwischen zytoplasmatischer und nukleärer Reaktion, bei den kleinzelligen Karzinomen wurde bei der CK MNF 116- Immunfärbung zusätzlich vermerkt, ob innerhalb der Zellen das Färbesignal homogen/diffus oder heterogen/punktförmig war. Die Auswertung des Proliferationsmarkers Mib1 erfolgte ausschließlich nach dem Prozentsatz der sich in der Teilungsphase befindlichen Tumorzellen, die Einteilung erfolgte in vier Gruppen mit unterschiedlicher Anzahl sich teilender Tumorzellen: Gruppe I: 1-20% der Tumorzellen angefärbt Gruppe II: 21-40% der Tumorzellen angefärbt Gruppe III: 41-60% der Tumorzellen angefärbt Gruppe IV: >60% der Tumorzellen angefärbt Die Auswertung erfolgte für die Mesotheliome mit Hilfe einer schachbrettartigen Tabelle, die die Vergleichbarkeit der drei Proben eines Tumors erleichterte. 3 Materialien und Methoden 66 Tabelle 6: Auswertungstabelle der Mesotheliome für Calretinin am Beispiel der Blöcke 2a- 2c. 2a A Ergebnis B Ergebnis C Ergebnis D Ergebnis E Ergebnis 1 M21a +++ M25a f M29a ++ M33a +++ M37a +++ 2 M22a M26a + M30a ++ M34a +++ M38a +++ 3 M23a +++ M27a +++ M31a +++ M35a ++ M39a +++ 4 M24a ++ M28a +++ M32a +++ M36a +++ M40a +++ 2b A Ergebnis B Ergebnis C Ergebnis D Ergebnis E Ergebnis 1 M21b +++ M25b +++ M29b ++ M33b +++ M37b ++ 2 M22b +++ M26b + M30b ++ M34b M38b ++ 3 M23b +++ M27b +++ M31b +++ M35b ++ M39b f 4 M24b +++ M28b +++ M32b +++ M36b +++ M40b +++ 2c A Ergebnis B Ergebnis C Ergebnis D Ergebnis E Ergebnis 1 M21c +++ M25c +++ M29c ++ M33c M37c +++ 2 M22c +++ M26c +++ M30c ++ M34c +++ M38c +++ 3 M23c +++ M27c M31c +++ M35c ++ M39c +++ 4 M24c +++ M28c M32c +++ M36c +++ M40c +++ f +++ f Legende: +++: stark positives Färbeergebnis ++ : mäßig positives Färbeergebnis + : schwach positives Färbeergebnis - : negatives Färbeergebnis leeres Ergebnisfeld : bei den jeweiligen Mesotheliomen war die Entnahme einer dritten Tumorstanze aufgrund der limitierten Gewebegröße nicht möglich, so dass diese Fälle nur in die Gesamtbewertung einflossen, sofern die verbliebenen zwei Teilergebnisse identisch waren. f: die entsprechende Tumorstanze ist während der immunhistochemischen Arbeitsschritte durch Abschwimmen oder während des Schneidvorgangs verloren gegangen. 3 Materialien und Methoden 67 Die bei den Mesotheliomen entnommenen Tumorstanzen wurden jeweils als Einheit betrachtet, es wurden nur Tumore ausgewertet, von denen mindestens zwei übereinstimmende Ergebnisse vorlagen. Lag beispielsweise bei drei Proben eine Abweichung in nur einer Gewebeprobe von nicht mehr als einem Punkt (+) gegenüber den beiden anderen vor, so wurde jeweils zugunsten des übereinstimmenden Ergebnisses der beiden anderen entschieden (M 37 wurde beispielsweise stark positiv bewertet). Bei Abweichungen in mehr als einem Punkt in einer oder bei unterschiedlichen Ergebnissen in allen drei Proben wurde nach wiederholter Prüfung je nach Grund der Abweichung entweder zugunsten der beiden übereinstimmenden Ergebnisse entschieden, eventuell das Ergebnis korrigiert, oder der jeweilige Tumor aufgrund der offensichtlich sehr großen Heterogenität nicht in die Untersuchung aufgenommen. Alle hinsichtlich des Ergebnisses nicht eindeutigen Gewebestanzen sind von zwei Personen unabhängig voneinander bewertet worden. Ein Ziel dieser Untersuchungen ist die Errechnung des diagnostischen Wertes jedes einzelnen der verwendeten Marker bezüglich der Differentialdiagnose zwischen epitheloidem Mesotheliom und kleinzelligem Lungenkarzinom, sowie der Frage, ob sich durch verschiedene Markerkombinationen Sensitivität und Spezifität steigern lassen. Dem jeweiligen Reaktionsergebnis entsprechend lassen sich richtig positive, richtig negative, falsch positive und falsch negative Resultate unterscheiden. 3 Materialien und Methoden 3.4.1 68 Sensitivität Allgemeine Definition: Sensitivität= richtig positive/(richtig positive + falsch negative) Die Sensitivität der immunhistochemischen Marker CK 5/6, CK MNF 116 und Calretinin ist definiert als die Anzahl der richtig positiven Fälle in Bezug auf die Gesamtheit der Mesotheliome, bei den Markern für eine neuroendokrine Differenzierung (CD 56 und TTF1) ist sie entsprechend definiert als die Anzahl der richtig positiven kleinzelligen Karzinome an der Gesamtheit der kleinzelligen Karzinome. 3.4.2 Spezifität Allgemeine Definition: Spezifität= richtig negative/(richtig negative + falsch positive) In dieser Studie ist die Spezifität der Anteil der richtig negativen kleinzelligen Karziome an allen kleinzelligen Karzinomen bei den Reaktionen für CK 5/6, CK MNF 116 und Calretinin, sowie die Anzahl der richtig negativen Mesotheliome in Bezug auf alle Mesotheliome bei den Immunreaktionen für CD 56 und TTF1. Die Bezeichnungen „richtig“ und „falsch“ bezogen sich dabei auf die erwartete Reaktion mit den jeweiligen Markern in Abhängigkeit von der nach Auswertung des verwendeten Markerpanels gestellten Diagnose. 3.4.3 positiver-/negativer prädiktiver Wert Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass bei einem positiven Reaktionsergebnis ein epitheloides Mesotheliom (CK 5/6, CK MNF 116, Calretinin) bzw. ein kleinzelliges Karzinom (TTF1, CD 56) vorliegt, wird mit Hilfe des positiven prädiktiven Wertes (ppW) ausgedrückt. ppW= richtig positive/(richtig positive + falsch positive) Der negative prädiktive Wert (npW) hingegen gibt Aufschluss über die Höhe der Wahrscheinlichkeit, dass bei einem negativen Testergebnis kein epitheloides Mesotheliom bzw. bei den Markern TTF1 und CD 56 kein kleinzelliges Karzinom vorliegt. 3 Materialien und Methoden 69 npW= richtig negative/(richtig negative + falsch negative) 3.4.4 Statistische Aussagen Da in unserer Untersuchung zwei Karzinomtypen verglichen wurden, sind für alle immunhistochemischen Markierungen Chi²-Tests mit dem Statistikprogramm SAS gerechnet worden. Der Chi²-Test geht der Fragestellung nach, ob die beobachteten Größen einer bestimmten Verteilung unterliegen, in unserer Untersuchung also, ob der jeweilige immunhistochemische Marker Mesotheliome und kleinzellige Lungenkarzinome in gleicher Weise identifiziert. Die Nullhypothese des Chi²-Tests unterstellt also eine Gleichverteilung der Ausprägungen positives und negatives Färbeergebnis für Mesotheliome und kleinzellige Lungenkarzinome. Der p-Wert gibt nun die Wahrscheinlichkeit an, mit der die Nullhypothese Gültigkeit behält. Wünschenswert ist in unserer Untersuchung also ein möglichst niedriger p-Wert, da Mesotheliome und kleinzellige Lungenkarzinome anhand einer möglichst unterschiedlichen Verteilung der positiven und negativen Markierungen der einzelnen immunhistochemischen Marker voneinander abgegrenzt werden sollen. Somit gibt der p-Wert Aufschluss über die Validität der hier untersuchten Immunmarkierungen. Die statistischen Untersuchungen sind im Institut für medizinische Informatik und Biomathematik des Universitätsklinikums Münster von Frau Sauerland durchgeführt worden. Die relevanten Faktoren wurden in Form von modifizierten Wertetabellen zusammengeführt und ausgewertet. Solch eine Wertetabelle ist in Tabelle 7 beispielhaft abgebildet. 3 Materialien und Methoden 70 Tabelle 7 : Wertetabelle. Färbeintensität Mesotheliome kleinzellige Karzinome stark positiv richtig positiv (A) falsch positiv (E) mäßig positiv richtig positiv (B) falsch positiv (F) schwach positiv richtig positiv (C) falsch positiv (G) negativ falsch negativ (D) richtig negativ (H) gesamt Sensitivität: Spezifität: (A+B+C)/(A+B+C+D) H/(E+F+G+H) Chi²-Test: 4 Ergebnisse 71 4 Ergebnisse 4.1 Alters- und Geschlechtsverteilung 4.1.1 Gesamtkollektiv Das Maximum der Erkrankungshäufigkeit liegt bei den an einem Mesotheliom erkrankten Patienten mit 42,3% in der Altersgruppe zwischen 60 und 69 Jahren, das mittlere Alter bei Diagnosestellung beträgt 65,2 Jahre. Bei den an einem Mesotheliom erkrankten Patienten variiert das Alter bei Diagnosestellung zwischen 41 und 83 Jahren. Bei den an einem kleinzelligen Karzinom leidenden Patienten beträgt das Durchschnittsalter 68 Jahre. Das Maximum der Erkrankungshäufigkeit liegt zehn Jahre später, also in der Altersklasse zwischen 70 und 79 Jahren. Der jüngste Patient in diesem Kollektiv ist 34, der älteste 86 Jahre alt. Bei letzterem handelt es sich um einen der zwei Patienten mit einer Pleurakarzinose. Gesamtkollektiv m und w 48 50 45 40 37 36 33 35 Anzahl der Fälle 30 kleinzellige Karzinome 25 Mesotheliome 20 20 15 15 10 7 6 4 5 4 2 0 0 0 0 0 0 0 bis 9 10 bis 19 20 bis 29 0 0 30 bis 39 40 bis 49 50 bis 59 60 bis 69 70 bis 79 80 bis 89 Altersgruppen Abbildung 10: Altersverteilung der untersuchten kleinzelligen Lungenkarzinome und Mesotheliome im Gesamtkollektiv. 4 Ergebnisse 4.1.2 72 Teilkollektiv der männlichen Patienten Das Kollektiv der männlichen Patienten beider Gruppen setzt sich aus n= 177 (82,6%) Personen zusammen, und liegt somit weit über dem Anteil der weiblichen Patienten beider Kollektive. Das Kollektiv der männlichen, an einem Mesotheliom erkrankten Patienten umfasst dabei n=99, dies entspricht einem prozentualen Anteil von 88,3% am Gesamtkollektiv dieser Gruppe. Zum Zeitpunkt der Diagnose ist der jüngste Patient 41, der älteste 83 Jahre alt. Die mit Abstand höchste Erkrankungsrate liegt mit 36 % (n= 40) in der Altersgruppe der zwischen 60- und 69-Jährigen. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung beträgt in diesem Kollektiv 65,4 Jahre. Die an einem kleinzelligen Karzinom erkrankten männlichen Patienten nehmen mit n= 78 einen prozentualen Anteil von 76,5% ein. Das Maximum in den unterschiedenen Altersklassen liegt hier mit 39,7% am Gesamtkollektiv der männlichen Patienten zwischen dem 70. und 79. Lebensjahr. Das durchschnittliche Alter zum Zeitpunkt der Diagnose liegt bei 66,8 Jahren und unterscheidet sich nur geringfügig von dem der Mesotheliompatienten. Teilkollektiv m 45 41 40 35 33 31 Anzahl der Fälle 30 25 25 20 Kleinzellige Karzinome Mesotheliome 18 15 11 10 5 5 0 0 0 0 0 0 4 3 2 4 0 0 0 bis 9 10 bis 19 20 bis 29 30 bis 39 40 bis 49 50 bis 59 60 bis 69 70 bis 79 80 bis 89 Altersgruppen Abbildung 11: Altersverteilung der untersuchten kleinzelligen Lungenkarzinome und Pleuramesotheliome im Teilkollektiv der männlichen Patienten. 4 Ergebnisse 4.1.3 73 Teilkollektiv der weiblichen Patienten Das Kollektiv umfasst, beide Gruppen betreffend, nur n= 35 Patientinnen (17,4%). Der prozentuale Anteil der weiblichen, an einem kleinzelligen Karzinom erkrankten Patienten liegt mit 22% (n= 22) deutlich über dem der Mesotheliompatientinnen mit 11,7% (n= 13) am Gesamtkollektiv ihrer Gruppe. Das Alter der weiblichen Patientinnen bewegt sich in der Gruppe der kleinzelligen Karzinome zwischen dem 46 und dem 82. Lebensjahr. Allerdings liegt der größte Anteil in der Altersgruppe der zwischen 60 und 69 Jährigen, und somit zehn Jahre früher als im Kollektiv der männlichen Patienten und im GesamtkolIektiv. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung weicht mit 63,7 Jahren nur geringfügig von dem der Mesotheliompatientinnen ab. Die weiblichen Patienten erkranken im Durchschnitt drei Jahre früher an einem kleinzelligen Karzinom als die männlichen Patienten. Im Kollektiv der weiblichen Mesotheliompatienten ist die jüngste Patientin 47, die älteste 75 Jahre alt, der Altersmittelwert liegt bei 63,3 Jahren. Die Erkrankungshäufigkeit liegt hier in Übereinstimmung mit dem Gesamtkollektiv und dem der männlichen Patienten in der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen. Vergleicht man die Altersverteilung bei Diagnosestellung, so fällt das etwas breitere Spektrum bei den an einem kleinzelligen Karzinom leidenden Patientinnen auf. Teilkollektiv w 40 35 Anzahl der Fälle 30 25 Kleinzellige Karzinome 20 Mesotheliome 15 10 8 7 4 5 0 0 0 0 0 0 0 0 1 3 2 1 6 3 0 0 0 bis 9 10 bis 19 20 bis 29 30 bis 39 40 bis 49 50 bis 59 60 bis 69 70 bis 79 80 bis 89 Altersgruppen Abbildung 12: Altersverteilung der untersuchten kleinzelligen Lungenkarzinome und Mesotheliome im Teilkollektiv der weiblichen Patienten. 4 Ergebnisse 4.2 74 Ergebnisse hinsichtlich der Vergleichbarkeit von TMASchnitten versus Originalschnitten Da die für die Mesotheliome angewandte TMA-Technik im Hinblick auf die bekannte Heterogenität dieser Tumorentität problematisch sein kann, wurde vor dem Einsatz dieser Methode geprüft, in wieweit die Ergebnisse der Stanzen, die aus jeweils drei unterschiedlichen Bereichen des Tumors entnommen wurden, repräsentativ für das gesamte in Form von Originalschnitten zur Verfügung stehende Gewebe waren. Um diese Frage zu klären, wurden 33 Mesotheliome, also annähernd ein Drittel des Untersuchungsgutes, nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und die Ergebnisse der immunhistochemischen Färbungen mit den zur Verfügung stehenden Immunfärbungen der Originalschnitte verglichen. Pro Tumorgewebe wurden, je nach Vorhandensein von korrespondierenden Originalschnitten, ein bis fünf Immunfärbungen (Calretinin, CK MNF 116, CK 5/6, TTF 1, Mib1) der TMA-Schnitte mit den entsprechenden Originalschnitten verglichen. Bei der Bewertung wurde unterschieden zwischen völliger und teilweiser Übereinstimmung sowie keiner Übereinstimmung. Eine völlige Übereinstimmung ist bei einem gleichen Ergebnis des Originalschnitts und des TMA-Schnitts gegeben, unabhängig davon, ob das jeweilige Ergebnis innerhalb des Variationsspektrums der definierten Ergebnisbereiche in einem Punkt die Intensität oder den Prozentsatz der angefärbten Zellen betreffend, variierte. Somit lag eine völlige Übereinstimmung auch dann vor, wenn das Ergebnis für eine Immunfärbung im Originalschnitt und TMA-Schnitt im Endergebnis jeweils zwar stark positiv ausfiel, diesem Endergebnis aber jeweils ein anderer Score zugrunde lag. ( Beispiel: War die Färbeintensität nur mäßig (2), die Anzahl der angefärbten Tumorzellen lag aber über 80% (4) im Originalschnitt, so resultierte ein Score von 8. 4 Ergebnisse 75 Im TMA-Schnitt resultierte das Endergebnis jedoch aus einer starken Färbeintensität (3) bei einem Anteil zwischen 51 und 80% der angefärbten Tumorzellen (3), wobei hier ein Score von 9 erreicht wird.) Ein nicht übereinstimmendes Ergebnis ist bei der Mib1 Färbung als eine Abweichung des Ergebnisses zwischen TMA-Schnitt und Originalschnitt von mindestens 5% definiert. Eine völlige Übereinstimung lag in 99 der miteinander verglichenen Immunfärbungen aus insgesamt 33 Tumoren vor. Dies entspricht einer Übereinstimmung von 90 %. Bei 24 der verglichenen Gewebe entstammten die Stanzen des Untersuchungsgutes demselben Block wie das Gewebe des Originalschnitts, bei vier Mesotheliomen lag dem Originalschnitt ein anderer Gewebeblock zugrunde. Stimmte das Ergebnis des Originalschnitts zwar mit einer der untersuchten Tumorstanzen überein, nicht aber mit dem gewerteten Gesamtergebnis für diesen Tumor, welches sich aus den drei Stanzen zusammensetzte, so war die Übereinstimmung lediglich teilweise und wurde als solche vermerkt. (Beispiel: Ergebnis des Originalschnittes Ö stark positiv; Endergebnis der TMA-Schnitte: Ömäßig positiv bei zwei mäßig positiven Stanzen und einer stark positiven Stanze.) Dies war bei vier der verglichenen Immunfärbungen (3,6%) aus vier unterschiedlichen Tumoren der Fall. In der Hälfte dieser Fälle lag derselbe Block den zu vergleichenden Schnitten zugrunde. Bei sieben (6,4%) Markierungen lag keine Übereinstimmung zwischen Originalund TMA-Schnitt vor. Die Ergebnisse wichen bis zu zwei Punkte bei den Markierungen für Calretinin, CK 5/6, MNF 116 und TTF1 voneinander ab. Diese Immunreaktionen stammten aus sechs verschiedenen Tumorgeweben. In drei Fällen handelte es sich um die CK MNF 116- Reaktion, in zwei Fällen um die Immunreaktion mit dem Proliferationsmarker Mib1. Jeweils einmal waren die Calretinin- und die CK 5/6- Reaktionen betroffen. In vier Fällen stammte das untersuchte Gewebe aus demselben Paraffinblock. 4 Ergebnisse 4.3 76 Ergebnisse der immunhistochemischen Untersuchungen Für die Beurteilung der Schnittpräparate wurden nur gut erhaltene Zellen berücksichtigt, extrazelluläre Anfärbungen und Anfärbungen nekrotischer Areale wurden als unspezifisch betrachtet. Da sowohl die Intensität als auch die Anzahl der angefärbten Zellen in der Gruppe der Mesotheliome gelegentlich in den einzelnen Bereichen der Stanzen nicht einheitlich war, wurde bei der Bewertung dieser Fälle semiquantitativ ein repräsentativer Durchschnittswert gebildet. Da bei der Bewertung der kleinzelligen Karzinome in einigen Fällen bei den Färbungen Calretinin, CK 5/6 und CK MNF 116 positiv reagierende Zellen nicht eindeutig als Tumorzellen identifiziert werden konnten und somit die Möglichkeit einer Verwechselung mit in den Tumor eingedrückten originären Epithelzellen oder auch tumorassoziierten Entzündungszellen gegeben war, wurden in allen nicht eindeutigen Fällen die CD 56-, die Mib1- oder auch die korrespondierenden HE-Schnitte vergleichsweise zur Begutachtung herangezogen und auf diese Weise versucht, den Ursprung der entsprechenden Zellen zu eruieren. Gelang dies aufgrund sehr variierender Schnittebenen der zu vergleichenden Schnitte nicht zweifelsfrei, so wurde die überprüfte Immunreaktion des entsprechenden kleinzelligen Tumors als negativ gewertet. In der Auswertung der immunhistochemischen Färbungen wurden die Ergebnisse der kleinzelligen Tumoren und der Mesotheliome in Form der bereits vorgestellten Wertetabellen zusammengeführt, und die Validität der einzelnen Marker bzw. Markerkombinationen anhand von erreichter Sensitivität und Spezifität angegeben. 4 Ergebnisse 4.3.1 77 TTF1 Eine positive nukleäre Reaktion mit dem Antikörper gegen TTF1 zeigen in originärem Lungengewebe die nicht kinozilientragenden Bronchialepithelien sowie die Typ II-Pneumozyten. Es kamen insgesamt 98 Mesotheliome in Form von Gewebestanzen zur Auswertung, in keinem Fall konnte eine Positivität nach den Wertungskriterien nach Remmele und Stegner nachgewiesen werden. In zwei Fällen fiel die Auswertung zunächst schwer, da hier bei bestehender Infiltration in benachbartes Lungengewebe die Unterscheidung zwischen Tumorzellen, originären Zellen und tumorassoziierten Alveolarmakrophagen nicht eindeutig gelang. Nach kritischer Beurteilung durch einen zweiten Gutachter und zusätzlich angefertigter CD 68- Immunfärbung konnten die auf TTF1 stark positiv reagierenden Typ II-Pneumozyten als solche identifiziert, und das jeweilige Tumorgewebe als TTF1negativ gewertet werden (Abbildung 13, 14, 15). Abbildung 13: Fallstrickpräparat: Mesotheliom mit TTF1 positiven Typ II-Pneumozyten (Fall 3D2). 4 Ergebnisse 78 Abbildung 14: Mesotheliom mit TTF1 positiven Typ II-Pneumozyten (Fall 3D2). Abbildung 15: TTF1 positive Typ II-Pneumozyten (Fall 3C3). In der Gruppe der kleinzelligen Karzinome war die immunhistochemische Reaktion in nicht artifiziell gequetschten Bereichen des Tumors nukleär nachweisbar. Demnach exprimierten 41% (n=41) der kleinzelligen Karzinome stark (Abbildung 16), 13% (n=13) mäßig (Abbildung 17) und 6% (n=6) schwach TTF1. 40% (n=40) der kleinzelligen Karzinome waren TTF1- negativ. Abbildung 16: SCLC, TTF1 stark positiv (Fall 66). Abbildung 17: SCLC, mäßig positiv für TTF1 (Fall 6). Bei der Abgrenzung von kleinzelligen Lungenkarzinomen und epitheloiden Pleuramesotheliomen betrug die Sensitivität 60% (npW= 71%), die Spezifität 100% (ppW= 100%) für die Erkennung eines kleinzelligen Karzinoms durch eine positive TTF1- Immunreaktion (Tabelle 8). 4 Ergebnisse 79 Tabelle 8: Kleinzellige Karzinome und epitheloide Mesotheliome, Gegenüberstellung der Ergebnisse der TTF1- Immunreaktion. TTF 1 Mesotheliome Kleinzellige Karzinome negativ 98 40 schwach positiv 0 6 mäßig positiv 0 13 stark positiv 0 41 gesamt 98 100 Sensitivität=(41+13+6)/100=0,6Ö60% Spezifität=98/(98+0+0)=1Ö100% ppW=(41+13+6)/(60+0)=1Ö100% npW=98/(98+40)=0,71Ö71% Chi²-Test: p< 0,0001 100% 80% negativ 60% schwach po sitiv mäßig po sitiv stark po sitiv 40% 20% 0% M eso thelio me Kleinzellige Karzino me Abbildung 18: Kleinzellige Karzinome und epitheloide Mesotheliome, Gegenüberstellung der Ergebnisse der TTF1- Immunreaktion. 4 Ergebnisse 4.3.2 80 Zytokeratine (MNF 116 und CK 5/6) Sowohl für die CK 5/6-, als auch für die CK MNF116- Immunreaktion war die Reaktion bei den Mesotheliomen stets fein-granulär (homogen), zytoplasmatisch lokalisiert. Es wurden in der Auswertung der CK 5/6- Färbung 101 Mesotheliome berücksichtigt, 100 kamen in der CK MNF116- Immunreaktion zur Auswertung. Bei den Mesotheliomen reagierten 9,9% (n= 10) negativ für CK 5/6, ebenfalls 9,9% wurden als schwach positiv eingestuft. 15,8% (n=16) exprimierten mäßig und der überwiegende Teil von 64,4% (n=65) stark CK 5/6. Demgegenüber wurde bei der CK MNF116- Immunreaktion keines der Mesotheliome negativ gewertet. Bei 3% (n=3) konnte eine schwach positive Immunreaktion, bei 10% (n=10) eine mäßig starke (Abbildung 19), und bei 87% (n=87) eine stark positive Immunreaktion dokumentiert werden (Abbildung 20). Abbildung 19: Mesotheliom, mäßig positiv in der CK MNF116- Reaktion (Fall 3B1). Abbildung 20: Mesotheliom, stark positiv in der CK MNF 116- Reaktion (Fall 3D1). 4 Ergebnisse 81 Abbildung 21: SCLC, CK 5/6 mäßig positiv (Fall 7). Abbildung 22: Mesotheliom, CK 5/6 mäßig positiv (Fall 2A1). Abbildung 23: Mesotheliom, CK 5/6 mäßig positiv (Fall 2E3). Im Gegensatz dazu waren 80% (n=80) der kleinzelligen Karzinome CK 5/6 negativ, 53% (n=53) von insgesamt 100 der kleinzelligen Karzinome waren auch negativ auf die Gruppe der Zytokeratine des Markers CK MNF 116. CK MNF 116 dient in dieser Untersuchung als Marker, welcher sicherstellt, dass es sich in der Gruppe der Mesotheliome auch mit 100 %iger Wahrscheinlichkeit um einen Tumor dieser Entität handelt. 100% aller epitheloiden Mesotheliome reagierten CK MNF 116- positiv. Insgesamt reagierten 20% (n=20) aller untersuchten kleinzelligen Karzinome positiv für Zytokeratin 5/6, 18% (n=18) davon lediglich schwach positiv, 2% (n=2) mäßig positiv (Abbildung 21). 4 Ergebnisse 82 Um sicher zu gehen, dass es sich bei diesen positiv reagierenden Zellen um Tumorzellen handelte, wurden die korrespondierenden CD 56- und/oder TTF1- Immunreaktionen zur Überprüfung herangezogen. In 80% der CK 5/6 positiven kleinzelligen Karzinome war das Ergebnis der CD 56Immunreaktion gleichzeitig stark positiv, lediglich einmal negativ, hier aber die TTF1- Reaktion dafür mäßig positiv. Die Immunreaktion der kleinzelligen Karzinome für CK 5/6 war stets homogen perinukleär zytoplasmatisch nachweisbar. Für das Zytokeratinspektrum des Markers CK MNF 116 reagierten 16% (n=16) der kleinzelligen Karzinome schwach, ebenfalls 16% mäßig und 15% (n=15) stark positiv. Bei 27,7% (n=13) der insgesamt 47 CK MNF 116 positiven kleinzelligen Karzinome war die Reaktion lediglich eine zytoplasmatische, fokal punktförmige. Die übrigen Karzinome dieser Gruppe wiesen eine homogene zytoplasmatische Immunreaktion in den betreffenden Tumorzellen auf. Die Sensitivität und Spezifität bei der Abgrenzung von epiteloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen betrug 100% (Sensitivität) und 53% (Spezifität) für die Erkennung eines epitheloiden Mesothelioms durch eine positive CK MNF 116- Immunreaktion (Tabelle 9). 4 Ergebnisse 83 Tabelle 9: Epitheloide Mesotheliome und kleinzellige Karzinome, Gegenüberstellung der Ergebnisse der CK MNF 116- Immunreaktion. CK MNF 116 Mesotheliome Kleinzellige Karzinome negativ 0 53 schwach positiv 3 16 mäßig positiv 10 16 stark positiv 87 15 gesamt 100 100 Sensitivität= (87+10+3)/100=1Ö100% Spezifität= 53/(53+15+16+16)=0,53Ö53% ppW=100/(100+15+16+16)=0,68Ö68% npW=53/(53+0)=1Ö100% Chi²-Test: p < 0,0001 100% 80% negativ 60% schwach positiv mäßig positiv stark positiv 40% 20% 0% Mesotheliome Kleinzellige Karzinome Abbildung 24: Epitheloide Mesotheliome und kleinzellige Karzinome, Gegenüberstellung der Ergebnisse der CK MNF 116- Immunreaktion. 4 Ergebnisse 84 Tabelle10: Epitheloide Mesotheliome und kleinzellige Karzinome, Gegenüberstellung der Ergebnisse der CK 5/6- Immunreaktion. CK 5/6 Mesotheliome Kleinzellige Karzinome negativ 10 80 schwach positiv 10 18 mäßig positiv 16 2 stark positiv 65 0 gesamt 101 100 Sensitivität=(65+16+10)/101=0,9Ö90% Spezifität= 80/(80+18+2+0)=0,8Ö80% ppW=91/(91+0+2+18)=0,82Ö82% npW=80/(80+10)=0,89%Ö89% Chi²-Test: p < 0,0001 100% 80% negativ 60% schwach positiv mäßig positiv stark positiv 40% 20% 0% Mesotheliome Kleinzellige Karzinome Abbildung 25: Epitheloide Mesotheliome und kleinzellige Karzinome, Gegenüberstellung der Ergebnisse der CK 5/6- Immunreaktion. Die Spezifität der CK 5/6- Immunreaktion bei der Abgrenzung von kleinzelligen Lungenkarzinomen und epitheloiden Pleuramesotheliomen betrug 80%, die Sensitivität dagegen 90% (ppW= 82%, npW= 89%) für die Erkennung eines epitheloiden Mesothelioms durch eine positive CK 5/6- Immunreaktion (Tabelle 10). 4 Ergebnisse 4.3.3 85 CD 56 Ein überwiegender Anteil von 75% (n=75) aller kleinzelligen Karzinome dieser Studie reagierte stark positiv mit dem Antikörper gegen CD 56 (Abbildung 27). Bei 13% (n=13) war die Reaktion mäßig stark (Abbildung 26), und in 8% (n=8) konnte eine schwache CD 56 Positivität nachgewiesen werden. Lediglich 4% (n= 4) der Fälle reagierten negativ, d.h. es konnte in drei Fällen keinerlei und in einem Fall in weniger als 10% der Zellen nur eine schwache Immunreaktion festgestellt werden. Die Fälle der kleinzelligen Karzinome mit negativem oder schwachem CD 56- Ausfall waren, genau wie die mit einer auffällig geringen Proliferationsfraktion von unter 20% sehr oft stark nekrotisch zerfallen oder wiesen starke Quetschartefakte auf. Abbildung 26: SCLC, CD 56 mäßig positiv (Fall 6). Abbildung 27: SCLC, CD 56 stark positiv, zytoplasmatische Färbelokalisation (Fall 4). 4 Ergebnisse 86 Die Lokalisation der Färbereaktion war in fast allen Fällen fein-granulär, homogen und intrazytoplasmatisch. In drei der als stark CD 56- positiv gewerteten kleinzelligen Karzinome wurde eine fokale punktförmige zytoplasmatische Positivität festgestellt. In der Gruppe der Mesotheliome kamen insgesamt 103 Fälle zur Auswertung: Mit 99% reagierten fast alle dieser Fälle (n=102) negativ für den Antikörper gegen CD 56. Allerdings konnte in einem der Mesotheliomfälle (1%) eine positive Immunreaktion für den Antikörper gegen CD 56 festgestellt werden. Das Gesamtergebnis der drei Stanzen war mäßig positiv. Die Immunreaktion war innerhalb der Stanze sehr inhomogen, inselartig nachweisbar, dabei teils paranukleär zytoplasmatisch, teils homogen zytoplasmatisch in bis zu 50% der Tumorzellen (Abbildung 28). Abbildung 28: Mesotheliom, CD 56 mäßig positiv (Fall 3B3). 4 Ergebnisse 87 Es zeigte sich, dass Muskelzellen sowie Entzündungszellen, und hier vor allem Plasmazellen und Alveolarmakrophagen stark positiv mit dem Antikörper gegen CD 56 reagieren (Abbildung 29, 30, 31). Fallstrickpräparate: Abbildung 29: Mesotheliom, CD 56 positive Alveo- Abbildung 30: Mesotheliom, CD 56 positive Alveo- larmakrophagen (Fall 6D4). larmakrophagen (Fall 6E3). Abbildung 31: Mesotheliom, CD 56 positive Plasmazellen (Fall 6E4). Bei der Abgrenzung von kleinzelligen Lungenkarzinomen und epitheloiden Mesotheliomen betrug die Spezifität 99%, die Sensitivität 96% für die Erkennung eines kleinzelligen Karzinoms durch eine positive CD 56- Immunreaktion (Tabelle 11). 4 Ergebnisse 88 Tabelle 11: Kleinzellige Karzinome und epitheloide Mesotheliome, Gegenüberstellung der Ergebnisse der CD 56- Immunreaktion. CD 56 Mesotheliome Kleinzellige Karzinome negativ 102 4 schwach positiv 0 8 mäßig positiv 1 13 stark positiv 0 75 gesamt 103 100 Sensitivität= (75+13+8)/100=0,96Ö96% Spezifität= 102/(0+1+102)=0,99Ö99% ppW=96/(96+0+1+0)=0,99Ö99% npW=102/(102+4)=0,96Ö96% Chi²-Test: p < 0,0001 100% 80% negativ 60% schwach po sitiv mäßig po sitiv stark po sitiv 40% 20% 0% M eso thelio me Kleinzellige Karzino me Abbildung 32: Kleinzellige Karzinome und epitheloide Mesotheliome, Gegenüberstellung der Ergebnisse der CD 56- Immunreaktion. 4 Ergebnisse 4.3.4 89 Calretinin Die positive Reaktion wurde bei den kleinzelligen Karzinomen sowie den Mesotheliomen zytoplasmatisch und oftmals zugleich nukleär nachgewiesen. 88% (n=88) der kleinzelligen Karzinome waren für Calretinin negativ, 4% (n=4) reagierten schwach, 7% (n=7) mäßig und lediglich 1% (n=1) stark positiv mit dem Antikörper gegen Calretinin (Abbildung 36). Insgesamt liegen der Auswertung 95 Mesotheliome zu Grunde. 5,6% (n=5) der Mesotheliome zeigten eine negative Calretinin- Reaktion. Es fiel auf, dass diese Calretinin- negativen Fälle gleichzeitig auch in der CK 5/6 Immunfärbung entweder negativ (n=3) oder allenfalls schwach positiv (n= 2) reagierten (Abbildung 33 und 34). Abbildung 33: Mesotheliom, Calretinin negativ Abbildung 34: Mesotheliom, CK 5/6 schwach (Fall 5D3). positiv (Fall 5D3). 90 der Mesotheliome (94,7%) wurden als positiv gewertet, die mit Abstand größte Fraktion mit 73,7% (n=70) reagierte stark positiv mit dem Antikörper gegen Calretinin, 17,9% (n=17) zeigten ein mäßig (Abbildung 35), und lediglich 3,2% (n=3) ein schwach positives Ergebnis. 4 Ergebnisse 90 Abbildung 35: Mesotheliom, Calretinin mäßig posi- Abbildung 36: SCLC, Calretinin stark positiv tiv (Fall 2C2). (Fall 39). Für die Sensitivität und Spezifität von Calretinin für primäre pulmonale kleinzellige Karzinome versus epitheloide Mesotheliome ergab sich damit eine 95%ige Sensitivität und eine 88%ige Spezifität für die Erkennung eines epitheloiden Mesothelioms durch eine positive Calretinin- Immunreaktion (Tabelle 12). 4 Ergebnisse 91 Tabelle 12: Epitheloide Mesotheliome und kleinzellige Karzinome, Gegenüberstellung der Ergebnisse der Calretinin- Immunreaktion. Calretinin Mesotheliome Kleinzellige Karzinome negativ 5 88 schwach positiv 3 4 mäßig positiv 17 7 stark positiv 70 1 gesamt 95 100 Sensitivität=(70+17+3)/95= 0,95Ö95% Spezifität=88/(88+4+7+1)=0,88Ö88% ppW=90/(90+1+7+4)=0,88Ö88% npW=88/(88+5)=0,95Ö95% Chi²-Test: p < 0,0001 100% 80% negativ 60% schwach positiv mäßig positiv stark positiv 40% 20% 0% Mesotheliome Kleinzellige Karzinome Abbildung 37: Epitheloide Mesotheliome und kleinzellige Karzinome, Gegenüberstellung der Ergebnisse der Calretinin- Immunreaktion. 4 Ergebnisse 4.3.5 92 Ki-67 Der größte Teil der kleinzelligen Lungenkarzinome konnte mit 42% (n=42) der Gruppe IV der am stärksten proliferationsaktiven Tumoren zugeordnet werden (Abbildung 44). 26% fielen in die Gruppe III mit einem Anteil zwischen 41 und 60% proliferationsaktiven Tumorzellen. Die Tumoren dieser beiden Gruppen wiesen, wenn überhaupt, lediglich leichtere Quetschartefakte auf. 19% (n=19) der kleinzelligen Karzinome wurden Gruppe II zugeordnet, 13% (n=13) der Gruppe I mit einer vergleichsweise geringen Proliferationsfraktion zwischen 1 und 20% der Tumorzellen. Dabei wiesen 42,1% (n=8) der der Gruppe II zugeteilten Tumoren starke Quetschartefakte auf, bei den der Gruppe I zugeordneten Tumoren waren es sogar 46,2% (n=6) (Abbildung 38). Abbildung 38: SCLC, Mib1: ca. 10%, starke Quetschartefakte (Fall 56). 4 Ergebnisse 93 Die Lokalisation der Immunreaktion war stets nukleär. Ausgewertet wurden 96 Mesotheliome, deren Gesamtergebnis sich in der Mehrzahl der Fälle als arithmetischer Mittelwert aus drei, mindestens aber aus zwei repräsentativen Tumorstanzen errechnete. Bei einem Vergleich der Einzelergebnisse der drei Stanzen untereinander, waren diese nur in 55,2% (n=53) der Fällen übereinstimmend, bei 44,8% (n=43) der Mesotheliome wichen sie um mindestens 5% voneinander ab. Auch bei der Mib1- Reaktion wird die besondere Heterogenität dieser Tumorentität also deutlich repräsentiert (Beispiel: Fall 5B1, Abbildung 39-41). Abbildung 39: Mesotheliom,1. Stanze mit Mib1: < 40% (Fall 5B1). Abbildung 40: Mesotheliom, 2. Stanze mit Mib1: ca. 50%. Abbildung 41: Mesotheliom, 3. Stanze mit Mib1: ca. 20%. 4 Ergebnisse 94 Bei allen weiblichen an einem Mesotheliom erkrankten Patienten lag die Fraktion der sich in der Teilungsphase befindlichen Tumorzellen unter 25%. Auch in der Gruppe der Peritonealmesotheliome betrug die Proliferationsfraktion nicht mehr als 22% der Tumorzellen. Der größte Anteil der Mesotheliome mit 68,8 % (n=66) war Gruppe I zuzuordnen. Die Zahl der Mesotheliome, die den Gruppen II-IV zugehörig waren, waren mit insgesamt 31,2% entsprechend geringer, dabei entfiel mit 27,1% (n=26) der ganz überwiegende Teil mit einer Prozentzahl proliferationsaktiver Tumorzellen zwischen 21% und 40% auf Gruppe II. Nur 3,1% (n=3) der Mesotheliome wiesen im Durchschnitt je 50% proliferationsaktive Tumorzellen auf, und lediglich ein Mesotheliom (1%) mehr als 60%. Bei diesem waren in zwei der entnommenen Stanzen ca. 90% Mib1 positive Zellen (Abbildung 42) und in einer ca. 40% sich in der Teilungsphase befindliche Zellen nachzuweisen. Abbildung 42: Mesotheliom, Mib1: ca. 90% (Fall 5B3). Abbildung 43: zum Vergleich: SCLC, Mib1: > 90% (Fall 34). 4 Ergebnisse 95 Tabelle 13: Epitheloide Mesotheliome und kleinzellige Karzinome, Gegenüberstellung der Ergebnisse der Immunreaktion mit dem Mib1- Antikörper. Mib1 Mesotheliome Kleinzellige Karzinome 1-20% 66 13 21-40% 26 19 41-60% 3 26 > 60% 1 42 gesamt 96 100 100% 80% 1-20% 60% 21-40% 41-60% >60% 40% 20% 0% Mesotheliome Kleinzellige Karzinome Abbildung 44: Epitheloide Mesotheliome und kleinzellige Karzinome, Gegenüberstellung der Ergebnisse der Immunreaktion mit dem Mib1- Antikörper. 4 Ergebnisse 4.4 96 Einsatz von Markerkombinationen In diesem Teil der Auswertung werden verschiedene Kombinationen von Markern untersucht und die Frage erörtert, ob sich durch bestimmte Kombinationen von Markern Sensitivität und Spezifität auf 100% steigern lassen. Die Markerkombinationen wurden nach folgenden Kriterien zusammengestellt: • Anwendbarkeit in der klinischen Routinesituation. • möglichst hohe Sensitivität und Spezifität die Fragestellung betreffend. Folgende Kombinationen wurden untersucht: • TTF1 und CD 56, mit der Bedingung, dass beide Marker positiv sind. • CK MNF 116 und CK 5/6, mit der Bedingung, dass beide Immunreaktionen positiv ausfallen. • Calretinin und CK MNF 116, mit der Bedingung, dass beide Marker positiv reagiert haben. • TTF1, CD 56 und Ki-67 (Mib1), mit der Bedingung, dass mindestens einer der beiden Ersteren positiv ist, und der Prozentsatz der proliferationsaktiven Tumorzellen über 50% liegt. • TTF1 und CK MNF 116, mit der Bedingung, dass TTF1 negativ und CK MNF 116 positiv ist. • CD 56 positiv und/oder TTF1 positiv. • TTF1 negativ und Calretinin positiv. • Calretinin positiv und CD 56 negativ. 4 Ergebnisse 4.4.1 97 TTF1 und CD 56 56 von 100 kleinzelligen Karzinomen reagierten sowohl in der TTF1-, als auch in der CD 56- Immunfärbung positiv. Alle bewertbaren Mesotheliome (n=103) reagierten für beide Antikörper negativ. Daraus ergibt sich eine Sensitivität von 56% sowie eine Spezifität von 100% (ppW=100%, npW=70%) für die Erkennung eines kleinzelligen Karzinoms durch eine positive Immunreaktion für TTF1 und CD 56. Tabelle 14: Gegenüberstellung der Ergebnissse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker TTF1 und CD 56. TTF1 +/CD 56 + Mesotheliome kleinzellige Karzinome negativ 103 44 positiv 0 56 gesamt 103 100 Spezifität:103/(0+103)=1Ö100% Sensitivität:56/(56+44)=0,56Ö56% npW=103/(103+44)=0,70Ö70% ppW=56/(56+0)=1Ö100% 100% 80% 60% negativ positiv 40% 20% 0% Mesotheliome Kleinzellige Karzinome Abbildung 45: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker TTF1 und CD 56. 4 Ergebnisse 4.4.2 98 CK MNF 116 und CK 5/6 15 von 100 kleinzelligen Karzinomen waren gleichzeitig positiv für beide Marker. 88 von 98 (89,8%) für diese Kombination bewertbare Mesotheliome waren gleichzeitig positiv für beide Antikörper. Daraus ergibt sich eine Sensitivität von 90% und eine Spezifität von 85% (ppW= 85%, npW=89%) für die Erkennung eines epitheloiden Mesothelioms durch eine positive Reaktion für CK MNF 116 und CK 5/6. Tabelle 15: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker CK MNF 116 und CK 5/6. CKMNF116+/CK 5/6 + Mesotheliome kleinzellige Karzinome negativ 10 85 positiv 88 15 gesamt 98 100 Sensitivität:88/(88+10)=0,898Ö90% Spezifität:85/(15+85)=0,85Ö85% ppW=88/(88+15)=0,85Ö85% npW=85/(85+10)=0,89Ö89% 100% 80% 60% negativ positiv 40% 20% 0% Mesotheliome Kleinzellige Karzinome Abbildung 46: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker CK MNF 116 und CK 5/6. 4 Ergebnisse 4.4.3 99 Calretinin und CK MNF 116 Nur 5 von 100 kleinzelligen Karzinomen waren gleichzeitig positiv für Calretinin und CK MNF 116. Die Spezifität dieser Kombination für die Erkennung eines epitheloiden Mesothelioms ist dementsprechend hoch, sie beträgt 95% (npW=97%). Bei den Mesotheliomen waren 94 von 97 für beide Marker positiv, daraus ergibt sich eine Sensitivität von 97% (ppW=95%) für die Erkennung eines epitheloiden Mesothelioms durch eine positive Reaktion für Calretinin und CK MNF 116. Tabelle 16: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker Calretinin und CK MNF 116. Calretinin +/ CK MNF116 + Mesotheliome kleinzellige Karzinome negativ 3 95 positiv 94 5 gesamt 97 100 Sensitivität:94/(94+3)=0,97Ö97% Spezifität:95/(5+95)=0,95Ö95% ppW=94/(94+5)=0,95Ö95% npW=95/(95+3)=0,97Ö97% 100% 80% 60% negativ positiv 40% 20% 0% Mesotheliome Kleinzellige Karzinome Abbildung 47: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der Marker Calretinin und CK MNF 116. 4 Ergebnisse 4.4.4 100 TTF1, CD 56 und Ki-67 56 von 100 kleinzelligen Karzinomen waren für TTF1 und/oder für CD 56 positiv und zeigten zusätzlich einen Prozentsatz der proliferationsaktiven Tumorzellen von über 50%. Daraus ergibt sich eine Sensitivität für die Erkennung eines kleinzelligen Karzinoms durch die Kombination von TTF1, CD 56 und Ki-67 (Mib1) von 56% (ppW=100%). Keines der 90 in dieser Markerzusammenstellung auswertbaren Mesotheliome war dagegen positiv. Dies entspricht einer 100%igen Spezifität für die Kombination dieser drei immunhistochemischen Marker (npW=67%). 4 Ergebnisse 101 Tabelle 17: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker TTF1, CD 56 und Mib1. TTF1+ und/oder CD56+;Mib1>50% Mesotheliome kleinzellige Karzinome negativ 90 44 positiv 0 56 gesamt 90 100 Spezifität:90/(0+90)=1Ö100% Sensitivität:56/(56+44)=0,56Ö56% npW=90/(90+44)=0,67Ö67% ppW=56/(56+0)=1Ö100% 100% 80% 60% negativ positiv 40% 20% 0% Mesotheliome Kleinzellige Karzinome Abbildung 48: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker TTF1, CD 56 und Mib1. 4 Ergebnisse 4.4.5 102 TTF1 und CK MNF 116 18 von 100 kleinzelligen Karzinomen waren negativ für TTF1, gleichzeitig aber CK MNF 116 positiv. Bei den Mesotheliomen traf dies in 100% der Fälle zu (n=100). Für die Erkennung eines epitheloiden Mesothelioms durch diese Markerkombination resultierte eine 82%ige Spezifität (npW=100%), die Sensitivität betrug entsprechend 100% (ppW=85%). Tabelle 18: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker TTF1 und CK MNF 116. TTF1 -/CK MNF116 + Mesotheliome kleinzellige Karzinome negativ 0 82 positiv 100 18 gesamt 100 100 Sensitivität:100/(100+0)=1Ö100% Spezifität:82/(18+82)=0,82Ö82% ppW=100/(100+18)=0,85Ö85% npW=82/(82+0)=1Ö100% 100% 80% 60% negativ positiv 40% 20% 0% Mesotheliome Kleinzellige Karzinome Abbildung 49: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker TTF1 und CK MNF 116. 4 Ergebnisse 4.4.6 103 CD 56 + und/oder TTF1 + Alle kleinzelligen Karzinome reagierten für beide, zumindest aber für einen dieser Marker positiv. Dagegen reagierten 102 von 103 Mesotheliomen negativ für diese Antikörperkombination. Daraus ergibt sich für die Erkennung eines kleinzelligen Karzinoms durch diese Kombination eine Sensitivität von 100% (ppW=99%) sowie eine Spezifität von 99% (npW=100%). Tabelle 19: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Kazinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker CD 56 und TTF1. CD56 + und/ oder TTF1 + Mesotheliome kleinzellige Karzinome negativ 102 0 positiv 1 100 gesamt 103 100 Spezifität:102/(1+102)=0,99Ö99% Sensitivität:100/(100+0)=1Ö100% npW=102/(102+0)=1Ö100% ppW=100/(100+1)=0,99Ö99% 100% 80% 60% negativ positiv 40% 20% 0% Mesotheliome Kleinzellige Karzinome Abbildung 50: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker CD 56 und TTF1. 4 Ergebnisse 4.4.7 104 TTF1 und Calretinin 95 von 100 für diese Antikörperkombination auswertbaren Mesotheliome, aber lediglich zwei von 100 kleinzelligen Karzinomen reagierten positiv für Calretinin und gleichzeitig negativ für TTF1. Daraus ergibt sich für die Erkennung eines epitheloiden Mesothelioms durch diese Kombination eine Sensitivität von 95% (ppW=98%) und eine Spezifität von 98% (npW=95%). Tabelle 20: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker TTF1 und Calretinin. TTF1 -/Calretinin + Mesotheliome kleinzellige Karzinome negativ 5 98 positiv 95 2 gesamt 100 100 Sensitivität:95/(95+5)=0,95Ö95% Spezifität:98/(2+98)=0,98Ö98% ppW=95/(95+2)=0,98Ö98% npW=98/(98+5)=0,95Ö95% 100% 80% 60% negativ positiv 40% 20% 0% Mesotheliome Kleinzellige Karzinome Abbildung 51: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker TTF1 und Calretinin. 4 Ergebnisse 4.4.8 105 Calretinin und CD 56 Keines der kleinzelligen Karzinome, jedoch 94% der Mesotheliome reagierten für Calretinin positiv und gleichzeitig negativ für CD 56. Daraus ergibt sich für die Erkennung eines epitheloiden Mesothelioms durch diese Kombination eine Sensitivität von 93% sowie eine Spezifität von 100% (ppW=100%; npW=93%). Tabelle 21: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker Calretinin und CD 56. Calretinin+/CD 56- Mesotheliome kleinzellige Karzinome negativ 7 100 positiv 94 0 gesamt 101 100 Sensitivität:94/(94+7)=0,93Ö93% Spezifität:100/(100+0)=1Ö100% ppW= 94/(94+0)=1Ö100% npW=100/(100+7)=0,93Ö93% 100% 80% 60% negativ positiv 40% 20% 0% Mesotheliome Kleinzellige Karzinome Abbildung 52: Gegenüberstellung der Ergebnisse von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen bei der Kombination der immunhistochemischen Marker Calretinin und CD 56. 4 Ergebnisse 106 Die Markerkombinationen mit den höchsten Werten für Sensitivität und Spezifität sind in absteigender Reihenfolge: • CD 56 und TTF1, mit der Bedingung für die Diagnose eines kleinzelligen Karzinoms, dass CD 56 positiv ist, und/oder TTF1 positiv ist. • TTF1 und Calretinin, mit der Bedingung für die Diagnose eines Mesothelioms, dass die immunhistochemische Reaktion für TTF1 negativ war, aber gleichzeitig positiv für den Antikörper gegen Calretinin ausfiel. Gleichwertig war die Kombination von Calretinin und CD 56 mit der Bedingung für die Diagnose eines Mesothelioms, dass die Reaktion auf Calretinin positiv und gleichzeitig negativ für den Antikörper gegen CD 56 war. • Calretinin und CK MNF 116, mit der Bedingung für die Diagnose eines Mesothelioms, dass sowohl die Calretinin- Reaktion als auch die CK MNF 116Reaktion positiv ausgefallen war. • TTF1 und CK MNF 116, mit der Bedingung für die Diagnose eines Mesothelioms, dass TTF1 negativ, die Reaktion auf den Antikörper gegen CK MNF 116 aber gleichzeitig positiv ausgefallen war. • CK MNF 116 und CK 5/6, mit der Bedingung für die Diagnose eines Mesothelioms, dass sowohl die CK MNF 116- Reaktion als auch die CK 5/6- Reaktion positiv war. • CD 56 und TTF1 für die Diagnose eines kleinzelligen Karzinoms, wenn beide Reaktionen positiv waren. • CD 56, TTF1 und Mib1, wenn die immunhistochemische Reaktion gegen mindestens einen der beiden Ersteren positiv war und gleichzeitig der Prozentsatz der proliferationsaktiven Tumorzellen über 50% lag. 4 Ergebnisse 107 Tabelle 22: Auflistung aller getesteten Markerkombinationen im Hinblick auf Sensitivität, ppW, Spezifität und npW. Sensitivität ppW CD 56+ und/oder TTF1+ (SCLC) Spezifität npW 100% 99% 99% 100% TTF1- und Calretinin+ (Mesotheliom) 95% 98% 98% 95% Calretinin+ und CD 56- (Mesotheliom) 93% 100% 100% 93% Calretinin+ und CK MNF 116+ (Mesotheliom) 97% 95% 95% 97% 100% 85% 82% 100% CK MNF 116+ und CK 5/6+ (Mesotheliom) 90% 85% 85% 89% CD 56+ und TTF1+ (SCLC) 56% 100% 100% 70% TTF1+ und/oder CD 56+; Mib1 >50% (SCLC) 56% 100% 100% 67% TTF1- und CK MNF 116+ (Mesotheliom) 4 Ergebnisse 4.5 Kasuistische Beispiele: 4.5.1 Pseudomesotheliomatös wachsendes kleinzelliges Karzinom 108 (Fall 105): Bei einem zum Diagnosezeitpunkt 68-jährigen männlichen Patienten wurde ein kleinzelliges Tumorgewebe der Pleura parietalis nachgewiesen, wobei hier zunächst die differentialdiagnostische Einordnung bei einem basalzelligen Plattenepithelkarzinom, einem kleinzelligen Karzinom oder einem epitheloiden Pleuramesotheliom in Betracht gezogen worden war. Letzteres war bei diesem Patienten anhand einer früheren Gewebeprobe der Pleura parietalis unter Vorbehalt diagnostiziert worden. Gleichzeitig war die Verdachtsdiagnose eines kombinierten kleinzelligen Karzinoms angegeben worden. Somit stellte sich die Frage, ob es sich um metastatische, pseudomesotheliomatös wachsende Absiedelungen eines kleinzelligen Karzinoms handelte, oder ob doch ein Mesotheliom vorlag. Zur Klärung dieser Frage wurden im Rahmen eines fachpathologischen Zusatzgutachtens immunhistochemische Untersuchungen mit folgendem Ergebnis durchgeführt: Für CD 56 und TTF1 wurde jeweils eine kräftig positive Reaktion in den Tumorzellen nachgewiesen. Der Reaktionsausfall der Zytokeratine MNF 116 zeigte eine punktförmige Anfärbung. Die immunhistochemischen Untersuchungen für Zytokeratin 5/6 und Calretinin zeigten ebenfalls eine fokal positive Reaktion. In der Mib1- Reaktion konnte mit über 90% ein hoher Anteil proliferationsaktiver Tumorzellen nachgewiesen werden (Abbildung 53-56). 4 Ergebnisse 109 Abbildung 53: mäßig positive CK MNF 116- Reakti- Abbildung 54: Proliferationsfraktion von über 90% on (Fall 105). Abbildung 55: mäßig positive Calretinin- Reaktion (Fall 105). (Fall 105). Abbildung 56: stark positive CD 56- Reaktion (Fall 105). Aufgrund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse erfolgte schließlich auch in Anbetracht der sehr hohen Proliferationsfraktion in Verbindung mit der positiven TTF1- und CD 56- Reaktion die Zuordnung zu einem kleinzelligen Karzinom im Sinne eines pseudomesotheliomatös wachsenden primären Lungentumors. Die Verdachtsdiagnose eines primären Pleuratumors konnte nicht verifiziert werden. Eine Asbestexposition konnte nicht gesichert werden. Der für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Ziffer 4104 der BKV notwendige Nachweis asbestassoziierter Brückenbefunde konnte nicht erbracht werden. Eine Berufskrankheit nach der Ziffer 4104 bzw. 4105 der BerufskrankheitenVerordnung wurde bei diesem Patienten daher nicht anerkannt. 4 Ergebnisse 4.5.2 110 Fraglicher Fall eines Pleuramesothelioms (Fall 6F): Bei diesem, zum Zeitpunkt der Diagnose 65-jährigen männlichen Patienten wurde zur Klärung der Frage einer Berufskrankheit nach Ziffer 4105 der BKV ein wissenschaftlich begründetes fachpathologisches Zusatzgutachten von der zuständigen Berufsgenossenschaft in Auftrag gegeben. Den Untersuchungsergebnissen lagen mehrere paraffineingebettete Proben der Pleura parietalis zugrunde. Klinischerseits war die Diagnose eines Pleuramesothelioms bereits angegeben worden. Aufgrund des histomorphologisch kleinzelligen Erscheinungsbildes des Fremdgewebes mit hyperchromatischen Zellkernen stand jedoch ebenfalls die Einordnung bei einem kleinzelligen neuroendokrinen Karzinom zur Diskussion. Zur Klärung der histologischen Typisierung des Tumorgewebes wurden ergänzende immunhistochemische Zusatzuntersuchungen mit folgendem Ergebnis durchgeführt: Die Ergebnisse fielen im überwiegenden Anteil der Fremdgewebszellen für die Antikörper CK MNF 116 und CK 5/6 jeweils zytoplasmatisch deutlich positiv aus (Abbildung 57, 58, 59). Abbildung 57: Positive CK MNF 116- Reaktion, (Fall 6F). Abbildung 58: Epitheloide Zellverbände positiv in der CK MNF 116- Reaktion (Fall 6F). 4 Ergebnisse 111 Abbildung 59: Epitheloide Zellverbände positiv in der CK 5/6- Reaktion (Fall 6F). Abbildung 60: Epitheloide Zellverbände in der Calretinin- Reaktion positiv (Fall 6F). Eine positive Reaktion konnte zwar auch in der Calretinin- Reaktion nachgewiesen werden (Abbildung 60), allerdings fiel diese im Vergleich mit den beiden zuvor beschriebenen immunhistochemischen Reaktionen deutlich schwächer aus. In der TTF1- Reaktion konnte keine positive Reaktion nachgewiesen werden. Für den neuroendokrinen Marker CD 56 allerdings zeigte sich eine positive, zytoplasmatische Reaktion (Abbildung 61). Abbildung 61: Positive CD 56- Reaktion (Fall 6F). 4 Ergebnisse 112 Die Reaktion auf den Proliferationsmarker Mib1 zeigte fokal eine erhöhte Proliferationsaktivität. Obwohl die immunhistochemischen Färbeergebnisse nicht durchgehend die Diagnose eines malignen Pleuramesothelioms stützten, erfolgte die Zuordnung letztendlich auch aufgrund der passenden klinischen Befunde bei einem primären Pleuratumor im Sinne eines malignen Mesothelioms mit fokaler neuroendokriner Differenzierung. Allerdings wurde dieser Tumor wegen des zum Teil ungewöhnlichen Reaktionsausfalls der immunhistochemischen Untersuchungen als Mesotheliom B nach der Klassifikation des Europäischen Mesotheliom Panels eingestuft. 5 Diskussion 113 5 Diskussion 5.1 Allgemeine Betrachtungen zum methodischen Vorgehen Immunhistochemische Zusatzuntersuchungen gelten seit Mitte der 1980er Jahre als Routineverfahren bei differentialdiagnostischen Fragestellungen in der histopathologischen Diagnostik. Sensitivität und Spezifität beschreiben hierbei die diagnostische Zuverlässigkeit der immunhistochemischen Marker und hängen bei der Diagnostik an Paraffinmaterial vom Erhaltungszustand des Gewebes, der Vorbehandlung (u.a. der Fixierung), dem verwendeten Antikörper, dem Detektionssystem und den Auswertungskriterien ab. Da diese Faktoren nicht standardisiert sind, kann es in unterschiedlichen Studien, ein und denselben immunhistochemischen Marker für eine Tumorentität betreffend, zu differenten, nur eingeschränkt vergleichbaren Ergebnissen kommen. Neben diesen methodischen Unterschieden können unterschiedliche Ergebnisse in den einzelnen Studien auch in den früher üblicherweise verwendeten polyklonalen Antikörpern begründet sein, die oftmals falsch positive Ergebnisse aufgrund von unerwünschten Kreuzreaktionen mit anderen, den gesuchten sehr ähnlichen Antigenstrukturen hervorgerufen haben (King und Hasleton, 2001). Generell gilt die Empfehlung für die Auswertung immunhistochemischer Färbungen, dass zum Erhalt einer hohen Spezifität ein Färbeergebnis erst dann als positiv gewertet werden sollte, wenn mindestens ein bestimmter Anteil der Tumorzellen (vorzugsweise 10%) ein mindestens mittelstarkes Färbesignal zeigt. Zur Vermeidung eines falsch positiven Ergebnisses durch eingeschlossene und dann oftmals schwierig zu identifizierende originäre Epithelien (z.B. aktivierte Alveolarepithelien), gilt dies in besonderem Maße für Zytokeratinmarkierungen (Kaufmann, 2000). Ein nicht unerhebliches Problem stellt die Überprüfung der Zuverlässigkeit immunhistochemischer Markierungen dar, besonders im Hinblick auf unerwartet negative Reaktionsausfälle. 5 Diskussion 114 In solchen Fällen muss entschieden werden, ob das entsprechende Antigen wirklich nicht in dem gefärbten Gewebe vorhanden ist oder ob andere Gründe für die ausbleibende Reaktion verantwortlich sein können. Beispielsweise beeinflusst die Zeit zwischen Gewebeentnahme und Fixierung das morphologische Erscheinungsbild ebenso wie die Dauer der Fixierung. Eine sofortige Fixierung ist eine unabdingbare Voraussetzung für aussagekräftige immunhistochemische Färbungen. Die Fixierungsdauer sollte 24 Stunden nicht überschreiten (Noll und SchaubKuhnen, 2000), denn eine zu starke und/oder zu lange Fixierung in Formaldehyd bedingt überschüssige Aldehyd-Bindungen, die die Bindungsstellen für die Primärantikörper blockieren. Die Antigene können dann auch durch die angewendeten Demaskierungsverfahren nicht mehr freigelegt werden. Darüber hinaus kann das Fixierungsmittel das Antigen denaturieren oder zerstören, so dass dessen Bindungsstellen für die spezifischen Antikörper nicht mehr erkennbar bzw. vorhanden sind, und eine ursprünglich vorhandene Antigenität folglich nicht mehr nachzuweisen ist. Auch in dieser Untersuchung existieren in der Gruppe der Mesotheliome drei Fälle, bei denen das negative Ausfallen einiger immunhistochemisch typischerweise stark positiv ausfallender Marker (Calretinin und CK 5/6) den Verdacht nahe legt, dass hier die Dauer der Fixierung in kausalem Zusammenhang mit der fehlenden immunhistochemischen Reaktion steht, vor allem, da es sich bei diesen Mesotheliomen um zwei Konsiliarfälle in Form von Feuchtmaterial, welches einer nicht genau zu eruierenden, mindestens aber einwöchigen Formalinfixierung unterzogen worden war, handelt. Natürlich kann retrospektiv nicht mit absoluter Sicherheit festgestellt werden, ob das ungewöhnliche Färbeergebnis nicht doch ursächlich in anderen Faktoren begründet liegt oder tatsächlich bei den jeweiligen Präparaten keinerlei entsprechende Antigene vorgelegen haben. Gelingt es nicht, andere Faktoren, die für die fehlende Positivität ursächlich sind, zu eruieren, ist bis auf weiteres von einer fehlenden Antigenität auszugehen. 5 Diskussion 115 Auch Wu et al. (2003) berichten in ihrer Studie bezüglich der p53- und TTF1- Immunreaktivität in einem kleinzelligen Lungenkarzinom von einer fehlenden Antigenität des in Formalin fixierten Biopsiematerials bei gleichzeitig nachgewiesener Positivität im Blockmaterial desselben Tumorgewebes (das Blockmaterial war in Alkohol fixiert worden). 5.1.1 Qualitätskontrolle Als ein wichtiger Faktor der Qualitätskontrolle haben sich Positivkontrollen bewährt, die zusammen mit den zu prüfenden Gewebeproben auf denselben Schnitten mitgeführt werden und dazu dienen, zu überprüfen, ob die immunhistochemischen Reaktionen regulär abgelaufen sind. Vor der Auswertung der immunhistochemischen Färbungen sind deshalb zunächst jeweils die obligat positiven Gewebeproben (Positivkontrollen) überprüft worden. In der Gruppe der kleinzelligen Karzinome sind Fehler während der immunhistochemischen Arbeitsschritte, die negative Ergebnisse in den Färbungen CD 56 und Mib1 bedingen können, anhand einer Wiederholung der entsprechenden immunhistochemischen Reaktion ausgeschlossen worden. Es stellte sich außerdem heraus, dass die Gewebe mit ungewöhnlichen Reaktionsausfällen oftmals nekrotisch waren oder in sehr wenigen Fällen bereits in geringem Maße autolytisch verändert. Diese Angaben konnten den jeweiligen Befundberichten entnommen werden. Nekrotische und/oder autolytisch bereits veränderte Präparate sollten deshalb nur immunhistochemisch untersucht werden, wenn dies aufgrund des Fehlens zusätzlicher Gewebeproben zwingend notwendig erscheint. Als Ursache für falsch negative Reaktionen kommt theoretisch auch der sog. „Bigbee-Effekt“ bei zu wenig verdünnten Lösungen in Frage. Der Brückenantikörper bindet dabei mit seinen Fab-Stücken an das Fc-Stück des Primärantikörpers und hat deshalb keine Bindungsstellen mehr für andere Komplexe frei (Noll und Schaub-Kuhnen, 2000). Dies kann jedoch in dieser Untersuchungsreihe mit einiger Sicherheit ausgeschlossen werden. Bei der Verdünnung wurde jeweils nach Herstellerangaben verfahren, die stets einen Kompromiss zwischen stark positiver Zellanfärbung und dem Vermeiden unerwünschter Hintergrundfärbung darstellen. 5 Diskussion 5.1.2 116 TMA-Technik Die relevante Frage, die TMA-Technik betreffend, ist sicherlich die, inwieweit die sehr kleinen Ausschnitte der Tumoren repräsentativ für den gesamten Tumor sein können, und ob die Wertigkeit der Ergebnisse dadurch beeinflusst wird. Camp et al. (2000) konnten nachweisen, dass bereits zwei Gewebeproben ausreichend waren, um übereinstimmende Ergebnisse zwischen vollständigen Originalschnitten und den Stanzen in über 95% der Fälle zu erreichen. Allerdings lag dieser Studie eine andere Tumorentität zugrunde. Es handelte sich hier um Mammakarzinome, die eine geringere Tumorheterogenität als Mesotheliome aufweisen. Aus diesem Grunde wurden für die Mesotheliome, in Übereinstimmung mit den Angaben bei Bubendorf et al. (2001) drei Gewebeproben aus jeweils repräsentativen Bereichen entnommen. Die Übereinstimmung zwischen Originalschnitt und TMA-Stanzen betrug in dieser Untersuchung 90%, und stimmt mit anderen in der Literatur bekannten Zahlen (Camp et al., 2000; Hoos et al., 2001) überein. Die TMA-Technik ist somit auch für heterogen geltende Tumorentitäten wie Mesotheliome ein geeignetes Untersuchungsverfahren. 5 Diskussion 5.1.3 117 Heterogenität epitheloider Mesotheliome und kleinzelliger Karzinome Sind die positiv reagierenden Tumorzellen in kleinen Biopsieproben sehr heterogen verteilt, kann es zu falsch negativen Ergebnissen kommen. Aus diesem Grunde sind in der vorliegenden Untersuchung, die Mesotheliome betreffend, zwecks maximaler Erweiterung des Ausschnittsbereiches die Stanzzylinder mit dem größten Durchmesser (2mm) ausgewählt worden. Diese Entscheidung wurde auch von der Überlegung einer einfacheren Handhabung der größeren Zylinder und der Verringerung des Risikos, Nicht-Tumorareale zu treffen, beeinflusst. Das Problem der Heterogenität bzw. der heterogenen Expressionsmuster wird besonders deutlich im Falle des CD 56 positiven epitheloiden Mesothelioms. In diesem Gewebe sind die positiven Tumorzellen sehr heterogen- inselartig zwischen nicht markiertenTumorzellen verteilt. Ebenfalls bei der Mib1- Färbung sind unterschiedliche Expressionsmuster nicht selten, besonders vor dem Hintergrund, dass einige Tumoren mehr als andere dazu neigen, so genannte Proliferationsfronten mit einer erhöhten Zellteilungsaktivität zu bilden. Unterschiedliche Expressionsmuster innerhalb eines Tumors sind bis dato nicht ursächlich geklärt. Sie können darin begründet sein, dass nicht alle Tumorzellen gleiche Mengen eines Antigens enthalten, oder aber durch unterschiedliche Differenzierungen innerhalb eines Tumorgewebes erklärt werden (Müller, 1986). Müller und Menne (in Seeber, 1985) konnten feststellen, dass jeder zweite maligne Lungentumor eine heterogene Differenzierung aufweist. Anhand dieser Tatsache ließe sich auch das heterogene Expressionsmuster einiger Mesotheliome (CD 56) und die punktförmige Expression der kleinzelligen Karzinome nur in einigen Teilbereichen der Biopsieprobe in der CK MNF 116- Immunreaktion erklären. Auch in der Gruppe der kleinzelligen Karzinome sind differierende morphologische Zusammensetzungen, wie etwa das Vorkommen adenoider und plattenepithelialer Strukturen in einer Vielzahl von Studien beschrieben worden. Obwohl diese Tumorentität lichtmikroskopisch als relativ uniform eingestuft wird (Ehmke-Meißner, 5 Diskussion 118 1995), sollte ihre histomorphologische Homogenität in tumorbiologischer Hinsicht (also immunhistologisch, ultrastrukturell) nicht überbewertet werden. Brereton et al. (1978) fanden in 23,8% der Fälle neben dem kleinzelligen Tumoranteil auch plattenepitheliale Wachstumsmuster, die in immunhistochemischer Hinsicht entsprechend divergent reagieren. Auch Heymer (1989) konnte in 15% der von ihm untersuchten Fälle von kleinzelligen Karzinomen das Vorliegen eines Kombinationstumors im Sinne eines kombinierten kleinzelligen Karzinoms bestätigen. Diese Angaben decken sich ebenfalls mit den Studienergebnissen von Abeloff et al., die 1979 bei bioptisch gesicherten kleinzelligen Karzinomen bei anschließender Obduktion zeigen konnten, dass nicht selten Karzinome anderer Differenzierung und/oder unterschiedlich differenzierte Bereiche nebeneinander vorkommen. Demnach ist eine Heterogenität der morphologischen Charakteristika innerhalb eines Tumors möglich, wenn nicht gar wahrscheinlich, wenn das gesamte Gewebe der Untersuchung zugrunde liegt. 5 Diskussion 5.2 119 Immunhistochemische Untersuchungen Dass in dieser Studie nahezu ausschließlich primäre kleinzellige Lungenkarzinome zur Auswertung kamen und nicht pseudomesotheliomatös wachsende, sich entweder per continuitatem oder aber auch auf lymphogenem oder hämatogenem Weg ausbreitende Metastasen von kleinzelligen Karzinomen, ist in der Tatsache begründet, dass Metastasen und deren Ursprungstumoren sich immunhistochemisch nahezu identisch verhalten. Diese zunächst nur nahe liegende Vermutung ist in verschiedenen Untersuchungen wissenschaftlich überprüft und übereinstimmend für zutreffend befunden worden, so dass Pleurametastasen mit den Primärtumoren gleichgesetzt werden können (Kaufmann, 2000, Osborn und Weber, 1983). Ein weiterer Grund ist, dass in die Pleura verschleppte Tumorzellen und sich hier extensiv im Sinne eines pseudomesotheliomatösen Wachstums ausbreitende Metastasen kleinzelliger primärer Lungenkarzinome relativ selten sind, so dass, um repräsentative Kollektivzahlen zu erreichen, auf Gewebeproben kleinzelliger primärer Lungenkarzinome zurückgegriffen werden musste. 5 Diskussion 5.2.1 120 Thyreoidaler Transkriptionsfaktor (TTF1) Lau et al., (2002) postulierten einen großen Nutzen von TTF1 zur Unterscheidung einerseits von Mesotheliomen und pulmonalen Adenokarzinomen, andererseits von kleinzelligen Lungenkarzinomen und Merkelzell-Karzinomen. Antikörper gegen TTF1 schienen aufgrund dieser Grundannahmen ebenso hilfreich bei der Differentialdiagnose von kleinzelligen Lungenkarzinomen und Mesotheliomen zu sein. Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse bezüglich einer fehlenden Antigenität epitheloider Mesotheliome für TTF1 decken sich mit nahezu allen in der Literatur bekannten Daten, die übereinstimmend von einer fehlenden Antigenität von Mesotheliomen gegenüber diesem immunhistochemischen Marker berichten (Khoor et al.,1999, Di Loreto et al., 1998, Ordonez, 2000, Ordonez, 2003, Abutaily et al., 2002). In Übereinstimmung mit diesen Untersuchungen kann aufgrund der hier vorliegenden Ergebnisse somit gesagt werden, dass TTF1 der immunhistochemische Marker mit der höchsten Spezifität zum Ausschluss eines Mesothelioms ist, gleichzeitig aber auch als hilfreich bei der Diagnose von kleinzelligen Karzinomen eingestuft wird (Attanoos et al., 2003). In dieser Studie untersuchten die Autoren den immunhistochemischen Reaktionsausfall ausgewählter Marker im Hinblick auf die Differentialdiagnose von Mesotheliomen, primären Lungenkarzinomen (hier zu 70% Adenokarzinome, lediglich zwei kleinzellige Karzinome) und Metastasen anderer Organe. Auch hier sind Calretinin, CK 5/6, TTF1 u.a. als immunhistochemische Marker verwendet worden. Die Mehrzahl der in der Literatur bekannten Studienergebnisse zeugen von einer exzellenten Sensitivität von TTF1 für eine Vielzahl von pulmonalen Tumoren im Allgemeinen, und kleinzellige Lungenkarzinome im Besonderen (Myong, 2003, Wu et al., 2003, Johansson, 2004) Die Zahlen bewegen sich in der überwiegenden Mehrzahl zwischen 80 und 100% positiven Fällen bei den kleinzelligen Karzinomen/Lungenkarzinomen und decken sich daher nicht mit den Ergebnissen in dieser Untersuchung. 5 Diskussion 121 Die Sensitivität lag in der vorliegenden Untersuchung nur bei 60%, die Spezifität allerdings betrug 100% für primäre kleinzellige Lungenkarzinome versus epitheloide Mesotheliome. Chhieng et al. (2001) gehen von einer TTF1- Expression in mehr als 90% der kleinzelligen Lungenkarzinome aus. Nach Wu et al., (2003) reagierten 87% der 23 in dieser Studie untersuchten kleinzelligen Lungenkarzinome positiv mit Antikörpern gegen TTF1, Myong (2003) kam zu einem fast identischen Ergebnis, hier exprimierten 88% der untersuchten kleinzelligen Lungenkarzinome TTF1. Ähnlich sind auch die Ergebnisse von Kaufmann (2000), der denselben auch in unserer Untersuchung verwendeten Klon 8G7G3/1 gegen TTF 1 einsetzte. In der Arbeit von Kaufmann sind erstmals kleinzellige Karzinome extrapulmonalen Ursprungs und kleinzellige Karzinome pumonalen Ursprungs bezüglich ihrer TTF1Antigenität miteinander verglichen worden, in 81% der pulmonalen und in 80% der extrapulmonalen kleinzelligen Karzinome konnte eine Positivität für TTF1 nachgewiesen werden. Nach Kaufmann wird TTF1 in 80-100% der kleinzelligen Karzinome pulmonalen und extrapulmonalen Ursprungs in nahezu gleichem Maße exprimiert, so dass metastatische Infiltrate eines kleinzelligen Karzinoms mit dieser Untersuchung nicht von einem Primärherd der Lunge unterschieden werden können. TTF1 ist nicht in extrapulmonalen, nicht kleinzelligen Karzinomen (außer Schilddrüsenkarzinomen) und auch nicht in Plattenepithelkarzinomen der Lunge nachzuweisen. Lau et al. (2002) bestätigen die Angaben von Kaufmann. Sie gehen von einer TTF1- Positivität in mehr als 90% der Karzinome aus. Auch hier wird von einer fehlenden Spezifität von TTF1 für kleinzellige Lungenkarzinome berichtet, da es in der Untersuchung von Lau et al. auch in extrapulmonalen kleinzelligen Tumoren anderer Primärlokalisationen wie Gastrointestinaltrakt, Prostata, weiblicher Genitaltrakt, Schilddrüse und Blase vielfach gefunden wurde. Johansson konnte in einer Untersuchung, der ein kleineres Patientenkollektiv zugrunde lag (n=13), eine Positivität in 100% der Fälle nachweisen (Johannsson, 2004). 5 Diskussion 122 Im Gegensatz zu diesen Angaben existieren auch einige Studien mit abweichenden Ergebnissen: Chang et al. (2004) beispielsweise konnten nur in 53% der von ihnen untersuchten kleinzelligen Lungenkarzinomen eine positive Immunreaktion für TTF1 nachweisen. Auch Tamiolakis et al. (2002) kamen zu einem Ergebnis, wonach der Anteil TTF1positiver kleinzelliger Lungenkarzinome mit 66,66% deutlich unter dem Wert von über 80% lag. Untersucht wurden Tumorzellen in der Pleuraflüssigkeit. Allerdings liegen diesem Kollektiv nur neun Fälle kleinzelliger Lungenkarzinome zugrunde, was die Wertigkeit dieses Ergebnisses mindert. Dennoch entsprechen diese Untersuchungsergebnisse am ehesten den eigenen. Auch hier reagierten nur 60% der kleinzelligen Karzinome positiv auf Antikörper gegen TTF1. Eine fehlende Antigenität der 40% negativen Fälle kann nicht in der Art und Dauer der Fixierung begründet liegen, denn es handelt sich bis auf zwei Fälle, die aber TTF1- positiv sind, ausschließlich um Fälle, bei denen von einem regelrechten Ablauf der einzelnen vorbereitenden Arbeitsschritte zweifelsfrei auszugehen ist. Die Sensitivität einer positiven TTF1- Reaktion von 60% für kleinzellige Karzinome ist different von den in der Literatur angegebenen Durchschnittswerten von über 80%. Die Spezifität der positiven TTF1- Reaktion allerdings deckt sich mit den übrigen Literaturangaben. Neben der 100%igen Spezifität in unserer Untersuchung von TTF1 für die Diagnose eines kleinzelligen Karzinoms ist außerdem das homogene Expressionsmuster in allen Tumorzellen von Bedeutung, da somit die Gefahr falsch negativer Ergebnisse auch bei kleinen Biopsieproben nahezu ausgeschlossen wird. Da darüberhinaus nur ein nukleäres Färbesignal als positiv zu bewerten ist, kann es nicht zum Vortäuschen falsch positiver Ergebnisse bei unspezifischen zytoplasmatischen Hintergrundfärbungen kommen, wie sie von Kaufmann häufiger in Plattenepithelkarzinomen beobachtet worden sind (Kaufmann, 2000). Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das mit dem Antikörper nachgewiesene Antigen TTF1 ein mäßig sensitiver, aber hochspezifischer immunhistochemischer Marker für kleinzellige Karzinome versus epitheloide Mesotheliome ist, der 5 Diskussion 123 in seiner Spezifität allen übrigen Markern und auch Markerkombinationen überlegen ist. Die Wertigkeit von TTF1 als prognostischem Marker ist in dieser Studie nicht überprüft worden. Myong konnte einen Unterschied bezüglich der TTF1- Positivität von kleinzelligen Karzinomen im Stadium limited disease (100% der kleinzelligen Karzinome reagierten TTF1- positiv) und extensive disease (75% der kleinzelligen Karzinome reagierten TTF1- positiv) feststellen. Die TTF1- positiven Fälle wiesen tendentiell längere Überlebenszeiten auf (Myong, 2003). Allerdings sind auch gegenteilige Ergebnisse in der Literatur bekannt. Puglisi et al., (1999) stellten eine positive Korrelation zwischen starker TTF1- Positivität (< 50%) bei NSCLC und einer ungünstigeren Prognose, unabhängig vom Tumorstadium fest. Die prognostische Bedeutung einer TTF1- Expression in kleinzelligen Karzinomen kann bis dato nicht abschließend geklärt werden und bleibt weiterhin Gegenstand wissenschaftlicher Studien. 5 Diskussion 5.2.2 124 Zytokeratine Die Zytokeratine (CK) lassen sich in zwei Gruppen einteilen: die plattenepitheltypischen, höhermolekularen Zytokeratine (CK 1-6 und 9-17) sowie die zylinderepitheltypischen, niedermolekularen Zytokeratine (CK 7+8 und 1820). Bei dem von uns eingesetzten Zytokeratinmarker MNF 116 handelt es sich um einen immunhistochemischen Marker, der ein breites Zytokeratin-Spektrum erfasst. Er reagiert mit den hochmolekularen Zytokeratinen 5, 6 und 17 sowie den niedermolekularen Zytokeratinen 8 und 19. Breitspektrum-Zytokeratinantikörper sind sinnvoll in der Diagnose vergleichsweise schlecht bis undifferenzierter Karzinome, zu denen auch die kleinzelligen Lungenkarzinome gezählt werden müssen, oder wenn nur kleinere Proben eines neoplastischen Gewebes zur Verfügung stehen (Moll, 1993). Das CK 8 gehört, zusammen mit CK 18 zum Basispaar der zylinderepitheltypischen Zytokeratine, und wird in allen Zylinderepithelien exprimiert. CK 19 als kleinstes Zytokeratin ist weit verbreitet, es wird in duktalen, gastrointestinalen, mehrreihigen und in Basalzellen unverhornter Plattenepithelien u.a. exprimiert. CK 17 kommt als Basiszytokeratin der plattenepitheltypischen Zytokeratine in den Basalzellen mehrreihiger Epithelien vor. Der immunhistochemische Marker CK 5/6 besitzt ausschließlich Determinanten gegen hochmolekulare Zytokeratine. Das CK 5 gehört zur Gruppe der Basiszytokeratine und wird in der undifferenzierten Basalzellschicht der mehrschichtigen Plattenepithelien exprimiert. CK 6 gehört zu den sog. Reifungszytokeratinen und steht mit einem höheren Proliferationsgrad des Plattenepithels in Zusammenhang (Moll, 1993). Der Fragestellung entsprechend sollten kleinzellige Karzinome und epitheloide Mesotheliome primär anhand der Qualität und Quantität der positiven Reaktionsausfälle in den Zytokeratinfärbungen 5/6 und MNF 116 und dem Vergleich ihrer Überschneidungen voneinander abgegrenzt werden. 5 Diskussion 125 Darüber hinaus wurden in unserer Untersuchung Zytokeratine von hohem, sowie ein Zytokeratinmarker, der gleichzeitig Zytokeratine von niedrigem und hohem Molekulargewicht markiert, eingesetzt, um möglicherweise aufgrund der unterschiedlichen Zytokeratinprofile der Tumorzellen von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen diese voneinander abzugrenzen. Dass maligne Mesotheliome sowohl nieder- als auch hochmolekulare Zytokeratine exprimieren, ist bekannt. Nun stellte sich die Frage, ob eine zuverlässige Diagnose in unklaren Fällen eventuell anhand des spezifischen Expressionsmusters für Zytokeratine unterschiedlichen molekularen Gewichts bei den kleinzelligen Karzinomen möglich ist. Leider hat sich dies nicht bestätigt. An den Untersuchungsergebnissen für diese beiden immunhistochemischen Marker lässt sich ablesen, dass kleinzellige Karzinome offenbar sowohl niedermolekulare Zytokeratine als auch die hochmolekularen Zytokeratine 5/6 in ihrem Zytoplasma besitzen. Moll konnte in seiner Studie feststellen, dass kleinzellige Karzinome der Lunge vorwiegend CK 8, 18 und zum Teil CK 19 exprimieren, letzteres war durchgehend in den kleinzelligen Karzinomen vom sog. Intermediärzelltyp feststellbar. Die Untergruppe der oat-cell Karzinome zeigte weit weniger Filamentstrukturen und demnach weniger Zytokeratin- Polypeptide. Bei einigen Fällen war die Mehrzahl der Tumorzellen völlig frei von Zytokeratinen. Diese Einteilung der kleinzelligen Karzinome in oat-cell- und Intermediärzelltyp ist heute wegen fehlender klinischer Bedeutung weitgehend verlassen worden, sodass nicht gesagt werden kann, ob die in unserer Untersuchung positiv auf CK MNF 116 reagierenden kleinzelligen Karzinome vorwiegend diesem Typ angehören. In jedem Falle werden Zytokeratine niedrigeren Molekulargewichtes unseren Untersuchungsergebnissen zufolge lediglich in 47% der kleinzelligen Karzinome nachgewiesen. Auch andere Autoren konnten feststellen, dass kleinzellige Lungenkarzinome die zylinderepitheltypischen Zytokeratine (in unserer Untersuchung durch CK MNF 116 repräsentiert) als Nachweis der Intermediärfilamentproteine im Zytoplasma exprimieren (Broers et al., 1985, Moss et al., 1986). 5 Diskussion 126 Bemerkenswerterweise exprimiert aber ein nicht unerheblicher Teil von 20% der kleinzelligen Karzinome unserer Studie auch CK 5/6, wenngleich in 18 von 20 positiven Fällen, lediglich schwach. Es könnte sich hier um basaloide plattenepitheliale Tumoranteile handeln. 4 von diesen kleinzelligen Karzinomfällen waren ausschließlich positiv für CK 5/6. 16 dieser Fälle waren gleichzeitig auch positiv für CK MNF 116. Die Positivität war dann oftmals für letztere Gruppe der Zytokeratine stark und für CK 5/6 schwach. Bei einem Vergleich der Ergebnisse der CK MNF 116- und der CK 5/6 Reaktion lassen sich folgende Überlegungen ableiten: Bei den oben genannten Fällen scheinen die niedermolekularen Zytokeratine zu überwiegen. Es kann davon ausgegangen werden, dass nur ein geringer Teil aller auswertbaren kleinzelligen Lungenkarzinome unserer Untersuchung eine alleinige Positivität für die Zytokeratine 5 und 6 besitzt. Der überwiegende Teil von 61,5% (n=32) an allen Zytokeratin- positiven kleinzelligen Karzinomen (52%) exprimiert die Zytokeratine 8, 17 und 19 (Zytokeratine niedrigeren Molekulargewichtes) schwach bis stark, denn CK 5/6 ist in diesen Fällen negativ. 12 Fälle exprimieren sowohl Zytokeratine niedrigeren (Zytokeratin 8 und 19) als auch Zytokeratine höheren Molekulargewichtes (Zytokeratin 5, 6 und 17), wenngleich die Expression der niedermolekularen Zytokeratine zu überwiegen scheint. Ein vergleichsweise geringer Anteil der kleinzelligen Karzinome exprimiert ausschließlich Zytokeratine höheren Molekulargewichtes. Es handelt sich hier sowohl um die 4 ausschließlich für CK 5/6 positiven kleinzelligen Karzinome als auch um diejenigen Fälle, die zwar für CK 5/6 und CK MNF 116 positiv sind, das Ergebnis der Stärke der Anfärbung in quantitativer Hinsicht aber identisch ist. Moll konnte im Gegensatz zu unseren Ergebnissen über keinerlei Positivität kleinzelliger Karzinome gegen diese höhermolekularen, plattenepitheltypischen Zytokeratine berichten. Das seiner Untersuchung zugrunde liegende Kollektiv umfasst allerdings lediglich 13 Fälle kleinzelliger Karzinome. Weitere vergleichbare Daten sind in der Literatur diesbezüglich nicht vorhanden. 5 Diskussion 127 Bei Betrachtung der Gruppe der Mesotheliome stufen einige Autoren Zytokeratine als hilfreiche Marker bei den Mesotheliomen vom vorwiegend epitheloiden Subtyp ein: 100% (n=60) der in einer Studie von Ordonez (2003) untersuchten epitheloiden Mesotheliome waren positiv für CK 5/6. In der Untersuchung von Abutaily et al. (2002) reagierten zwar nur 63% der Mesotheliome positiv, diese Gruppe setzte sich jedoch aus allen drei Subtypen zusammen. Bei ausschließlicher Betrachtung der epitheloiden Mesotheliome zeigten 92% eine positive Reaktion mit dem Antikörper gegen Zytokeratin 5/6 (Abutaily et al., 2002). Moll bestätigt eine ausgeprägte Positivität für CK 5 in den meisten Fällen, darüberhinaus eine stetige, starke, homogene Expression von CK 8, 18 und 19 für epitheloide Mesotheliome (Moll, 1993). In unserer Untersuchung exprimierten 100% der Mesotheliome CK MNF 116, bei 90,1% war darüberhinaus auch eine Positivität für Zytokeratine höheren Molekulargewichtes vorhanden. Die intensivsten und häufigsten positiven Reaktionen wurden aber gegen Zytokeratine eines Molekulargewichtes zwischen 40 und 58 kD mit dem entsprechenden monoklonalen Antikörper MNF 116 erzielt, und zwar sowohl in der Gruppe der Mesotheliome als auch in der der kleinzelligen Karzinome. Aufgrund dieser Parallelität ist der diagnostische Nutzen der Zytokeratin MNF 116Immunfärbung dem der Zytokeratin 5/6- Markierung die Spezifität betreffend unterlegen. Wenngleich in Übereinstimmung mit obigen Studien festgestellt werden muss, dass zwar die meisten Mesotheliome eine Antigenität für Zytokeratine höheren Molekulargewichtes (zwischen 52 und 58 kD) besitzen, sind diese hochmolekularen Zytokeratine nicht absolut spezifisch für Mesotheliome, da gleichzeitig auch Fälle von Mesotheliomen existieren, die bei einer Positivität für Anti-Zytokeratin MNF 116 gleichzeitig aber negativ für Anti-Zytokeratin 5/6 sind (es existieren 8 solche Fälle in unserer Untersuchung), woraus zu schließen ist, dass diese, wenngleich seltenen Fälle, ausschließlich Zytokeratine niedrigeren Molekulargewichtes exprimieren. 5 Diskussion 128 Bezüglich der Antigenität konnte eine positive Korrelation zwischen Calretinin und den Zytokeratinen 5/6 festgestellt werden. Demnach exprimieren epitheloide Mesotheliome bei fehlender Positivität für Anti-Calretinin gleichzeitig in allen Fällen auch Zytokeratine des Spektrums 5/6 entweder nicht, oder wenn, dann nur schwach. Bei 60% dieser Fälle handelte es sich um Konsiliarfälle, deren Gewebe als in Form schon länger fixierten Nassmaterials übersandt wurde. Die diesbezügliche Problematik wurde bereits an anderer Stelle erörtert (vgl. S. 114). Bezüglich dieser Beobachtung sind bisher keine vergleichenden Angaben in der Literatur verfügbar. Wenngleich CK 5/6 und CK MNF 116 von der Mehrzahl der Autoren als hilfreich bei differentialdiagnostischen Fragestellungen, epitheloide Mesotheliome und metastatische Absiedelungen betreffend, eingestuft werden (Clover et al., 1997), wird die Interpretation von Attanoos et al. (2003) als problematisch angesehen, da Plattenepithelkarzinome ebenfalls eine starke fokale Positivität für CK 5/6 aufwiesen, und demnach pleurale Tumoren mit plattenepitelialer Differenzierung aufgrund ihres positiven Reaktionsausfalles ein Mesotheliom vortäuschen können. Auch Moll bezeichnet die Zytokeratine 5/6 als generelle Plattenepithelkarzinommarker, die auch in schlecht differenzierten Fällen und in Metastasen zuverlässig exprimiert werden. Diese Tatsache ist ebenfalls im Hinblick auf die hier zur Diskussion stehende Differentialdiagnose von Relevanz, da auch kleinzellige Karzinome mit plattenepithelialen Komponenten (kombinierte kleinzellige Karzinome, ICD-0 code: 045/3) bekannt sind, welche aufgrund des Vorhandenseins letzterer und bei entsprechendem CK 5/6- Reaktionsausfall in fraglichen Fällen ein epitheloides Mesotheliom vortäuschen können. Deshalb ist vor allem bei kleinen Biopsieproben und insbesondere bei untypisch heterogenem Verteilungsmuster der markierten Tumorzellen äußerste Vorsicht bei der Interpretation geboten. Pleurale Tumoren können, sofern sie die sie umgebende Lunge tangieren und somit in die Nähe von Alveolarzellen gelangen, eine Infiltration vortäuschen, da Alveolarepithelien ebenfalls positiv für Zytokeratine sind (King und Hasleton, 2001). 5 Diskussion 129 Generell ist es deshalb nach Kaufmann für Zytokeratinmarkierungen empfehlenswert, zum Erhalt einer hohen Spezifität ein Färbeergebnis erst dann als positiv zu werten, wenn mindestens ein bestimmter Anteil von Tumorzellen (vorzugsweise 10%) ein mindestens mäßig starkes Färbesignal zeigt (Kaufmann, 2000). Damit wird neben der erwähnten, vorgetäuschten Infiltration auch vermieden, dass eventuell im Tumor eingeschlossene und gelegentlich schwierig als solche zu identifizierende originäre Epithelien (z.B. aktivierte Alveolarepithelien) als positiv gewertet werden. Dieses Phänomen sollte nicht unterschätzt werden, da es in primären Lungentumoren und auch metastatischen Absiedelungen recht häufig beobachtet wird und diese eingeschlossenen Alveolarepithelien unter Umständen in eine so enge räumliche Beziehung zu den Tumorzellen treten, dass sie nur sehr schwer von diesen zu unterscheiden sind. Das Vorkommen von solchen eingequetschten Epithelien kann besonders bei Geweben aus Probebiopsien, wie sie bei der Diagnosesicherung von kleinzelligen Karzinomen in der Regel vorgenommen werden, recht häufig beobachtet werden. In das Tumorgewebe eingedrückte Epithelgewebe wiederum gehen in der Regel mit den für diese Tumorentität typischen Quetschartefakten einher, die zusammen mit der Kleinheit und damit eingeschränkter Repräsentativität endoskopischbioptisch gewonnenen Gewebes, die Abgrenzung gegenüber undifferenzierten Tumoren, Lymphomen, lymphozytären Infiltrationen und eben auch epitheloiden Mesotheliomen zusätzlich erschweren können. Versuch der Bewertung variierender Expressionsmuster: Nach Osborn und Weber (1983) variiert die Expression unterschiedlicher KeratinPolypeptide epithelialer Zellen mit ihrem Differenzierungsgrad, folglich werden in Zellen wenig differenzierter Tumoren Keratine in geringerem Maße exprimiert. Auch Moll bestätigt, dass eine Expression der Zytokeratin- Polypeptide mit dem Grad der Differenzierung eng korreliert (Moll, 1993). Dies könnte auch ein Grund, sowohl bei den Mesotheliomen als auch den kleinzelligen Karzinomen, für die unterschiedlichen Expressionsmuster innerhalb der bei- 5 Diskussion 130 den Tumorgruppen sein, und erklären, weshalb einige Mesotheliome Zytokeratine sehr stark exprimieren, andere dagegen mäßig oder schwach. Moll (1993) konnte nachweisen, dass innerhalb eines Karzinoms mit Entdifferenzierung, die mit zunehmender Malignität korreliert, eine Reduktion, aber auch ein Zugewinn von Intermediärfilament-Proteinen erfolgen kann. Nachgewiesen wurde eine Reduktion bis zum Verlust beispielsweise für CK 13 in Urothelkarzinomen, aber auch bei manchen kleinzelligen Lungenkarzinomen, die Zytokeratine 8 und 19 betreffend, die in originärem Bronchialepithel stets stark homogen nachgewiesen werden können, in Tumorzellen kleinzelliger Karzinome nicht mehr in allen Fällen und wenn, dann meist nur heterogen (Moll, 1993). Andere Epitheltypen zeigen hingegen ein umgekehrtes Verhalten, es kommt zu einem quantitativen und/oder qualitativen Zugewinn von Zytokeratinen beim Vergleich von originärem Gewebe (Ursprungsgewebe) und neoplastischem Gewebe auf der einen Seite, und auch innerhalb bestimmter Karzinomarten im Zuge der Entdifferenzierung. Ein Beispiel hierfür sind die Mesotheliome, die CK 5 konstant stark exprimieren, wohingegen Mesothelzellen eine sehr schwache Expressionstendenz, nur fokal, zeigen. Der ausschließlich zytoplasmatische Nachweis jeglicher Zytokeratine ist in der elektronenmikroskopisch nachgewiesenen Lokalisation der Zytokeratine perinukleär bzw. peripher begründet. Diese Intermediärfilamente greifen an den Desmosomen an oder sind diffus, netzartig im Zytoplasma verteilt (Corson und Pinkus 1982). In Kombination mit CD 56 können Zytokeratine nach Kaufmann zum Ausschluss eines kleinzelligen Karzinoms in der Differentialdiagnose gegen ein epitheloides Mesotheliom eingesetzt werden, da letztere meistens oben beschriebene Zytokeratine exprimieren, kleinzellige Karzinome jedoch nicht. Aufgrund unserer Untersuchungsergebnisse kann dieser Aussage nur im ersten Teil zugestimmt werden, da keines der epitheloiden Mesotheliome negativ für die Zytokeratine des Spektrums MNF 116 ist, und in 90,1% der Fälle zugleich CK 5/6 exprimieren. 5 Diskussion 131 Demgegenüber steht allerdings bei den Zytokeratinen 5/6 ein Prozentsatz von 20% positiven kleinzelligen Karzinomen, wenngleich 18% lediglich schwach Zytokeratine dieses hohen Molekulargewichts exprimieren. Bei der CK MNF 116- Immunreaktion sind es jedoch 47% positive kleinzellige Karzinome, auch die Intensität des Reaktionsausfalls ist bei 31% vergleichsweise stark bis mäßig. Somit resultiert bei 100%iger Sensitivität von CK MNF 116 für epitheloide Mesotheliome gleichzeitig eine geringe Spezifität (53%). Die sich für CK MNF 116 und CK 5/6 ergebenden Sensitivitäten und Spezifitäten zeigen, dass diese Antikörper bei der Differentialdiagnose von kleinzelligen Karzinomen und epitheloiden Mesotheliomen nur eingeschränkt aussagekräftig sind, wobei CK MNF 116 aufgrund der 100%igen Sensitivität für epitheloide Mesotheliome CK 5/6 vorzuziehen ist. Dennoch sollte auch bei Verwendung ersteren Markers die zusätzliche Anwendung von TTF1 wegen der deutlich gesteigerten Spezifität in Erwägung gezogen werden. Bewertung der fokal punktförmigen Anfärbung im Zytoplasma einiger kleinzelliger Karzinome in der CK MNF 116- Immunreaktion: 27,7% der für CK MNF 116 positiven kleinzelligen Karzinome wiesen eine fokal punktförmige Färbelokalisation im Zytoplasma der entsprechenden Tumorzellen auf. Dabei war dieses Phänomen in einigen der Tumoren stärker ausgeprägt als in anderen. Immer aber war die Ausprägung in allen markierten Tumorzellen eines kleinzelligen Karzinoms einheitlich. Elektronenmikroskopisch wiesen einige Untersuchungen (Hattori et al., 1972, Gould und Chejfec, 1978) bei kleinzelligen Karzinomen des oat-cell-Typs neurosekretorische Granula im Zytoplasma nach, dies könnte eine Erklärung für die punktförmige Färbelokalisation bei einigen kleinzelligen Karzinomen sein. Einen anderen Erklärungsansatz bieten Popper et al. (1987): Die Autoren vermuteten, dass der Grund für die fokale Anfärbung nur auf einer Seite der Tumorzellen im Zytoplasma in den von ihnen untersuchten kleinzelligen 5 Diskussion 132 Tumoren, in der ultrastrukturell sichtbaren perinukleären Konzentration der Filamente im Zytoplasma liegen könnte. Moll bestätigt diese Aussage insofern, als er einräumt, dass die zwar in aller Regel an Desmosomen verankerten Intermediärfilamente in gebündelter Form homogen ins Zytoplasma einstrahlen, „diese Filamente aber auch locker irregulär vorliegen können.“ Eine Erklärung hierfür bieten Franke et al. (1982), die anhand der tief greifenden reversiblen Umorganisation der Filamentstrukturen während der Mitose zu kleineren globulären Partikeln zeigen konnten, dass das Zytokeratinskelett trotz seiner mechanischen Stützfunktion sehr dynamisch ist. 5 Diskussion 5.2.3 133 CD 56 Bereits in den 1980er Jahren konnte an Gefrierschnitten gezeigt werden, dass fast alle kleinzelligen Karzinome diffus CD 56 exprimieren, dass aber die nichtkleinzelligen Karzinome sehr selten positiv für CD 56 sind. Kaufmann und Mitarbeiter konnten zeigen, dass auch an Paraffinmaterial der Nachweis von CD 56 und somit die Abgrenzung von kleinzelligen versus nicht kleinzellligen Karzinomen sehr gut gelingt (Kaufmann et al., 1997). Kaufmann schlägt eine Kombination von CD 56 mit einem Antikörper gegen Zytokeratine mit hohem Molekulargewicht (vorzugsweise Klon D5/16B4 gegen CK 5/6) vor, um andere „relativ kleinzellige“ (Zitat Kaufmann) Karzinome auszuschließen, da die Expression von CD 56 in kleinzelligen Karzinomen nicht absolut spezifisch ist, und “kleinzellige Karzinome diese Zytokeratine nicht exprimieren“ (Moll, 1993, Kaufmann, 2000). Dieser Aussage muss aufgrund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse widersprochen werden, denn einerseits reagierten 18% der kleinzelligen Karzinome in unserer Untersuchung schwach und 2% mäßig positiv mit dem Antikörper gegen CK 5/6, wobei der von Kaufmann vorgeschlagene Klon D5/16B4 verwendet wurde. Darüber hinaus zeigte sich, dass eine negative CD 56- Reaktion nicht absolut spezifisch für Mesotheliome des epitheloiden Subtyps ist (Spezifität = 98%). Insgesamt sind aus den eigenen Untersuchungen zwei Mesotheliome des epitheloiden Subtyps bekannt, die eine positive CD 56- Reaktion zeigen. Einer dieser Fälle ist im Rahmen der immunhistochemischen Untersuchungen erst entdeckt worden, der zweite Fall war im Rahmen einer gutachterlichen, fachpathologischen Zusatzuntersuchung bei differentialdiagnostisch fraglichem Pleuramesotheliom versus neuroendokrin-kleinzelligem, pseudomesotheliomatös wachsendem Lungenkarzinom entdeckt worden. Bei der Abgrenzung von kleinzelligen Lungenkarzinomen gegenüber epitheloiden Mesotheliomen kann CD 56 mit einer Sensitivität von 96% und einer Spezifität von 99% als zuverlässiger Marker bezeichnet werden. Die Angaben bei Kaufmann bestätigen dies. Es zeigte sich, dass kleinzellige Karzinome mit sehr guter Sensitivität und Spezifität von nicht kleinzelligen Karzino- 5 Diskussion 134 men abgegrenzt werden können. Die Spezifität lag hier bei 94% für kleinzellige Karzinome versus nicht kleinzellige Karzinome. Die zwei jeweils für CD 56 mäßig positiven Fälle epitheloider Mesotheliome der eigenen Untersuchungsserie zeigten, genau wie die Karzinome des kleinzelligen Subtyps, eine zytoplasmatische Lokalisation der Markierung. Bei einer geringen Zahl der im Rahmen dieser Studie ausgewerteten Mesotheliome, den so genannten „Fallstrickpräparaten“, konnte eine deutliche positive Reaktion von Entzündungszellen (Alveolarmakrophagen) in der CD 56- Immunfärbung festgestellt werden. Da entzündliche Reaktionen in malignen Tumoren im allgemeinen als Reaktion des Gewebes auf den invasiven infiltrierenden Prozess in vielen Studien belegt sind, und maligne Mesotheliome im besonderen sich im Gefolge chronischentzündlicher asbestassoziierter Pleuritiden entwickeln und deshalb hier in der überwiegenden Anzahl der Fälle eine entzündliche Stromareaktion beobachtet wird (Brockmann, 1992) kann eine positive CD 56- Reaktion in Entzündungszellen leicht eine falsch positive Reaktion der Tumorzellen vortäuschen. Nach Brockmann sollen sich im Gegensatz zu den sarkomatoiden und den biphasischen Mesotheliomen in denen vom vorwiegend epitheloiden Subtyp am häufigsten Entzündungszellen in der Tumorrandzone belegen lassen (in 65% der Fälle). Aus diesem Grunde ist bei einer positiven CD 56- Reaktion in stark entzündlich infiltrierten Tumorbereichen größte Vorsicht bei der Interpretation der Immunreaktion geboten. Kaufmann (2000) konnte in seiner Studie nachweisen, dass nach hitzeinduzierter Epitopdemaskierung 69 von 70 kleinzelligen, in Paraffin eingebetteten Karzinomen eine positive Immunfärbung mit dem 123 C3 Antikörper (Sensitivität 0,99) zeigten. Die in unserer Untersuchung erreichte Sensitivität von 96% ist bei gleichen Bedingungen geringfügig niedriger. Die Immunmarkierung war ebenfalls membranös lokalisiert, verringerte sich aber in Biopsien mit Quetschartefakten. Nach Kaufmann beeinflussen Quetschartefakte und Nekrosen nicht den Ausfall der immunhistochemischen Färbung bei CD 56. Im Gegensatz dazu stehen die Untersuchungsergebnisse dieser Studie: Demnach existiert sowohl eine positive Korrelation zwischen dem oftmals untypischerweise negativen oder nur schwach 5 Diskussion 135 positiven Reaktionsausfall in der CD 56- Markierung als auch zwischen einer auffallend geringen Proliferationsfraktion und ausgedehnten Quetschartefakten oder einer schon fortgeschrittenen Nekrose in der Biopsieprobe. In dieser Untersuchung exprimierten zwar mit einem Anteil von 74% und 14% die überwiegende Zahl der kleinzelligen Karzinome stark bzw. mäßig CD 56. Demgegenüber stehen aber einige negative Fälle sowie Fälle von kleinzelligen Lungenkarzinomen mit geringer positiver Reaktion gegenüber CD 56, wo dies nicht durch das Vorhandensein starker Quetschartefakte oder einer ausgeprägten Nekroseneigung zu begründen ist. Bei einem dieser kleinzelligen Karzinome handelte es sich um einen Wi- Fall, hier könnte die Dauer der Fixierung ursächlich für die fehlende Reaktion gewesen sein. Einen anderen Erklärungsansatz bieten Aletsee-Ufrecht et al., die nachweisen konnten, dass die Expression von CD 56 in kleinzelligen Lungenkarziomen im Verlauf der Krankheit variiert (Aletsee-Ufrecht et al., 1990), was erklären würde, weshalb manche immunhistochemischen Marker, die als typisch für eine neuroendokrine Differenzierung gelten, nur schwach oder gar nicht von einigen dieser Tumoren exprimiert werden, je nachdem, in welchem Tumorstadium sich diese befinden. Zusammenfassend ist festzustellen, dass CD 56 als positiver Marker für Tumoren neuroendokriner Differenzierung mit einer sehr hohen Spezifität von 99% und einer ebenfalls sehr hohen Sensitivität von 96% ausgezeichnet geeignet ist, die zur Diskussion stehenden Tumorentitäten voneinander abzugrenzen. Da die CD 56- positiven Fälle epitheloider Mesotheliome jeweils eine besonders markante inselartige Verteilung der angefärbten Zellen zeigten, die Verteilung bei den kleinzelligen Tumoren aber bis auf stark gequetschte Bereiche sehr homogen war, ist dieses Phänomen hinsichtlich dieser Differentialdiagnose fraglicher Fälle in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. 5 Diskussion 5.2.4 136 Calretinin Dieses Protein gehört zur EF-hand Familie der Calcium-bindenden Proteine. Die EF-hand Proteine sind charakteristischerweise durch helix-loop-helix-Schleifen aufgebaut, welche als Bindungsstelle für Calcium dienen. Es handelt sich bei den für Calretinin positiv reagierenden kleinzelligen Karzinomen zweifelsfrei um positiv reagierende Tumorzellen, eine Kontamination, beispielsweise mit eingedrückten originären Mesothelzellen, ist ausgeschlossen. Darüber hinaus wurden diese Zellen durch eine CD 56- Gegenprobe zweifelsfrei als Tumorzellen eines kleinzelligen Karzinoms identifiziert. Insgesamt exprimierten 12% der untersuchten kleinzelligen Karzinome Calretinin. Dieses Ergebnis deckt sich nicht mit den Angaben bei Lugli et al. (2003), wonach 17,6% der untersuchten kleinzelligen Lungenkarzinome (n=17) schwach, 23,5% stark positiv für Calretinin waren. Die differenten Ergebnisse sind höchstwahrscheinlich auf unterschiedliche Untersuchungsbedingungen zurückzuführen: Im Gegensatz zu unserer Studie wurden hier Gewebeproben kleinzelliger Karzinome in TMA-Blöcke eingebracht, die Vorbehandlung und Detektionsverfahren waren unterschiedlich, und es wurden ausschließlich polyklonale Antikörper (Kaninchen) verwendet, die bekanntermaßen zu unerwünschten Kreuzreaktionen mit anderen, dem gesuchten Antigen ähnlichen Strukturen, führen können, und auf diese Weise ein positives Ergebnis vortäuschen. Alle für Calretinin positiv reagierenden kleinzelligen Karzinome (n=12) unserer Untersuchung waren in allen Fällen stark positiv für CD 56, und gleichzeitig in 83,3% der Fälle auch für TTF1 stark positiv. Der für diese differentialdiagnostisch schwierig einzuordnenden Fälle charakteristische immunhistochemische Phänotyp (CD 56 und TTF1 stark positiv) erleichtert die Diagnose, da keines der epitheloiden Mesotheliome TTF1- positiv reagierte und die Spezifität einer positiven CD 56- Reaktion für die Diagnose eines kleinzelligen Karzinoms versus epitheloides Mesotheliom in dieser Studie ebenfalls bei 98% lag (nur ein für CD 56 positiv reagierendes epitheloides Mesotheliom). 5 Diskussion 137 Abutaily et al. (2002) konnten von einer 100%igen Anti-Calretinin Positivität der epitheloiden Mesotheliome (n=11) berichten, ebenso Dei Tos und Doglioni (1998). In derselben Studie wurde über eine Calretininexpression in Neuronen des peripheren und zentralen Nervensystems berichtet, ebenso in Steroid-produzierenden Zellen. Auch Ordonez (2000) fand in seiner Untersuchung eine 100%ige Calretinin- Positivität für das Kollektiv der epitheloiden Pleuramesotheliome (n=60). Miettinen und Sarlomo-Rikala (2003) wiesen eine Expression von Calretinin (polyklonal) in 92% der von ihnen untersuchten epitheloiden Mesotheliome, und in 37% der kleinzelligen Karzinome in mehr als 10% der Tumorzellen nach. Die Autoren weisen ebenfalls darauf hin, dass die Lokalisation der Färbereaktion bei den Karzinomen pulmonalen Ursprungs ebenso wie bei den epitheloiden Mesotheliomen sowohl nukleär als auch zytoplasmatisch lokalisiert ist, was die Differentialdiagnose zusätzlich erschwert. Dasselbe Phänomen ist auch in unserer Untersuchung bei den kleinzelligen Karzinomen zu beobachten gewesen. 95% der Mesotheliome reagierten positiv mit Antikörpern gegen Calretinin, der überwiegende Teil davon stark. Bei den wenigen Fällen, die keine Positivität für Calretinin zeigten, handelte es sich bei 60% (n=3) um Konsiliarfälle, deren Gewebe zum Teil als in Form von bereits länger in Formalin fixiertem Nassmaterial übersandt wurde. Die diesbezügliche Problematik wurde an anderer Stelle bereits erläutert (vgl. S. 114). Es ist sehr wahrscheinlich, dass bei zwei dieser Fälle die ungewöhnliche Calretinin- Negativität auf diese Weise zu erklären ist, da der Reaktionsausfall in der CK MNF 116- Immunfärbung bei Vergleich der drei Stanzen sehr different ausfiel: In einem Fall war eine Stanze stark positiv, eine schwach, und die dritte Stanze dieses Tumors negativ. Im zweiten Fall war die Konstellation ähnlich, und aus diesem Grunde gelangten diese zwei Fälle in der CK MNF 116- Markierung nicht zur Auswertung. Eine Erklärung für diesen Reaktionsausfall, der in der längeren Fixierung begründet liegt, ist recht wahrscheinlich. In den zwei übrigen Fällen mit negativer Calretinin- Reaktion ist der Reaktionsausfall in der CK MNF 116- Markierung stark positiv, aus diesem Grunde ist davon 5 Diskussion 138 auszugehen, dass Calretinin nicht in diesem Gewebe nachzuweisen ist, und es sich infolgedessen um eine richtig negative Reaktion handelt. Insgesamt kann der immunhistochemische Marker Calretinin aufgrund unserer Untersuchungsergebnisse und der in der Literatur bekannten Angaben als hochsensitiv für epitheloide Mesotheliome bezeichnet werden. Seine herabgesetzte Spezifität gegenüber pulmonalen Karzinomen im Allgemeinen (Miettinen und Sarlomo-Rikala, 2003) und kleinzelligen Lungenkarzinomen im Besonderen schränkt seinen diagnostischen Nutzen entsprechend ein, so dass es ratsam erscheint, ihn bei entsprechenden Fragestellungen nur in Kombination mit einem hochspezifischen Zweitmarker, wie z.B. TTF1, zum Ausschluss eines epitheloiden Mesothelioms einzusetzen. 5 Diskussion 5.2.5 139 Ki-67 Bei den weiblichen Mesotheliompatienten dieser Studie liegt der Anteil der proliferationsaktiven Tumorzellen in allen Fällen unter 25%. Geht man davon aus, dass ein geringer Anteil proliferationsaktiver Tumorzellen positiv mit einer besseren Prognose, bzw. einer längeren Überlebenszeit, korreliert, so decken sich diese Daten mit den Angaben einiger Autoren, demnach Frauen eine verlängerte Überlebenszeit aufweisen (Hartmann und Schütze, 1992). Ebenso konnte bei den Peritonealmesotheliomen eine vergleichsweise geringe Proliferationsaktivität festgestellt werden. Diese lag nur in einem der Fälle über 20% (21,66%). In Übereinstimmung mit anderen in der Literatur bekannten Daten scheinen Peritonealmesotheliome vergleichsweise langsam zu wachsen, was aber dennoch in keinem Verhältnis zum Verlauf der Erkrankung zu stehen scheint, da die Möglichkeiten der Therapie in jedem Stadium sehr eingeschränkt sind. Trupiano et al. (2004) konnten eine deutlich längere Überlebenszeit bei Patienten mit Peritonealmesotheliomen (9-18 Monate) gegenüber solchen mit pleuralen Mesotheliomen feststellen (4-12 Monate). Geht man davon aus, dass eine positive Korrelation zwischen Mib1 Fraktion und Überlebenszeit besteht, wie sie von einigen Autoren (Müller, 2005, Schönherr et al., 2004, Kayser et al., 2001) postuliert wird, so stehen diese Ergebnisse im Einklang mit den Ergebnissen unserer Untersuchung. Demnach lag der Prozentsatz der proliferationsaktiven Tumorzellen in Peritonealmesotheliomen unter 22%, 30,2% der Mesotheliome pleuralen Ursprungs hingegen wiesen einen Prozentsatz proliferationsaktiver Tumorzellen über 20% auf. Schönherr et al. (2004) geben Prozentzahlen proliferationaktiver Tumorzellen bei epitheloiden Mesotheliomen zwischen 3,5 und 70% an (Durchschnittswert: 22,4%). Kayser et al. (2001) fanden eine Proliferationsfraktion bei kleinzelligen Karzinomen von durchschnittlich 68%. In derselben Studie konnte ein Zusammenhang zwischen mittlerer Überlebenszeit und dem Prozentanteil der proliferationsaktiven Zellen nachgewiesen werden. Lag demnach die Proliferationsrate über 70% der 5 Diskussion 140 Tumorzellen, verringerte sich die mediane Überlebenszeit um 4,2 Monate auf 10,9 Monate. Das gute Ansprechen dieser Tumoren auf eine Chemotherapie wird auf ihre hohe Proliferationsfraktion zurückgeführt, so reagieren sie einerseits sehr empfindlich auf zytotoxische Schädigung, bilden andererseits aber rasch Resistenzen, wodurch die hohen Ansprechraten und die kurzen Überlebenszeiten erklärt werden können. Bei den als relativ homogen erscheinenden kleinzelligen Tumoren konnten Proliferationsfronten, sog Cluster, im Hinblick auf das Proliferationsverhalten festgestellt werden. Diese bestehen innerhalb eines Tumors aus Bereichen mit erhöhter Proliferationstendenz. Diese Bezirke umfassen durchschnittlich 25 Tumorzellen innerhalb eines Radius von 100 µm (Kayser et al., 2001). Solche stark inhomogenen Bereiche im Sinne oben definierter Proliferationsfronten sind in der vorliegender Untersuchung auch in der Gruppe der Mesotheliome nachgewiesen worden, was im Hinblick auf die ohnehin bekannte starke Heterogenität dieser Tumorentität weniger überraschend ist als in der Gruppe der als relativ homogen geltenden kleinzelligen Karzinome. Diese Tatsache erschwert natürlich die Abgrenzung zwischen den zur Diskussion stehenden Tumorentitäten zusätzlich, sofern der Prozentsatz proliferationsaktiver Tumorzellen sich auf ähnlichem Niveau befindet. Bei Betrachtung der vier verschiedenen Gruppen der Mib1- Färbung zeigte sich, dass 95,8% der Mesotheliome den Gruppen I und II zugehörig sind (Gruppe I: 120% der Tumorzellen positiv, Gruppe II: 21-40% der Tumorzellen positiv, Gruppe III: 41-60% der Tumorzellen positiv, Gruppe IV: > 60% der Tumorzellen positiv). In den zwei Gruppen mit höherer Proliferationsfraktion gibt es demnach fast keine Überschneidungen zwischen kleinzelligen Karzinomen und Mesotheliomen. Anders sieht es in den Gruppen I und II der kleinzelligen Karzinome aus, da mit einem Anteil von 32% ein vergleichsweise hoher Anteil hier einzuordnen war, und es dementsprechend zu einer großen Schnittmenge mit den Mesotheliomen kommt. Die kleinzelligen Karzinome weisen eine breite Variabilität, die Anzahl proliferationsaktiver Tumorzellen betreffend, auf. 5 Diskussion 141 Diese starke Variabilität resultiert zu einem großen Teil aus dem Vorhandensein mittlerer bis starker Quetschartefakte in den Fällen, die den Gruppen I und II mit niedrigerem Anteil proliferationsaktiver Zellen zugeordnet wurden. Das Variationsspektrum bei den Mesotheliomen ist sehr breit, es liegt erfahrungsgemäß zwischen < 5-80% (Krismann, 2005; persönliche Mitteilung), wenngleich der prozentual höchste Anteil den Gruppen I und II zuzuordnen ist. In dieser Untersuchung konnten 95,8% (n= 92) den Gruppen I und II zugeordnet werden. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich der „Proliferationsmarker“ Mib1 als hilfreich in der Differentialdiagnose von kleinzelligen Karzinomen und epitheloiden Mesotheliomen erwiesen hat, sofern es sich um Biopsieproben kleinzelliger Karzinome ohne ausgedehntere Quetschartefakte handelt, die das Ergebnis nachweislich erheblich beeinflussen können. 5 Diskussion 5.3 142 Anwendung von Markerkombinationen zur differentialdiagnostischen Abgrenzung epitheloider Mesotheliome und kleinzelliger Karzinome Bei Betrachtung von Sensitivität und Spezifität werden bei der Kombination von CD 56 und TTF1 die höchsten Werte erreicht. Die Vorbedingung lautete hierbei, dass CD 56 und/oder TTF1 positiv ist. Die Sensitivität für die Erkennung eines kleinzelligen Karzinoms lag bei 100%, die Spezifität war mit 99% ebenfalls sehr hoch. Lediglich ein Mesotheliom war in dieser Konstellation positiv. Allerdings handelte es sich hierbei um einen der differentialdiagnostisch schwer einzuordnenden Fälle (hier sind die zwei Mesotheliome gemeint, die CD 56 positiv waren, wobei einer davon lediglich als kasuistisches Beispiel im Ergebnisteil erwähnt wird, da letztendlich die Zuordnung zu einem Mesotheliom B erfolgte, und der Fall darum nicht als zweifelsfreies Mesotheliom in die eigenen Untersuchungen aufgenommen werden konnte), bei denen allein bei Betrachtung dieser zwei Parameter eine Unterscheidung nicht zweifelsfrei möglich war. Jedoch fällt in beiden Fällen die ungewöhnliche Lokalisation der Färbereaktion auf: In einem Fall ließ sich eine Positivität für CD 56 lediglich fokal nachweisen, im zweiten Fall reagierten umschriebene inselartige Areale positiv. Bei allen für CD 56 positiven kleinzelligen Karzinomen allerdings war die Färbereaktion homogen zytoplasmatisch verteilt. Somit können Ausprägung und Lokalisation eine wertvolle Entscheidungshilfe bei fraglichen Fällen darstellen. Bei einer Kombination von TTF1, als Marker mit der höchsten Spezifität für die Erkennung kleinzelliger Karzinome, mit Calretinin ließ sich die Sensitivität von 60% (TTF1 allein) auf 95% steigern, die Spezifität dagegen fiel um 2%, da zwei der kleinzelligen Karzinome sowohl negativ für TTF1, als auch positiv für Calretinin waren. Diese kleinzelligen Karzinome reagierten jedoch typischerweise stark positiv mit Anti-CD 56 und sind somit nicht als differentialdiagnostisch fragliche Fälle einzustufen. 5 Diskussion 143 Bei einem Vergleich verschiedener Konstellationen von typischen positiven Mesotheliommarkern, ist die Kombination von CK MNF 116, als immunhistochemischer Marker mit der höchsten Sensitivität (100%), und Calretinin der von CK MNF 116 und CK 5/6 deutlich überlegen. Bei ersterer wird eine Sensitivität für die Erkennung eines epitheloiden Peuramesothelioms von 97% und eine Spezifität von 95% erreicht, bei letzterer nur 90% bzw. 85%. Eine Kombination von drei immunhistochemischen Markern ist unabhängig von einem höheren Verbrauch an Reagenzien und somit höheren Kosten auch insofern nicht sinnvoll, als dass bei einer 100%igen Spezifität eine deutlich verringerte Sensitivität (56%) gegenüber der alleinigen Anwendung von CD 56 und TTF1 resultiert. Das gleiche gilt auch für die Kombination von TTF1 und CD 56 unter der Bedingung, dass beide Reaktionen positiv ausfallen, wobei hier die Spezifität der Kombination vergleichsweise stark gegenüber der von beiden Markern allein absinkt. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei der Unterscheidung zwischen kleinzelligen Lungenkarzinomen und epitheloiden Mesotheliomen TTF1, wenn es als Marker allein eingesetzt wird, eine 100%ige Spezifität erreicht. Bei einer positiven Reaktion kann also ein epitheloides Mesotheliom mit 100%iger Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen und auf den Einsatz einer Kombination verzichtet werden. Gleichzeitig kann aber das Vorliegen eines kleinzelligen Karzinoms bei einer negativen TTF1- Reaktion natürlich noch nicht ausgeschlossen werden, da die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer negativen TTF1- Reaktion kein kleinzelliges Karzinom vorliegt, nur bei 71% liegt. Bei einer negativen TTF 1- Reaktion ist also ist der Einsatz weiterer Marker gerechtfertigt. Aufgrund der hier vorliegenden Ergebnisse sollte in diesem Fall einer zusätzlichen Calretinin- Reaktion der Vorzug gegeben werden. Lässt sich in dieser keinerlei Positivität feststellen, so ist bezüglich der hier analysierten Differentialdiagnose mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% (npW) davon auszugehen, dass kein Mesotheliom vorliegt. 5 Diskussion 144 Die Kombination der Marker Calretinin und CD 56, wobei ersterer für die Diagnose eines epitheloiden Mesothelioms positiv und letzterer negativ ausfallen muss, ist der Kombination von TTF1 und Calretinin gleichwertig, der Kombination Calretinin/CK MNF 116 geringfügig und der Kombination CK MNF 116/CK 5/6 deutlich überlegen. Fazit: Obwohl die WHO-Klassifikation für maligne Neoplasien der Lungen noch immer auf der lichtmikroskopischen Untersuchung konventionell gefärbter Schnittpräparate basiert, sind immunhistochemische Zusatzuntersuchungen in der modernen histopathologischen Diagnostik zu einem unerlässlichen additiven Faktor geworden. Die immunhistochemischen Untersuchungen erlangen vor allem vor dem Hintergrund der differenzierten Therapiemöglichkeiten, der steigenden Inzidenz primärer Pleuratumoren und der versicherungsmedizinischen Relevanz möglicherweise berufsbedingter Erkrankungen große Bedeutung. Trotz Fortschritten in der Diagnostik durch immunhistochemische Untersuchungen existieren Grenzfälle, die bis dato weder durch morphologische Analysen, noch durch aufwändige immunhistochemische Zusatzuntersuchungen zu lösen sind. Da es bekanntermaßen keinen spezifischen positiven Mesotheliommarker gibt, können Überschneidungen der Expressionsmuster mit einigen primären Lungentumoren (z.B. kleinzelligen Lungenkarzinomen) die eindeutige Zuordnung gelegentlich außerordentlich erschweren. Dies wird ebenfalls deutlich bei Betrachtung der immunhistochemischen Profile der kasuistischen Beispiele, da diese sowohl die für die kleinzelligen Lungentumoren typischen immunhistochemischen Marker exprimieren als auch diejenigen, die bei epitheloiden Mesotheliomen in den meisten Fällen positiv sind. Hinzu kommt, dass die Diagnose kleinzelliger Karzinome auch in Anbetracht der Kleinheit, und der damit eingeschränkten Repräsentativität endoskopisch-bioptisch gewonnenen Gewebes sowie durch die typischen Quetschartefakte, in der Abgrenzung gegenüber lymphozytären Infiltrationen, undifferenzierten Tumoren und eben auch epitheloiden Mesotheliomen schwierig sein kann. 5 Diskussion 145 Aufgrund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse lässt sich sagen, dass die verwendeten Marker die Fragestellung betreffend alle als hilfreich eingestuft werden können, da die Sensitivität aller „Mesotheliommarker“ immer zwischen 90 und 100% lag und die Spezifität von TTF1 und CD 56 für die Diagnose eines kleinzelligen Karzinoms mit 100 und 96% ebenfalls sehr hoch war. In Anlehnung an die Ergebnisse dieser Studie gelten bei der differentialdiagnostischen Abgrenzung von epitheloiden Mesotheliomen gegenüber kleinzelligen Lungenkarzinomen folgende Empfehlungen: Für die hier zur Diskussion stehende Differentialdiagnose zwischen pseudomesotheliomatös wachsendem kleinzelligen Karzinom und epitheloidem Pleuramesotheliom hat die Markerkombination von CD 56 und TTF1 für den Fall, dass mit einem dieser Marker eine positive Reaktion nachgewiesen werden kann, die höchsten Werte für Spezifität und Sensitivität für die Diagnose eines kleinzelligen Karzinoms (Sensitivität=100%, Spezifität=99%) ergeben. Für das praktische Vorgehen sollte daher auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit einer immunhistochemischen Analyse dieser Antigene begonnen werden. Im Fall einer positiven Reaktion kann mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit (ppW=99%) von der Diagnose eines kleinzelligen Karzinoms ausgegangen werden. Für den Fall einer mit beiden Antigenen negativen Reaktion sind weitere immunhistochemische Untersuchungen (Calretinin) zur Sicherung der Diagnose eines epitheloiden Pleuramesothelioms erforderlich. Bei einer positiven Calretinin- Reaktion liegt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um ein epitheloides Mesotheliom handelt bei 98%, vorausgesetzt, es soll abgegrenzt werden zwischen kleinzelligem Lungenkarzinom und epitheloidem Mesotheliom. Um die Verdachtsdiagnose zu bestätigen, kann bei positiver Calretinin- Markierung und sollte bei einer fehlenden Calretinin- Markierung eine zusätzliche MNF 116- Immunreaktion durchgeführt werden. Ist diese negativ, schwach oder mäßig stark ausgeprägt, oder weist sie eine punktförmige Markierung auf, so handelt es sich im Hinblick auf die hier zur Diskussion stehende Differentialdiagnose nicht um ein Mesotheliom. 6 Zusammenfassung 6 Zusammenfassung 6.1 Einleitung 146 Bei den kleinzelligen Lungenkarzinomen handelt es sich, neben den Adenokarzinomen der Lunge, um die häufigsten Primärtumoren mit sekundärer Pleurabeteiligung und somit um eine Tumorentität, die die Differentialdiagnose gegenüber einem Mesotheliom in einigen Fällen sehr erschweren kann. Dennoch liegen bis zum heutigen Zeitpunkt kaum Erkenntnisse bezüglich pseudomesotheliomatös wachsender kleinzelliger Karzinome vor. In der klinischen Pathologie werden zur differentialdiagnostischen Abgrenzung verschiedener Tumorentitäten immunhistochemische Marker verwendet. Ziel dieser Untersuchung war es, den Nutzen einzelner Marker und Markerkombinationen bezüglich der Abgrenzung kleinzelliger Lungenkarzinome versus epitheloider Mesotheliome zu ermitteln. 6.2 Material und Methoden Es wurden 100 kleinzellige Karzinome und 112 epitheloide Mesotheliome untersucht. Dabei wurden die Mesotheliome mit Hilfe der TMA-Technik immunhistochemisch analysiert. Es wurden jeweils drei Tumorstanzen aus unterschiedlichen Bereichen des Tumors entnommen, auf diese Weise entstanden 18 TMA-Blöcke mit insgesamt 336 Stanzen epitheloider Mesotheliome. In der immunhistochemischen Untersuchung wurden Antikörper gegen TTF1, CD 56, CK 5/6, CK MNF 116, Calretinin und Ki-67 eingesetzt. 6.3 Ergebnisse In Anlehnung an die Fragestellung konnten folgende Erkenntnisse gewonnen werden: 47% der untersuchten kleinzelligen Karzinome reagierten positiv auf die Zytokeratine des Markers CK MNF 116, und 20% positiv auf die Zytokeratine 5/6. Die festgestellten Spezifitäten für CK MNF 116 und CK 5/6 zeigten, dass diese allein nur eingeschränkt aussagekräftig sind, wobei CK MNF 116 wegen der 6 Zusammenfassung 147 höheren Sensitivität (100%) für epitheloide Mesotheliome CK 5/6 (Sensitivität= 90%) überlegen ist. Bei der Untersuchung mit dem immunhistochemischen Marker Calretinin lag der Anteil der positiv reagierenden kleinzelligen Karzinome bei 12%. Calretinin erwies sich somit als hochsensitiv (95%) bei einer Spezifität von 88% für die Diagnose eines epitheloiden Mesothelioms Bezüglich der Validität der TMA-Technik konnte eine Übereinstimmung zwischen Originalschnitten und den Tumorstanzen in 90% der Fälle nachgewiesen werden. Die TMA-Technik erwies sich somit als geeignetes Untersuchungsverfahren auch für heterogen geltende Tumorentitäten. Es konnte festgestellt werden, dass Mesotheliome in seltenen Fällen neuroendokrine Differenzierungen aufweisen (siehe Kapitel 4.5.2 und 4.3.3). Im Rahmen dieser Untersuchung konnten zwei Fälle fokaler neuroendokriner Differenzierung nachgewiesen werden (Fall 6F, Fall 3B3) Der Proliferationsmarker Mib1 erwies sich lediglich als hilfreich bezüglich der zur Diskussion stehenden Differentialdiagnose, sofern die Biopsieproben keine Quetschartefakte beinhalteten, die das Ergebnis nachweislich beeinflussten. Das Variationsspektrum in der Gruppe der epitheloiden Mesotheliome war sehr breit, es lag zwischen 5< und 90%, wenngleich der prozentual höchste Anteil von 95,8% (n=92) eine Proliferationsfraktion von 40%< der Tumorzellen aufwies. Da bei 32% der kleinzelligen Karzinome ebenfalls eine Proliferationsfraktion von unter 40% nachgewiesen wurde, kommt es zu einer großen Schnittmenge mit den Mesotheliomen. Mib1 kann daher nicht als alleiniger Marker zur Anwendung kommen. Mit einem Wert von 100% ist TTF1 der Marker mit der höchsten Spezifität für die Diagnose eines kleinzelligen Karzinoms, wobei die Sensitivität lediglich 60% betrug. CD 56 erreichte eine Spezifität von 99% und eine 96%ige Sensitivität für die Erkennung eines kleinzelligen Karzinoms. Bei der Abgrenzung von epitheloiden Mesotheliomen und kleinzelligen Karzinomen betrug die Sensitivität 100% und die Spezifität 53% für die Erkennung eines epitheloiden Mesothelioms durch eine positive CK MNF 116Immunreaktion. Für CK 5/6 konnte eine Sensitivität von 90% sowie eine Spezifität von 80% festgestellt werden. Für Calretinin ergab sich eine 95%ige Sensitivität 6 Zusammenfassung 148 und eine 88%ige Spezifität für die Diagnose eines epitheloiden Mesothelioms im Falle einer positiven Immunreaktion. Durch Markerkombinationen können Sensitivität und Spezifität gesteigert werden. Hier erwies sich die Kombination von CD 56 und TTF1 als hilfreich für die Erkennung eines kleinzelligen Karzinoms (Sensitivität= 100%, Spezifität= 99%). Für die Erkennung eines epitheloiden Mesothelioms ergaben die Kombinationen von TTF1 und Calretinin (Sensitivität= 95%, Spezifität= 98%) sowie CD 56 und Calretinin die höchsten Werte (Sensitivität= 93%, Spezifität= 100%). 6.4 Diskussion Alle in dieser Untersuchung verwendeten Marker können als hilfreich eingestuft werden, da die für epitheloide Mesotheliome typischerweise positiv reagierenden Marker CK 5/6, CK MNF 116 und Calretinin eine Sensitivität für diese Diagnose zwischen 90 und 100% erreichen und die Spezifität von TTF1 und CD 56 mit 100 bzw. 98% für die Diagnose eines kleinzelligen Karzinoms ebenfalls sehr hoch war. Individuelle Gewebemerkmale wie Größe, Dauer der Fixierung, Quetschartefakte, von der Norm abweichende Färbemuster etc. müssen im Einzelfall kritisch betrachtet werden, da diese die Ergebnisse nachweislich beeinflussen können. Durch Markerkombinationen können Sensitivität und Spezifität gesteigert werden wobei natürlich die Kosten-Nutzenrelation kritisch abgewogen werden sollte. 7 Literaturverzeichnis 7 149 Literaturverzeichnis Abeloff, M. D., Eggleston, J. C., Mendelsohn, G., Ettinger, D. S., Baylin, S. B. (1979). Changes in morphologic and biochemical characteristics of small cell carcinoma of the lung. A clinicopathologic study. Am. Journal Med. 66, 757-764 Abutaily, A. S., Addis, B. J., Roche, W. R. (2002). Immunohistochemistry in the distinction between malignant mesothelioma and pulmonary adenocarcinoma: a critical evaluation of new antibodies. J. Clin. Pathol. 55, 662-668 Aletsee-Ufrecht, M., Langley, K., Rotsch, M., Havemann, K., Gratzl, M. (1990). NCAM: a surface marker for human small cell lung cancer cells. FEBS Lett. 267, 295-300 Attanoos, R. L., Thomas, D. H., Gibbs, A. R. (2003). Synchronous diffuse malignant Mesothelioma and Carcinomas in asbestos- exposed individuals. 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Mein besonderer Dank gilt meinen Eltern für deren Geduld und Unterstützung in vielerlei Hinsicht. Lebenslauf Name: Pohlmann Vorname: Janine Adresse: Felderbachstr. 91a, 45529 Hattingen Telefon: 0163/2559403 Geburtsdaten: 03.06.1978 in Hattingen Familienstand: ledig Staatsangehörigkeit: deutsch Schulausbildung: 1985-1989: Grundschule Herzkamp in Sprockhövel 1989-1998: Städtisches Gymnasium Velbert-Langenberg Mai 1998: Studium : Zahnmedizin Allgemeine Hochschulreife 1998-2003: Universität Witten-Herdecke: Fakultät für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde 16.12.2003: Staatsexamen Ab 2004: Assistenzzahnärztin in freier Praxis Promotion im Institut für Pathologie an der AugustaKrankenanstalt in Bochum