Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei Homosexuellen und Transgender Dieser Bericht wurde erstellt für die: Sozial Global GmbH Autorinnen: Mag. Christine Schuster Mag.a Christa Edlmayr a Wien, im Juli 2014 INSTITUT FÜR EMPIRISCHE SOZIALFORSCHUNG GMBH Teinfaltstraße 8 1010 Wien Telefon: (01) 54 670-0 Fax: (01) 54 670-312 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ifes.at 2 6464646464 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................................. 2 1. Ergebnisse der Desk Research...................................................................................................... 4 1.1. Einleitung............................................................................................................................... 4 1.2. Glossar ................................................................................................................................... 7 1.3. Ergebnisse ausgewählter Studien.......................................................................................... 9 1.3.1. Studie: Unterm Regenbogen- Lesben und Schwule in München................................ 9 1.3.2. Literaturstudie: Differenzierte Lebenslagen im Alter. Der Einfluss sexueller Orientierung am Beispiel homosexueller Männer .................................................... 12 1.3.3. Fallstudie: “We Have to Create Family”: Aging Support Issues and Needs Among Older Lesbians ........................................................................................................... 14 1.3.4. Survey: `Lavender retirement’: A questionnaire survey of lesbian, gay and bisexual people’s accommodation plans for old age .............................................................. 16 1.3.5. Literaturstudie: Unique Challenges of Transgender Aging: Implications From the Literature ................................................................................................................... 18 1.4. Beispielprojekte................................................................................................................... 20 1.4.1. rosaAlternative – Alten WG für schwule Männer (München) .................................. 20 1.4.2. GLEH – Gay and Lesbian Elder Housing (California, USA).......................................... 20 1.4.3. Villa anders, schwul-lesbisches Wohnen (Köln) ........................................................ 21 1.4.4. Lebensort Vielfalt (Berlin).......................................................................................... 21 1.4.5. Frauenwohnprojekte [ro*sa] und Que[e]rbau (Wien) .............................................. 22 1.4.6. Gay nursing (Zürich)................................................................................................... 23 1.4.7. L.A. Ries-Huis – Seniorenwohn- und Pflegeprojekt für homosexuelle Männer und Frauen (Amsterdam).................................................................................................. 23 1.4.8. SAGE Friendly Visitor Program (New York City) ........................................................ 24 1.4.9. Schlussbemerkung..................................................................................................... 24 1.5. Fazit ................................................................................................................................... 25 2. Ergebnisse der qualitativen Interviews ...................................................................................... 27 2.1. Einleitung............................................................................................................................. 27 2.2. Wohn- und Lebenssituation im Alter .................................................................................. 29 2.2.1. Vorstellungen der LGBT-Personen zur Wohn-/Lebenssituation im Alter ................. 29 2.2.2. Expert/innensicht zur Wohn- und Lebenssituation im Alter..................................... 30 3 2.3. Beurteilung verschiedener Angebote und Einschätzung der Nachfrage ............................ 35 2.3.1. Einschätzung der befragten LGBT-Personen ............................................................. 35 2.3.2. Einschätzung der Expert/innen ................................................................................. 37 2.4. Exkurs: Wohnprojekt „Lebensort Vielfalt“ .......................................................................... 40 2.5. Empfehlungen für Angebote im Bereich Wohnen, Pflege und Betreuung von LGBT im Alter....................................................................................................................... 43 3. Ergebnisse der quantitativen Befragung.................................................................................... 46 3.1. Samplestruktur und Methodik ............................................................................................ 46 3.2. Lebens- und Wohnsituation ................................................................................................ 48 3.3. Lebenszufriedenheit und soziale Kontakte ......................................................................... 50 3.4. Wohn- und Lebenssituation im Alter .................................................................................. 52 3.5. Die Ergebnisse im Detail...................................................................................................... 57 3.6. Wichtigste Ergebnisse der quantitativen Befragung........................................................... 80 4. Gesamtfazit zur Studie Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT .............................. 82 Literaturverzeichnis........................................................................................................................ 85 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 4 1. Ergebnisse der Desk Research 1.1. Einleitung Der vorliegende Teil fasst die Ergebnisse zur Desk Research „Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei Homosexuellen und Transgender“ zusammen. In der Einleitung werden grundlegende Überlegungen zum Thema umrissen. Ein kurzes Glossar gibt anschließend eine Orientierung zu relevanten Begriffen im Bereich Homosexualität und Altenbetreuung bzw. -pflege. Den Kern bilden schließlich die Darstellung der Ergebnisse ausgewählter Studien zum Thema sowie eine Charakterisierung von beispielhaften Projekten aus der Praxis. Mit dem demographischen Wandel nimmt der Anteil der SeniorInnen an der Bevölkerung zu. Lebenslagen und Lebensstile von Älteren und Hochbetagten differenzieren sich immer stärker aus. Wie für die Bevölkerung im Allgemeinen, gilt dies auch für ältere schwule Männer, lesbische Frauen und Transgender-Personen. Die Generation der älteren, offen schwul oder lesbisch lebenden Menschen ist im Wachsen begriffen. Historisch neu ist, dass diese Menschen ihre dritte Lebensphase aktiv planen und Alternativen zu den traditionellen Lebensentwürfen suchen. Sie fordern Gleichbehandlung und erwarten auch für die Lebensphase des Alters, dass ihre jeweiligen Bedürfnisse Berücksichtigung finden (vgl. Nachtwey 2004, S. 9). Wissenschaftliche Studien gehen von einem Anteil homosexueller Personen zwischen 5 und 15 Prozent an der Bevölkerung aus, weshalb im Schnitt etwa 10 Prozent angenommen werden. Demnach leben in Wien etwa 170.000 Lesben und Schwule. (vgl. Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und Transgender-Lebensweisen). Rechnet man den Anteil für die Bevölkerung 60 plus hoch, ergibt sich eine Zahl von ca. 38.600 älteren Lesben und Schwulen in Wien (vgl. Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien 2012, S. 70). Bei weitem nicht Alle leben ihre Homosexualität ihrem Umfeld gegenüber offen. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich grundlegende gesellschaftliche Öffnungsprozesse in Richtung Akzeptanz und Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebensweisen vollzogen. Dennoch belegen Studien auf EU-Ebene, dass Homosexuelle und Transgender-Personen weiter- 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 5 hin in unterschiedlichen Lebensbereichen Diskriminierung ausgesetzt sind. In Erwartung negativer Erfahrungen bleiben gleichgeschlechtliche Lebensweisen in bestimmten Kontexten verborgen (vlg. FRA 2009; 2012). Dies gilt etwa für den Bereich der Gesundheitsversorgung, wo die betreffenden Personen im Extremfall den Kontakt mit Ärzten und medizinischen Einrichtungen generell meiden. Transgender-Personen werden in diesem Zusammenhang als besonders verwundbare Gruppe identifiziert. Sie sind von stärkeren Ressentiments betroffen als Lesben und Schwule, da ihre Lebensweise in noch höherem Ausmaß tabuisiert ist. Allgemein sind ältere Lesben, Schwule und Transgender-Personen durch die Faktoren Alter und schwul-lesbische Identität einer potentiellen Mehrfachdiskriminierung ausgesetzt. Zur Situation dieser Gruppe im Alter ist nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung wenig bekannt, sie ist auch wissenschaftlich wenig beleuchtet (vgl. Persson 2009, Reimann 2006). In Bezug auf die Lage älterer schwuler Männer stellt Reimann (2006) fest, dass sich diesbezügliche Studien eher auf die USA konzentrieren, oft nur kleine Stichproben beschreiben und teils nicht spezifisch auf die Fragestellung nach dem Alter ausgerichtet sind. Ein selbständiges, abgesichertes Altern in Würde für unterschiedliche Lebenslagen und Lebensstile benötigt differenzierte Konzepte des Angebots und der institutionellen Versorgung für diverse Zielgruppen. Für die Versorgung von älteren Schwulen und Lesben im Bereich Wohnen, Betreuung und Pflege unterscheidet Nachtwey (2004, S. 9f) zwei Ansätze, aus denen er mögliche Zukunftsentwicklungen ableitet. Diese sollen einleitend dargestellt werden, um eine Orientierung im Handlungsfeld der Alters- und Wohnversorgung von LGBT-Personen zu geben. Einerseits besteht für die Zielgruppe eine Versorgung mit spezifischen Angeboten, die ihren Ursprung in der Community genommen haben und regional recht unterschiedlich ausgeprägt sind. Von ihrem Wesen her sind diese Projekte „bottom up“ entstanden und meist allein auf Lesben und Schwule ausgerichtet. Parallel dazu besteht ein fachlicher Diskurs im Pflege- und Betreuungsbereich darüber, Diversität im bestehenden Angebot besser zu berücksichtigen und die Altenarbeit stärker für Minoritäten zu öffnen. Idealtypisch kann man also zwischen dem aus- 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 6 schließlich zielgruppenspezifischen Angebot der Community und der breiteren Berücksichtigung von gleichgeschlechtlichen Lebensweisen innerhalb des „Mainstream“-Angebots unterscheiden. Nachtwey spricht sich für eine Integration beider Ansätze als politisches Ziel aus. Die Konzentration auf eine „homosexuelle Angebotsstruktur“ birgt die Gefahr der „Ghettoisierung“, die einer langfristigen Integration von lesbischen und schwulen Lebensweisen widerspricht: „Zwar werden einzelne alte Lesben und Schwule mit den Angeboten im Ghetto zufrieden sein, weil es ihnen eine gewisse Heimat verspricht, aber der Wunsch und die Sehnsucht nach Normalität und Integration bleibt unerfüllt“ (ebd., S. 10). Wichtige aktuelle Handlungsfelder seien die Berücksichtigung der gleichgeschlechtlichen Sexualität in Forschung, Politik und Verwaltung sowie bei den Trägern sozialer Dienstleistungen. Ebenso wichtig ist die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften in der Altenarbeit und –pflege im Bereich Sex, Gender und Diversität. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 7 1.2. Glossar LGBT Der Sammelbegriff LGBT steht als Abkürzung für „Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender“. Auch der Begriff LGB, der Transgender nicht einschließt, ist in Gebrauch. Transgender-Personen Bezeichnet Personen, die ihr soziales Geschlecht (Gender) als nicht oder nur teilweise mit ihrem biologischen Geschlecht übereinstimmend empfinden. Unter den Begriff fallen Transsexuelle (die sich einer operativen Geschlechtsanpassung unterzogen haben, diese planen oder aber für sich ausschließen) und Intersexuelle/Hermaphroditen, die keinem eindeutigen biologischen Geschlecht zuordenbar sind. Zunehmend gebräuchlich sind die Bezeichnungen „Transmann“ für biologische Frauen, die sich als Mann identifizieren sowie „Transfrau“ für biologische Männer, die sich als Frau fühlen. Die sexuelle Orientierung von Transgender-Personen hängt von der individueller Definition ab, etwa davon, ob als Ausgangspunkt das biologische oder selbstidentifizierte Geschlecht gewählt wird (vgl. Persson 2009, S. 634f). Mobile (auch ambulante) Pflege- und Betreuungsleistungen Die Betreuungs- oder Pflegefachkraft kommt ins Haus des Kunden/ der Kundin (vgl. Fonds Soziales Wien, 2013). Beispiele für mobile Pflegedienste sind mobile/medizinische Hauskrankenpflege, Heimhilfe sowie Begleit- und Besuchsdienste. Auch in kollektiven Wohnformen für Ältere (betreutes Wohnen) können mobile Dienste zum Einsatz kommen. Stationäre Pflege- und Betreuungsleistungen Der/die KundIn lebt in einer Wohn- und Pflegeeinrichtung (vgl. Fonds Soziales Wien, 2013), wobei es sich um befristete oder unbefristete Aufenthalte handeln kann. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 8 Teilstationäre Pflege- und Betreuungsleistungen Der/die KundIn von teilstationären Pflege- und Betreuungsleistungen lebt grundsätzlich zu Hause und besucht eine Einrichtung (vgl. Fonds Soziales Wien, 2013). Unter teilstationäre Dienste fallen Einrichtungen, die die Unterbringung und Betreuung betagter, pflegebedürftiger Menschen während eines Teiles des Tages gewährleisten (Betreuung, Förderung und Aktivierung dieser Menschen in Tagesstrukturen/ Tageszentren für SeniorInnen). 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 9 1.3. Ergebnisse ausgewählter Studien 1.3.1. Studie: Unterm Regenbogen- Lesben und Schwule in München Die Münchner Stadtverwaltung führte 2004 eine Befragung zur Lebenssituation, zu Wünschen, Bedürfnissen und Problemen der lesbisch-schwulen Bevölkerung durch. Durchgeführt von der Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen, wurden 40.000 Fragebögen distribuiert und im Rücklauf gut 2.500 RespondentInnen erreicht. Der Lebensabschnitt Alter fand ausführliche Berücksichtigung. Knapp unter 30% der Befragten gaben in der Münchner Studie an, die eigene Homosexualität völlig offen zu leben; weitere 60% wählten die Kategorie „weitgehend offen“ (eine Auswertung nach Altersgruppen wird leider nicht geboten). Diese Einschränkung der „weitgehenden Offenheit“ betrifft v.a. Situationen am Arbeitsplatz, aber auch den Umgang mit Behörden. 40% geben an, ihre gleichgeschlechtliche Lebensweise vor ihrem Arbeitgeber zu verbergen. Weiters vermuten über 40% der Schwulen und 54% der Lesben Nachteile bei Behörden bei Bekanntwerden ihrer Homosexualität. Konkrete Erfahrungen von Benachteiligung sind weit verbreitet: Ca. 60% der RespondentInnen haben Beschimpfungen erlebt, knapp 20% wurden Opfer von Gewalthandlungen, knapp 40% geben an, psychischem Druck oder Bedrohungen ausgesetzt gewesen zu sein (vgl. ebd. S. 4f). Jugendlichkeit spielt in der LGBT-Szene eine wichtige Rolle. Unter Lesben und Schwulen besteht tendenziell die Annahme über ein eigenes frühes soziales Altern- bei Männern stärker als bei Frauen. Dies geht mit der Einschätzung einher, dass die Bedeutung der Szene und die Möglichkeit, dort neue soziale Kontakte zu knüpfen, im Alter deutlich abnimmt. Die Bedeutung des Themas Einsamkeit im Alter wird von den befragten homosexuellen Männern und Frauen als hoch eingestuft, woraus die StudienautorInnen eine pessimistische Grundstimmung über das Altern ableiten. 90% sind der Meinung, Einsamkeit ist für ältere Schwule und Lesben von großer oder sehr großer Bedeutung (vgl. ebd. 25f). Obgleich kein Vergleich zu einer heterosexuellen Vergleichsgruppe gezogen wird, konstatieren die AutorInnen einen niedrigen Informationsstand der befragten Schwulen und Lesben zu Alten- 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 10 pflege- und -betreuungseinrichtungen. Bei den über 55-Jährigen geben etwa nur zwischen einem Viertel und einem Drittel der Befragten an, sich bereits darüber informiert zu haben. In der Studie werden die Präferenzen für Arten der häuslich/ambulanten Betreuung und der stationären Altenpflege/-betreuung abgefragt. Sie sind in den nachstehenden Tabellen getrennt für Männer und Frauen abgebildet. Im Bereich der häuslichen Unterstützung werden die Hilfestellungen durch FreundInnen deutlich bevorzugt (von den Frauen noch stärker als den Männern). Familiäre Unterstützung liegt deutlich darunter, was von den AutorInnen darauf zurückgeführt wird, dass Lesben und Schwule „im Alter in der Regel kein (herkunfts-)familiäres Unterstützungssystem mehr zur Verfügung haben“ (ebd. S. 31). Bei den professionellen Hilfeleistern ergibt sich folgende Rangordnung: Die Nutzung des Angebotes eines ambulanten Dienstes ist für Lesben/ Schwule grundsätzlich gut vorstellbar (für je ca. 80%). Die meiste Befürwortung erhalten jene ambulanten Dienste, die ihr Angebot auf Lesben und Schwule ausgerichtet haben. Dass ausschließlich Lesben/ Schwule für den Dienst arbeiten, wird von Frauen als wichtiger erachtet als von Männern. Altersbedingte gesundheitliche Einschränkungen können dazu führen, dass man bei der Haushaltsführung und/oder der Körperpflege auf fremde Hilfe angewiesen ist. Wie wichtig wären Ihnen folgende Möglichkeiten der häuslichen Unterstützung/Versorgung? In Zeilenprozent, nach Geschlecht wichtig Eher wichtig Eher unwichtig/ unwichtig M 26 26 48 F 29 27 44 M 34 46 20 F 43 43 14 Unterstützung/Versorgung durch einen ambulanten Dienst zur hauswirtschaftlichen und pflegerischen Versorgung M 33 49 18 F 37 43 20 Unterstützung/Versorgung durch einen ambulanten Dienst, der sein Angebot auf Schwule/Lesben ausgerichtet hat M 50 34 16 F 60 24 16 Unterstützung/Versorgung durch einen ambulanten Dienst, von Schwulen für Schwule/von Lesben für Lesben M 47 30 23 F 56 23 21 Unterstützung/Versorgung durch Familienangehörige Unterstützung/Versorgung durch FreundInnen Quelle: Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen München 2004, S. 30 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 11 Die Befragten wurden um ihre Einschätzung zu bestehenden stationären Einrichtungen der Altenhilfe gebeten, mit dem deutlichen Ergebnis, dass sie dort zu 90% einen nicht-kompetenten Umgang mit LGBT-Personen erwarten und zu über 70% Diskriminierung vermuten. Besonders wichtige Faktoren in der stationären Altenpflege/-betreuung sind für Lesben und Schwule die Schulung der MitarbeiterInnen in Bezug auf Homosexualität sowie eine gemeinsame Nutzung des Angebots mit anderen Lesben und Schwulen. Frauen betonen die Bedeutung der gemeinsamen Nutzung extra stark. Ein Anteil von schwul-lesbischen Betreuungspersonen/PflegerInnen wird befürwortet; diese müssen aber nicht ausschließlich selbst schwullesbisch sein. In Summe besteht in der Zielgruppe der Bedarf nach Diensten und Einrichtungen, die Schwulen und Lesben gegenüber sensibilisiert und offen sind. Diese müssen erst entwickelt werden, da das aktuelle Angebot dahingehend sehr mangelhaft eingeschätzt wird. Wenn Sie das Angebot einer Einrichtung der Altenhilfe wahrnehmen würden: Wie wichtig wäre Ihnen dabei, dass ...? In Zeilenprozent, nach Geschlecht wichtig Eher wichtig Eher unwichtig/ unwichtig M 77 17 6 F 88 8 4 die MitarbeiterInnen in Bezug auf Homosexualität geschult sind M 61 26 13 F 65 22 13 die Einrichtung ihr Angebot auf Schwule/Lesben ausrichtet und entsprechend bewirbt M 43 33 24 F 56 25 20 auch andere Schwule/Lesben mit Ihnen gemeinsam das Angebot nutzen M 51 33 16 F 64 25 11 M 7 20 73 F 13 19 69 M 30 40 30 F 47 31 22 M 5 16 79 F 11 16 74 Sie dort offen schwul/lesbisch leben könnten nur Schwule/Lesben dieses Angebot nutzen auch homosexuelle MitarbeiterInnen dort beschäftigt sind Nur homosexuelle MitarbeiterInnen dort beschäftigt sind Quelle: Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen München 2004, S. 32 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 12 1.3.2. Literaturstudie: Differenzierte Lebenslagen im Alter. Der Einfluss sexueller Orientierung am Beispiel homosexueller Männer Reimann/ Lasch (2006) stellen für Deutschland fest, dass das Thema alternde Homosexuelle in der schwul-lesbischen Szene und auch in der öffentlichen politischen Debatte angekommen ist. Als ein Indiz dafür nennen sie, dass der Berliner Senat im Juni 2005 bundesweit erstmals die Interessen homosexueller Frauen und Männer in seine Leitlinien für die SeniorInnen-Politik integriert hat. Sie sprechen die Problematik fehlender Daten für das Thema Homosexualität und Alter an: Wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich ist rar; basiert auf kleinen Stichproben oder Fallstudien und ist kaum repräsentativ. Pauschale Annahmen über „die homosexuelle Szene/Kultur“ sind jedenfalls zu vermeiden, da Schwule und Lesben in allen Teilen der Mehrheitsgesellschaft anzutreffen sind. Stereotype Altersbilder von schwulen Männern sind eine Vermengung herrschender Altersbilder und gesellschaftlicher Homophobie; sie unterstellen „Einsamkeit und Depression, Isoliertheit von der schwulen Subkultur, keine verfügbare Unterstützung von Familie oder Freunden und ein großes unerfülltes Bedürfnis nach Sexualität“ (ebd. S. 15). Ein in der Literatur bekannter Generationsunterschied homosexueller Männer ist die Unterteilung in eine „pre-liberation“ und eine „post-liberation“ Generation. Sie unterscheidet nach den im Laufe des Lebens erlebten gesellschaftlichen Bedingungen und Stigmatisierungen (NaziVerfolgung, Verbot von Homosexualität per Gesetz etc.). Für jene, die ihr Schwulsein im Laufe ihres Lebens geheim gehalten haben, z.B. aus Angst vor Repression, ist die Wahrscheinlichkeit, sich im Alter Fremden gegenüber zu „outen“, nach wie vor geringer. Als weitere Generation wird die „Stonewall-Generation“ identifiziert, die Generation der KämpferInnen der Homosexuellenbewegung. Personen, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen (und auch Befreiungskämpfe geführt haben), können sich überwiegend nicht vorstellen, in den bestehenden Altenhilfestrukturen zu leben, da sie dort erneute Stigmatisierung fürchten. Die dominierenden Dimensionen im Leben homo- wie auch heterosexueller Menschen im Alter sind die materielle Lage, der Gesundheitszustand sowie die sozialen Netzwerke. Sie beeinflussen weitere Subdimensionen wie Wohnen, gesellschaftliche Partizipation und Wohlbefinden. Um Aussagen über ältere homosexuelle Männer machen zu können, ist es notwendig, unterschiedli- 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 13 che Gruppen nach kulturellen, sozialen, ökonomischen und gesundheitlichen Lebenslagen zu differenzieren. Zu den materiellen Ressourcen älterer homosexueller Männer existieren wenig Daten. Die Autorinnen weisen darauf hin, dass nebst der Vorstellung von wohlhabenden „DINKs“ bzw. „SINKs“ (doppeltes bzw. einfaches Einkommen, keine Kinder) auch einkommensschwache und von Altersarmut betroffene Schwule (z.B. Migranten) zu berücksichtigen sind. Ein „erfolgreiches“, zufriedenes Altern ist von den psychosozialen Ressourcen des Individuums abhängig. Dazu zählen ein positives Selbstkonzept, die Entwicklung von Kompetenzen im Umgang mit Homophobie und Stigmatisierungen und die Integration in soziale Netzwerke und Freundschaften. Freundschaftsnetzwerke ersetzen oft die Familienanbindung. Sie gestalten sich vorwiegend altershomogen, was eine gegenseitige Unterstützung im (hohen) Alter nicht garantiert. Insbesondere für schwule Ältere ohne heterosexueller Familiengeschichte oder für jene, die kaum Kontakte zu ihren Kindern und Enkelkindern haben, haben existiert kein Automatismus der (Mit-)Versorgung durch Kinder. Der Aufbau unterstützender Netzwerke durch die Öffentlichkeit wird aus diesem Grund empfohlen. Die mangelnde rechtliche Gleichstellung von „Wahlfamilien“ unter Freunden und von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften wird als Problemfeld identifiziert. Sie kommt in Deutschland zum Tragen beim Recht auf medizinische Informationen im Fall von Bewusstlosigkeit des Patienten, bei Entscheidungsbefugnissen in Bezug auf medizinische Behandlung und Pflegeorganisation sowie im Erbschaftsrecht, sofern nicht im Vorfeld als Alternative Vollmachten, Patienten- oder Betreuungsverfügungen oder Testamente verfasst wurden. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 14 1.3.3. Fallstudie: “We Have to Create Family”: Aging Support Issues and Needs Among Older Lesbians Marcena Gabrielson (2011) publiziert im „Journal of Gay and Lesbian Social Services“ eine Fallstudie über 4 lesbische Frauen ab 59 Jahren, basierend auf qualitativen Interviews. Als analytischen Rahmen zitiert sie Literatur zum Stand der Forschung. Ältere Lesben und Schwule bilden eine Risikogruppe, insofern sie im Alter häufiger alleinstehend und ohne familiärer Unterstützung sind: „LGBT seniors are twice as likely to age single, more than twice as likely to live alone, and more than four times as likely to have no children to call upon in times of need as compared to heterosexual elders“ (S. 323). Das Geschlecht Frau, die gleichgeschlechtliche Lebensweise und der Faktor Alter setzen ältere Lesben einer besonderen Verwundbarkeit und möglichen Mehrfachdiskriminierung aus. Als Grundbedingungen für die Lebenszufriedenheit und Gesundheit von Lesben im Alter zitiert Gabrielson die Akzeptanz der (sexuellen) Identität durch die soziale Umgebung („Identity support“) sowie ein sinnerfülltes Selbstempfinden („eudaimonic well-being“, definiert als „having a sense of purpose and meaning in Life as well as accepting, expressing and actualizing oneself“, S. 323). Beide Dimensionen sind für LGBT-Personen von besonders zentraler Bedeutung. Sie durchlaufen im Laufe des Lebens intensive Prozesse der Identitätsfindung, in denen es darum geht, ihr Selbst zu definieren und anzunehmen. Diskriminierungerfahrungen stellen einen Angriff auf das Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit dar. Funktionierende soziale Beziehungen beeinflussen die psychische und physische Gesundheit positiv und gewinnen bei Lesben im Alter noch mehr an Bedeutung. Die in der Fallstudie befragten Frauen um die 60 verfügen über ein Unterstützungsnetzwerk von lesbischen FreundInnen und Bekannten, die sie als ihre Wahlfamilie bezeichnen („family of choice“, „Created family“). Sie setzen sich mit ihrer Situation im Alter auseinander und möchten diese bewusst gestalten. Bedenken und Sorgen bestehen, ob/wie lang das Netzwerk der gegenseitigen Unterstützung mit zunehmendem Alter und physischer Gebrechlichkeit aufrecht erhalten werden kann. Rechtliche Fragen zu Fürsorge und Besuchsrecht, zum Verlust der eigenen Entscheidungsgewalt und zum Erbrecht werden thematisiert. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 15 Aufgrund von frühen Diskriminerungserfahrungen durch Familie und Institutionen (z.B. Ausschluss der eigenen Person und/oder von PartnerInnen) besteht bei bestimmten Frauen eine generelle Angst vor schlechter Behandlung und mangelnder Unterstützung im Alter. Eine Befragte drückt ihr Bedürfnis nach einer Umgebung im Alter aus, die eine emotionale Heimat bietet: „I am tired of watching what I say in a group of straight people. I am very comfortable in a group of gay people. I don´t have to prove myself. I don´t have to explain myself. The whole idea of emotional comfort is there. If you want to hold hands, you hold hands. Nobody looks cross-eyed“ (S. 329). 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 16 1.3.4. Survey: `Lavender retirement’: A questionnaire survey of lesbian, gay and bisexual people’s accommodation plans for old age Unter dem Titel „Lavender Island: Portrait of the whole family“ wurde in Neuseeland eine landesweite, medial breit beworbene Studie unter LGB-Personen durchgeführt. Mit einem quantitativen Querschnitts-Survey-Design wurden ca. 2.270 TeilnehmerInnen erreicht. Wohnvorstellungen im Alter stellten einen der thematischen Schwerpunkt dar. Zum Zeitpunkt der Studie 2010 gab es in Neuseeland keine Wohn-, Betreuungs- oder Pflegeeinrichtung speziell für die Zielgruppe LGBT. Die Studienautoren Neville/ Henrickson verweisen auf Australien und die USA als fortschrittliche Länder in Bezug auf solche Angebote. Die RespondentInnen wurden speziell für den Fall gefragt, dass im Alter Pflegebedürftigkeit eintritt. Die Mehrheit beider Geschlechter wünscht sich im Pflegefall eine LGB-freundliche Einrichtung. Allgemeine bestehende Pflegeeinrichtungen werden am wenigsten favorisiert. Bevorzugte Wohnform im Fall von Pflegebedürftigkeit in % Frauen (n=1.007) Männer (n=1.218) LGB-freundliche Alten-/ Pflegeeinrichtung 59 52 Mobile Pflege im eigenen Heim 20 26 Allgemeine Alten-/ Pflegeeinrichtung 12 15 Andere Form 9 8 Quelle: vgl. Neville/ Henrickson 2010, S. 589 Signifikante Unterschiede zeigen sich nach Bildung und Einkommen. Frauen und Männer mit höherer Bildung bevorzugen signifikant häufiger spezifische Einrichtungen. Auch mit der Höhe des Einkommens steigt die Präferenz für ein zielgruppengerechtes Pflegeheim. Allgemein unterstreicht die Studie, dass Lesben und Schwule viel soziale Unterstützung aus der Community beziehen, wobei die Untersuchung zeigt, dass Frauen diese im Alter noch verstärkt suchen und finden. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 17 Neville/ Henrickson sprechen Empfehlungen für die Entwicklung von Angeboten aus: Pflege- und Betreuungsangebote der Zukunft orientieren sich verstärkt an den individuellen, persönlichen Bedürfnissen von KonsumentInnen. LGB-spezifische Angebote sollen deshalb unter Beratung von Fachleuten und Vertretungen der Community entwickelt werden. Im Altenfachbereich beschäftigte Personen bedürfen einer Sensibilisierung für die Themen Sexualität, Gender und Diskriminierung, die die Ausbildung leisten muss. Sie benötigen ein Bewusstsein für die multiplen Lebenslagen und Beziehungsformen von LGB-Personen, unter denen sich Singles, Paare, Verheiratete, Eltern befinden. Im Assessment-Prozess von KlientInnen bei der Aufnahme in eine Einrichtung können Fragen zur sexuellen Identität auf sensible Weise integriert werden. Pflegekräfte sollen geschult werden auf (Rechts-)Themen, die LGB-Personen in den letzten Lebensjahren und am Lebensende betreffen. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 18 1.3.5. Literaturstudie: Unique Challenges of Transgender Aging: Implications From the Literature Die Datenlage zu älteren Transgender-Personen ist besonders dünn. Persson (2009) beschreibt die Gruppe als „underserved and understudied“ und stellt fest, dass sie im Altersdiskurs und im Rechtsdiskurs mangelnde Berücksichtigung findet. Personen, die Geschlechterrollen überschreiten, sind in von einer besonderen sozialen Verwundbarkeit betroffen. Vielfach gehen sie einen schwierigen Lebensweg und erfahren familiäre Zurückweisung (in der Herkunftsfamilie oder durch eigene erwachsene Kinder) und Transfeindlichkeit im sozialen Umfeld und in Institutionen (am Arbeitsplatz; durch allgemeine Belästigung und Gewaltübergriffe). Von Seiten der Lesben- und Schwulenszene kann es zu Abgrenzungen gegenüber Transmännern und –frauen kommen, die weitere Ausschlusserfahrungen bedeuten und Transgender-Personen das Angebot der Community verschließen. Die Integration der betreffenden Personen in Transgender-Netzwerke ist eine wichtige Form der sozialen Unterstützung. Das Internet nimmt dabei einen wichtigen Stellenwert ein. Personen mit Trans-Identität sind in unterschiedlichen Lebensbereichen von komplexen Rechtsfragen betroffen (z.B. Ehe, Scheidung, Obsorgerecht), die eine zusätzliche Belastung in schwierigen Lebenslagen bedeuten können. Transgender-Personen sind im Alter einem erhöhten Risiko von Einsamkeit und Isolation, Altersarmut ausgesetzt. Bekannte Problemlagen sind weiters erhöhte Gesundheitsrisiken von Transmännern und –frauen im Alter, die mit den operativen Eingriffen einer Geschlechtsumwandlung und Hormontherapie einhergehen. Die gesundheitlichen Folgewirkungen sind nicht langfristig erforscht, anzunehmen ist aber eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für bestimmte Erkrankungen (z.B. Krebs, Herz- und Lebererkrankungen, psychische Krankheiten, Diabetes). Für Transgender-Personen können Arztbesuche eine Schwelle darstellen, da ihr TransgenderWesen von den Behandelnden mitunter als pathologisch eingestuft wird. Eine Strategie ist das Schweigen über die eigene Identität, wodurch es oft erst im (schwereren) Krankheitsfall zum „Outing“ kommt oder die Transidentität unerkannt bleibt. Im Gesundheits- und Pflegebereich Tätigen fehlt oft das Wissen und Bewusstsein dafür, dass die Geschlechtsmerkmale einer Person dem widersprechen können, wie sich diese Person fühlt. Be- 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 19 schäftigte im Altenfach bedürfen eines besonderen Training für Sex und Gender-Themen; ebenso müssen zielgruppenspezifische, transgendersensible Pflege- und Betreuungsangebote geschaffen und kommuniziert werden. Die Autorin verweist auf den US-amerikanischen Verband „FORGE“ für Transgender-Anliegen und -Rechte, der Unterlagen zur Sensibilisierung u.a. auch im Bereich Alter anbietet (http://forge-forward.org/). 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 20 1.4. Beispielprojekte Die Recherche ergab Einblick in Projekte unterschiedlicher Art: Neben Wohnprojekten wurden auch mobile sowie psychosoziale Angebote vorgefunden. Eine Auswahl wird im folgenden Abschnitt präsentiert. 1.4.1. rosaAlternative – Alten WG für schwule Männer (München) • Projekttyp: Barrierefreie Wohnung für sieben Mieter (ältere Schwule). Jeder Mieter schließt einen Mietvertrag mit der Münchner Aids-Hilfe Betriebs- und VerwaltungGmbH ab, der nicht an Betreuungsleistungen gekoppelt ist. Die Wahl der Hilfsanbieter kann individuell erfolgen. Ihren Ursprung nahm die Alten WG über die Beratungs- und Vernetzungsstelle rosaAlter der Münchner AIDS Hilfe, einer Anlaufstelle für ältere Lesben, Schwule und Transgender (50+). Die Ausrichtung auf schwule Männer argumentiert die AIDS Hilfe mit der Erfahrung, dass lesbische Frauen sich stärker selbst organisieren und keine Hilfe durch Institutionen brauchen (vgl. Hedtke 2010). • Träger: AIDS Hilfe München, als Förderer werden auf der Webseite genannt: Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen; Sozialreferat der Stadt München, Stiftung Antenne Bayern, ARD Fernsehlotterie, Bayerische Landesstiftung • Weblink: http://www.rosa-alter.de/wohnen.html 1.4.2. GLEH – Gay and Lesbian Elder Housing (California, USA) • Projekttyp: gemeinnütziges Wohnungsunternehmen für leistbares und soziales Wohnen mit Fokus auf LGBT-Senioren. Das erste Wohnhausprojekt „Triangle Square“ in Hollywood wurde 2007 eröffnet (104 Appartements). Es bietet vielfältige Gemeinschaftsräumlichkeiten und Community-Angebote, medizinische Versorgung und Angebote für Bewegung und Gesundheitsförderung im Haus. Weitere derartige Hausprojekte in Kalifornien und anderen Staaten sollen folgen. • Träger: Die Initiative „Altern in Würde“ der kalifornische Regierung hat im Jahr 2000 Geldmittel zur Förderung von alternativen Modellen der Altersversorgung (z.B. Alternativen zu 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 21 Pflegeheimen) ausgeschüttet. Die „Alliance for Diverse Aging Community Services“, später GLEH, hat die Förderung für ihr LGBT-spezifisches Projekt erhalten. Finanziers des ersten Wohnhauses der GLEH sind einerseits die öffentliche Hand (Housing Department der City of Los Angeles), ein Konsortium von sozialen Wohnungsunternehmen sowie SunAmerica (private Pensionsvorsorge). • Weblink: http://gleh.org 1.4.3. Villa anders, schwul-lesbisches Wohnen (Köln) • Projekttyp: gefördertes, queeres Mehrgenerationenwohnprojekt, in dem LGBT- wie auch heterosexuelle Personen wohnen. Ein dreistöckiges Wohnhaus mit 10 verschiedenen Wohnungstypen, die u.a. altersgerecht ausgestattet sind (von Singlewohnungen bis Gemeinschaftswohnungen mit Pflegebad, siehe http://www.villa-anders-koeln.de/wp- content/uploads/2012/03/Grundrisse-Villa-Anders.pdf). Der Verein schwul-Lesbisches Wohnen engagiert sich seit 2003 für ein gemeinschaftliches Wohnprojekt in Köln. Fachlich begleitet wird das Wohnprojekt durch das Rubicon Schwulen- und Lesben-Beratungszentrum und die dort tätigen NetzwerkkoordinatorInnen für ältere Lesben und Schwule. • Träger: Schwul-Lesbisches Wohnen (eingetragener Verein), Bauherr und Investor: GAG Immobilien AG • Weblink: http://www.villa-anders-koeln.de/ 1.4.4. Lebensort Vielfalt (Berlin) • Projekttyp: gemeinschaftliches Wohnprojekt mit 24 barrierefreien, 2011/12 neu sanierten Wohnungen für schwerpunktmäßig homosexuelle SeniorInnen (Belegung: 60% schwule Männer über 55, 20% jüngere schwule Männer, 20% Frauen oder heterosexuelle Männer), inklusive einer betreuten WG für pflegebedürftige schwule Männer. Vier Wohnungen sind Harzt-IV Empfängern vorbehalten. Die Schwulenberatung Berlin hat ihren Sitz im Haus, ebenso ein queeres Café-Restaurant. • Träger: Netzwerk anders Altern (Schwulenberatung Berlin). Finanzierung: Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin; Kredit und Spenden. • Weblink: http://www.lebensort-vielfalt.de/ 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 22 1.4.5. Frauenwohnprojekte [ro*sa] und Que[e]rbau (Wien) • Projekttyp: Diese Projekte sind nicht explizit für SeniorInnen konzipiert, unterstreichen aber den Generationenaspekt und die Barrierefreiheit. Unter dem Namen [ro*sa] wurden zwei geförderte Frauenwohnprojekte umgesetzt (Johanna Dohnal Haus, Anton-Sattler-Gasse 100, 1220 Wien; [ro*sa] Kalypso im Kabelwerk, 1120 Wien), ein weiteres auf den MautnerMarkoff-Gründen (1100 Wien) ist in Planung. Die Projekte wenden sich nicht allein an lesbischen Frauen; die Idee ist „ein gleichwertiges Zusammenleben von älteren und jüngeren Frauen, Kindern, PartnerInnen unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft. Es sollen vielfältige Beziehungen, und Lebensweisen in einer Hausgemeinschaft verwirklicht werden. Männer sind als Partner ausdrücklich willkommen geheißen; die Verträge werden jedoch mit den Frauen abgeschlossen“ (siehe Website Projekt Kalypso). In der Seestadt Aspern plant die „erste queere Baugruppe Wiens“ das Que[e]rbau-Stadthaus (Fertigstellung voraussichtlich Herbst 2015) für „alternative Familienformen, Menage à trois, Paare, Singles, Schwul, Lesbisch, Bi, Trans*, alle Generationen, Menschen mit besonderen Bedürfnissen, international“ (siehe Website). • Träger: Verein Frauenwohnprojekt [ro*sa] sowie Que[e]rbau Wien - Verein für gemeinschaftliches Bauen und Wohnen; Bauträger Johanna Dohnal Haus und Que[e]rbauStadthaus: WBV-GPA; für das [ro*sa]-Objekt in Simmering: BDN (Building Development Network Fleissner & Partner GmbH) • Weblinks1: http://www.frauenwohnprojekt.info/pages/kalypso.php, http://simmering.frauenwohnprojekt.info/, http://queerbau.mixxt.at/ 1 Eine umfassende Linksammlung zu Frauenwohnprojekten in Deutschland bietet www.frauenwohnprojekte.de/index.php?id=kriterien 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 23 1.4.6. Gay nursing (Zürich) • Projekttyp: unabhängiger, ambulanter Pflegedienstleister für LGBT-Personen, bestehend aus zwei diplomierten Pflegefachmännern (die Webseite gibt keinen Hinweis auf weitere MitarbeiterInnen). Gay Nursing ist Vertragspartner der örtlichen Krankenkassen; die Pflegekosten werden von diesen übernommen. Zu den angebotenen Pflegeleistungen zählen: Behandlungspflege, Grundpflege und Psychiatriepflege. Bei Bedarf werden zusätzliche Dienste wie Mahlzeitendienste, Haushaltshilfe, Transportdienste etc. an Patienten vermittelt. • Weblink: http://www.gaynursing.com 1.4.7. L.A. Ries-Huis – Seniorenwohn- und Pflegeprojekt für homosexuelle Männer und Frauen (Amsterdam) • Projekttyp: 1998 das erste lesbisch-schwule Wohnprojekt in Europa. Kleines Appartementhaus mit sieben Wohneinheiten, das selbständiges Wohnen ermöglicht. Das Wohnprojekt ist angegliedert an ein benachbartes Altenpflegeheim, das bei Gebrechlichkeit und im Krankheitsfall Hilfe gewährt, einschließlich einer Betreuung auf der Krankenstation des Pflegeheims bei vorübergehender Pflegebedürftigkeit. Auch in der Stadt Nijmegen bestand, orientiert am Ries-Huis, die Idee für sogenannte „Anlehnwohnungen“ für ältere Schwule und Lesben, also für selbständige Wohnungen, die räumlich neben einer Pflegeeinrichtung gelegen sind. • Träger: Mit den Mitteln des sozialen Wohnbaus erbaut. • Informationen: Kein Weblink; Interviews mit dem Gründer und mit einem Bewohner finden sich in: Wernicke, Harald in Zusammenarbeit mit dem Schwulen Museum Berlin (2002): Soziale Projekte für Lesben und Schwule im Alter aus den USA, Großbritannien, den Niederlanden und Schweden, S. 25f. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 24 1.4.8. SAGE Friendly Visitor Program (New York City) • Projekttyp: SAGE (Service and Advocacy for Gay, Lesbian, Bisexual and Transgender Elders) wurde 1977 gegründet und ist die älteste und weltweit größte Altenhilfeorganisation für ältere LGBT. Sie beschäftigt ca. 15 MitarbeiterInnen permanent (SozialarbeiterInnen, Verwaltung) und hat einen Freiwilligenstab von ca. 400 Personen. Für etwa 2000 LGBT-SeniorInnen stellt sie ein breites Angebot an sozialen und therapeutischen Diensten, Freiwilligenprogrammen sowie Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit bereit. Teil dessen ist der FreiwilligenBesuchsdienst „Friendly Visitor Program“, der von ausgewählten und geschulten Freiwilligen durchgeführt wird. Ein Besuch pro Woche bzw. die Begleitung zu Besorgungsgängen oder Veranstaltungen sowie Telefongespräche mit dem betreuten Klienten/ der betreuten Klientin gehören zum Programm. Die BesucherInnen und Besuchten werden einander nach Sympathie und gemeinsamen Interessensgebieten zugeordnet. Freiwillige Besuchsdienste für ältere LGBT existieren auch in europäischen Städten (z.B. „Rosa Paten“ in Frankfurt, „Mobiler Salon“ in Berlin, „One Small Step“ von Stonewall Housing, London). • Weblink: www.sageusa.org; http://www.sageusa.org/nyc/social-visitor.cfm 1.4.9. Schlussbemerkung Auffallend war im Zuge der Recherche die Reihe an Projekten, die nicht verwirklicht oder wieder eingestellt wurden (z.B. HOSI-Wohnprojekt für schwule und lesbische SeniorInnen in Linz, Wohnhaus des Vereins Village e.V. in Berlin, Pflegeeinrichtung AltenpfleGayheim in Frankfurt). Die genauen Gründe für die ausbleibende Realisierung sind häufig nicht transparent. Als Fazit liegt aber der Schluss nahe, dass derartige Projekte von der Idee zur Umsetzung ein außergewöhnliches, langfristiges Maß an Engagement von AktivistInnen erfordern. Sofern sie einen gemeinnützigen Anspruch verfolgen, sind sie ohne entsprechender öffentlicher und politischer Unterstützung sowie ohne privaten SponsorInnen oder SpenderInnen nicht umsetzbar. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 25 1.5. Fazit Welche wesentlichen Punkte lassen sich nun im Hinblick auf die Fragestellung der Studie und die weitere Erhebung ableiten? Aus der gesichteten Literatur ist ein besonderes Bedürfnis der LGBT-Community nach spezifischen Wohn-, Pflege- und Betreuungsangeboten für Ältere ableitbar. Ein diskriminierungsfreier Raum, in dem die eigene Identität angenommen wird, sind für die Gesundheit und Lebenszufriedenheit im Alter ausschlaggebend. „Herkömmlichen“ Einrichtungen wird diesbezüglich nur wenig vertraut; dort werden Diskriminierungen befürchtet. Angebote, die (auch) auf Schwule, Lesben und Transgender ausgerichtet sind und in denen u.a. auch LGBTPersonen betreuen/pflegen, werden stark befürwortet. Eine ausschließliche Ausrichtung auf LGBT in der Belegung und beim betreuenden Personal scheint zweitrangig. Höhere Bildungsund Einkommensschichten artikulieren das Bedürfnis nach zielgruppengerechter Betreuung noch stärker. Ein besonderer Bedarf für Betreuung und Pflege im Alter wird aus der Erkenntnis abgeleitet, dass ältere LGBT-Personen über weniger Familienunterstützung verfügen. Sie werden dafür häufig durch eine „Wahlfamilie“, einem Netzwerk aus FreundInnen und Bekannten, unterstützt. Für Transgender-Personen kann eine besondere Verwundbarkeit im Alter und dadurch ein erhöhter Bedarf festgestellt werden, insofern Transphobie noch stärker verbreitet ist als Homophobie und ältere Transgender auch besonderen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind (infolge möglicher Geschlechtsanpassungen). Bei existierenden Projekten können idealtypisch „Bottom up“-Projekte mit Ursprung in der Community und „Mainstream“-Projekte (bestehende Angebote und Einrichtungen, die sich „ex post“ für LGBT-Personen öffnen) unterschieden werden. Erstere sind meist ausschließlich an LGBT-Personen gerichtet, weshalb AutorInnen hier auf die Gefahr eine „Ghettoisierung“ hinweisen. Eine bewusste Integration von sowohl „Bottom up“- als auch MainstreamProjekten wird aus diesem Grund empfohlen. Die Umsetzung konkreter Projekte bedarf der bewussten Unterstützung und Förderung durch die Kommune und ihrer Akteure (z.B. gemeinnützige Wohnbauträger; Träger von Pflege- und Betreuungseinrichtung). Die Expertise 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 26 und Erfahrung der Community (z.B. von Verbänden und Vereinen) soll bei der Entwicklung von Projekten einfließen. Abgesehen von Einzelprojekten muss das Thema LGBT im Alter als Teil einer größeren politischen Agenda zur rechtlichen Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebensweisen verstanden werden. Häufig wird in der Literatur auch die Bedeutung einer besseren Schulung und Sensibilisierung von Pflege- und Betreuungspersonal in der Ausbildung betont. Dies betrifft den stärkeren Einbezug der Themen Sex und Gender in den Lehrplan von Ausbildungen im Pflege- und Gesundheitsbereich. Die Recherche hat gezeigt, dass unterschiedliche Beispielprojekte im Bereich LGBT und Alter existieren – vielfach mit Pilotcharakter. Die gebotene Darstellung zeigt eine Vielfalt an Projekttypen und Trägern. Die empirische Erhebung der Nachfrage nach lesbisch-schwulen Betreuungs- und Pflegeangeboten/–einrichtungen ist ein fruchtbarer Beitrag zur Konkretisierung des Bedarfs. Eine differenzierte Betrachtung nach den sozialen, ökonomischen und gesundheitlichen Lebenslagen älterer LGBT-Personen ist dabei zu empfehlen. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 27 2. Ergebnisse der qualitativen Interviews 2.1. Einleitung Der vorliegende Berichtsteil gibt die Ergebnisse aus dem Projektbaustein der qualitativen Interviews mit fünf Expert/innen und fünf LGBT-Personen wieder. Die Interviews wurden im Zeitraum November 2013 bis Jänner 2014 persönlich sowie in Einzelfällen telefonisch durchgeführt. Die Auswertung erfolgte anhand von Tonmitschnitten, die exzerpiert und im Fall von wörtlichen Zitaten im Detail transkribiert wurden. In einigen Fällen waren die befragten Männer und Frauen als LGBT-Aktivist/innen engagiert. Als solche brachten sie spezifisches Expert/innenwissen in die Interviews ein, das neben der eigenen Versorgungssituation im Alter einen teils sehr zentralen Platz in den Gesprächen einnahm. Vor diesem Hintergrund wurde die methodische Entscheidung getroffen, das Interview mit Ing. Angelika Frasl als – nicht anonymisiertes – Expertinnengespräch darzustellen, wozu Frau Frasl ihr Einverständnis gab. Folgende Expert/innen wurden in Abstimmung mit dem Auftraggeber für die Interviews ausgewählt: • Elisabeth Vlasich DSA, Psychotherapeutin und Beraterin in der Beratungsstelle Courage, Expertin für Transidentität, Leiterin der Transgender-Fachgruppe im Dachverband der Psychotherapeuten • MAS MSc Mag. Wolfgang Wilhelm, Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen der Stadt Wien • Michael Hartl, Heimhelfer Wiener Sozialdienste • Marcel de Groot, Geschäftsführer der Schwulenberatung Berlin, Mitbegründer des Mehrgenerationen-Wohnprojekts „Lebensort Vielfalt“ • DGKP Herbert Messinger Kari MSc, Case Manager Wiener Sozialdienste • Ing. Angelika Frasl, Aktivistin im Verein Trans Austria 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 28 Weiters standen vier schwule und lesbische Personen für ein Interview zur Verfügung: • Mann, Mitte 60, in Pension, freischaffend berufstätig, wohnhaft in Wien, lebt in einer privat gemieteten Wohnung, zieht mit seinem Partner in das „Stadthaus Queerbau“, ein Baugruppenprojekt in der Seestadt Aspern • Frau, 54, berufstätig, wohnhaft in Wien-Umgebung, lebt alleine in einem GenossenschaftsReihenhaus • Mann, 53, berufstätig, wohnhaft in Wien, lebt alleine in einer Genossenschaftswohnung • Frau, 50, berufstätig, wohnhaft in Wien, lebt mit ihrer Partnerin in einer privaten Mietwohnung Die Schilderung der Ergebnisse erfolgt anhand der im Leitfaden enthaltenen Themenblöcke, ergänzt um Inhalte, die von Gesprächspartner/innen darüber hinaus eingebracht wurden. Expert/inneninterviews und Interviews mit LGBT-Personen werden – je nach Art des Themas – integriert oder getrennt dargestellt. Es wird jedenfalls im Text darauf verwiesen, ob es sich um eine Aussage aus einem Expert/innen- oder anderen Interview handelt. Die Ergebnisse zum Aspekt Transgender/ Transidentität und Alter werden weitgehend getrennt beschrieben, weil sie sich vom Thema Homosexualität klar abgrenzen. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 29 2.2. Wohn- und Lebenssituation im Alter 2.2.1. Vorstellungen der LGBT-Personen zur Wohn-/Lebenssituation im Alter Die befragten Personen in ihren 50ern stellen zunächst mehrheitlich fest, sich noch wenig konkrete Gedanken zum eigenen Alter gemacht zu haben. Das Thema wird eher von außen an die Befragten herangetragen, teils durch Berichte in den Medien, durch Partner/innen oder nun durch das Interview im Rahmen der Befragung. Eine Befragte formuliert, dass aktuell weniger das eigene Alter vordergründig ist, sondern die Versorgung der Eltern. Für alle Interviewpartner/innen gilt es als gleichermaßen erstrebenswert, im Alter so lange wie finanziell und von der Gesundheits- und Versorgungssituation her möglich, in ihrer jetzigen Wohnung bzw. ihrem Haus wohnen zu bleiben. Dies wird einerseits als das eigene, persönliche Bedürfnis formuliert, aber auch als gesellschaftlicher Konsens: Der Trend gehe weg vom Alterheim, hin zur Selbständigkeit im Alter und mobilen Hilfeleistungen. Ein Befragter Mitte 60 hat mit seinem Partner konkret einen Umzug in das Baugruppenprojekt „Queerbau“ geplant. Er legt Wert darauf, dass dies als Mehrgenerationenprojekt konzipiert ist und kein Bau ist rein für alte Menschen, denn dies käme seiner Ansicht nach einem Altenwohnheim gleich: „Wir haben Ehepaare mit Kindern, alleinstehende Mütter, Lesbenpaare, schwule Paare, wir haben alt, wir haben jung, ich bin nicht der einzige Greis“. Das soziale Miteinander des Projekts könne auch die Versorgung im Alter erleichtern, zudem können mobile Pflegedienste in Anspruch genommen werden. Ungeachtet der sexuellen Orientierung sind die individuellen Wohnbedürfnisse im Alter ausschlaggebend für die eigene Planung, argumentiert eine Befragte. Wenngleich gemeinschaftlich organisierte Wohnprojekte wie „Queerbau“ objektiv wünschenswert seien, komme es für sie persönlich mehr darauf an, im Alter eine ruhige Wohnlage zu haben und Lärmbelästigungen auszuschließen. In einem Mehrgenerationen-Wohnprojekt sieht die Befragte das nicht als gesichert und bevorzugt ihre private, ungestörte Umgebung. Die Interviewpartner/innen wurden auch nach den Vorstellungen zum Alter von schwullesbischen bzw. transidenten Freund/innen und Bekannten gefragt. Eine Befragte schildert, dass 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 30 in ihrem sozialen Umfeld viele Lesben und Schwule die seit 1.1.2010 bestehende Möglichkeit der Verpartnerung genutzt haben und sich mit ihrem Partner/ihrer Partnerin gezielt etwas aufbauen, auch in Hinblick auf das Alter. In diesem Bestreben in den Paarbeziehungen beobachtet sie keinen Unterschied zu den heterosexuellen Ehepaaren im Bekannten- und Freundeskreis. Aus ihrer Sicht sind eher Alleinstehende mitunter von einer mangelnden finanziellen Absicherung im Alter betroffen. Auch im Freundes- und Bekanntenkreis gibt es den Wunsch, so lange wie möglich im eigenen Zuhause zu bleiben, so einer der befragten Männer: „Ich beobachte in meinem Bekanntenkreis, dass man in den eigenen vier Wänden bleiben möchte, so lange es geht, also genau so wie das sonst verbreiteterweise stattfindet. Das mag zum einen aus der eigenen Einstellung resultieren, dass man gerne in seinen eigenen vier Wänden bleiben möchte, das mag zum anderen auch daher rühren, dass es halt auch noch nicht viele Varianten oder Alternativen gibt. Gäbe es Alternativen, würde man vielleicht darüber nachdenken und dann wäre die eine oder andere Entscheidung vielleicht anders“. Der Befragte vermutet hier einen Zusammenhang zwischen den individuellen Bedürfnissen und dem Angebot; ein alternatives Angebot für das Alter könne auch alternative Wünsche und Bedürfnisse ermöglichen. 2.2.2. Expert/innensicht zur Wohn- und Lebenssituation im Alter Die Lebenssituation der verschiedenen Generationen von LGBT-Personen geht aufgrund unterschiedlicher Lebenserfahrungen im Laufe der Zeitgeschichte stark auseinander. Dieser bereits in der Desk Research beschriebene Generationeneffekt wird in seiner Bedeutung im Kontext des Alters von den befragten Expert/innen hervorgestrichen. Die heute offen lebenden Generationen sind mehrheitlich noch nicht „alt genug“, sich konkret mit ihrer Lebenssituation im Alter auseinanderzusetzen, vielmehr sind es andere Themen der Gleichstellung, die sie bewegen. Im Laufe der Zeit werde sich diese Altersgruppen stärker Gedanken machen und bewirken, dass das Thema LGBT und Alter mehr diskutiert wird: „Wenn die Leute, die jetzt noch in der Community sind, in 10 Jahren noch älter werden und das Thema Alter für sie ein spürbares wird, dass ist so die Generation, also das Gros der Menschen ist so im Alter plus minus 40, da ist gerade das Thema Regenbogenfamilien ein Großes, Stiefkindadoption, Kin- 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 31 der, Pflegekinder, also das Gros der Bewegten und mehr oder weniger offen Lebenden ist noch so im Elternalter, die sind noch nicht im Altenalter. Wenn diese Generation nachwächst, dann wird sich da auch was tun, dann wird’s mehr Gruppen geben dazu“ (Zitat Wilhelm). Bis vor 43 Jahren bestand in Österreich ein Totalverbot gleichgeschlechtlicher Beziehungen, dass die jetzt ältere LGBT-Generation mit Pflege- und Betreuungsbedarf geprägt hat. Man musste sein Beziehungsleben verstecken, mit der Angst, bestraft zu werden. Diese schwere psychische Belastung führte zum Suizid vieler Menschen. Hochbetagte haben die Zeit der Verfolgung und Internierung von Schwulen und Lesben im Nationalsozialismus miterlebt: „Die jetzt Alten sind alle im Totalverbot groß geworden, das bis 71 bestanden hat, das heißt, jeder der über 50 ist, hat das schon sehr bewusst mitbekommen, aber jeder 60 aufwärts hatte seine Pubertät schon mit dem Totalverbot erlebt, dass heißt, für diese Generation ist es enorm präsent, für einen jetzt 86Jährigen sind noch ganz andere Zeiten präsent“ (Zitat Wilhelm). Schwule und Lesben dieser Generationen sind häufig bis heute nicht oder nur gegenüber Personen geoutet, denen sie vertrauen. Wenn jemand aus dieser Generation in eine Einrichtung zieht, betrifft das Outing nicht nur das Pflegepersonal, sondern auch die Mitbewohner/innen mit denselben zeitgeschichtlichen Erfahrungen der Tabuisierung und dem Verbot von Homosexualität. Während Pfleger/innen grundsätzlich professionell agieren müssen, vermuten die Expert/innen bei den Mitbewohner/innen eher Ressentiments. In der psychosozialen Beratung der Wiener Antidiskriminierungsstelle kamen diesbezügliche Bedenken zur Sprache: „Ich hatte einen Klienten, der hat sich beraten mit mir, über 80-jährig, ging ins Heim, sehr gut noch beisammen, sehr fescher, charmanter Herr (…) er fürchtet sich vor den wahnsinnig vielen Frauen dort, was ja für heterosexuelle Männer schon mühsam ist, weil von der Statistik viel mehr Frauen da sind, aber für einen Schwulen, der sein Leben lang nicht geoutet war, das hat ihm ziemlich Kopfzerbrechen gemacht“ (Zitat Wilhelm). Der befragte Heimhelfer schildert, dass die Sensibilität für den Hintergrund und die Lebensgeschichte der Klient/innen allgemein den Umgang und die Betreuung erleichtert. Seine Erfahrung mit älteren homosexuellen Klient/innen zeigt, dass Offenheit im Umgang auch bei der älteren Generation Vertrauen stiftet. Er vermutet unter gleichgeschlechtlich orientierten Älteren durch ihre Lebenserfahrung ein Mehr an psychischer Belastung und Einsamkeit. Mit dem Outing von Klient/innen muss jedenfalls sensibel umgegangen werden: „Wenn jemand bekannt geben will, 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 32 dass er/sie schwul oder lesbisch ist, ist es ok, wenn nicht ist es auch ok, dann weiß ich es nicht“ (Zitat Hartl). Der Experte der Schwulenberatung Berlin berichtet, dass seit 10 Jahren eine Beratungs- und Gesprächsgruppe zum schwulen Alter existiert. Zuvor waren Ängste und Sorgen in der Einzelberatung thematisiert worden: Wie gehe ich und wie gehen andere im Pflegeheim mit meiner Homosexualität um? Werde ich einsam sein im Alter? Wie finde ich Leute, die die gleiche Erfahrung haben wie ich? Diese Gruppe war der Ausgangspunkt für die Idee des heute existierenden Mehrgenerationen-Wohnprojekts „Lebensort Vielfalt“. Im Gegensatz zu Deutschland, wo „Gay&Grey“-Gruppen und Vereine weiter verbreitet sind, bestehen in Wien aktuell keine Gruppen zum Thema LGBT und Alter, so der Experte der Antidiskriminierungsstelle. Eher würden die Menschen die Community verlassen, wenn sie älter werden; ab ca. 50 ziehen sie sich ins Private zurück: „Die Community in Wien ist doch ein Stück eine sexorientierte, Vereine haben den Sinn der sexuellen Szene, viele sind dem leid, wenn sie einen Partner haben und ziehen sich zurück, wohl auch ein gewisser Jugendkult, der in Wien ein Stückchen unbarmherziger ist als in anderen Städten. Ältere fühlen sich nicht mehr willkommen, das ist zu sehr auf Äußerlichkeiten orientiert“ (Zitat Wilhelm). Es bräuchte im Umkreis der HOSI, Rosalila Villa oder Beratungsstelle Courage Aktive, die für die ältere Zielgruppe etwas anbieten. Dies können sich auch aus dem Generationeneffekt heraus noch verstärkt ergeben, wenn die „Bewegten“ älter werden. Situation von Transgender-Personen Das Thema Transgender im Alter ist, wie das Thema Transgender allgemein, noch sehr jung, so die befragten Expertinnen. Diskriminierende Bestimmungen wie der Operations- und Scheidungszwang vor der Personenstands- und Namensänderung sind erst seit 2009 bzw. 2006 aufgehoben. Transmännern und –frauen ist es nunmehr möglich, auch ohne operativen Eingriff ihr Geschlecht zu ändern. Die Bereitschaft zur Operation wird von den Expertinnen dennoch als weiterhin hoch eingeschätzt: „Ich bin mir nicht sicher, ob es ein so dramatisches Wegkommen von OPs sein wird, wenn ich mir auch die junge Generation anschau“ (Zitat Vlasich). Studien haben ergeben, dass es doppelt so viele operationswillige Mann zu Frau-Transidente gibt als Frau zu 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 33 Mann, so Expertin Frasl. Die mangelnde medizinische Expertise mit Frau zu Mann-Operationen in Österreich spiele dabei eine Rolle. Es verbleibt ein bestimmter Anteil von nicht-operierten Personen, die gegengeschlechtliche Hormone nehmen und ihre Geschlechtsidentität wechseln. Ob dieser Anteil in Zukunft steigen wird, ist für die Expertinnen offen. In Summe lassen sich drei Formen von Transgender-/ Transidentität unterscheiden, wobei die Expertin Frasl betont, dass die Grenzen fließend sind: • operierte Transidente: operierte Transfrauen und Transmänner, die körperlich und rechtlich einem Geschlecht angehören, • nicht-operierte Transidente: nicht-operierte Transfrauen und Transmänner, die das andere Geschlecht angenommen haben und gegengeschlechtliche Hormone nehmen sowie • Transvestiten, die sich zwar laufend im anderen Geschlecht kleiden, aber keine hormonelle oder operative Therapie vornehmen und auch ihren Personenstand nicht ändern. Für betreuendes Personal gibt es vor allem in Bezug auf die zweite und dritte Gruppe Aufklärungsbedarf und Sensibilisierung. Es brauche hier eine „Schulung der Mitarbeiter, dass die wissen, dass es das auch gibt; das betrifft Operierte und Nicht-Operierte; Jede und Jeder sollte jedenfalls nach ihrem oder seinem zugehörigen Empfinden gepflegt werden“ (Zitat Frasl). Es bedarf einer Normalität in der Behandlung von Pflegefällen; die Hormontherapie ist lebenslang und muss vom Fachpersonal fortgeführt werden, wenn die Menschen das nicht mehr selbständig machen können. Allgemein ist wichtig zu beachten, dass das wiederholte Outing gegenüber dem behandelnden Personal im medizinisch-ärztlichen Kontext für Transgender-Personen belastend sein kann. Befragt nach den psychosozialen Aspekten von Transidentität und Alter identifiziert die Expertin der Beratungsstelle Courage zunächst allgemein mehrere unterschiedliche Lebensmuster. Grundsätzlich seien Transmänner häufig gut sozial integriert, sie finden leichter Partner/innen und leben häufiger in Beziehungen. Transfrauen seien aus psychosozialer Sicht eher die Risikogruppe, da sie in der Gesellschaft stärker auffallen und stärker von Transphobie betroffen sind. Die oft hohen Erwartungen an die Zeit nach der geschlechtsanpassenden Operation, das „neue 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 34 Leben“ im anderen Geschlecht (z.B. neue Beziehungen, Familiengründung), werden mitunter enttäuscht und führen auch schon bei 40-jährigen zu verstärkter Einsamkeit. Vielfach ist die Normalität und Akzeptanz im Identitätsgeschlecht der größte Wunsch. Für diese Normalisierung existiert der englische Begriff „stealth“, der mit „getarnt“ oder „unerkannt“ übersetzt werden kann, also ein vollständiges Leben im neuen Geschlecht. Der Kontakt mit anderen Transgender-Personen über die „Szene“ ist oft nicht Bestandteil dieses Lebensentwurfs: „Von den Patient/innen, die bei mir sind, sagt der Großteil: „Die Gesellschaft ist das draußen und in der lebe ich und dort will ich auch einfach wahrgenommen werden und ich will gar nichts mit der Community zu tun haben““ (Zitat Vlasich). Auch gibt es verheiratete Transidente, die nach der operativen Geschlechtsanpassung in ihrer Partnerschaft bleiben und Familie haben (der Scheidungszwang als Bedingung für die Personenstandsänderung wurde in Österreich 2006 aufgehoben). Ein gewisser Anteil, aber dies ist eher die Minderheit, ist stärker in der Szene integriert: „Dann gibt’s natürlich einige, die angewiesen sind ein Stück weit auf die Community, weil sie sich halt einsam fühlen, weil sie nicht zurechtkommen mit der Gesellschaft, mit ihrem Leben“ (Zitat Vlasich). Bei diesen Personen ohne familiären und partnerschaftlichen Rückhalt kann die Einsamkeit im Alter verstärkt zum Tragen kommen. Wie bereits für Schwule und Lesben beschrieben, gibt es auch im Transgenderbereich einen Generationeneffekt. Die Situation ist durch die Veränderungen in der Rechtslage und neue medizinische Möglichkeiten stark im Wandel: „Die Frage was ist Transvestismus, was ist Transsexualität, was ist Transgender, was ist Intersexualität, das ist sehr in Aufweichung ja und ich glaube, dass sich die Transgender-Generation in 10 Jahren zur jetzigen noch einmal deutlicher unterscheiden wird als die jetzige Lesben- und Schwulen-Generation zur nächsten, weil das einfach ein neues Thema ist, wo momentan vieles im Aufbruch ist, die Neuregelung der ganzen Therapiegeschichten, welche Therapie verlangt wird, wo auch die OP-Techniken sich rapide entwickeln derzeit“ (Zitat Wilhelm). Für die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Lebenslagen braucht es ein Bewusstsein im Bereich Pflege und Betreuung. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 35 2.3. Beurteilung verschiedener Angebote und Einschätzung der Nachfrage 2.3.1. Einschätzung der befragten LGBT-Personen Die befragten Personen wurden gebeten, unterschiedliche Formen von Wohn-/ Pflege- und Betreuungseinrichtungen zu beurteilen. Im Zentrum stand die Frage nach „spezialisierten“ Angeboten für LGBT-Personen versus „gemischten“ Angeboten sowie die Bandbreite von Wohnprojekten, Alten-WGs und mobilen Pflegediensten. Gefragt wurde nach dem allgemeinen Interesse für derartige Angebote und danach, wie ein Angebot gestaltet sein müsste, das die Befragten in Anspruch nehmen würden. Wohnprojekte – der „Tropfen auf den heißen Stein“ Alle befragten Personen hatten von einem oder mehreren Frauen- oder queeren Wohnbauprojekten in Wien gehört (Frauenwohnprojekt ro*sa, Queerbau). Das Projekt Queerbau wird als Pilotprojekt wahrgenommen und mit Interesse verfolgt. Es ist eine erste Form des Wohnangebots, wenn auch mit nur 28 Wohnungen, für gemischte Altersgruppen und mit noch vagen Angaben zu den Kosten und wird insofern von zwei Befragten als „Tropfen auf den heißen Stein“ bezeichnet. Der Symbol- und „Versuchscharakter“ wird durchgängig begrüßt, wenngleich man weiter beobachten will, wie sich dieses und derartige ähnliche Projekte in Zukunft bewähren. Die Vorstellung einer Nachbarschaft mit mehreren Generationen wird einerseits sehr positiv bewertet, andererseits wird vor romantisierenden Vorstellungen einer Gemeinschaft und gegenseitigen Hilfe „gewarnt“. Der offene und gemischte Charakter in der Belegung des Hauses wird begrüßt. Eine Befragte unterstreicht, dass bei derartigen Projekten keinesfalls der Eindruck eines Ghettos entstehen darf: „Ich bin absolut dagegen, dass man sagt, ich mach jetzt einen LGBT-Bau, gegen das hätte ich was, weil aus welchem Grund muss man sich abschotten (…) dann ist das nur auf diesen Kreis fixiert“. Wohngemeinschaften für Ältere – „Kontrast zum klassischen Pensionistenheim“ In Abgrenzung zum allgemeinen Begriff „Wohnprojekt“ wird eine „Wohngemeinschaft“ für Ältere hier als eine Form verstanden, in der es, neben getrennten Wohneinheiten für die Bewohner/innen, gemeinschaftliche Räumlichkeiten gibt. Die Ausrichtung ist speziell auf Ältere fokussiert (Barrierefreiheit, Service, Pflege- und Betreuungsangebot). 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 36 Der Vorteil einer Wohngemeinschaft kann sein, die Kosten niedrig zu halten, wie eine Befragte herausstreicht: Für LGBT-Personen ohne partnerschaftliche Absicherung besteht im Alter und bei Krankheit die „Gefahr, zum Sozialfall zu werden“. Dieses Angebot ist insofern besonders für Alleinstehende eine Möglichkeit. Die Entscheidung, in eine WG einzutreten, ist für Personen, die länger alleine und vielleicht bewusst anonym gelebt haben, eine große Umstellung, die sich letztlich aber mit geänderten Bedürfnissen treffen kann, wie ein Befragter formuliert: „Das würde ein Umdenken und Umgewöhnen bedingen, aber es könnte sein, dass ich einmal in die Situation komme, wo ich vielleicht ganz gerne umdenke und sich herausstellt, oje, dieser Lebensstil, den ich im mittleren Alter in meiner Wohnanlage gehabt habe, lässt sich in dieser Form nicht mehr fortsetzen“. Wird eine WG für Ältere bezogen, so ist dies ein großer und endgültiger Schritt, dem ein intensiver Entscheidungsprozess vorangeht: „Es muss ein starkes Bedürfnis sein, dass ich in eine Gemeinschaft gehe und nicht eine Heimhilfe zu mir in die Wohnung kommt (…). Die eigene Wohnung zu verlassen, nämlich zum letzten Mal zu verlassen ist ein sehr radikaler und sehr schwieriger Schritt, darüber denkt man lang nach“. Sollte ein Verbleib in der eigenen Wohnung nicht mehr möglich sein, so eine Befragte, würde sie sich, in Abgrenzung zu herkömmlichen Altenheimen, ein „urbanes Zusammenwohnen im Sinne einer Community mit denselben Bedürfnissen“ wünschen: „so als gemeinsame Wohnsituation, wo man sich gegenseitig hilft, wo man gewisse Räume gemeinsam nützt und dass irgendwie diese Nähe auch wenns für manche ein bisschen schwieriger wird, man auch positiv nützt und trotzdem gemeinsam noch viel Lebensfreude hat, ob das dann nur Homosexuelle sind oder ob das generell ein offeneres Haus ist, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, aber grundsätzlich stell ich mir das als positiven Kontrast vor so zum klassischen Pensionistenheim“. Mobile Dienste – „Pflege von informierten Pfleger/innen“ Eine zukünftige „gay-friendly“ Ausrichtung von mobilen Pflege- und Betreuungsdiensten stößt bei den Befragten auf sehr gute Resonanz. Dieses Angebot wird allem voran als realistisch für eine niederschwellige, flächendeckende Versorgung eingeschätzt und passt mit dem Wunsch zusammen, die eigene Wohnung nicht aufgeben zu müssen: „Ich wäre froh, wenn es so was überhaupt gäbe, ich kaprizier mich in keiner Weise auf eine Wohngemeinschaft (…) ich stell mir das 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 37 zwar recht schön vor in der Phantasie, wie das in der Realität ist, würde sich dann zeigen“. Ein Befragter verwendet für das schwulen- und lesbenfreundliche Angebot den Begriff der „informierten Pflege“: „so Wohnprojekte, es ist schön und wichtig, dass es ein paar gibt, aber die Pflege von informierten Pflegerinnen und Pflegern, das ist vielleicht der Kern der Sache“. Zur Einschätzung der Nachfrage Die Befragten nehmen wohlwollend wahr, dass aktuell Bewegung in das Thema LGBT und Alter kommt. Sie begrüßen Angebote aller genannten Formen, da diese sich in der Praxis beweisen und in weiterer Folge ausdifferenzieren können. Die Nachfrage in der Community wird als sehr gut und künftig steigend eingeschätzt. Eine Befragte schätzt das Nutzungspotential auch bei nicht offen lebenden LGBT-Personen hoch ein, „weil es unter den Homosexuellen, Transsexuellen und Intersexuellen nach wie vor viele Leute gibt, die Angst haben vor der Öffentlichkeit und da denk ich mir, wenn die wissen „Pflege unterm Regenbogen“ da schaut mich keiner schief an (…) aus diesem Grund wird das sicher sehr gut angenommen werden“. 2.3.2. Einschätzung der Expert/innen Experte Messinger von den Wiener Sozialdiensten spricht sich für ein vielfältiges Angebot für LGBT-Personen im Alter aus. Sowohl unterschiedliche baulich-räumliche bzw. mobile Formen, als auch unterschiedliche Zusammensetzungen der Zielgruppen (z.B. queer, „gay friendly“, nur schwul, nur lesbisch) wären wichtig, um die Bedürfnisse abzudecken. Der Experte der AntiDiskriminierungsstelle Wien grenzt Wien von Berlin ab, was das Realisierungspotential für Wohnprojekte wie „Lebensort Vielfalt“ betrifft. In Wien existieren (noch) keine Gruppen, aus denen heraus sich ein solches Projekt entwickeln würde und die Institutionen der Berliner Szene wie die Schwulenberatung sind von den Ressourcen her ungleich größer, so Wilhelm. Er empfiehlt, die Ressourcen prioritär flächendeckend in Wien in ein breitenwirksames LGBT-Angebot aller Altenbetreuungsorganisationen zu investieren. Aus einem ökonomischen Aspekt heraus sollten bestehende Strukturen der Pflegedienste genutzt werden und ein LGBT-sensibles Angebot aufgebaut werden. Dies mache mehr Sinn, als einen weiteren Anbieter zu schaffen, der mit den Existierenden in Konkurrenz tritt. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 38 Der befragte Heimhelfer Herr Hartl betont, dass in der Praxis offene, aber auch verdeckt gelebte Homosexualität vorkommt. Um Diskretion zu garantieren, befürwortet er ein anonymes Beratungsangebot, wie es „Pflege unterm Regenbogen“ der Wiener Sozialdienste anbietet. Wenn „Pflege unterm Regenbogen“ mehr Bekanntheit erreicht, könnte die Anzahl der Klient/innen steigen, die sich zwecks Beratung direkt an den Anbieter wenden: „Wenn der/die Betroffene zu uns kommt, weil er/sie sieht, wir sind gay-friendly, wir bieten das an, dann wird er/sie von uns betreut, und der Fonds Soziales Wien wird nur deshalb eingeschalten, weil es da um Förderungsbeiträge geht, aber er kriegt keine weitere Information als „Herr Meier, Frau Müller wird von uns betreut“ (Zitat Messinger). Findet der Erstkontakt über den Fonds Soziales Wien statt, ist auch hier eine sensible Gesprächsführung Bedingung für eine bedürfnisgerechte Vermittlung, erläutert Messinger: „Es kommt die Betreuungsperson vom Fonds Soziales Wien und macht die Erstbegutachtung. Da müsste schon eine gewisse Beratungsschiene sein, dass die sagen „Ich bin dafür da, dass ich eine Pflege und Betreuung finde, die für Sie adäquat ist. Das als Eröffnung zu sagen, signalisiert schon in diesem ersten Moment: Ich bin offen für alles und ich versuche dir so zu helfen, dass du adäquat leben kannst. Und dann zu sagen: Schauen Sie, die Stadt Wien bietet an… wir haben mehrere Institutionen in Wien, die Hauskrankenpflege anbieten […] Dass ich dann sage, welchen Pflegebedarf haben Sie, wo haben Sie Probleme und schon auch auf das Thema Partnerschaft ansprechen“ (Zitat Messinger). Eine geschlechtsneutrale Formulierung könne einer offen Ansprache des Themas dienen: „Leben Sie in einer Ehe oder haben Sie einen Partner oder eine Partnerin? (…) Es kommt immer eine Reaktion (…) wenn ich selbst nicht sage, ich lebe mit einem Partner oder ich habe einen Mann oder eine Frau, wie auch immer, dann kann ich es aufgrund der Reaktion sicherlich deuten, man kann es nicht verstecken im Prinzip und ich glaube, wenn mich ein Mensch direkt anspricht, wo ich eher eine Person bin, die versteckt lebt, und jetzt frage ich „Leben Sie mit einer Frau oder einem Mann zusammen?“, diese Fragestellung bedeutet für diejenige Person „Aha, das ist jemand, der Verständnis hat unter Umständen, da sage ich eher, ja, ich habe einen Mann oder ich habe eine Frau, und ich glaube, da ist schon mal der erste Kontakt ganz wichtig, weil das entscheidet dann eigentlich, wo geht die Richtung hin“ (Zitat Messinger). 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 39 Zur Einschätzung der Nachfrage Eine Etablierung des „Pflege unterm Regenbogen“-Angebots würde auch eine entsprechende Nachfrage generieren, schätzen die Experten Messinger und Hartl von den Wiener Sozialdiensten. Das Vertrauen in das Angebot und die Bekanntheit durch Inserate oder Infoveranstaltungen zu steigern, sei das aktuelle Ziel. Die Nachfrage nach den Wohnungen im „Lebensort Vielfalt“ in Berlin, das mittlerweile eine längere Warteliste hat, hat sich durch erste positive Erfahrungen und Mundpropaganda etabliert, so der Experte der Schwulenberatung Berlin. Parallel dazu ist das – anfangs eingeschränkte – Interesse der Öffentlichkeit stark angewachsen. Die Nachfrage und den Bedarf für eine eigene Alteneinrichtung für Transgender-Personen sehen die befragten Expertinnen nicht gegeben. Durch das starke Bedürfnis nach gesellschaftlicher Integration und der losen Bindung an eine Szene fehlt hier die Grundlage. Diskussionen im Verein TransX über ein eigenes Angebot kommentiert die Expertin: „Wieso wollt ihr ein Ghetto haben? Das wäre dann das Heim, das sind alles Transidente, dann gibt’s daneben das Altersheim für Greti und Pleti und die sagen „Ja, aber die dort“ (…) ein Miteinander ist etwas Besseres als eine Ausgrenzung und das erleb ich als eine Ausgrenzung, wie sollen dann die anderen Menschen lernen damit umzugehen, egal ob alt oder jung, wenn die sich selber ausgrenzen damit“ (Zitat Vlasich). Im Rahmen einer „informierten Pflege“ gehe es hier wiederum um eine Aufklärung von Heimhilfen und Altenpflegepersonal über transgender Lebensweisen. „Je besser man eine Sache kennt, desto weniger Angst hat man davor und umso unbedarfter geht man damit um. Wenn ich unsicher bin, kann ich vieles kaputt machen, nicht aus Böswilligkeit heraus, sondern aus der eigenen Unsicherheit. Selbst wenn dieser Mensch hundertmal keine Personenstandsänderung hat, wenn er sich weiblich fühlt, dann ist schon vieles gewonnen, ihn als Frau anzusprechen, kommens Frau Meier, jetzt machen wir das, egal was in den Ausweisen oder in der Kartei steht, da ist schon sehr vieles gewonnen, weil wenn ich penetrant Herr Meier sag und noch sag „Das steht ja da so“, dann ist die Person schon verstört“ (Zitat Frasl). 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 40 2.4. Exkurs: Wohnprojekt „Lebensort Vielfalt“ Das Mehrgenerationen-Wohnprojekt „Lebensort Vielfalt“ der Schwulenberatung Berlin wurde 2012 eröffnet. Der Geschäftsführer des Trägers Marcel De Groot gab im Interview einen ausführlichen Einblick in den Entstehungsprozess und die Erfahrungen im Projekt. Wenngleich die befragten Expert/innen aus Wien betonen, dass sich Berlin von der Größe der Szene und Vielzahl der Institutionen her deutlich von Wien unterscheidet und die Realisierung eines ähnlichen Projekts ressourcentechnisch schwierig wäre, soll dieses Berliner Projekt als Referenz näher beschrieben werden. Der „Lebensort Vielfalt“ verfügt über 24 Wohnungen inkl. Gemeinschaftsraum im Erdgeschoß und eine Altenpflege-WG für 8 Personen. Zusätzlich zum Wohnraum beherbergt das Haus ein Café-Restaurant und Büroräumlichkeiten der Schwulenberatung. Das Konzept ist nicht nur auf das Wohnen beschränkt, wie De Groot schildert; vielmehr liegt seine Stärke in der Vereinigung der Säulen Wohnen, Pflege, Beschäftigung (die Gastronomie wird als sozialökonomisches Beschäftigungsprojekt geführt) und Gastronomieangebot. Für den Hauptsponsor, die Lottostiftung Berlin, hat dieses Konzept den Ausschlag für die Förderung gegeben. Wohnraum alleine wollte die Stiftung nicht finanzieren, das Modellprojekt im Gesamten wurde jedoch für unterstützenswert erachtet. Insgesamt setzte sich die Finanzierung aus der Spende der Lottostiftung, einem Kredit der Bank für Sozialwirtschaft und kleineren Darlehen der Mieter/innen zusammen. Mehrere Banken hatten zuvor die Finanzierung abgelehnt, da die Schwulenberatung über keine Erfahrungen mit der Errichtung von Wohnraum verfügte. Ausgehend von der Gesprächsgruppe für Schwule im Alter wurde der Bedarf für ein Wohnprojekt festgestellt. Nachdem zuvor ergebnislos nach Angeboten für Schwule in Altersheimen recherchiert wurde, entschied man, selbst eine Struktur zu schaffen. Die Gesprächsgruppe und ein ebenfalls bestehender Besuchsdienst wurden als nicht mehr ausreichend für die Versorgung der Älteren erachtet. Ein leerstehendes Haus unweit der Zentrale der Schwulenberatung, zuvor im Eigentum des Bezirks, wurde als Objekt ausgewählt und zum Kauf angefragt. Nach entsprechender Lobbyarbeit im Bezirk und mit der Unterstützung des Bezirksparlaments konnte der Ankauf erfolgreich verhandelt werden. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 41 Für das Sponsor-Ansuchen bei der Lottostiftung mussten eine Kostenschätzung für den Umbau, eine Baugenehmigung sowie ein Finanzierungsplan vorgelegt werden. Die Bank für Sozialwirtschaft verlangte u. a. eine vorläufige Liste der künftigen Mieter/innen. Die Lottostiftung Berlin hatte zuvor schon das Beratungsangebot der Schwulenberatung für Ältere finanziell unterstützt, kannte also bereits die Arbeit der Organisation. Die in der Schätzung angegebenen Kosten wurden um weite Beträge überschritten, die Lottostiftung konnte allerdings auch für die Deckung der Zusatzkosten gewonnen werden. Der Planungsprozess für den Umbau erfolgte unter engem Einbezug der Interessenten im Umfeld der Gesprächsgruppe. Standen zunächst eher romantisierende Vorstellungen von einer „Hippie-WG“ mit möglichst viel gemeinschaftlicher Anbindung im Vordergrund, so wurden im Laufe der Planung eigene Wohnungen immer wichtiger. Die Höhe der Miete sorgte für heftige Diskussionen bzw. Beschwerden bei den künftigen Mieter/innen – einige Interessenten sprangen mangels Leistbarkeit noch im Vorfeld ab. Die aktuellen Mietkosten belaufen sich auf 8,60 Eur pro m2. Auch knapp vor Bezug gab es von einigen Personen einen Rückzug, die sich schließlich vom Umzug und Verlassen ihrer Wohnung überfordert fühlten. Von der ersten Idee bis zur Besiedelung gab es zwar einen „harten Kern“ von Beteiligten, aber auch eine gewisse Fluktuation, je konkreter das Projekt wurde. Viele Beteiligte waren vor Bezug sehr nervös und aufgeregt. Der Generationenaspekt ist im Projekt ebenso wichtig wie die gemischte Belegung, so De Groot. Die Bewohner/innen-Zusammensetzung folgt einer Quote von 60% älteren Schwulen und 20% jüngeren Schwulen; weitere 20% der Wohnungen werden von Frauen bewohnt. Neben 3 Paaren leben 21 Alleinlebende im Lebensort Vielfalt. Jede weitere Vergabe erfolgt, neben der Quote, durch eine Art Punktesystem (die Teilnahme am Gesprächskreis und ein ehrenamtliches Engagement sind Pluspunkte). Momentan besteht eine Warteliste von 250 Personen. Die Pflege-WG ist für 8 Personen eingerichtet und wird von einem kooperierenden Sozialdienst 24h pro Tag betreut. Neben dem Pflegepersonal gibt es auch einen Sozialarbeiter (eine halbe Stelle), der für die Bewohner/innen da ist und z.B. bürokratische Dinge oder einen Einkauf erledigt. Auf einer Fläche von 250m2 sind die Bewohner/innen-Zimmer, eine große Gemeinschafts- 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 42 küche und ein Wohnzimmer untergebracht. Es werden nur Personen einer bestimmten Pflegestufe angenommen. Das Projekt ist seid 1,5 Jahren besiedelt und das Bewohner-Feedback ist gut. Durch das Leben in der Gemeinschaft haben Mieter/innen an sich bemerkt, dass sie offener geworden sind, so De Groot. Sie haben rückgemeldet, ihre Entscheidung zum Einzug nicht bereut zu haben. Durch eine Förderung für Arbeit im Altenbereich vom Land Berlin beschäftigt die Schwulenberatung einen Mitarbeiter, der zuständig ist für das Begleiten der Hausgemeinschaft und weiters für die Ausbildung der Mitarbeiter/innen des ehrenamtlichen Besuchsdiensts. Die Mieter/innen sind für bestimmte Aufgaben in der Gemeinschaft verantwortlich. Es besteht ein Mieterplenum, dass der Mitarbeiter der Schwulenhilfe moderiert, wo Interessen und Konflikte behandelt werden. Gefragt nach den Widerständen, die es gegen das Projekt gab, erwähnt der Experte, dass es in der Organisation der Schwulenberatung viele Sorgen um die Finanzierung und um Stellenstreichungen durch das abgezogene Budget für das Wohnprojekt gab. Weiters gab es interne Bedenken, ein „Ghetto“ zu kreieren. In seiner Form als Angebot mit leistbaren Mietwohnungen ist der Lebensort Vielfalt allerdings ein Pilotprojekt, das auch Senior/innen mit kleiner Rente oder Sozialhilfeempfänger/innen abdeckt. Als solches hat es viele Unterstützer von außen überzeugt. Marcel De Groot rät für die Umsetzung eines Wohnprojekts zu einem langen Atem. Die anfängliche Herangehensweise an den „Lebensort Vielfalt“ bezeichnet er selbst als „ein wenig naiv“. Es bedurfte eines breiten Netzwerks an Expert/innen und Berater/innen verschiedener Disziplinen (Recht, Architektur) und der entsprechenden politischen Unterstützung zur Umsetzung. Eine zentrale Koordination und Steuerung des Prozesses sei essentiell. Nach anfänglicher Skepsis von verschiedenen Seiten funktioniert das Projekt nun und wird dadurch für Interessent/innen und für die Öffentlichkeit attraktiv. Der Bedarf für die Wohn- und Pflegeversorgung von LGBT im Alter ist in Berlin jedenfalls da und gehört, neben Wohnprojekten wie diesem, auch anderweitig abgedeckt: „Auch andere Heime müssen sich öffnen für die Zielgruppe und sagen, sie wollen auch, dass bei ihnen schwule und lesbische Menschen sichtbar sein können, also das ist nach wie vor sinnvoll, dass dieser Weg auch eingeschlagen wird“ (Zitat De Groot). 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 43 2.5. Empfehlungen für Angebote im Bereich Wohnen, Pflege und Betreuung von LGBT im Alter Das vorderste Ziel sollte sein, eine Angebotsstruktur zu schaffen, die LGBT-Personen im Alter integriert. Der Aufbau einer ausschließlich getrennten Struktur wäre langfristig gesellschaftspolitisch bedenklich, vielmehr muss an einem gesellschaftlichen Klima gearbeitet werden, in dem Jede/r seine/ihre sexuelle Orientierung ohne Probleme thematisieren kann. Ein erster wesentlicher Beitrag wäre die Integration von LGBT-Themen in die Ausbildung von Altenpflege- und Heimhilfeberufen. Dies besteht in Wien im Bereich der Krankenpflegerausbildung bereits in Form einer von der Wiener Antidiskrimiminerungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen angebotenen Seminars während der Ausbildung (abgehalten vom befragten Experten Wilhelm). Eine fixe und flächendeckende Übernahme dessen für alle pflegerelevanten Berufsausbildungen wäre das Ziel, wofür auch entsprechende Ressourcen bereitgestellt werden müssten. Der Verein Trans-Austria, so Expertin Frasl, würde diesbezüglich seine Unterstützung für Schulungen im Transgender-Bereich anbieten. Durch den beschriebenen Generationeneffekt sind allerdings noch Zwischenschritte notwendig, die die Einstellungen und Lebenserfahrungen der momentanen Alterskohorte berücksichtigen. Mittelfristig eignen sich die folgenden Maßnahmen, um das Thema sichtbar zu machen und Erfahrungswerte zu generieren: Die Entwicklung einer „gay-friendly“-Pflege- und Betreuungsschiene: Eine Angebotsschiene wie Pflege unterm Regenbogen wird von allen Befragten befürwortet. Sie kann den Klient/innen die Sicherheit geben, diskret und ihren Bedürfnissen entsprechend behandelt zu werden. Dass die Pfleger/innen selbst schwul- oder lesbisch sind, wird großteils nicht als relevant befunden, es kann aber die Kommunikation erleichtern. Wichtig ist vor allem, dass man sich bewusst für einen Mann oder eine Frau als Pfleger/in entscheiden kann und dass diese/r eine offene Einstellung mitbringt. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 44 Diversität im Personalbereich: Die „gay-friendly“-Betreuungsschiene kann auch bewirken, dass sich Pfleger/innen und Heimhelfer/innen, die selbst schwul-lesbisch sind oder gerne mit LGBT-Personen arbeiten würden, eher dort bewerben. Die Diversität im Personalbereich zu verstärken wäre insofern für die Anbieter von Dienstleistungen empfehlenswert. Bereits im Aufnahmeverfahren der Ausbildungen sollte Diversität ein Aufnahmekriterium sein. Wie eine Expertin schildert, ist dies in Bezug auf Transfrauen nicht immer der Fall: „Bei der Ausbildung zur Heimhilfe werden, obwohl diese Berufe gebraucht werden, nicht immer unbedingt Transfrauen genommen, weil sie für die zu auffällig sind… Die Patienten würden sich vor ihnen schrecken, erzählen manche dann als Feedback, dass sie bekommen. Weiß ich nicht, ob sie sich schrecken würden, kommt wahrscheinlich darauf an, wie man sie den Patienten vorstellt“ (Zitat Vlasich). Diskriminierungen wie diese hindern Transfrauen an der beruflichen Integration und sind jedenfalls zu vermeiden. Wohngemeinschaften: Auch Wohngemeinschaften können „gay-friendly“ sein, in dem der Träger die Belegung in diese Richtung steuert. Wenn es, wie in Abschnitt 2.3.2 beschrieben, ein Erstgespräch gibt, dass auf sensible Weise nach dem Beziehungsstatus und der sexuellen Orientierung fragt, kann eine entsprechende Zuweisung gemacht werden. Im Gegensatz zu einem Wohnprojekt bedarf es keiner Benennung nach Außen hin, wenn die Vermittlung etwa über Pflege unterm Regenbogen erfolgt. Wohnbauprojekte: Wohnprojekte wie Queerbau können einen wichtigen Signalcharakter haben und sind sehr öffentlichkeitswirksam. Es wird eine non-exklusive Ausrichtung (z.B. MehrgenerationenWohnen; Mischung von queerer und heterosexueller Zielgruppe) empfohlen. Eine top-down Förderung bzw. Flankierung durch die Politik ist wichtig, da in Wien entsprechende zivilgesellschaftliche Gruppen (noch) fehlen. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 45 Öffentlichkeitsarbeit – Bewusstseinsarbeit: Schon vorhandene Services wie die „Pflege unterm Regenbogen“ sind allgemein noch nicht sehr bekannt. Es wäre deswegen wünschenswert, dass die vorhandenen und geplanten Services und Angebote der Community näher gebracht werden und auch das Älterwerden stärker innerhalb der Community zum Thema gemacht wird. Für die Schaffung eines „gay friendly“- Klima wäre es unbedingt notwendig, dass die Thematik stärker in der breiten Öffentlichkeit diskutiert wird. Der Diskurs in der Öffentlichkeit kann dazu beitragen, dass Ängste in der Bevölkerung abgebaut werden, wodurch beispielsweise Ressentiments bei künftigen potentiellen Altersheimnutzer/innen abgebaut werden könnten bzw. natürlich auch bei Pflegepersonal. Abbau von Transphobie: Es sollte versucht werden gesellschaftliche Ängste zum Thema Transgender abzubauen, denn das Bedürfnis von Transfrauen und Transmännern liegt vor allem in der gesellschaftlichen Integration und Akzeptanz. Diese Gruppe wünscht sich Normalität vielmehr als eine Sonderstellung in der Betreuung. „gay-friendly“-Angebote sollen aber jedenfalls auch Transgender-Personen offenstehen, wenn diese sie nutzen wollen; sie sollen ergo auch explizit in die Zielgruppe mit aufgenommen werden. Schlussendlich kann festgestellt werden, dass eine Bandbreite von verschiedenen PilotAngeboten und -projekten (mehrere Wohn- und Betreuungsformen; Berücksichtigung von leistbaren Angeboten) mittelfristig wichtig wäre, um die unterschiedlichen Bedürfnisse und Bedarfe abzudecken. Von Wien aus sollte schließlich auch eine regionale Verbreitung ausgehen, denn gerade auch außerhalb der „Queer-Hauptstadt“ Wien wird von den befragten Expert/innen ein Bedarf vermutet. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 46 3. Ergebnisse der quantitativen Befragung 3.1. Samplestruktur und Methodik Bundesland Ziel der Studie Personen aus Wien zu diesem Thema zu befragen. Aufgrund des Charakters der Studie (Online-Befragung mittels Schneeballsystems) konnten aber natürlich auch Personen aus anderen Bundesländern und Staaten daran teilnehmen. Schlussendlich waren 79% der Respondent/innen aus Wien, gefolgt von Niederösterreich (8%), den restlichen Bundesländern (insgesamt 10%) und dem Ausland (2%). Sexuelle Orientierung/Geschlecht Aus den Angaben zu Geschlecht und sexueller Orientierung wurden vier Gruppen für die Analyse gebildet. Die Verteilung gestaltet sich wie folgt: 59 Prozent schwule Männer (n=679), 27 Prozent lesbische Frauen (n=306), 8 Prozent Bisexuelle (n=90) und 4 Prozent Transgender/Transidente (n=50). Altersstruktur 43 Prozent der Befragten sind unter 40 Jahre, 30 Prozent der Befragten zwischen 40 und 50 Jahren, 27 Prozent fallen in die Gruppe 50 plus. Über die Selbstausfüller-Fragebögen konnten im Vergleich zur Online-Befragung stärker ältere Befragte erreicht werden: Mehr als die Hälfte der Papier-Fragebögen kam aus der Gruppe der über 50-Jährigen. Bildung Die Umfrage hat verstärkt höhere Bildungsschichten erreicht. 74 Prozent der Respondent/innen haben mindestens Matura (55 Prozent einen Hochschulabschluss). Die übrigen Befragten haben einen BMS- oder Fachschulabschluss (11%) bzw. Pflichtschulabschluss mit oder ohne Lehre (14%). Mittels Selbstausfüller konnten dabei verstärkt Personen ohne Matura erreicht werden: 42 Prozent versus 23 Prozent bei der Onlinebefragung. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 47 Hauptaktivität Mit 78 Prozent geht die große Mehrheit der Befragten einer beruflichen Beschäftigung nach. Ein Anteil von 8 Prozent fällt auf Schüler/innen bzw. Student/innen, weitere 9 Prozent auf Pensionist/innen. Auffällig ist in der Gruppe der Transgender/Transidenten, dass der Anteil der Beschäftigten deutlich darunter liegt (64%), der Prozentsatz der Arbeitslosen hingegen überdurchschnittlich hoch ist (8% versus 3% in der Gesamtgruppe). Einkommenssituation Insgesamt betrachtet liegt die Mehrheit der monatlichen Netto-Einkommen unter 2.000 Euro (57%). Ein weiteres Viertel verteilt sich auf den Bereich 2.000 bis 3.000 Euro (26%), der Rest liegt bei über 3.000 Euro (15%). Zwei Prozent der Befragten verfügen über kein eigenes Einkommen. Fast 80 Prozent der Befragten geben an, von ihrem Einkommen sehr gut oder einigermaßen leben zu können. Für die restlichen 20 Prozent reicht es nur knapp oder nicht aus. TransgenderPersonen verfügen überdurchschnittlich häufig über ein Einkommen im niedrigen Bereich und geben häufiger an, Sozialleistungen zu beziehen. Für überdurchschnittliche 30 Prozent dieser Gruppe ist das Einkommen beinahe oder definitiv zu wenig. Methode Einerseits wurde ein Onlinefragebogen gestaltet, der über soziale Netzwerke, private Netzwerke, Newsletter und Websites mittels Schnellballsystem verbreitet wurde. Andererseits wurde auch ein Selbstausfüllerfragebogen gestaltet, der einer Ausgabe des Magazins X-tra gemeinsam mit einem IFES-Rücksendekuvert beigelegt wurde. Der Methodenmix aus Selbstausfüllerfragebogen und Online-Befragung war aus unserer Sicht erfolgreich da durch den Selbstausfüllerfragebogen auch Gruppen an der Befragung teilgenommen haben, die man mittels Onlinebefragung weniger gut erreicht (Personen ohne Matura, 50+). Insgesamt haben 970 Personen den Onlinefragebogen ausgefüllt und 173 den Selbstausfüllerfragebogen. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 48 3.2. Lebens- und Wohnsituation Partnerschaftssituation Der Anteil der Singles/Alleinstehenden variiert zwischen den befragten Gruppen. Am höchsten liegt er bei Transgender-Personen mit 60 Prozent, gefolgt von Bisexuellen mit 43 Prozent. Schwule Männer sind zu fast 40 Prozent Single, lesbische Frauen zu lediglich einem Viertel (24%). Korrespondierend damit leben Lesben mehrheitlich in einer Partnerinnenschaft (56%). Schwule geben zu 40 Prozent an, eine Beziehung zu haben, Bisexuelle zu 38 Prozent, TransgenderPersonen zu 26 Prozent. Verpartnert oder verheiratet sind insgesamt je ca. 20 Prozent der Befragten, ausgenommen Transgender-Personen (14%). Gruppenübergreifend ist der Single-Anteil in der Altersgruppe 50 plus überdurchschnittlich groß (47% versus 37% im Gesamtschnitt). Familiensituation, Kontakt zu Kindern und Enkelkindern Bisexuelle Personen haben am häufigsten Kinder (38%), Transgender-Personen zu 34 Prozent, Lesben zu 20 Prozent und Schwule nur zu 8 Prozent. Inkludiert wurden leibliche und adoptierte Kinder, Kinder der Partnerin/des Partners und Pflegekinder. Auch Enkelkinder – inklusive jene der Partner/innen – sind entsprechend am ehesten bei Bisexuellen (13%) vorhanden. Transgender-Personen haben zu 6 Prozent Enkelkinder, Lesben zu 4 Prozent und Schwule zu einem Prozent. Der Kontakt zu Kindern und Enkeln ist bei lesbischen Frauen am intensivsten. Diese Gruppe hat auch zum höchsten Anteil Kinder unter 18 Jahren, woraus sich altersbedingt ein engerer Kontakt ergibt. 26 Prozent der schwulen Männer und 18 Prozent der Transgender-Personen geben an, ihre Kinder und Enkel seltener als einmal im Monat oder auch nie zu sehen (bei den Transgender-Personen liegt jedoch eine geringe Fallzahl zugrunde). In der Gruppe der Lesben und Bisexuellen gibt vergleichsweise niemand an, keinen Kontakt mit seinen Nachkommen zu haben. Haushaltssituation Die Partnerschafts- und Familiensituation spiegelt sich in der Haushaltszusammensetzung der Befragten klar wider. Lesben wohnen überdurchschnittlich häufig mit der Partnerin (61%), Schwule wohnen vergleichsweise zu 46 Prozent in Partnerschaft, Bisexuelle zu 44 Prozent und 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 49 Transgender-Personen zu 26 Prozent. Der Anteil der alleine wohnenden Personen ist bei Transidenten am höchsten (50%), gefolgt von Schwulen (47%) und Bisexuellen (38%). Lesbische Frauen wohnen zu 31 Prozent alleine. Mit Familienmitgliedern bzw. mit Partner/in und Familienmitgliedern gemeinsam leben insgesamt nur 8 Prozent aller Befragten. Überdurchschnittlich ist dieser Anteil unter den TransgenderPersonen (18%), Bisexuellen (17%) sowie Lesben (12%); unterdurchschnittlich bei den schwulen Befragten (5%). Die Wohnform WG wählen in der Gruppe der Transidenten 16 Prozent, in den übrigen Gruppen spielt sie eine vergleichsweise geringere Rolle (Bisexuelle: 10%, Lesben: 6%, Schwule: 5%). Gruppenübergreifend steigt der Anteil der alleine Wohnenden mit dem Alter und ist in der Gruppe 50 plus am höchsten (54% versus 42% im Gesamtschnitt). 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 50 3.3. Lebenszufriedenheit und soziale Kontakte Zufriedenheit mit Lebensbereichen Die höchste Zufriedenheit besteht insgesamt mit der Partnerschaft, sofern die Befragten in einer Beziehung leben (Durchschnittsnote: 1,5). Ebenso hoch wird die Eigenständigkeit im Alltag im eigenen Leben bewertet. Die Zufriedenheit mit den Bereichen Wohnsituation, soziale Kontakte und Unterstützung durch Andere, familiäre Situation, Gesundheit und Freizeitaktivitäten liegt durchgehend im Bereich der Note 2. Am wenigsten gut wird die finanzielle Situation bewertet (Note 2,4). Transidente beurteilen ihre Lebenszufriedenheit in nahezu allen Dimensionen unterdurchschnittlich hoch. Anders bei lesbischen Frauen: Die Bereiche Partnerschaft, Sozialkontakte sowie Unterstützung und Geborgenheit durch Andere weisen in dieser Gruppe überdurchschnittliche Zufriedenheitswerte auf. Der eigene Gesundheitszustand wird von insgesamt 80 Prozent aller Befragten als „sehr gut“ oder „gut“ eingestuft. Die Beurteilung „sehr gut“ fällt bei Transgender-Personen mit 18 Prozent unterdurchschnittlich aus (der Gesamtschnitt beträgt hierbei 28%). Offenheit der sexuellen Orientierung Allgemein gefragt, leben im Gesamtschnitt über 80 Prozent ihre Orientierung in der Öffentlichkeit „völlig“ oder „weitgehend offen“. Der Anteil der nicht offen Lebenden beträgt insgesamt 5 Prozent; bei den befragten Bisexuellen und Transgender-Personen ist er überdurchschnittlich hoch (17% bzw. 10%). Gleiches gilt für die Befragten 50 plus (9%). Auch unterschieden nach einzelnen Lebensbereichen (Familie, heterosexueller Freundeskreis, Arbeitsplatz, Nachbarschaft) zeigt sich eine weniger starke Offenheit in den genannten Gruppen. In den gesundheitsrelevanten Bereichen (Offenheit der sexuellen Orientierung gegenüber Ärzt/innen und medizinischem Personal) gibt insgesamt ein Viertel aller Respondent/innen an, sich nur einem kleinen Teil oder niemandem gegenüber geoutet zu haben. Soziale/familiäre Kontakte und Unterstützung bei Problemen Zur Kontakthäufigkeit zu Freund/innen und Verwandten außerhalb des Haushaltes geben durchgehend 60 Prozent der Befragten an, diese mindestens einmal pro Woche oder öfter zu sehen. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 51 Jene, die Freund/innen und Verwandte seltener als ein oder zweimal im Monat sehen, machen einen Anteil von 20 Prozent aus. Der entsprechende Anteil liegt bei Transgender-Personen höher (28%). In etwa ein Viertel aller Befragten gibt an, einen ausschließlich oder überwiegend homosexuellen Freundeskreis zu haben. Bisexuelle und Transgender-Personen geben zu einem deutlich höheren Anteil (etwa zur Hälfte) an, nur oder überwiegend heterosexuelle Freund/innen zu haben, als Schwule und Lesben (nur etwa 30%). Die wichtigsten Akteur/innen, wenn es um die Unterstützung bei Krankheit, Niedergeschlagenheit oder ernsten persönlichen Angelegenheiten geht, sind der/die Lebenspartner/in, Ärzt/innen und Freund/innen, gefolgt von Eltern und Geschwistern. Kinder nehmen diesbezüglich eine marginale Rolle ein. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 52 3.4. Wohn- und Lebenssituation im Alter Gedanken zur Wohn- und Lebenssituation im Alter Der Anteil jener, die sich häufig oder gelegentlich Gedanken zu ihrer späteren Wohn- und Lebenssituation gemacht haben, steigt erwartungsgemäß mit dem Alter: Er beträgt bei den unter 30-Jährigen nicht ganz die Hälfte, in der Gruppe der 30- bis 40-Jährigen 63 Prozent und bei den Befragten über 40 Jahren ca. 80 Prozent. Informiertheit über Angebote, Einschätzung bestehender Angebote in Wien Insgesamt gut zwei Drittel der Wiener Respondent/innen fühlen sich über das bestehende Betreuungs- und Pflege-angebot sehr oder eher schlecht informiert (68%). Wenngleich der Anteil der nach Selbsteinschätzung nicht gut Informierten mit zunehmendem Alter sinkt, liegt er in der Gruppe der 50 plus immer noch bei 54 Prozent. 88 Prozent meinen, dass das aktuelle Angebot sehr oder eher schlecht auf die Bedürfnisse von Schwulen, Lesben und Transgender-Personen eingestellt ist. Von den Lesben denken dies sogar 93 Prozent. Überdies vermutet fast die Hälfte eine Diskriminierung von Schwulen/Lesben durch das Personal sowie zwei Drittel durch die Mitbewohner/innen. Diskriminierendes Verhalten gegenüber Transgender-Personen wird für noch wahr-scheinlicher gehalten: Ein Drittel schätzt dies in Bezug auf das Personal so ein, 77 Prozent bezogen auf die Mitbe-wohner/innen. In den Untergruppen zeigt sich: Lesbische Frauen rechnen aktuell überdurchschnittlich häufig mit Diskriminierung der eigenen Gruppe durch Personal oder Mitbewohner/innen (zu 57%). Transidente haben besonders in Bezug auf die Mitbewohner/innen Bedenken (zu 83%; die Fallzahl ist mit n=30 allerdings gering). Gewünschte Formen der Betreuung Der Anteil jener, die ein speziell auf die Bedürfnisse von LGBT-Personen abgestimmtes Betreuungs-/Pflegeangebot für sehr wichtig hält, ist bei den befragten Schwulen mit 60 Prozent am höchsten (Lesben: 54%, Transgender-Personen: 50%, Bisexuelle: 33%). Zusammen mit jenen, die dies für „eher wichtig“ halten, erreicht ein solches Angebot eine breite Zustimmungsquote von 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 53 89 Prozent bei schwulen, 88 Prozent bei lesbischen, 80 Prozent bei transidenten und 79 Prozent bei bisexuellen Wiener/innen. Am stärksten ist der Wunsch, im Alter zu Hause durch den/die Partner/in betreut zu werden – für fast die Hälfte ist das sehr wünschenswert. Zu Hause bleiben mit mobiler Pflege liegt an zweiter Stelle (35% sehr wünschenswert), gefolgt von privaten oder betreuten Senior/innen-WGFormen (29% bzw. 28%) und einer 24-Stunden-Betreuung zuhause (24%). Gleichauf liegen, für 20 Prozent sehr wünschenswert, die Betreuung zuhause durch Freund/innen und Bekannte sowie die Betreuung durch ein Familienmitglied. Am wenigsten wird die Pflege in einem Wohnheim favorisiert (8%). Von der Altersgruppe 50 plus wird der Wunsch, zuhause von Freund/innen/Bekannten gepflegt zu werden, stärker geäußert (26%). Die Präferenz der Betreuungsform ist quer durch alle Formen der Orientierung ähnlich verteilt. Betreuende Personen Die Mehrheit der befragten Gruppen gibt jeweils an, das Geschlecht und die Orientierung der betreuenden Person egal seien, wenngleich sich im Detail die Bedürfnisse der einzelnen Zielgruppen unterschiedlich gestalten. Zunächst wurde in den offenen Angaben der Befragten die Bedeutung eines diskriminierungsfreien, sensiblen und offenen Betreuungsklimas unterstrichen. Ein Wunsch nach einem exklusiven LGBT-Personal besteht stärker unter älteren Befragten (50 plus). Für 46 Prozent der schwulen Männer sind Geschlecht und Orientierung irrelevant. 30 Prozent möchten am liebsten von einem Mann betreut werden, der selbst homosexuell ist. 10 Prozent wünschen sich einen Mann, ungeachtet der Orientierung; 3 Prozent eine Frau. Für ein Drittel der lesbischen Frauen spielen Geschlecht und Orientierung keine Rolle; 29 Prozent möchten von einer Frau, unabhängig von ihrer Orientierung, gepflegt werden; 20 Prozent explizit von einer lesbischen Frau, ein Prozent von einem schwulen Mann. In der Gruppe der Bisexuellen legen 44 Prozent keinen Wert auf Geschlecht/Orientierung. 17 Prozent möchten von einer Frau, 11 Prozent von einem schwulen Mann, je 4 Prozent von einem Mann oder einer lesbischen Frau und zwei Prozent von einer Transgender-Person betreut werden. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 54 Die befragten transidenten Personen sind zur Hälfte mit allen Geschlechtern und Orientierungen einverstanden. 22 Prozent bevorzugen dezidiert eine Person, die selbst Transgender ist. 6 Prozent möchten von einer Frau, 4 Prozent von einem schwulen Mann und ebenfalls 4 Prozent von einer lesbischen Frau gepflegt werden. Mitbewohner/innen in Wohnprojekten, WGs oder Pflegewohnheimen Auch in Bezug auf die Mitbewohner/innenschaft wird mehrheitlich angegeben, dass das Geschlecht und die Orientierung insgesamt keine Rolle spielen – jedoch zu stark unterschiedlichen Anteilen in den Gruppen. Am ehesten gleichgültig ist es, zu 48 Prozent, den TransgenderPersonen (Bisexuelle: 43%, Schwule: 34% und Lesben: 28%). Bei den offenen Nennungen sprechen sich die Befragten mehrheitlich für eine Durchmischung ohne „Ghettobildung“ aus und äußern den Wunsch nach aufgeschlossenen, diskriminierungsfreien Mitbewohner/innen. Exklusiv mit LGBT zu wohnen, wünschen sich eher Personen ab 40 Jahren als jüngere Befragte. Im Alter am liebsten mit nur gleichgeschlechtlich orientierten Personen zusammenleben, wollen am ehesten Lesben (23%), gefolgt von Schwulen (16%), Bisexuellen (8%) und TransgenderPersonen (4%). Ausschließlich mit Transgender-Personen leben möchten 10 Prozent der eigenen Zielgruppe. Mit Frauen, egal welcher Orientierung, möchten 23 Prozent der Lesben, 12 Prozent der Bisexuellen und 4 Prozent der Transidenten wohnen. Mit Männern, gleichgültig welcher Orientierung, würden je 7 Prozent der Schwulen und Bisexuellen sowie 2 Prozent der Transgender-Personen am liebsten zusammenwohnen. Am liebsten allein mit lesbischen Frauen leben zu wollen, gibt ein Anteil von 11 Prozent der Lesben an. Ausschließ-lich homosexuelle Männer als Mitbewohner wünschen sich schließlich 24 Prozent der befragten Schwulen, 11 Prozent der Bisexuellen und 4 Prozent der TransgenderPersonen. Einstellungen zur zukünftigen Betreuung Eine Reihe von verschiedenen Aspekten der zukünftigen Betreuung/Pflege wurden in ihrer Bedeutung bewertet. Entsprechend den Ergebnissen zum gewünschten Personal und den idealen 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 55 Mitbewohner/innen zeigt sich auch in diesem Punkt: Weniger die Exklusivität eines Angebots für ausschließlich eine Zielgruppe ist relevant, sondern allgemein Offenheit, Respekt und Diskriminierungsfreiheit in Bezug auf Homosexualität bzw. Transidentität. Die Nutzung des Angebots durch „auch andere“ Schwulen/Lesben/Transgender-Personen wird wesentlich stärker befürwortet (zu 83%) , als eine ausschließliche Nutzung durch diese Zielgruppe (zu 22%). Selbiges gilt für die Betreuungs-/Pflegekräfte. Auch hier wird am stärksten (zu 77%) eine Durchmischung gewünscht (Exklusivität im Vergleich dazu: zu 17%). Eine starke Bedeutung kommt der dezidierten Ausrichtung und Bewerbung des Betreuungs- und Pflegeangebots für LGBT-Personen als „gay-friendly“ zu: 85 Prozent der Befragten erachten diese als sehr oder eher wichtig. Die schwule Zielgruppe wünscht sich zu einem leicht höheren Anteil ein exklusives Angebot. Einem Viertel wäre es sehr oder eher wichtig, nur mit anderen LGBT zu wohnen (Gesamtgruppe: 22%); 20 Prozent wünschen sich diese Ausschließlichkeit in Bezug auf die betreuenden Personen (Gesamtgruppe: 17%). Bekanntheit von Projekten in Wien Unter den bestehenden Wohn- bzw. Betreuungs-/Pflegeprojekten für die Zielgruppe LGBT und Frauen erreicht „Que(e)r-Bau“ die höchste Bekanntheit: 31 Prozent der Befragten hat davon gehört (unter Lesben überdurchschnitt-liche 42%). Das Frauenwohnprojekt „ro*sa“ ist insgesamt 21 Prozent, aber der Hälfte der befragten Lesben be-kannt. „Pflege unterm Regenbogen“ der Wiener Sozialdienste kennen, über alle Gruppen hinweg, gut 10 Prozent der Respondent/innen. Offene Rückmeldungen Als Qualitätsfaktoren in der Wohn- und Betreuungs-/Pflegesituation wurden zahlreiche Aspekte genannt: Die Leistbarkeit des Angebots, eine zentrale Lage und Anbindung, der Erhalt von Mobilität und Selbstbestimmung, Zugang zu Natur, kleinere Einrichtungen mit persönlicher Atmosphäre, eine aktive Freizeitgestaltung, Gemeinschaft/Nachbarschaft, soziale Kontakte und Vernetzung mit anderen (älteren) LGBT. Ein entsprechendes Angebot in den Bundesländern wurde nachgefragt. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 56 Viele Respondent/innen haben sich für die Umfrage bedankt und sich gleichermaßen für die Ergebnisse sowie eine zeitnahe Verwirklichung im Rahmen von realen Projekten interessiert. Diesbezüglich wurde Informationsbedarf angemeldet und um Öffentlichkeitsarbeit für die entsprechenden Angebote gebeten. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 57 3.5. Die Ergebnisse im Detail 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT Wohnen, Betreuung und Pflege im Alter bei Homosexuellen und Transgender Christine Schuster Christa Edlmayr IFES - Institut für empirische Sozialforschung GmbH Teinfaltstraße 8 1010 Wien 2 Navigator: Hauptkapitel 1 Daten zur Untersuchung 2 Samplestruktur 3 Aktuelle Lebens- und Wohnsituation 4 Lebenszufriedenheit und soziale Kontakte 5 Wohn- und Lebenssituation im Alter 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 3 Daten zur Untersuchung Auftraggeber: Sozial Global, Wiener Sozialdienste Themen der Studie: Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei Homosexuellen und Transgender Grundgesamtheit: Personen, die sich der Zielgruppe zugehörig fühlen; regionaler Schwerpunkt Wien Stichprobe/Rücklauf: 1.143 Personen Methode: Selbstausfüller-Fragebogen, Online-Befragung Design: Beilage von 8.000 Fragebögen im Magazin X-tra, Verbreitung des Online-Links nach Schneeballverfahren Zeitraum der Befragung: 1. April bis 16. Mai 2014 Projektleiterin im Institut: Projektassistenz: Statistik und Auswertung: Mag. Christine Schuster Mag. Christa Edlmayr Mag. Claudia Pflügl 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 4 Navigator: Hauptkapitel 1 Daten zur Untersuchung 2 Samplestruktur 3 Aktuelle Lebens- und Wohnsituation 4 Lebenszufriedenheit und soziale Kontakte 5 Wohn- und Lebenssituation im Alter 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 5 Geschlecht und sexuelle Orientierung F10: Wie bezeichnen Sie Ihre sexuelle Orientierung? (in Prozent) F30: Ich bezeichne mich in meinem Geschlecht als… (in Prozent) sexuelle Orientierung heterosexuell 1% Geschlecht anders 3% Transfrau 1% bisexuell 9% intersexuell 1% Anderes 2% Transmann 1% Frau 32% lesbisch 27% schwul 60% Mann 63% Anzahl der Nennungen: • queer (10) • transgender/-sexuell (8) • pansexuell (4) • asexuell (4) • intersexuell (3) Anzahl der Nennungen: • transgender/-sexuell (7) • queer (4) • genderqueer (4) Basis: Gesamt: n=1.143 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 6 Sexuelle Orientierung/Geschlecht Kombination aus f10 und f30 (in Prozent) intersexuell 1% queer transgender /transident 4% 1% anderes 0,3% bisexuell 8% lesbisch 27% schwul 59% Basis: Gesamt: n=1.143 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 7 Alter F31: Wie alt sind Sie? (in Prozent) 0 20 schwul 12 lesbisch 40 transgender/ transident 25 28 27 30 27 24 24 bis 29 Jahre 30 bis 39 Jahre 50 Jahre und älter keine Angabe 100 28 29 31 18 80 32 28 15 bisexuell 60 1 22 40 bis 49 Jahre Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 8 Schulbildung F34: Was ist Ihre höchste abgeschlossene Schulbildung? (in Prozent) 0 20 schwul 1 14 lesbisch 2 bisexuell 2 transgender/ transident 4 8 40 8 4 13 5 4 60 18 14 2 8 100 53 19 7 80 63 20 54 34 1 38 2 Pflichtschule Pflichtschule mit Lehre Fachschule (mittlere Schule, BMS) AHS, BHS ohne Matura Matura (AHS, BHS) Hochschule, Fachhochschule, Akademie keine Angabe 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege Derzeitige Hauptaktivität 9 F35: Welche der folgenden Kategorien beschreibt am besten Ihre derzeitige Hauptaktivität? (in Prozent) 100 schwul lesbisch bisexuell transgender/transident 80 65 60 53 49 40 36 22 21 17 20 16 11 8 6 3 3 2 1 1 3 4 16 11 10 6 6 5 8 1 2 2 2 2 1 1 4 1 1 keine Angabe andere Form der NichtErwerbstätigkeit Schüler/in, Student/in im Haushalt tätig ohne Einkommen in Pension in Karenz arbeitslos andere Form der Berufstätigkeit (z.B. Werkvertrag) geringfügig beschäftigt voll berufstätig (über 36 Stunden) Teilzeit (unter 36 Stunden) 0 Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 10 Bundesland F39: In welchem Bundesland wohnen Sie (Hauptwohnsitz)? (in Prozent) 100 schwul lesbisch bisexuell transgender/transident 83 80 77 70 60 Anzahl der Nennungen: 60 • Deutschland (18) • Schweiz (2) • anderes (3) 40 20 16 13 10 6 2 3 4 3 6 6 3 1 2 1 2 1 2 4 1 1 1 1 2 2 1 1 2 1 2 1 2 4 keine Angabe anderes Land Vorarlberg Burgenland Tirol Salzburg Kärnten Oberösterreich Steiermark Niederösterreich Wien 0 Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 11 Wien F40: Was ist die Postleitzahl Ihres Wohnortes? (in Prozent) 100 schwul lesbisch bisexuell transgender/transident 80 60 57 53 44 40 40 33 30 20 20 10 8 7 20 20 16 14 10 8 4 3 3 keine Angabe Westen (13-19) Innenbezirke (1-9, 20) Osten (21,22) Süden (10-12, 23) 0 Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 12 Persönliches Nettoeinkommen F36: Wie groß ist ca. Ihr persönliches monatliches Netto-Einkommen (inkl. Einkommen aus Berufstätigkeit, staatlichen oder sozialen Leistungen)? (in Prozent) 0 schwul lesbisch bisexuell transgender/ transident 20 40 60 41 11 80 18 30 55 13 34 25 34 20 bis 1.000 Euro bis 2.000 Euro bis 3.000 Euro über 3.000 Euro kein eigenes Einkommen keine Angabe 11 9 23 7 32 20 42 20 100 4 8 Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 13 Zusammensetzung Nettoeinkommen F37: Wie setzt sich Ihr monatliches Einkommen zusammen? (in Prozent) 100 schwul lesbisch bisexuell transgender/transident 83 81 80 70 66 60 40 20 17 1213 17 20 10 6 9 10 10 8 3 1 1 2 6 4 5 3 1 2 1 6 6 1 1 1 3 1 1 2 2 2 4 6 5 4 4 6 5 2 3 2 2 2 keine Angabe Sonstige Einkommen Einkommen aus Kapitalanlagen, z.B. Aktien, Wertpapiere Einkommen aus Vermietung und Verpachtung Studienbeihilfe Beihilfe für das Wohnen (z.B. Mietzins, Wohn- und Mietbeihilfe) Familienbeihilfe Sozialhilfe bzw. bedarfsorientierte Mindestsicherung Leistungen des Arbeitsmarktservice (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe etc.) Pflegegeld Kinderbetreuungsgeld bzw. Karenzgeld Witwen/WitwerPension Eigene Pension Einkommen aus Erwerbstätigkeit 0 Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 14 Auskommen mit Einkommen F38: Wie kommen Sie mit dem derzeitigen persönlichen Netto-Einkommen aus? (in Prozent) 0 20 schwul transgender/ transident 60 80 33 48 lesbisch bisexuell 40 15 37 40 19 46 30 34 36 100 4 32 23 22 1 8 ich kann sehr gut davon leben es reicht einigermaßen aus es reicht nur knapp aus es reicht nicht aus - ich weiß oft nicht, wie ich durchkommen soll keine Angabe Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 15 Navigator: Hauptkapitel 1 Daten zur Untersuchung 2 Samplestruktur 3 Aktuelle Lebens- und Wohnsituation 4 Lebenszufriedenheit und soziale Kontakte 5 Wohn- und Lebenssituation im Alter 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 16 Partnerschaftssituation F1: Sind Sie…? (in Prozent) 0 20 schwul lesbisch bisexuell transgender/ transident 40 39 60 80 20 24 1 40 20 43 100 56 19 60 38 14 26 Single/alleinstehend verpartnert/verheiratet Lebensgemeinschaft/Partnerschaft keine Angabe Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 17 Familiensituation: Kinder F2: Haben Sie Kinder? (in Prozent) 0 20 40 60 6 11 schwul 9 lesbisch 80 91 1 8 bisexuell 26 transgender/ transident 26 2 1 81 3 4 100 9 1 64 4 66 leibliche Kinder Kinder der Partnerin/des Partners keine Kinder adoptierte Kinder Pflegekinder keine Angabe Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 18 Familiensituation: Enkelkinder F3: Haben Sie Enkelkinder? (in Prozent) 0 20 schwul 1 transgender/ transident 60 97 lesbisch 2 2 bisexuell 40 3 6 100 1 96 10 80 1 86 1 94 eigene Enkelkind(er) Enkelkinder des Partners/der Partnerin keine Enkelkinder keine Angabe Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 19 Kontakt zu Kindern und Enkelkindern F4: Wie häufig sehen Sie Ihre Kinder bzw. Enkelkinder? (in Prozent) 0 schwul 20 40 60 28 13 lesbisch 27 25 31 transgender/ transident täglich zumindest wöchentlich 4 13 19 19 seltener 6 6 24 ca. 1x im Monat 7 16 35 24 100 19 30 45 bisexuell 80 nie 12 keine Angabe Basis: hat Kinder/Enkelkinder: schwul: n=54; lesbisch: n=56; bisexuell: n=32; transgender/transident: n=17 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 20 Haushaltssituation F5: Wer lebt mit Ihnen in Ihrem Haushalt? (in Prozent) 100 schwul lesbisch bisexuell transgender/ transident Haushaltszusammensetzung: 80 61 60 50 47 40 46 44 38 1-Personen-Haushalte: 42% mit Partner: 42% mit Partner und Familienmitgliedern: 4% Mit Familienmitgliedern (ohne Partner): 4% Wohngemeinschaft/Sonstiges: 7% 31 26 20 16 8 3 2 4 2 2 2 8 7 6 4 7 4 1 1 1 6 4 1 1 1 1 Neffen, Nichten 5 6 Geschwister 10 2 1 1 1 1 Sonstige Personen Enkelkinder andere verwandte Person/en Großeltern/-teil Kind(er) über 18 Jahre Kind(er) unter 18 Jahre (Stief-)Vater/ Partner der Mutter (Stief-)Mutter/ Partnerin des Vaters Freunde/Bekannte in einer WG Partner/Partnerin wohne allein 0 Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 21 Navigator: Hauptkapitel 1 Daten zur Untersuchung 2 Samplestruktur 3 Aktuelle Lebens- und Wohnsituation 4 Lebenszufriedenheit und soziale Kontakte 5 Wohn- und Lebenssituation im Alter 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 22 Zufriedenheit mit Lebensbereichen F8: Wie zufrieden sind Sie mit den folgenden Bereichen in Ihrem Leben? Geben Sie Bitte eine Note zwischen 1=sehr zufrieden und 5=gar nicht zufrieden. (in Prozent) 0 20 40 60 80 100 Partnerschaft (wenn vorhanden) 64 26 7 111 1,5 Eigenständigkeit bei der Bewältigung des Alltags 62 28 6 21 1,5 5 2 1,9 5 21 1,9 41 1,9 37 42 Wohnsituation 37 40 Sozialkontakte 14 16 49 Lebenssituation insgesamt 31 Freizeitaktivitäten insgesamt 31 43 19 4 11 2,0 Gesundheitszustand 30 46 17 4 21 2,0 persönliches Wohlbefinden 29 48 16 6 1 2,0 6 21 2,0 32 2,0 5 2 2,1 7 22 2,1 41 2,4 Unterstützung und Geborgenheit durch Andere 28 hauptsächliche Tätigkeit 27 Basis: Gesamt: n=1.143 19 43 39 2 3 7 17 46 22 sehr zufrieden 18 37 34 körperliche Leistungsfähigkeit finanzielle Situation 37 36 familiäre Situation 16 20 10 24 4 gar nicht zufrieden k.A. MW 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 23 Selbsteinschätzung Gesundheitszustand F9: Nun eine Frage zu Ihrer Gesundheit. Würden Sie sagen, Ihr allgemeiner Gesundheitszustand ist …? (in Prozent) 0 20 40 60 28 schwul transgender/ transident 15 gut mittelmäßig eher schlecht 1 9 16 60 sehr gut 31 14 50 18 31 16 50 26 bisexuell 100 52 31 lesbisch 80 6 sehr schlecht Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 24 Offenheit der sexuellen Orientierung F11: Nun würden wir gerne von Ihnen wissen, wie Sie Ihre sexuelle Orientierung in der Öffentlichkeit leben. Ich lebe meine sexuelle Orientierung… (in Prozent) 0 20 schwul 36 lesbisch 37 bisexuell 40 100 13 5 8 21 10 2 53 20 40 36 völlig offen 80 46 23 transgender/ transident 60 10 42 weitgehend offen wenig offen 17 nicht offen keine Angabe Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 25 Offenheit der sexuellen Orientierung F12: In welchem Ausmaß ist Ihre sexuelle Orientierung in den folgenden Bereichen bekannt? (in Prozent) 0 20 40 dem heterosexuellen Freundeskreis 69 den Familienangehörigen 68 dem/der Arbeitgeber/in 40 den Arbeitskolleg/innen 39 im Wohnumfeld (Nachbar/innen) 35 Ärzt/innen bzw. anderem Personal im Gesundheitsbereich 34 Betreuungs- und Pflegekräften 11 60 80 100 13 10 11 4 7 18 17 3 11 6 13 7 4 8 2 10 17 64 (fast) allen bekannt halb/halb (fast) niemandem bekannt keine Angabe 6 21 6 1 21 8 14 4 21 16 10 13 17 5 7 19 11 5 6 1 12 einem großen Teil einem kleinen Teil nicht vorhanden Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 26 Kontakt mit Freund/innen, Verwandten F13: Wie oft treffen Sie sich im Durchschnitt in der Freizeit mit Ihren Freunden und Freundinnen bzw. Verwandten, die nicht im gleichen Haushalt leben? (in Prozent) 0 20 schwul 2 lesbisch 2 bisexuell transgender/ transident 17 80 42 100 19 15 22 42 18 14 60 45 13 3 40 46 mehr als einmal täglich mindestens einmal pro Woche ein- oder zweimal im Monat seltener/weniger häufig 13 14 12 16 22 41 41 3 21 4 2 täglich oder fast täglich etwa einmal pro Woche einige Male im Jahr keine Angabe Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 27 Zusammensetzung des Freundeskreis F14: Wie setzt sich Ihr Freundeskreis zusammen? Besteht er …? (in Prozent) 0 20 60 24 schwul 2 2 4 1 26 36 22 100 25 47 11 transgender/ transident 80 47 21 lesbisch 1 bisexuell 1 40 30 43 6 36 12 3 nur homosexuelle Freund/innen überwiegend homosexuelle Freund/innen ca. halb homo-/halb heterosexuellen Freund/innen überwiegend heterosexuelle Freund/innen nur heterosexuelle Freund/innen keine Angabe Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 28 Unterstützung bei Krankheit F15: In bestimmten Situationen ist man auf Unterstützung angewiesen. An wen wenden Sie sich vor allem, wenn …Sie krank sind? (in Prozent) 100 schwul 80 lesbisch bisexuell transgender/transident 77 68 60 60 57 57 52 50 59 54 50 48 44 42 39 40 36 33 2223 18 20 13 13 7 9 8 5 10 6 7 8 8 3 5 8 3 4 3 2 1 1 2 4 2 2 3 8 2 1 1 Ich wüsste nicht, an wen ich mich wenden soll Sonstige Personen Enkelkind(er) Heimhelfer/in / Pflegehelfer/in Neffen, Nichten Kind(er) Nachbar/innen Andere Familienmitglieder Geschwister Eltern/-teil Freund/innen Arzt bzw. Ärztin Lebenspartner/in 0 Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege Unterstützung bei Niedergeschlagenheit 29 F16: In bestimmten Situationen ist man auf Unterstützung angewiesen. An wen wenden Sie sich vor allem, wenn Sie niedergeschlagen sind und jemanden zum Reden brauchen? (in Prozent) 100 schwul lesbisch bisexuell transgender/transident 82 80 76 74 73 64 60 53 49 38 40 24 23 2122 18 18 19 16 20 12 10 6 5 8 4 3 3 1 8 6 2 2 2 3 1 2 12 1 1 32 2 1 3 7 4 2 4 3 1 2 4 1 Ich wüsste nicht, an wen ich mich wenden soll Sonstige Personen Enkelkind(er) Psychotherapeut/in Nachbar/innen Heimhelfer/in / Pflegehelfer/in Kind(er) Neffen, Nichten Andere Familienmitglieder Arzt bzw. Ärztin Geschwister Freund/innen Lebenspartner/in Eltern/-teil 0 Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege Unterstützung/Rat in ernsten Angelegenheiten 30 F17: Und an wen wenden Sie sich vor allem, wenn Sie Rat in einer ernsten persönlichen oder Familienangelegenheit brauchen? (in Prozent) 100 schwul lesbisch bisexuell transgender/transident 80 80 73 70 66 62 60 55 48 40 40 3232 30 30 28 29 22 18 20 14 9 9 7 8 8 6 3 2 1 2 4 3 8 2 2 1 2 2 4 8 6 2 2 1 1 3 2 1 3 3 6 3 1 Ich wüsste nicht, an wen ich mich wenden soll Sonstige Personen Nachbar/innen Heimhelfer/in / Pflegehelfer/in Psychotherapeut/in Neffen, Nichten Kind(er) Arzt bzw. Ärztin andere Familienmitglieder Geschwister Eltern/-teil Lebenspartner/in Freund/innen 0 Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 31 Navigator: Hauptkapitel 1 Daten zur Untersuchung 2 Samplestruktur 3 Aktuelle Lebens- und Wohnsituation 4 Lebenszufriedenheit und soziale Kontakte 5 Wohn- und Lebenssituation im Alter 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 32 Gedanken zur Wohn-/Lebenssituation im Alter F19: Wie oft haben Sie sich schon Gedanken zu Ihrer Wohn- und Lebenssituation im Alter gemacht? (in Prozent) 0 20 schwul transgender/ transident 80 27 50 14 gelegentlich noch nie 7 10 28 selten 5 22 43 20 100 23 45 26 häufig 60 47 24 lesbisch bisexuell 40 6 2 keine Angabe Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 33 Informiertheit Betreuungs-/Pflegeangebote Wien F20: Wie gut fühlen Sie sich ganz allgemein über die Betreuungs- und Pflegeangebote in Wien (Pflegewohnheime, mobile Betreuung und Pflege, betreutes Wohnen etc.) informiert? Fühlen Sie sich sehr gut, eher gut, eher schlecht oder sehr schlecht informiert? (in Prozent) 0 20 schwul 5 lesbisch 5 bisexuell 5 transgender/ transident 40 60 27 100 47 22 20 58 29 47 sehr gut informiert eher gut informiert sehr schlecht informiert keine Angabe 1 11 44 17 7 80 3 19 23 3 7 eher schlecht informiert Basis: Wien: schwul: n=561; lesbisch: n=237; bisexuell: n=63; transgender/transident: n=30 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 34 Ausrichtung der Betreuungs-/Pflegeangebote in Wien F21: Wie gut, glauben Sie, sind derzeit die Betreuungs- und Pflegeangebote in Wien auf die Bedürfnisse von Schwulen, Lesben und Transgender-Personen eingestellt? (in Prozent) 0 20 schwul 1 lesbisch bisexuell transgender/ transident 40 9 60 80 54 3 34 49 13 sehr gut 44 49 17 eher schlecht 2 27 sehr schlecht 2 3 37 53 eher gut 100 3 keine Angabe Basis: Wien: schwul: n=561; lesbisch: n=237; bisexuell: n=63; transgender/transident: n=30 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 35 Wichtigkeit Pflegeangebote speziell für LGBT in Wien F22: Wie wichtig wäre Ihnen, dass es in Wien ein Betreuungs- und Pflegeangebot gibt, welches speziell auf homosexuelle Personen bzw. Transgender-Personen abgestimmt ist? (in Prozent) 0 20 40 60 80 29 60 schwul 34 54 lesbisch 46 33 bisexuell transgender/ transident 30 eher wichtig 7 31 9 31 14 50 sehr wichtig 100 eher nicht wichtig 6 7 gar nicht wichtig 10 3 keine Angabe Basis: Wien: schwul: n=561; lesbisch: n=237; bisexuell: n=63; transgender/transident: n=30 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 36 Gewünschte Form der Betreuung/Pflege F23: Jeder Mensch kann in die Situation gelangen, auf private oder professionelle Hilfe und Pflege angewiesen zu sein. Wenn Sie es sich aussuchen könnten und unabhängig davon, ob sie aktuell Hilfen erhalten: Welche der folgenden Formen wären 0 20 40 60 80 100 für Sie …? (in Prozent) zu Hause wohnhaft bleiben mit Betreuung durch den/die Partner/in zu Hause wohnhaft bleiben mit Betreuung durch mobilen Betreuungs- und Pflegedienst eine betreute Senior/innen-WG zu Hause wohnhaft bleiben mit 24-Stunden-Betreuung 20 zu Hause wohnhaft bleiben mit Betreuung durch ein Familienmitglied 20 37 16 28 38 17 33 8 18 8 8 26 15 28 35 sehr wünschenswert eher wünschenswert gar nicht wünschenswert keine Angabe 18 25 10 4 7 24 28 23 6 13 29 24 zu Hause wohnhaft bleiben mit Betreuung durch Freund/innen//Bekannte 12 41 35 eine private Senior/innen-WG ein Pflegewohnheim 25 47 8 11 9 11 11 11 14 weniger wünschenswert 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 37 Betreuende Personen F24: Wenn Sie es sich aussuchen könnten, von welcher Person Sie bei einem Betreuungs- und Pflegeanbieter betreut werden: Was wäre Ihnen da am liebsten? Ich möchte betreut/gepflegt werden von … (in Prozent) 0 20 40 60 80 100 Anderes (Beispiele): 10 schwul 3 29 lesbisch 4 bisexuell transgender/ transident 4 20 1 17 6 46 30 4 33 4 2 11 3 44 22 10 1 4 50 13 1 10 2 6 8 von einem Mann von einer Frau von einem schwulen Mann von einer lesbischen Frau von einer Transgender-Person Geschlecht/Orientierung der Person egal anderes weiß es noch nicht • …einer Person, die sensibel mit verschiedenen Identitäten umgeht… • …die sexuelle Orientierung ist egal, aber eine offene Weltsicht ist wichtig… • …egal, nur nicht unbedingt von einem Hetero-Cis-Mann… • …ist mir egal, solange sie nicht diskriminieren und offen sind… • …von einer gut ausgebildeten, einfühlsamen Person… • …von einer nicht heteronormativen Person gepflegt werden… keine Angabe Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 38 Gewünschte Mitbewohner/innen F25: Wenn Sie es sich aussuchen könnten, wer mit Ihnen in einer betreuten Seniorenwohngemeinschaft oder einem Pflegewohnheim zusammen lebt, was wäre Ihnen da am liebsten? Ich möchte … wohnen. (in Prozent) 0 20 24 schwul 23 11 bisexuell 11 7 4 2 4 10 12 4 60 16 7 lesbisch transgender/ transident 40 34 23 1 80 8 15 3 28 4 43 48 100 7 14 NUR mit schwulen Männern mit Männern, egal welcher Orientierung NUR mit lesbischen Frauen mit Frauen, egal welcher Orientierung NUR mit Transgender-Personen NUR mit gleichgeschlechtlich orientierten Frauen und Männern mit Männern und Frauen, egal welcher Orientierung anderes weiß es noch nicht keine Angabe 1 11 11 14 Anderes (Beispiele): • …allgemeine Durchmischung ohne Gettobildung… • …Bin nicht sicher, aber vermutlich mit Lesben, Schwulen und Transgender… • …hauptsächlich mit gleichgeschlechtlich orientierten Männern und Frauen… • …in einer gemischten Gruppe, in der ich aber vielleicht nicht die einzige gleichgeschlechtliche orientierte Person bin… • …mit Männern und Frauen, aber AUCH mit Schwulen und Lesben… • …mit Schwulen, Lesben, Transgender und Heterosexuellen - ein Mix aus allem… 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 39 Einstellungen zukünftige Betreuung F26: Wenn Sie ein Betreuungs- und Pflegeangebot wahrnehmen würden: Wie wichtig wäre Ihnen dabei, dass...? (in Prozent) 0 20 40 60 Ihre sexuelle Orientierung durch Mitarbeiter/innen respektiert wird 100 4 12 92 Ihre sexuelle Orientierung durch Mitbewohner/innen in einer Einrichtung respektiert 8 89 Sie in der Betreuung offen leben könnten AUC H andere Schwule/Lesben/Transgender-Personen das Angebot nutzen 31 52 das Angebot auf Schwule/Lesben/Transgender-Personen ausgerichtet und beworben wird 42 AUC H homosexuelle/Transgender-Mitarbeiter/innen dort beschäftigt sind 40 NUR Schwule/Lesben/Transgender-Personen dieses Angebot nutzen 14 8 5 33 18 37 13 32 37 37 sehr wichtig eher wichtig Basis: schwul: n=679; lesbisch: n=306; bisexuell: n=90; transgender/transident: n=50 eher nicht wichtig 3 3 10 37 12 4 22 22 70 12 4 12 12 82 Mitarbeiter/innen der Dienste/Einrichtungen zu Homosexualität/Transidentität geschult sind NUR homosexuelle/Transgender-Mitarbeiter/innen dort beschäftigt sind 80 4 4 6 4 8 9 gar nicht wichtig keine Angabe 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 40 Einstellungen zur aktuellen Betreuung/Pflege in Wien F27: Bezogen auf die derzeitige Situation in Wien, glauben Sie … ? (in Prozent) 0 20 dass Schwule/Lesben in Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen vom Personal diskrimierungsfrei behandelt werden 8 dass TransgenderPersonen in Betreuungsund Pflegeeinrichtungen vom Personal diskrimierungsfrei behandelt werden 7 dass Schwule/Lesben in Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen von den Mitbewohner/innen diskrimierungsfrei behandelt werden 5 dass TransgenderPersonen in Betreuungsund Pflegeeinrichtungen von den Mitbewohner/innen diskrimierungsfrei behandelt werden 5 40 60 43 100 40 24 8 46 25 20 53 14 ja sicher 80 13 50 eher schon eher nicht 27 sicher nicht 2 3 4 4 keine Angabe Basis: Wien: schwul: n=561; lesbisch: n=237; bisexuell: n=63; transgender/transident: n=30 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 41 Bekanntheit von Wohn-/Pflegeangeboten in Wien F28: Haben Sie schon von folgenden Projekten gehört... ? (in Prozent) 0 20 Wohnprojekt Que(e)rBau (Seestadt Aspern) 60 31 Frauenwohnprojekte ro*sa Pflege unterm Regenbogen (Wiener Sozialdienste) 40 3 77 11 100 1 68 21 ja 80 1 88 nein keine Angabe Basis: Wien: schwul: n=561; lesbisch: n=237; bisexuell: n=63; transgender/transident: n=30 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 42 Was ist Ihnen sonst noch wichtig? F29: Was ist Ihnen sonst noch wichtig, wenn Sie an das Wohnen und die Versorgung im Alter für sich denken? (offene Nennungen) „Offen und frei leben können, erst recht im Alter!!!“ „zielgruppengerechte Angebote, aber keine Ghettos!“ Qualität der Betreuung: diskriminierungsfrei, respektvoll, wertschätzend Wohn- und Lebensqualität: Zentrale Lage, Anbindung, Mobilität, Zugang zu Natur, kleinere Einrichtungen, persönliche Atmosphäre, aktive Freizeitgestaltung, Gemeinschaft/Nachbarschaft, soziale Kontakte und Vernetzung mit anderen (älteren) LGBT Leistbarkeit des Angebots, Förderung durch öffentliche Hand (z.B. Genossenschaft, Baugruppen) Angebote in den Bundesländern Eine gute Durchmischung: „Es wäre mir nicht wichtig, ja fast unangenehm, nur mit Schwulen und Lesben zu leben, aber der Einzige will man doch wieder nicht sein. Dieses Gefühl hatte man wohl bereits oft genug.“ Selbstbestimmung, Autonomie 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 43 Anmerkungen/Kritik zur Umfrage F41: Gibt es noch etwas, was Sie uns gerne mitteilen möchten? (offene Nennungen) Danke für diese wichtige Umfrage! Bitte mehr Information, Werbung, Öffentlichkeitsarbeit, über Projekte und Angebote „Viele in der LSBT Community wollen sich nicht als ´Minderheit´ fühlen, deswegen werden die Antworten nicht die tatsächlichen Ängste und Bedürfnisse aufzeigen, sondern ein idealisiertes Bild. Möglicherweise wird ein spezielles Angebot jetzt abgelehnt, aber später in der tatsächlichen Situation doch gewünscht.“ Bitte die Ergebnisse der Umfrage auch wirklich umsetzen! Ich interessiere mich sehr für die Ergebnisse, wann werden sie veröffentlicht? Können Personen aus den Bundesländern Angebote in Wien nutzen? Wird es auch regionale Angebote geben? „Warum muss immer so ein Unterschied gemacht werden? Das Pflegepersonal sollte jeden Menschen gleich behandeln.“ 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 44 Kontakt Mag.a Christine Schuster Dr. Reinhard Raml Projektleiterin Projektleiter/Prokurist IFES - Institut für empirische Sozialforschung GmbH Teinfaltstraße 8 1010 Wien IFES - Institut für empirische Sozialforschung GmbH Teinfaltstraße 8 1010 Wien Tel.: 01/54670 – 320 Mobil: 0664/812 39 31 E-Mail: [email protected] Tel.: 01/54670 - 321 Mobil: 0664/814 63 34 E-Mail: [email protected] 33004001 Wohnen, Betreuung und Pflege 80 6464646464 3.6. Wichtigste Ergebnisse der quantitativen Befragung Die Befragung Mittels einer Kombination von Online- und Selbstausfüller-Fragebögen erreichte die Umfrage einen breiten Rücklauf von 1.143 Personen. Der Selbstausfüllerfragebogen sowie ein Rücksendekuvert an IFES wurden dabei einer Ausgabe des Magazins X-tra mit einem Aufruf zur Partizipation an der Studie beigelegt. Insgesamt haben 970 Personen den Onlinefragebogen ausgefüllt und 173 den Selbstausfüllerfragebogen. In Absolutzahlen wurden rund 680 schwule Männer, 300 lesbische Frauen, 90 Bisexuelle und 50 Transgender-Personen befragt, davon knapp 80 Prozent aus Wien. Die Ergebnisse wurden nach diesen Zielgruppen ausgewertet. Die offenen Rückmeldungen der Respondent/innen zur Behandlung des Themas LGBT im Alter waren vielfach sehr positiv und das Interesse an den Ergebnissen und deren Umsetzung groß. Der Bedarf nach LGBT-sensiblen Angeboten ist da Fast 90 Prozent der Befragten schätzen, dass das derzeitige Betreuungs- und Pflegeangebot in Wien sehr oder nur eher schlecht auf die Bedürfnisse von LGBT eingestellt ist. Annähernd die Hälfte aller Befragten glauben nicht an eine diskriminierungsfreie Behandlung von Schwulen und Lesben durch das Personal, zwei Drittel vermuten Diskriminierung seitens der Mitbewohner/innen. Eine noch stärkere Vermutung der Diskriminierung besteht für Transgender-Personen. Entsprechend wird die Etablierung eines LGBT-sensiblen Angebotes von 86 Prozent der Befragten als sehr oder eher wichtig befürwortet und ein diesbezüglicher Bedarf angemeldet. Mit Blick auf die soziale Struktur der Zielgruppe zeigt die Befragung, dass eine Betreuung/Pflege im Alter durch Familienmitglieder eine marginale Rolle spielen wird. Gewünschte Formen der Pflege und Betreuung Die bevorzugte Form der Betreuung im Alter findet im eigenen Zuhause durch den/die Partner/in oder durch einen mobilen Betreuungs- und Pflegedienst statt. An zweiter Stelle wird eine private Senior/innen-WG präferiert. Es folgen – jedoch mit bereits deutlich niedrigerer Präferenz – weitere Formen der häuslichen Pflege (24h-Betreuung, Betreuung durch Freund/innen/Bekannte oder Familienmitglieder). Das Pflegewohnheim steht an letzter Stel- 81 le. Diese Reihung gilt für alle Gruppen: Schwule, Lesben, Bisexuelle und TransgenderPersonen. Durchmischung oder Exklusivität? In allen Gruppen besteht mehrheitlich die Einstellung, das Geschlecht und die Orientierung der betreuenden Personen und der Mitbewohner/innen in einer Einrichtung bzw. einem Dienst spiele keine Rolle. Viele Befragte streichen hervor, dass vielmehr die Sensibilität und Offenheit aller Beteiligten gegenüber LGBT am wichtigsten ist. Bevorzugt wird aus dieser Sicht eine „gute Durchmischung“. Nach Orientierung betrachtet, gibt es jedoch in jeder Gruppe auch einen wesentlichen Anteil, der sich ein (teil-)exklusives Angebot wünscht. Ein deutlicher Prozentsatz der schwulen Männer möchte bevorzugt von einem homosexuellen Mann bzw. bei den Lesben von einer lesbischen Frau gepflegt werden, und/oder nur mit Personen gleicher Orientierung zusammenleben. Diese Exklusivität ist für Befragte ab 50 Jahren wichtiger als für die jüngeren. Für viele Befragte ist die Orientierung zwar weniger relevant, wohl aber das Geschlecht von Personal und Mitbewohner/innen. Methodik Der Methodenmix aus Selbstausfüllerfragebogen und Online-Befragung war erfolgreich da durch den Selbstausfüllerfragebogen und seine Verbreitung im Magazin X-tra auch Gruppen an der Befragung teilgenommen haben, die mittels Onlinebefragung weniger gut erreicht (Personen ohne Matura, 50+) wurden. Kritisch muss allerdings gesehen werden, dass wir Lesben weniger gut wie Schwule erreichen konnten. Sollte eine derartige Befragung wiederholt werden, sollte verstärkt versucht werden z.B. den Fragebogen über lesbische Netzwerke oder auch Magazine zu verbreiten. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 82 4. Gesamtfazit zur Studie Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT In einem abschließenden Fazit sollen die Ergebnisse aus den vorangegangenen Erhebungsschritten der Desk Research und den qualitativen Interviews mit den Ergebnissen der quantitativen Befragung zusammengeführt werden. Bedarf nach einem LGBT-sensiblen Angebot in allen Erhebungsschritten bestätigt Auf Basis der Literaturanalyse wurde ein Bedürfnis der LGBT-Community nach spezifisch ausgerichteten Wohn-, Pflege- und Betreuungsangeboten für Ältere festgestellt. Bestehenden Studien war zu entnehmen, dass „herkömmlichen“ Einrichtungen wenig vertraut wird und dort Diskriminierung befürchtet wird. Angebote, die (auch) auf Schwule, Lesben und Transgender-Personen ausgerichtet sind und in denen auch LGBT-Personen betreuen/pflegen, werden stark befürwortet. Die IFES-Befragung unter 1.140 Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgender-Personen unterstreicht diese Befunde: Fast 90 Prozent der Befragten meinen, dass das aktuelle Pflege- und Betreuungsangebot in Wien sehr oder eher schlecht auf die Bedürfnisse von Schwulen, Lesben und Transgender-Personen eingestellt ist. Überdies vermutet fast die Hälfte eine Diskriminierung von Schwulen/Lesben durch das Personal sowie zwei Drittel durch die Mitbewohner/innen. Diskriminierendes Verhalten gegenüber Transgender-Personen wird für noch wahrscheinlicher gehalten. Entsprechend hoch ist der Zuspruch für ein Betreuungs-/Pflegeangebot, das speziell auf die Bedürfnisse von LGBT-Personen abgestimmt ist. 88 Prozent der Respondent/innen halten es für sehr oder eher wichtig, ein solches in Wien einzurichten. Mit Blick auf die soziale Struktur der Zielgruppe zeigt die Befragung, dass eine Betreuung/Pflege im Alter durch Familienmitglieder eine marginale Rolle spielen wird. Durchmischung geht vor Exklusivität Wie bereits im Teil zu den Expert/innen-Interviews formuliert, sollte das vorderste Ziel eine Angebotsstruktur sein, die LGBT-Personen im Alter integriert. Der Aufbau einer ausschließlich getrennten Struktur wäre langfristig gesellschaftspolitisch bedenklich, vielmehr muss an einem gesellschaftlichen Klima gearbeitet werden, in dem Jede/r seine/ihre sexuelle Orien- 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 83 tierung ohne Probleme thematisieren kann. Die IFES-Befragung hat erhoben, welche Art des Angebots LGBT bevorzugt in Anspruch nehmen würden. Die Ergebnisse bestätigen, dass mehrheitlich eine „gute Durchmischung“ gewünscht wird. Die Nutzung des Angebots durch „auch andere“ Schwulen/Lesben/Transgender-Personen wird wesentlich stärker befürwortet (ca. 80%), als eine ausschließliche Nutzung durch die Zielgruppe (ca. 20%). Selbiges gilt für die Betreuungs-/Pflegekräfte. Auch hier wird am stärksten (zu 77%) ein Mix aller Orientierungen und Geschlechter gewünscht (Exklusivität im Vergleich dazu: zu 17%). Weniger die Exklusivität eines Angebots für ausschließlich eine Zielgruppe ist für die Mehrheit relevant, als vielmehr Offenheit, Sensibilität und Diskriminierungsfreiheit in Bezug auf Homosexualität bzw. Transidentität. Wichtig ist auch Vielen, sich bewusst für einen Mann oder eine Frau als Pfleger/in entscheiden zu können. Die älteren Befragten 50 plus zeigen eine stärkere Präferenz für ein LGBT-exklusives Angebot als die jüngeren, sowohl was die Mitbewohner/innen, als auch das Personal betrifft. Dies kann mit den lebensgeschichtlichen Erfahrungen dieser Generation(en) begründet werden. Gewünschte Betreuungsformen Zum allgemeinen Setting der Pflege/Betreuung hat die Befragung folgendes ergeben: Am stärksten ist der Wunsch, im Alter zu Hause durch den/die Partner/in betreut zu werden – für fast die Hälfte ist das sehr wünschenswert. Zu Hause bleiben mit mobiler Pflege liegt an zweiter Stelle (35% sehr wünschenswert), gefolgt von privaten oder betreuten Senior/innenWG-Formen (29% bzw. 28%) und einer 24-Stunden-Betreuung zu Hause (24%). Gleichauf liegen, für 20 Prozent sehr wünschenswert, die Betreuung zuhause durch Freund/innen und Bekannte sowie die Betreuung durch ein Familienmitglied. Am wenigsten wird die Pflege in einem Wohnheim favorisiert (8%). Diese Präferenz der Betreuungsformen zieht sich quer durch alle Formen der Orientierung. Eine Bandbreite von verschiedenen Pilot-Angeboten und -projekten wäre mittelfristig wichtig, um diese unterschiedlichen Bedürfnisse und Bedarfe abzudecken. Der Grad der Durchmischung bzw. Exklusivität kann dabei variieren, um die unterschiedlichen Generationen von LGBT-Personen zu berücksichtigen. Als wesentlicher Aspekt wird die Leistbarkeit von künftigen Angeboten von den Respondent/innen in der Befragung betont. Eine öffentliche Förde- 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 84 rung in Form von genossenschaftlichem Wohnraum oder in Form von Baugruppen wird diesbezüglich bejaht. Diversität als Thema für den Ausbildungs- und Personalbereich Sowohl in der Literatur als auch in den Expert/innengesprächen wurde die Bedeutung einer besseren Schulung und Sensibilisierung von Pflege- und Betreuungspersonal in der Ausbildung betont. Hier wird als Ergebnis der Befragung insofern ein sehr konkreter Auftrag formuliert, als nahezu alle Befragten von der momentanen Betreuungssituation keine Diskriminierungsfreiheit erwarten. Besonderer Aufklärungsbedarf besteht hierbei zum Thema Transidentität. Ein wesentlicher Schritt wäre die Integration von LGBT-Themen in die Ausbildung von Altenpflege- und Heimhilfeberufen. Dies besteht in Wien im Bereich der Krankenpflegerausbildung bereits in Form einer von der Wiener Antidiskrimiminerungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen angebotenen Seminars. Eine Übernahme für alle pflegerelevanten Berufsausbildungen wäre das Ziel; dafür müssten entsprechend Ressourcen bereitgestellt werden. In Bezug auf den Personalbereich kann eine „gay-friendly“-Betreuungsschiene für einen Anbieter bewirken, dass sich Pfleger/innen und Heimhelfer/innen, die selbst schwul-lesbisch sind und gerne mit LGBT-Personen arbeiten würden, eher bewerben. Diese Mitarbeiter/innen können für Klient/innen eingesetzt werden, denen eine spezifische Betreuung/Pflege am liebsten ist: Immerhin 30 Prozent der schwulen Befragten würden von einem schwulen Mann betreut werden wollen; 20 Prozent der lesbischen Befragten von einer lesbischen Frau und gut 20 Prozent der Transgender-Personen von einem TransMann/einer Trans-Frau. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 85 Literaturverzeichnis Fonds Soziales Wien: Pflege und Betreuung in Wien. Das Angebot im Überblick. Broschüre. Wien 2013. FRA - European Union Agency for Fundamental Rights: EU LGBT survey. Results at a glance. Wien 2013. FRA -European Union Agency for Fundamental Rights: Homophobia and Discrimination on Grounds of Sexual Orientation and Gender Identity in the EU Member States. Part Two: The Social Situation. Wien 2009. Gabrielson, Marcena L.: “We Have to Create Family”: Aging Support Issues and Needs Among Older Lesbians. In: Journal of Gay & Lesbian Social Services, 23:322–334, 2011. Hedtke, Kathrin: „Nicht mehr verstecken“- Seniorenheim für Schwule, Bericht vom 17.5.2010. http://www.sueddeutsche.de/muenchen/seniorenheim-fuer-schwule-nicht-mehr-verstecken1.343197 Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit: Homosexualität und Alter- Informationen für Beschäftigte in der Altenpflege. Wiesbaden 2009. http://www.spacesbrandeburg.de/downloads/Broschuere_Homosexualitaet_und_Alter_HMAFG _2010.pdf Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen München (Hg.): Unterm Regenbogen- Lesben und Schwule in München 2004. http://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Direktorium/Koordinierungsstelle-fuergleichgeschlechtliche-Lebensweisen/Antidiskriminierung.html Nachtwey, Claus: Anders sein und älter werden: Lesben und Schwule im Alter. Vortrag im ICCR (The Interdisciplinary Centre for Comparative Research in the Social Sciences), Wien, 4. Juni 2004. http://www.berlin.de/lb/ads/gglw/themen/ Neville, Stephen/ Henrickson, Mark: Lavender retirement’: A questionnaire survey of lesbian, gay and bisexual people’s accommodation plans for old age. In: International Journal of Nursing Practice 2010; 16: 586–594. Persson, Diane I.: Unique Challenges of Transgender Aging: Implications From the Literature, Journal of Gerontological Social Work, 52:6, 633-646, Routledge 2009. Reimann, Katja/ Lasch, Vera: Differenzierte Lebenslagen im Alter: der Einfluss sexueller Orientierung am Beispiel homosexueller Männer. In: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, Organ der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie e.V., Bd. 39, Nr. 1, 2006, S. 13-21. 33004001 Wohnen, Pflege und Betreuung im Alter bei LGBT 86 Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien 2012. www.wien.gv.at/statistik/pdf/menschen12.pdf Wernicke, Harald in Zusammenarbeit mit dem Schwulen Museum Berlin (2002): Soziale Projekte für Lesben und Schwule im Alter aus den USA, Großbritannien, den Niederlanden und Schweden. Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen, Homepage unter http://www.wien.gv.at/queerwien/ Weiterführende Literatur: Hughes, Anne K./ Harold, Rena D./ Boyer, Janet M.: Awareness of LGBT Aging Issues Among Aging Services Network Providers. In Journal of Gerontological Social Work, 54:659–677, Routledge 2011. Kolland, Franz: Altersbilder einst und jetzt und ihre Auswirkung auf das persönliche Altersverständnis. 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