Germanium(II)-Komplexe mit Dithio-at-Chelatliganden Germ anium (II) Complexes with Dithio-ate Chelating Ligands Hans H. Karsch*, Michael Hollstein und G erhard Müller Anorganisch-chemisches Institut der Technischen Universität München, Lichtenbergstraße 4, D -8046 Garching Herrn Prof. Dr. H. P. Fritz zum 60. Geburtstag gewidm et Z. Naturforsch. 45b, 7 7 5 -7 8 0 (1990); eingegangen am 22. Dezember 1989 Germanium(II), D ithiocarbam ates, D ithiophosphinates Stable germanium(II)-dithiocarbamate complexes Ge[S2C (N R 2)]2 (R = Me, Et) have been obtained from GeCl2 dioxane and Na[S2C (N R 2)]. As an intermediate, Ge(Cl)[S2C (N E t2)] also could be isolated. Likewise, Ge[S2PM e2]2 was synthesized from GeCl2 dioxane and Na[S2PM e2] and characterized by X-ray structure analysis. The germanium atom acts as a spiro-center for four sulfur atom s in a distorted ^-trigonal bipyramidal configuration which is established by two anisobidentate dithiophosphinate ligands. The axial G e ~ S bonds are sig­ nificantly longer (mean: 2.722 Ä) than the equatorial ones (mean: 2.415 Ä). The variation in the axial bonds is more pronounced (0.058 A) than in the equatorial (0.013 Ä) G e - S bonds, but this effect is much smaller than in the comparable G e ^ P M e^ C P M e ^ complex. Einleitung Stabile, isolierbare M olekülverbindungen von zweiwertigen Gruppe-14-Elementen sind ver­ gleichsweise selten. Wegen ihres hohen Reaktions­ potentials und der damit verbundenen Eignung als Synthesebausteine für neue Verbindungsklassen dieser Elementgruppe werden verschiedene Stabi­ lisierungsmöglichkeiten derzeit aber intensiv er­ probt. M it den zweizähnigen Diphosphinom ethanidliganden I ist es in den letzten Jahren gelungen, 7 R,R. 0 1 ' .PR, -e I / I 1 \ m X ' PR2 / S: ••e ©*• I h m cT p :S ©•• 1 ' \ / X-C PR2 / \ M -CX Np ' R, / PR, M=S i[ 1], Ge, Sn[21 Sn[21, Pb[3] PR, I M- \ P«2 X A R,P ‘ R ,P 2 \ ■M PR^ c/ PRz i X B M=G e,Sn,Pb[3A l C eine Reihe isolierbarer Verbindungen dieser Ele­ mente in ihrer formalen Oxidationsstufe +2 (z.B. A, B, C) darzustellen. Die vielseitigen Reaktions- und K oordina­ tionsmöglichkeiten von I (z. B. chelatisierend (P"P): A; einzähnig (C): B; verbrückend (P~P): C) sowie auch seine Oxidationsempfindlichkeit [6 ] werden mit 1,1-Dithio-at-Liganden, z.B. II (Dithiocarbam ate, D ithiocarbonate) und III (Dithiophosphinate, D ithiophosphate) in unter­ schiedlichen Systemen häufig gleichfalls gefunden. So sind I —III m onoanionisch und treten häufig als Vierringchelatbildner auf, wobei meist hohe K oor­ dinationszahlen ermöglicht werden. Im U nter­ schied zu I sind II und III allerdings nicht reduk­ tionsstabil (was bei Synthesen wichtig ist, die einen Reduktionsschritt einschließen); die negative La­ dung ist vorwiegend den koordinierenden S-Atomen zuzuschreiben und diese sind nicht durch Sub­ stituenten (R im Falle von I) abgeschirmt. Da die Synthese der Phosphinom ethanide jedoch sehr auf­ wendig ist [7] und um weitere Analoga zu A - C zu erhalten, erscheint es reizvoll, solche Systeme auch mit Liganden vom Typ II oder III darzustellen. SiMe, M =Ge [ 51 M e ,P " Me,P * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. Hans H. Karsch. PMe, PMe2 PMe, PMe,L SiMe, PMe2 LI __ i PMe2 1 Sn = | " '^ P M e , Me2P—. Me,P Verlag der Zeitschrift für N aturforschung, D-7400 Tübingen 0932-0776/90/0600-0775/$ 01.00/0 ^PM e, PMe2 ^ PMe2 Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License. Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen. On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage. H . H . K arsch et al. • G erm anium (II)-K om plexe mit D ith io -at-C h elatlig an d en 776 Da sich die Strukturen von Verbindungen des Typs A für M = Ge und M = Si, Sn signifikant un­ terscheiden [1-3], kann so auch der Frage nachge­ gangen werden, ob die auffällige Tendenz in 2 zur Verringerung der K oordinationszahl auch für S-Donorliganden gilt oder ob hier ein Sonderver­ halten der Diphosphinom ethanidkom plexe vor­ liegt. Zwar sind Ge(II)-Komplexe mit Liganden des Typs II oder III unbekannt, für Zinn(II) und Blei(II) [8] sowie für die vierwertigen Elemente [9] sind derartige Komplexe jedoch beschrieben und z. T. auch strukturell untersucht, so daß Vergleiche gezogen werden können. Darstellung und spektroskopische Untersuchungen Aus GeCl2- Dioxan [10] lassen sich die Verbin­ dungen 4 - 7 in guten Ausbeuten als farblose, in Ethern, Chloroform oder Aceton lösliche Verbin­ dungen erhalten (Gin. (1), (2)). TH F GeCl 2 C 4H 80 2 + 2N a[S 2C N R 2] _ „ u „ C 4H 8(J 2 -2 N a C l Ge[S 2C N R 7], 4: R = Me 5: R = Et TH F GeCl 2 • C 4H 80 2 + 2 Na[S 2PM e2] ^ „ (l ) -2 N a C l Ge[S 2PM e ,]2 6 (2) Als Zwischenprodukt fällt bei der Darstellung nach Gl. (1) mit nur einem Äquivalent Dithiocarbam at Ge(Cl)[S 2C N E t2] (7) an, das in reiner Form (frei von 5) nach Gl. (3) erhalten wird. 1. aktiviertes Mg r ,i r . Lj -■ Na[S 2CNEt->] n GeCl 2 C 4H 80 2 —---------=------ >7 (3) NM R-spektroskopisch ('H , 13C, ?1P) zeigen die Signale der Liganden in 4 - 7 nur geringe, aber durchgängig beobachtbare Hochfeldverschiebungen bezüglich denen der entsprechenden N atrium ­ salze. So wird ÖP für Na[S 2PM e2] bei +55,28 ppm, für 6 bei +49,99 ppm gefunden, und das Signal des C arbam atkohlenstoffs erscheint für Na[S 2C N M e2] bzw. für Na[S 2C N E t2] bei +207,90 ppm bzw. 206,16 ppm, während für 4 und 5 +200,59 ppm bzw. 198,86 ppm gemessen werden. Offensichtlich ist es dynamischen Prozessen (Pseudorotation) zu­ zuschreiben, daß für die P C H r G ruppen im 'Hund 13C-N M R-Spektrum nur ein Signal erhalten wird. Eine y/-tbp-G rundstruktur, wie sie im Fest­ körper gefunden wird (s.u.), sollte zu zwei unter­ schiedlichen Resonanzen A nlaß geben, doch ist dies bis -1 0 0 C in Lösung nicht nachzuweisen. Als prominente Peaks erscheinen im M assen­ spektrum von 4 - 7 jeweils Signale mit dem korrek­ ten Isotopenm uster bei m /e = M + und m /e = (M + - ein Dithioligand) und sichern so die angegebene Zusammensetzung. Aus den Infrarotspektren schließlich lassen sich Rückschlüsse au f die K oordination der Li­ ganden ziehen. Für 6 findet man für zlv(PS2) = 80 cm-1, einen Wert also, der zwischen dem Be­ reich für zweizähnige ( J = 5 0 -7 0 cm-1) und ein­ zähnige (A > 95 cm “ 1) K oordination fällt und so­ mit eine unsymmetrisch zweizähnige („anisobidentate“) K oordination des Dithiophosphinatliganden anzeigt [11]. Dieser Befund wird durch das Ergebnis der R öntgenstrukturanalyse bestätigt (s.u.). Auch für 4 und 5 läßt sich die zweizähnige Koordination der Dithiocarbam atliganden aus den IR-Spektren ableiten: Das Auftreten nur einer v(CS2)-Valenzschwingungsbande bei 1045 (4) und 990 cm “ 1 (5) weist auch hier auf eine zweizähnige Koordination hin [12]. Bei 7 erscheint die v(Ge-Cl)-Valenzschwingungsbande bei 320 cm ’, während die v(CS2)-Bande bei 1005 cm “ 1 gefunden wird. Weitere Aussagen über die Struktur der be­ schriebenen Verbindungen sind aus den spektro­ skopischen Daten allerdings nicht zu gewinnen, so daß einer R öntgenstrukturanalyse von 6 entspre­ chende Bedeutung zukommt. Molekülstruktur von Ge[S2P M e2l2 (6) Wie beim D iphosphinom ethanidkom plex 2 als Vergleichsverbindung ist das Germ anium atom in 6 tetrakoordiniert. In beiden Fällen läßt sich eine verzerrte ^-tbp-G rundstruktur feststellen, wobei dem freien Elektronenpaar eine äquatoriale Posi­ tion zugewiesen wird. Zur Beschreibung der G rundstruktur bietet sich eine aus den drei p-Orbitalen des Germ anium s mit den vier cr-Donororbitalen der Liganden aufgebaute Wechselwirkung an, was zu zwei 2z2e-B indungen und einer 3z4e-Bindung führt. Dementsprechend sind die (axialen) Abstände G e -S 2 /3 mit 2,693(1) und H. H. K arsch et al. • G erm an iu m (II)-K o m p lex e m it D ithio-at-C helatliganden 2,751(1) Ä deutlich länger als die beiden (äquato­ rialen) A bstände G e - S l / 4 mit 2,421(1) und 2,408(1) Ä, die Einfachbindungsabständen ent­ sprechen [13]. Damit reflektieren die längeren G e-S2/3-B indungsabstände deutlich die verrin­ gerte Bindungsordnung der 3z4e-Bindung, wobei diese aber bei 6 im Gegensatz zu 2 (aber wie bei 1 und 3) nahezu symmetrisch ist (6 : J d G e - S axax = 0,058 Ä). 777 nahezu planaren Chelatvierringe (Ebenenwinkel GeS 1 S2/P 1 S 1 S 2 = 162,1°, G e S 3 S 4 /P 2 S 3 S 4 = 174,4°) deutlich kleiner sind zugunsten der T etra­ ederkonfiguration von P 1/P2. Tab. I. Fraktionelle Atom koordinaten und äquivalente isotrope Auslenkungsparameter für 6 (U „ = 1/3 X,,U,iai*a,*aiaJ)Atom Ge S1 S2 S3 S4 PI P2 C ll C 12 C21 C 22 x/a y /b -0,02390(5) 0,0148(1) -0 ,2502(1) 0,1051(1) -0,3 7 7 1 (1 ) -0,2 1 3 5 (1 ) -0 ,2227(1) -0 ,1323(6) -0 ,4677(5) -0 ,3067(5) -0 ,3171(5) z/c 0,43738(3) 0,33755(3) 0,46541(8) 0,14328(6) 0,15403(8) 0,18222(7) 0,75677(8) 0,44271(7) 0,50474(8) 0,36291(7) 0,26019(8) 0,06296(6) 0,73442(8) 0,42837(6) 0,1428(4) -0 ,0 7 5 8 (3 ) 0,2986(4) 0,0146(3) 0,8335(3) 0,5731(2) 0,8184(4) 0,3253(3) u eq 0,078 0,071 0,095 0,101 0,082 0,071 0,062 0,112 0,113 0,083 0,098 Tab. II. Wichtige Bindungsabstände [Ä] und -winkel [°] in der Struktur von 6 mit Standardabweichungen in Ein­ heiten der letzten signifikanten Stelle in Klammern. Abb. 1. Struktur von 6 im Kristaii und verwendete Atomnumerierung (O RTEP, die Ellipsoide umschreiben 50% Aufenthaltswahrscheinlichkeit, H -Atom e mit will­ kürlichen Radien). Erwartungsgemäß geht ein langer G e-S-B indungsabstand mit einem kurzen P-S-B indungsabstand einher (und umgekehrt), und auch die annä­ hernd tetraedrische P-Um gebung entspricht den Erwartungen. Die R ingspannung der durch die Chelatkoordination der S2PM e2-Liganden gebil­ deten Vierringe GeSPS erweist sich im übrigen, ebenfalls den Erwartungen entsprechend [14], als geringer als die der (M e 2P) 2C(PM e2)-Liganden in 2: in 6 nähern sich die Winkel S2G eS3 (158,8(1)°) und S 1 GeS4 (98,2(1)°) weit m ehr den „Idealwer­ ten“ für das vorgeschlagene Bindungsmodell von 180° bzw. 90° an als die entsprechenden Winkel PGeP in 2 (147,1(1)/107,9(1)°). N ahezu rechtwink­ lig sind auch die „axial-äquatorial“-Winkel S 2G eS4 (87,1(1)°) und S lG e S 3 (86,9(1)°), wäh­ rend die entsprechenden Winkel S lG e S 2 (79,4(1)°) und S 3G eS 4 (78,9(1)°) innerhalb der G e-S l ^ VJC —O o z. P l-S l P 1 -S 2 P l-C ll P 1 -C 1 2 2,421(1) /:m/i \ i) 2,033(1) 1,994(1) 1,795(3) 1,786(3) G e-S 4 C'l VJW k J P 2 -S 4 P 2 -S 3 P 2 - C 12 P 2 -C 2 2 2,408(1) S l-G e -S 2 S l-G e -S 4 S l-G e -S 3 G e -S l-P l G e -S 2 -P l S 1 -P 1 -S 2 C 1 1 -P 1 -C 1 2 S l-P l-C ll S 1 -P 1 -C 1 2 S 2 -P 1 -C 1 1 S 2 -P 1 -C 1 2 79,4(1) 98,2(1) 86,9(1) 87,8(1) 81,4(1) 108,8(1) 104,5(2) 110,2( 1) 108,8(1) 112,5(1) 111,9(1) S 4 - G e - S3 S 2 - G e - S3 S 2 - G e - S4 G e - S 4 - P2 G e - S 3 - P2 S 3 - P 2 - S4 C 2 1 -P 2 -C 2 2 S 3 - P 2 - C21 S 3 - P 2 - C 22 S 4 - P 2 - C21 S 4 - P 2 - C 22 78,9(1) 158,8(1) 87,1(1) 89,9(1) 81,4(1) 109,5(1) 106,2(1) 111,7(1) 111,3(1) 110,0( 1) 108,0(1) 27 * . 1 (\'» 2^033(1) 1,996(1) 1,804(3) 1,790(3) Diskussion Die Darstellung der ersten Dithio-at-Germ anium(II)-Verbindungen bestätigt die schon mit Diphosphinomethanidliganden gemachte Erfahrung, daß Germanium ähnlich wie Blei und Zinn in der Oxidationsstufe +2 stabile, homoleptische M ole­ külverbindungen mit formalem Elektronendezett zu bilden vermag. M onoanionische, zweizähnige 778 H. H. K arsch et al. • G erm an iu m (II)-K o m p lex e m it D ith io -at-C h elatlig an d en Vierringchelatbildner sind offensichtlich hierfür allgemein geeignet, gleichgültig, ob z. B. Phosphor­ oder Schwefeldonoren vorliegen oder ob planare oder tetraedrische Brückenatome die Vierringe er­ gänzen. Damit ist ein neuer Zugang zur molekula­ ren Germanium(II)-Chemie eröffnet. Die A rt der Liganden spielt aber bezüglich struktureller Aspekte sehr wohl eine Rolle: die Struktur von 6 weist wesentliche Gemeinsamkei­ ten mit den Strukturen von Zinn- oder Blei(II)Komplexen mit D ithiocarbonat, -carbam at und -phosphatliganden auf: alle sind ^/-tbp-konfiguriert mit längeren axialen als äquatorialen Bin­ dungsabständen. Ebenso ist die Variation der Bin­ dungsabstände zwischen den beiden axialen Bin­ dungen deutlich größer als zwischen den äquatorialen. Entsprechendes gilt auch für die M -P -A b stän d e in den Phosphinom ethanidkom plexen 1 -3 , wobei aber bei 2 der Unterschied der beiden axialen G e-P-B indungen besonders ausge­ prägt ist. W ährend sich also 6 diesbezüglich gut in das Gesamtbild einreiht, bleibt die Sonderstellung von 2 mit den stark unterschiedlichen axialen Ge - P-Bindungsabständen („unsymmetrische“ 3z4e-Bindung) weiterhin erklärungsbedürftig. Eine wichtige Rolle dürfte hier wohl die geringe­ re Polarität der G e -P - im Vergleich zur G e -S Bindung spielen. Die Elektronegativitätsdifferenz Ax steigt in der Reihe G e - P (0,04) < S i-P (0,32) < S n - P (0,34) < G e -S (0,42) < S n -S (0,72) an und läßt die Sonderstellung der nahezu unpolaren G e-P -B indung erkennen [15]. Ein durch erhöhte Polarität „aufgeprägter“ ionischer Bindungsanteil sollte einen nivellierenden Effekt auf Differenzierungen im kovalenten Bindungsge­ rüst ausüben. M ithin ist die in 2 angedeutete Ten­ denz des Germ anium s zur Koordinationszahlerniedrigung dem ausgeprägt kovalenten Bindungs­ zustand des Germ anium s zuzuschreiben. Dement­ sprechend ist die 3z4e-B indung im Falle zweier elektronegativerer Liganden (niedrigere O rbital­ energie) gegenüber einer 2z2e-B indung (und einer „N ichtbindung“) begünstigt. Es ist in diesem Z u­ sammenhang bezeichnend, daß auch in 8 beide G e-Se-B indungsabstände (A/ = 0,46) nahezu gleich lang sind und sich dam it an die Befunde bei 6 anschließen [16]. Experimenteller Teil A. Präparativer Teil Näheres über Arbeitsoperationen und -geräte, Lösungsmittel, Spektrom eter und Analysen findet sich in [17]. Na[S 2C N R 2] (R = Me, Et) [18], Na[S 2PM e2] [19] und GeCl 2 - Dioxan [10] wurden nach Literaturm e­ thoden dargestellt. Bei den IR-Spektren werden nur diejenigen Banden aufgeführt, die für die Strukturzuordnung wichtig sind. Allgemeine Arbeitsvorschrift A uf eine Mischung aus GeCl 2 • Dioxan (a) und Natrium dithio-at (b) werden bei - 5 0 °C i.V ak. 50 ml TH F aufkondensiert. M an läßt unter R üh­ ren au f R aum tem peratur kom m en und rührt noch weitere 2 h. Anschließend wird das T H F i.Vak. entfernt. Der R ückstand wird mit 50 ml Ether auf­ genommen, die Suspension filtriert und der Ether auf ein kleines Volumen eingeengt. Es werden farblose Kristalle, die durch Kühlen vermehrt und mit kaltem Pentan gewaschen werden, erhalten. Germanium-bis(dimethyldithiocarbamat) (4) a: 390 mg (1,683 mmol); b: 482 mg Na[S 2C N M e7] (3,368 mmol); Ausbeute: 0,49 g (93%); Fp.: 205 °C. N M R (CDC13, TM S ext.): 'H : <5CH3 = 3,40 s; ,3C {’H}: (5CS-, = 200,59s, ÖCH 3 = 41,91s. IR (Nujol, cm -'): 1515 sst (vCN); 1250 st (vsNM e,); 1045m (vsCS2); 973 st (vasNM e,); 570m (vasCS2); 280sch, 370 st (vGeS). M S (EI, 20 ° C , 74Ge): mfe = 3 14(M +, 12%); 194 (M +- S 2CN M e2, 24%); 88 (SCNM e2+, 100%). C 6H pG eN .S 4 (313,00) Ber. C 23,02 H 3,86 Gef. C 23,10 H 3,93 N 8,95, N 8,85. Germanium-bis(diethyldithiocarbamat) (5) P^ Me2 8 SiMe3 a: 310 mg (1,339 mmol); b: 458 mg Na[S 2C N E t2] (2,678 mmol); Ausbeute: 0,48 g (74,37%); Fp.: 104-105 °C. H. H. K arsch et al. ■G erm an iu m (II)-K o m p lex e m it D ith io -at-C h elatlig an d en N M R (CDCI 3, TMS ext.): 'H: <5CH, = 3,83q (7 Hz, 2H); ÖCH3 = 1,33t (7 Hz, 3H),: ,3C{'H}: ÖCS2 = 198,86s; ÖCH2 = 46,70 s; SC H 3 = 12,18s. IR (Nujol, cm -1): 1490sst (vCN); 1145sst (vsNEt,); 990st (vsCS2); 840 st (vasN E t2); 390m; 372 st (vGeS). M S (EI, 120 °C, 74Ge): m /e = 370 (M +, 40%); 222 (M +- S 2C N Et2, 100%). c n«\T C /"* 1 1 ^ '-'10A i 20^J W "2‘-'4 y' */ Ber. C 32,54 H 5,46 N 7,59, Gef. C 32,60 H 5,56 N 7,50. Germaniumdiethyldithiocarbamat-chlorid (7) 779 N M R (Aceton-d 6 (’H); CDC13 ( 13C, 31P); TMS bzw. H 3P 0 4 ext.): ‘H: S C U 3 = 2,14d (13,6 Hz); 13C{'H}: <5CH3 = 30,01 d (52,7 Hz); 31P { 1H}: ÖP = 49,99 s. IR (Nujol, cm -1): 735sch (vsPM e2); 725 sst (vasPM e2); 580sst (vsPS2); 500sst (vsPS2); 325 m, 305 m (vGeS). M S (EI, 25 °C): m/e = 324 (M +, 18%); 199 (M +- S 2PM e2, 34%); 125 (Me 2PS2+, 19%); 93 (M e 2FST, 1UU%). C 4H pGeP,S 4 (322,9) Ber. C 14,88 H 3,75, Gef. C 14,84 H 3,66. a: 0,54 g (2,33 mmol); b: 0,40 g Na[S 2C N E t2] (2,33 mmol); Ausbeute: 0,48 g (80,7%). B. Röntgenstrukturanalyse von 6 Das so erhaltene Produkt ist gelblich und etwas Enraf-Nonius C A D4-D iffraktom eter, M o - K aölig, entspricht analytisch aber weitgehend dem Strahlung, X = 0,71069 Ä, G raphit-M onochrom anach Gl. (3) erhaltenen Produkt. Darstellung nach tor, T = 23 °C. C 4H 12GeP 2S4, Mr = 322,93, triklin, Gl. (3): Raum gruppe P I (Nr. 2), a = 6,213(1), b = 15 mg aktiviertes Magnesium (0,70 mmol) [20] 9,422(1), c = 11,805(1) Ä, a = 110,46(1), ß = 93,93, in 50 ml TH F werden mit 324 mg (1,40 mmol) y = 101,06(1)°, V - 628,5 Ä3, Z = 2, dber - 1,706 GeCl2-Dioxan versetzt. Nach 24-stündigem g/cm3, //(M o -K a) = 32,5 cm -1, F(000) = 324 e. Rühren bei R aum tem peratur werden 240 mg M eßparameter: S-29 Scan, Aco = 0,8 + 0,35 tan$, (1,40 mmol) Na[S 2C N E t2] zugegeben und weitere h k l- Bereich: +9, ±13, ±16, (sinö/A)max = 48 h gerührt. Nach dem Entfernen des T H F i. Vak. 0,660 Ä _1. 3010 unabhängige Reflexe wurden ver­ wird mit 50 ml Pentan extrahiert und die Pentan­ messen und für Lp-, Zerfalls- ( - 2 % ) und empirilösung i.Vak. zur Trockene gebracht. Der enthal­ siert für Absorptionseffekte korrigiert (rel. Trans­ tene weiße Feststoff wird mit kaltem Pentan gewa­ mission 0,81 - 1,00). Die Struktur wurde mit direk­ schen und i.Vak. getrocknet. Ausbeute: 0,16g ten M ethoden gelöst (SHELXS- 86 ) und mit (44,8%); Fp.: 5 6 -5 7 °C. Fouriersynthesen vervollständigt. 9H -A tom e w ur­ N M R (CDC13, TM S ext.): 'H: <5CH7 = 3,77q den nach anisotroper Verfeinerung in Differenz­ (7 Hz, 2 H); <5CH3 = 1,28t (7 Hz, 3 H). synthesen lokalisiert, 3 wurden nach idealisierter IR (Nujol, cm -1): 1505 sst (vCN); 1150sst Geometrie berechnet. Die Verfeinerung von 112 (v2N E t2); 1005 m (v2CS2); 840 st (vasN Et,); 380 st Param etern an allen gemessenen Strukturfaktoren (vGeS); 320 sst (vGeCl). konvergierte bei R(RW) = 0,042(0,028), w = M S (EI, 115 °C, 35C1, 74Ge): m /e = 257 (M +, l/cr2(F0) (anisotrop, C H 3 als starre G ruppen, 33%); 222 (M +- S 2C N E t„ 18%); 116 (SC N E t,+; SHELX-76). Die Restelektronendichte zeigte kei­ 47%); 109 (GeCl+, 18%); 60 (100%). ne Besonderheiten: Agün = 0,44/-0,54 e/Ä 3. Tab. I C 5H 10ClGeNS 2 (255,31) enthält die A tom koordinaten, Tab. II wichtige Ber. C 23,52 H3,95 N5,49 CI 13,89, Abstände und Winkel. Abb. 1 zeigt die M olekül­ Gef. C 23,71 H3,97 N 5,24 CI 13,26. struktur. Weitere Einzelheiten zur M olekülstrukturbestim mung können beim Fachinform ationsGermanium-bis(dimethyldithiophosphinat) (6 ) zentrum Karlsruhe, D-7514 Eggenstein-Leopoldsa: 280 mg (1,21 mmol); b: 358 mg Na[S 2PM e 2]2 hafen 2, unter Angabe der Hinterlegungsnummer (2,42 mmol). Ausbeute: 350 mg (88,7%); Fp.: CSD 54414, der Autoren und des Zeitschriftenzi­ 150 °C (Zers.). tats angefordert werden. 780 H. H. K arsch et al. • G erm an iu m (II)-K o m p lex e mit D ith io-at-C helatliganden [1] H. H. Karsch, U. Keller, S. Gamper und G. Müller, Angew. Chem. 102,295 ( 1990). [2] H. H. Karsch, B. Deubelly, G. Hanika, J. Riede und G. Müller. J. Organomet. Chem. 344, 153 (1988). [31 A. L. Balch und D. E. Oram, Inore. Chem. 26, 1906 (1987). [4] H. H. Karsch, A. Appelt und G. Hanika, J. Organo­ met. Chem. 312, C 1 (1986). [5] H. H. Karsch, B. Deubelly, J. Riede und G. Müller. Angew. Chem. 99, 703 (1987). [6] H. H. Karsch, B. Deubelly, J. Riede und G. Müller, J. Chem. Soc. Chem. Commun. 1988, 517. [7] H. H. Karsch, A. Appelt, B. Deubelly, K. Zellner, J. Riede und G. Müller, Z. Naturforsch. 43b, 1416 (1988). [8] a) B. F. Hoskins, R. L. Martin und N. M. Rohde, Aust. J. Chem. 29,213(1976); b) P. F. R. Ewings, P. G. Harrison und T. J. King, J. Chem. Soc. Dalton Trans. 1976, 1399; c) J. Potenza und D. M astropaolo, Acta Crystal­ logr. B29, 1830(1973); d) A. C. Fabretti, A. Giusti, C. Preti, G. Tosi und P. Zannini, Polyhedron 15, 871 (1988); e) A. H. Iwasaki und H. Hagihara, Acta Crystal­ logr. B28, 507(1972); f)T . Ito, Acta Crystallogr. B 2 8 , 1034(1972). [9] Einige jüngere Beispiele finden sich in: a) C. Silvestru, I. Haiduk, S. Klima, H. Thewalt, M. Gielen und J. J. Zuckerman, J. Organomet. Chem. 330, 315 (1987); ibid. 327, 181 (1987); b) R. K. Chada, J. E. Drake und B. Sarkar, Inorg. Chim. Acta 143, 31 (1988); Inorg. Chem. 26, 2885 (1987). [10] a) N. G. Dzhurinskaya, Dokl. Akad. SSSR 128, 302 (1959); Dokl. Chem. (Engl. Transl.) 128,739(1959); b) S. P. Kolesnikov, V. I. Shirigaev und D. M. N efe­ dov, Bull. Acad. Sei. USSR 3, 562 (1966). [11] S. Husebye, Acta Chem. Scand. 20,24(1966). [12] F. Bonati und R. U go, J. Organomet. Chem. 10, 257 (1967). [13] L. Pauling, The Nature o f the Chemical Bond, 3. A ufl., S. 245, Cornell University Press, Ithaca, N .Y . (1960). [14] Hierzu trägt vor allem das sp2-Carbanion im Vier­ ring von 2 (gegenüber dem sp3-P-Atom bei 6) bei; daneben aber auch die bei 6 größere Summe der Bindungslängen im Vierrine (6 : 9,141/9,188 Ä; 2: 8,397/8,794 A). [15] N ach Allred und R ochow (s. Lehrbücher der Che­ mie). - Unberücksichtigt bleiben die unterschiedli­ chen K oordinationszahlen für S(KZ 2) und P(KZ 4) in 6 bzw. 2. [16] H. H. Karsch, G. Baumgartner, S. Gamper und G. Müller, noch unveröffentlicht. [17] H. H. Karsch, A. Appelt und G. Müller, Organo­ metallics 5, 1664(1986). [18] Houben-W eyl, Bd. 9, S. 826f., Stuttgart (1955). [19] R. C. Cavell, W. Byers und E. D. Day, Inorg. Chem. 10,2710(1971). [20] R. D. Rieke, Acc. Chem. Res. 10, 301 (1977).