Übungen zur Topologie, G. Favi 19. Februar 2009 Blatt 1 Abgabe: 26. Februar 2008, 12:00 Uhr Aufgabe 1. Man beweise, daÿ die Axiome für einen topologischen Raum äquivalent sind zu den Hausdorschen Umgebungsaxiomen und den Kuratowskischen Hüllenaxiomen. Wir erinnern uns an die drei Axiomensysteme aus der Aufgabe Denition. X, genannt Ein Paar oene (X, O), X eine Menge und O ⊂ PX eine Menge von Teilmengen von X , heisst ein topologischer Raum, falls folgende Eigenschaften wobei Teilmengen von erfüllt sind: (T1) Ist V eine Familie von oenen Teilmengen (d.h. V ∈ O ∀V ∈ V ), so gilt: S V ∈V V ∈O (eine beliebige Vereinigung von oenen Teilmengen ist wieder oen); (T2) V1 , V2 ∈ O ⇒ V1 ∩ V2 ∈ O (der Durchschnitt von endlich vielen oenen Teilmengen ist wieder oen); (T3) {}, X ∈ O. Denition. X Sei (X, U) ein Paar, wobei die sogenannte Menge aller Umgebungsaxiome, falls für alle x ∈ X (H1) ∀U ∈ Ux : x ∈ Ux X eine Menge und Umgebungen von x. U = (Ux )x∈X mit Ux ⊂ PX ∀x ∈ (X, U) erfülle die Hausdor'schen Wir sagen folgende Eigenschaften erfüllt sind: (Jede Umgebung von x enthält x) und X ∈ Ux (X ist eine Umgebung jedes Punktes); (H2) ∀U 0 ⊂ X, U ∈ Ux : U ⊂ U 0 ⇒ U 0 ∈ Ux selbst eine Umgebung von x); (H3) ∀U1 , U2 ∈ Ux : U1 ∩ U2 ∈ Ux (Umfasst U0 ⊂ X eine Umgebung von x, so ist U0 (Der Durchschnitt von endlich vielen Umgebungen ist wieder eine Umgebung); (H4) ∀U ∈ Ux ∃V ∈ Ux : V ⊂ U und V ∈ Uy ∀y ∈ V x, welche jeden ihrer Punkte umgibt). (Jede Umgebung von x enthält eine Umgebung von Denition. Wir sagen ein Paar (X, −), wobei X die Kuratowski'schen Hüllenaxiome, falls gilt: (K1) {} = {}; (K2) ∀S ∈ PX : S ⊂ S ; (K3) ∀S ∈ PX : S = S ; eine Menge und − : PX → PX, S 7→ S , erfülle (K4) ∀S, T ∈ PX : S ∪ T = S ∪ T ; Bemerkung. Aus den Kuratowski-Axiomen folgt sofort: S ⊂ T für S, T ∈ PX , dann tatsächlich S ⊂ T , wie behauptet. (i) Wenn (ii) Für S, T ∈ PX ist auch S ⊂ T. Denn es ist S ⊂ T ⇔ S ⊂ T . Die Richtung ⇒ S ⊂ T auch S ⊂ S ⊂ T . (K4) T = S∪T = S ∪T und also folgt aus (i) und (K3). Die Richtung ⇐ folgt aus (K2), da für Wir beweisen nun, dass diese Denitionen alle äquivalent sind. Dazu konstruieren wir Bijektio- K : Top → KHull, wobei Top die Klasse (dies ist keine Menge HUmg die Klasse aller Paare, welche die Hausdor 'schen Umgebungsaxiome erfüllen und KHull die Klasse aller Paare, welche die Kuratowski'schen Hüllenaxiome nen H : Top → HUmg, sowie mehr!) aller topologischen Räume, erfüllen. Wir könnten diese Bijektionen sogar zu Isomorphismen von Kategorien erweitern, dazu müssten wir jedoch zuerst Pfeile (d.h. stetige Abbildungen) denieren, was wir hier nicht tun wollen. Beweis. Ad H : Sei (X, O) ein topologischer Raum. Wir denieren H(X, O) := (X, HO) HO := (Ux )x∈X durch U ∈ Ux :⇔ ∃V ∈ O : x ∈ V ⊂ U x, wenn U eine oene Menge enthält, welche x enthält). V ∈ O auch in Ux für alle x ∈ V . Das Axiom (H1) folgt sofort; der erste Teil per Denition und der zweite, da X ∈ O . Ebenfalls folgt (H2) sofort aus der 0 0 Denition, denn ist U ⊂ X und U ∈ Ux mit U ⊂ U , so existiert V ∈ O mit V ⊂ U und also 0 0 V ⊂ U , womit U ∈ Ux . (H3) folgt aus (T2) und für (H4), nehme man zu U ∈ Ux einfach ein V ∈ O mit x ∈ V ⊂ U und es folgt, dass V ∈ Ux und V ∈ Uy ∀y ∈ V . (d.h. wir sagen U mit sei eine Umgebung von Insbesondere ist also jede oene Menge Wir nden zudem eine Inverse von H indem wir zu (X, U) = (X, (Ux )x∈X ) ein Paar, welches die Umgebungsaxiome erfüllt, einfach denieren H −1 (X, U) := (X, H −1 U), (d.h. wir sagen eine Menge V wobei ist oen, wenn V V ∈ H −1 U :⇔ V ∈ Uy ∀y ∈ V jeden ihrer Punkte umgibt). Um (T1) zu zeigen, −1 U und sei (Vj )j∈J eine Familie von Elementen aus H y ∈ Vj und da Vj ⊂ V folgt mit (H2), dass −1 U . Das Axiom (T2) folgt nun aus Denition V ∈ H sodass S y ∈ V := j∈J Vj . Dann existiert ein j ∈ J , V ∈ Uy . Da y ∈ V beliebig war, folgt per (H3) und (T3) folgt per Denition und dem zweiten Teil von (H1). H und H −1 := H −1 HO. (X, O) ein HO = (Ux )x∈X . Für V ∈ O ist, wie oben 0 0 0 gesagt, V ∈ Uy ∀y ∈ V und also per Denition auch V ∈ O . Ist umgekehrt V ∈ O , so ist per S 0 0 0 0 0 Denition V ∈ Uy ∀y ∈ V und da V ∈ Uy ⇔ ∃Vy ∈ O : y ∈ Vy ⊂ V folgt V = y∈V 0 Vy und dies 0 ist eine Vereinigung von oenen Mengen in O , womit per (T1) folgt, dass auch V ∈ O . Es bleibt zu zeigen, dass 0 topologischer Raum und O tatsächlich invers zueinander sind. Sei dazu Wir schreiben (X, U) = (X, (Ux )x∈X ) ein Paar, welches die Umgebungsaxiome erfüllt, U 0 := := O := H −1 U . Wir zeigen nun Ux = Ux0 ∀x ∈ X . Sei dazu x ∈ X beliebig und U ∈ Ux . Nach (H4) existiert V ∈ Ux , sodass V ⊂ U und V ∈ Uy ∀y ∈ V , womit V ∈ O . Zudem ist x ∈ V , wegen (H1) und da V ∈ Ux . Damit haben wir V ∈ O gefunden mit x ∈ V ⊂ U , womit Sei umgekehrt (Ux0 )x∈X HH −1 U und U ∈ HO = HH −1 U . Andererseits haben wir für U 0 ∈ Ux0 , dass ∃V ∈ O = H −1 U : x ∈ V ⊂ U 0 und −1 U haben wir V ∈ U ∀y ∈ V und insbesondere V ∈ U . Mit Axiom (H2) und V ⊂ U 0 da V ∈ H y x 0 folgt schliesslich, dass U ∈ Ux . Ad K : (X, O) ein topologischer Raum. Wir schreiben A für die Menge aller abgeschlossenen Teilmengen von X (d.h. A := {X \ V ∈ PX | V ∈ O}). Aus den Axiomen eines topologischen Raums folgt sofort, dass X, {} ∈ A und dass endliche Vereinigungen, sowie beliebige Druchschnitte Sei von abgeschlossenen Mengen wieder abgeschlossen sind. Wir denieren damit K(X, O) := (X, −O ) wobei −O : PX → PX, S 7→ S O mit S O := \ A A∈A S⊂A und nennen S O den Abschluss von Teilmenge, welche S S (d.h. der Abschluss S O von S ist die kleinste abgeschlossene enthält). Die Axiome (K1) bis (K3) folgen sofort ((K1), da {} ∈ A; (K2), O S selbst immer abgeschlossen ist). Es bleibt (K4) O zu zeigen. Seien dazu S, T ⊂ X und x ∈ S ∪ T . D.h. x ist in jeder abgeschlossenen Teilmenge A O O enthalten, welche S ∪T umfasst. Nun ist S ∪T die Vereinigung zweier abgeschlossener Teilmengen O O O O und somit selbst abgeschlossen. Da zudem S ⊂ S und T ⊂ T folgt, dass S ∪ T ⊂ S ∪ T und O O O O O O also muss auch x ∈ S ∪ T . Ist umgekehrt x ∈ S ∪ T , so ist x ∈ S oder x ∈ T . Ist nun O A ∈ A mit S ∪ T ⊂ A, so ist S ⊂ A und T ⊂ A. Da jedoch A abgeschlossen ist und S bzw. O O O T die kleinste abgeschlossene Menge, welche S bzw. T enthält, muss auch S ⊂ A und T ⊂ A. Insbesondere also x ∈ A und da A eine beliebige abgeschlossene Menge war, welche S ∪ T enthält O also x ∈ S ∪ T . per Denition des Abschlusses und (K3), da Ist umgekehrt (X, −) ein Paar, welches die Hüllenaxiome erfüllt, so denieren wir K −1 (X, −) := (X, O− ) wobei O− := X \ S ∈ PX S ∈ PX . X = X \ {} = X \ {} ∈ O− ) und aus (K2) (da X ⊂ X und X ∈ PX ist die einzige Teilmenge von X , welche ganz X enthält, womit X = X und somit {} = X \ X ∈ O− ). (T2) folgt sofort aus (K4), da für X \ S, X \ T ∈ O− gilt, dass (X \ S) ∩ (X \ T ) = X \ (S ∪ T ) = X \ S ∪ T . Um schliesslich (T1) zu zeigen sei (Vj )j∈J eine Familie mit Vj ∈ O− ∀j ∈ J . D.h. wir haben Vj = Damit ist die Vereinigung TX \ Sj mit Sj ∈ PX ∀j ∈ J . T S S T V := j∈J Vj = j∈J (X \ Sj ) = X \ j∈J Sj , womit j∈J Sj . Wir zeigen nun, dass j∈J Sj = (T3) folgt einerseits aus (K1) (da V ∈ O− . Die Inklusion ⊃ folgt mitAxiom (K2) und wir müssen noch ⊂ beweisen. Es S T T T ist j∈J Sj \ k∈J Sk = k∈J j∈J Sj \ Sk . Und für k ∈ J beliebig haben wir j∈J Sj ⊂ Sk , T T womit nach der Bemerkung (ii) vor dem Beweis auch j∈J Sj ⊂ Sk . Damit ist j∈J Sj \ Sk = {}, T T T T womit k∈J Sk = {} und also j∈J Sj . j∈J Sj \ j∈J Sj ⊂ folgt, dass T K und K −1 tatsächlich invers zueinander sind. Sei dazu (X, O) ein toO 0 −1 K(X, O) = K −1 (X, −O ). Wir schreipologischer Raum, (X, − ) := K(X, O) und (X, O ) := K ben A := {X \ V ∈ PX | V ∈ O} für die Menge aller in (X, O) abgeschlossenen Teilmengen und A0 := {X \ V 0 ∈ PX | V 0 ∈ O0 } für die Menge aller in (X, O0 ) abgeschlossenen Teilmengen. Es 0 0 ist klar, dass O durch A bzw. O durch A eindeutig bestimmt ist (einfach nochmals Komplemen0 te aller abgeschlossenen Teilmengen nehmen). Es reicht also zu zeigen, dass A = A . Sei dazu O O A ∈ A. Es folgt, dass A = A (da A abgeschlossen), und also ist X \ A = X \ A ∈ O0 , womit O X \ (X \ A) = A ∈ A0 . Ist umgekehrt A0 ∈ A0 (d.h. X \ A0 ∈ O0 ) muss X \ A0 = X \ S für ein Es bleibt zu zeigen, dass O S ∈ PX . Nehmen wir nochmals das Komplement auf beiden Seiten der Gleichung, folgt A0 = S 0 für ein S ∈ PX , womit A ein Durchschnitt von abgeschlossenen Mengen in A ist und also selbst in A. (X, −) ein Paar, welches die Hüllenaxiome erfüllt. (X, O− ) := K −1 (X, −) und − − (X, − ) := KK −1 (X, −) = K(X, O− ). Wir schreiben wiederum A := {X \ V ∈ PX | V ∈ O } = − X \ (X \ S) ∈ PX S ∈ PX = S ∈ PX S ∈ PX für die Menge aller in (X, O ) abgeschlossenen Teilmengen. Zu T ∈ PX beliebig ist damit \ \ \ (∗) 0 T = A= S= S = T, Sei andererseits 0 A∈A− T ⊂A S∈PX T ⊂S S∈PX T ⊂S wobei wir bei (∗) die Bemerkung (ii) vor dem Beweis verwendet haben (T Aufgabe 2. ⊂ S ⇔ T ⊂ S ). Wieviele Topologien gibt es auf einer Menge mit 4 Elementen? Die Aufgabe ist nicht ganz eindeutig gestellt. Entweder man versteht diese mengentheoretisch und ndet wirklich alle Topologien (d.h. wir sagen zwei Topologien O, O0 auf 4 = {0, 1, 2, 3} sind verschieden, wenn O = 6 O0 ). Oder aber man versteht sie topologisch und ndet alle Topologien bis 0 auf Homöomorphie (d.h. wir sagen zwei Topologien O, O auf 4 sind verschieden, wenn (X, O) ∼ 6 = (X, O0 )). Wir verstehen die Aufgabe hier topologisch (da dies ja Topologie-Übungen sind). Dies ist nun eine rein kombinatorische Aufgabe und es ist ein ungelöstes Problem eine explizite Formel anzugeben, welche für jedes n ∈ N die Anzahl möglicher Topologien auf einer n-punktigen Menge liefert (egal ob mengentheoretisch oder topologisch verschieden). Wir präsentieren hier den Beweis von Christian Plattner (danke an dieser Stelle), der alle 33 Topologien (bis auf Homöomorphie) gefunden hat. Im Beweis werden die Topologien mit Hilfe quadratischer Diagramme voneinander Unterschieden. Dabei steht jeder Eckpunkt für einen Punkt unserer Menge und es sind jeweils die oenen Mengen durch Kreuze (bei einpunktigen) bzw. Linien (bei mehrpunktigen) gekennzeichnet. Ein Pfeil von einem Diagramm A zu einem Diagramm B bedeutet, dass A grober als B ist (war nicht Teil der Aufgabe). Die meisten Diagramme sind ziemlich selbsterklärend. Die einzigen Linien in den Diagrammen, die einer Erklärung bedürfen, sind Bögen mit einer Tangente daran (wie z.B. im Diagramm ganz rechts in der vierten Zeile von oben). Dies steht für zwei oene dreipunktige Mengen. Beispielsweise im eben genannten Diagramm sind die beiden Mengen {a, b, d} und {c, a, b} oen. Aufgabe 3. Sei X eine Menge und (Oi )i∈I eine Familie von Topologien auf X. Dann ist \ Oi i∈I auch eine Topologie auf Beweis. X. Ist die Vereinigung von zwei Topologien wieder eine Topologie? O := Elementen in O Wir schreiben Familie von T {}, X ∈ Oi ∀i ∈ I . Für (Uj )j∈J eine Oi für alle i ∈ I . Da S S U ∈ O ∀i ∈ I und es folgt U i j∈J j j∈J j ∈ O . Analog folgt i∈I Oi . Klar {}, X ∈ O, da ist dies auch eine Familie von Elementen aus dies alles Topologien sind, muss U ∪ V ∈ O ∀U, V ∈ O. Die Vereinigung zweier Topologien ist im Allgemeinen keine Topologie mehr. Betrachten wir z.B. X := 3 = {0, 1, 2}, sowie die Topologien O := {{}, {0}, X} und O0 := {{}, {1}, X}. Die Vereinigung O ∪ O0 = {{}, {0}, {1}, X} ist jedoch keine Topologie mehr, da {0} ∪ {1} = {0, 1} ∈ / O ∪ O0 . Aufgabe 4. Sei X ⊂ Rn mit der induzierten Topologie von Rn (mit kanonischer Topologie). Man überprüfe oder widerlege: • Beliebige Durchschnitte von oenen Mengen von • Ist • Die induzierte Topologie auf • Man kann • Die Punkte von Y ⊂X X sind oen. eine abgeschlossene und oene Menge, dann ist X◦ = ∅ X X Y =∅ oder Y = X. kann diskret sein. haben, auch wenn X 6= ∅. sind nicht abgeschlossen. nT = 1 und X = R ist U := U = n∈N>0 ] − 1/n, 1/n[= {0}, Die erste Aussage ist im Allgemeinen falsch. Zum Beinspiel ist für (] − 1/n, 1/n[ right)n∈N>0 eine Familie von oenen Mengen mit T was keine oene Menge mehr ist. X ⊂ Rn ist zusammenhängend). Ein einfaches Gegenbeispiel liefert n = 1, X := ]0, 1[ ∪ ]1, 2[. Dann ist ]0, 1[ oen und abgeschlossen in X (da ]0, 1[ = X \ ]1, 2[), jedoch weder leer, noch ganz X . Die zweite Aussage ist ebenfalls falsch (im Topologieslang besagt sie Jeder Unterraum Die dritte ist richtig, z.B. für X = {} oder X Die vierte Aussage ist auch richtig. Z.B. für eine beliebige Vereinigung von endlich vielen Punkten. X einpunktig oder allgemeiner eine Vereinigung von endlich vielen Punkten (aber mindestens einem). Die letzte Aussage schliesslich ist falsch, da Punkte im Aufgabe 1b) und somit auch in jedem Teilraum. Rn abgeschlossen sind (siehe Blatt 2,