Einführung in die interkulturelle Literaturwissenschaft

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18 I. Was ist interkulturelle Literaturwissenschaft?
schaft (2008) auf die interkulturelle Philosophie Elmar Holensteins ein.
Olga IIjassova-Morger entwickelt in Von der interkulturellen zur transkultu­
rellen literarischen Hermeneutik (2009) einen hermeneutischen Ansatz auf
der Grundlage des Transkulturalitätskonzepts von Wolfgang Welsch, und
die phänomenologische Fremdheitsforschung von Bernhard Waldenfels
wird in Fremdheit und Literatur. Alternativer hermeneutischer Ansatz für
eine interkulturell ausgerichtete Literaturwissenschaft (Leskovec 2009) für
den Bereich der interkulturellen Literaturwissenschaft und Hermeneutik
fruchtbar gemacht.
Interkulturelle
Literaturgeschichte erforscht Literatur im Zusammenhang mit Geschichte,
Literaturgeschichte
Gesellschaft und Kultur, wobei sie zunächst als nationale Literaturgeschich­
te konzipiert war. Die interkulturelle Literaturgeschichte geht dagegen von
der Internationalität nationaler Literaturen aus. Sie beschäftigt sich in be­
sonderem Maße mit den Beziehungen zwischen den einzelnen nationalen
Literaturen, wie sie durch Literatur- und Kulturtransfer zustande kommen.
Hierbei geht sie beispielsweise der Frage nach, in welchem Maße die euro­
päische bzw. die außereuropäische Fremde die deutsche Literatur produktiv
beeinflusst hat. Prominentes Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Ge­
dichtsammlung West-östlicher Divan (1819) von Johann Wolfgang Goethe,
die einerseits das Orientverständnis im deutschsprachigen Orientdiskurs ge­
prägt hat, andererseits aber auch der orientalischen Spiritualität wesentliche
Anregungen verdankt. Hofmann führt darüber hinaus weitere Beispiele für
den Bereich interkulturelle Literaturgeschichte an, so zum Beispiel die Aus­
einandersetzung mit indischer Kultur in der deutschen Romantik oder das
Interesse für afrikanische Kunst und Kultur in der deutschen Avantgarde
(vgl. Hofmann 2006, 69ff.).
Die Arbeitsfelder der interkulturellen Literaturgeschichte bilden darüber
hinaus auch die sog. "interkulturellen Literaturen" und eine neu konzipierte
Idee von Weltliteratur. Mit interkulturellen Literaturen sind Texte gemeint,
die Kulturüberschreitung auf unterschiedliche Weise thematisieren: postko­
loniale Literatur, Migrantenliteratur, Minderheitenliteratur oder Exilliteratur.
Die postkoloniale Literatur thematisiert meist den amerikanischen und eu­
ropäischen Kolonialismus und dessen politische und ideologische Dimen­
sionen oder die Hybridisierung von Kulturen durch deren oftmals gewalt­
same Vermischung. Dagegen liegt der Fokus bei der deutschsprachigen
Exilliteratur zwischen 1933 und 1945 meist auf der konkreten Erfahrung des
Exils, das von Flucht, Isolation, Heimatlosigkeit, sozialem Abstieg und da­
mit verbundenen Schaffenskrisen gezeichnet ist. Sie verarbeitet außerdem
die Erfahrung der Revision oder der Infragestellung des Eigenen, ein Pro­
zess, der durch die Konfrontation mit der anderen Kultur ausgelöst werden
kann. Die Migrantenliteratur des 20. Jahrhunderts thematisiert die Erfahrung
des Fremdseins in der neuen und alten Heimat, wobei die interkulturelle Li­
teraturgeschichte oftmals die ästhetische Verarbeitung der Erfahrung kultu­
reller Alterität untersucht, die sich mit Begriffen wie Identitätsproblematik,
Heimat, Sprachsituation verbindet. So beschreibt der deutsch-türkische
Schriftsteller Feridun Zaimogul die durch kulturelle Differenz erschwerte
Lebenssituation der Gastarbeiterkinder in Deutschland und die Hybridisie­
rung von kultureller und persönlicher Identität mithilfe stilistischer und for­
maler Elemente. Dazu gehören eine Sprache aus deutsch-englischen und
2. Gegenstandsbereich
türkischen Sprachversatzstücken sowie Elemente orientalischer Erzähltradi­
tion (vgl. Meyer-Gosau 2008).
Was den Begriff der Weltliteratur betrifft, so ist er aufgrund seiner euro­
zentrischen bzw. abendländischen Ausrichtung in die Kritik geraten. Ein
Konzepte einer
neuer Begriff von Weltliteratur plädiert für die "Globalisierung", für eine
Weltliteratur
"Literatur der Weltgesellschaft" (Wintersteiner 2006b, 186), der die Plurali­
tät der Welt berücksichtigt. Hierzu gehören auch Konzepte einer hybriden
Weltliteratur (vgl. Bachmann-Medick 2004a), einer hybriden "Neuen Welt­
literatur" (vgl. Sturm-Trigonakis 2007) oder einer transkulturellen Literatur
(vgl. Iljassova-Morger 2009) - Begriffe, die die multikulturelle und multilin­
guale Komplexität des postnationalen Schreibens umfassen. Insofern gehört
zum Arbeitsbereich der interkulturellen Literaturgeschichte auch die Kanon­
debatte. Hierbei geht es auch um die Frage, ob sich der Literaturunterricht
in der Muttersprache auf literarische Werke des eigenen Sprachraums be­
schränken sollte, oder ob der Kanon sowohl in Hinsicht auf die Literatur
von Migranten als auch in Hinsicht auf die neuen Konzepte von Weltlitera­
tur zu erweitern wäre. Ersteres spiegelt die Heterogenisierung der Gesell­
schaft durch Migration und Minderheiten wider, Letzteres könnte ein Gefühl
für die Pluralität der Welt vermitteln und helfen, regionales oder eurozentri­
stisches Denken zu erweitern (vgl. Wintersteiner 2006b, 101 ff.).
Die kulturwissenschaftliche Ausrichtung der germanistischen Literatur­
wissenschaft ist Ergebnis einer intradisziplinären Reflexion über Selbstver­
ständnis und Legitimation der Geisteswissenschaften im Allgemeinen und
Kulturwissen­
schaftliche
Literaturwissenschaft
der Germanistik im Besonderen, wie sie in Deutschland für die 1990er Jah­
re charakteristisch war. Im Wesentlichen geht es um die Integration kultur­
wissenschaftlicher Methoden in literaturwissenschaftliches Arbeiten und
die Verknüpfung von Literatur und Kultur im weitesten Sinne. Zu den Stan­
dardpublikationen, die über die Verbindung von Kultur- und Literaturwis­
senschaft reflektieren, gehören u. a. Literatur- und Kulturwissenschaften.
Ihre Methoden und Theorien (2007) von Sabina Becker, das Metzler Lexi­
kon Literatur- und Kulturtheorie (2008) von Ansgar Nünning, Kulturwissen­
schaftliche Literaturwissenschaft (2004), herausgegeben von Ansgar Nün­
ning und Roy Sommer, Literaturwissenschaft als Kulturwissenschaft (2006)
von Franziska Schößler und, speziell für den Bereich der Germanistik, der
Band Germanistik als Kulturwissenschaft (2002), herausgegeben von C1au­
dia Benthien und Hans Rudolf Velten. Literatur wird ihres Elfenbeinturmda­
seins enthoben und in erster Linie als Produkt eines spezifischen kulturellen
Kontextes verstanden. Gegenstand der kulturwissenschaftlichen Literatur­
wissenschaft bildet die kulturelle Verortung literarischer Texte und damit ei­
gentlich der Gesamtbereich der Kultur. Texte sind demnach nicht aufgrund
Literatur als Tei I
ihrer ästhetischen Struktur oder Eigenqualität Gegenstand literaturwissen­
kultureller
schaftlicher Analyse, sondern weil sie Teil "kultureller Kommunikation und
kulturellen Handeins" sind (Becker 2007, 163). Daher soll literaturwissen­
schaftliehe Interpretation mit "übergreifenden historischen und soziokultu­
rellen Fragestellungen" (ebd., 160) verknüpft werden, um die über literari­
sche Texte transportierten sozialen, kulturellen und mentalen Stukturen von
Kulturen und Gesellschaften erschließen zu können. Es geht hierbei jedoch
nicht nur um die Kontextualisierung literarischer Texte, sondern auch um
die Frage, auf welche Weise kulturelles Wissen im weitesten Sinne in den
Kommunikation
und kulturellen
Handeins
19
20 I. Was ist interkulturelle Literaturwissenschaft?
Literatur als
Texten transportiert wird. Die kulturwissenschaftl iche Literaturwissenschaft
Symbol- und
versteht Texte als Symbol- und Sozialsystem (vgl. NünningiSommer 2004).
Sozialsystem
Der Begriff Symbolsystem bezieht sich auf die textuelle Struktur von Texten,
Sozialsystem meint dagegen Literatur als gesellschaftliches Handlungs­
system. Daher bemüht sich die kulturwissenschaftliche Literaturwissen­
schaft um die Verknüpfung von "textzentrierten und kontextualisierenden
Ansätzen" (ebd., 16), d. h. um die Verbindung von textanalytischen und kul­
turwissenschaftlichen Methoden.
Interkulturelle
Die interkulturelle Rezeption erforscht fremdkulturelle Leseerfahrungen
Rezeption
und Leseverhalten und die Voraussetzungen, die den Rezeptionsprozess be­
einflussen. Hierzu gehören individuelle Faktoren wie Interesse, Motivation,
Erwartungen, Vorwissen, Leserbiographie, Muttersprachen- und Fremdspra­
chenkompetenz, aber auch kulturspezifische Faktoren wie Lesesozialisation
und kulturspezifisches Umfeld, die mit Hilfe von empirischen Methoden er­
mittelt werden können.
Leseforschung
Die Leseforschung setzt sich mit den unterschiedlichen Aspekten des Le­
sens auseinander und beschäftigt sich im Kontext der Vermittlung fremd­
sprachlicher bzw. fremdkultureller Literatur vor allem mit der Frage nach
Lesemodellen/Lesedidaktiken und Lesematerialien für den Fremdsprachen­
unterricht. Hierbei wird von der spezifischen Situation fremdsprachlicher
Leser ausgegangen, da sich der Leseprozess in der Fremdsprache von dem
in der Muttersprache unterscheidet. Fremdsprachliches Lesen ist in der
Regel verlangsamtes Lesen, und zwar nicht nur aufgrund der Fremdsprache,
sondern vor allem auch aufgrund von fehlendem kulturellen Wissen und
unterschiedlichen Lesekompetenzen.
Interkulturelle
Die interkulturelle Literaturdidaktik untersucht die Rolle von Literatur im
Literaturdidaktik
Fremdsprachenunterricht, und zwar sowohl im Bereich Deutsch als Fremd­
sprache als auch Deutsch als Zweitsprache. Sie erarbeitet Modelle zur Lite­
raturvermittlung im Fremdsprachenunterricht, wobei nach Karl Esseiborn,
einem der herausragenden Theoretiker auf dem Gebiet der interkulturellen
Literaturdidaktik, hauptsächlich folgende Aspekte berücksichtigt werden:
Bildungsziele, Kompetenzentwicklung, Kanonfragen bzw. Textauswahlkri­
terien und didaktische Methoden (vgl. Esselborn 2003b und 2010). Beson­
dere Impulse für die deutschsprachige interkulturelle Literaturdidaktik ka­
men aus dem Umfeld der interkulturellen Germanistik, die aufgrund der
häufigen Auslandslektorate ihrer Vertreter auf praxisorientierte, literaturdi­
daktische Konzepte angewiesen war und ist. Pionierarbeit hat hier Dietrich
Krusche geleistet, dessen Texte als Ausgangsprämissen für eine theoretische
Reflexion im Bereich der interkulturellen Literaturdidaktik und der Lesefor­
schung gelten können. Besonders in folgenden Texten setzt er sich mit der
Problematik der Literaturvermittlung in fremdkulturalen Bildungsprozessen
auseinander. Literatur und Fremde. Zur Hermeneutik kulturräumlicher Dis­
tanz
(1985),
Lese-Unterschiede.
Zum
interkulturellen
Leser-Gespräch
(1985) und Vermittlungsrelevante Eigenschaften literarischer Texte (1985).
Interkulturelle
Stand in der traditionellen Literaturvermittlung im Fremdsprachenunter­
Erziehung,
richt hauptsächlich die Vermittlung von Werkwissen, Kontextwissen, der
globale Bildung,
transnationale
Literaturdidaktik
Biografie des Autors und Vermittlung des klassischen Bildungskanons im
Vordergrund, so verortet die interkulturelle Literaturdidaktik ihre Ansätze
nun vorzugsweise in den Bereichen interkulturelles Lernen, interkulturelle
2. Gegenstandsbereich
Erziehung, Friedenspädagogik und globale Bildung. Repräsentativ ist hierfür
der Ansatz Werner Wintersteiners. In seiner theoretischen Monographie
Poetik der Verschiedenheit. Literatur; Bildung, Clobalisierung (2006) und
dem literaturdidaktischen Folgeband Transkulturelle literarische Bildung.
Oie ,Poetik der Verschiedenheit' in der literaturdidaktischen Praxis (2006)
erarbeitet er einen differenzierten Ansatz einer transnationalen Literatur­
didaktik, die sich nicht nur mit Phänomenen der transnationalen Literatur
auseinandersetzt, sondern gleichzeitig ein Konzept präsentiert, in dem
transkulturelle, interkulturelle und literarische Bildungsziele miteinander
verwoben sind. Insofern strebt die interkulturelle Literaturdidaktik eine "in­
terkulturelle literarische Bildung" (Esselborn 2003b, 482) an, die neben kul­
turellem, historischem und literarischem Grundwissen auch interkulturelle
Kompetenzen umfasst. Das Prinzip des ganzheitlichen Lernens und der Ent­
wicklung interkultureller Kompetenzen liegt auch dem Ansatz eines her­
meneutischen Fremdsprachenunterrichts zu Grunde, dessen bekanntester
Vertreter Hans Hunfeld in Fremdheit als Lernimpuls. Skeptische Hermeneu­
tik - Normalität des Fremden - Fremdsprache Literatur (2004) nicht nur auf
den Aufbau von Sprachkompetenz in der Fremdsprache abzielt, sondern
auch "eine neue Haltung der Toleranz gegenüber Andersheit und Fremd­
heit" (Hunfeld 2004, 484) fordert.
Interkulturelle Literaturdidaktik beschäftigt sich darüber hinaus mit der
Problematik des fremdsprachlichen Lesens/der fremdsprachlichen Lesedidaktik und entwickelt Ansätze zu einer Didaktik des Fremdverstehens, wobei die Besonderheiten des fremdsprachlichen Lesens untersucht werden.
Im Mittelpunkt dieser Ansätze stehen Problematik, Voraussetzungen und
Besonderheiten des fremdsprachlichen Lesens, das sich aufgrund der fremdsprachlichen und fremdkulturellen Konnotationen und Semantik und wegen
der unterschiedlichen literarischen Traditionen vom eigenkulturellen Lesen
unterscheidet. Besonders einflussreich ist diesbezüglich die Forschungsrichtung des Gießener Graduiertenkollegs "Didaktik des Fremdverstehens", aus
dem eine Vielzahl von Publikationen zum Thema Fremdverstehen, interkulturelles Verstehen, fremdsprachliche Literaturdidaktik und fremdsprachliche
Rezeption hervorgegangen sind. Die Ciessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik sind als Diskussionsforum im Bereich der fremdsprachlichen
(Literatur)didaktik zu verstehen und bilden einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von theoretischen Ansätzen und Unterrichtsmodellen, hauptsächlich für Deutsch als Fremdsprache, Deutsch als Zweitsprache, Englisch und
Französisch. Zu den Hauptvertretern der literaturdidaktischen Richtung gehören Lothar Bredella, Michael K. Legutke, Herbert Christ, Eva BurwitzMelzer, Michael Byram und Werner Delanoy. Richtungsweisend sind die
Ansätze von Lothar Bredella, der in zahlreichen Publikationen theoretische
und methodische Grundlagen geschaffen hat. Zu den wichtigsten Beiträgen
für die Bereiche fremdsprachliche Literaturdidaktik und Fremdverstehen
zählen Didaktik des Fremdverstehens (ChristiBredella 1995), Wie ist Fremdverstehen lehr- und lernbar? (Bredella et al. 2000), Literarisches und interkulturelles Verstehen (Bredella 2002), Rezeptionsästhetische Literaturdidaktik (Bredella/Burwitz-Melzer 2004) sowie Das Verstehen des Anderen
(Bredella 20 10), in denen die Rolle der Literatur im Prozess des Fremdverstehens reflektiert wird.
Didaktik des
Fremdverstehens
21
22
I. Was ist interkulturelle Literaturwissenschaft?
3. Ziele
Legitimierung von
Die Ziele der interkulturellen Literaturwissenschaft lassen sich über ihre
interku Itureller
Funktion im interkulturellen Paradigma bestimmen. Wenn Interkulturalität
Literaturwissenschaft
und interkulturelle Kommunikation durch Globalisierung und durch das Zu­
sammenleben unterschiedlicher Kultur- bzw. Sprachgemeinschaften zu
einem gesellschaftlichen Faktum geworden sind, dann ist es auch Aufgabe
der Literaturwissenschaft, sich mit diesen Phänomenen produktiv auseinan­
cultu­
ral turn, also um die kulturwissenschaftliche Neuorientierung der Literatur­
derzusetzen. Es geht hierbei nicht so sehr um den viel besprochenen
wissenschaft bzw.
um die kulturwissenschaftliche
Positionierung
von
Literatur, sondern eher um eine Reaktion auf die sich verändernde gesell­
schaftliche Wirklichkeit. Die Auseinandersetzung mit dem Fremden ist ein
gesellschaftliches Faktum und der Alltag fordert mittlerweile Kompetenzen,
die auf den Umgang mit dem Fremden vorbereiten, was sich auch in neu­
eren Konzepten der Literaturwissenschaft niederschlägt, die zunehmend
kompetenzorientiert sind.
Kompetenz­
Interkulturelle Literaturwissenschaft beschäftigt sich auch mit der Frage, in­
orientierung
wieweit ihr Gegenstand, nämlich Literatur, dahingehend instrumentalisiert
werden kann, dass eingeforderte Kompetenzen im Umgang mit dem Fremden
ausgebildet werden können, ohne dass der ästhetische Eigenwert der Litera­
tur dabei aus den Augen verloren wird. Globales Ziel interkultureller Litera­
turwissenschaft ist daher ein gesellschaftspolitisches, nämlich die Ausbi Idung
interkultureller Kompetenzen über die Beschäftigung mit Literatur, was sie in
den Kontext des globalen Lernens einrückt. Die Ziele der interkulturellen Li­
teraturwissenschaft lassen sich folgendermaßen differenzieren:
Gesellschaftspolitische Ziele
- Entwicklung von Strategien, die zu einem produktiven Handeln befähi­
gen: über die Bewusstmachung der Mechanismen der Wahrnehmung, der
eigenen Reaktionen, des Funktionierens der Wirklichkeit
- Ausbildung eines interkulturellen Bewusstseins: Kenntnis der eigenen und
fremden Kultur und Handlungskompetenzen (interkulturelle Kompeten­
zen)
- Förderung von Eigenverantwortlichkeit, Eigenaktivität, Selbstreflexivität,
kritischem Denken, Analysefähigkeiten
Literaturwissenschaftliche/kulturwissenschaftliche Ziele
- Kulturwissenschaftliches Wissen (eigene und andere Kulturen)
- Analyse der Rezeption deutschsprachiger Literatur und Kultur in fremdkulturellen Kontexten
- Erforschung der Rolle von Literatur im Kontex der interkulturellen Kommunikation
- Analyse literarischer Texte unter dem Aspekt der Alterität
Literaturdidaktische Ziele
- Ausbildung literarischer Kompetenzen:
- Realitäts-Fiktionsunterscheidung
- Beherrschung literarischer Konventionen (z. B. Genrewissen und Formverstehen)
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