Ländliche Entwicklung und Agrarwirtschaft Themeninfo Marine Ressourcen: Fischerei Hintergrund Immer mehr Fischerinnen und Fischer jagen immer kleiner werdenden Fischbeständen hinterher. Diese Knappheit macht sich bemerkbar: Die Menge des weltweit gefangenen Fischs stagniert seit über 20 Jahren bei etwa 90 Millionen Tonnen jährlich. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) aus dem Jahr 2012 sind weltweit bereits 88 Prozent der Fischbestände voll genutzt, überfischt oder sind sogar schon zusammengebrochen. Dies betrifft oft auch Entwicklungsländer, deren marine Ressourcen eine wichtige Rolle für die Ernährungssicherung der lokalen Bevölkerung spielen, und die gleichzeitig den Großteil der Fischereiprodukte für den Welthandel liefern. Daneben gehen schätzungsweise 30 Millionen Tonnen, das ist etwa ein Drittel des jährlichen Fangs, direkt in die Futtermittelproduktion oder werden als sogenannte Beifänge ungenutzt in das Meer zurückgeworfen. Das ist eine große Ressourcenverschwendung. Fernfangflotten, die aufgrund von Fischereiabkommen, aber auch illegal vor den Küsten von Entwicklungsländern operieren, tragen häufig mit zur Überfischung bei. Insbesondere westafrikanische Länder werden oft zu reinen Rohstoffbereitstellern degradiert; eine lokale Wertschöpfung findet kaum statt, ebenso wenig werden Produktions- und Verarbeitungskapazitäten aufgebaut. Die EU unterstützt den Abschluss von Fischerei-Partnerschaftsabkommen in einer Größenordnung von 140 Millionen Euro jährlich. Diese Gelder gehen an die daran beteiligten Entwicklungsländer, denen häufig die Aufnahmekapazität fehlt den vereinbarten Anteil von 50% zur Förderung ihres lokalen Fischereisektors auch umzusetzen. Neben der Überfischung gibt es noch andere Faktoren, die marine Ressourcen schwinden lassen. So schädigen beispielsweise die negativen Auswirkungen des Klimawandels, wie Temperaturanstieg oder Versauerung sowie die steigende Verschmutzung der Meere die Fischbestände und damit die Nahrungsund Einkommensquelle von 200 Millionen Menschen in Entwicklungsländern. Unsere Standpunkte Vor diesem Hintergrund vertritt die GIZ die folgenden Standpunkte: 1. Fischerei- und Entwicklungspolitik müssen kohärent sein Die GIZ unterstützt die Forderung der Welthandelsorganisation (WTO), Subventionen für den Fischereisektor stark zu beschränken. Fischereiabkommen dürfen nicht weiter zu einer Überfischung in Entwicklungsländern beitragen. Sie sollten nur noch mit den Ländern fortgeführt werden, in denen der Aufbau einer eigenen Fangflotte und einer fischverarbeitenden Industrie wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Es ist wichtig, dass Fischereiund Entwicklungspolitik kohärent sind. Das gewährleistet die Umsetzung vereinbarter Entwicklungsmaßnahmen zur nationalen Fischereiförderung der Partnerländer. Die Entwicklungspolitik sollte auch Unterstützung anbieten bei der Umsetzung von Förderung des lokalen Fischereisektors in Partnerländern durch EU-Fischereipartnerschaftsabkommen. 2. Nachhaltige Fischerei braucht politische Unterstützung Ein effektives Fischereimanagement verbunden mit einer höheren Wertschöpfung in den betreffenden Ländern ist für die nachhaltige Entwicklung des Sektors wichtig. Organisationen in Entwicklungsländern müssen in der Lage sein solche Systeme zu implementieren, und zwar unter Einbindung aller, die von der Fischerei abhängig sind. Ihnen dabei zu helfen ist Aufgabe der internationalen Zusammenarbeit. Deutschland unterstützt die Partnerregierungen deshalb bei der Umsetzung politischer Maßnahmen für ein nachhaltiges Fischerei- und Ressourcenmanagement. Grundlage dafür sind internationale Abkommen, Verhaltenskodizes und Aktionsprogramme. Beispielsweise die Biodiversitätskonvention (CBD), der FAO Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Fischerei (Code of Conduct for Responsible Fisheries, CCRF), die Agenda 21 oder der JohannesburgAktionsplan. Der FAO Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Fischerei ist von besonderer politischer Bedeutung, da ihm ein Großteil der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen zugestimmt hat. Damit hat er internationale Gültigkeit. Doch in den meisten Entwicklungsländern erfolgt die Umsetzung des CCRF viel zu langsam. Ursachen sind Kapazitätsengpässe, unzureichende Finanzierung der zuständigen Organisationen, fehlender politischer Wille, unzureichende Informationen und geringe Partizipation der Fischerinnen und Fischer sowie anderer Akteure. Mit Förderung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wurden seit 2008 von der FAO in einem sehr partizipativen Prozess die freiwilligen internationalen Richtlinien für Kleinfischerei (Small Scale Fisheries SSFGuidelines) entwickelt. Obwohl dieser Prozess seit 2011 abgeschlossen ist, läuft die Unterstützung der Umsetzung insbesondere in Partnerländern analog zu der des CCRF nur unzureichend an. Unsere Handlungsempfehlungen Unterstützungsmaßnahmen müssen langfristig die Ernährung und das Einkommen der lokalen Bevölkerung sichern. Um eine nachhaltige Wirkung zu erreichen müssen Kapazitäten vor Ort aufgebaut werden, welche langfristig die Handlungsfähigkeit nationaler Akteure stärken. Politikberatung und Trägerförderung begünstigt die Schaffung besserer Rahmenbedingungen für den Sektor. Aus- und Fortbildung sowie Organisationsberatung schaffen die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen und nachhaltigen Umgang mit den Fischereiressourcen. Nach Ansicht der GIZ sind dies die wichtigsten Handlungsempfehlungen: 1. Umsetzung internationaler Abkommen unterstützen Die internationale Zusammenarbeit sollte die Partnerländer bei der Umsetzung internationaler Kodizes und Abkommen für den verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen unterstützen. Dazu gehört auch die Unterstützung beim Aufbau von Überwachungs- und Kontrollsystemen für die Einhaltung von Fangmengen und Flottenkapazitäten sowie zur Bekämpfung der illegalen Fischerei. 2. Sozial und ökologisch nachhaltiges Management fördern Managementansätze und -systeme, welche die Beteiligung aller Fischerinnen und Fischer gewährleisten und das gesamte Ökosystem betrachten sind wichtig für den Erhalt der marinen Ressourcen. Dazu gehört auch die Unterstützung der Einrichtung und des Managements von Meeresschutzgebieten. Die internationale Zusammenarbeit kann mit dazu beitragen, dass diese Ansätze vermehrt angewandt werden. Außerdem kann sie regionale Fischereimanagement-Organisationen unterstützen, die in Seegebieten auch außerhalb der ausschließlichen Bewirtschaftungszonen tätig sind. 3. Fischbestände schonen, Fang besser verwerten Die Fischereiwissenschaft hat mittlerweile genügend Modelle und Methoden entwickelt, um Fischbestände nachhaltig zu bewirtschaften. Dazu gehören unter anderem Fangmengenregulierungen, Fanggerät, das Beifang reduziert, sowie Schonzeiten und Schongebiete. Allerdings wird eine flächige internationale Implementierung zugunsten kurzfristiger nationaler politischer Interessen behindert. 4. Handelsbarrieren abbauen Die internationale Zusammenarbeit kann die Partnerregierungen beim Abbau von Handelsbarrieren und Importzöllen für Fischereiprodukte beratend unterstützen. Das gilt auch für den international abgestimmten Abbau von Fischereisubventionen. Impressum Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Sitz der Gesellschaft Bonn und Eschborn Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5 65760 Eschborn T +49 61 96 79-0 F +49 61 96 79-11 15 E [email protected] I www.giz.de Abteilung Ländliche Entwicklung und Agrarwirtschaft / Februar 2015 Mustermonat 2012 5. Wertschöpfung steigern Die Verbesserung der Wertschöpfung ist eine Voraussetzung dafür, dass sich die Privatwirtschaft im Fischereisektor nachhaltig entwickelt. Eine Werterhöhung kann zum Beispiel durch eine Verarbeitung der Fangprodukte oder durch die Einführung von Sozial- und Umweltstandards und den damit verbundenen Möglichkeiten zur Zertifizierung der Fischereien erreicht werden. Solche Standards sind beispielsweise Marine Stewardship Council (MSC) oder Naturland Wildcatch. Die internationale Zusammenarbeit kann mit dazu beitragen, dass diese Entwicklung gefördert wird. Kontakt Dr. Mark Prein E [email protected] T +49 6196 79-1471 I www.giz.de