Einführung in die Quantentheorie Theoretische Physik II Klemens Hammerer, Univ. Hannover SS 2012 0.0.1 Organisatorisches: • Dozent: Klemens Hammerer Appelstrasse 11a, Raum A109 0511 762 17072 [email protected] http://www.hammerer.itp.uni-hannover.de • Übungsleitung: Mattia Jona Lasinio Appelstrasse 2, Raum 246 0511 762 19449 [email protected] • Sekretariat: Birgit Gemmeke Appelstrasse 11a, Raum A109 +49 511 762 17072 [email protected] • Termine: Vorlesung: Dienstag 08:00 - 10:00, Donnerstag 10:00 - 12:00 jeweils Kleiner Physiksaal Übung: 1. Gruppe: Dienstag 10:00 - 12:00 @ Geb. 3701 - 268 Großer Seminarraum 2. Gruppe: Dienstag 12:00 - 14:00 @ Geb. 1101 - A410 3. Gruppe: Dienstag 12:00 - 14:00 @ Geb. 3701 - 269 Kleiner Seminarraum 4. Gruppe: Mittwoch 08:00 - 10:00 @ Geb. 3701 - 268 Großer Seminarraum 5. Gruppe: Mittwoch 10:00 - 12:00 @ Geb. 3701 - 269 Kleiner Seminarraum 0.0.2 Literatur: • Quantum Mechanics (Vol.1 & 2), C. Cohen-Tannoudji, B. Diu, F. Laloe (Wiley, deutsche Ausgabe bei de Gruyter) • Grundkurs Theoretische Physik (Bd. 5/1 & 5/2), W. Nolting (Springer) • Quantenmechanik, F. Schwabl (Springer) • Quantenmechanik Einführung, W. Greiner (Harri Deutsch) • Quantum Mechanics (Vol.1 & 2), A. Galindo, P. Pascual (Springer) 3 • Andere: Sakurai, Hecht, Baym, Schiff, Messiah, Griffiths, Merzbacher, LandauLifshitz,... • “Pflichtlektüre”: Feynman Lectures on Physics 0.0.3 Vorbemerkungen Ziel der Vorlesung ist die Einführung in die (nicht-relativistische) Quantenmechanik. Sie • bildet den theoretischen Rahmen zur Beschreibung der atomen und subatomen Physik (Atom-, Molekül-, Festkörper-, Kern- und Elementarteilchenphysik) • ist die Grundlage für das Verständnis des Aufbaus der Materie • war der Auslöser wichtiger technischer Entwicklungen, wie zum Beispiel der Halbleitertechnologie, Laser, Kerntechnik, etc. • erfordert ein neues physikalisches “Weltbild” • vereinheitlicht das Teilchenbild der klass. Mechanik und des Wellenbildes der Elektrodynamik 4 Inhaltsverzeichnis 0.0.1 0.0.2 0.0.3 Organisatorisches: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Wellenmechanik 1.1 Klassische Mechanik . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Klassische Elektrodynamik . . . . . . . 1.1.2 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . 1.2 Empirische Grundlagen der Quantenmechanik 1.2.1 Teilchen haben Wellencharakter . . . . 1.3 Wellenfuntionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Impulsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Wellenmechanik in einer Dimension . . . . . . 1.6 Erhaltung der Wahrscheinlichkeit . . . . . . . 1.7 Zeitunabhängige Schrödingergleichung . . . . 1.8 Wellenmechanik in 1D mit Potential . . . . . 1.9 Der Impulsoperator . . . . . . . . . . . . . . . 1.10 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Der 2.1 2.2 2.3 2.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . mathematische Rahmen der Quantenmechanik Der Raum der Wellenfunktionen . . . . . . . . . . . Dirac Schreibweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . Orts- und Impulsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . Der quantenmechanische harmonische Oszillator . . 2.4.1 Diskussionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Zwischenbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 4 . . . . . . . . . . . . . 6 6 6 8 8 9 11 13 14 17 19 20 32 34 . . . . . . . 37 37 40 44 46 52 55 55 3 Axiomatische Formulierung der Quantenmechanik 56 3.1 Die Postulate der Quantenmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3.2 Diskussion und Konsquenzen aus den Postulaten . . . . . . . . . . . . . . 59 3.2.1 Bemerkungen zu Postulat 2 (zeitliche Evolution) . . . . . . . . . . 65 4 Drehimpuls 71 4.1 Drehimpuls in quantenmechanischer Beschreibung . . . . . . . . . . . . . 71 4.2 Drehimpulseigenzustände und -werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 5 4.3 4.4 Bahndrehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 80 5 Wasserstoffatom 82 5.1 Stationäre Zustände im Zentralpotential V (r) . . . . . . . . . . . . . . . 82 5.2 Wasserstoffatom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 5.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 6 Elektron Spin 6.1 Stern - Gerlach Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Spin 21 Operatoren und Zustände . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Nachtrag: Wiederholte Messung im Stern-Gerlach Versuch 6.4 Gesamtwellenfunktion des Elektrons: Tensorprodukt . . . . 6.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 91 92 96 97 99 7 Addition von Drehimpulsen 100 7.1 Geamtdrehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 7.2 Zusammenfassung: Addition von Drehimpulsen . . . . . . . . . . . . . . 105 7.3 Addition von Bahndrehimpuls und Spin . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 8 Störungstheorie 110 8.1 Zeitunabhängige, nicht-entartete Störungstheorie . . . . . . . . . . . . . . 110 8.2 Zeitunabhängige, entartete Störungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 9 Feinstruktur des Wasserstoffatomes 118 9.1 Feinstruktur Hamiltonoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 9.2 Störungstheoretische Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 10 Mehrteilchensysteme 10.1 Wasserstoff als Zweiteilchensystem . . . . . . . . 10.2 Ununterscheidbare Teilchen . . . . . . . . . . . . 10.3 Konsequenzen aus dem Symmetrisierungspostulat 10.4 Helium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Näherungsverfahren 11.1 Variationsverfahren . . . . . . . . 11.2 Ritzsches Variationsverfahren und 11.3 Zeitabhängige Störungstheorie . . 11.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 125 127 133 137 141 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . kovalente Bindung im H2+ - Moleküls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 142 144 149 156 12 Indeterminismus der Quantenmechanik 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 1 Wellenmechanik 1.1 Klassische Mechanik • Der Zustand eines Punktteilchens wird durch die Angabe von Ort ~x (engl. position) und Impuls p~ (engl. momentum), d.h. durch einen Punkt (~x, p~) im Phasenraum beschrieben • Seine Dynamik ist durch die Hamiltonfunktion H(~x, p~) und die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen ∂H ∂H ṗi = − ẋi = ∂pi ∂xi festgelegt. Zum Beispiel für Teilchen der Masse m in einem Potential V (~x) ist die Hamiltonfunktion die Gesamtenergie H(~x, p~) = p~2 + V (~x) 2m und die Bewegungsgleichungen ẋi = pi = vi m ṗi = − ∂V = Fi ∂xi • Lösen der Bewegungsgleichungen unter Anfangsbedinungen (~x0 , p~0 ) zum Zeitpunkt t0 ergibt die Trajektorie (~x(t), p~(t)) des Teilchens • Die Messung einer physikalischen Messgröße A(~x, p~), zum Beispiel die Energie ~ = ~x × p~ zum Zeitpunkt t liefert das Ergebnis A(~x(t), p~(t)). H(~x, p~), L Alle diese Punkte müssen in der Quantenmechanik revidiert werden. 1.1.1 Klassische Elektrodynamik ~ x) und • Elektromagnetische Felder werden durch Angabe des elektrischen Feldes E(~ ~ x) beschrieben magnetischen Feldes B(~ 7 • Deren Dynamik ist durch die Maxwellgleichungen festgelegt. In Abwesenheit von Ladung und Strömen, erfüllen die Felder die Wellengleichung 1 ∂2 − ∆ E(~x, t) = 0 c2 ∂t2 mit der fundamentalen Lösung ~ E(~x, t) = Aei(k~x−ωt) , wobei E eine bliebige Komponente darstellt und für die Dispersionsrelation (im Vakuum) gilt 2 ω ~k 2 − ω = 0 k = |~k| = . 2 c c • Die Wellengleichung ist linear, also gibt das Superpositionsprinzip: Jede Linearkombination von Lösungen ist wieder eine Lösung. Die allgemeine Lösung ist eine Superposition Z ~ E(~x, t) = d3 k A(~k)ei(k~x−ωt) wobei A(~k) die Amplitude für Komponente mit Wellenvektor ~k. Die physikalische Lösung ist <(E(~x, t)). • Die Energie im elektromagnetischen Feld ist Z ε0 2 E (~x, t) + c2 B 2 (~x, t) E = d3 x 2 |E| = c|B| Z = d3 x ε0 E 2 (~x, t) und der Energiefluss (Poynting-Vektor) ~ = µ0 E~ × B~ S bzw. für skalare Felder ~ = cε0 E 2 (~x, t) |S| Gemessen wird (in der Regel) die Intensität. Das ist der zeitlich gemittelte Energiefluss Z 1 t+T 0 2 I(~x, t) = cε0 dt E (~x, t0 ) T t = cε0 |E(~x, t)|2 8 • Der Nachweis der Wellennatur des elektromagnetischen Feldes im Youngschen Doppelspaltexperiment I ∼ |E|2 ∼ |E1 |2 + |E2 |2 + 2<(E1 E2∗ ) 1.1.2 Zusammenfassung Mechanik Elektrodynamik Teilchen (~x(t), p~(t)) Wellen E(~x, t), B(~x, t) Hamiltonsche (Newtonschen) Bewegungsgleichungen Maxwellgleichungen Der Übungang von der Mechanik zur Elektrodynamik bilden die inhomogenen Maxwellgleichungen; der von den Maxwellgleichungen zu der Mechanik die Lorentzkraft. 1.2 Empirische Grundlagen der Quantenmechanik Wellen haben Teilchencharakter • Erste Quantenhypothese durch M. Planck (1900) zur Erklärung des Spektrums der Schwarzkörperstrahlung: die Energie einer Welle der (Kreis-)Frequenz ω = 2πν ist ein ganzzahliges Vielfaches eines elementaren Energiequantums E = hv = ~ω ~= h 2π Das Plancke Wirkungsquantum h hat die Einheit einer Wirkung [h] = Js. Aus Plancks Quantenhypothese ergibt sich das Strahlungsesetz. Es beschreibt das empirisch bekannte Spektrum thermische Strahlung, wenn h = 6,62 × 10−34 Js ~ = 1,05 × 10−34 Js gewählt wird. 9 • Albert Einstein (1905) erklärt den photoelektrischen Effekt: Licht der Frequenz ω hat eine Energie E = ~ω und die Lichtteilchen (Photonen) haben einen Impuls p~ = ~~h • Comptoneffekt (1924, Vergrößerung der Wellenlänge des Licht bei Streuung an Elektronen) kann mit E = ~ω, p~ = ~~h als elastischer Stoß zweier Teilchen erklärt werden. • Nochmal zum Youngschen Doppelspaltexperiment. Interferenz zeigt sich in der Statistik der Detektionsereignisse 1.2.1 Teilchen haben Wellencharakter • Bohrsches Atommodell (1913) 1. Elektronen bewegen sich auf Kreisbahnen. Strahlen dabei keine Energie ab 2. Erlaubt sind nur Kreisbahnen mit Drehimpuls L = n~ n = 1,2,3 3. Energie wird in Form von elektromagnetischer Strahlung nur beim Übergang zur 2. Kreisbahn 10 • klassisch gilt der Virialsatz 1 Ekin = − Epot 2 1 e2 1 mv 2 = 2 2 4πε0 r ! • Bohr: L = mrv = n~ e2 1 1 → vn = = αc 4πε0 n~ n ~ 2 → rn = n = a0 n 2 αmc e2 1 1 α= = 4πε0 c~ 137 Wobei: a0 der Bohrradius → En = − 1 mα2 c2 2 n2 Emittierte Strahlung bei En − En0 h mα2 c2 1 1 = − 2h n0 2 n2 v= Wobei mα2 c2 2h die Rydbergkonstante ist • Luis de Broglie (1924): Die Bewegung eines massiven Teilchens mit Impuls p entspricht einer “Materiewelle” mit einer Wellenlänge λ= h p Die Bohrschen Bahnen entsprechen stehenden Wellen 11 h = 2πa0 n mvn nλn = 2πa0 n2 = 2πrn λn = • Direkter Nachweis der Wellennatur geschieht in Interferenzexperimenten: Davission und Germen (1927): Elektronen um Kristallen Jönssen (1954): Doppelspaltexperiment mit Elektronen 1.3 Wellenfuntionen • Die Erfahrung zeigt: – Der Zustand eines Teilchen wird durch eine (komplexe) Wellenfunktion ψ(~x, t) beschrieben – Seine Dynamik in einem Potential ist durch die Schrödingergleichung festgelegt ~2 ∂ψ i~ =− ∆ψ + V (~x, t)ψ ∂t 2m Die Lösung der Schrödinger Gleichung unter einer Anfangsbedingung ψ(~x, 0) ergibt die zeitlich evaluierte Wellenfunktion ψ(~x, t) – Die Wellenfunktion ψ(~x, t) legt die Statistik der Resultate von Messungen physikalischen Messgrößen A(~x, p~) zum Zeitpunkt t fest. Insbesondere ist die Wahrscheinlichkeit bei einer Messung der Position, das Teilchen zum Zeitpunkt t am Ort ~x vorzufinden |ψ(~x, t)|2 d3 x D.h. die Wahrscheinlichkeitsdichte im Raum ist ρ(~x, t) = |ψ(~x, t)|2 12 [ρ] = m−3 • Die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen irgendwo vorzufinden muss 1 sein. Z Z 3 1= d x ρ(~x, t) = d3 x |ψ(~x, t)|2 Wir fordern daher, dass die Wellenfunktion ψ(~x, t) – quadratintegrabel und – auf 1 normiert ist. • Ebene Welle und Wellenpakete. Die Schrödinger Gleichung für ein freies Teilchen – es gilt also v(~x, t) ≡ 0 – ist i~ ∂ ~2 ψ(~x, t) = − ∆ψ(~x, t). ∂t 2m Ebene Wellen sind Lösungen und lauten: ~ ψ(~x, t) = cei(k·~x−ωt) mit c ∈ C und der Dispersionsrelation ω= ~~k 2 . 2m Beweis: ∂ ψ(~x, t) = i~(−iω)ψ = ~ωψ ∂t ~2 ~ 2 ~2~k 2 ~2 ∆ψ(~x, t) = − (ik) ψ = ψ − 2m 2m 2m i~ → ~ω = Mit E = ~ω und p~ = ~~k (bzw. p = dichte einer ebenen Welle ist ~2π λ ~2~k 2 2m = λh ) ist E = p ~2 . 2m Die Wahrscheinlichkeits- ρ(~x, t) = |ψ(~x, t)|2 = |c|2 ≡ const. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit ist also gleichmäßig im ganzen Raum. Ebene Wellen sind nicht normierbar! Sie sind keine physikalischen Zustände. Normierbare, physikalische Zustände können durch Superposition von ebenen Wellen aufgebaut werden: “Wellenpaket” Z 1 ~ ~ ψ(~x, t) = d3 k c(~k)ei[k~x−ω(k)t] 3/2 (2π) 13 löst die Schrödinger Gleichung, wenn ω(~k) = ~~k2 2m für beliebige Amplituden c(~k). Normierung erfordert Z 1= d3 x |ψ(~x, t)|2 Z Z Z 1 ~ ~0 3 3 0 ~ ∗ ~0 i[ω(~k)−ω(~k0 )]t = dk d k c(k)c (k )e d3 x ei(k−k )~x 3 (2π) Z = d3 k c(~k)c∗ (~k) Z = d3 k |c(~k)|2 Das heißt es muss c(~k) selbst quadratintegrabel und normiert sein. • Die Amplituden c(~k) können aus den Anfangsbedingungen ψ(~x,0) bestimmt werden. Bei t = 0 gilt Z 1 ~ ψ(~x, 0) = d3 k c(~k)eik~x 3/2 (2π) Also ist ψ(~x, 0) die Fouriertransformierte von c(~k). Die inverse Transformation ergibt Z 1 ~ ~ c(k) = d3 x ψ(~x, 0)e−ik~x . 3/2 (2π) • Damit lässt sich die Schrödinger Gleichung für freie Teilchen lösen: 1. Gegeben ψ(~x,0), berechne c(~k) 2. Einsetzen in ψ(~x, t) = t. 1 (2π)3/2 R ~ d3 ei[k~x−ωt] ergibt die Wellenfunktion zu Zeiten 1.4 Impulsfunktionen ~ • Für t = 0 sind die c(~k) die Amplituden der ebenen Wellen eik~x (mit festem Impuls p~ = ~~k) im Wellenpaket ψ(~x,0). Wir erwarten, dass |c(~k)|2 die Wahrscheinlichkeit festlegt, bei einer Messung des Impulses p~ den Wert p~ = ~~k zu finden • Allgemein definieren wir Impulswellenfunktionen Z 1 ϕ(~p, t) = d3 x ψ(~x, t)ei~p~x/~ (2π~)3/2 14 Damit gilt für t = 0: Z 1 ϕ(~p, t) = d3 x ψ(~x, 0)ei~p~x/~ 3/2) (2π~) 3/2 1 p~ = c ~ ~ Die Wahrscheinlichkeit, bei einer Messung des Impulses einen Wert p~ zu finden ist |ϕ(~p, t)|2 d3 p . Die Wahrscheinlichkeitsdichte im Impulsraum |ϕ(~p, t)|2 . Es gilt R d3 p |ϕ(~p, t)|2 = 1 1.5 Wellenmechanik in einer Dimension • Ein Wellenpaket in einer Dimension ist 1 ψ(x, t) = √ 2π mit ω = ~k2 2m und R +∞ Z +∞ dk c(k)ei(kx−ωt) −∞ dk |c(k)|2 = 1. Die zugehörigen Impulswellenfunktionen −∞ 1 ϕ(p, t) = √ 2π~ Für t = 0 ist ϕ(p,0) = Z +∞ dx ψ(x, t)e−ipx/~ −∞ √1 c(p/~). ~ • Beispiel Gaussches Wellenpaket ψ(x,0) = 2 πa2 1/4 eik0 x−x 2 /a mit k0 , a ∈ R. Die Wahrscheinlichkeitsdichte im Ort ist 2 ρ(x,0) = |ψ(x,0)| = 2 πa2 1/2 2 /a2 e−2x 15 Es gilt: Z dx ρ(x) = 1 Z hxi = dx xρ(x) = 0 Z a2 2 2 hx i = dx x ρ(x) = 4 q a ∆x = hx2 i − hxi2 = 2 • Die Amplituden c(k) sind Z +∞ 1 dx ψ(x,0)e−ikx c(k) = √ 2π −∞ 2 1/4 a 2 2 e−(k−k0 ) a /4 = 2π • Die Impulswellenfunktion zum Zeitpunkt t = 0 ϕ(p,0) = a2 2π~2 1/4 2 a2 /4~2 e−(p−p0 ) Es gilt: Z 16 dp |ϕ|2 = 1 Z hpi = dp p|ϕ(p,0)|2 = p0 = ~k0 Z ~2 2 2 2 2 hp i = dp p |ϕ(p,0)| = p0 + 2 a q h ∆p = hp2 i − hpi2 = a Das heißt, dass die Unschärfen in Ort und Impuls nicht unabhängig sind ∆x∆p = ~ . 2 • Das zeitliche evaluierte Wellenpaket Z +∞ ~k2 1 ψ(x, t) = √ dk c(k)ei(kx− 2m t) 2π −∞ 1/4 x−v t 2 ei(k0 x−ϕ) − 2 0 a (1+iγt) = e πa2 (1 + γ 2 t2 )1/4 wobei ϕ = θ + k0 v0 t ; 2 tan 2θ = γt; γ = 2~ ; ma2 v0 = ~k0 m = p0 m Die Wahrscheinlichkeitsdichte ist ρ(x, t) = |ψ(x, t)|2 1/2 2(x−v0 t)2 2 1 − 2 a e (1+γ 2 t2 ) = πa2 (1 + γ 2 t2 )1/2 mit dem Mittelwert hxit = v0 t ap ∆xt = 1 + γ 2 t2 2 • Es gibt keine Änderung des Impulses/seiner Statistik für ein freies Teilchen und |ϕ(p, t)|2 = |ϕ(p,0)|2 17 1.6 Erhaltung der Wahrscheinlichkeit • In der Elektrodynamik gilt für die Ladungsdichte ρq (~x, t) und die Stromdichte ~jq (~x, t) der Erhalungstsatz (→ Kontinuitätsgleichung) ∂ ~ · ~jq (~x, t) = 0 ρq (~x, t) + ∇ ∂t Die Gesamtladung ist erhalten Z Z ∂ 3 ~ · ~jq (~x, t) d x ρq (~x, t) = − d3 x ∇ ∂t V V Z ~ · ~jq (~x, t) =− dS ∂V (V → ∞) = 0, da lim ~jq (~x, t) = 0 x→∞ • In der Quantenmechanik gilt ein entsprechender Erhaltungssatz der Wahrscheinlichkeit. Wir betrachen die Änderung der Wahrscheinlichkeitsdichte ∂ ∂ ∂ ρ(~x, t) = |ψ(~x, t)|2 = ψ ∗ (~x, t)ψ(~x, t) ∂t ∂t ∂t ∗ = ψ(~x, t)ψ̇ (~x, t) + ψ ∗ (~x, t)ψ̇(~x, t) Die Schrödinger Gleichung i~ψ̇ = − ~2 ∆ψ + V ψ 2m impliziert −i~ψ̇ ∗ = − ~2 ∆ψ ∗ + V ψ ∗ 2m Damit ergibt sich 1 ψ ψ̇ + ψ ψ̇ = i~ ∗ ∗ ~2 ∗ 1 ~2 ∗ ∗ ∗ − ψ ∆ψ + V ψ ψ − − ψ∆ψ + V ψ ψ 2m i~ 2m Also ∂ ~ ρ(~x, t) + (ψ ∗ ∆ψ − ψ∆ψ ∗ ) = 0 ∂t 2mi Wir definierten den Wahrscheinlichkeitsstrom 18 ~ x, t) − ψ(~x, t)∇ψ ~ ∗ (~x, t) ~j(~x, t) = ~ ψ ∗ (~x, t)∇ψ(~ 2mi i 1 h ∗ ~ = < ψ (~x, t)(−i~∇)ψ(~x, t) m so, dass ~ · ~j = ~ ∇ψ ~ ∗ · ∇ψ ~ + ψ ∗ ∆ψ − ∇ψ ~ · ∇ψ ~ ∗ − ψ∆ψ ∗ ∇ 2mi damit gilt der Erhaltungssatz der Wahrscheinlichkeit ∂ ~ · ~j = 0 ρ(ρ, t) + ∇ ∂t R Die Gesamtwahrscheinlichkeit d3 x ρ(~x, t) = 1 ist erhalten (wie in der Elektrodynamik; lim~x→∞ ~j(~x, t) = 0 weil lim~x→∞ ψ(~x, t) = 0) ~ • Beispiel Der Wahrscheinlichkeitsstrom für eine ebene Welle ψ(~x, t) = ei(k~x−ωt) ist ~j(~x, t) = ~ ψ ∗ (i~k)ψ − ψ(−i~k)ψ ∗ 2mi 2i~k~ ∗ ψ ψ = 2mi ~~k = ρ(~x, t) m ~~k p~ = = = ~v m m Beispiel Superpostion zweier ebener Wellen in 1D ψ(x, t) = Aei(kx−ωt) + Bei(−kx−ωt) der Strom ist ~j = ~k |A|2 − |B|2 e~x m 19 1.7 Zeitunabhängige Schrödingergleichung • Falls das Potential V (~x) nicht explizit von der Zeit abhängt, so ist die Schrödinger Gleichung ∂ ~2 i~ Ψ(~x, t) = − ∆ + V (~x) Ψ(~x, t) ∂t 2m = H(~x)Ψ(~x, t) • Superposition der Variablen: Wir suchen Lösungen der Art Ψ(~x, t) = χ(t)ψ(~x) → i~χ̇(t)ψ(~x) = χ(t)H(~x)ψ(~x) H(~x)ψ(~x) χ̇(t) = i~ χ(t) ψ(~x) Also fordern wir χ̇(t) = ~ω χ(t) Hψ(~x) =E ψ(~x) i~ (7.1) (7.2) Aus (7.1) und (7.2) folgt die Separationskonstante E = ~ω Lösung für (7.1) χ̇(t) = −iωχ(t) ist χ(t) = e−iωt χ(0) = e−iωt (7.2) ist äquivalent zu der zeitunabhängigen Schrödingergleichung H(~x)ψ(~x) = Eψ(~x) ~2 − ∆ + V (~x) ψ(~x) = Eψ(~x) 2m Dies ist eine Eigenwertgleichung, wobei H(~x) der (Differential-)operator und ψ(~x) eine Eigenfunktion von H ist. E = ~ω ist der zu ψ(~x) gehörende Eigenwert. Die Lösung der (zeitunabhängigen) Schrödinger Gleichung ist dann Ψ(~x, t) = ψ(~x)e−iEt/~ 20 2 ~ • Beispiel Freies Teilchen. Es gilt also V ≡ 0 ⇒ H(~x) = − 2m ∆ H(~x)ψ(~x) = Eψ(~x) ~2 − ∆ψ(~x) = Eψ(~x) 2m Eigenfunktionen sind ebene Wellen ~ ψ~k (~x) = eik·~x mit Eigenwert E~k = ~2~k2 2m • Im Allgemeinen gilt: (wobei n die Eigenwerte durchnummeriert; z.B. n = |~k|) Hψn,m (~x) = En ψn,m (~x) Dabei gibt (n, m) die Eigenzustände zum Eigenwert ωn an. Zeitabhängige Lösung Ψn,m (~x, t) = e−iωn t ψn,m (~x) En = ~ωn Allgemeine Lösung der Schrödinger Gleichung: X gn,m e−iωn t ψn,m (~x) Ψ(~x, t) = n,m (Die gn,m geben die Amplitude für ψn,m an) Vergleich zum Wellenpaket Z Ψ(~x, t) = ~ d3 k g(~k)e−iωk t eik·~x 1.8 Wellenmechanik in 1D mit Potential • Wir wollen die Schrödinger Gleichung für stückweise konstante, zeitunabhängige Potential V (x) lösen, also zum Beispiel in der Form 21 Die zeitunabhängige Schrödinger Gleichung ist ~2 ∂ 2 − + V (x) ψ(x) = Eψ(x) 2m ∂x2 Wie verhält sich ψ(~x) an den Sprungstellen von V (x)? Sei x0 eine der Sprungstellen ∂2 2m V (x) − E ψ(x) ψ(x) = ∂x2 ~2 Integrieren im Intervall [x0 − ε, x0 + ε] ergibt Z x0 +ε Z ∂2 2m x0 +ε dx 2 ψ(x) = 2 dx V (x) − E ψ(x) ∂x ~ x0 −ε x0 −ε Z x0 Z x0 +ε ∂ 2m ∂ dx (V0 − E)ψ(x) + dx (V1 − E)ψ(x) ψ(x0 + ε) − ψ(x0 − ε) = 2 ∂x ∂x ~ x0 x0 −ε Z x0 Z x0 +ε 2m = (V0 − E) dx ψ(x) + (V1 − E) dx ψ(x) ~ x0 −ε x0 Im Limes ε → 0 ist: ∂ ∂ ψ(x0 + ε) − ψ(x0 − t) → 0 ∂x ∂x Die Ableitung von ψ(x) an der Sprungstelle von V (x) ist stetig. Damit ist auch ψ(x) an der Sprungstelle stetig. Also: An Sprungstellen x0 von V (x) gilt: lim ψ(x0 + ε) = lim ψ(x0 − ε) ε→0 ε→0 ∂ ∂ lim ψ(x0 + ε) = lim ψ(x0 − ε) ε→0 ∂x ε→0 ∂x • Gegeben sei eine Potentialstufe 22 ( 0, x ≤ 0 (I) V (x) = V0 , x > 0 (II) Wir suchen die Eigenfunktionen und Eigenwerte der zeitunabhängigen Schrödinger Gleichung ~2 ∂ 2 − + V (x) ψ(x) = Eψ(x) 2m ∂x2 d.h. in den Bereichen (I) und (II) gilt: ∂2 2m ψ(x) = − 2 Eψ(x) 2 ∂x ~ 2m ∂2 ψ(x) = − 2 (E − V0 )ψ(x) ∂x2 ~ (I) (II) 1.Fall E > V0 r k= 2mE ~2 r q= 2m(E − V0 ) ~2 Die Lösungen in (I) und (II) sind dann ψ(x) = Aeikx + Be−ikx (I) ψ(x) = Ceiqx + De−iqx (II) mit beliebigen Amplituden A, B, C, D Die Anschlussbedingungen an der Sprungstelle sind A+B =C +D ik(A − B) = iq(C − D) (a) (b) Wir wollen die Amplituden B, C den einlaufenden Wellen in Abhängigkeit 23 von den auslaufenden Wellen A, D bestimmen: B − C = −A + D kB + qC = kA + qD 1 −1 B −1 1 A = k q C k q D −1 B 1 −1 −1 1 A = C k q k q D 1 q 1 −1 1 A = k q D k + q −k 1 Wir spezialisieren uns auf ein von links einlaufendes Teilchen. Dann gilt also D = 0 und somit auch A 6= 0. B= k−q A k+q C= 2k A k+q Damit sind die Ströme ~k 2 |A| m 2 2 k−q ~k k − q 2 |A| = jA jB = m k+q k+q 2 ~q 2k 4kq jC = jA |A|2 = m k+q (k + q)2 jA = Die Reflexions- und Transmissionskoeffizienten für ein von links mit einem 2 k2 Impuls p = ~k(E = ~2m ) einfallenden Teilchens r 2 jB k−q 2mV0 R= = q = k2 − jA k+q ~2 jC 4kq 2mV0 T = = k> 2 jA (k + q) ~ Es gilt R + T = 1 24 Für Energien E > V0 gibt es eine endliche Wahrscheinlichkeit, reflektiert zu werden! Das Eigenwertproblem Hψk = Ek ψk Ek = ~2 k 2 2m ist (für Wellen mit E > V0 und D = 0) gelöst mit ( eikx + k−q e−ikx , x < 0 k+q ψk = A 2k ikx e , x≥0 k+q Durch Superposition dieser Wellen können von links einlaufende Wellenpakete konstruiert werden Z 1 Ψ(x, t) = √ dk g(k)e−iωk t ψk (x) 2π 2.Fall E < V0 Die Schrödingergleichung ist nun ∂2 2m ψ(x) = − 2 Eψ(x) 2 ∂x ~ 2m ∂2 ψ(x) = (V0 − E)ψ(x) ∂x2 ~ Die Lösung in (I) sind wieder ebene Wellen (mit µ = ψ(x) = Aeikx + Be−ikx ψ(x) = Ce−µx + Deµx (I) (II) q 2m (V0 ~ − E)) (I) (II) Die Komponente e+µx divergiert für x → ∞. Die Wellenfunktion muss normierbar sein. Also fordern wir D = 0. Die Anschlussbedingungen bei x = 0 liefern dann ( e−ikx , x ≤ 0 eikx + k−iµ k+iµ ψ(x) = A 2k −µx e , x>0 k+iµ 25 Die Wahrscheinlichkeitsdichte in x > 0 ist 4k 2 |A|2 e−2µx k 2 + µ2 2 2 ~k e−2µx 4|A|2 = 2m |ψ(x)|2 = Die Eindringtiefe ist klein für große Massen und es gilt 1 = µ 2mV0 − k2 ~2 −1/2 Insbesondere für unendliche Potentialstufe V0 → ∞ gilt ( eikx − e−ikx ψ(x) = A 0, ∼ sin kx, x < 0 x≥0 Die Randbedingung für unendliche Potential wähle bei x0 ist ψ(x0 ) = 0 (ψ 0 (x0 ) ist unstetig!) • Potentialschwelle 0, x ≤ 0 V (x) = V0 , 0 ≤ x ≤ l 0, l ≤ x 26 1. Fall Eq > V0 Die Lösung der Schrödinger Gleichung in den 3 Bereichen ist (mit 0 , jC = ~k |G|2 ) q = k 2 − 2mV ~2 m ψ(x) = Aeikx + Be−ikx (I) −iqx (II) −ikx (III) iqx ψ(x) = Ce ψ(x) = F e ikx + De + Ge Die Anschlussbedingungen erfordern Stetigkeit in A+B =C +D k(A − B) = q(C − D) ψ(0) ψ 0 (0) Ceiql + De−iql = F eikl + Ge−ikl ψ(l) q(Ceiql − De−iql ) = k(F eikl − Ge−ikl ) ψ 0 (l) Wir wollen die auslaufenden Wellen B, F für gegebene einlaufende Wellen A, G berechnen. Wir können uns auf ein von links einlaufendes Teilchen spezialisieren: G = 0. Ergebnis in Matrixschreibweise: −1 k2 + q2 e−ikl A sin ql F = cos ql − i 2kq 2 2 q −k B=i sin ql eikl F 2kq Der transmittierter/reflektierter Strom ist: jF = ~k 2 |F | m jB = ~k 2 |B| m Reflexions- und Transmissionskoeffizient 27 (k 2 − q 2 )2 sin2 ql jB = 2 2 jA 4k q + (k 2 − q 2 )2 sin2 ql 4k 2 q 2 jF = 2 2 T = jA 4k q + (k 2 − q 2 )2 sin2 ql R= Wieder gilt: R + T = 1 Diskussion: Für gegebene Energie E = q 0 V0 (q = k 2 − 2mV ) ~2 ~2 k2 2m des Teilchens und Potentialhöhe 4k2 q 2 (k2 +q 2 )2 Resonanzen in der Transmission bei sin ql = 0 also ql = nπ n∈N → Wellenzahl q = nπ l Im Bereich der Barrieren entstehen dann stehende Wellen. “Streuresonanzen” 2. Fall E < V0 Die Lösung in (II) ist nun (wie vorher) ψ(x) = Ce−µx + De+µx , 0≤x≤l (II) q Die Lösung ist die gleiche wie für E > V0 mit q → iµ, µ = (V0 − E) 2m . Der ~2 Reflexions- und Transmissionskoeffizient ist (k 2 + µ2 )2 sinh2 µl 4k 2 µ2 + (k 2 + µ2 )2 sinh2 µl 4k 2 µ2 T = 2 2 4k µ + (k 2 + µ2 )2 sinh2 µl R= Diskussion – T 6= 0 sogar für E < V0 “Tunneleffekt” 28 – Für ’kleine’ Energien E und ’lange’ Barrieren l, so dass r 2mV0 µl = − k2 l 1 ~2 gilt T ≈ Die Eindringtiefe ist wieder 16(E − V0 ) −2µl e V02 1 µ Beispiel Ein Elektron mit 1eV und V0 = 2 eV 1 ≈ 2 · 10−16 m = 2 Å µ Bei einer Barriere mit l = 1 Å: T = 0,78 Ein Proton (mp = 1840 me ) ist µ1 = 5·10−12 m und für l = 1 Å, V0 = 2 eV: T = 4 · 10−19 • Der Potentialtopf ( −V0 , |x| ≤ l V (x) = 0, |x| > l Die zeitunabhängige Schrödingergleichung ~2 ∂ 2 − + V (x) ψ(x) = Eψ(x) 2m ∂x2 Die Zustände mit E > 0 entsprechen denen der Potentialschwelle (für E > V0 ). Welche Zustände mit E < 0 gibt es im Potentialtopf? Die Lösungen in den 3 Bereichen sind ψ(x) = Aeµx , x < −l ψ(x) = B cos kx + C sin kx ψ(x) = De−µx (−V0 < E < 0) (I) (II) 29 mit: r 2mE 2m|E| µ= − 2 = (E < 0) 2 ~r r ~ 2m(V0 + E) 2m(V0 − |E|) k= = 2 ~ ~2 r Dabei haben wir – in (I) die Lösungen proportional zu e−µx und in (III) proportional zu e+µx ausgeschlossen (Normierbarkeit!) – in (II) die Lösungen cos kx und sin kx statt e±ikx verwendet (Vereinfachung). Die Stetigkeitsbedingungen verlangen Ae−µl = B cos kl − C sin kl k Ae−µl = (B sin kl + C cos kl) µ −µl De = B cos kl + C sin kl k De−µl = (B sin kl − C cos kl) µ Addition und Subtraktion von (8.1) und (8.3) bzw. (8.2) und (8.4) ergeben k A + D = 2Beµl cos kl = 2B eµl sin kl µ k D − A = 2Ceµl sin kl = −2C eµl cos kl µ Damit muss gelten µ B tan kl − =0 k 1 µ C + =0 tan kl k Es gibt Klassen von Lösungen: i) Falls B 6= 0 muss tan kl = µ k und daher C = 0 gelten. ii) Falls C 6= 0 muss tan kl = − µk und daher B = 0 gelten. i) entspricht spiegelsymmetrischer Wellenfunktion ii) entspricht spiegel-antisymmetrischen Wellenfunktion 30 (8.1) (8.2) (8.3) (8.4) Für Klasse (i) Lösungen muss gelten tan kl = r tan 2ml2 (V0 − |E|) = ~2 µ k s |E| V0 − |E| (8.5) Dies ist eine nicht-trivale Bedingugen die Energie der Zustände! Die Gleichung ist transzendent, aber wir können Lösungen grafisch ermitteln. r 2ml2 (V0 − |E|) z := − V0 ≤ E ≤ 0 ~2 r 2ml2 V0 0 ≤ z ≤ z0 z0 := ~2 z 2 −z 2 → V0|E| = 0z2 −|E| Damit ist (8.5) = z0 2 z −1 tan z = 1/2 z0 2 −1 z 31 Für Klasse (II) Lösungen muss gelten tan kl = − tan z = − k µ −1/2 z0 2 −1 z Diskussion: – Für gegebene Potentialtiefe V0 (d.h. z0 ) gibt es eine diskrete Anzahl erlaubten Energien En , n = 1,2, . . . , nmax . Die Energie gebundener Zustände (im Topf) ist quantisiert. – Für jedes beliebig kleine V0 gibt es mindestens einen Zustand. – Zustände ψn zu Energieeigenwerten En sind symmetrisch für n ungerade und antisymmetrisch für n gerade – Je größer V0 desto mehr Zustände gibt es – Für V0 → ∞ ist µ → 0 und die Zustände entsprechen stehenden Wellen proportional zu sin kx und proportional zu cos kx mit kn = nπ 2l Auf dieselbe Art und Weise können wir beliebige stückweise konstante Potentiale behandeln. 32 Auch in nicht stückweise konstanten Potentialen sind die Energieen gebundene Zustände quantisiert. Beispiel Im harmonischen Oszillatorpotential V (x) = mω 2 2 x 2 gilt En = ~ω(n + 12 ) n∈N 1.9 Der Impulsoperator • Die Wahrscheinlichkeitsdichte |ϕ(~p, t)|2 für Impulsmessungen ergibt sich aus der Impulswellenfunktion ϕ(p̂, t) (“Wellenfunktion in Impulsdarstellung”) 1 ϕ(~p, t) = (2π~)3/2 Z d3 x ψ(~x, t)ei~p·~x/~ 33 Wir können die Statistik von Impulsmessungen auch direkt aus ϕ(~x, t) berechnen. Beispiel Es gilt für den Mittelwert einer Impulsmessung Z h~pi = d3 p p~ |ϕ(~p, t)|2 Z = d3 p ϕ∗ (~p, t) p~ ϕ(~p, t) Z Z Z 1 0 0 3 0 3 = dx dx d3 p ψ ∗ (~x, t)e−i~p ·~x /~ p~ei~p·~x/~ ψ(~x, t) 3 (2π~) ~ ~x ei~p·~x/~ p~ei~p·~x/~ = −i~∇ Z Z Z 1 ~0 3 0 3 ∗ ~ = dx d x ψ (~x, t)ψ(~x, t)(−i~∇~x ) d3 p ei~p·(~x−x )/~ 3 (2π~) Z Z 3 0 ~ ~x )δ 3 (~x − x~0 ) = dx d3 x ψ ∗ (~x, t)ψ(~x, t)(−i~∇ Z Es gilt: Z ∂ dx f (x) δ(x) = − ∂x Z dx ∂ f (x) δ(x) ∂x Z 3 ~ ~ (~x))δ 3 (~x) d x f (~x)∇δ (~x) = − d3 x (∇f Z Z h i 3 0 ~ ~x )ψ(~x, t) δ 3 (~x − x~0 ) =− dx d3 x ψ ∗ (~x, t)(−i~∇ Z ~ ~x )ψ(~x, t) =− d3 x ψ ∗ (~x, t)(−i~∇ 3 Also: Z h~pi = ~ d3 x ψ ∗ (~x, t)(−i~∇)ψ(~ x, t) Entsprechend gilt für beliebige höhere Momente der Impulskomponenten pk n Z ∂ n 3 ∗ hpk i = d x ψ (~x, t) −i~ ψ(~x, t) ∂xk ~ mit dem Impuls. Der Wir identifizieren daher den Differentialoperator (−i~∇) “Impulsoperator in Ortsdarstellung” ist ~ ~x p~ˆ = −i~∇ (Um ein Symbol explizit als Operator zu kennzeichnen wird ein Hut (p̂) verwendet.) • Damit folgt zum Beispiel für die kinetische Energie p~ˆ2 ~2 =− ∆ 2m 2m 34 und den Hamiltonoperator H=− ~2 p~ˆ2 ∆ + V (~x) = + V (~x) 2m 2m • Die Stromdichte ist ~ ~j(~x, t) = 1 < ψ ∗ (~x, t)(−i~∇)ψ(~ x, t) 2m 1 ∗ˆ < ψ p~ψ = 2m 1.10 Zusammenfassung • Zustände Rwerden beschrieben durch die (Orts-)Wellenfunktion Ψ(~x, t) mit der Normierung d3 x |Ψ(~x, t)|2 = 1. Die Impulswellenfunktion ist ϕ(~p, t) und ist die Fourier-Transformierte der Ortswellenfunktion: Z 1 d3 x ψ(~x, t)e−i~p·~x/~ ϕ(~p, t) = (2π~)3/2 • Dynamik wird durch die Schrödinger Gleichung i~Ψ̇ = HΨ beschrieben mit dem Hamilton-Operator: Ĥ = ~2 p~ˆ2 + V (~x) = − ∆ + V (x) 2m 2m • Schrödinger Gleichung erhält die Wahrscheinlichkeit • Die zeitunabhängige Schrödingergleichung lautet mit V (x, t) ≡ V (x) H(~x)ψn (~x) = En ψn (~x) X → Ψ(~x, t) = cn ψ(~x)e−iωn t ∧ En = ~ωn n • Ortsmessungen |Ψ(~x, t)|2 Impulsmessung |ϕ(~p, t)|2 • Ansatz für das zeitlich konstantes Potential Ψ(~x, t) = ψ(~x)e−iEt/~ 35 führt auf die zeitunabhängige Schrödinger Gleichung H(~x)ψ(~x) = Eψ(~x) Dies wiederum führt zu der Eigenwertgleichung, für welches man für ein gegebenes Potential man die Eigenwerte En und Eigenfunktionen ψn,j (~x) findet (wobei j die Entartung angibt): Hψn,j = En ψn,j Beispiel freies Teilchen (eindimensional und V ≡ 0) mit k ∈ R+ Ek = ~2 k 2 2m ψk,± = e±ikx Beispiel Potentialtopf mit n = 1,2, . . . , nmax ; k ∈ R+ En < 0 ~2 k 2 Ek = 2m ψn (~x) ψk (~x) • Allgemeine Lösung Ψ(~x, t) = X cn,j e−iEn t/~ ψnj (~x) n,j Wobei die Amplituden cn,j durch Ψ(~x,0) festgelegt ist 36 • Für konstante Potentiale Hψn,m = En ψn,m • Die Lösungen der zeitabhängigen Schrödinger Gleichungen X Ψ(~x, t) = cn,m e−iEn t/~ ψn,m (x̂) n,m 37 2 Der mathematische Rahmen der Quantenmechanik 2.1 Der Raum der Wellenfunktionen • Die Menge der quadratintegrablen Funktionen ψ(~x) auf Rn wird als L2 (Rn ) (bzw. L2 ) bezeichnet Z 2 n L (R ) = {ψ(~x) : dn x |ψ(~x)|2 < ∞} • L2 (Rn ) ist ein Vektorraum, d.h. insbesondere falls ψ1 , ψ2 ∈ L2 und λ1 , λ2 ∈ C dann ist auch λ1 ψ1 + λ2 ψ2 ∈ L2 (1.1) • In L2 lässt sich ein Skalarprodukt definieren. Jedem Paar ψ1 , ψ2 ∈ L2 ordnen wir eine komplexe Zahl (ψ1 , ψ2 ) ∈ C zu Z (ψ1 , ψ2 ) = d~x ψ1∗ (~x)ψ2 (~x) Eigenschaften: – (ψ1 , ψ2 )∗ = (ψ2 , ψ1 ) – (ψ1 , λψ2 + µψ3 ) = λ(ψ1 , ψ2 ) + µ(ψ1 , ψ3 ) – (λψ1 + µψ2 , ψ3 ) = λ∗ (ψ1 , ψ3 ) + µ∗ (ψ2 , ψ3 ) Wenn (ψ1 , ψ2 ) = 0 dann heißen ψ1 und ψ2 orthogonal. Es gilt Z (ψ, ψ) = dn x |ψ(~x)|2 ≥ 0 und (ψ, ψ) = 0 38 ⇐⇒ ψ=0 – Für das Skalarprodukt gilt die Cauchy - Schwartz - Ungleichung, womit sich Gleichung (1.1) beweisen lässt p p |(ψ1 , ψ2 )| ≤ (ψ1 , ψ1 ) (ψ2 , ψ2 ) – Mit dem Skalarprodukt lässt sich eine Norm definieren kψk2 = (ψ, ψ) ≥ 0 Der Vektorraum L2 mit dieser Norm ergibt einen Hilbertraum • Ein linearer Operator A ist eine Abbildung die jeder Funktion ψ ∈ L2 eine andere Funktion zuordnet e x) Aψ(~x) = ψ(~ wobei gilt A(λ1 ψ1 + λ2 ψ2 ) = λ1 Aψ1 + λ2 Aψ2 Beispiel – Ortsoperator x̂k mit k = 1,2,3 x̂k ψ(~x) = xk ψ(~x) – Impulsoperator p̂k p̂k ψ(~x) = −i~ ∂ ψ(~x) ∂xk – Operator der kinetischen Energie p~ˆ2 ~2 =− ∆ 2m 2m – Hamiltonoperator H= p2 +V 2m • Das Produkt AB von Operatoren A und B ist definiert durch ABψ(~x) = A[Bψ(~x)] Zuerst wird B angewendet, dann A. Im Allgemeinen gilt AB 6= BA. Die Differenz AB − BA heißt Kommutator von A und B und wird bezeichnet als 39 [A, B] = AB − BA ∂ Beispiel Kommutator von x̂ und p̂ = −i~ ∂x [x̂, p̂]ψ(x) = (x̂p̂ − p̂x̂)ψ(x) ∂ ∂ ψ(x) − −i~ [xψ(x)] = x̂ −i~ ∂x ∂x = i~ψ(x) gilt für beliebige ψ(x)! [x̂, p̂] = i~ oder allgemein in 3D mit x̂k , p̂k [k̂k , p̂l ] = i~δkl Entsprechend zeigt man [x̂k , x̂l ] = [p̂k , p̂l ] = 0 • Der zu A adjungierte Operator A† erfüllt (ψ1 , Aψ2 ) = (A† ψ1 , ψ2 ) Beispiel Sei A der Differentialoperator in einer Dimension A = Z (ψ1 , Aψ2 ) = ∂ ∂x +∞ dx ψ1∗ (x)Aψ2 (x) Z−∞ ∂ = dx ψ1∗ (x) ψ2 (x) ∂x +∞ Z ∂ ∗ ∗ − dx = ψ1 (x)ψ2 (x) ψ (x) ψ2 (x) ∂x 1 −∞ ! = (A† ψ1 , ψ2 ) ∂ Wir sehen A† = − ∂x . Allgemeiner gelten die Eigenschaften (des Adjungierens): – A† † =A – (Aψ1 , ψ2 ) = (ψ1 , A† ψ2 ) – (λA + µB)† = λ∗ A† + µ∗ B † 40 – (AB)† = B † A† hψ|AB|φi = (|ψi , AB |ψi) = (A† |ψi , B |φi) = (B † A† |ψi , |φi) • Selbstadjungierte (oder hermitische) Operatoren erfüllen A = A† ∂ Eigenschaften: Beispiel Der Impulsoperator: p̂ = −i~ ∂x ∂ (ψ1 , p̂ψ2 ) = −i~ ψ2 (x) ∂x Z ∂ ∗ = − dx −i~ ψ1 (x) ψ2 (x) ∂x ∗ Z ∂ = dx −i~ ψ1 (x) ψ2 (x) ∂x = (p̂ψ1 , ψ2 ) Z dx ψ1∗ (x) Für die Eigenwerte und -vektoren eines hermitschen Operators A Aψn,j = λn ψn,j gelten die Eigenschaften: – Die Eigenwerte sind reell: λn ∈ R – Die Eigenvektoren ψn sind orthogonal: (ψn,i , ψm,j ) = δn,m δi,j 2.2 Dirac Schreibweise Ist eine sehr effiziente Notation für Rechnungen in der Quantenmechanik. • Ein Vektor in einem Hilbertraum H wird als ’ket’ bezeichnet und geschrieben als |ψi 41 • Ein lineares Funktional χ auf H ist eine Abbildung, die einem Vektor |ψi ∈ H eine komplexe Zahl zuordnet χ |ψi ∈ H 7→ χ(|ψi) ∈ C und linear ist: χ λ |ψ1 i + µ |ψ2 i = λχ(|ψ1 i) + µχ(|ψ2 i) Der Raum der linearen Funktionale ist selbst ein Vektorraum und heißt dualer Raum H∗ zu H. Elemente im dualen Raum H∗ werden als ’Bra’ bezeichnet und geschrieben als hχ| so, dass χ(|ψi) = hχ|ψi ∈ C • Wir können zu jedem ket |ψi ∈ H einen Bra hψ| ∈ H∗ assozieren: hψ| bildet einen ket |φi ∈ H auf die komplexe Zahl (|ψi , |φi) ab, das heißt hψ|φi = (|ψi , |φi) Z dn x ψ ∗ (~x)φ(~x) = ∈C bzw. hψ| = (|ψi , . ) Damit gilt wie für das Skalarprodukt – hψ|φi∗ = hφ|ψi – hψ|λφ1 + µφ2 i = λ hψ|φ1 i + µ hψ|φ2 i – hλψ1 + µψ2 |φi = λ∗ hψ1 |φi + µ∗ hψ2 |φi – hψ|ψi ≥ 0 und hψ|ψi = 0 ⇐⇒ |ψi = 0 Für einen linearen Operator A gilt: hψ|A|φi = (|ψi , A |φi) = (A† |ψi , |φi) Z = dn x ψ ∗ (~x) Aφ(~x) Damit lassen sich Mittelwerte schreiben als hxi = hψ|x̂|ψi hpi = hψ|p̂|ψi 42 Es gilt hψ|A|φi∗ = (|ψi , A |φi)∗ = (A |φi , |ψi) = (|φi , A† |ψi) = hφ|A† |ψi Die Eigenwerte eines selbstadjungierten Operators sind reel. (Ohne Beschränkung der Allgemeinheit ist λn nicht entartet und das Spektrum sei diskret) A |ψn i = λn |ψn i hψn |A|ψn i = hψn |λn |ψn i = λn hψn |ψn i Dabei gilt: hψn |ψn i ≥ 0 hψn |A|ψn i∗ = λ∗n hψn |ψn i hψn |A† |ψn i = hψn |A|ψn i = λn hψn |ψn i → λ∗n = λn Die Eigenvektoren sind orthogonal A |ψn i = λn |ψn i hψk |A|ψn i = λn hψk |ψn i hψk |A|ψn i∗ = λn hψk |ψn i∗ = λn hψn |ψk i hψk |A† |ψn i = hψn |A|ψk i = λk hψn |ψk i wobei: A |ψk i = λk |ψk i Also (λn − λk ) hψn |ψk i = 0. Falls λn 6= λk muss hψn |ψk i = 0 gelten. Somit ist hψn |ψk i = δnk hψn |ψn i = δnk . Wobei |ψn i normiert und dann hψn |ψn i = 1 ist Zurück zu den Eigenwerten: • Das Spektrum (die Menge der Eigenwerte) eines hermiteschen Operators hat einen diskreten und/oder kontinuierlichen Anteil. Beispiel Spektrum des Hamiltonoperators 43 Also im Allgemeinen A |ψn i = λn |ψn i A |ψλ i = λ |ψλ i diskret kontinuierlich (Ohne Beschränkung der Allgemeinheit gibt es keine Entartung) • Eigenzustände sind orthogonal hψl |ψn i = δln hψλ |ψλ0 i = δ(λ − λ0 ) hψn |ψλ i = 0 • Die Eigenzustände eines hermiteschen Operator A bilden eine Basis im Hilbertraum. Das heißt für alle |Ψi ∈ H existiert eine Darstellung Z X |Ψi = cn |ψn i + dλ c(λ) |ψλ i n in den Eigenzuständen {|ψn i , |ψλ i} von A mit cn , c(λ) ∈ C. Die Koeffizienten cn , c(λ) ergeben sich aus hψl |Ψi = X Z cn hψl |ψn i + dλ c(λ) hψl |ψλ i n = cl hψλ |Ψi = c(λ) Und damit |Ψi = X = X Z cn |ψn i + dλ c(λ) |ψλ i n = Z |ψn i hψn |Ψi + "n X Z |ψn i hψn | + dλ |ψλ i hψλ |Ψi # dλ |ψλ i hψλ | |Ψi n Die Eigenzustände erfüllen die Vollständigkeitsrelation Z X 1= |ψn i hψn | + dλ |ψλ i hψλ | n 44 • Ein linearer hermitescher Operator A besitzt die Spektraldarstellung " # " # X X A = 1A1 = |ψn i hψn | A |ψl i hψl | n = X l |ψn i hψn |A|ψl i hψl | n,l = X = X |ψn i hψn |ψl i hψl | n,l λn |ψn i hψn | n Allgemein A= X Z λn |ψn i hψn | + dλ λ |ψλ i hψλ | n 2.3 Orts- und Impulsbasis • Wir betrachten zwei (selbstadjungierte) Operatoren x̂, p̂ mit [x̂, p̂] = x̂p̂ − p̂x̂ = i~ Was sind die Eigenwerte und -vektoren von x̂, p̂? • Wir definieren den Verschiebungsoperator ∞ X (−iλ/~)n n −iλp̂/~ p̂ S(λ) = e := n! n=0 λ∈R Eigenschaften: – S(λ) ist unitär, d.h. S(λ)S † (λ) = S † (λ)S(λ) = 1 S † (λ) = S(−λ) und S(λ)S(−λ) = S(−λ)S(λ) = 1 – [x̂, S(λ)] = ∞ X (−iλ/~)n [x̂, p̂n ] n! ∞ iλ X (−iλ/~)n−1 n−1 = i~ − p̂ ~ n=1 (n − 1)! n=0 x̂S − S x̂ = λS(λ) x̂S = S x̂ + λS = S x̂ + Sλ = S(x̂ + λ) 45 • Angenommen x̂ hat einen Eigenvektor |xi mit einem Eigenwert x ∈ R x̂ |xi = x |xi Betrachte x̂S(λ) |xi = S(λ)(x̂ + λ) |xi = S(λ) x̂ |xi + λ |xi = S(λ)(x + λ) |xi = (x + λ)S(λ) |xi D.h. S(λ) |xi ist auch ein Eigenvektor mit Eigenwert (x + λ). Daher “Verschiebungsoperator”. Weil λ ∈ R können wir Vektoren mit beliebigen Eigenwerten in R konstruieren: Das Spektrum von x̂ ist kontinuierlich und umfasst ganz R. Sei |0i der Eigenvektor zum Eigenwert 0 x̂ |0i = 0 Ein allgemeiner Eigenvektor |xi mit Eigenwert x ist |xi = e−ixp̂/~ |0i = S(x) |0i x̂ |xi = x |xi hx|x0 i = δ(x − x0 ) Die {|xi} bilden eine Basis, d.h. wir können alle |ψi ∈ H darstellen durch Z +∞ Z dx |xi hx| |ψi = dx |xi hx|ψi |ψi = −∞ Z +∞ = hx|ψi |xi −∞ Das Skalarprodukt hx|ψi stellt |ψi ∈ H in der Ortsbasis dar. Dies ist die Wellenfunktion in Ortsdarstellung ψ(x) = hx|ψi Z +∞ dx ψ(x) |xi |ψi = −∞ • Wir können ganz analog durch Definition eines Verschiebungsoperators im Impulsraum T (λ) = eiλx̂/~ (p̂T = T (p̂ + λ)) zeigen, dass p̂ |pi = p |pi p∈R 0 0 hp|p i = δ(p − p ) Und |ψi = R +∞ −∞ dp hp|ψi |pi mit der Wellenfunktion |ψi in Impulsdarstellung ϕ(p) = hp|ψi 46 • Was ist die Darstellung des Impulseigenzustandes |pi in der Ortsbasis, d.h. hx|pi =: ψp (x) Wir betrachten hx0 |S(−x)|pi = hx0 |S † (x)|pi = hx0 + x|pi = ψp (x + x0 ) + * ∞ X n (ix/~) n 0 x p̂ p = eixp/~ hx0 |pi = eixp/~ ψp (x0 ) n=0 n! Eigenwertgleichung: pn |pi. Für x0 = 0 ψp (x) = eixp/~ ψp (0) 1 =√ eixp/~ 2π~ Der Impulseigenzustand |pi ist in Ortsdarstellung also eine ebene Welle eikx mit Wellenzahl k = ~p . Damit ist der Zusammenhang zur Orts- und Impulsdarstellung Z +∞ ϕ(p) = hp|ψi = hp| −∞ Z = dx hp|xi hx|ψi Mit hp|xi = √ 1 e−ixp/~ ; 2π~ dx |xi hx| ψi hx|pi = ψ(x) finden wir 1 ϕ(p) = √ 2π~ Z +∞ dx e−ixp/~ ψ(x) −∞ 2.4 Der quantenmechanische harmonische Oszillator (Nachtrag zur eindimensionalen Wellenmechanik und Anwendung des Dirac Formalismus) Das harmonische Potential ist V (x) = mω 2 2 x 2 • Extrem wichtig, weil jedes Potential V (x) in niedrigsten Ordnung an Potentialminima ein harmonisches Potential ist. 47 ∂ 2 V ∂V (x − x0 ) + V (x) =V (x0 ) + (x − x0 )2 + . . . ∂x x=x0 ∂x2 x=x0 mω 2 2 = y 2 y = x − x0 mω 2 ∂ 2 V = 2 ∂x2 x=x0 • Wir wollen die zeitunabhängige Schrödinger Gleichung H |ψi = E |ψi mω 2 2 p̂2 + x̂ |ψi = E |ψi 2m 2 lösen, d.h. Spektrum und Eigenzustände bestimmen. • Wir definieren den “Absteigeoperator” r 1 mω 1 a= √ x̂ + i √ p̂ ~ 2 mω~ Eigenschaften – a ist dimensionslos, d.h. r mω = m−1 ~ ; −1 1 kg m √ = s mω~ – Der komplex konjugierte Absteigeoperator (=Aufsteigeoperator) ergibt sich durch ein Vorzeichenwechsel r 1 mω 1 † a =√ x̂ − i √ p̂ ~ 2 mω~ – [a, a† ] = 48 1 2 − ~i [x̂, p̂] + ~i [p̂, x̂] [a, a† ] = 1 – H= p̂2 2m + mω 2 2 x̂ 2 = ~ω a† a + 1 2 • Damit ist das Problem darauf zurückgeführt die Eigenzustände (EZ) und Eigenwerte (EW) das sogenannten “Zahlperators” n̂ = a† a n̂† = (a† a)† = a† (a† )† = a† a = n̂ zu bestimmen, (n ∈ R) n̂ |ψn i = n |ψn i Die |ψn i sind dann auch EZ von H H |ψn i = ~ω(n̂ + 12 1) |ψn i ~ω = ~ωn̂ |ψn i + |ψn i 2 ~ω = ~ωn |ψn i + |ψn i 2 1 = ~ω(n + ) |ψn i 2 Zum Eigenwert ~ω(n + 12 ). (Bemerkung: Im Allgemeinen liegt Entartung vor n̂ |ψn,j i = n |ψn,j i Wir unterdrücken den Entartungsindex j im Folgenden. Entartung kommt später) • Es gilt: Wenn |ψn i ein (normierter) EZ zum EW n ist, dann sind a |ψn i und a† |ψn i und (n + 1) Eigenzustände zum Eigenwert (n − 1) (Daher “Auf-” und “Absteigeoperator) Beweis. n̂a |ψn i = a† aa |ψn i = aa† a |ψn i − a |ψn i = (n − 1)a |ψn i Analog für a† |ψn i n̂a† |ψn i = (n + 1)a† |ψn i 49 Also ist |ψn−1 i = ca |ψn i und die Normierungskonstante c bestimmen wir durch 1 = k |ψn−1 i k2 = hψn−1 |ψn−1 i = c2 hψn |a† a|ψn i = c2 n hψn |ψn i = c2 n 1 →c= √ n Daher 1 |ψn−1 i = √ a |ψn i n 1 a† |ψn i |ψn+1 i = √ n+1 a |ψn i = † a |ψn i = √ √ (analog) n |ψn−1 i n + 1 |ψn+1 i • Die Eigenwerte n von n̂ sind nicht negativ, n ≥ 0. Beweis: Die Norm von a |ψn i ist 0 ≤ ka |ψn i k2 = hψn |a† a|ψn i = n hψn |ψn i = n (4.1) • Die Eigenwerte von n̂ sind n = 0,1,2, . . . , also n ∈ N. Beweis: Angenommen es gäbe einen EW n0 ∈ / N mit EZ |ψn0 i. Dann wäre al |ψn0 i mit l ∈ N ein Eigenzustand zum EW (n0 − l), der für l > n0 negativ ist, im Widerspruch zu Gleichung (4.1)! Also gilt n ∈ N für alle n. • Für den Grundzustand |ψ0 i, den Eigenzustand zum Eigenwert 0 n̂ |ψ0 i = 0 gilt a |ψ0 i = 0 Beweis: Die Norm von a |ψ0 i ist ka |ψ0 i k2 = hψ0 |a† a|ψ0 i = 0 ←→ a |ψ0 i Nebenrechnung: k |ψi k2 = (|ψi , |ψi) = hψ|ψi ka |ψi k2 = a |ψi , a |ψi = |ψi , a† a |ψi = hψ|a† a|ψi Der zum ket a |ψi gehörige Bra ist hψ| a† . Es ist nicht möglich, aus |ψ0 i Eigenzustände zu negativen Eigenwerten zu konstruieren. 50 • Der Grundzustand ist nicht entartet. Beweis: a |ψ0 i = 0 ist in Ortsdarstellung r 1 mω 1 0 = hx|a|ψ0 i = √ hx| p̂|ψ0 i x̂ + i √ ~ 2 m~ω r 1 mω = hx|x̂|ψ0 i + i √ hx|p̂|ψ0 i 2~ 2m~ω Es gilt hx|x̂|ψ0 i = x hx|ψ0 i = xψ0 (x) ∂ ∂ hx|p̂|ψ0 i = −i~ hx|ψ0 i = −i~ ψ0 (x) ∂x ∂x q ~ mω ∂ Also 2mω ψ0 (x) = 0. Dies ist eine Differentialgleichung erster Ordx + ∂x ~ nung mit der eindeutigen Lösung mω 1/4 h mω i ψ0 (x) = x2 exp − 2π~ 2~ Die Integrationskonstante ergibt sich aus der Normierung Z +∞ |ψ0 i = dx ψ0 (x) |xi −∞ Der Zustand ist eindeutig und damit ist der Eigenwert 0 nicht entartet. • Die angeregten Zustand (Eigenzustände zu Eigenwerten n > 0) gewinnen wir durch wiederholtes Anwenden des Aufsteigeoperators, 1 n |ψn i = √ |a† i |ψ0 i n! Die angeregten Zustände sind nicht entartet. Beweis (per Induktion): Angenommen |ψn i ist nicht entartet und |ψn+1,j i ist möglicherweise entartet, d.h. es gibt mehrere unabhängige Eigenzustände zum Eigenwert (n + 1), also hψn+1,j |ψn+1,i i = δij . Dann sind auch die Zustände a |ψn+1,j i unabhängig, (a |ψn+1,j i , a |ψn+1,i i) = hψn+1,j |a† a|ψn+1,i i = n hψn+1,j |ψn+1,i i = 0 und EZe zum EW (n + 1 − 1) = n, im Widerspruch zur Annahme 51 • Die angeregten Zustände sind in der Ortsdarstellung ψn (x) = hx|ψn i 1 = √ hx|(a† )n |ψ0 i n! Nebenrechnung: hx|p̂|ψ0 i Z Z p̂ = 1p̂1 = dx |xi hx| p̂ dp |pi hp| Z Z = dx dp |xi hx|p̂|pi hp| p∈R Z Z = dx dp p hx|pi |xi hp| Z Z 1 =√ dx dp pe−ixp/~ |xi hp| 1 2π~ Z Z Z 1 −ixp/~ =√ dx (i~∂x ) dp e |xi hp| dx̄ hx̄| x̄i hx̄| 2π~ Z Z Z 1 dx dx̄ (i~∂x ) |xi hx̄| dp e−ixp/~ eix̄p/~ = 2π~ Z = dx (i~∂x ) |xi hx| = p̂ Z hx|p̂|ψ0 i = dx̄ hx|(i~∂x )|x̄i hx̄|ψ0 i Z = dx̄ (i~∂x̄ ) hx|x̄i hx̄|ψ0 i = i~∂x hx|ψ0 i 1 ψn (x) = √ hx|(a† )n |ψ0 i n! !n r r 1 mω ~ ∂ =√ x− hx|ψ0 i 2~ 2mω ∂x n! n mω 1/4 1 ∂ 2 √ e−ξ /2 = ξ− n ~π ∂ξ 2 n! mit: ξ = p mω ~ x Die Hermite Polynome sind definiert durch Hn (ξ) = (−1)n eξ 52 2 ∂ n −ξ2 e ∂ξ n Nebenrechnung: (ξ − ∂ξ )f (ξ) = −e+ξ 2 /2 ∂ξ (e−ξ (ξ − ∂ξ )n e ∂ξn (e−ξ ξ 2 /2 −ξ 2 = (−1)n e = e−ξ 2 /2 f (ξ)) ξ 2 /2 (ξ − ∂ξ )n f (ξ) = (−1)n e −ξ 2 /2 2 /2 ∂ξn e 2/2 f (ξ)) Hn (ξ) Also ψn (x) = mω 1/4 ~π √ 1 2 e−ξ /2 Hn (ξ) n!2n p x mit dimensionslosen Ortskoordinate ξ = mω ~ Z +∞ dx ψn (x) |xi |ψn i = −∞ • Zusammenfassung: Die zeitunabhängige Schrödinger Gleichung H |ψn i = En |ψn i mit H = ~ω n̂ + 1 2 = ~ω(a† a + 12 ) besitzt die Eigenwerte En = ~ω n + 12 n = 0,1,2, . . . und Eigenzustände |ψn i . 2.4.1 Diskussionen • Der Grundzustand eines quantenmechanischen harmonischen Oszillators ist ein Gaußsches Wellenpaket 1/4 2 2 2 e−x /a ψ0 (x) = 2 πa q 2~ , also hxi = 0 und mit a = mω r q a ~ ∆x = = ∆x = hx2 i − hxi2 2 2mω Dies ist die sogenannte “Nullpunktsfluktuation” des Oszillators. Die “Nullpunktsenergie” ist ~ω . Vgl: Der Grundzustand eines klassischen harmonischen Oszillators 2 53 ist (x = 0, p = 0) mit E = 0. Die Nullpunktsenergie kann qualitativ als Folge der Heisenbergschen Unschärferelation interpretiert werden. ∆x2 = hx2 i − hxi2 = hx2 i ∆p2 = hp2 i Sei die charakteristische Ausdehnung des Wellenpaketes p ∆x = hx2 i = x0 Dann ist wegen der Heisenbergschen Unschärfe ∆p = p ~ hp2 i ≥ 2x0 Die mittlere Gesamtenergie im Potential des harmonischen Oszillators ist hp2 i mω 2 2 + hx i 2m 2 ~2 mω 2 2 ≥ + x 2mx20 2 0 s r ~2 mω 2 = ~ω ≥2 2mx0 2 hHi = für x0 = q ~ . mω Korrekt bis auf Faktor 1 2 Beispiel für harmonische Oszillatoren – Ionen in Paulfalle, nanomechanischen Strukturen – Gitterschwingungen im Festkörper – Vakuumfluktuationen des Elektromagnetischen-Feldes 54 • Die angeregten Zustände sind keine Gaußschen Zustände. Es gilt im Zustand |ψn i hxi = hψn |x̂|ψn i = 0 hpi = 0 und ~ (n + 21 ) mω ∆p2 = m~ω(n + 21 ) ∆x2 = also ∆x∆p = (n + 12 )~ ≥ ~ 2 Verhalten sich “klassisch” für große n • Noch klassischer verhalten sich die kohärenten Zustände (Roy J. Glauber, Nobelpreis 2005) ∞ |α|2 X αn √ |ψn i |αi = exp − α∈C 2 n=0 n! Eigenschaften – a |αi = α |αi – 1= 1 2π R C d2 α |αi hα| – aber hα|βi = 6 0 d.h. die |αi bilden eine übervollständige Basis – |α(t)i = |αe−iωt i – Mittelwerte erfüllen die klassische Trajektorien – ∆x∆p = ~ 2 55 2.5 Zwischenbemerkung • Die Lösung der zeitunabhängigen Schrödinger Gleichung ist Ĥ |ψn i = En |ψn i mit En ∈ R , hψn |ψm i = δnm . • Die Lösung der zeitabhängigen Schrödinger Gleichung, i~ |Ψ̇i = H |Ψi , zur Anfangsbedingung |Ψ(t = 0)i = ∞ X cn |ψn i cn = hψn |Ψ(t = 0)| n=0 ist dann |Ψ(t)i = ∞ X cn e−iEn t/~ |ψn i . n=0 2.6 Zusammenfassung • H ist ein Hilbertraum (Vektorraum mit Skalarprodukt) |ψi ∈ H heißt “ket” (|ψi , |ψi) ∈ C heißt Skalarprodukt hφ| ∈ H∗ (dualen Raum), so dass “Bra” hφ|ψi = (|ψi , |ψi) • A ist lineare Operator auf H hφ|A|ψi = (|φi , A |ψi) • A† adjungierter Operator (|φi , A |ψi) = (A† |φi , |ψi) 56 3 Axiomatische Formulierung der Quantenmechanik 3.1 Die Postulate der Quantenmechanik Postulat 1 Zustände eines physikalischen Systems werden durch Elemente |ψi ∈ H eines komplexen Hilbertraums beschreiben Beispiel • L2 (R) • Cn Kets: Bras: Skalarprodukt: Operatoren: Hermitesche Operatoren c1 c2 |ψi = .. ∈ H = Cn . cn hϕ| = (d∗1 d∗2 · · · d∗n ) ∈ H∗ hϕ|ψi = c1 d∗1 + c2 d∗2 + · · · + cn d∗n ∈ C a11 · · · a1n .. ∈ Cn × Cm A = ... . am1 · · · amn A = A† = (A∗ )T Zur Beschreibung von Spins (siehe später.) 57 Zwischenbemerkung: Nützlich zur numerischen Behandlung von Problemen in L2 (R). L2 (R) ist isomorph C∞ : |Ψi = ∞ X cn |ψn i ∈ L2 (R) n=0 c1 = c2 .. . Entsprechend für Operatoren A= = ∞ X n,l=0 ∞ X |ψn i hψn |A|ψl i hψl | anl |ψn i hψl | anl = hψn |A|ψl i ∈ C n,l=0 a11 a12 · · · ∞ ∞ = a21 a22 ∈C ×C .. .. . . Wenn wir die Summen beschränken erhalten wir eine genährte endlich-dimensionale Darstellung der Vektoren |ψn i und Operatoren A. Postulat 2 Die zeitliche Evolution eines Zustandes ist durch die Schrödingergleichung i~ d |ψ(t)i = H(t) |ψ(t)i dt bestimmt Postulat 3 Messbare physikalische Größen (Observable) werden druch selbstadjungierte Operatoren, die auf den Hilbertraum des Systems wirken, beschrieben. Postulat 4 a) Die Messung einer Observablen A ergibt als Messwert einen der Eigenwerte a, mit A |ψa,j i = a |ψa,j i , von A. b) Die Wahrscheinlichkeit, bei einer Messung von A an einem System im Zustand |ψi, den Messwert a zu erhalten ist. Pa = ga X | hϕa,j |ψi |2 j=1 wobei |ψa,j i die Eigenzustände zum ga -fachen entarteten Eigenwert a sind. Spezialfälle: 58 • Das Spektrum von A sei diskret und nicht entartet. (z.B. Hamiltonoperator des Harmonischen Oszillator, oder des unendlich tiefen Potentialtopfs) A |ϕa i = |ϕa i Dann ist Pa = | hϕa |ψi |2 bzw. Pa = hϕa |ψi∗ hϕa |ψi = hψ|ϕa i hϕa |ψi = hψ|Pa |ψi mit der Projektion auf den Eigenzustand |ϕa i Pa = |ϕa i hϕa | (für den gilt P2a = Pa ) • Das Spektrum von A ist diskret und nicht entartet: Pa = ga X | hϕaj |ψi |2 j=1 = X hψ|ϕaj i hϕaj |ψi j " = hψ| # X |ϕaj i hϕaj | |ψi j = hψ|Pa |ψi mit dem Projektor auf den Unterraum aus Eigenzuständen |ψaj i zum Eigenwert a ga X Pa = |ϕaj i hϕaj | j=1 • Das Spektrum von A ist kontinuierlich und nicht entartet: Pa = | hϕa |ψi |2 ist dann eine Wahrscheinlichkeitsdichte auf dem Wertebereich von a. Zum Beispiel: A = x̂ ; p(x) = | hx|ψi |2 = |ψ(x)|2 Die Wahrscheinlichkeit, einen Messwert a im Intervall I zu finden ist Z Z Pa∈I = da Pa = da | hϕa |ψi |2 I I Z = hψ| da |ϕa i hϕa | |ψi I = hψ|Pa∈I |ψi 59 mit dem Projektor auf den Unterraum aus Eigenzuständen |ψa i mit a ∈ I Z Pa∈I = da |ϕa i hϕa | . I Postulat 4(c) Wird bei einer Messung von A an einem System im Zustand |ψi ein Ergebnis a erzielt, befindet sich das System nach der Messung im Zustand 1 Pa |ψi c mit dem Projektor Pa in den Unterraum zum Eigenwert a und der Normierungskonstante p √ c = pa = hψ|Pn |ψi. (Im Falle eines kontinuierlichen Spektrums ist Pa durch Pa∈I zu ersetzen für ein Messergebnis a im Intervall I.) 3.2 Diskussion und Konsquenzen aus den Postulaten • Beispiel Ein harmonischer Ozillator befinde sich im Zustand |Ψi = ∞ X cn |ψn i cn ∈ C n=0 mit H |ψn i = En |ψn i. Die Messung der Energie (also Ĥ) liefert das Ergebnis: En = ~ω(n + 21 ) mit einer Wahrscheinlichkeit Pn = | hψn |Ψi |2 = |cn |2 Der Zustand nach der Messung mit Ergebnis En ist cn 1 |ψn i = eiϕ |ψn i √ |ψn i hψn |Ψi = pn |cn | • Zustände, die sich nur durch eine (globale) Phase unterscheiden, ergeben dieselben Vorhersagen für alle Messungen. Der Vergleich der Messwahrscheinlichkeiten für ein System im Zustand |ψi bzw. e = eiϕ |Ψi ergibt: |Ψi Pa = hΨ|Pa |Ψi 60 bzw. fa = hΨ|P e a |Ψi e = hΨ|e−iϕ Pa eiϕ |Ψi P = hΨ|Pa |Ψi = Pa . Globale Phasen sind irrelevant. (Relevant sind relative Phasen |ψ1 i + eiϕ |ψ2 i !) • Die zeitliche Evolution von Energieeigenzuständen H |ψn,j i = En |ψn,j i ist |ψn,j (t)i = e−iEn t/~ |ψn,j (0)i Beweis: i~ |ψ̇i = H |ψi En i~ −i |ψn,j i = e−iEn t/~ H |ψn,j (t)i ~ En |ψn,j (t)i = En |ψn,j (t)i Diese Zustände erhalten also nur eine zeitabhängige globale Phase, die alle Messwahrscheinlichkeiten unverändert lässt. Eigenzustände des Hamiltonoperators werden daher als stationäre Zustände bezeichnet. Achtung: |ψn,j i + |ψl,k i −→ e−iEn t/~ |ψn,j i + e−iEl t/~ |ψl,k i i(El − En )t −iEn /~ =e |ψl,k i |ψn,j i + exp − ~ • Mittelwerte einer Messung der Observable A an einem System im Zustand |ψi ist hAi = hψ|A|ψi Beweis: Die Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis a zu erhalten ist X Pa = hψ|P|ψi Pa = |ϕn,j i hϕn,j | j Der Mittelwert 61 hAi = X = X aPa a a hψ|Pa |ψi a " = hψ| # X a |ϕaj i hϕaj | |ψi aj = hψ|A|ψi Entsprechend gilt für höhere Momente hAn i = hψ|An |ψi Insbesondere für die Varianz gilt ∆A2 = (A − hAi)2 hAi = hψ|A|ψi ∆A2 = hψ|A2 − 2A hAi + hAi2 |ψi = hψ|A2 |ψi − 2 hψ|A|ψi hAi + hAi2 hψ|ψi = hA2 i − hAi2 • Aufeinander folgende Messungen derselben Observable ergeben denselben Messwert: Der Zustand nach der Messung einer Observable A mit Ergebnis a e = √1 Pa |ψi |ψi Pa 62 Die Wahrscheinlichkeit, bei einer zweiten Messung von A das Ergebnis a0 zu erhalten ist (2) e a0 |ψi e Pa0 = hψ|P 1 = hψ|Pa Pa0 Pa |ψi Pa X X Pa Pa0 = |ϕaj i hϕaj | |ϕa0 k i hϕa0 k | j = X k |ϕaj i hϕaj |ϕa0 k i hϕa0 k | jk = δaa0 X |ϕaj i hϕaj | j = δaa0 Pa (2) 1 hψ|Pa |ψi Pa ( 0, a0 6= a =δaa0 = 1, a0 = a Pa0 =δaa0 Wenn ein System in einem Eigenzustand einer Observable vorliegt ist das Ergebnis der Messung dieser Observable mit Sicherheit bestimmt. Die Streuung der Messung verschwindet dann, ∆A2 = hA2 i − hAi2 = a2 − a2 = 0 • Aufeinanderfolgende Messungen von verschiedenen Observablen A und B ergeben unabhängig von der Reihenfolge der Messung dieselben Ergebnisse (im Sinne von identischen Messwahrscheinlichkeiten), wenn A und B kommutieren - also [A, B] = 0. A und B werden dann als kompatibel bezeichnet. Für kommutierende Observalben A und B gilt: – A und B besitzen einen gemeinsamen Satz von Eigenvektoren A |ϕabj i = a |ϕabj i B |ϕabj i = b |ϕabj i hϕabj |ϕa0 b0 j 0 i = δaa0 δbb0 δjj 0 63 – Die Projektoren auf die Eigenzustände zu den Eigenwerten a bzw. b von A bzw. B sind X Pa = |ϕab0 j i hϕab0 j | b0 j Pb = X |ϕa0 bk i hϕa0 bk | a0 k Das Produkt Pa Pb =: Pab ist der Projektor auf den Untervektorraum von Eigenzuständen zu den Eigenwerten a und b von A und B ist XX Pa Pb = |ϕab0 j i hϕab0 j |ϕa0 bk i hϕa0 bk | a0 b0 = jk X |ϕabj i hϕabj | = Pab j Es gilt umgekehrt Pb Pa = Pab . Das heißt also [Pa , Pb ] = 0. Wird an einem System im Zustand |ψi zuerst A gemessen ist das Resultat a mit einer Wahrscheinlichkeit Pa = hψ|Pa |ψi und der Zustand nach der Messung ist e = √1 Pa |ψi . |ψi Pa Eine zweite Messung der Observable B ergibt b mit der Wahrscheinlichkeit e b |ψi e pb|a = hψ|P 1 = hψ|Pa Pb Pa |ψi pa 1 = hψ|Pb Pa |ψi pa 1 = hψ|Pa,b |ψi pa Die Wahrscheinlichkeit die Messwerte (a, b) zu erhalten ist pa,b = pb|a pa = hψ|Pab |ψi Analog zeigt man bei einer umgekehrten Reihenfolge der Messungen, dass pl = hψ|Pb |ψi 1 pa|b = hψ|Pab |ψi pb und daher pb,a = pa|b pb = hψ|Pab |ψi = pa,b . 64 Insbesondere wenn ein System in einem Eigenzustand |ϕabj i vorliegt, sind die Messergebnisse mit Sicherheit bestimmt. Die Streuung beider Messungen verschwindet ∆A = ∆B = 0 • Aufeinanderfolgende Messungen von nicht-kommutierenden Observablen ([A, B] 6= 0) sind nicht unabhängig, d.h. im Allgemeinen gilt dann pb,a 6= pa,b . Für die Streuung der Messwerte gilt die (generalisierte) Heisenbergsche Unschärferelation 1 ∆A∆B ≥ h[A, B]i 2 (2.1) für alle Zustände |ψi. Beweis: Für gegebene A, B und |ψi definiert man C = (A − hAi) + iλ(B − hBi) mit λ ∈ R. Es gilt: 0 ≤ kC |ψi k2 = hψ|C † C|ψi ∀λ ⇐⇒ wenn Gleichung (2.1) für alle A, B und |ψi gilt. Bemerkungen: – Messungen von nicht-kommutierenden Größen beeinflussen einander, sind sie nicht ungleich messbar – Im Allgemeinen kann man keinen Zustand präparieren, für den ∆A = ∆B = 0. • Ein vollständigen Satz kommutierenden Observablen (VSKO) A, B, C, . . . erfüllt – alle Observablen A, B, C, . . . kommutieren untereinander – es gibt genau einen Eigenvektor |ϕa,b,c,... i zu jedem Satz von Eigenwerten a, b, c, . . . von A, B, C, . . . Die Angabe der Eigenwerte (a, b, c, . . .) legt den Zustand eindeutig fest. Ein Eigenzustand eines VSKOs wird daher üblicherweise direkt durch die Angabe der Eigenwerte bezeichnet |ϕa,b,c,... i = |a, b, c, . . .i Beispiel 65 ∗ Im harmonischen Oszillator ist der Zahloperator n̂ = a† a ein VSKO (trivialerweise, da keine Entartung). Die Zahlzustände werden daher auch als |ψn i = |ni bezeichnet ∗ Für den Ortsoperator: x̂ |xi = x |xi 3.2.1 Bemerkungen zu Postulat 2 (zeitliche Evolution) • Quantisierungsregel: In einem System mit den klassischen kartesischen Ortskoordinaten {xi } und kanonisch konjugierten Impulsen {pi } (im Sinn der Hamiltonsichen Formulierung der klassischen Mechanik) erfüllen die entsprechenden Operatoren {x̂i } und {p̂i } die kanonischen Kommutatorelationen [x̂i , p̂j ] = i~δij . Eine klassische Größe A(xi , pj ) wird durch den Operator A(x̂i , p̂j ) beschrieben. • Die Schrödinger Gleichung ist linear (in |ψi), d.h. es gibt einen linearen Operator U (t, t0 ), der einen Anfangszustand |ψ(t0 )i in den Zustand zum Zeitpunkt t überführt |ψ(t)i = U (t, t0 ) |ψ(t0 )i U (t, t0 ) ist der lineare Entwicklungsoperator. – U (t0 , t0 ) = 1 – Aus der Schrödinger Gleichung folgt, dass U (t, t0 ) die Bewegungsgleichung i~ ∂ U (t, t0 ) = H(t)U (t, t0 ) ∂t erfüllt. – Für den zeitunabhängige Hamiltonoperator H ist die Lösung U (t, t0 ) = e−i(t−t0 )H/~ 66 Bemerkung: Für beliebige A = A† ist die Funktion f (A) definiert durch X X f (A) = f (a) |ϕaj i hϕaj | = f (a)Pa a aj Das heißt für H |ϕnj i En |ϕnj i ist X U (t, t0 ) = e−iEn (t−t0 )/~ |ϕnj i hϕnj | nj U (t, t0 ) = ∞ X (−i(t − t0 )/~)l l=0 l! Hl mit H |ϕnj i = En |ϕnj i bzw. H= X = X En |ψnj i hϕnj | nj E n Pn n Da Pn = P j |ϕnj i hϕnj | Hl = X Enl Pn n wegen Pn Pk = δnm Pn → U (t, t0 ) = ∞ XX (−i(t − t0 )/~)l n = X l=0 l! Enl Pn e−iEn (t−t0 )/~ Pn n Eigenschaften von U ∗ U † (t, t0 ) = U (t0 , t) Beweis (für konstantes H) [e−iH(t−t0 )/~ ]† = eiH † (t−t )/~ 0 = eiH(t−t0 )/~ = e−iH(t0 −t)/~ = U (t0 , t) 67 ∗ U ist unitär: U U † = U † U = 1. Beweis (für konstante H(t)) betrachet man eine infinetisemalen Zeitschritt t = t0 + ∆t. • Mittelwerte von Messungen einer Observable A zum Zeitpunkt t sind hA(t)i = hψ(t)|A|ψ(t)i = hψ(t0 )|U † (t, t0 )AU (t, t0 )|ψ(t0 )i = hψ(t0 )|A(t)|ψ(t0 )i Bisher haben wir im sogenannten Schrödingerbild gerechnet: – Zustände sind zeitabhängig |ψ(t)i i~ |ψi = H |ψi – Operatoren sind konstant A – Mittelwerte hA(t)i = hψ(t)|A|ψ(t)i Alternativ kann das Heisenbergbild benutzt werden: – Zustände sind zeitliche konstant |ψ(t0 )i – Operatoren entwickeln sich zeitlich AH (t) AH (t) = U † (t, t0 )A U (t, t0 ) Die Heisenbergoperatoren erfüllen die Bewegungsgleichung ȦH (t) = i [H, AH (t)] ~ (Annahme: A und H sind nicht explizit zeitabhängig) ȦH = U̇ † AU + U † AU̇ i † i † = U H AU + U A − HU ~ ~ i = U †H U U †A U − U †A U U †H U ~ Es gilt: [U, H] = 0 −→ U † HU = H = 68 i [H, AH ] ~ Mittelwerte hA(t)i = hψ(t0 )|AH (t)|ψ(t0 )i • Im Heisenbergbild folgt ohne weiteres das Ehrenfestsches Theorem: Ort und Impuls erfüllen im Mittel die klassischen Bewegungsgleichungen. Der Hamiltonoperator für ein Teilchen in 3D in einem Potential V (~x) ist H= p~ˆ2 ~2 + V (~x) = − ∆ + V (~x). 2m 2m Heisenberggleichungen i ~x˙ (t) = [H, ~xˆ(t)] ~ ˆ i i p~2 ˆ , ~x + [V (~xˆ), ~xˆ] = ~ 2m ~ p~ˆ = m i p~˙ = [V (~x), p~] ~ i ~ = [v(~x), −i~∇] ~ ~ − ∇V ~ − V ∇) ~ = (V (~x)∇ ~ = −∇V Im Mittel 1 h~p(t)i m ~ (~x)i hp~˙i = − h∇V h~x˙ i = ~ (~x)i 6= ∇V ~ (h~xi)! D.h. dies impliziert nicht, dass die Mittelwerte hxi und Beachte: h∇V ~ (~x)i ∼ ~ (h~xi)? hpi die klassischen Bewegungsgleichungen erfüllen. Wann gilt h∇V = ∇V Z ~ ~ (~x) ψ(~x) h∇V i = d3 x ψ ∗ (~x) ∇V Z 3 2 ~ = d x |ψ(~x)| ∇V (~x) 69 ~ (~x) über die Ausdehnung des Wellenpaketes |ψ(~x)|2 nur sehr langsam variiert, Falls ∇V dann können nähern ~ (~x) ∼ ~ (hxi) ∇V = ∇V ~ (~x)i = ∇V ~ (hxi) h∇V Z d3 x |ψ|2 In diesem Fall folgt die Bewegung des Teilchens effektiv der klassischen Trajektorie. Eine weitere Konsequenz der Bewegungsgleichungen im Heisenbergbild ist: • Falls eine Größe A mit dem Hamiltonoperator kommutiert, dann ist sie eine Erhaltungsgröße des Systems: Aus [A, H] = 0 folgt −Ȧ = i [H, A] = 0 ~ also ist insbesondere auch hA(t)i = const. • Die Wahrscheinlichkeit, bei einer Messung von A einen Messwert a zu finden P cnmj = hϕnmi |ψi. Mit ist zeitunabhängig. Sei |ψ(t = 0)i = naj cnaj |ϕnaj i A |ϕnmj i = a |ϕnaj i ; H |ϕnmj i = En |ϕnaj i. Der Zustand zum Zeitpunkt t ist X |ψ(t)i = cnaj e−iEn t/~ |ϕnaj i . naj Die Wahrscheinlichkeit ein Resultat a zu erhalten ist zum Zeitpunkt t = 0: X pa (t = 0) = hψ(0)|Pa |ψ(0)i = |cn,aj |2 nj und zum Zeitpunkt t pa (t) = hψ(t)|Pa |ψ(t)i = X |cnj e−iEn t/~ |2 (2.2) nj = X nj 70 |cnj |2 = pa (0). (2.3) Zur Charakterisierung der Zustände eines physikalischen Systems mit Hamiltonoperator H suchen wir daher Observable A, B, . . . die zusammen mit H ein VSKO bilden. Die Eigenzustände |ϕn,ab... i = |n, a, b . . .i sind dann vollständig durch die “Quantenzahlen” n, a, b . . . (d.h. die Eigenwerte von H, A, B, . . .) bestimmt und in diesen Zuständen sind die Werte von H, A, B, . . . zeitlich konstant. 71 4 Drehimpuls ~ eine Motivation: für rotationssymmetrische Potential V (r = |~x|) ist der Drehimpuls L Erhaltungsgröße. Stationäre Zustände (z.B. das Wasserstoff) werden daher durch ihre Energie- und Drehimpulsquantenzahlen charakterisiert. 4.1 Drehimpuls in quantenmechanischer Beschreibung • Der Bahndrehimpulsoperator eines Teilchens ist X ~ˆ = ~xˆ × p~ˆ = L εijk ri pj ~ek ijk Lx = ypz − zpy Ly = zpx − xpz Lz = xpy − ypx Die Komponenten des Bahndrehimpulses erfüllen: [Li , Lj ] = i~εijk Lk also [Lx , Ly ] = i~Lz und zyklisch Beweis: [Lx , Ly ] = [ypz − zpy , zpx − xpz ] = y[pz , z]px + x[z, pz ]py = i~(xpy − ypx ) 72 • Allgemeiner werden in der Quantenmechanik drei Operatoren Jx , Jy , Jz als Drehimpulsoperatoren bezeichnet, wenn sie die Kommutatoren [Ji , Jj ] = i~εijk Jk erfüllen. Das Betragsquadrat des Drehimpulsoperators Jx ~ J = Jy Jz ist J~2 = Jx2 + Jy2 + Jz2 und erfüllt [J~2 , Ji ] = 0 für i = x, y, z. Beweis für i = x: [Jx2 + Jy2 + Jz2 , Jx ] = Jy [Jy , Jx ] + [Jy , Jx ]Jy + Jz [Jz , Jx ] + [Jz , Jx ]Jz = −i~Jy Jz − i~Jz Jy + i~Jz Jy + i~Jy Jz =0 Es gibt daher gemeinsame Eigenvektoren von {J~2 , Ji } mit i = x, y, z. (Wegen [Ji , Jj ] 6= 0 sind diese Eigenzustände nicht für alle i gleich!). 4.2 Drehimpulseigenzustände und -werte Ziel: Bestimmen der gemeinsamen Eigenzustände und Eigenwerte der kommutierenden Operatoren {J~2 , Jz }. • Wir definieren die Auf- und Absteigeoperatoren J+ = Jx + iJy J− = Jx − iJy mit den Eigenschaften – J±† = J∓ – Es gilt 73 [Jz , J± ] = ±~J± (2.1) weil [Jz , Jx ± iJy ] = [Jz , Jx ] ± i[Jz , Jy ] = i~Jy ± i(−i~Jx ) = ±~(Jx ± iJy ) [J+ , J− ] = 2~Jz (2.2) Bemerkung: Wegen (2.1) und (2.2) bilden die Operatoren {J± , Jz } eine sogenannte “SU(2) - Lie - Algebra”. – [J~2 , J± ] = 0 – J± J∓ = (Jx ± iJy )(Jx ∓ iJy ) = Jx2 + Jy2 ∓ i[Jx , Jy ] = J~2 − J 2 ± ~Jz z – J~2 = 21 (J+ J− + J− J+ ) + Jz2 • Drehimpulse haben die gleiche Einheit wie ~. Für die Eigenzustände/Eigenwerte von J~2 setzen wir daher an J~2 |ψi = ~2 λ |ψi λ∈R Es gilt λ ≥ 0. ~2 λ hψ|ψi = hψ|J~2 |ψi = X hψ|Ji2 |ψi ≥ 0 i Es ist zweckmäßig, für die Eigenwerte von J~2 den Ansatz λ = j(j + 1) zu machen. Das geschieht ohne Beschränkung der Allgemeinheit, weil diese Gleichung für alle λ ≥ 0 eine eindeutige Lösung mit j ≥ 0 besitzt. 74 • Wir suchen also Eigenzustände/Eigenwerte Wir wissen J~2 |kjmi = ~2 j(j + 1) |kjmi Jz |kjmi = ~m |kjmi j≥0 m∈R k ist ein Entartungsindex, den wir im Folgenden vorerst unterdrücken (siehe später) • Es gilt −j ≤ m ≤ j Beweis: 0 ≤ kJ± |jmi k2 = hjm|J±† J± |jmi = hjm|J∓ J± |jmi = hjm|J~2 − Jz2 ± ~Jz |jmi = [~2 j(j + 1) − ~2 m2 ± ~2 m] hjm|jmi = ~2 [j(j + 1) − m(m ∓ 1)] Also gilt für alle m j(j + 1) − m(m − 1) = (j − m)(j + m + 1) ≥ 0 j(j + 1) − m(m + 1) = (j − m + 1)(j + m) ≥ 0 bzw. −(j + 1) ≤ m ≤ j −j ≤ m ≤ j + 1 also −j ≤ m ≤ j (2.3) • Falls m = −j dann ist J− |j, m = −ji = 0 kJ− |j, −ji k2 = hj, −j|J+ J− |j, −ji = ~2 [j(j + 1) + j(−j − 1)] = 0 Umgekehrt gilt auch, falls J− |j, mi = 0, dann ist m = −j, weil 0 = J+ J− |jmi = ~2 [j(j + 1) − m2 + m] |jmi → → j(j + 1) − m2 + m = 0 m = −j 75 • Ganz analog gilt für J+ |jmi J+ |jmi = 0 ←→ m = +j • Falls m > −j dann ist J− |jmi ein Eigenzustand von J~2 und Jz zu den Eigenwerten ~2 j(j + 1) und ~(m − 1) Wegen [J~2 , J− ] = 0 gilt J~2 J− |jmi = J− J~2 |jmi = ~2 j(j + 1)J− |jmi und wegen [Jz , J− ] = −~J− gilt Jz J− |jmi = (J− Jz − ~J− ) |jmi = ~(m − 1)J− |jmi • Ganz analog gilt für m < j J~2 J+ |jmi = ~j(j + 1)J+ |jmi Jz J+ |jmi = ~(m + 1)J+ |jmi • Damit können durch wiederholtes Anwenden von J± aus einem gegebenen Eigenzustand |jmi neue Eigenzustände J−p |jmi bzw. J+q |jmi mit p, q ∈ N zu Eigenwerten ~(m − p) bzw. ~(m + q) bzgl. Jz erzeugen. • Sei insbesondere p ∈ N so gewählt, dass −j ≤ m − p ≤ −j + 1 Der Vektor J− (J− )p |jmi ist dann ein Eigenzustand von Jz zum Eigenwert m − p − 1 ≤ −j ⇒ Widerspruch zur Gleichung (2.3). Also muss m − p = −j gelten, denn dann ist J− (J− )p |jmi = J− |j, m − pi = J− |j, −ji = 0. Es gibt also immer ein p ∈ N so, dass m − p = −j. 76 Mit analoger Überlegungen für (J+ )q |jmi zeigt man, dass immer auch ein q ∈ N existiert so, daß m + q = +j Damit gilt p + q = 2j für p, q ∈ N und daher ist j entweder ganzzahlig oder halbzahlig (und nicht negativ), j = 0, 21 , 1, 32 , 2, . . . • Damit ist wegen m=j+p bzw. m=j−q p, q ∈ N auch m ganz- oder halbzahlig und −j ≤ m ≤ +j. Die Eigenwerte von Jz sind also −j~, (−j + 1)~, (−j + 2)~, . . . , (j − 2)~, (j − 1)~, j~ • Die Standardbasis für Drehimpulsoperaotren ist J~2 |jmi = ~2 j(j + 1) |jmi Jz |jmi = ~m |jmi wobei p J+ |jmi = ~ j(j + 1) − m(m + 1) |j, m + 1i p J− |jmi = ~ j(j + 1) − m(m − 1) |j, m − 1i Die damit erzeugten Zustände |j, m ± 1i sind normiert hj, m ± 1|j, m ± 1i = ~2 [j(j 1 hjm|J∓ J± |jmi = 1 + 1) − m(m ± 1)] Diese Zustände sind orthonormal hjm|j 0 m0 i = δjj 0 δmm0 Bemerkung: Die Zustände können immer entartet sein. Eigetnlich sollten wir |k, jmi verwenden. Obige Relationen gelten für festen Index k. 77 4.3 Bahndrehimpuls ~ ist der Bahndrehimpulsoperator (wobei ∂k := • In Ortsdarstellung (p~ˆ = −i~∇) ~ˆ = ~xˆ × p~ˆ L X Li = −i~ εijk xj ∂k jk In Kugelkoordinaten fordet man Lz = −i~∂φ cos φ ∂φ Lx = i~ sin φ∂θ + tan θ sin φ Ly = i~ − cos φ∂θ + ∂φ tan θ bzw. L = −~ ∂θ2 + 1 1 2 ∂θ + 2 ∂φ tan θ sin θ ±iφ L± = ~e (±∂θ + i cot θ∂φ ) ~2 2 ~ 2 und Lz lauten in Ortsdarstellung Die Eigenwertgleichung für L ψ(r, θ, φ) = h~x|kjmi − ∂θ2 1 1 2 ∂θ + + ∂ ψ(r, θ, φ) = l(l + 1)ψ(r, θ, φ) tan θ sin2 θ φ −i∂φ ψ(r, θ, φ) = mψ(r, θ, φ) • Die radiale Variable kommt nicht vor. Wir machen einen Separationsansatz ψ(r, θ, φ) = R(r)Ylm (θ, φ) mit Z ∞ 2 2 Z dr r |R(r)| 0 78 4π ∈ L2 (R3 ) dΩ |Ylm (θ, φ)|2 < ∞ ∂ ) ∂xk Die Eigenwertgleichung von Lz ergibt ∂φ Ylm (θ, φ) = −imYlm (θ, φ) d.h. Ylm (θ, φ) = Flm (θ)e−imφ Der Wertebereich von φ ist [0, 2π], wobei wir fordern ψ(r, θ, φ) = ψ(r, θ, φ + 2π) d.h. ! e−imφ = e−im(φ+2π) bzw. e2imπ = 1 also m = 0, 1, 2, . . . Weil m und l entweder beide ganz- oder halbzahlig sind, gilt: ~ 2 und Lz Für Bahndrehimpulszustände sind nur ganzzahlige Eigenwerte von L realisiert l = 0, 1, 2, . . . m = −l, −l + 1, . . . , l − 1, l • Die Eigenfunktion Ylm=+l (θ, φ) folgt aus L+ Yll (θ, φ) = 0 mit: Yll (θ, ϕ) = Fll (θ)eilφ bzw. (∂θ −l cos θ)Fll (θ) = 0 mit der eindeutigen Lösung (mit Normierungskonstante cl ) Fll (θ) = cl (sin θ)l Also ist Yll (θ, φ) = cl eilφ (sin θ)l • Auf- und Absteigeoperatoren erfüllen p L± Ylm (θ, φ) = ~ l(l + 1) − m(m ± 1)Ylm±1 (θ, φ) Durch wiederholtes Anwenden von L− = ~e−iφ (−∂θ + i cot θ∂φ ) können alle Zustände Ylm (θ, φ) aus Yll (θ, φ) erzeugt werden. Ergebnis sind Kugelflächenfunktionen 79 imφ (sin θ)−m Y l m = cm l e (−1)l cm = l 2l l! s dl−m (sin θ)2l d(cos θ)l−m 2l + 1 (l + m)! 4π (l − m)! Normierung ist so gewählt, dass Z h 0 i∗ m dΩ Yl0 (θ, φ) [Ylm (θ, φ)] = δll0 δmm0 4π Es gilt l = 0,1,2, . . . m = −l, −l + 1, . . . , l − 1, l Bemerkung: Jede Wellenfunktion ψklm (r, θ, φ) = h~x|klmi = Rklm (r)Ylm (θ, φ) ~ 2 und Lz . D.h. L ~ 2 und Lz bilden (noch) kein VSKO in ist Eigenzustände von L L2 (R3 ). • Eigenschaften der Zustände ψklm (r, θ, φ) – Mittelwerte hLz i = ~m bzgl. ψklm hLx i = hLy i = 0 – Varianz ∆L2z = 0 ∆L2x = ∆L2y = ~2 l(l + 1) − m2 2 ~ 2 i = ~2 l(l + 1) – hL p ~ mit |L| ~ = ~ l(l + 1) und Lz = m~ Vergleich zu einem klassischen Drehimpuls L 80 2 OA = ~2 l(l + 1) − m2 also p Lx = ~ l(l + 1) − m2 cos φ p Ly = ~ l(l + 1) − m2 sin φ. Angenommen der Winkel φ ist zufällig verteilt in [0,2π]. Dann Z 2π 1 hLx i = dφ Lx = 0 2π 0 hLy i = 0 l(l + 1) − m2 ∆L2x = ∆L2y = ~2 2 In diesem Sinn entspricht ein Zustand ψklm (r, θ, φ) einem klassischen Drehimpuls p mit einem Betrag ~ l(l + 1), einer Projektion in z-Richtung von m~ und einer zufälligen azimutalen Lage. 4.4 Zusammenfassung Für Drehimpulsoperatoren Ji gilt: • [Ji , Jj ] = i~εijk Jk • [J~2 , Ji ] = 0 • Die Eigenwerte in der Standardbasis von J~2 und Jz ist gegeben durch J~2 |kjmi = ~2 j(j + 1) |kjmi Jz |kjmi = ~m |kjmi , 81 wobei – die erlaubten Werte für j sind ganz- oder halbzahlig und nicht negativ. – für gegebenes j sind die möglichen Werte von n die Zahlen −j, −j +1, . . . , j − 1, j. Also ist m halbzahlig (ganzzahlig) wenn j halbzahlig (ganzzahlig) ist. – k den Entartungsindex angibt ~ˆ = ~xˆ × p~ˆ gilt: Für den Bahndrehimpuls L • In Kugelkoordinaten ist er nicht vom Radialteil abhängig 82 5 Wasserstoffatom Motivation: Wir wollen die Bewegung eines Elektrons im Coulombpotential eines Protons beschreiben. Energieeigenzustände? Energieeigenwerte? 5.1 Stationäre Zustände im Zentralpotential V (r) • Der Hamiltonoperator für ein Teilchen der Masse µ in einem Zentralsymmetrischen Potential V (r) ist ~2 p~2 + V (r) = − ∆ + V (r) H= 2m 2m In Kugelkoordinaten ist 1 ∆ = ∂r2 r + r 1 2 ∆ = ∂r r − r 1 1 1 2 2 ∂θ + ∂ ∂θ + r2 tan θ sin2 θ θ 1 ~2 L 2 ~ r2 Also ist der Hamiltonoperator H=− ~2 ∂ 2 1 ~2 r+ L + V (r) 2 2µr ∂r 2µr2 Bemerkungen: ~ 2 nicht von r abhängen und [Lz , L ~ 2 ] gilt – Weil Lz , L ~ 2 ] = 0. [H, Lz ] = [H, L ~ 2 sind Erhaltungsgrößen und H, Lz und L ~ 2 haben gemeinsame EiD.h. Lz , L 83 genzustände Hϕ(~x) = Eϕ(~x) ~ 2 ϕ(~x) = ~2 l(l + 1)ϕ(~x) L Lz ϕ(~x) = ~mϕ(~x) (1.1) (1.2) (1.3) ~ 2 von den Winkeln (θ, φ) ab, d.h. die Winkelabhängigkeit – H hängt nur über L der Eigenfunktionen ϕ(~x) ist durch die Kugelflächenfunktionen gegeben ϕ(~x) = R(r)Ylm (θ, φ). Diesen Ansatz liefert aus der Schrödinger Gleichung Hϕ(~x) = Eϕ(~x) die Gleichung für die radiale Funktion R(r): ~2 ∂ 2 1 ~2 Hϕ(~x) = − r+ L + V (r) R(r)Ylm (θ, φ) 2µr ∂r2 2µr2 ~2 ∂ 2 ~2 = − r+ l(l + 1) + V (r) R(r)Ylm (θ, φ) 2µr ∂r2 2µr2 ! = ER(r)Ylm (θ, φ) also ~2 ∂ 2 ~2 − r+ l(l + 1) + V (r) R(r) = ER(r). 2µr ∂r2 2µr2 Bemerkung: Damit ist klar, dass R(r) vom Index l aber nicht von m abhängt. • Der Ansatz Rl (r) = 1r Ul (r) führt auf Wegen R∞ 0 ~2 l(l + 1) ~2 d2 + + V (r) Ul (r) = EUl (r) − 2µ dr2 2µr2 (1.4) dr r2 |Rl (r)|2 = 1 muss für Ul (r) gelten Z ∞ dr |Ul (r)|2 = 1, 0 also Ul (r) ∈ L2 ([0, ∞]). Die Gleichung (1.4) ist identisch zu einer Schrödinger Gleichung für ein Teilchen in einem effektiven Potential Veff (r) = 84 ~2 l(l + 1) + V (r) 2µr2 • Für ein Potential, das sich für r → 0 wie V (r) ∼ λr−s mit s < 2 verhält, also z.B. e2 1 das Coulombpotential V (r) = − 4πε , wird für l 6= 0 und r → 0 der Zentrifugal0 r term ~2 l(l+1) 2µr2 dominiert und repulsiv. Damit gilt für l ≥ 1 und r → 0 vl00 (r) ∼ l(l + 1) vl (r). r2 Diese Gleichung besitzt die zwei linear unabhängige Lösungen (für r → 0 !) vl (r) ∼ rl+1 vl (r) ∼ r−l Die letzte Lösung müssen wir wegen der Integrabilitätsbedinung ausschließen. Für l = 0 gilt für r → 0 v000 ∼ 0 also v0 (r) ∼ r oder v0 (r) ∼ 1. Für letzte Lösung ist R0 (r) = v0r(r) = 1r und wegen ∆ 1r ∼ δ 3 (~x) kann ϕ(~x) = R0 (r)Y00 (θ, φ) ∼ R0 (r) kann Lösung der Schrödinger Gleichung ~2 − ∆ + V (r) ϕ(~x) = Eϕ 2m sein. Also ist die Wellenfunktion für r → 0 asymphtotisch vl (r) ∼ rl+1 l = 0,1,2, . . . bzw. vl (0) = 0. 5.2 Wasserstoffatom • Wiederholung: Bohrsches Atommodell Elektronen bewegen sich auf Kreisbahnen mit Drehimpul L = n~, n = 1,2,3, . . . 85 rn = a0 n2 1 me α2 c2 En = − 2 n2 mit dem Bohrschen Radius a0 = ~ 4πε0 ~2 = ≈ 5 · 10−4 m 2 e me αme c und der Feinstrukturkonstante α= e2 1 1 ≈ 4πε0 ~c 137 Die Ionisierungsenergie des Wasserstoffs im Grundzustand (n = 1) ist 1 EI = − mα2 c2 2 Nun: Lösen der Schrödinger Gleichung! • Für ein Elektron (µ = me ) bei festgehaltenem Kern ist V (r) = − e2 1 4πε0 r und die radiale Gleichung ist 2 l(l + 1) 2µ e2 2µ ∂ − + 2 + 2 E Ul (r) = 0 ∂r2 r2 ~ r 4πε0 ~ mit der Randbedingung Ul (0) = 0. Wir suchen nach gebundenen Zuständen mit E < 0 im effektiven Potential • Wir wechseln zu skalierten dimensonslosen Größen s r |E| ρ= λ= >0 a0 EI so, dass 86 ∂2 l(l + 1) 2 2 − + − λ Ul (ρ) = 0 ∂ρ2 ρ2 ρ • Das asymptotische Verhalten ist Ul (ρ) ∼ ρl+1 für ρ→0 −ρλ für ρ→∞ Ul (ρ) ∼ e weil ∂2 ∂ρ2 − λ2 Ul (ρ) = 0 für ρ → ∞. Wir machen daher den Ansatz Ul (ρ) = ρl+1 e−ρλ vl (ρ). Dies führt auf ρvl00 + 2(l + 1 − ρλ)vl0 − 2(λ(l + 1) − 1)vl = 0 • Diese Differentialgleichung lösen wir durch einen Reihenansatz vl (ρ) = ∞ X ck ρ k k=0 → ∞ X k(k − 1)ck ρk−1 + 2(l + 1) − ρλ)k ck ρk−1 2(λ(l + 1) − 1)ck ρk = 0 k=0 Vergleich der Koeffizienten von ρk ergibt (k + 1)k ck+1 + 2(l + 1)(k + 1)ck+1 − 2 λ k ck − 2(λ(l + 1) − 1)ck = 0 bzw. (2l + 2 + k)(k + 1)ck+1 − [2λ(l + 1 + k) − 2]ck = 0 also ck+1 2λ(l + 1 + k) − 2 = ck (2l + 2 + k)(k + 1) Für k → ∞ für k = 0,1,2, . . . 2λ ck+1 ∼ ck k k also ck ∼ (2λ) und daher vl (ρ) ∼ e2λρ . Damit wäre vl (ρ) = ρl+1 e−ρλ vl (ρ) ∼ k! ρl+1 e+λρ , also nicht normierbar! Normierbare Wellenfunktionen ergeben sich nur dann, wenn die Potenzreihe abbricht, d.h. wenn für ein k = k0 λ(l + 1 + k0 ) − 1 = 0 87 q |E| Dies stellt eine Bedingung an λ = , bzw. an die Energieeigenwerte E < 0, EI nämlich: s EI 1 = = l + 1 + k0 |E| λ Die erlaubten Energien der elektronischen Zustände im Wasserstoff sind also En = − EI 1 me α2 c2 = − n2 2 n2 mit der sogenannten Hauptquantenzahl n = 1, 2, 3, . . . In Übereinstimmung mit dem Bohrschen Modell. • Im Gegensatz zum Bohrschen Modell legt die Hauptquantenzahl n den Drehimpuls nicht fest. Für ein gegebenes n kann wegen l + 1 + k0 = n die Drehimpulsquantenzahl die Werte l = 0, 1, 2, . . . , n − 1 annhemen. • Für gegebene Haupt- und Drehimpulsquantenzahlen (l, n) ist die Rekursionsformel (mit λ = n1 ) n−l−1−k ck+1 = −2 ck . (2l + 2 + k)(k + 1)n Per Konstruktion ist ck0 +1 = cn−l = 0. vl,n (ρ) ist also ein Polynom (n − l − 1) -ten Grades und durch (n, l) festgelegt. Statt die Rekursionsformel zu lösen betrachten wir mehrmals die Differentialgleichung für vl,n (mit λ = n1 ) ρ 0 l+1 00 ρvl,n + 2 l + 1 − v −2 − 1 vl,n = 0 n l,n n Wir substituieren σ= 2ρ n ρ=σ n 2 ∂ ∂σ ∂ 2 ∂ = = ∂ρ ∂ρ ∂σ n ∂σ 00 σvn,l (σ) + [(2l + 1) + 1 − σ]vl,n (σ) + (n − l − 1)vl,n (σ) = 0 88 Dies ist die Differentialgleichung für die assozierten Laguerepolynome Lk̄n̄ (x) 00 0 x Lk̄n̄ (x) + [k + 1 − x] Lk̄n̄ (x) + n̄Lk̄n̄ = 0 → n̄ = n − l − 1 k̄ = 2l + 1 Mit der Lösung (Rodriguez-Formel) Lnk (x) = x−n ex dk −x k+n . e x dxk Der radiale Anteil der Wellenfunktion des Elektrons ist somit 1/2 l 2 (n − l − 1)! 2ρ Rnl (r) = p 3 e−ρ/n L2l+1 n−l−1 (ρ) 2 (n + l)! n a0 n mit ρ = r a0 Diskussion: Mittelwert und die Varianz der radialen Bewegung des Elektrons sind hrinlm = hnlm|r|nlmi Z = d3 x |ψnlm (r, θ, ψ)|2 r ψnlm = Rnl (r)Ylm Z ∞ 2 2 dr r |Rnl (r)| r = Z dΩ |Ylm (θ, φ)|2 0 hrinlm a0 = 3n2 − l(l + 1) 2 Insbesondere für l = n − 1 hrin,n−1 = a0 n(n + 21 ) ∼ n2 q ∆rn,n−1 = a0 n 12 (n + 12 ) Die relative Unschärfe ∆r 1 =√ . hri 2n + 1 Die Bahnen hoher Energie sind also radial sehr scharf lokalisiert. Man kann mit Zuständen großen Hauptquantenzahl Wellenpakete zu konstruieren (analog zu kohärenten Zuständen des harmonischen Oszillators), die sich wie klassische Teilchen auf Kreisbahnen verhalten. Tief liegende Zustände sind dagegen “quantenmechanisch”. 89 • Die gesamte Wellenfunktion ist entsprechend ψnlm (~x) = h~x|nlmi En = − n1l EI = Rnl (r)Ylm (θ, φ) mit: n = 1, 2, 3, . . . l = 0, 1, 2, . . . , n − 1 m = −l, −l + 1, . . . , l − 1, l Diskussionen: – Die Energiewerte sind entartet mit den Entartungsfaktoren gn = n−1 X (2l + 1) = n2 1= l n−1 X X l=0 m=−l l=0 Jeder Zustand mit festem (n, l) ist entartet mit gn,l = +l X 1 = 2l + 1 m=−l – Die Quantenzahlen (n, l, m) legen den Zustand eindeutig fest, damit bilden ~ 2 , Lz ) ein VSKO für die Bewegung des Elektrons. (H, L 90 – Die Wellenfunktion ψnlm = Rnl (r)Ylm (θ, φ) – Elektromagnetische Strahlung wird bei Übergängen zu den |nlmi Zuständen abgegeben. Die Frequenz der Strahlung entspricht der Energiedifferenz wn,n0 = En0 − En ~ 5.3 Zusammenfassung 2 2 ∂ ~ Wasserstoffatom H = − 2m 2r + e r ∂r 1 ~2 L 2me r2 − e2 1 4πε0 r Hψ(~x) = Eψ(~x) ψ(~x) = R(r)Ylm (θ, φ) 1 e2 1 ~2 ∂ 2 2 r+ ~ l(l + 1) − R(r) = ER(r) − 2mr ∂r2 2me r2 4πε0 r 1 R = U (r) r 2 ∂ l(l + 1) 2me e2 2µ 0= − + 2 + 2 E Ul (r) ∂r2 r2 ~ r 4πε0 ~ Mit dem effektiven Potential 1 ~2 l(l 2me r2 + 1) − e2 1 4πε0 r 91 6 Elektron Spin 6.1 Stern - Gerlach Experiment • Aufbau: Ein Strahl von Wasserstoffatomen fliegt durch ein inhomogenes Magnetfeld senkrecht zur Feldrichtung. • Erwartung nach dem Bohrschen Modell und der Elektrodynamik: ev Ein Elektron auf einer Kreisbahn entspricht i = 2πr um einer Fläche f = r2 π. Dem entspricht ein magnetischer Dipol senkrecht zur Bahnebene evr e e ~ µ=i·f = = pr = |L|. 2 2me 2m ~ ist die Wechselwirkungsenergie In einem äußeren Magnetfeld B ~ =− E = −~µ · B e ~ ~ L · B(~x) 2me Die Kraft auf den Dipol ist ~ µ · B) F~ = −∇(−~ e X ∂ = µi B(~x) 2me i ∂xi Im Stern-Gerlach Experiment ist nur Bz und ∂B ∂z verschieden von null. Also wirkt nur eine Kraft in z-Richtung Fz = ∂Bz e Lz · . 2me ∂z ~ die z-Komponente beliebige Klassisch würde bei einer zufälligen Ausrichtung von L ~ ~ Werte zwischen −|L| und +|L| annehmen, was zu einer kontinuierlichen Aufspaltung des Atomstrahls führen 92 • Quantenmechanisch sollte für den Wasserstrahl im Grundzustand |n = 1, l = 0, m = 0i keine Aufspaltung ergeben. Angeregte Zustände |n, l, mi sollten zu einer diskreten Aufspaltung in (2l + 1) Komponenten führen: (z.B. für l = 1) • Experimentell: Es wird eine Aufspaltung in 2 Teilstrahl beobachtet. • Die Erfahrung zeigt: Das Elektron besitzt einen Eigendrehimpuls, den Spin, mit Betrag s = ~2 . Der Spin kann in Richtung eines äußeren Magnetfeldes die Einstellungen + ~2 , − ~2 einnehmen. Mit dem Spin ist magnetisches Moment der Größe µB assoziiert. 6.2 Spin 1 2 Operatoren und Zustände • Postulat zum Elektronspin – das Elektron besitzt einen inneren Freiheitsgrad “Spin”, der als Drehimpuls beschrieben werden muss [Sx , Sy ] = i~Sz εxyz (und zyklisch permutiert) – Der Spin des Elektrons ist s= 1 2 d.h. es besitzt zwei Zustände |s = 21 , m = 21 i |s = 12 , m = − 12 i “Spin up” “Spin down” (entlang z). 93 – Es gilt h 12 , m| 21 , m0 i = δmm0 , m = ± 12 ~ 2 | 1 , mi = ~2 1 1 + 1 | 1 , mi S 2 2 2 2 = ~2 34 | 21 , mi Sz | 21 , mi = ~m | 12 , mi – Das mit dem Spin assoziierte magnetische Moment ist µ ~B = 2µB ~ S ~ Man beachte: Spin und Bahndrehimpuls haben ein unterschiedliches gyroma~ gnetisches Verhältnis (zum Vergleich µ ~ L = µ~n L). • Der Spinzustand eines Elektronss wird durch eine Wellenfunktion |ψi = α | 21 , 12 i + β | 21 , − 12 i mit α, β ∈ C, |α|2 + |β|2 = 1. |ψi ist also Element eines zweidimensionalen Hilbertraumes |ψi ∈ H = C2 . • Es wird üblicherweise abgekürzt geschrieben |+i = |s = 21 , m = + 12 i |−i = |s = 12 , m = − 12 i also h+|−i = 0, h+|+i = h−|−i = 1, |+i h+| + |−i h−| = 1 • Stattdessen kann auch die Matrix- oder Spinorschreibweise verwendet werden 1 |+i= ˆ h+|= ˆ 1 0 0 0 |−i= ˆ h−|= ˆ 0 1 1 Also gilt: – 1 1 1 0 = |+i h+| = ˆ 0 0 0 0 0 1 = |−i h−| = ˆ 1 0 1 |+i h+| + |−i h−|= ˆ 0 94 0 0 0 1 0 1 – ein allgemeiner Spinzustand α |ψi =α |+i + β |−i = ˆ β hψ| =α∗ |+i + β ∗ |−i = ˆ α∗ β ∗ α ∗ ∗ = |α|2 + |β|2 = 1. hψ|ψi = ˆ α β β • Die Spinoperatoren Si sind in Spinschreibweise: – Sz |±i = ± ~2 |±i also besitzt Sz die Spektralzerlegung ~ ~ |+i h+| + − |−i h−| Sz = + 2 2 ~ ~ 1 0 0 0 + − = ˆ + 0 0 0 1 2 2 ~ 1 0 = 2 0 −1 – Für S± = Sx ± iSy gilt S+ |+i = 0 S− |−i = 0 S+ |−i = ~ |+i S− |+i = ~ |−i (siehe Kapitel über Drehimpulse!) Also ist S+ = S+ 1 = S+ |Hi h+| + |−i h−| = ~ |+i h−| S− = ~ |−i h+| bzw. 1 0 1 0 1 =~ S+ = ~ 0 0 0 0 0 S− = ~ 1 0 – Mit den inversen Relationen für Sx = 21 (S+ + S− ) Sy = − 21 (S+ − S− ) 95 folgt ~ 0 1 Sx = 2 1 0 ~ 0 −i Sy = 2 i 0 • Mit den Paulimatrizen: 0 1 σx = 1 0 ist Si = ~2 σi σy = 0 −i i 0 σz = 1 0 0 −1 ~ = ~ ~σ mit dem Paulivektor (Vektor aus Matrizen) S 2 bzw. ~σ = (σx , σy , σz ) Man zeigt leicht: – σx2 = σy2 = σz2 = 1 – σi σj = iεijk σk also z.B. σx σy = iσz – [σi , σj ] = 2iεijk σk Entsprechende Relationen gelten wegen Si = ~2 σi auch für die Spinoperatoren (also 2 z.B. Si2 = ~2 1). • Was sind die Eigenzustände von Sx , Sy ? Für σx : 0 1 1 1 = 1 0 1 1 0 1 1 1 =− 1 0 −1 −1 1 1 1 = √ (|+iz + |−iz ) |+ix = ˆ√ 2 1 2 1 1 1 |−ix = ˆ√ = √ (|+iz − |−iz ) 2 −1 2 ~ Sx |±ix = ± |±ix 2 96 ~ Sz |±iz = ± |±iz 2 Für σy : 0 −i 1 1 = i 0 i i 0 −i 1 1 =− i 0 −i −i 1 1 1 |+iy = √ = √ |+iz + i |−iz 2 i 2 1 1 1 |−iy = √ = √ |+iz − i |−iz 2 −i 2 ~ Sy |±iy = ± |±iy 2 6.3 Nachtrag: Wiederholte Messung im Stern-Gerlach Versuch • Ein Stern-Gerlach Apparat mit inhomogenen Magnetfeld in z-Richtung realisiert eine Messung des Spins in z-Richtung, also eine Messung von Sz . Ist das Magnetfeld entlang ~ex orientiert wird entsprechend Sx gemessen. Ein Magnetfeld in cos φex + sin φez Richtung misst cos φSx + sin φSz . • Messung von Sz an |ψi = α |+iz + β |−iz ergibt “Spin up” mit einer Wahrscheinlichkeit p+ = | z h+|ψi |2 = |α|2 und “Spin down” mit |β|2 . Danach befindet sich der Spin im Zustand |+iz bzw. |−iz . • Wir betrachten 3 aufeinanderfolgende Messungen von Sz , dann Sx und zuletzt Sz Resultat der 1. Messung sei “Spin up”. Die Wahrscheinlichkeiten in der 2. Messung 97 (von Sx ) Spin up/down sind (2) p+ = | x h+|+iz |2 2 1 = √ z h+| + z h−| |+iz 2 1 2 1 = . 2 = (2) p− Sei das Ergebnis wieder ’Spin up’ entlang Sx . Der Zustand nach der Messung ist also |+ix . Die Wahrscheinlichkeiten in der 3. Messung (von Sz ) Spin up/down sind (3) p+ = | z h+|+ix |2 = 1 2 1 (3) p− = . 2 6.4 Gesamtwellenfunktion des Elektrons: Tensorprodukt • Für eine vollständiger Beschreibung des Elektrons muss seine Spinwellenfunktion und seine Raumwellenfunktion angegeben werden. Der Bewegungszustand z.B. im Coulombpotential ist eine Raumwellenfunktion |ψi ∈ HB = L2 (R3 ) X cnlm |nlmi wobei: cnlm ∈ C |ψi = nlm Die Spinwellenfunktion |ϕi ∈ HS = C2 ist entsprechend +1/2 |ϕi = X ms =− cms |s = 12 , ms i . 1 2 Die Gesamtwellenfunktion ist Element des Tensorprodukt-Hilbertraumes: H = HB ⊗ HS = L2 (R3 ) ⊗ C2 . • Definition: Zustände |ψ (1) i ⊗ |ϕ(2) i im Tensorproduktraum H = H1 ⊗ H2 zweier Hilberträume H1 und H2 (mit |ψ (1) i ∈ H1 , |ϕ(2) i ∈ H2 ) erfüllen 98 1. λ |ψ (1) i ⊗ |ϕ(2) i = λ |ψ (1) i ⊗ |ϕ(2) i |ψ (1) i ⊗ λ |ϕ(2) i = λ |ψ (1) i ⊗ |ϕ(2) i 2. (2) (2) (2) (2) |ψ (1) i ⊗ |ϕ1 i + |ϕ2 i = |ψ (1) i ⊗ |ϕ1 i + |ψ (1) i ⊗ |ϕ2 i (1) (1) (1) (1) |ψ1 i + |ψ2 i ⊗ |ϕ(2) i = |ψ1 i ⊗ |ϕ(2) i + |ψ2 i ⊗ |ϕ(2) i (1) (2) 3. Wenn |ψn i eine Basis in H1 ist und |ϕk i eine Basis in H2 , dann ist die (1) (2) Produktbasis |ψn i ⊗ |ϕk i eine Basis im Tensorprodukthilbertraum H = H1 ⊗ H 2 . Man beachte: Wenn die Dimension von H1 und H2 d1 und d2 waren, dann ist die Dimension von H1 ⊗ H2 d1 · d2 ! 4. Skalarprodukt: (1) (2) (1) (2) (1) (1) (2) (2) hψ1 | ⊗ hϕ1 | |ψ2 i ⊗ |ϕ2 i = hψ1 |ψ2 i hϕ1 |ϕ2 i . • z.B.: Die Basen {|nlmi} in HB = L2 (R3 ) und {| 21 , ms i} in HS = C2 ergeben eine Produktbasis im Hilbertraum H = HB ⊗ HS der Gesamtwellenfunktion {|nlmi ⊗ | 12 , ms i} • Meist wird abgekürzt geschrieben |nlmi ⊗ |s, ms i = |nlm, sms i • Die Gesamtwellenfunktion |Ψi ∈ H = HB ⊗ HS lässt sich nun in der Produktbasis ausschreiben XX cnlm,mS |nlm, smS i |Ψi = nlm mS In Ortsdarstellung Ψ(~x) = h~x|Ψi XX = cnlm,mS h~x|nlmi ⊗ |s, mS i mS nlm = ψ+ (~x) |+iz + ψ− (~x) |−iz ψ+ (~x) = “2er Spinor”. ψ− (~x) 99 6.5 Zusammenfassung • Fz = ∂Bz e Lz 2me ∂z Klassisch: kontinuierliche Aufspaltung. Quantenmechanisch: Lz |nlmi = ~m |nlmi Fz = e ∂ρz ~m 2me ∂z |nlmi z.B. l = 1, m = −1,0,1 experimentell: Aufspaltung in 2 Teilstrahlen und zwar entsprechend einer Kraft e ~ ∂ρ2 Fz = ± me 2 ∂z 100 7 Addition von Drehimpulsen Motivation: Spin und Bahndrehimpuls sind dynamisch nicht unabhängig, sondern aneinander gekoppelt. Das Elektron bewegt sich im elektrostatischen Potential des Kernes mit einer Geschwindigkeit ~v = mp~ . Gemäß der Elektrodynamik entspricht dem im Ruhesystem des Elektrons ein magnetisches Feld v ~ ~ ≈ − 1 ~v × E . korrekt in Ordnung B c2 c Die Energie des magnetischen Moments des Spins in diesen Magnetfeld ~ ·B ~ HLS = −2µB S wobei HLS := Spin-Drehimpulskopplung. ~ = − 1 ∂V Wegen E e ∂r ~ x r ist ~ = B 1 ∂V (~r) p~ × ~x e m c2 r ∂r und daher 2µS dV ~ ~ 1 L·S· e m c2 r dr 2 (Der Faktor einhalb ist eine Korrektur durch Rücktransformation in Ruhesystem des Kerns (vgl. Thomas Faktor)) HLS = Der Hamiltonoperator des Wasserstoffs muss also korrigiert werden zu p2 + V (r) + HLS 2m p2 + V (r) = H0 2m =H0 + HLS H= Was sind die Eigenenergieen und -zustände? ~ · S? ~ Mit • Was sind die Eigenzustände und -werte von L ~ + S) ~ 2=L ~2 + S ~ 2 + 2L ~ ·S ~ (L 101 also n o ~ ·S ~ = 1 (L ~ + S) ~ 2−L ~2 − S ~2 L 2 ~ 2 und S ~ 2: Wir kennen schon die Eigenzustände und Eigenwerte von L h i h i ~ + S) ~ 2, L ~ 2 = (L ~ + S) ~ 2 , Ŝ 2 = 0 (L ~ 2 ] = [Si , S ~ 2 ] = [Li , Si ] = 0. Also gibt es gemeinsame Eigenvektoren wegen [Li , L ~ + S) ~ 2, L ~ 2, S ~ 2 }, die dann auch Eigenvektoren von L ~ ·S ~ sind. von {(L Dies führt auf das Problem der Addition quantenmechanischer Drehimpulse. 7.1 Geamtdrehimpuls • Für zwei Drehimpulsfreiheitsgrade J~(1) und J~(2) mit Eigenzuständen (J~(α) )2 |jα , mα i = ~2 jα (jα + 1) |jα , mα i (α) Jz |jα , mα i = ~mα |jα , mα i ) α = 1,2 definieren wir den Gesamtdrehimpuls (1) (2) (1) (2) (1) (2) ~ ~ ~ ~ ~ J =J +J =J ⊗1 +1 ⊗J • Eigenschaften des Gesamtdrehimpulses – J~ ist ein Drehimpuls [Ji , Jj ] = i~εijk Jk – Es gilt h 2 i Jz , J~(α) =0 α = 1,2 – Die Eigenzustände von (J~2 , Jz ) sind also auch Eigenzustände von J~(1) 2 (1) (2) J~(2) (aber nicht unbedingt auch von J~z und J~z !). 102 2 und Wir suchen also Zustände mit J~2 |j1 , j2 , j, mi = ~2 j(j + 1) |j1 , j2 , j, mi Jz |j1 , j2 , j, mi = ~m |j1 , j2 , j, mi (J~(1) )2 |j1 , j2 , j, mi = ~2 j1 (j1 + 1) |j1 , j2 , j, mi (J~(2) )2 |j1 , j2 , j, mi = ~2 j2 (j2 + 1) |j1 , j2 , j, mi Die Zustände |j1 , j2 , j, mi sind Elemente des Tensorprodukthilbertraumes H = H(1) ⊗ H(2) . Die Tensorproduktbasis in H ist {|j1 , m1 i ⊗ |j2 , m2 i} Wir verwenden die Kurzschreibweise |j1 , m1 i ⊗ |j2 , m2 i = |m1 ; m2 i und für die Zustände |j1 j2 jmi = |j, mi Die Dimensionen von H(1) und H(2) sind (2j1 + 1) bzw. (2j2 + 1) bzw. (2j2 + 1). Die Dimension von H = H(1) ⊗ H(2) ist dann (2j1 + 1)(2j2 + 1). Zum Beispiel j1 = 2, j2 = 1 • Die Zustände der Produktbasis sind schon Eigenzustände von Jz Jz |m1 , m2 i = (Jz(1) + Jz(2) ) |m1 , m2 i = ~(m1 + m2 ) |m1 , m2 i (1.1) (1.2) Zum Eigenwert ~m = ~ |m1 , m2 i. Die maximalen Werte von m1 und m2 sind j1 und j2 . Damit ist m = j1 + j2 maximal mit dem eindeutigen |m1 = j1 , m2 = j2 i, also Jz |j1 , j2 i = ~(j1 + j2 ) |j1 , j2 i 103 • Der Zustand |m1 = j1 , m2 = j2 i ist auch ein Eigenzustand von J~2 mit dem maximalen Eigenwert j = (j + j2 ), J~2 |j1 , j2 i = ~(j1 + j2 )(j1 + j2 + 1) |j1 , j2 i . Beweis: 2 + J~(2) + 2J~(1) · J (2) 1 (1) (2) (1) (2) J+ J− + J− J+ = Jz(1) · Jz(2) + 2 J~2 = J~(1) 2 J~(1) · J~(2) (α) (α) (α) Mit J± = Jx ± iJy und α = 1,2. Also ist i h 2 2 (1) (2) (1) (2) J~2 |j1 , j2 i = J~(1) + J~(2) + 2Jz(1) Jz(2) + J+ J− + J− J+ |j1 , j2 i = ~2 j1 (j1 + 1) + ~j2 (j2 + 1) + 2~2 j1 j2 |j1 , j2 i = ~2 (j1 + j2 )(j1 + j2 + 1) |j1 , j2 i Wir haben verwendet (α) J+ |m1 = j1 , m2 = j2 i = 0. Damit ist ein Eigenzustand |j = j1 + j2 , m = j1 + j2 i = |m1 = j1 , m2 = j2 i gefunden. • Aus |j = j1 + j2 , m = j1 + j2 i können mittels des Absteigeoperators alle Zustände |j = j1 + j2 , mi mit −j = −j1 − j2 ≤ m ≤ j = j1 + j2 konstruiert werden. |j = j1 + j2 , m = j1 + j2 − 1i ∼ J− |j1 + j2 , j1 + j2 i (1) (2) = J− + J− |m1 = j1 , m2 = j2 i p p = j1 (j1 + 1) − j1 (j1 − 1) |j1 − 1, j2 i + j2 (j2 + 1) − j2 (j2 − 1) |j1 , j2 − 1i p p ∼ j1 |j1 − 1, j2 i + j2 |j1 , j2 − 1i s s j1 j2 = |j1 − 1, j2 i + |j1 , j2 − 1i j1 + j2 j1 + j2 |j = j1 + j2 , m = j1 + j2 − 2i ∼ J− |j1 + j2 , j1 + j2 − 1i .. . |j = j1 + j2 , m = −j1 − j2 i Damit erhalten wir (2j + 1) = (2j1 + 2j2 + 1) Zustände. Es fehlen also noch (2j1 + 1)(2j2 + 1) − (2j1 + 2j2 + 1) Zustände: 104 • Zustände zum Eigenwert m = j1 + j2 − 1 zu Jz müssen aus den Produktzuständen |m1 = j1 − 1, m2 = j2 i bzw. |m1 = j1 , m2 = j2 − 1i aufgebaut sein, dann nur dann ist m = m1 + m2 = j1 + j2 − 1. Ein solcher Zustand ist schon bekannt, nämlich |j = j1 + j2 , m = j1 + j2 − 1i. Das bedeutet es gibt genau einen dazu orthogonalen Zustand zum selben Eigenwert m = j1 + j2 − 1, nämlich s j2 |j1 − 1, j2 i − j1 + j2 s j1 |j1 , j2 − 1i j1 + j2 (1.3) 2 (1) (2) (1) (2) Man überprüft mit J~2 = J~(1) · · · + J+ J− + J− J+ leicht, dass dieser Zustand ein Eigenzustand von J~2 zum Eigenwert ~2 j(j + 1) mit j = j1 + j2 − 1. Also |j = j1 + j2 − 1, m = j1 + j2 − 1i = (1.3) Mit dem Absteigeoperator lassen sich wieder alle Zustände mit −(j1 + j2 − 1) ≤ m ≤ (j1 + j2 − 1) konstruieren Es ergeben sich die möglichen Werte für j und m |j1 − j2 | ≤ j ≤ j1 + j2 −j ≤ m ≤ j Das ist genau H j1 +j2 X j X 1 = (2j1 + 1)(2j2 + 1) j=|j1 −j2 | m=−j 105 7.2 Zusammenfassung: Addition von Drehimpulsen • Gegeben: Zwei Drehimpulse J~(α) , α = 1,2 mit (J~(α) )2 |jα , mα i = ~2 jα (jα+1 ) |jα , mα i ) Jz(α) |jα , mα i = ~mα |jα , mα i α = 1,2 Die Hilberträume der einzelnen Drehimpulse sind als Hα = C2jα+1 . Wir betrachten für festes j1 , j2 den Gesamtdrehimpuls J~ = J~(1) + J~(2) mit Eigenzuständen |j1 , j2 , j, mi =: |jmi J~2 |jmi = ~2 j(j + 1) |jmi Jz |jmi = ~m |jmi Die Zustände |jmi sind Elemente des Tensorprodukthilbertraumes H = H1 ⊗ H2 mit der Tensorproduktbasis {|j1 , m1 i ⊗ |j2 , m2 i = |m1 , m2 i} ~ 2 , Jz } in • Problem: Wie lauten die Eigenzustände |j1 j2 jmi von {(J~(1) )2 , (J~(2) )2 , (J) der Tensorproduktbasis? • Lösung: Es gilt Gesamtdrehimpulszustände |jmi mit: (für gegebenes j) |j1 − j2 | ≤j ≤ j1 + j2 −j ≤m ≤ +j • Konstruktion: 106 – Der Zustand zu maximalen j = j1 + j2 und maximalen m = j1 + j2 ist |j = j1 + j2 , m = j1 + j2 i = |j1 , m1 = j1 i ⊗ |j2 , m2 = j2 i (1) (2) – Durch Anwenden von J− = J− −J− erhält man alle Zustände |j = j1 + j2 , mi mit −(j1 + j2 ) ≤ m ≤ j1 + j2 – Den Zustand mit j = j1 + j2 − 1 und maximalen m = j1 + j2 − 1 ist eine Linearkombination von |j1 , m = j1 − 1i ⊗ |j2 , m2 = j2 i und |j1 , m1 = j1 i ⊗ |j2 , m2 = j2 − 1i und orthogonal zu |j = j1 + j2 , m = j1 + j2 − 1i und damit eindeutig (bis auf eine globale Phase) festgelegt. (Phasenkonvention: Phase = 1) – Durch Anwenden von J− erhält man alle Zustände |j = j1 + j2 − 1, mi – Der Zustand |j = j1 + j2 − 2, m = j1 + j2 − 2i ist eine Linearkombination von {|j1 , j1 − 2i ⊗ |j2 , j2 i , |j1 , j1 − 1i ⊗ |j2 , j2 − 1i , |j1 , j1 i ⊗ |j2 , j2 − 2i} und orthogonal zu |j = j1 + j2 , m = j1 + j2 − 2i und |j = j1 + j2 − 1, m = j1 + j2 − 2i und damit wieder eindeutig bestimmt – usw. • Beispiel j1 = 21 , j2 = 1 2 Also ist 0 ≤ j ≤ 1 – |j = 1, m = 1i = | 12 , + 21 i ⊗ | 12 , + 12 i 107 – √ J− |j = 1, m = 1i = 1 · 2 − 1 · 0 |j = 1, m = 0i (1) (2) =(J− + J− ) | 12 , + 12 i ⊗ 12 , + 12 (1) (2) =J− | 21 , + 12 i ⊗ | 12 , + 21 i + | 12 , + 21 i ⊗ J− | 12 , + 21 i q = 12 · 23 − 12 − 12 | 12 , − 12 i ⊗ | 12 , + 12 i + | 12 , + 21 i ⊗ | 21 , − 12 i → |j = 1, m = 0i = √1 2 | 12 , − 21 i ⊗ | 12 , + 12 i + | 12 , + 12 i ⊗ | 12 , − 12 i – √ J− |j = 1, m = 0i = 2 |j = 1, m = −1i 1 √ (1) (2) 2 |−i ⊗ |−i = J− + J− √ |−i ⊗ |+i + |+i ⊗ |−i 2 → |j = 1, m = −1i = | 21 , − 12 i ⊗ | 12 , − 12 i – |j = 0, m = 0i = c1 | 21 , − 21 i ⊗ | 12 , + 21 i + c2 | 21 , + 12 i ⊗ | 21 , − 12 i ! wegen hj = 1, m = 0|j = 0, m = 0i = 0 gilt √1 c1 2 + √1 c2 2 = 0 also 1 1 c2 = − √ c1 = √ 2 2 1 |j = 0, m = 0i = √ | 21 , − 12 i ⊗ | 12 , + 21 i − | 21 , + 12 i ⊗ | 12 , − 12 i 2 Bemerkung: Sowohl für |j = 1, m = 0i als auch für |j = 0, m = 0i gibt es keine Darstellung als Produktzustände |ψ (1) i ⊗ |ϕ(2) i . – |j = 0, m = 0i = √1 2 |+i ⊗ |−i + |−i ⊗ |+i |±i = | 21 , ± 12 i 1 h+, −| + h−, +| h+−| + h−+| 2 1 h+, −|+, −i + h+, −|−, +i = 2 + h−, +|+, −i + h−, +|−, +i hj = 0, m = 0|j = 1, m = 0i = = h+|+i h−|−i = 1 1 = (1 + 1) = 1 2 – Allgemein gilt für gegebenes j1 , j2 108 |j1 j2 jmi = +j1 X j2 X hj1 m1 ; j2 m2 |jmi |j1 m1 i ⊗ |j2 m2 i m1 =−j1 m2 =−j2 Die Amplituden hj1 m1 j2 m2 |jmi heißen Clebsch-Gordon Koeffizienten. Es gilt die inverse Relation +j1 +j2 X |j1 m1 i ⊗ |j2 m2 i = +j X hj1 j2 jmi j=|j1 −j2 | m=−j 7.3 Addition von Bahndrehimpuls und Spin • Gegeben: Bahndrehimpuls mit l = 0,1,2, . . . und Spin S = Gesucht: Eigenzustände |l, s = 12 , j, mi mit 1 2 ~ 2 |l 1 jmi = ~2 l(l + 1) |l 1 jmi L 2 2 2 1 21 3 1 ~ S |l jmi = ~ · |l jmi 2 2 2 2 J~2 |l 12 jmi = ~2 j(j + 1) |l 21 jmi Jz |l 12 jmi = ~m |l 12 jmi • Für gegebenes l ist |l − 21 | ≤ j ≤ l + 1 2 j = 21 j =l± also 1 2 für l = 0 für l ≤ 1 Die Eigenzustände sind 109 s |l, 1 ,j 2 =l± 1 , mi 2 =± s + l±m+ 2l + 1 1 2 l∓m+ 2l + 1 1 2 |l, m − 21 i ⊗ | 12 , + 21 i |l, m + 12 i ⊗ | 21 , − 12 i In Ortsdarstellung und Spinorschreibweise ergeben sich die Spinorkugelflächenfunktionen q 1 1 m− 2 (θ, φ) 1 ± l ± m + 2 Yl h~x|l, 21 , j = l + 12 , mi = √ q · F (r) 1 2l + 1 1 m+ 2 l∓m+ Y (θ, φ) 2 = Yl 1 j=l± ,m 2 l · F (r) • Anwendung auf das Wasserstoffatom: Bisher wurden der elektronische Zustand als Produkt von Bewegungs- und Spinzustand geschrieben |nlml i ⊗ |s = 12 , mS i = |nlml , sms i d.h. also Eigenzustände des VSKO ~ 2 , Lz , S ~ 2 , Sz }. {H, L Alternativ können wir die Eigenzustände des VSKO ~ 2, S ~ 2 , J~2 , Jz } {H, L verwenden, also |nls = 12 jmi In Ortsdarstellung und Spinorschreibweise Ψnlsjm (~x) = h~x|nlsjmi = Yl 110 1 j=l± ,m 2 (θ, φ)Rnl (r) 8 Störungstheorie • Motivation: Die Spin- Bahnkopplung im Wasserstoff war HLS = Korrektur: µSpin = 2µB ~σ = 1 1 ∂V (r) ~ ~ 1 L·S· m2e c2 r ∂r 2 e ~ S me Wir wollen die Eigenzustände und -energieen des Wasserstoffhamiltonoperators H = H0 + HLS bestimmen, wobei wir die von H0 = p2 2m + V (r) schon kennen H0 |nlsjmi = En |nlsjmi . H kann nicht exakt diagonalisiert werden. Können wir HLS als ’Störung’ betrachten und den Effekt auf die Eigenzustände und Eigenwerte von H0 bzw. H0 näherungsweise bestimmen? Die Größenordnung der Energieskala von H0 bzw. HLS sind e2 1 e2 1 a0 . . . Bohrscher Radius ∼ 4πε0 r 4πε0 a0 1 1 ∂V ~ ~ 1 e2 1 2 : L · R ∼ ~ m2 c2 r ∂r m2 c2 4πε0 a30 H0 : HLS Die relative Größenordnung ~2 = α2 = 2 2 2 m c a0 1 137 2 ∼ 10−4 Wir können daher eine kleine Energieverschiebung der Zustände |nlsjmi erwarten. 8.1 Zeitunabhängige, nicht-entartete Störungstheorie • In der QM treten oft Probleme auf in denen die Energie und Zustand eines Hamiltonoperators H = H0 + λH1 111 gesucht werden, aber nur die von H0 bekannt sind. Wenn λH1 eine kleine Korrektur zu H0 ist, dann können die Korrekturen zu Zuständen und Energien näherungsweise bestimmen werden. • Die Eigenzustände und Eigenwerte des ungestörten Hamiltinoperators H0 seien bekannt (0) H0 |ϕi i = Ei |ϕi i (0) Annahme: Das Spektrum {Ei } von H0 sei nicht-entartet; (ansonsten aber beliebig diskret oder kontinuierlich) • Für den gestörten Hamiltonoperator H = H0 + λH1 gelte H |ψi (λ)i = Ei (λ) |ψi (λ)i so, dass für λ → 0 |ψi (λ)i → |ϕi i (0) Ei (λ) → Ei . • Wir machen einen Störreihenansatz (2) (1) (0) Ei (λ) = Ei + λEi + λ2 Ei + . . . (2) (1) (0) |ψi (λ)i = |ψi i + λ |ψi i + λ2 |ψi i + . . . Also ! ! (H0 + λH1 ) X (k) λk |ψi i = X (k) λk Ei X l k k (l) λl |ψi i • Nullte Ordnung (λ0 ): (0) (0) (0) H0 |ψi i = Ei |ψi i Damit ist (im nicht-entarteten Fall!) (0) |ψi i = |ϕi i • Erste Ordnung (λ1 ): (0) (1) (1) (H0 − Ei ) |ψi i = −(H1 − Ei ) |ϕi i (0) (0) (1) (1) (Ei − Ei ) hϕi |ψj i = − hϕi |Hi |ϕi i + Ei hϕi |ϕi i (1) = − hϕi |Hi |ϕi i + Ei hϕj |H1 |ϕi i (1) ⇒ hϕj |ϕi i = (0) (0) Ei − Ej 112 (0) (0) (Laut Annahme ist Ei − Ej 6= 0.) (1) Ei = hϕi |H1 |ϕi i Die Energiekorrektur erster Ordnung entspricht also gerade dem Erwartungswert des Störtermes im Zustand |ϕi i . (1) • Es gilt hϕj |ϕi i = hϕj |H1 |ϕi i (0) (0) Ei −Ej , also ist (1) |ψi i = X (1) hϕj |ψi i |ϕj i j (1) |ψi i = X hϕj |Hi |ϕi i (0) j6=i (0) Ei − Ej |ϕj i Korrektur erster Ordnung der Wellenfunktion: X . . . |ϕj i |ψi (λ)i = |ϕi i + j6=i • Energiekorrektur zweiter Ordnung Projektion der λ2 Gleichung auf |ϕi i liefert (2) (1) 0 = − hϕi |H1 |ψi i + Ei also (2) Ei = X | hϕj |H1 |ϕi i |2 (0) j6=i (0) Ei − Ej • Beispiel 1: Anharmonische Oszillator (Harmonische Oszillator mit kubischer Störung) 113 mω 2 2 x 2 σ~ω ω(x) = 3 x3 x V (x) = p2 + V (x) + W (x) 2m = H0 + λH1 H= Die Eigenzustände/Eigenwerte von H0 sind bekannt H0 = ~ω(a† a + 21 ) H0 |ϕn i = ~ω(n + 21 ) |ϕn i √ a† |ϕn i = n + 1 |ϕn+1 i √ a |ϕn i = n |ϕn−1 i r ~ (â + ↠) x̂ = 2mω → W (x) = σ~ω(a + a† )3 n = 0,1,2, . . . Die Korrekturen hängen von den Matrixelementen hϕi |H1 |ϕj i ab. Es gilt hϕn−3 |ω(x)|ϕn i = σ~ω hϕn−3 |(a + a† )3 |ϕn i = σ~ω hϕn−3 |a3 + a2 a† + . . . |ϕn i = σ~ω hϕn−3 |a3 |ϕn i √ √ √ = σ~ω n n − 1 n − 2 hϕn−3 |ϕn−3 i 1/2 = σ~ω n(n − 1)(n − 2) 1/2 hϕn+3 |ω(x)|ϕn i = σ~ω (n + 3)(n + 2)(n + 1) hϕn+1 |ω(x)|ϕn i = 3σ~ω(n + 1)1/2 hϕn−1 |ω(x)|ϕn i = 3σ~ωn3/2 alle anderen Matrixelemente, verschwinden! hϕk |ω|ϕn i = 0 Energiekorrektur erster Ordnung: En(i) = hϕn |ω|ϕn i = 0 Zweite Ordnung En(2) = X | hϕk |ω|ϕn i |2 (0) k6=k 114 (0) En − Ek für den Grundzustand n = 0 (2) E0 = | hϕ3 |ω|ϕ0 i |2 (0) (0) E0 − E3 = −21σ 2 ~ω + | hϕ1 |ω|ϕ0 i |2 (0) (0) E0 − E1 • Beispiel 2: Quadratische Stark-Effekt (des Wasserrtoff Grundzustandes) Wasserstoff im 1s Zustand (|n = 1, l = 0, m = 0i; Spin wird vernachlässigt) in ei~ = ~ez E nem konstanten elektrischen Feld E ~ · ~x = −eEz und dem WasserstoffhamiltonopeHamiltonoperator mit: H1 = −eE rator H0 |nlmi = En |nlmi H = H0 + H1 Energiekorrektur 1. Ordnung (1) E0 = h100|H1 |100i = − eE h100|z|100i Z = − eE d3 r |ψ100 (x̂)|2 z ψ100 = R10 (r)Y0b (θ, φ) Z ∞ Z 3 2 ∼ dr r |R10 (r)| dΩ cos θ|Y00 (θ, φ)|2 s =0 Verschwindet aus Symmetriegründen: ψ100 (~x) z ist gerade ψ100 (−~x) = ψ100 (~x) ist ungerade Energiekorrektur 2.Ordnung (2) E0 = X | hnlm|H1 |100i |2 (0) nlm n6=0 (0) E0 − En α = − E2 2 mit der Polisierbarkeit α > 0. Diskussion: 115 (2) – E0 ∼ E 2 . . . quadratischer Starkeffekt (2) – E0 < 0 für den Grundzustand. – Zur explizieten Berechnung von α müssten außer den gebundenen Zuständen auch die Kontinuumszustände (zu Energien E > 0) in die Summe eingeschlossen werden. – Ist Störungstheorie anwendbar? (Für “kleine” Felder schon) 8.2 Zeitunabhängige, entartete Störungstheorie (0) Der Energieeigenwert Ei 1, . . . , gi ) von H0 sei gi -fach entartet (mit dem Entartungsindex α = (0) H0 |ϕi,α i = Ei |ϕi,α i • Der Potenzreihenansatz (wie vorher) liefert nun in nullter Ordnung (λ0 ): (0) (0) (0) H0 |ψi i = Ei |ψi i mit der allgemeinen Lösung (0) |ψi i = X ci,α |ϕi,α i (2.1) α mit beliebigen Amplituden ci,α . In erster Ordnung (λ1 ) gilt: (0) (1) (i) (0) (H0 − Ei ) |ψi i = −(H1 − Ei ) |ψi i Multiplikation von links mit hϕi,β | ergibt (0) (0) (1) (1) (1) (Ei − Ei ) hϕi,β |ψi i = − hϕiβ | H1 − Ei |ψi i 116 Mit Gleichung (2.1) folgt: X (1) 0= hϕiβ |H1 |ϕiα i − Ei δαβ ci,α (2.2) α Wir definieren die “Störmatrix” (gi × gi -Matrix) Mβα = hϕiβ |H1 |ϕiα i und ~c = (ci,1 , . . . , ci,gi )T . Damit ist (2.2) ein Eigenwertproblem (1) M~c = Ei ~c (1) Um Ei (0) und ~c (d.h. |ψi i) zu bestimmen gilt also folgendes “Rezept”: – Berechnen der Störmatrix M . (1) – Bestimmen der gi Eigenwerte von M : Ergibt die Energiekorrekturen Ei . Im (1) Allgemeinen gi -verschiedene Korrekturen, daher sollte man schreiben Ei,α . – Die zugehörigen Eigenvektoren ~cα legen die Eigenzustände nullter Ordnung (0) |ψi i fest. Ähnliches Verfahren liefert die Korrekturen höherer Ordnungen. • Beispiel Linearer Stark-effekt (des ersten angeregten Zustandes in Wasserstoff) |n = 2, l, mi mit m = −l, . . . , +l l = 0,1 Die Energie En=2 ist also vierfach entartet gi = 4. Störoperator: H1 = −eEz Störmatrix: Die einzigen nicht-verschwindenden Matrixelemente sind Z Z 3 h200|H1 |210i = −eE dr r R20 (r)R21 (r) dΩ cos θY00 (θ, φ)Y10 (θ, φ) = 3ea0 E Also ist die Störmatrix 0 0 M = 3ea0 E 1 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 |200i |21−1i |210i |21+1i 117 Die Eigenwerte und -vektoren ergeben die Energie Korrektur 1. Ordnung und die Korrespondierenden Zustände 0. Ordnung: (1) En=2,1 = +3ea0 E (1) En=2,2 = −3ea0 E (1) En=2,3 = 0 (1) En=2,4 = 0 1 (0) |ψn=2,1 i = √ (|200i + |210i) 2 1 (0) |ψn=2,2 i = √ (|200i − |210i) 2 (0) |ψn=2,3 i = |211i (0) |ψn=2,4 i = |21−1i D.h. die Spektrallinien verschieben sich und spalten sich auf. 118 9 Feinstruktur des Wasserstoffatomes • Nach dem Bohrschen Modell ist die Geschwindigkeit eines Elektrons auf der unteren Bohrschen Kreisbahn 1 1 vn = αc α∼ = n 137 Damit ist der β-Faktor (β = vc ) des Grundzustandes β= v ∼ 1 =α= c 137 Wir müssen daher relativistische Korrekturen unserer nicht-relativistischen Beschreibung des H-Atoms erwarten. • Eine relativistische Behauptung des e− ist im Rahmen der Dirac-Theorie möglich. Die Diracgleichung kann im Coulompotential gelöst werden. Damit können die Korrekturen zur Lösung der Schrödingergleichung gewonnen werden. • Alternativ können aus der Diracgleichung Korrekturen zur Schrödingergleichung abgeleitet werden, die dann mit Störungstheorie behandelt werden können. 9.1 Feinstruktur Hamiltonoperator • Zum nicht-relativistischen Hamiltonoperator H0 ergeben sich die Korrekturterme H1 = HLS + HK + HD • Die Spin-Bahn-Wechselwirkung(/Kopplung) ist e2 1 ~ ~ 1 L·S 2m20 c2 4πε0 r3 1 2 und hat die relative Größenordnung α2 = 137 . HLS = 119 • Hk ist 2 1 1 a2 Hk = − − ∆ 2 me c2 2m und stellt eine relativistische Massenkorrektur dar. • Motivation: Die relativistische Beziehung zur kinetischen Energie K und dem Impuls p~ ist 1/2 K = m2e c4 + p~2 c2 − mc c2 2 2 p~2 1 1 p~ − = 2me 2 me c2 2m ~ Die Größenordnungen sind Hk ergibt sich durch die Ersetzung p~ → −i~∇. H0 : Hk : p~2 2m p~4 8m3e c2 also ist die relative Größenordnung 4 2 p 1 v 2 ∼ 2 p ∼ / = =α 8m3 c2 2m 4 c • HD ist der sogenannte “Darwin-term” ~2 ∆V (~x) 8m2e c2 π~2 e2 3 δ (~x) = 2m2e c2 4πε0 HD = V (~r) = e2 1 4πε0 r 1 ∆ = 4πδ 3 (~x) r Motivation: In nicht-relativistischer Behandlung ist die Wechselwirkung zwischen Kern und Elektron “lokal”, d.h. das Elektron “spürt” das Coulombpotential an seiner aktuellen Position. Relativistisch ergibt sich eine “nicht-lokale” Wechselwirkung, die auch von den Werten des Feldes in einer kleinen Umgebung der Position ~x des Elektrons abhängt. ~ , die Comptonwellenlänge des Elektrons. Die Größe dieses Volumens ist me c Angenommen das Elektron sieht ein “ausgeschmiertes” Potential Z Veff (~x) = d3 ρ f (|~ ρ|)V (~x − ρ~) wobei 120 ~ (wobei f normiert sei) me c Z Veff (~x) ∼ ρ|) = V (~x) d3 ρ f (|~ Falls V (~r) konstant wäre über Mit einer Taylorreihenentwicklug um ρ~ = 0 ergibt sich V (~r − ρ~) = V (~r) + X ρi ∂i V (~r) + i 1X ρi ρj ∂ij2 V (~r) 2 ij und daher Veff (~r) =V (~r) + XZ d3 ρ f (|~ ρ|)ρi ∂i V (~r) i + Z 1X 2 d3 ρ f (|~ ρ|)ρi ρj ∂ij2 V (~r) ij 1 =V (~r) + 2 ~ me c 2 ∆V (~r) Die Größenordnung des Darwin-termes ist Z hHD i = = d3 x |ψnlm (~x)|2 π~2 e2 3 δ (~x) 2m2e c2 4πε0 π~2 e2 |ψnlm (θ)|2 . 2m2e c2 4πε0 Ist nur für s-Zustände (d.h. l = 0) verschieden von null. Für s-Zustände ist |ψn l=0 m (0)|2 ∼ = a−3 0 hHD i = me c2 α4 Die relative Größenordnung ist (me c2 α4 )/(me c2 α2 ) = α2 . Der Feinstrukturhamiltonoperator kann daher als eine Störung H0 behandelt werden. 121 9.2 Störungstheoretische Behandlung • Der gestörte Hamiltonoperator ist H =H0 + H1 H1 =HLS + HK + HD 1 e2 1 ~ ~ HLS = L·S 2m2e c2 4πε0 r3 2 ~2 1 1 − ∆ HK = − 2 me c2 2m π~2 e2 3 HD = δ (~x) 2m2e c2 4πε0 • Die ungestörten Eigenzustände und -energien von H0 sind H0 |nlsjmi = En |nlsjmi En = EI 1 n2 EI = m e c2 2 α 2 ψnlsjm (~x) = h~x|nlsjmi = Rnl (r)Yljm (θ, φ) ~ 2, S ~ 2 , J~2 , Jz } = • Bemerkung: Es ist zweckmäßig, die Eigenzustände |nlsjmi des VSKOs {H0 , L ~ 2 , Lz , S ~ 2 , Sz }) weil H1 mit allen (∗) zu verwenden (und nicht die des VSKOs {H0 , L Operatoren in (∗) kommutiert. ~ 2 (via ∆) und L ~ ·S ~ ab. Alle diese Operatoren Beweis. H1 hängt nur von r und L kommutieren mit (∗) 122 Insbesondere ist daher H1 diagonal in der |nlsjmi - Basis, d.h. nur die Diagonalterme der Störmatrix hnlsjm|H1 |nlsjmi sind verschieden von null. Die Zustände |nlsjmi sind schon die “richtigen” Wellenfunktionen der entarteten Störungstheorie nulllter Ordnung. • Energiekorrekturen 1. Ordnung: E (1) = hnlsjm|H1 |nlsjmi 1. Spin-Bahn-Kopplung 1~ ~ e2 1 hnlsjm| 3 L · S|nlsjmi 2 2 2me c 4πε0 r h i ~ ·S ~ = 1 J~2 − L ~2 − S ~ 2 gilt Wegen: L 2 2 ~ ·S ~ |nlsjmi = ~ j(j + 1) − l(l + 1) − s(s + 1) |nlsjmi L 2 1 e2 ~2 3 1 (?) = j(j + 1) − l(l + 1) − hnlsjm| |nlsjmi 2m2e c2 4πε0 2 4 r3 hnlsjm|HLS |nlsjmi = Für l = 0 ist j = s = 1 2 und j(j + 1) − l(l + 1) − hnlsjm| 3 4 (?) = 0. Für l ≥ 1 1 1 1 |nlsjmi = 1 3 r l(l + 2 )(l + 1)n3 a30 1 e2 ~2 j(j + 1) − l(l + 1) − l(l + 21 )(l + 1) (?) = 2me c2 4πε0 2a30 n3 0 2 1 −E α für l ≥ 1 n n (2l + 1)(l + 1) = 0 für l = 0 3 4 für l ≥ 1 für l = 0 2 2 2 p ~ p ~ 2. Massenkorrekturterm HK = − 2m1e c2 2m . Wegen H0 |nlsjmi = 2m + V (r) |nlsjmi = 2 2 p ~ En |nlsjmi gilt 2m |nlsjmi = (En − V (~r))2 |nlsjmi (1) EK = hnlsjm|HK |nlsjmi 1 hnlsjm| (En − V (r))2 |nlsjmi =− 2 2me c =− 1 2me c2 2 En2 − 2En 1 e hnlsjm| |nlsjmi + 4πε0 r 2 e 4πε0 ! 2 hnlsjm| 1 |nlsjmi r2 123 1 1 = Mit , 1 (l + 2 )n3 a20 1 α2 3 = En − n l + 12 4 1 r2 1 1 = r a0 3. Darwin-term (1) E0 = hnlsjm|HD |nlsjmi π~2 e2 = |ψnlsjm (0)|2 2m2e c2 4πε0 α2 −En für l = 0 = n 0 für l ≥ 1 Insgesamt ist die Energiekorrektur 1.Ordnung (1) (1) (1) E (1) = ELS + EK + ED α2 1 3 = En − n j + 12 4n • Diskussion: Die Energie hängt nicht nur von der Hauptquantenzahl n ab, sondern auch von der der Drehimpulsquantenzahl j α2 1 3 Enj = En 1 + − . n j + 12 4n D.h. die Entartung der Zustände zu festen n ist teilweise aufgehoben: “Feinstruktur” des Wasserstoffes. Zustände mit gleichen (n, j) Werten sind weiterhin entartet. • Eine weitere Aufspaltung der Niveaus ergibt sich aus der Wechselwirkung des Elektron-Spins mit dem magnetischen Moment des Protons (Proton: Spin 12 ; gyep ~ ; wegen romagnetischen Faktor gp ≈ 3,585; Bohrscher Kernmagnetron µn = 2m p µB mp = 2000me ist µn ≈ 2000 ): “Hyperfeinstruktur” des Wasserstoffes. Der entartete 1s1/2 Grundzustand des Wasserstoffes erfährt eine Aufspaltung um 1,42GHz ∼ = 21cm. Bemerkung: Radioastronomie: Messung der 21 cm “H1-Linie” zur Bestimmung der Verteilung des Wasserstoffes; aus der Dopplerverschwiebung Information über Bewegung. 124 10 Mehrteilchensysteme • Allgemein wird der Zustand von n-Teilchen durch eine Wellenfunktion |Ψi beschrieben. |Ψi ∈ H = H(1) ⊗ H(2) ⊗ . . . ⊗ H(n) . Für ein Teilchen in 3D mit Spin s ist H(i) = L2 (R3 ) ⊗ C2s+1 Hilbertraum der Spinwellenfunktion für ⊗ Raumwellenfunktion Spin s Teilchen also Ψ(~x(i) , s(i) , m(i) ) = h~x(1) |ψi, |ψi ∈ H(i) . Für die Gesamtwellenfunktion (in Ortsdarstellung) Ψ ~x(i) , s(i) , m(i) ; . . . ; ~x(n) , s(n) , m(n) = h~x(1) , . . . , ~x(n) |Ψi , |Ψi ∈ H. • Die Wahrscheinlichkeit Teilchen 1 am Ort ~x(1) mit Spin ~m(1) entlang z-Richtung, . . . , Teilchen n am Ort ~x(n) mit Spin ~m(n) zu messen ist |Ψ ~x(1) , s(1) , m(1) , . . . , ~x(n) , s(n) , m(n) |2 d3 x(1) . . . d3 x(n) = p ~x(1) m(1) . . . x(n) m(n) • Die Wahrscheinlichkeit Teilchen 1 am Ort ~x(1) mit Spin ~m(1) zu messen ist Z Z X (1) (1) 3 (2) p ~x m = d x ... d3 x(n) p ~x(1) m(1) . . . x(n) m(n) d3 x(1) m(i) i6=1 • Die Wahrscheinlichkeit Teilchen 1 am Ort ~x(1) und Teilchen 2 am Ort ~x(2) p ~x(1) , ~x(2) Z XZ 3 (3) = d x ... d3 x(n) p ~x(1) m(1) . . . ~x(n) m(n) d3 x(1) d3 x(2) m(i) 125 10.1 Wasserstoff als Zweiteilchensystem ~ (p) , P~ (p) ), das Elektron (~x(e) , p~(e) . • Der Kern des Wasserstoff habe die Koordinate (R [R̂i , P̂j ] = i~δij [x̂i , p̂j ] = i~δij [R̂i , xj ] = [R̂i , pj ] = [P̂i , x̂j ] = [p̂, p̂j ] = 0 (p) (e) alle anderen Kommutatoren ([Ri , pj ] = 0) verschwinden. • Der Gesamthamiltonoperator des Zweiteilchensystems ist P~ (p)2 p~(e)2 ~ (p) − ~x(e) ) H= + + V (R 2mp 2me • Wir definieren Schwerpunkts- und Relativkoordinaten (e) ~ (p) ~ = mp R + me~x R mp + me (p) P~ = P~ + p~(e) ~ (p) − ~x(e) ~x = R me P~ (p) − mp p~(e) p~ = me + mp Es gelten wieder kanonische Kommutatorrelationen [Ri , Pj ] = [xi , pi ] = i~δij . Bemerkung: Wegen mp me gilt ~ ∼ ~ (p) R =R 126 p~ = −~p(e) • Im Schwerpunkts- und Relativkoordinaten lautet der Hamilitonoperator H= P~ 2 p~2 + + V (~x) 2M 2µ 1 1 1 mit der Gesamtmasse M = me +mp ∼ + . = mp und die reduzierte Masse = µ me mp µ∼ = me Der Hamiltonoperator ist eine Summe aus Termen für SP- und Relativbewegung H = H (1) + H (2) P2 p~2 H (1) = H (2) = + V (~x) 2m 2µ • Die zeitunabhängige Schrödingergleichung lautet ~ ~x) = EΨ(R, ~ ~x) H (1) + H (2) Ψ(R, Separationsansatz: ~ ~x) = ϕ(R)ψ(~ ~ Ψ(R, x) (1) ~ ~ = Eϕψ H ϕ(R) ψ(~x) + H (2) ψ(~x) ϕ(R) ~ H (1) ϕ(R) H (2) ψ(~x) =E− ~ ψ(~x) ϕ(R) ~ ~x ∀R, Damit folgt ~ = E (SP) ϕ(R) ~ H (1) ϕ(R) H (2) ψ(~x) = E − E (SP) (1.1) ψ(~x) (1.2) • Gleichung (1.1) ist die Schrödingergleichung eines freien Teilchens − ~2 ~ = E (SP) ϕ(R) ~ ∆ ~ ϕ(R) 2M R mit den stationären Lösungen ~ ~ ~ = e−iK·R ϕ(R) und der Dispersionsrelation ~2 ~2 K . 2M Die SP-Bewegung ist die eines freies Teilchens mit Gesamtmasse M = mp . E (SP) = 127 • Gleichung (1.2) ist die bisher behandelte Schrödingergleichung für eine Teilchen mp ≈ me im Coulombpotential mit einer effektiven Masse µ = mmee+m p 2 ~ − ∆~x + V (~x) ψ(~x) = E (RB) ψ(~x) 2µ Die Lösungen sind (wie bekannt) ψnlm (~x) und E (RS) = En . Die Gesamtwellenfunktion ist ~ ~ ~ ~x) = e−iK−R ψnlm (~x) Ψ̈K,lnm (R, ~ und entspricht einer Gesamtenergie EK,n = E (SP) + E (RB) = ~ ~2 ~2 K + En . 2M 10.2 Ununterscheidbare Teilchen • Teilchen sind ununterscheidbar, wenn alle ihre inneren Eigenschaften (Masse, Spin, Ladung etc.) gleich sind. • Im Rahmen der klassischen Mechanik kann aus der Angabe von Anfangsbedingungen (~x(1) p~(1) −~x(n) p~(n) ) für n-Teilchen für alle Zeiten die Trajektorie aller n-Teilchen bestimmt werden (unabhängig davon ab die Teilchen identisch sind oder nicht). • In der Quantenmechanik gibt es keine Trajektorien. Identische Teilchen als unterscheidbar zu behandeln ist unter Umständen problematisch: y Teilchen wird detektiert. Ist es (1) = y oder (2) = % &? 128 y Die beiden Fälle y und % & können nicht unterschieden werden. • Die Wellenfunktion eines Systems aus 2 identischen Teilchen (s(1) = s(2) = s; wird unterdrückt) ψ(~x(1) m(1) ; ~x(2) m(2) ) =: ψ(1,2) Physikalische Fragestellungen, die sich nur auf ein bestimmtes Teilchen beziehen sind sinnlos, z.B. Z XXZ 3 (1) hA(1)i = dx d3 x(2) |ψ(1,2)|2 A(~x(1) , p~(1) , m(1) ) m(1) m(2) Nur Erwartungswerte der Form Z XZ 3 (1) hA(1) + A(2)i = dx d3 x(2) |ψ(1,2)|2 A(1) + A(2) m(1) die sich nicht auf ein spezielles Teilchen beziehen, sind physikalisch sinnvoll. • Permutationsoperator π im Hilbertraum H = H(1) ⊗ H(2) : πψ ~x(1) m(1) , ~x(2) m(2) := ψ ~x(2) m(2) , ~x(1) m(1) Eigenschaften: Kurz: πψ(1,2) = ψ(2,1) – ππ = 1 (π ist unitär und selbstadjungiert) – πA(1)π = A(2) – π hat die Eigenwerte ±1: Sei ψ eine Eigenfunktion πψ = λψ, π 2 ψ = λ2 ψ λ∈R → λ2 =1 → λ =±1 – Eigenfunktionen sind die symmetrischen und antisymmetrischen Funktionen ψa (1,2) = −ψa (2,1) ψs (1,2) = ψs (2,1) : : πψa (1,2) = −ψa (1,2) πψs (1,2) = +ψs (1,2) – Jede Funktion (für 2 Teilchen) kann als Summe einer antisymmetrischen und einer symmetrischen Funktion geschrieben werden ψ(1,2) = ψa (1,2) + ψs (1,2) 129 wobei für gegebenes ψ(1,2) 1−π ψ(1,2) 2 1+π ψs (1,2) = ψ(1,2). 2 ψa (1,2) = (1 ∓ π)/2 ist der (Anti-)Symmetrisierungsoperator. • Wir fordern: Observable eines Systems aus (zwei) identischen Teilchen müssen symmetrische in den Teilchen sein. [A, π] = 0, weil: πAπ = A ←→ πA − Aπ = 0 D.h. es gibt eine gemeinsamen Satz von (anti)symmetrischen Eigenfunktionen. • Beispiel 2 identische Spin 12 -Teilchen (Bewegung wird vorerst vernachlässigt) befinden in einem Zustand |ψi, in dem ein Teilchen “up” und das andere “down” ist. D.h. |ψi ein Eigenzustand der symmetrischen Observable zum Eigenwert Sz |ψi = ~ von Sz ist zweidimensional 1 2 Sz = Sz(1) + Sz(2) + (− 21 ) |ψi = 0. Der Unterraum zum Eigenwert 0 1 ψ+ = √ (|+, −iz + |−, +iz ) 2 : 1 √ (|+, −iz − |−, +iz ) 2 Die Information “ein Teilchen up, eines down” legt den Zustand nicht eindeutig (1) (2) fest. {Sz = Sz + Sz } ist kein VSKO. Der Zustand |ϕi kann eine beliebige Superposition |ϕi = α |ψ+ i + β |ψ− i sein. • Problem der “Austauschentartung”: Für Systeme aus identischen Teilchen lässt sich aus symmetrischen Observablen kein VSKO bilden, d.h. die Wellenfunktionen sind nicht durch die Angabe von (möglichen) Messwerten eindeutig festgelegt werden. • Nochmal zum Beispiel der Spin 21 -Teilchen: Mit welcher Wahrscheinlichkeit werden beide Spins in x-Richtung im Zustand “up” d.h. im Zustand 1 1 |+ix ⊗ |+ix = √ |+iz + |−iz ⊗ √ (|+iz + |−iz ) 2 2 1 = √ (|++iz + |+−iz + |−+iz + |−−iz ) 2 130 gemessen? 2 1 p = | λ h+, +|ϕi | = (α + β) 2 2 hängt von α, β ab! • Das Problem der Austauschentartung stellt sich entsprechend auch für n-identische Teilchen: – Permutationsoperator: πij ψ(1,2, . . . , i . . . j . . . n) = ψ(. . . j . . . i . . .) – Symmetrische Observable [A, πij ] = 0 ∀ij bilden kein VSKO für n Teilchen – Eigenzustände von πij πij ψ(. . . i . . . j . . .) = ±ψ(. . . i . . . j . . .) sind (anti)symmetrische Wellenfunktionen. • Symmetrisierungspostulat Die Erfahrung zeigt, dass in der Natur nicht beliebige Zustände identischer Teilchen realisiert sind, sondern nur vollständig symmetrische πij ψ(. . . i . . . j . . .) = ψ(. . . i . . . j . . .) ∀(ij) oder vollständig antisymmetrische πij ψ(. . . i . . . j . . .) = −ψ(. . . i . . . j . . .) ∀(ij) Weiteres gilt: Teilchen mit halbzahligen Spin (Fermionen) besitzen eine vollständig antisymmetrische Wellenfunktion. Teilchen mit ganzzahligen Spin (Bosonen) eine vollständig symmetrische Wellenfunktion. • Bemerkungen: – Die Wellenfunktion n identische Teilchen sind also Elemente eines (kleinen) Unterraumes des Gesamthilbertraumes H = H(1) ⊗ . . . ⊗ H(n) : |ψi ∈ HA ⊂ H |ψi ∈ HS ⊂ H H(A)S ist der Raum der vollständig (anti)symmetrischen Wellenfunktionen. 131 – Der Zusammenhang zu der Symmetrie der Wellenfunktion und dem Spin der Teilchen kann in der relativistischen Quantenmechanik bewiesen werden: “Spin-Statistik-Theorem” – Bosonen: ∗ Elementarteilchen: Eichbosonen (Vermittler der Grundkräfte: z.B. Photonon) ∗ Zusammengesetzte Teilchen: Atome mit ganzzahligen Gesamtspin (F~ = ~ +S ~ + I~ mit: I~ Kernspin, für I-Elektron Atome) L – Fermionen: ∗ Elementarteilchen: Leptonen (z.B. Elektronen, Neutrino) ∗ Zusammengesetze Teilchen: Baryonen (z.B. Proton, Neutron) Atome mit halbzahligen Gesamtspin • Konstruktion der vollständig (anti-)symmetrisierten Zustände: Für eine Permutation α der Zahlen 1,2, . . . , n α : (1,2, . . . , n) −→ (i1 , i2 , . . . , in ) ist der Permutationsoperator Pα definiert durch Pα ψ(1,2, . . . , n) = ψ(i1 , i2 , . . . , in ) Eigenschaften von Pα : – Für n Teilchen gibt es n! verschiedene Permutationen – Jede Permutation kann als Produkt von Transpositionen geschrieben werden. Z.B. α : (1,2,3) −→ (3,1,2) Pα = π13 π12 – Eine Permutation heißt gerade/ungerade, wenn sie ein Produkt aus einer geraden/ungeraden Anzahl an Transpositionen ist. Es sei dann ( +1, für gerade Perumation εα = −1, für ungerade Permutation 132 • Der (Anti-)Symmetrisierungsoperator für n identische Teilchen ist 1 X 1 X S= Pα A= εα P α n! α n! α Die Summen laufen über alle n! Permutationen α. Für eine gegebene Wellenfunktion von n unterscheidbarer Teilchen ψ(1, . . . , n) ist die entsprechende (anti-) symmetrische Wellenfunktion von n-identsichen Teilchen ψS = Sψ Bosonen ψA = Aψ Fermionen Beachte: Die entstehenden Zustände ψS (A) sind nicht normiert und müssen “von Hand” normiert werden. • Beispiel Zwei Teilchen befinden sich in den Einteilchenzuständen |ϕi und |χi, in Ortsdarstellung ϕ(1) = ϕ(~x(1) , m(1) ) = h~x(1) |ϕi χ(2) = χ(~x(2) , m(2) ) = h~x(2) |χi Die Gesamtwellenfunktion im Falle unterscheidbarer Teilchen ist ψ(1,2) = ϕ(1)χ(2) = ϕ(1) ⊗ χ(2). Für identische Bosonen ist die Wellenfunktion ψS (1,2) = Sψ(1,2) = 1X Pα ψ(1,2) 2 α 1 = (1 + π12 )ϕ(1)χ(2) 2 1 = (ϕ(1)χ(2) + ϕ(2)χ(1)) 2 Für identische Fermionen ist ψA (1,2) = 1X εα Pα ψ(1,2) 2 α 1 = (1 − π12 )ϕ(1)χ(2) 2 1 = (ϕ(1)χ(2) − ϕ(2)χ(1)) 2 133 • Für n-identische Teilchen in den Einteilchenzuständen |ϕ1 i , |ϕ2 i , . . . , |ϕn i ist die symmetrische Wellenfunktion für Bosonen einfach 1 X Pα ϕ(1)ϕ2 (2) . . . ϕn (n) n! α 1 X ϕ1 (i1 )ϕ2 (i2 ) . . . ϕn (in ) = n! α ψS (1, . . . , n) = α!(1 . . . n) → (i1 . . . in ) Für Fermionen erhält man die antisymmetrische Wellenfunktion aus der Slaterdeterminante (1) (1) (1) ϕ1 ϕ · · · ϕ n 2 (2) (2) (2) ϕ2 · · · ϕn 1 ϕ1 ψA (1, . . . , n) = .. .. ... n! ... . . ϕ(n) ϕ(n) · · · ϕ(n) 1 2 n Z.B. für 2 Fermionen in den Zuständen |ϕi , |χi 1 ϕ(1) χ(1) ψA (1,2) = 2 ϕ(2) χ(2) 1 = ϕ(1)χ(2) − ϕ(2)χ(1) 2 10.3 Konsequenzen aus dem Symmetrisierungspostulat • Paulische (Ausschluss) Prinzip: Falls die Einteilchenzustände |ϕi und |χi zweier Teilchen gleich sind |ϕi = |χi, dann gilt für zwei identische Fermionen ψA (1,2) = 1 ϕ(1)ϕ(2) − ϕ(2)ϕ(1) = 0 2 Für n Fermionen gilt entsprechend, dass ψA (1,2, . . . , n) = 0 wenn zwei Einteilchenzustände gleich sind, |ϕi i = |ϕj i (Eigenschaft der Determinante). Das Symmetrisierungspostulat schließt den Fall aus, dass zwei identische Fermionen die gleiche Einteilchenwellenfunktion einnehmen. “Zwei identische Fermionen können nicht im selben Zustand sein.” 134 • Grundzustand von n-identische Teilchen Für ein System identische nicht-wechsel-wirkende Teilchen ist der Hamiltonoperator H = H (1) + H (2) + . . . + H (n) mit identischen Einteilchenhamiltonoperatoren H (1) (z.B: Wasserstoffhamiltonoperator, harmonischer Oszillator, Potentialtopf). Die Einteilchenzustände seien H (i) |ϕα i = Eα |ϕα i mit nicht-entarteten Energieeigenwerten Eα . Die Energieeigenzustände des Gesamtsystems ergeben sich durch die (Anti)Symmetrisierung des Tensorproduktes der Einteilchenzustände: – Bosonen: ψS (1, . . . , n) = Sϕα (1)ϕβ (2) . . . ϕν (n) Die zugehörige Energie ist, HψS = EψS , E = Eα + Eβ + . . . + Eν Der Grundzustand ist ψSG (1, . . . , n) = ϕ0 (1)ϕ0 (2) . . . ϕ0 (n) hat die Energie E = E0 + E0 + . . . + E0 = nE0 . – Fermionen: ψA (1, . . . , n) = Aϕα (1)ϕβ (2) . . . ϕν (n) verschwindet, sobald zwei Teilchen (ij) denselben Einteilchenzustand einnehmen. Also müssen alle Einteilchenzustände verschieden sein. Der Grundzustand des Systems ist also ψAG (1, . . . , n) = Aϕ0 (1)ϕ1 (2) . . . ϕn−1 (n) und entspricht einer Grundzustandsenergie G E = E0 + E1 + . . . + En−1 = n−1 X Eα α=0 (Vgl. Bosonen E G = nE0 ) Die höchste Energie eines fermionischen Vielteilchensystems heißt “Fermienergie” EF . Das Verhalten von Bosonen/Fermionen ist bei tiefen Temperaturen sehr unterschiedlich! 135 • (Anti)Symmetrisierung und Messungen: An zwei Teilchen im Zustand cε |ψ (1,2) i = √ (1 + επ12 ) |ϕ(1) , χ(2) i 2 cε = √ |ϕ(1) , χ(2) i + ε |ϕ(2) i , χ(1) 2 −1, für Fermionen mit ε = 0, für unterschiedliche Teilchen +1, für Bosonen Normierung werde eine Observable B = B (1) + B (2) gemessen. Die Einteilchenobservablen B (i) haben die Eigenzustände und Eigenwerte (nicht entartet) (i) (i) B (i) |Uk i = bk |Uk i i = 1,2 Die symmetrisierte Observable B = B (1) + B (2) hat die (anti)symmetrisierten Eigenzustände 1 (1) (2) 1,2 |vk,l i = √ (1 + επ12 ) |Uk , Ul i 2 1 (1) (2) (1) (2) = √ |Uk Ul i + ε |Ul Uk i 2 Zu den Eigenwerten (1,2) (1,2) B |vk,l i = (bk + bl ) |vk,l i . Die Wahrscheinlichkeit bei einen Teilchen das Resultat bk zu finden und beim anderen bl ist im Zustand |ψ (1,2) i (1,2) p(bk , bl ) = | hvk,l |ψ (1,2) i |2 (1) (2) 1 (1) (2) 2 c = vk , vl √ (1 + επ12 ) √ (1 + επ12 ) ϕ , χ 2 2 E2 |cε |2 D (1) (2) 2 2 (1) (2) = , v v (1 + 2επ + ε π ) ϕ , χ 12 12 l 4 k D E2 (1) (2) = |cε |2 vk vl (1 + επ12 ) ϕ(1) , χ(2) 2 (1) (2) (1) (2) = |cε |2 hvk |ϕ(1) i hul |χ(2) i + ε huk |χ(1) i hul |ϕ(2) i Der Austauschterm hängt von ε ab, die Wahrscheinlichkeiten p(bk , bl ) sind unterschiedlich je nachdem ob Bosonen, Fermionen oder unterschiedliche Teilchen vorliegen. 136 Z.B. ist die Wahrscheinlichkeit, identische Resultate bk = bl zu finden ist Fermionen 0 (1) (2) p(bk , bl ) = |cε |2 | huk |ϕ(1) i |2 | huk |χ(2) i |2 unterscheidbare Teilchen (1) (1) 2 (2) (2) 2 2 4|cε | | huk |ϕ i | | huk |χ i | Bosonen D.h. z.B. für Ortsmessungen: Die Wahrscheinlichkeitsdichte für zwei identische Fermionen, sich am selben Ort aufzuhalten, ist immer null. Dieselbe Wahrscheinlichkeit für Bosonen ist gegenüber dem Fall unterscheidbarer Teilchen erhöht (Bosonen “bosonisieren”.) Für unterscheidbare Teilchen ist |ψ (1,2) i = |ϕ(1) , χ(2) i (1,2) (1) (2) |vk,l i = |vk , vl i und (1,2) (1) (2) p(bk , bl ) = | hvk,l |ψ (1,2) i |2 = | hvk |ϕ(1) i |2 | hvl |χ(2) i |2 (1) (2) p(bk , bk ) = | hvk |ϕ(1) i |2 | hvk |χ(2) i |2 =: pu.T. Fermionen 0 p(bk , bk ) = pu.T. unterscheidbare Teilchen 2 pu.T. Bosonen 1+|hϕ|χi|2 (i) • Für Ortsmessungen B = ~xˆ(1) + ~xˆ(2) ; |uk i = chen am selben Ort zu finden 0 p(~x, ~x) = |ϕ(~x)|2 |χ(~x)|2 2 |ϕ(~x)|2 |χ(~x)|2 1+|hϕ|χi|2 |~x(i) i. Wahrscheinlichkeit beide TeilFermionen unterscheidbare Teilchen Bosonen “Antibindung von Fermionen” bzw. “Bosonieren von Bosonen”. • Wann ist die (Anti)Symmetrisierung irrelevant? Die zwei Teilchen befinden sich in den Zustände ϕ(x(1) ) und χ(x(2) ) und seien orthogonal: hϕ|χi = 0. Z.B. seien ϕ(~x) = h~x|ϕi und χ(~x) = h~x|χi sehr mit voneinander entfernte Wellenpakete 137 Zwei identische Teilchen befinden sich im Zustand (c = 1, weil hϕ|χi = 0) 1 ψ(x(1) , x(2) ) = √ ϕ(x(1) )χ(x(2) ) ± ϕ(x(2) )χ(x(1) ) 2 Die Wahrscheinlichkeit, ein Teilch im Bereich D zu finden ist Z Z +∞ Z +∞ Z (1) (2) (1) (2) 2 (1) p= dx dx |ψ(~x , ~x )| + dx dx(2) |ψ(~x(1) , ~x(2) |2 D −∞ −∞ D Z +∞ Z n 1 dx(2) |ϕ(x(1) )|2 |χ(~x(2) )|2 + |ϕ(~x(2) )|2 |χ(~x(1) )|2 = dx(1) 2 D −∞ o ± ϕ∗ (~x(1) )χ(x(1) )χ∗ (x(2) )ϕ(x(2) ) + c.c. + [1 ←→ 2] Z 1 = d~x(1) |ϕ(x(1) )|2 + [1 ←→ 2] 2 D Z dx |ϕ(x)|2 = D 10.4 Helium • Problemstellung: 2e− bewegen sich im Feld eines kernes (wird festgehalten) der Ladungszahl Z = 2 d.h. Ladung +Ze0 . Der Hilbertraum der elektronischen Zustände ist HA ⊂ H = H(1) ⊗ H(2) = L2 (R3 ) ⊗ C2 ⊗ L2 (R3 ) ⊗ C2 (4.1) (4.2) Hamiltonoperator Ze0 1 ~2 ∆ (1) − H =− 2m x 4πε0 |x(1) | (1) (2) H0 = H0 + H0 2 ~ Ze0 1 − ∆x(2) − (2) 2m 4πε0 |x | e2 1 + H1 elektrostatische Abstassung der e− 4πε0 |~x(1) − ~x(2) | = H0 + H1 Wir behandeln H1 als Störterm und bestimmen zuerst die antisymmetrisierten Eigenzustände und zugehörigen Eigenwerte von H0 ~=S ~ (1) + S ~ (2) ): • Ein geeignetes VSKO ist (S n o (1) ~ (1) 2 (2) ~ (2) 2 (2) ~ (2) , L(1) ; H , L , L ; S , S H0 , L z 0 z z Zur Erinnerung: 138 ~ zweier Spin – Die Zustände des Gesamtspins S 1 2 Teilchen sind 1 |s = 0, M = 0i = √ (|+−i − |−+i) Singulett Zustand 2 |s = 1, M = 1i = |++i 1 |s = 1, M = 0i = √ (|+−i + |−+i) Triplett Zustände 2 |s = 1, M = −1i = |−−i Es gilt π12 |S = 0, M = 0i = − |S = 0, M = 0i π12 |S = 1, M i = |S = 1, M i → π12 |S0 M i = (−1)S+1 |S, M i (1) (1) ~ (1) 2 , Lz } sind |n, l, mi bzw. ψnlm (~x) = – Eigenzustände des VSKOs {H0 , L h~x|nlmi = Rnl (r)Ylm (θ, φ) (1) (2) • Die Eigenzustände von H0 = H0 + H0 sind festgelegt durch die Angabe aller Quantenzahlen {n(1) , l(1) , m(1) ; n(2) , l(2) , m(2) ; S, M } =: α. Die Eigenzustände sind die antisymmetrisierten Zustände 1 |ψα i = √ (1 − π12 ) |n(1) , l(1) , m(1) ; n(2) , l(2) , m(2) ; S, M i 2 mit Energieeigenwerte H0 |ψα i = En(1) n(2) |ψα i En(1) n(2) = En(1) + En(2) = −EI z 2 1 (n(1) )2 + 1 (n(2) )2 • Energiespektrum von H0 einfach angeregte Zustände (I) doppelt angeregte Zustände (II) n(1) n(2) En(1) n(2) [EI ] eV 1 1 .. . 1 2 .. . -8 -5 .. . -108.8 eV -68 eV .. . 1 ∞ -4 -54 eV 2 .. . 2 .. . -2 .. . -27,2 eV .. . 139 • Ein-Elektron angeregte Zustände (I) α = n(1) = 1, l(1) = 0, m(1) = 0; n(2) , l(2) , m(2) ; SM = {nlm, SM } |ψα i = |ψnlm,SM i in Ortsdarstellung ψnlmSM (~x(1) , ~x(2) ) = h~x(1)~x(2) |ψα i 1 = √ (1 − π12 )ϕ100 (~x(1) )ϕnlm (~x(2) ) |S, M i 2 1 n = √ ϕ100 (~x(1) )ϕnlm (~x(2) ) |S, M i − 2 o ϕ100 (~x(2) )ϕnlm (~x(1) )(−1)s+1 |SM i 1 ψnlmSM (~x(1)~x(2) ) = √ ϕ100 (~x(1) )ϕnlm (~x(2) ) 2 + (−1)s ϕ100 (~x(2) )ϕnlm (~x(1) ) |SM i 1 s (1) (2) = √ (1 + (−1) π12 )ϕ100 (~x )ϕnlm (~x ) ⊗ |S, M i 2 Damit die Gesamtwellenfunktion antisymmetrisch ist muss bei antisymmetrischen Spinwellenfunktion (Singuelett) die Raumwellenfunktion symmetrisch sein und umgekehrt. • Der Grundzustand (mit n = 1, l = 0, m = 0) muss daher der Singulettzustand sein ψ100,S=0,M =0 (~x(1) , ~x(2) ) = ϕ100 (~x(1) )ϕ100 (~x(2) ) |S = 0, M = 0i und ist nicht entartet. 140 • Die angeregten Zustände (mit n 6= 1) liegen als Singulett oder Triplett Zustände vor. Unter Vernachlässigung der elektrostatischen Wechselwirkung der Elektronen sind die angeregten Energien (1 + 3) · n2 = 4n2 -fach entartet • Energiekorrektur 1. Ordnung (E (1) ) H1 = 1 e20 (1) 4πε0 |~x − ~x(2) | Grundzustand (1) E100,00 = hψ100,00 |H1 |ψ100,00 i Z Z e20 |ψ100 (~x(1) )|2 |ψ100 (~x(2) )|2 3 (1) = dx d3 x(2) 4πε0 |~x(1) − ~x(2) | angeregte Zustände E 1 D (1) (2) (1) (2) (1) S S Enlm,SM = ϕ100 , ϕnlm (1 + (−1) π12 )H1 (1 + (−1) π12 ) ϕ100 , ϕnlm 2 H1 + π12 H1 π12 + (−1)S (π12 H1 + H1 π12 ) = H1 + H1 + (−1)S (π12 H1 π12 π12 + H1 π12 ) = 2 H1 + (−1)S H1 π12 E E D D (2) (1) (1) (2) (1) (2) (1) (2) s = ϕ100 , ϕnlm H1 ϕ100 , ϕnlm + (−1) ϕ100 , ϕnlm H1 ϕ100 , ϕnlm =cnlm + (−1)S Anlm (1) (2) (1) (2) cnlm = hϕ100 ϕnlm |H1 |ϕ100 ϕnlm i Z Z e20 |ϕ100 (~x(1) )|2 |ϕnlm (~x(2) )|2 3 (1) = dx d3 x(2) 4πε0 |~x(1) − ~x(2) | Z Z ∗ x(1) )ϕ∗nlm (~x(2) ) ϕ100 (~x(1) )ϕnlm (~x(2) ) e20 3 (1) 3 (2) ϕ100 (~ Anlm = dx dx 4πε0 |~x(1) − ~x(2) | Das Coulombintegral cnlm ist die elektrostatische Wechselwirkung zweier Ladungsverteilungen E0 |ϕ100 (~x(1) )|2 und E0 |ϕnlm (~x(2) )|2 . Es gilt offensichtlich cnlm > 0. Das Austauschintegral ist ein Effekt der Quantenstatistik und es gilt (nicht offensichtlich) Anlm > 0. D.h. die angeregten Singlett- und Triplettzustände werden aufgespalten (1) Triplett Enlm,S=1,M = cnlm − Anlm (1) Singlett Enlm,S=0,M =0 = cnlm + Anlm 141 Die Triplettzustände liegen tiefer als verglichbare Singulettzustände: Dies ist zu erwarten, da im Singulettzustand die Raumwellenfunktion symmetrisch sein muss. Damit sind sich die Elektronen im Mittel näher und der Effekt der Coulombabstoßung größer. (Triplett – antisymmetrische Raumwellenfunktion – e− nie am selben Ort – Coulombabstoßung niedriger) 10.5 Zusammenfassung • “Transpositionsoperator” πij tausch die Teilchen (ij) aus πij ψ(1,2, ij, n) = ψ(1,2, . . . , j, . . . , i, n) • Symmetrisierungspostulat: Für die Wellenfunktion von identischen Teilchen mit Spin s muss gelten πij ψ(1 . . . ij . . . n) = ±ψ(1 . . . i . . . j . . . n) für ganz- (halb-) zahlige Spins: Bosonen (Fermionen) • (Anti)Symmetrisierung und Messung: Zwei identische Teilchen befinden sich im Zustand cε |ψ (1,2) i = √ (1 + επ12 ) |ϕ(1) , χ(2) i 2 mit: √cε2 Normierungskonstante; (1+επ12 ) (Anti)Symmetrische Operator; |ϕ(1) , χ(2) i Einteilchenwellenfunktionen; ε = ±1 für Bosonen/Fermionen hψ (1,2) |ψ (1,2) i = c2ε (1 + ε| hϕ|χi |2 ) −1/2 → cε = (1 + ε| hϕ|χi |2 ) 142 11 Näherungsverfahren • Motivation: Viele Problemstellungen (z.B. Bestimmen der Eigenzustände/Eigenwerte eines Hamiltonoperators, Integrieren der zeitabhängigen Schrödinger Gleichung usw.) lassen sich in der Quantenmechanik nicht exakt analytisch lösen lassen. Oft muss auf Näherungsverfahren zurückgegriffen werden, z.B. – zeitunabhängige Störungstheorie (vgl. Chapter 8.1) – zeitabhängige Störungstheorie – Variationsverfahren 11.1 Variationsverfahren • Für einen selbstadjungierten Operator H ist der kleinste Eigenwerte hψ| + |ψi |ψ∈Hi hψ|ψi E0 = min Beweis Sei H |ϕn i = En |ϕn i. Wir entwickeln |ψi nach dem vollständigen Satz von Eigenvektoren |ϕn i, |ψi = X cn |ϕn i . n 143 Dann ist ! hψ|H|ψi = X c∗k hϕn | H = = X ≥ X hψ|ψi = X cn |ϕn i n k X ! X c∗k cn hϕn |H|ϕn i kn c∗k cn En hϕk |ϕn i = X |cn |2 En n kn |cn |2 · E0 n |cn |2 n also hϕ|H|ψi ≥ E0 . hψ|ψi • Variationsverfahren: Durch Wahl einer Klasse von Variationswellenfunktionen {|ψ(α)}, die vom Variationsparametern α abhängen, kann durch min α hψ(α)|H|ψ(α)i hψ(α)|ψ(α)i eine obere Schranke für den kleinsten Eigenwert von H (z.B. Grundzustandsenergie) ermittelt werden. • Anwendung auf den He Grundzustand. Bisher wurden als Wellenfunktionen 0.ter Ordnung das Wasserstofforbital |n = 1, l = 0, m = 0i angesetzt ψ100,00 (~x(1)~x(2) ) = ϕ100 (~x(1) )ϕ100 (~x(2) ) |S = 0, M = 0i q wobei: ϕ100 (~x) = πa1 3 e−1/a , a = az0 , Kernladungszahl: Z = 2 Die Ladung des Kerns wird durch ein e− z.T. abgeschirmt, sodass das zweite e− eine effektive, reduzierte Kernladungszahl Z 0 sieht. Wir setzen daher als Variationswellenfunktion von ψ(α, ~x(1) , ~x(2) ) = 1 −(r1 +r2 )/α e |S = 0, M = 0i πα3 mit α = Za00 bzw. Z 0 als Variationsparameter. Der Hamiltonoperator ist i Ze2 1 1 h (1) 2 1 e2 1 (2) 2 H= p~ + p~ − + + (1) 2m 4πε0 r1 r2 4πε0 |~x − ~x(2) | 144 Nebenrechnung: * p~(1) 2 ψ 2m + Z Z ~2 1 3 (1) 3 (2) − dx dx ψ = 3 πα 2m · e−(r1 +r2 )/α ∆~x(1) · e−(r1 +r2 )/α = ~2 = Z 02 EI 2mα 2 Ze ψ = − 2ZZ 0 EI ψ − 4πε0 2 e 1 ψ = 5 Z 0 EI ψ (1) (2) 4πε0 |~x − ~x | 4 hψ|ψi =1 Also ist 5 hψ|H|ψi 0 0 = −2EI Z Z − 2Z + hψ|ψi 8 Minimierung bzgl. Z 0 ergibt 0 Zmin =Z− 5 16 und eine obere Schranke für die Grundzustandsenergie 2 5 + Z 2 EI · 1 EB = −2EI Z − 16 217 =− EI = −23,056 eV 128 Experimentell ergibt sich −24,46 eV 11.2 Ritzsches Variationsverfahren und kovalente Bindung im H2+ - Moleküls • Insbesondere in der Molekülphysik ist es oftmals zweckmäßig als Variationsansatz einer Linearkombination bekannter Wellenfunktionen (z.B. H-Orbitale) zu verwenden X |ψi = cn |φn i n mit den Amplituden als Variationsparameter. Die |φn i sind nicht notwendigerweise orthogonal! 145 • Damit E (vor) = hψ|H|ψi hψ|ψi minimal wird fordern wir ∂E (vor) (?) =0 ∂cn ; ∂E (vor) = 0. ∂c∗k ∂E (vor) 1 ∂ 1 ∂ = hψ|H|ψi − hψ|ψi 2 hψ|H|ψi ∗ ∗ ∂ck hψ|ψi ∂ck ∂c∗k hψ|ψi ∂ 1 ! (vor) ∂ hψ|H|ψi − E hψ|ψi = 0 = hψ|ψi ∂c∗k ∂c∗k P ∗ ∗ Mit hψ|H|ψi = kn ck cn Hkn und Hkn = hφk |H|φn i = Hnk und außerdem hψ|ψi = P ∗ ∗ kn ck cn Skn und Skn = hφk |φn i = Snk muss daher gelten X Hkn − E (vor) Skn εn = 0 ∀k n Gleichung (?) liefert das komplex konjugierte dazu. Dies hat nur dann ein nichttriviale Lösung für die Koeffizienten cn , wenn die sogenannte Sekulardeterminante verschwindet, |Hkn − E (vor) Skn | = 0 Dies ist ein Polynom n-ten Grades für E (vor) (wenn n Variationswellenfunktionen |φk i verwendet wurde). Die kleinste Nullstelle ist die gesuchte Näherung für die (vor) Grundzustandsenergie E0 . Die zugehörigen Wellenfunktionen |ψi ergeben sich aus den Koeffizienten cn , die X (vor) Hkn − E0 Skn cn = 0 n erfüllen. • Anwendung: H2+ -Ion e− bewegt sich in Coulombpotential zweier Protonen. 146 Für festen Abstand R zwischen den Kernen (Born-Oppenheimer Näherung) suchen wir die elektronischen Zustände und Energien. Der Hamiltonoperator für das Elektron ist H= p~2 e2 1 e2 1 e2 1 − − + 2m 4πε0 r1 4πε0 r2 4πε0 R Bemerkung: – Die Coulombenergie der beiden Protonen Ep = e2 1 ·1 4πε0 R ist kein Operator (bzw. nur emitrivialer ∼ 1) für das e− . (→ siehe Diskussion später) – Die zeitunabhängige Schrödinger Gleichung kann in elliptische Koordinaten exakt gelöst werden. Wir suchen stattdessen eine Näherung für die Grundzustandsenergie: – Variationsansatz: In den Grenzfällen R, r2 a0 (Bohrradius) und R, r1 a0 erwarten wir die Grundzustandswellenfunktionen |φ1 i und |φ2 i mit φ1 (~x) = h~x|φ1 i ϕn=1,l=0,m=0 (r1 ) φ2 (~x) = h~x|φ2 i ϕn=1,l=0,m=0 (r2 ) 2 R 2 2 2 r1 = x + y + z − 2 2 R 2 2 2 r2 = x + y + z + 2 2 r 1 −r/a p~ e2 1 mit ϕ100 (r) = e und − ϕ100 (r) = EI ϕ100 (r). Als Vaπa30 2m 4πε0 r riationsansatz für R, r1 , r2 = a0 wählen wir eine Superposition dieser Zustände |ψi = c1 |φ1 i + c2 |φ2 i mit Variationsparameter c1 , c2 ∈ C. 147 – Sekulardeterminante. Wir benötigen: S11 = hφ1 |φ1 i = 1 S22 = hφ2 |φ2 i = 1 Z S12 = hφ1 |φ2 i = d3 x ϕ∗100 (r1 )ϕ200 (r2 ) 1 2 R −ρ 1+ρ+ ρ ρ= =e 3 a0 S21 = S12 =: S Sowie H11 = hφ1 |H|φ1 i 2 p~ e2 1 = φ1 − 2m 4πε0 r1 2 1 e φ1 + φ1 − φ1 + Ep hφ1 |φ1 i 4πε0 r2 mit dem Coulombintegral 2 e 1 φ1 C = φ1 − 4πε0 r2 Z e2 |ϕ100 (r1 )|2 =− d3 x 4πε0 r2 2 = EI 1 − e−2p (1 + ρ) ρ Aus Symmetriegründen ist H22 = hφ2 |H|φ2 i = H11 Außerdem benötigen wir H21 = hφ2 |H|φ1 i 2 p e2 1 = φ2 − 2m 4πε0 r1 148 2 e 1 φ1 + φ2 − φ1 + Ep hφ2 |φ1 i 4πε0 r2 mit dem sogenannten “Resonanzintegral” Z e2 ϕα (r2 )ϕ100 (r1 ) A=− d3 x 100 4πε0 r2 −ρ = −E± 2e (1 + ρ) H21 = (EI + Ep )S + A H11 = H22 = EI + Ep + C Die Sekulardeterminante ist H11 − E0 S11 H12 − E0 S12 H12 − E0 S12 H22 − E0 S22 ! = (EI + Ep + C − E0 )2 − [(EI + Ep )S + A − E0 S]2 = 0 → E0± = EI + Ep + C ∓A 1 R mit Ep = −2EI und ρ = ist das 1∓S ρ a0 E± = E0± = E± e2 1 4πε0 2a0 2 2 1 − e−2ρ (Hρ) ∓ ρe−ρ (1 + ρ) 1− + ρ ρ 1 ∓ e−ρ (1 + ρ + ρ2/2 ) • Die zu E0± gehörigen Wellenfunktionen sind |ψ± i = |φ1 i ± |φ2 i (aus Eigenvektoren der Matrix Hkn − E0± Skn ). Der Zustand |ψ+ i hat ein Energieminimum bei ρ ≈ 2,49 mit E+0 = −1,13 EI . Dieses Minimum ergibt sich aus dem Kompromiss zur Absenkung der elektronischen Energie bei Annäherung der Kerne > 0) und der Coulombenergie der Kerne (Ep ∼ ρ1 < 0). Im Gleichgewicht (∼ C−A 1−S wird das e− zwischen den beiden Kernen geteilt: “kovalente Bindung” 149 Bindungsenergie: (experimentell: ∼ 2,77 eV) |E+ − EI | ∼ 1,77eV Bindungslänge: (experimentell: ∼ 1,01Å) ∼ 1,31Å Der Zustand |ψ− i entspricht einem antigebundenen Zustand mit E− (ρ) > EI |ψ− (0)|2 = 0 erzeugt keine Bindung. ∀ρ. 11.3 Zeitabhängige Störungstheorie • Für eine zeitabhängigen Hamiltonoperator H wird die zeitabhängige Schrödinger Gleichung i~ |ψ̇(t)i = H |ψ(t)i zu einer Anfangsbedingung |ψ(t = 0)i = |ψi i gelöst durch |ψ(t)i =U (t) |ψi i U (t) = e−iHt/~ X = e−iEn t/~ |ϕn i hϕn | n = X e−iEn t/~ cn |ϕn i n mit cn = hϕn |ψi i und H |ϕn i = En |ϕn i. Damit folgen alle Messwahrscheinlichkeiten zum Zeitpunkt t. Bei Messung einer Observable A mit einem Eigenzustand |ψf i zum Eigenwert a, A |ψf i = a |ψf i ist die Wahrscheinlichkeit a als Messergebnis zu erhalten, bzw. das System zum Zeitpunkt im Zustand |ψf i zu finden, Pi→f (t) = | hψf |ψ(t)i |2 = |Ai→f |2 Entsprechend heißt Ai→f (t) = hψf |ψ(t)i die Übergangasamplitude vor Zustand |ψi i zu |ψf i. • Oft ist man an der Antwort eines Systems interessiert, das einer zeitabhängige Störung ausgesetzt wird. D.h. wir wollen für einer zeitabhängigen Hamiltonoperator H = H0 + V (t) die Übergnagswahrscheinlichkeit Pi→f (t) von |ψi i nach |ψf i bestimmen. Beispiel: 150 – Streuproblem: V (z) sieht im Bezugssystem des Teilchens aus wie V (t) – Wechselwirkung von Licht mit Atom: Erzeugt Übergang zur gebundenen Zuständen (Anregung) bzw. in das Kontinuum (Ionisation) • Wir suchen nach perturbativen (im V (t)) Lösungen der zeitabhängigen Schrödinger Gleichung i~ |ψ̇(t)i = H0 + V (t) |ψ(t)i (3.1) Wir definierten dazu eine neue Wellenfunktion e |ψ(t)i = eiH0 t/~ |ψ(t)i = U0† (t) |ψ(t)i e Die neue Wellenfunktion |ψ(t)i erfüllt eine neue Schrödingergleichung ˙ e i~ |ψ(t)i = i~U̇0† |ψi + i~U0† |ψ̇i = −H0 U0† |ψi + U0† [H0 + V (t)] |ψi e + U † H0 U0 |ψi e + U † V (t)U0 |ψi e = −H0 |ψi 0 = U0† V 0 e (t)U0 |ψi also E E ˙ e e e i~ ψ(t) = V (t) ψ(t) mit Ve (t) = eiH0 t/~ V (t)e−iH0 t/~ “Wechselwirkungsbild” ist eine Darstellung zwischen dem Schrödinger (vgl. (3.1)) und dem Heisenbergbild (in dem |ψ̇H i = 0). e • Die Schrödingergleichung für |ψ(t)i im Wechselwirkungsbild können wir iterativ 151 lösen, Z i t e 1 )i e e dt1 Ve (t1 ) |ψ(t |ψ(t)i = |ψ(0)i − ~ 0 Z i t e e = |ψ(0)i − dt1 Ve (t1 ) |ψ(0)i ~ 0 2 Z t Z t i e 2 )i dt2 Ve (t1 )Ve (t2 ) |ψ(t dt1 + − ~ 0 0 In erster Ordnung erhalten wir i e e |ψ(t)i = |ψ(0)i − ~ Z t e dt1 Ve (t1 ) |ψ(0)i 0 e e e Mit |ψ(t)i = eiH0 t/~ |ψ(t)i = U0 (t) |ψ(t)i, d.h. insbesondere |ψ(0)i = |ψ(0)i = |ψi i, können wir aus den Wechselwirkungsbild zurück ins Schrödingerbild wechseln. (Störung kann zu einer beliebigen Zeit t ∈ [0, t] auftreten) Z i t dt1 U0 (t)U0† (t1 )V (t1 )U0 (t1 ) |ψi i |ψ(t)i = U0 (t) |ψi i − ~ 0 Z i t −iH0 t/~ =e |ψi i − dt e−iH0 (t−t1 )/~ V (t1 )e−iH0 t1 /~ |ψi i ~ 0 Erklärung der Terme: – e−iH0 t/~ : Evolution bzgl. ungestörten Hamiltonoperator H0 – |ψi i: Anfangszustand – e−iH0 (t−t1 )/~ : freie Evolution von t1 bis t – V (t1 ): Störung zum Zeitpunkt t1 – e−iH0 t1 /~ : Evolution bzgl. H0 von 0 bis t1 • Die Übergangsamplitude für |ψi i −→ |ψf i ist dann Ai→f (t) = hψf |ψ(t)i i = hψf |U0 (t)|ψi i − ~ Z t dt1 hψf |U0 (t − t1 )V (t1 )U0 (t1 )|ψi i 0 Angenommen die freie Evolution bzgl. H0 erzeugt keine Übergänge |ψi i −→ |ψf i d.h. hψf |U0 |ψi i = 0 dann ist das Resultat zeitabhängige Störungstheorie in erster Ordnung V (t) 152 i Ai→f (t) = − ~ Z t dt1 ψf e−iH0 (t−t1 )/~ V (t1 )e−iH0 t1 /~ ψi 0 und die entsprechende Wahrscheinlichkeit ist Pi→f (t) = |Ai→f (t)|2 . • Die Übergangsamplitude zwischen Eigenzustände von H0 |ϕn i = En |ϕn i also |ψi i = |ϕn i und |ψf i = |ϕn0 i ist Z i t dt1 ϕn0 e−iH0 (t−t1 )/~ V (t1 )e−iH0 t1 /~ V (t1 ) ϕn Ai→f = − ~ 0 Z i −iEn0 t/~ t dt1 ei(En0 −En )t1 /~ hϕn0 |V (t1 )|ϕn i . =− e ~ 0 Mit ωn0 n = (En0 − En )/~ ist die Übergangswahrscheinlichkeit 2 Z 1 t iωn0 n t Pi→f (t) = 2 dt e hϕn0 | V (t1 ) | ϕn i ~ 0 ( V t ∈ [0, T ] – konstante Störung: V (t) = 0 sonst. Z 2 1 t iωn0 n t1 2 dt1 e Pi→f (t) = 2 | hϕn0 |V |ϕn i | ~ 0 2 1 sin(ωn0 n t/2) = 2 | hϕn0 |V |ϕn i |2 ~ ωn0 n /2 Die Funktion sin2 αt δ+ (α) = πα2 t ist für t → ∞ die Dirac-δ-Funktion. D.h. für lange Zeiten t > 1 ωn0 n ist π δ(ωn0 n /2)| hϕn0 |V |ϕn i |2 ~2 2π = t δ(En0 − En )| hϕn0 |V |ϕn i |2 ~ Pi→f (t) = t 153 Daraus ergibt sich die Übergangsrate, also die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit, Γi→f = 2π δ(En0 − En )| hϕn0 |V |ϕn i |2 ~ D.h. es gibt für eine zeitl. konstante Störung V nur Übergänge zu Zuständen gleicher Energie (Energieerhaltung). Falls der Endzustand En0 in einem Kontinuum von Zuständen liegt gibt es unter Umständen eine große Zahl von Zuständen in einem kleinen Energieintervall I = [En0 , En0 + dE ]. Sei diese Zahl ρ(En ) dE mit der Zustandsdichte ρ(En ) der Endzustände. Die totale Übergangsrate in einen der Zustände im Intervall I ist dann Z X Γ= Γi→f ≈ dE ρ(En0 )Γi→f I f,En0 ∈I Fermis goldene Regel Γ = ρ(En ) 2π | hϕn0 |V |ϕn i |2 ~ Diskussion: Die Übergangsrate für Übergänge in sehr dicht liegende Endzustände durch eine zeitliche konstante Störung ist proportional zur Zustandsdichte und zum Betragsquadrat des Matrixelementes hϕn0 |V |ϕn i. Gültigkeit: Fermis goldene Regel nimmt an: ∆E 154 2π~ δE t bzw. gilt sie für Zeiten 2π~ 2π~ t . ∆E δE • Zeitlich konstantes Potential: H0 |ϕn i = En |ϕn i Γi→f = 2π δ(En0 − En )| hϕn0 |V |ϕn i |2 ~ – Zeitlich periodische Störungen ( V e−iωt + V † eiωt V (t) = 0 †≥0 †<0 (Damit ist V † (t) = V (t).) Die Übergangasamplitude ist nun Z i t dt1 ei(ωn0 n −ω)t1 hϕn0 |V |ϕn i Ai→f (t) = − ~ 0 + ei(ωn0 n +ω)t1 hϕn0 |V † |ϕn i ωn0 n =(En0 − En )/~ Die zeitliche Integrale ergibt zwei gepeakte Funktionen bei ωn0 n ± ω In der Übergangswahrscheinlichkeit tragen die Querterme nichts bei und man erhält Pi→f (t) = t 2π δ(ωn0 n − ω)| hϕn0 |V |ϕn i |2 2 ~ + δ(ωn0 n + ω)| hϕn0 |V † |ϕn i |2 bzw. ein Übergangsrate Γi→f = 2π δ(En0 − En − ~ω)| hϕn0 |V |ϕn i |2 ~ + δ(En0 − En + ~ω)| hϕn0 |V † |ϕn i |2 D.h. es werden Übergänge zu Zuständen mit Energien En0 = En ±~ω erzeugt. • Anwendung: Wechselwirkung monochromatischen Licht mit einem H-Atom 155 ~ = 0 des Atoms – Lichtpuls der Dauer T . Elektrisches Feld am Ort R ~ E(t) = E0 ~εeiωL t + c.c. – Hamiltonoperator für Elektron in Dipolnäherung p~2 ~ + V (~x) − e~x · E(t) 2m = H0 + V (t) H= Motivation: Elektrisches Dipol des Atoms ist d~ = −e0~re + e0~rp mit ~re und ~rp die Position des Elektrons/Protons bringt des Ladungsschwerpunktes, also ~re = ~x2 und ~rp = − ~x2 , also d~ = −e0~x. Die Energie des Dipols im Feld ist ~ proportional zu d~ · E. Also ist V (t) = V eiωL t + V † e−iωL t mit V = −e0 E0 ~ε · ~x. Die Übergangsrate für Übergänge vom Grundzustand |ψi i = |ϕn=1,l=0,m=0 i zu einem angeregten Zustand ψf = |ϕnlm i ist Γi→f = 2π δ(En − E1 − ~ωL )| hψf |V |ψi i |2 En ~ Übergänge treten nur auf, wenn ∗ En − E1 = ~ωL : Energieerhaltung ~ωL entspricht der Energie eines Photons ∗ falls hψf |V |ψi i = 6 0, d.h. Z hϕnlm | − e0 E0 ~ε · ~x|ϕ100 i = −e0 E0 d3 x ϕ∗nlm (~x)~ε · ~xϕ100 (~x) Polarisation: π: ~ε = ~εz linear polarisiertes Licht (~kL in x-y-Ebene) 1 σ + : ~ε = − √ (~εx + i~εy ) rechtszirkulare Polarisation. (~k k ~εz ) 2 1 σ − : ~ε = √ linkszirkulare Polarisation 2 Die Matrixelemente Rsind R π: hψf |Z|ψi i = drRr3 Rnl (r)R10 (r) dΩR Ylm (θ, φ) cos θY00 (θ, φ) σ ± : hψf |x ± iy|ψi i = dr r3 Rnl (r)R10 (r) dΩ Ylm (θ, φ) sin θY00 (θ, φ) Dipolauswahlregeln n, l = 1, m = 0, ±1 156 n = 0, l = 0, m = 0 Allgemein gilt für Dipolübergänge ∆l = ±1 ∆m = 0, ±1 Bemerkung: Wechselwirkung von resonanten Licht mit 2 relevanten Energieniveaus kann exakt beschrieben werden: Vorlesung Quantenoptik “BlochProblem” 11.4 Zusammenfassung • H = H0 + V (t) • Übergangsamplitude Ai→f (t) = hψf |U (t)|ψi i Z i t dt1 ψf e−iH0 (t−t1 )/~ V (t1 )e−iH0 t1 /~ ψi =− ~ 0 • Übergangswahrscheinlichkeit Pi→f = |Ai→f (t)|2 • Zeitlich konstantes Potential: H0 |ϕn i = En |ϕn i Γi→f = 2π δ(En0 − En )| hϕn0 |V |ϕn i |2 ~ 157 12 Indeterminismus der Quantenmechanik • Die klassische Physik erlaubt eine deterministische Beschreibung der physikalischen Realität: Mit den Anfangsbedingungen und den Newtonalen (Hamiltonschen/Lagrangschen) Bewegungsgleichungen ist der Zustand eines physikalischen Systems für alle Zeiten bestimmt (“Laplacescher Dämon”). • In der Quantenmechanik können für mögliche Messergebnisse nur Wahrscheinlichkeiten angegeben werden. Die Resultate nicht-kommutierender Observablen können nicht zugleich feststehen. Die Quantenmechanik ist keine deterministische Theorie. • Gibt es eine der Quantenmechanik zugrunde liegende deterministische Theorie? Gibt es “versteckte Parameter” λ, die den tatsächlichen Wert einer Messgröße A im Grund reduziert festlegen? Die Quantenmechanik wäre dann evtl. nur eine statistische Theorie, die die Wahrscheinlichkeit über den Raum der versteckten Parameter λ beschreibt. • Gedankenexperiment An den Teilchen wird jeweils eine von zwei Observablen A(0), A(a0 ) bzw. B(b), B(b0 ) gemessen, wobei beide Observalbe nur die Werte ±1 annehmen können (z.B.: Kopf/Zahl; Spin up/down). Eine Theorie versteckter Parameter λ nimmt an, dass vor der Messung die Messwerte der Messgrößen A(0), A(a0 ), B(b), B(b0 ) festgelegt sind, d.h. A(a, λ) = ±1 158 je nach Wert von λ. Die Parameter sind “versteckt”, d.h. wir können bestenfalls ihre WechselwirkungVerteilung Z ρ(λ) ≥ 0 dλ ρ(λ) = 1 bzw. der Mittelwert Z −1 ≤ hA(a)i = dλ ρ(λ)A(a, λ) ≤ 1 und Korrelationen Z hA(a)B(b)i = dλ ρ(λ)A(a, λ)B(b, λ) der Messungen −1 ≤ hA(a)B(b)i ≤ 1 Wir nehmen hier implizit an, dass ρ(λ) nicht davon abhängt, ob A(a) oder A(a0 ) gewesen wird, d.h. ρ(λ) 6= ρ(λ, a, a0 , l, l0 ). Dies entspricht der Annahme der Lokalität der versteckten Parameter. Dann gilt für die spezielle Kombination von Korrelationen S = |hA(a)B(b)i + hA(a0 )B(b)i + hA(a)B(b0 )i − hA(a0 )B(b0 )i| dass Z S = dλ ρ(λ) A(a, λ)B(b, λ) + A(a0 , λ)B(b, λ) + A(a, λ)B(b0 , λ) − A(a0 , λ)B(b0 , λ) Z 0 0 0 = dλ ρ(λ) A(a, λ) + A(a , λ) B(b, λ) + A(a, λ) − A(a , λ) B(b , λ) Z h i ≤ dλ ρ(λ) A(a, λ) + A(a0 , λ)B(b, λ) + A(a, λ) − A(a0 , λ)B(b0 , λ) Für festes λ ist A(a, λ) A(a0 , λ) |A(a, λ) + A(a0 , λ)| + + 2 + − 0 − − 0 − − 2 R ≤ 2 dλ ρ(λ) = 2 |A(a, λ) · A(a0 , λ)| 0 2 2 0 Clauser-Harme-Schimany-Holt (CHSH) Ungleichung (1974) S≤2 Gehört zur Klasse der “Bellschen Ungleichung”, die eine Beschränkung der Korrelationen beschreiben, der jede Theorie (lokalen) versteckten Parameter unterliegt. 159 • Quantenmechanik: Die Quelle emittiere Spin 1 2 Systeme im Singulett Zustand 1 |ψi = √ |+−i − |−+i . 2 Die Messgrößen seien Sφ = cos φSz + sin φSx (z.B. Stern-Gerlach) (1) A(a) = Sφ=0 /(~/2) = Sz(1) /(~/2) (1) A(a0 ) = Sφ=π/2 /(~/2) = Sx(1) /(~/2) 1 (2) B(b) = Sφ=π/4 /(~/2) = √ Sz(2) + Sx(2) /(~/2) 2 1 (2) B(b0 ) = Sφ=−π/4 /(~/2) = √ Sz(2) − Sx(2) /(~/2) 2 2 D E ~ (1) (2) Dann ist mit Sφ Sφ0 = − cos(φ − φ0 ) 2 π π 3π π + cos + cos − − cos S = cos − 4 4 4 4 √ = 2 2 > 2. Erste experimentelle Verletzung: Alain Aspect 1982 mit verschränkten Photonen. Die Annahme eines physikalischen Determinismus steht im Widerspruch zum Experiment. 160