1. EINFÜHRUNG:

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Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 – Theoretische Grundlagen
1. EINFÜHRUNG:
1.1. PRINZIPIEN DER MECHANIK
1. Trägheitsprinzip (Es führt auf Galilei und Newton zurück)
Ein Massenpunkt habe die Masse m und die Geschwindigkeit
v . Damit ist der Impuls
p = mv
F =0
: p = m v = konstant
(1.1)
Einzelfall: m = konst.:
F =0
: v = konstant
(1.1’)
Ist die resultierende Kraft auf den Massenpunkt gleich Null, dann bleibt dieser
entweder für alle Zeiten in Ruhe, oder bewegt er sich geradlinig mit konstanter
Geschwindigkeit.
2. Dynamisches Grundgestz (Es führt auf Newton zurück)
Ein Massenpunkt habe die Masse m und die Geschwindigkeit
v . Damit ist der Impuls
H
H d pH
d (mv )
F=
=
dt
dt
(1.2)
Einzelfall: m = konst. :
d p
dv
F=
=m
= ma
dt
dt
(1.2’)
Die resultierende Kraft auf den Massenpunkt mit konstanter Masse ist gleich dem
Produkt Masse mal Beschleunigung
Daraus resultiert auch die Maßeinheit für die Kraft: 1 N =1 kg ⋅1 m / s 2 = 1 kg ⋅ m / s 2
3. Wechselwirkungsprinzip: Die Kräfte treten immer paarweise als Wirkung und
Gegenwirkung auf.
Wirkung und Gegenwirkung sind betragsmäßig gleich und entgegengesetzt gerichtet.
oder kurz formuliert:
actio und reactio sind engegengestzt gleich
H
Sind zum Beispiel zwei Körper im Kontakt, dann ist F12 die Kraft auf den Körper 1, die von
dem Körper 2 ausgeübt wird. Umgekehrt, reagiert der Körper 1 durch eine gleich große
Gegenkraft auf den Körper 2 (Bild 1.1):
H
H
F21 = − F12
(1.3)
1
F12
Be
r
üh
ru
ng
se
be
ne
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P (Kontaktpunkt)
F21 = − F12
(1)
(2)
Bild 1.1: Kontaktkräfte als Wirkung und Gegenwirkung
Ein anderes Beispiel für Wirkung und Gegenwirkung besteht aus den Anziehungskräften
zweier Massenpunkte.
m1
F12
F21 = − F12
m2
r
Bild 1.2: Anziehungskräfte zweier Massenpunkte.
Gravitationsgesetz (Newton): Zwei Massenpunkte ziehen sich gegenseitig an jeweils mit
einer Kraft, die proportional zum Produkt ihrer Massen und umgekehrt proportional
zum Quadrat des Abstandes zwischen ihnen ist:
mm
F12 = F21 = f 1 2 2 ; F21 = − F12
r
−11
f = 6, 673 ⋅10 (in SI - Maßsystem) - Graviationskonstante
(1.4)
Die Erde mit der Masse M und dem mittleren Radius R zieht einen an der Erdoberfläche
befindlichen Körper der Masse m an mit der Kraft
2
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Mm
R2
Daraus resultiert die Fallbeschleunigung
M
g= f 2 .
(1.5)
R
Mit dem Einfluss der Rotation der Erde um ihre Achse ist g = 9,8066 m/s 2 ≅ 9,81m/s 2
G = mg = f
4. Axiom des Parallelogramms: Die Resultierende zweier Kräfte mit einem gemeinsamen Angriffspunkt ergibt sich als Diagonale des von den beiden Kräften aufgespannten
Parallelogramms (Bild 1.2).
R = F1 + F2
(1.6)
R
F2
O
R = F1 + F2
F1
Bild 1.3: Parallelogrammregel bei der Zusammensetzung zweier Kräfte mit einem
gemeinsamen Angriffspunkt
1.2. EINFÜHRUNG IN DIE VEKTORRECHNUNG
Die Vektorrechnung hat ihren Ursprung in der Mechanik. Beispiele für vektorielle Größen
sind Kraft, Moment einer Kraft bezüglich eines Punktes, Geschwindigkeit oder Beschleunigung eines Massenpunktes.
Ein Vektor ist durch Norm (Länge), Wirkungslinie, Richtungssinn und Angriffspunkt
(Anfangspunkt) gekennzeichnet. Ein solcher Vektor ist ein gebundener Vektor. Ein Beispiel
hierfür ist die Kraft an einem verformbaren Körper. Fehlt der Angriffspunkt, so spricht man
von einem linienflüchtigen Vektor. Beispiel hierfür ist die Kraft an einem starren Körper:
die Kraft kann längs ihrer Wirkungslinie verschoben werden. Schließlich, hat ein freier
Vektor nur Norm (Länge) und Richtung, d.h. er kann parallel verschoben werden. Das
einzige Beispiel hierfür aus der Mechanik ist das Moment eines Kräftepaars.
Die Mathematik arbeitet mit freien Vektoren.
Die Vektoren gleicher Natur bilden eine Vektormenge V , die durch Operationen strukturiert
wird.
1) Addition von Vektoren ,
H H
a, b ∈ V
H H H
: c = a +b ∈V
(1.7)
3
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als innere Operation in V , wird durch die Parallelogrammregel definiert: c ist die Diagonale
des von den Vektoren a und b aufgespannten Parallelogramms, wobei die freien Vektoren
a und b parallel verschoben wurden, so dass sie einen gemeinsamen Anfangspunkt haben.
Wie das Bild 1.4 zeigt, kann die Parallelogrammregel durch die Dreiecksregel ersetzt
werden. Die Vektoren a und b werden aneinander gefügt und die Summe verbindet den
Anfangspunkt des ersten Vektors mit dem Endpunkt des zweiten Vektors.
B
b
c = a +b
A
b
b
a
A
a
B
C
c
O
a
c = a+b
O
C
c
O
C
c
c = b +a
Bild 1.4: Addition von Vektoren nach der Parallelogrammregel oder der Dreiecksregel
Bild 1.4 verdeutlicht dass die Addition von Vektoren kommutativ ist
a+b = b +a
(1.8)
Die Addition von Vektoren ist auch assoziativ (Bild 1.5):
OC = OB + BC = OA + AC = OA + AB + BC
oder
(a + b ) + c = a + (b + c ) = a + b + c
4
(1.9)
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a +b +c
b + c
C
+b
a
c
B
b
a
A
O
Bild 1.5: Assoziativgesetz bei der Addition von Vektoren
Die Vektormenge hat auch als Nullelement den Nullvektor 0 mit der Länge gleich Null.
H
Schließlich, zu jedem Vektor a ∈ V gibt es den gleichlangen Vektor − a ∈ V ,
entgegengesetzt gerichtet, so dass
a + ( −a ) = 0
(1.10)
Mit diesen Eigenschaften ist die Vektormenge, zusammen mit der inneren Operation
Addition, eine kommutative Gruppe.
2) Multiplikation von Vektoren mit Skalaren
Als externe Operation wird die Multiplikation eines Vektors a ∈ V mit einem skalaren
Faktor α ∈ definiert. Das Produkt ist α a ∈ V .
Eigenschaften:
- Assoziattivgesetz: α , β , γ ∈ und a ∈ V
: (α β ) γ a = α ( β γ ) a = α β γ a ; (1.11)
- Einheitselement 1 ∈ : 1 ⋅ a = a ;
(1.12)
- Distributivgesetz bezüglich der Addition von Vektoren und Skalaren:
α a + b = α a + α b ; (α + β ) a = α a + β a.
(
)
(1.13)
Die Vektormenege, zusammen mit den zwei definierten Operationen, bildet einen
Vektorrraum. Als wichtiges Bespiel hierfür sei der 3D – Euklidische Raum 3 erwähnt.
Drei Vektoren a , b , c ∈ 3 sind linear unabhängig, wenn die lineare Kombination
α a + β b + γ c dann und nur dann verschwindet, wenn α = β = γ = 0.
Drei linear unabhängige Vektoren bilden eine Basis im Vektorraum 3 . Das bedeutet:
Jeder andere Vektor v ∈ 3 lässt sich eindeutig in Komponenten in Richtungen von a , b
und c zerlegen:
v = α a + β b +γ c
(1.14)
3
werden am häufigsten die Einheitsvektoren
Als Basis des Euklidischen Raums
i , j und k des kartesischen Koordinatensystems gewählt (Bild 1.6).
5
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z
i
k
j
y
O
x
Bild 1.6: Kartesisches Koordinatensystem mit den Einheitsvektoren
In diesem Bezugssystem hat jeder Vektor drei Komponenten:
ìa
H ï xï
H
H
H
a = ax i + a y j + a z k = í a y
ïa ï
î z
Die Einheitsvektoren und der Nullvektor lassen sich wie folgt darstellen:
ì1
ì0
ì0
ì0
H ï ï H ï ï H ï ï H ï ï
i = í0 ; j = í1 ; k = í0 ; 0 = í0 .
ï0 ï
ï ï
ï ï
ï ï
î
î0
î1
î0
(1.15)
(1.16)
Das Skalarprodukt zweier Vektoren ist eine skalare Größe, gleich dem Produkt der
Längen beider Vektoren mal Cosinus des Winkels zwischen den Vektoren (Bild 1.7):
b
α
a
proja (b )
Bild 1.7: Skalarprodukt zweier Vektoren
H
H H HH
H H
H
a ⋅ b ≡ a b := a ⋅ b cos α = a b cos α = a ⋅ proja (b )
(1.17)
Das Skalarprodukt kann man auch als Produkt der Länge des Vektors a und der Projektion
des Vektors b in Richtung von a interpretieren. Das Skalarprodukt ist offensichtlich
kommutativ.
Sind die Vektoren senkrecht zueinander ( α = π / 2 ), so ist ihr Skalarprodukt nach Gl.1.16)
gleich null. Aus der Definition (1.16) folgt es für die Einheitsvektoren:
H
H
H
H H H H H H
i 2 = j 2 = k 2 = 1; i ⋅ j = j ⋅ k = k ⋅ i = 0.
6
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Ebenso lässt sich das Skalarprodukt analytisch wie folgt darstellen:
H
H
H
H
H
H
HH
a b = ax i + a y j + az k ⋅ bx i + by j + bz k = ax bx + a y by + az bz .
Für b = a erhält man aus Gl.(1.16) und (1.18): a 2 = ax2 + a y2 + az2
oder die Länge des Vektors a
(
)(
)
(1.18)
a = ax2 + a 2y + az2
(1.19)
Aus Gl(1.16), (1.18) und (1.19) resultiert noch
axbx + a y by + az bz
ab
cos α =
=
ab
ax2 + a y2 + az2 bx2 + by2 + bz2
(1.20)
Das Kreuzprodukt zweier Vektoren a und b
c = a ×b
(1.21)
auch Vektorprodukt genannt, ist ein Vektor, der senkrecht zu der Ebene von a und b
steht (Bild 1.8). Der Richtungssinn von c = a × b ergibt sich nach der Regel der
Rechtsschraube: dreht man die Rechtsschraube von a nach b , dann bewegt sie sich in
Richtung des Kreuzproduktes c = a × b . Die Länge von c = a × b ist gleich der Fläche
des Parallelogramms, das von den Vektoren a und b aufgespannt wird.
Anders ausgedrückt, schreibt sich die Norm des Kreuzproduktes zu:
a × b = a b sin α
(1.22)
Aus der Definition resultiert unmittelbar, dass das Kreuzprodukt antikommutativ ist
b ×a = − a ×b
(1.23)
c = a ×b
b
O
B
a × b = Fläche (OADB) = a b sin α
α
D
a
A
Bild 1.8: Kreuzprodukt zweier Vektoren
Sind beide Vektoren parallel zueinander, dann ist α = 0 oder π , d.h. sin α = 0 und damit
verschwindet ihr Kreuzprodukt a × b = 0.
Für die Einheitsvektoren des kartesischen Koordinatensystems resultieren die Beziehungen:
7
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i × i = j × j = k × k = 0;
i × j = k ; j × k = i ; k × i = j ; j × i = − k ; k × j = − i ; i × k = − j.
Damit errechnet sich das Kreuzprodukt a × b zu:
a × b = ax i + a y j + az k × bx i + by j + bz k = ( a y bz − az by ) i
+ ( az bx − ax bz ) j + ( ax by − a y bx ) k
(
oder
i
a × b = ax
bx
) (
j
ay
by
)
k
az
bz
(1.24)
Beispiel 1.4: Gegeben ist ein Dreieck mit den Eckpunkten
A ( xA / y A ) , B ( xB / yB ) und C ( xC / yC ) . Man bestimme:
1. Koordinaten des Mittelpunktes C’ der Seite AB;
2. Koordinaten des Schwerpunktes S des Dreiecks;
3. Flächeninhalt des Dreiecks.
Lösung: Das Dreieck wird in die in die (x, y) – Ebene platziert.
1. Die Seite AB mit dem Mittelpunkt M legt man zunächst in eine beliebige Lage
(Bild 1.9). Es gilt:
y
B ( xB / y B )
M
A ( xA / y A )
x
O
Bild 1.9: Mittelpunkt M der Strecke AB
Somit lauten die Koordinaten des Mittelpunktes M:
xM =
x A + xB
y + yB
, yM = A
2
2
2. Die Seitenhalbierende AA’ des Dreiecks ABC ist die Hälfte der Diagonalen des von
KKKH
KKKH
den Vektoren AB und AC aufgespannten Parallelogramms (Bild 1.10). Daraus folgt es:
8
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1 AA ' =
AB + AC
2
(
)
A ( xA / y A )
C'
o
o
S
y
C ( xC / yC )
o
O
x
B ( xB / y B )
A'
Bild 1.10: Mittelpunkt C’ der Seite AB, sowie Schwerpunkt S und Flächeninhalt des
Dreiecks ABC
1 1 OS = OA + AS = OA + OB + OC − 2 OA = OA + OB + OC
3
3
Damit sind die Koordinaten des Schwerpunktes:
(
xS =
) (
)
1
1
( xA + xB + xC ) ; yS = ( yA + yB + yC )
3
3
3. Der Flächeninhalt des Dreiecks ist gleich der Hälfte des Flächeninhaltes des
KKKH
KKKH
Parallelogramms, das von den Vektoren AB und AC aufgespannt ist, d.h.:
H
i
1 KKKH KKKH
1
A = AB × AC = xB − x A
2
2
xC − x A
H
j
yB − y A
yC − y A
H
k
x − xA
1 H
0 = k ⋅ B
xC − x A
2
0
yB − y A
yC − y A
oder
1 xA
A = 1 xB
2
1 xC
1
yA
yB
yC
Die letzte Determinante ist positiv, wenn die Eckpunkte A, B und C des Dreiecks in der
mathematisch positiven Richtung gezählt werden. Dann entfällt der Betrag dieser
Determinante.
9
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Das Spatprodukt dreier Vektoren a , b und c ist eine skalare Größe und errechnet sich als
Skalarprodukt des Vektors a × b mit dem Vektor c (Bild.1.9):
H H H
H H
(a × b ) ⋅ c = a × b ⋅ c ⋅ cos β
(1.24)
Da die Norm a × b gleich dem Flächeninhalt des Parallelogramms OADB ist und c cos β
die Projektion des Vektors c in Richtung von a × b bedeutet, schließen wir, dass das
H H H
Spatprodukt (a × b ) ⋅ c gleich dem Volumen des von den drei Vektoren a , b und c aus-
gespannten Parallelepipeds mal eins ( für 0 ≤ β < π / 2 ) oder minus eins
( für
π / 2 < β < π ) . Aus dieser Interpretation folgt es: bei einer Permutation der Vektoren a ,
b und c bleibt das Spatprodukt unverändert:
H H H H H H
H H H H H H
(a × b ) ⋅ c = a ⋅ b × c = b ⋅ ( c × a ) = c ⋅ a × b
(
)
a ×b
c
β
c cos β
(
C
(1.25)
a × b = Fläche (OADB) = a b sin α
B
b
α
O
)
D
a
A
Bild 1.9: Spatprodukt dreier Vektoren
Mit dem Ausdruck (1.18) für das Skalarprodukt und dem Ausdruck (1.24) für das
Kreuzprodukt erhalten wir:
a b × c = ax b × c
(
)
(
)
x
+ ay b × c
(
)
y
+ az b × c
(
)
z
=
ax ( by cz − bz c y ) + a y ( bz cx − bx cz ) + az ( bx c y − by cx )
Das Spatprodukt schreibt sich endgültig wie folgt:
ax
a b × c = bx
ay
az
by
bz
cx
cy
cz
(
)
(1.26)
Wenn zwei Vektoren parallel zueinander sind, dann entartet das Parallelepiped und sein
Volumen verschwindet. Nach Gl.(1.26) sind dann zwei Zeilen der Determinante proportional
10
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Beispiel 1.6: Angenommen, ist das Spatprodukt dreier Vektoren a , b und c ungleich
Null. Damit sind diese Vektoren linear unabhängig und bilden eine Basis im Euklidischen
Raum 3 . Jeder andere Vektor v ∈ 3 lässt sich in Richtungen der Vektoren a , b und
c zerlegen:
v = α a + β b +γ c .
(1.27)
Man bestimme die Koeffizienten α , β und γ .
Lösung :
Skalare Multiplikation der Gl.(1.27) mit b × c ergibt:
H H H
H H H
H H H
H H H
H H H
v (b × c ) = α ⋅ a (b × c ) + β ⋅ b (b × c ) + γ ⋅ c (b × c ) = α ⋅ a (b × c )
H H H
v (b × c )
oder α = H H H
a (b × c )
Auf ähnliche Weise errechnen sich die Koeffizienten β und γ . Damit erhält man:
H H H H vH aH × bH
H H H
H v (b × c ) H v ( c × a )
H
v = H H H ⋅ a + H H H ⋅b + H H H ⋅c
a (b × c )
a (b × c )
a (b × c )
(
)
a
Das zweifache Kreuzprodukt × b × c dreier Vektoren a , b und c ist ein Vektor, der
senkrecht zu a und zu b × c steht. Damit liegt der Vektor a × b × c in der Ebene von
b und c und lässt sich in Richtungen dieser Vektoren zerlegen.
(
)
(
)
Es ist leicht in Komponenten – Schreibweise zu zeigen, dass das zweifache Kreuzprodukt sich
wie folgt schreiben lässt:
a × b × c = (a c )b − a b c
(
)
( )
(1.27)
Die Beweisführung überlassen wir den Studierenden als Übung.
Kapitel 2: ZENTRALES KRÄFTESYSTEM
Ein zentrales Kräftesystem ist ein System von Kräften, deren Wirkungslinien sich in einem
gemeinsamen Punkt schneiden.
Angenommen, auf einen Massenpunkt wirken zwei Kräfte F1 und F2 . Nach dem Axiom des
Parallelogramms ist die Auswirkung dieser Kräfte mit einem gemeinsamen
Angriffspunkt äquivalent zu einer Resultierenden R , die den gleichen Angriffspunkt
hat und nach Betrag und Richtung die Diagonale des Parallelogramms ist, das von
diesen Kräften aufgespannt ist(Bild 2.1):
(2.1)
R = F1 + F2
Quadriert man diese vektorielle Gleichung, so ergibt sich die Norm ( Länge) der
Resultierenden zu:
R=
F12 + F22 + 2 F1 F2 cos θ
(2.1’)
11
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 – Theoretische Grundlagen
Skalare Multiplikation der Gl. (2.1) mit F1 ergibt:
R ⋅ F1 = F12 + F2 ⋅ F1 oder R F1 cos α = F12 + F1 F2 cos θ
Daraus ergibt sich der Winkel α zwischen R und F1 zu:
cos α =
F1 + F2 cos θ
R
(2.1’’)
R
F2
θ
α
F1
Bild 2.1: Resultierende zweier Kräfte nach der Parallelogrammregel
H
Gegeben ist nun ein System von n Zentralkräften: Fi , (i = 1, 2,..., n), ( Bild 2.2)
Die Resultierende ist
n H
H
R=
Fi
(2.2)
i =1
Die vektorielle Gleichgewichtsbedingung lautet:
H H
R = 0 oder
n
i =1
H H
Fi = 0.
(2.3)
Wir unterscheiden zwei Fälle:
a) Zentrales, ebenes Kräftesystem (oder 2D –Kräftesystem):
H ìX
Fi = í i , (i = 1, 2,..., n).
î Yi
H ì Rx
.
Die Resultierende R liegt auch in der Ebene der Kräfte: R = í
î Ry
(2.4)
Ihre Komponenten errechnen sich zu:
Rx =
n
i =1
X i , Ry =
n
i =1
Yi
(2.5)
12
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F3
F4
F2
F
O
1
D
Lageplan
F4
C
R
F3
F2
F
B
1
O
A
Kräfteplan :
R = F1 + F2 + F3 + F4
Bild 2.2: Zentrales Kräftesystem
Daraus errechnen sich die Norm der Resultierenden
R=
Rx2 + Ry2
und der Winkel
(2.6)
α
der Resultierenden gegen die x – Achse (Bild 2.3):
tan α = R y / Rx .
(2.7)
13
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R
Ry
tan α = Ry / Rx
α
Rx
Bild 2.3: Resultierende eines zentralen 2D – Kräftesystems
Hinweis: Das Bild zeigt den Fall in dem beide Komponenten der Resultierenden positiv sind.
Um den allgemeinen Fall zu erfassen, soll der Winkel α mit der Funktion arctan2 bestimmt
werden, deren Wertebereich ( −π , π ] ist. Unter MATLAB und FORTRAN wird der Befehl
alpha = a tan 2( Ry , Rx ) eingegeben.
Die vektorielle Gleichgewichtsbedingung (2.3) ist äquivalent zu zwei skalaren Gleichungen:
Rx ≡
n
i =1
X i = 0, Ry ≡
n
i =1
Yi = 0.
(2.8)
ìX
H ï iï
b) Zentrales, 3D - Kräftesystem): Fi = í Yi , (i = 1, 2,..., n).
ïZ ï
î i
ìR
H ï xï
hat die Komponenten (Bild 2.10) :
Die Resultierende R = í Ry
ïR ï
î z
Rx =
n
i =1
X i, Ry =
n
i =1
Yi , R z =
n
i =1
Zi
(2 .9 )
Daraus errechnen sich die Norm der Resultierenden
R =
R x2 + R y2 + R z2
( 2 .9 ')
14
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z
Rz
R
γ
β
O
y
α
Rx
x
Ry
Bild 2.10: Resultierende eines zentralen 3D - Kräftesystems
und die Winkel α , β
und
γ
von
R
gegen die x – , y - bzw. z – Achse durch die
Richtungscosinus:
cos α = Rx / R, cos β = Ry / R, cos γ = Rz / R. .
(2.9’’)
Es resultiert die Beziehung:
cos 2 α + cos 2 β + cos 2 γ = 1.
(2.9 ''')
Die vektorielle Gleichgewichtsbedingung (2.3) ist äquivalent zu drei skalaren Gleichungen:
Rx ≡
n
i =1
X i = 0, Ry ≡
n
i =1
Yi = 0; Rz ≡
n
i =1
Z i = 0.
(2.10)
Kapitel 3: 3D - KRÄFTESYSTEM
3.1. Moment einer Kraft bezüglich eines Punktes
ìX
H ï ï
Gegeben seien die Kraft F = í Y und der Punkt P( xP / yP / zP ) . Auf der Wirkungslinie
ïZ ï
î
f der Kraft F wählt man einen beliebigen Punkt A ( x A / y A , / z A ) .
Das Moment der Kraft F bezüglich des Punktes P wird durch das Kreuzprodukt
15
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 – Theoretische Grundlagen
M ( P ) : = PA × F
(3.1)
definiert. Diese Definition ist konsistent, wenn man zeigt, dass der Punkt A auf der
Wirkungslinie f der Kraft F tatsächlich beliebig sein kann.
f
F
.B
d
π −α
M (P)
α
A
P
O
Bild 3.1: Moment der Kraft F bezüglich des Punktes P
Der Momentenvektor M ( P ) ist senkrecht zu der Ebene von P und F und kommt von der
Zeichenebene heraus. Das ist auch durch den runden Pfeil symbolisiert: wenn man die
Rechtsschraube linksherum dreht, dann bewegt sie sich auf uns zu.
Der Betrag des Momentes errechnet sich als Norm des Kreuzproduktes (3.1) zu
M
( P)
KKKH H
= PA × F = PA ⋅ F sin α = F ⋅ PA sin(π − α ) = F ⋅ d (3.2)
F
Das Moment der Kraft
bezüglich eines Punktes ist gleich dem Produkt
Kraft mal Hebelarm
Der Hebelarm d und damit der Betrag des Momentes ist unabhängig von der Auswahl des
Punktes A auf der Wirkungslinie der Kraft F .
Analytisch lässt sich Gl. (3.1) wie folgt darstellen. Mit dem Ursprung O des kartesischen
Koordinatensystems ist der Vektor PA gleich
16
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 – Theoretische Grundlagen
ìx
ìx
ìx − x
ï A ï ï P ï ï A P ï
PA = OA − OP = í y A − í yP = í y A − yP
ïz ï ïz ï ï z − z ï
î A
î P
î A P
und damit schreibt sich der Momentenvektor zu:
i
M ( P ) : = PA × F = x A − xP
X
j
y A − yP
Y
k
z A − zP
Z
(3.3)
Einzelfall: Der Bezugspunkt ist nun der Ursprung O des kartesischen Koordinatensystems:
P ≡ O. Gl.(3.3) vereinfacht sich zu:
M (O ) : = OA × F = x A
j
k
yA
zA
X
Y
Z
i
(3.4)
Eine andere wichtige Methode für die Berechnung des Momentes lässt sich ableiten, wenn
man die Kraft F , und damit auch den Punkt A, in die (x, y) – Ebene legt. Damit sind
ìX
H ï ï
F = í Y und A ( xA / y A / 0) . Aus Gl.(3.4) erhält man:
ï0ï
î
i
M ( O ) : = OA × F = x A
j
yA
k
0 = k ( x AY − y A X
X
Y
0
)
oder
M ( O ) = x AY − y A X
(3.5)
F
Das Moment der Kraft
bezüglich eines Punktes errechnet sich als
algebraische Summe der Momente von ihren Komponenten bezüglich dieses
Punktes.
17
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y
Y
F
X
A
yA
x
M
(O )
O
Bild 3.2: Moment der Kraft
xA
F
als Summe der Momente ihrer Komponenten
3.2. Kräftepaar
Ein Kräftepaar ist eine Kombination von zwei parallelen, gleichgroßen und entgegengesetzt
gerichteten Kräften. Wählt man einen beliebigen Bezugspunkt P und zwei beliebige Punkte A
und A’ auf den Wirkungslinien der Kräfte F und (- F ) (Bild 3.2) , so ist das Moment des
Kräftepaars
' ' (P)
'
M = PA × F + PA × (− F ) = PA × F − PA × F = PA − PA × F
(
)
oder
M ( P) = A ' A× F
(3.6)
Der Betrag dieses Momentes ist
M
( P)
KKKKH H
= A ' A × F = A ' A ⋅ F sin α = F ⋅ A ' A sin(π − α ) = F ⋅ d (3.7)
Das Moment eines Kräftepaars ist unabhängig vom Bezugspunkt. Dessen
Betrag ist gleich dem Produkt Kraft mal Abstand zwischen den Wirkungslinien
beider Kräfte. Der Momentenvektor des Kräftepaars steht senkrecht zu der
Ebene der Kräfte.
18
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f
F
.B
−F
d
π −α
A
A'
M
α
f'
( P)
P
Bild 3.2: Moment eines Kräftepaars M
(P)
= M ( A ') = M ( A) = F ⋅ d
Beispiele für Kräftepaare in der Technik sind: die Kräfte am Lenkrad eines Autos, die Kräfte
an einem Handrad eines Schiebers, die von einem Schraubenschlüssel eingeleiteten Kräfte,
u.s.w. Bei gleichbleibender Kraft F steigt das Moment proportional zu dem Abstand d
zwischen den Wirkungslinien. Wie schon im 1. Kapitel erwähnt, ist das Moment eines
Kräftepaars ein freier Vektor: die Auswirkung des Kräftepaars ändert sich nicht, wenn
seine Ebene sich parallel verschiebt.
3.3. Reduktion der Kraft F durch A in bezug auf den Punkt P
Gegeben ist die Kraft F . Auf ihrer Wirkungslinie wird ein beliebiger Punkt A gewählt.
Gegeben sei ein weiterer Punkt P. Mit dem Anfangspunkt P konstruieren wir die Kraft
vektoren F und − F . Diese beiden Kräfte bilden ein Nullsystem oder eine Gleichgewichts
gruppe: sie ändern die Auswirkung der Kraft F in A nicht. Die Kraft F durch A und die
Kraft − F in P bilden ein Kräftepaar, mit dem Moment
M ( P ) = PA × F
(3.8)
19
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F
F
F
P
.
≡
.
P
A
M
( P)
.P
−F
Bild 3.3: Reduktion der Kraft F durch A in bezug auf den Punkt P
Als Ergebnis wird die Kraft F in A durch die Kraft F in P und durch das Moment M ( P )
nach Gl.(3.8) ersetzt. Dieses Moment wird als Versetzungsmoment bezeichnet.
3.4. Reduktion eines Kräftesystems in Bezug auf einen Punkt
ìX
H ï iï
Gegeben ist das Kräftesystem Fi = í Yi , i = 1, 2,..., n . Auf ihren Wirkungslinien wählen wir
ïZ ï
î i
die beliebigen Punkte A i ( xi / yi / zi ), i = 1, 2,..., n . Es sei der Bezugspunkt P gewählt.
Nach dem Abschnitt 3.3 wird jede Kraft Fi in Ai durch die Kraft Fi in P und durch das
Versetzungsmoment M i( P ) = PAi × Fi ersetzt. Als Ergebnis ersetzen wir das vorgegebene
3D – Kräftesystem durch das zentrale Kräftesystem in P mit der Resultierenden
R=
n
i =1
Fi
(3.9)
und durch n Versetzungsmomente M i( P ) , mit dem resultierenden Moment bezüglich des
Punktes P
i
n M ( P) =
PAi × Fi = xi − xP
i =1
Xi
Die Resultierende
j
yi − yP
Yi
k
zi − z P
Zi
R nach Gl.(3.9) hat die Komponenten:
20
(3.10)
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Rx =
n
i =1
X i ; Ry =
n
i =1
Yi ; Rz =
n
i =1
Zi .
(3.11)
Die Komponenten des resultierenden Momentes bezüglich P schreiben sich nach Gl.(3.10) zu:
M x( P ) =
M y( P ) =
M z( P ) =
n
å éë( y − y ) Z − ( z − z ) Y
i =1
i
P
i
i
P
,
i
n
å éë( z − z ) X − ( x − x ) Z ù,
i =1
i
P
i
i
P
(3.12)
i
n
å éë( x − x ) Y − ( y − y ) X ù.
i =1
i
P
i
i
P
i
Die Komponente M x( P ) ist identisch mit dem resultierenden Moment aller Kräfte
bezüglich einer Achse durch P, die parallel zur x – Achse des kartesischen Koordinatensystems ist. Ähnliche Interpretationen gelten auch für die anderen zwei Komponenten.
Wählen wir nun den Reduktionspunkt P ≡ O ( identisch mit dem Ursprung des Koordinatensystems), so schreibt sich das resultierende Moment bezüglich O nach Gl.(3.10) zu:
i
n M (O ) = OAi × Fi = xi
i =1
Xi
j
yi
Yi
k
zi
Zi
(3.13)
Die Komponenten des resultierenden Momentes bezüglich O erhalten wir aus Gl.(3.13) in der
vereinfachten Form:
M x(O ) = M x =
M y(O ) = M y =
M z(O ) = M z =
n
i =1
n
i =1
n
i =1
( yi Zi − ziYi ),
( zi X i − xi Zi ),
(3.14)
( xiYi − yi Zi ).
Die Komponente M x(O ) = M x ist identisch mit dem resultierenden Moment aller Kräfte
bezüglich der x – Achse des kartesischen Koordinatensystems.
Ähnliche Interpretationen gelten auch für die anderen zwei Komponenten.
3.5. Gleichgewichtsbedingungen des 3D – Kräftesystems an einem starren Körper
Wirkt das 3D – Kräftesystem auf einen starren Körper, so bleibt der Körper im Gleichgewicht
dann und nur dann, wenn die resultierende Kraft und das resultierende Moment
verschwinden:
(O ) R = 0; M
=0
(3.15)
21
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 – Theoretische Grundlagen
Diese vektoriellen Gleichungen sind äquivalent zu sechs skalaren Gleichungen für das
Gleichgewicht des starren Körpers:
Rx =
n
i =1
X i = 0; Ry =
n
i =1
Yi = 0; Rz =
n
i =1
Z i = 0.
(3.16)
und
M x(O ) = M x =
M y(O ) = M y =
M z(O ) = M z =
n
i =1
n
i =1
n
i =1
( yi Zi − ziYi ) = 0,
( zi X i − xi Z i ) = 0,
(3.17)
( xiYi − yi Zi ) = 0.
Diese sechs Gleichgewichtsbedingungen entsprechen der Blockierung der sechs
Freiheitsgrade eines starren Körpers im Raum: Translationen in x -, y - und z –
Richtung, sowie Rotationen um die x -, y - und z – Achse.
Es ist leicht zu zeigen, dass die Gleichgewichtsbedingungen (3.15) zu M ( P ) = 0 führen.
Tatsächlich, nach der Reduktion des Kräftesystems in Bezug auf den Punkt O erhält man im
allgemeinen die resultierende Kraft R und das resultierende Moment M (O ) .
Konstruieren wir durch den Punkt P die Gleichgewichtsgruppe R und − R (Bild 3.4), so
erhalten wir in P die Resultierende Kraft R und das Moment
M ( P ) = M (O ) + PO × R
(3.18)
R
M (O )
.
O
( P) (O) M = M + PO× R
R
R
≡
+
P
.
.
P
−R
Bild 3.4: Änderung des Bezugspunktes von O nach P
22
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Setzt man in Gl.(3.18) die Gleichgewichtsbedingungen (3.15) ein, so resultiert M ( P ) = 0 .
Umgekehrt, sind die Bedingungen
M (O ) = 0
(P) R = 0; M
=0
erfüllt, so folgt aus Gl.(3.18) auch
. Das bedeutet: bei der Aufstellung der Gleichgewichtsgleichungen ist die
Auswahl des Bezugspunktes für die Momentengleichungen frei.
3.6. Ebenes Kräftesystem an einem starren Körper
Wirkt ein 2D – Kräftesystem auf einen starren Körper, so legt man diese Kräfte in die
ìX
H ï iï
(x, y) – Ebene. Die Kräfte
schreiben sich zu: Fi = í Yi , i = 1, 2,..., n.
ï0ï
î
Die Punkte Ai auf den Wirkungslinien der Kräfte sind: Ai ( xi / yi / 0), i = 1, 2,..., n .
Fi
Das Kräftesystem reduziert sich in O zu einer Resultierenden nach Gl.(3.9)
R=
n
i =1
Fi
und einem Moment nach Gl.(3.13)
M (O ) =
n
i =1
OAi × Fi .
Die Resultierende liegt in der (x, y) – Ebene und hat die Komponenten
Rx =
n
i =1
X i ; Ry =
n
i =1
Yi .
(3.19)
Das resultierende Moment ist senkrecht zur (x, y) – Ebene, d. h. es zeigt in z - Richtung
und ist gleich:
M
(O)
= Mz =
n
i =1
( xiYi − yi Zi ) .
(3.20)
Der starre Körper unter der Wirkung des ebenen Kräftesystems bleibt im Gleichgewicht dann
und nur dann, wenn die resultierende Kraft und das resultierende Moment verschwinden:
(O ) R = 0; M
=0
(3.21)
oder
23
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Rx =
n
i =1
X i = 0; Ry =
n
i =1
Yi = 0.
(3.22)
und
M (O ) = M z =
n
i =1
( xiYi − yi Z i ) = 0.
(3.23)
Diese drei Gleichgewichtsbedingungen (3.22) und (3.23) entsprechen der Blockierung
der Freiheitsgrade des starren Körpers in der Ebene: Translationen in x - und y –
Richtung, sowie Rotation um die z – Achse.
Anstelle von zwei Gleichgewichtsgleichungen für Kräfte kann man nur eine verwenden. Dann
werden zwei Momentengleichungen für zwei Bezugspunkte erstellen.
Das ist möglich aufgrund von Gl.(3.18):
(P)
( O ) M = M + PO × R
woraus man entnimmt, dass
M ( O ) = 0 und M ( P ) = 0 auf R = 0 führt ,
vorausgesetzt dass die zwei Bezugspunkte O und P nicht auf einer Parallelen zu
24
R
liegen.
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4. Räumliches Kräftesystem an einem starren Körper
In diesem Kapitel wird die Statik starrer Körpers unter der Wirkung von 3D – Kräftesystemen aufgeführt . Zum Teil wurde dieses Thema bereits in Kapitel 3 behandelt: Reduktion
eines solchen Kräftesystems in Bezug auf einen Punkt , sowie die Gleichgewichtsbedingungen (3.15) bis (3.17).
4.1. Moment einer Kraft bezüglich einer Achse
Die Kraft F greift in A an einem starren Körper an, der sich um die Achse
Einheitsvektor
ea
a
mit dem
drehen kann. Wir zerlegen die Kraft in drei Komponenten:
- Radialkomponente, Fa - Axialkomponente und Fu - Umfangskomponente
(Bild.4.1). Eine Rotation des Körpers um die Drehachse wird nur von der Umfangskomponente hervorgerufen. Die ersten zwei Komponenten haben eine Resultierende, die auf die
Drehachse trifft und keine Drehung des Körpers bewirkt. Ist der Abstand des Angriffspunktes
A der Kraft von der Drehachse gleich r = OA , so beträgt das Moment der Kraft F bezüglich
der Achse a
Fr
M a = Fu r
(4.1)
.
M ( P)
M a = M z = Fu r
P
F
.
z
O
Fa
y
Fu
r
A
Bezugsachse
= Drehachse
ea = k
Fr
x
Bild 4.1: Moment einer Kraft bezüglich einer Achse
25
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
Dieses anschauliche Ergebnis wird auch mathematisch abgeleitet.
Um das Moment der Kraft F bezüglich der Achse a zu bestimmen, berechnet man das
Moment dieser Kraft bezüglich eines beliebigen Punktes P auf der Achse M ( P ) = PA × F
und bestimmt man dessen Komponente in Achsenrichtung
KKKH H H
H
H
M a = M ( P ) ⋅ ea = PA × F ⋅ ea
(
)
(4.2)
Um dieses Spatprodukt zu berechnen, führt man das abgebildete kartesische Koordinatensystem ein, mit der x – Achse in Radialrichtung OA, mit der y – Achse parallel zu der
Umfangskomponente F u der Kraft und mit der z – Achse in Richtung der Drehachse.
Damit sind ea = k , A (r / 0 / 0), P (0 / 0/ zP) und die Gleichung (3.20) schreibt sich zu:
r
0
− zP
M a = M z = Fr
0
Fu
0
Fa = Fu ⋅ r .
1
Die Gleichung (4.1) wurde damit auch mathematisch abgeleitet.
5. Parallele Kräfte. Kräftemittelpunkt. Massenmittelpunkt. Schwerpunkt.
Die wohl bekanntesten parallelen Kräfte sind die im Volumen verteilten Gewichtskräfte
eines Körpers der Masse m, mit der Resultierenden G = mg . Diese resultierende Anziehungskraft von der Erde ist eine Volumenkraft. Alle elementaren Gewichtskräfte sind streng
genommen radiale Kräfte: sie zeigen auf den Mittelpunkt der Erde zu. Für die üblichen
technischen Anwendungen kann man jedoch die Schwerkräfte als parallele Kräfte
bezeichnen.
A
FS
B
B´
S S
G
B
A´
FS = − G
FS
A
S
G
B´
A´
Bild 5.1: Schwerpunkt einer homogenen Scheibe
26
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
Eine homogene Scheibe sei in A an einem Seil aufgehängt. Die Gleichgewichtslage stellt sich
so ein, dass die Seilkraft und die Gewichtskraft im Gleichgewicht sind: ihre Wirkungslinie
AA´ ist vertikal und die Resultierende aus der Gewichtskraft und der Seilkraft verschwindet:
↑ : FS + G = 0 oder FS = − G.
Hängt man die Scheibe am Seil nun in B auf, so stellt sich die neue Gleichgewichtslage so
ein, dass die Wirkungslinie der Gewichtskraft und der Seilkraft diesmal BB´ ist . Beide
Wirkungslinien schneiden sich in S, dem Schwerpunkt der homogenen Scheibe. Ist die
Scheibe in einem anderen Punkt zwischen A und B am Seil aufgehängt, so geht die neue
vertikale Wirkungslinie der Gewichtskraft und der Seilkraft wieder durch S.
Man kann sich die Scheibe als festgehalten vorstellen und man dreht die Richtung des
Schwerefeldes. Der Schwerpunkt S der Scheibe wird so gesucht, dass die Resultierende aller
parallelen elementaren Schwerkräfte durch S geht, bei einem beliebigen Einheitsvektor
e der Richtung dieser Kräfte.
5.1. Parallele Einzelkräfte. Kräftemittelpunkt
Gegeben sind n parallele Einzelkräfte Fi = Fi ⋅ e , i = 1, 2,..., n. Auf den Wirkungslinien dieser
Kräfte werden die Punkte Ai ( xi / yi / zi ) gewählt (Bild 5.2).
Fi < 0
F1 > 0
R
o
e
z
o
A1
O
Fn > 0
Ai
ri
o
o
S
An
y
x
Bild 5.2: Parallele Einzelkräfte und Kräftemittelpunkt
27
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
Die Ortsvektoren der Punkte Ai sind ri = OAi .
Die Resultierende paralleler Kräfte ist
n KK
n
H
H
æ n
H
H
H
R=
Fi =
( Fi ⋅ e ) = ç Fi ⋅ e = R ⋅ e
i =1
i =1
è i =1
oder
n
R=
i =1
Fi
(5.1)
Die Wirkungslinie der Resultierenden geht durch den Kräftemittelpunkt S, dessen Position
aus der Bedingung gesucht wird, dass das resultierende Moment aller parallelen Kräfte
bezüglich S verschindet, bei beliebiger Richtung e dieser Kräfte:
M (S ) = 0 =
n
i =1
SAi × Fi =
é OAi − OS × ( Fi e ) =
ë
i =1
n
(
)
n
i =1
éë( ri − rS ) × ( Fi e )
oder
é n ê ( ri Fi ) − rS
ë i =1
n
i =1
ù Fi ú × e = 0, ∀ e mit e = 1.
Daraus folgt es eindeutig:
n
i =1
H
H
( ri Fi ) − rS
n
i =1
Fi =
n
i =1
H
H
H
r
F
−
r
R
=
0
(i i) S
Der Ortsvektor des Kräftemittelpunktes S ergibt sich zu:
1 n rS ≡ OS = ⋅ ( ri Fi
R i =1
)
(5.2)
Daraus erhalten wir die Koordinaten des Kräftemittelpunktes:
1 n
1 n
1 n
xS = ⋅ ( xi Fi ); yS = ⋅ ( yi Fi ); zS = ⋅ ( zi Fi
R i =1
R i =1
R i =1
)
(5.3)
5.1.1 Zwei gleichsinnige parallele Einzelkräfte
Gegeben sind zwei parallele Einzelkräfte Fi = Fi ⋅ e , i = 1, 2. Auf den Wirkungslinien dieser
Kräfte werden die Punkte Ai ( xi / yi / 0) gewählt. Das ebene Koordinatensystem wird mit der
Abszisse in Richtung A1 A2 , mit dem Ursprung O ≡ A1 und dem Abstand d = A1 A2 = OA2
gewählt.
28
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
R
y
F1
e
O ≡ A1
F2
A2
S
a
x
b
d
Bild 5.1: Zusammensetzung zweier gleichsinniger paralleler Kräfte
Die Resultierende ergibt sich als Summe beider Kräfte
R = F1 + F2
Die x - Koordinate des Kräftemittelpunktes S errechnet sich nach Gl.(5.3) zu:
a = A1S = xS =
1
1
dF
( x1 F1 + x2 F2 ) = ( 0 ⋅ F1 + d F2 ) = 2
R
R
R
(5.4)
(5.5)
Daraus resultiert
b = A2 S = d −
d F2
F
R − F2 d F1
æ
= d ç1 − 2 = d
=
R
R
R
R
è
(5.5’)
Multipliziert man G.(5.5) mit F1 und G.(5.5’) mit F2 , so resultiert das Hebelgesetz:
a F1 = b F2
(5.6)
5.1.2 Zwei parallele Einzelkräfte, vom unterschiedlichen Betrag und Richtungssinn
Gegeben sind nun zwei parallele Einzelkräfte, mit F1 < 0, F2 > 0 und F2 > F1 (Bild 5.2).
Auf den Wirkungslinien dieser Kräfte werden die Punkte Ai ( xi / yi / 0) gewählt.
29
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
Das Koordinatensystem wird mit der Abszisse in Richtung A1 A2 , mit dem Ursprung O ≡ A1
und dem Abstand d = A1 A2 = OA2 .
y
F2
e
R
A2
O ≡ A1
d
S
x
b
a
F1
Bild 5.2: Zusammensetzung zweier paralleler Kräfte vom unterschiedlichen Betrag
und Richtungssinn
Die Resultierende errechnet sich als
R = F1 + F2 = F2 − F1
Die x - Koordinate des Kräftemittelpunktes S errechnet sich nach Gl.(5.3) zu:
a = A1S = xS =
1
1
F2
>d
( x1F1 + x2 F2 ) = ( 0 ⋅ F1 + d F2 ) = d
R
R
F2 − F1
(5.7)
(5.8)
Daraus resultiert
b = A2 S = a − d =
F1
d F2
−d = d
F2 − F1
F2 − F1
(5.8’)
Multipliziert man G.(5.8) mit F1 und G.(5.8’) mit F2 , so resultiert das Hebelgesetz:
a F1 = b F2
(5.9)
5.1.3 Zwei gleichgroße parallele Einzelkräfte, von unterschiedlichem Richtungssinn
Gegeben sind zwei parallele Einzelkräfte, mit F1 < 0, F2 > 0 und F2 = F1 = F (Bild 5.3).
30
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y
e
F2
o
d0
x
O ≡ A1
A2
d
F1
Bild 5.3: Kräftepaar
Nach Gl.(5.7) ist die Resultierende gleich Null, R = 0. Diese Konfiguration ist ein
Kräftepaar, mit dem wir uns im Abschnitt 3.2 befasst haben. Obwohl die Resultierende
verschwindet, ist die Auswirkung des Kräftepaars ein Moment, gleich
M = F d0 ,
d0
wobei
(5.10)
den Abstand zwischen den Wirkungslinien beider Kräfte bedeutet.
5.2. Streckenlasten
An einem starren Körper greifen kontinuierlich verteilte parallele Kräfte, auch Flächenlasten
genannt. Wenn die Länge des Körpers in z – Richtung konstant ist und die Lasten keine
Variation in dieser Richtung aufweisen, dann spricht man von Streckenlasten. Es gibt
zahlreiche Beispiele hierfür: Kontaktkräfte zweier Zylinder mit parallelen Achsen, die
Druckkräfte von einem ruhenden Fluid auf die ebene Wand eines Behälters, Gewichtskräfte,
sowie Schnee – und Eislasten auf Hochspannungsleitungen u.s.w.
Abgebildet ist eine Streckenlast, die auf einen geraden Balken im Bereich x ∈ [ a, b ] wirkt
(Bild 5.4).
Ist die Kraft pro Längeneinheit q ( x), in N / m, so errechnet sich die Resultierende zu:
b
R = q ( x) dx
(5.11)
a
Nach Gl.(5.3) wird die Abszisse des Lastmittelpunktes wie folgt bestimmt:
b
1
xS =
x q( x ) dx
Ra
(5.12)
31
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
b
R = q ( x) dx
a
xS
dF = q( x) dx
xS
a
dx
x
b
Bild 5.4: Streckenlast
Einzelfälle:
1. Gleichstreckelast: q ( x) = q0 = konst. (Bild.5.5)
Gl.(5.11) und (5.12) vereinfachen sich zu:
b
R = q0 dx = q0 ( b − a ) = q0 (5.13)
a
1
b 2 − a 2 (b − a )(b + a ) a + b
b−a
=
=
=a+
= a+ .
q0 x dx =
q0 a
2
2
2
2
2
b
xS =
R = q0 2
q0
x
xS
= b−a
a
b
Bild 5.5: Gleichstreckenlast
32
(5.14)
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
2. Dreieckige Streckenlast: q ( x) = q0
x−a
x−a
. (Bild.5.6)
= q0
b−a
R = q0 / 2
2 3
3
x
q0
x
S
= b−a
a
b
Bild 5.6: Dreieckige Streckenlast
Gl.(5.11) und (5.12) vereinfachen sich zu:
b
q
R = q ( x ) dx = 0
l
a
xS = a +
q ( x − a)
( x − a ) dx = 0
l
2
a
b
2
=
b
a
q0 2 q0 l
l =
2l
2
(5.13)
2
3
(5.14)
æ x−a
3. Parabolische Streckenlast: q ( x) = q0 ç
èb−a
2
= q0
( x − a)
l2
2
. (Bild.5.7)
Gl.(5.11) und (5.12) schreiben sich in diesem Fall zu:
b
q
R = q ( x ) dx = 20
l
a
xS = a +
b
a
( x − a)
2
q ( x − a)
dx = 0
l
3
3
4
3
b
a
=
q0 3 q0 l
l =
3l
3
(5.15)
(5.16)
33
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
R = q0 / 3
4
3 4
x
x
q0
S
= b−a
a
b
Bild 5.7: Parabolische Streckenlast
5.3. Massenmittelpunkt
Gegeben ist ein System von n Massenpunkten : die Massen m i in den Punkten
Ai ( xi / yi / zi ), i = 1, 2,..., n . Die Massen werden etwa durch einen dünnen, masselosen Draht
zusammengehalten. Auf diese Massen wirken die vertikalen, nach unten orientierten
Gewichtskräfte Gi = − mi g k (Bild 5.8).
z
Ai ( xi / yi / zi ), mi
An ( xn / yn / zn ), mn
S
H
k
A1 ( x1 / y1 / z1 ), m1
x
mi g
mn g
m1 g
O
x
y
æ n
mg = ç å mi g
è i =1
Bild 5.8: Massenpunktsystem mit dem Massenmittelpunkt
34
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
Die resultierende Gewichtskraft ist
H
G=
n
i =1
H
Gi =
n
i =1
(
H
Hæ n
H
−mi g k = − k ç mi g = − m g k , mit m =
è i =1
)
n
i =1
mi
(5.17)
Der Mittelpunkt S der Gewichtskräfte, auch als Massenmittelpunkt bezeichnet, hat den
Ortsvektor:
1 n 1
rS = OS =
OAi ⋅ Gi =
G i =1
mg
(
)
n
i =1
1 n rS =
( ri ⋅ mi ), mit m =
m i =1
( ri ⋅ mi g )
oder
n
i =1
mi
(5.18)
Daraus resultieren die Koordinaten des Massenmittelpunktes:
1 n
1 n
1 n
xS =
( xi ⋅ mi ), yS =
( yi ⋅ mi ), zS =
( zi ⋅ mi ),
m i =1
m i =1
m i =1
mit der Gesamtmasse m =
(5.18’)
n
i =1
mi
5.4. Volumenschwerpunkt
Die kontinuierlich verteilte Masse m eines Körpers mit dem Volumen V und der Dichte
ρ ( x, y , z )
sowie der Ortsvektor des Massenmittelpunktes errechnen sich wie folgt
(Bild 5.10):
m = ρ dV ,
V
1 rS =
r ρ dV .
mV
(5.19)
Ist der Körper homogen, d.h. ρ ( x, y , z ) = ρ = konst. , so erhält man:
m = ρ dV = ρ dV = ρV,
V
V
1 1
1 rS =
r ρ dV =
ρ r dV =
r dV
mV
ρV V
VV
S heißt in diesem Fall Volumenschwerpunkt.
35
(5.20)
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
z
rS
S
x
ρ , dV
r
y
O
x
V
Bild 5.10: Massenmittelpunkt eines Körpers. Volumenschwerpunkt
Die Schwerpunkkoordinaten errechnen sich zu:
xS =
1
1
1
x d V , yS =
y d V , zS =
z dV .
VV
VV
VV
(5.21)
Beispiel 5.2: Man bestimme die Position des Schwerpunktes eines homogenen Kegels
(Radius R, Höhe h, Bild 5.11).
36
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
z
h/4
R
x
S
dz
z
h
3h/4
r
y
O
x
Bild 5.11: Schwerpunkt des homogenen Kegels
Lösung: Der Kreisschnitt in der Höhe z hat den Radius r, der sich nach dem Strahlsatz
errechnet:
r
z
=
R h
:r = R
z
h
Die elementare Kreisscheibe mit dem Radius r und der Dicke dz hat das Volumen
æR
dV = π r dz = π ç
èh
2
2
z 2 dz
Damit erhält man das Volumen des Kegels
æR
V = ò dV = π ç
èh
V
2
h
æR
z 2 dz = π ç
ò
èh
z=0
2
⋅
h3 π R 2 h
=
3
3
Der Schwerpunkt liegt auf der z – Achse. Aus Gl.(5.21) errechnet sich die zS – Koordinate zu:
1
3
zS =
zdV =
VV
π R2h
h
æR
z ⋅π ç
èh
z =0
2
3
z dz = 3
h
h
z 3 dz =
2
z =0
37
3h
.
4
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
Beispiel 5.3: Man bestimme die Position des Schwerpunktes einer homogenen Halbkugel
(Radius R, Bild 5.12).
dz
z
r
B
A
dV
z
R
y
O
R
x
Bild 5.12: Schwerpunkt der homogenen Halbkugel
Lösung: Der Kreisschnitt in der Höhe z hat den Radius r, der sich nach aus dem Dreieck
OAB errechnet. Es gilt r 2 = R 2 − z 2 .
Die elementare Kreisscheibe mit dem Radius r und der Dicke dz hat das Volumen
dV = π r 2 dz = π ( R 2 − z 2 ) dz
Damit erhält man das Volumen der Halbkugel
V = dV = π
V
æ 2
R3
2π R3
2
2
−
=
⋅
−
=
R
z
dz
π
R
R
(
)
ç
3
3
è
z=0
R
Der Schwerpunkt liegt auf der z – Achse. Aus Gl.(5.21) errechnet sich die zS – Koordinate zu:
1
3
zS =
zdV =
VV
2π R3
R
z =0
z ⋅ π ( R 2 − z 2 ) dz =
38
3 æ 2 R2 R4
3R
R
.
⋅
⋅
−
=
ç
2R3 è
2
4
8
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
Der Schwerpunkt der Boje soll sich in der Trennebene beider Körper befinden.
Man bestimme den Quotienten h / R in zwei Fällen:
a) die ganze Boje ist vom gleichen Material;
b) die Dichten des Kegels und der Halbkugel sind unterschiedlich, ρ1 < ρ 2
Lösung: Der Schwerpunkt der Boje S soll sich in O befinden, d.h. zS = 0.
Fall a): S wird als Volumenschwerpunkt bestimmt:
zS =
zS1V1 + zS2V2
V1 + V2
= 0 Þ : zS1V1 + zS2V2 = 0 Þ :
h π R 2 h æ 3R 2π R 3
⋅
+ç−
⋅
= 0.
4 3
3
è 8
Daraus folgt es
h/R = 3 .
Fall b): Der Schwerpunkt S der Boje ist diesmal ein Massenmittelpunkt. Somit erhalten wir:
zS =
zS1 ρ1V1 + zS2 ρ 2V2
ρ1V1 + ρ 2V2
Daraus folgt es
h
=
R
= 0 Þ : zS1 ρ1V1 + zS2 ρ 2V2 = 0 Þ :
h
π R 2 h æ 3R
2π R3
⋅ ρ1
+ç−
⋅ ρ2
= 0.
4
3
3
è 8
3ρ1
.
ρ2
Beispiel 5.5: Man bestimme V und xS für die abgebildete Schraube, die als Rotationssymmetrischer Körper mit Hohlraum gestaltet wird (Bild 5.14).
b/3
4
1
S1
r2
r1
a/2
x
xx
3
S3
3R 8
O
2
S2
x
x
x
S4
a
b
R
Bild 5.14: Schwerpunkt eines Rotationskörpers mit Hohlraum
Gegeben sind:
= 140 mm; r1 = 30 mm; R = 50 mm; r2 = 15 mm; a = 55 mm; b = 30 mm.
39
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
5. 5. Flächenschwerpunkt
Der Körper ist nun eine homogene Scheibe mit konstanter Dicke t = konst. (Bild 5.15).
Legt man die ( x, y ) − Ebene in die mittlere Ebene der Scheibe , so liegt der Schwerpunkt der
Scheibe in dieser Ebene und der Ortsvektor von S errechnet sich nach Gl.(5.20) zu:
1 1 1 rS =
r dV =
r t dA =
r dA
VV
tAA
AA
(5.22)
S heißt in diesem Fall Flächenschwerpunkt.
y
rS
dV = t dA
S
x
r
x
O
A
Bild 5.15: Flächenschwerpunkt
Die Schwerpunktkoordinaten errechnen sich zu:
xS =
1
1
x dA , yS =
y d A.
AA
AA
(5.23)
Beispiel 5.5: Man bestimme die Position des Schwerpunktes eines Trapezes (Basen B und b,
Höhe h, Bild 5.16).
Lösung: Der Flächenschwerpunkt S des Trapezes MNPQ befindet sich auf der
Verbindungslinie RT der Mittelpunke der Basen. Es genügt, die Koordinate
Schwerpunktes zu bestimmen. Man zerlegt das Trapez in zwei Dreiecke:
1 – MQP und 2 – MNP. Es folgt:
40
xS
des
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
b
R
Q
1
P
S1
2
h
S
x
T
M
S2
h/3
x
xS
x
2h/3
x
N
B
Bild 5.16: Flächenschwerpunkt eines Trapezes
bh
2h
Bh
h
, xS 1 =
; A2 =
, xS 2 = ;
2
3
2
3
h
A = A1 + A2 = ( B + b ) ;
2
h B + 2b
1
xS = d B = ( xS1 ⋅ A1 + xS 2 ⋅ A2 ) = ⋅
− Abstand von S bis zur Basis B
A
3 B+b
A1 =
Beispiel 5.6: Man bestimme die Position des Schwerpunktes eines Kreissektors (Radius R,
Zentriwinkel 2 α , Bild 5.17).
Lösung: Der Flächenschwerpunkt S befindet sich auf der Symmetrieachse, die als x – Achse
gewählt wird. Man zerlegt den Kreissektor in elementare Dreiecke. Das Flächenelement
OMN hat den Flächeninhalt
dA =
1
1
1
⋅ MN ⋅ OM = ⋅ R d β ⋅ R = ⋅ R 2 d β
2
2
2
und den Schwerpunkt S’, im Abstand OS ' =
xS ' = OS ' ⋅ cos( β +
2R
von O. Die Abszisse von S’ ist
3
dβ
2R
⋅ cos β .
)≅
2
3
Der gesamte Flächeninhalt des Kreissektors errechnet sich zu:
41
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
C
R
dA
d β S'
α
O
M
x
−α
xS =
o
β
x
x
B
S
2 R sin α
⋅
3
α
N
A
Bild 5.17: Flächenschwerpunkt eines Kreissektors
A = R 2α .
(5.24)
Die Abszisse des Schwerpunktes S wird mit Gl.(5.23) bestimmt:
xS =
2 R sin α
⋅
3
α
Einzelfall: Halbkreis (
(5.25)
α = π 2 , Bild 5.18) .
Aus Gl.(5.24) und (5.25) erhält man:
π R2
4R
A=
; xS =
.
2
3π
(5.26)
42
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
y
C
α = π /2
O
x
xS =
B
x
4R
3π
A
Bild 5.18: Flächenschwerpunkt eines Halbkreises
Beispiel 5. 9: Für die abgebildete viereckige, homogene Scheibe (Bild 5.19), mit den
Eckpunkten A(−4 / 0), B (2 / − 5), C (5 /1) und D (1/ 4) , ist die Position des Schwerpunktes zu
bestimmen. Die Koordinaten der Eckpunkte sind in m angegeben.
Lösung: Das Viereck wird in zwei Dreiecke zerlegt:
1 - ∆ ACD : Der Schwerpunkt
1 xA
1
A1 = 1 xC
2
1 xD
yA
yC
yD
S1
liegt auf der Seitenhalbierenden DE. Es folgt:
1 −4 0
1 0 0
1
1
1 9 1
= 1 5 1 = 1 9 1 = ⋅1 ⋅
=15,5 m 2
2
2
2 5 4
1 1 4
1 5 4
x A + xC + xD
−4 + 5 + 1
=
= 0, 667 m,
3
3
y + yC + yD
0 +1+ 4
=
= 1, 667 m.
yS1 = A
3
3
xS1 =
43
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
y
D(1 / 4)
1
Eo
A(-4 / 0)
O
C(5 / 1)
x
S1
o
o
S
oS
2
2
B(2 / -5)
Bild 5.19: Viereckige homogene Scheibe
2 - ∆ ABC : Der Schwerpunkt
1 xA
1
A2 = 1 xB
2
1 xC
S2
liegt auf der Seitenhalbierenden BE. Es folgt:
1 −4 0
1 0 0
6 −5
1
1
1
= 25,5 m2
yB = 1 2 −5 = 1 6 −5 = ⋅1⋅
2
2
2 9 1
yC
1 5 1
1 9 1
yA
x A + xB + xC
−4 + 2 + 5
=
= 1, 000 m,
3
3
y + yB + yC
0 − 5 +1
= A
=
= − 1,333 m.
3
3
xS2 =
yS 2
Der Schwerpunkt
S
liegt auf der Verbindungslinie von
S1 und S2 . Es gilt:
A = A1 + A2 = 15,5 + 25,5 = 41 m 2 ,
(
)
(
)
1
1
xS1 A1 + xS2 A2 = (1, 667 ⋅15,5 − 1,333 ⋅ 25,5) = 0,874 m,
A
41
1
1
yS =
yS1 A1 + yS2 A2 = ( 0, 667 ⋅15,5 + 1, 000 ⋅ 25,5 ) = − 0,199 m.
A
41
xS =
44
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
5.4. Volumenschwerpunkt
Die kontinuierlich verteilte Masse m eines Körpers mit dem Volumen V und der Dichte
ρ ( x, y , z )
sowie der Ortsvektor des Massenmittelpunktes errechnen sich wie folgt
(Bild 5.10):
m = ρ dV ,
V
1 rS =
r ρ dV .
mV
(5.19)
Ist der Körper homogen, d.h. ρ ( x, y , z ) = ρ = konst. , so erhält man:
m = ρ dV = ρ dV = ρV,
V
V
1 1
1 rS =
r ρ dV =
ρ r dV =
r dV
mV
ρV V
VV
(5.20)
S heißt in diesem Fall Volumenschwerpunkt.
z
rS
S
x
ρ , dV
r
y
O
x
V
Bild 5.10: Massenmittelpunkt eines Körpers. Volumenschwerpunkt
Die Schwerpunkkoordinaten errechnen sich zu:
xS =
1
1
1
x d V , yS =
y d V , zS =
z dV .
VV
VV
VV
45
(5.21)
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
Beispiel 5.2: Man bestimme die Position des Schwerpunktes eines homogenen Kegels
(Radius R, Höhe h, Bild 5.11).
z
h/4
R
x
S
dz
z
h
3h/4
r
y
O
x
Bild 5.11: Schwerpunkt des homogenen Kegels
Lösung: Der Kreisschnitt in der Höhe z hat den Radius r, der sich nach dem Strahlsatz
errechnet:
r
z
=
R h
:r = R
z
h
Die elementare Kreisscheibe mit dem Radius r und der Dicke dz hat das Volumen
æR
dV = π r 2 dz = π ç
èh
2
z 2 dz
Damit erhält man das Volumen des Kegels
æR
V = ò dV = π ç
èh
V
2
h
æR
z dz = π ç
ò
èh
z=0
2
2
⋅
h3 π R 2 h
=
3
3
Der Schwerpunkt liegt auf der z – Achse. Aus Gl.(5.21) errechnet sich die zS – Koordinate zu:
46
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
zS =
1
3
zdV =
VV
π R2h
h
æR
z ⋅π ç
èh
z =0
2
z 2 dz =
3
h3
h
z 3 dz =
z =0
3h
.
4
Beispiel 5.3: Man bestimme die Position des Schwerpunktes einer homogenen Halbkugel
(Radius R, Bild 5.12).
dz
z
r
B
A
dV
z
R
y
O
x
R
Bild 5.12: Schwerpunkt der homogenen Halbkugel
Lösung: Der Kreisschnitt in der Höhe z hat den Radius r, der sich nach aus dem Dreieck
OAB errechnet. Es gilt r 2 = R 2 − z 2 .
Die elementare Kreisscheibe mit dem Radius r und der Dicke dz hat das Volumen
dV = π r 2 dz = π ( R 2 − z 2 ) dz
Damit erhält man das Volumen der Halbkugel
æ 2
R3
2π R3
=
V = dV = π ( R − z ) dz = π ç R ⋅ R −
3
3
è
V
z=0
R
2
2
Der Schwerpunkt liegt auf der z – Achse. Aus Gl.(5.21) errechnet sich die zS – Koordinate zu:
1
3
zS =
zdV =
VV
2π R3
3 æ 2 R2 R4
3R
z ⋅ π ( R − z ) dz =
.
⋅ R ⋅
−
=
3 ç
2
R
2
4
8
è
z =0
R
2
2
47
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
5. 5. Flächenschwerpunkt
Der Körper ist nun eine homogene Scheibe mit konstanter Dicke t = konst. (Bild 5.15).
Legt man die ( x, y ) − Ebene in die mittlere Ebene der Scheibe , so liegt der Schwerpunkt der
Scheibe in dieser Ebene und der Ortsvektor von S errechnet sich nach Gl.(5.20) zu:
1 1 1 rS =
r dV =
r t dA =
r dA
VV
tAA
AA
(5.22)
S heißt in diesem Fall Flächenschwerpunkt.
y
rS
dV = t dA
S
x
r
x
O
A
Bild 5.15: Flächenschwerpunkt
Die Schwerpunktkoordinaten errechnen sich zu:
xS =
1
1
x dA , yS =
y d A.
AA
AA
(5.23)
Beispiel 5.5: Man bestimme die Position des Schwerpunktes eines Trapezes (Basen B und b,
Höhe h, Bild 5.16).
Lösung: Der Flächenschwerpunkt S des Trapezes MNPQ befindet sich auf der
Verbindungslinie RT der Mittelpunke der Basen. Es genügt, die Koordinate
Schwerpunktes zu bestimmen. Man zerlegt das Trapez in zwei Dreiecke:
1 – MQP und 2 – MNP. Es folgt:
48
xS
des
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
b
R
Q
1
P
S1
2
h
S
x
T
M
S2
h/3
x
xS
x
2h/3
x
N
B
Bild 5.16: Flächenschwerpunkt eines Trapezes
bh
2h
Bh
h
, xS 1 =
; A2 =
, xS 2 = ;
2
3
2
3
h
A = A1 + A2 = ( B + b ) ;
2
h B + 2b
1
xS = d B = ( xS1 ⋅ A1 + xS 2 ⋅ A2 ) = ⋅
− Abstand von S bis zur Basis B
A
3 B+b
A1 =
Beispiel 5.6: Man bestimme die Position des Schwerpunktes eines Kreissektors (Radius R,
Zentriwinkel 2 α , Bild 5.17).
Lösung: Der Flächenschwerpunkt S befindet sich auf der Symmetrieachse, die als x – Achse
gewählt wird. Man zerlegt den Kreissektor in elementare Dreiecke. Das Flächenelement
OMN hat den Flächeninhalt
dA =
1
1
1
⋅ MN ⋅ OM = ⋅ R d β ⋅ R = ⋅ R 2 d β
2
2
2
und den Schwerpunkt S’, im Abstand OS ' =
xS ' = OS ' ⋅ cos( β +
2R
von O. Die Abszisse von S’ ist
3
dβ
2R
⋅ cos β .
)≅
2
3
Der gesamte Flächeninhalt des Kreissektors errechnet sich zu:
49
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
C
R
dA
d β S'
α
O
M
x
−α
xS =
o
β
x
x
B
S
2 R sin α
⋅
3
α
N
A
Bild 5.17: Flächenschwerpunkt eines Kreissektors
A = R 2α .
(5.24)
Die Abszisse des Schwerpunktes S wird mit Gl.(5.23) bestimmt:
xS =
2 R sin α
⋅
3
α
Einzelfall: Halbkreis (
(5.25)
α = π 2 , Bild 5.18) .
Aus Gl.(5.24) und (5.25) erhält man:
π R2
4R
A=
; xS =
.
2
3π
(5.26)
50
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
y
C
α = π /2
O
x
xS =
B
x
4R
3π
A
Bild 5.18: Flächenschwerpunkt eines Halbkreises
Für ein Dreieck ABC sind:
- der Flächeninhalt
1 xA
1
A = 1 xB
2
1 xC
yA
yB
yC
- die Schwerpunktkoordinaten:
xS =
x A + xB + xC
y + yB + yC
; yS = A
.
3
3
5. 6. Linienschwerpunkt
Der Körper ist nun eine homogene materielle Linie MN der Länge L, d.h. drahtförmig,
mit konstanter Querschnittsfläche A = konst. (Bild 5.20). Somit ist das Volumen V = A L
und der Ortsvektor von S errechnet sich nach Gl.(5.20) zu:
51
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
1 1
A
1 rS =
r dV =
r A ds =
r ds =
r ds
VV
AL MN
AL MN
L MN
(5.24)
S heißt in diesem Fall Linienschwerpunkt.
N
ds
s
r
P
z
M
y
x
O
Bild 5.20: Linienenschwerpunkt
Aus Gl.(5.24) erhält man die Schwerpunktkoordinaten:
xS =
1
1
1
x ds, yS =
y ds, zS =
z ds.
L MN
L MN
L MN
(5.25)
Beispiel 5. 10: Für das abgebildete Viereck (Bild 5.21), mit den Eckpunkten
A(−4 / 0), B(2 / − 5), C (5 /1) und D(1/ 4) , ist die Position des Schwerpunktes des Umfangs zu
bestimmen. Die Koordinaten der Eckpunkte sind in m angegeben.
Lösung: Der Umfang besteht aus vier Strecken. Es folgt:
1 - AB : L1 = LAB =
( xB − x A ) + ( y B − y A )
2
L2 = LBC =
( xC − xB ) + ( yC − yB )
L3 = LCD =
( xD − xC ) + ( yD − yC )
L4 = LAB =
( x A − xD ) + ( y A − y D )
2
( 2 + 4 ) + ( −5 − 0 )
2
2
=
( 5 − 2 ) + (1 + 5)
2
=
(1 − 5) + ( 4 − 1)
2
=
( −4 − 1) + ( 0 − 4 )
2
2
=
2
52
2
2
2
2
= 6, 7082 m,
2
2
= 7,8102 m,
= 5 m,
2
= 6, 4031 m;
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
Gesamtlänge ist der Umfang des Vierecks:
L = L1 + L2 + L3 + L4 = 7,8102 + 6, 7082 + 5 + 6, 4031 = 25,9216 m.
Der Schwerpunkt
S1
ist der Mittelpunkt der Seite AB. Es folgt:
y
D(1 / 4)
4
S4
o
o
S3
3
C(5 / 1)
x
A(-4 / 0)
O
o
S
1
o
S1
S2
o
2
B(2 / -5)
Bild 5.21: Umfangsschwerpunkt des Vierecks ABCD
x A + xB
2
x +x
xS2 = B C
2
x + xD
xS3 = C
2
x + xA
xS4 = D
2
xS1 =
y + yB 0 − 5
−4 + 2
= − 1 m, yS1 = A
=
= − 2,5 m;
2
2
2
y + yC −5 + 1
2+5
=
= 3,5 m, yS2 = B
=
= − 2 m;
2
2
2
y + yD 1 + 4
5 +1
=
= 3 m, yS3 = C
=
= 2,5 m;
2
2
2
y + yA 4 + 0
1− 4
=
= − 1,5 m, yS3 = D
=
= 2 m.
2
2
2
=
Der Schwerpunkt S des Umfangs hat die Koordinaten:
xS =
1 4
å xS Li =
L i =1 i
1
é( −1) ⋅ 7,8102 + 3,5 ⋅ 6, 7082 + 3 ⋅ 5 + ( −1, 5 ) ⋅ 6, 4031 = 0,8126 m;
25, 9216 ë
53
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
yS =
1 4
å yS Li =
L i =1 i
1
é( −2,5 ) ⋅ 7,8102 + ( −2 ) ⋅ 6, 7082 + 2,5 ⋅ 5 + 2 ⋅ 6, 4031 = − 0, 2946 m.
25, 9216 ë
Beispiel 5. 11: Man bestimme die Position des Schwerpunktes eines Kreisbogens vom Radius
R und Zentriwinkel
2α .
C
α
O
−α
xS = R ⋅
R
dβ
N
ds
M
β
x
S
x
sin α
α
B
A
Bild 5.22: Schwerpunkt eines Kreisbogens
Lösung: Der Schwerpunkt S des Kreisbogens ABC befindet sich auf der Symmetrieachse
OB, die als x – Achse gewählt wird. Man zerlegt den Kreisbogen in elementare Bogenstücke.
Das Bogenelement MN hat die Länge ds = R d β und den Schwerpunkt im Mittelpunkt
dieses Elementes, mit der Abszisse
R ⋅ cos( β +
dβ
) ≅ R cos β .
2
Die Gesamtlänge des Kreisbogens ABC ist L = 2 Rα .
Die Abszisse des Schwerpunktes S wird mit Gl.(5.25) bestimmt:
α
1
1
R
xS =
x ds =
R cos β ⋅Rd β =
sin β
⋅
2 Lα A
2 Rα β = −α
2α
54
α
β = −α
,
Prof. Dr.- Ing. G. Zidaru: TM1 - Theoretische Grundlagen
xS =
R
sin α
éësin α − sin ( −α ) = R ⋅
2α
α
oder
xS = R ⋅
sin α
α
(5.26)
y
C
α = π /2
S
O
x
xS =
B
x
2R
π
A
Bild 5.23: Schwerpunkt eines Halbkreisbogens
Einzelfall: Halbkreis (
xS =
α = π 2 , Bild 5.23) .
2R
.
π
Aus Gl.(5.26) erhält man:
(5.27)
5. 7. Papus – Guldin - Sätze
Diese Sätze ermöglichen die einfache Bestimmung der Mantelfläche und des Volumens
eines rotationssymmetrischen Körpers.
5. 7.1. Erster Satz von Papus - Guldin
Der rotationssymmetrische Körper entsteht durch die Rotation einer ebenen Linie ( Kurve
oder Polygonzug) um eine Achse. Die Linie kann die Drehachse berühren, aber nicht überschreiten, d.h. sie liegt nur auf einer Seite der Drehachse (Bild 5.24).
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Linienschwerpunkt
An
Ln
An +1
So
y2
yS
yn +1
yi
yi
L1
y1
Ai +1
A3
y3
A1
Li
yn
A2
L2
Ai
yi +1
y
x
O
x1
x3
x2
xi
xi +1
xn
xn+1
Drehachse
Bild 5.24: Mantelfläche des Rotationssymmetrischen Körpers
Angenommen, ist die Linie ein Polygonzug A1 A2 A3 ... Ai Ai +1... An An +1 in der Oberhalbebene
( yi
≥ 0, i = 1, 2,..., n + 1) und die Drehachse sei die x – Achse. Jede Strecke Ai Ai +1 generiert
durch Rotation um die x – Achse einen Kegelstumpf, mit der Mantelfläche
Oi = π ( yi + yi +1 ) ⋅ Li = 2 π
yi + yi +1
Li = 2π yi Li
2
Die vom Polygonzug generierte Mantelfläche des rotationssymmetrischen Körpers errechet
sich zu:
O=
n
i =1
Oi = 2π
n
i =1
yi Li
oder, mit der Gesamtlänge L =
(5.28)
n
i =1
O = 2π yS L
Li ,
(1.Satz von Papus - Guldin)
(5.29)
Ist die Linie eine Kurve C der Länge L , so kann man sie näherungsweise durch einen Polygonzug ersetzen. Mit dem Grenzübergang n → ∞ und Li → 0 schreibt sich Gl.(5.28) wie
folgt um:
O = 2π y ds = 2π yS L
C
Damit ist Gl.(5.29) auch in diesem Fall gültig.
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Die Mantelfläche eines Körpers, der durch die Rotation einer Linie um eine Achse
entsteht, errechet sich als Produkt der Lininelänge L mit dem Umfang des Kreises, den
der Linienschwerpunkt S beschreibt.
Beispiel 5. 12: Man bestimme die Kugeloberfläche mit Hilfe des 1. Satzes von Papus –
Guldin
y
x
B
S
yS =
2R
π
R
O
C
x
A
Bild 5.25: Kugeloberfläche mit Hilfe des 1. Satzes von Papus - Guldin
Lösung: Der Schwerpunkt S liegt in Bild 5.25 auf der y –Achse im Abstand
yS = 2 R / π
von der Drehachse x . Mit der Länge L = π R des Halbkreisbogens
ABC , schreibt sich der 1. Satz von Papus – Guldin zu:
O = 2π yS L = 2π ⋅
2R
⋅ π R = 4π R 2
π
(ein wohl bekanntes Ergebnis)
5. 7.2. Zweiter Satz von Papus - Guldin
Der rotationssymmetrische Körper entsteht nun durch die Rotation einer Fläche A um die x –
Achse. Die Fläche A kann zwischen einer Kurve und dieser Achse, oder zwischen einem
Polygonzug und der x – Achse enthalten sein, oder auch von einer Kurve umschlossen sein.
Die Fläche kann die Drehachse berühren, aber nicht überschreiten, d.h. sie liegt nur auf einer
Seite der Drehachse (Bild 5.26).
Durch die Rotation einer elementaren Fläche dA im Abstand y von der Drehachse entsteht
ein „gekrümmtes“ Parallelepiped, dessen elementares Volumen ist
dV = 2π y dA .
Das Gesamtvolumen des rotationssymmetrischen Körpers errechnet sich durch Integration zu:
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y
y
S
yS
dA
x
O
Bild 5.24: Volumen des Rotationssymmetrischen Körpers
V = 2π y dA = 2π yS A
A
V = (2π yS ) A − 2. Satz von Papus - Guldin
(5.30)
Das Volumen eines Körpers, der durch die Rotation einer Fläche um eine Achse
entsteht, errechet sich als Produkt des Flächeninhaltes A mit dem Umfang des Kreises,
den der Flächenschwerpunkt S beschreibt.
Beispiel 5. 13: Man bestimme das Kugelvolumen mit Hilfe des 2. Satzes von Papus – Guldin.
Lösung: Der Schwerpunkt S liegt in Bild 5.26 auf der y –Achse im Abstand
yS =
4R
3π
von der Drehachse x . Mit dem Flächeinhalt A = π R 2 / 2 des Halbkreises ABC, schreibt sich
der 2. Satz von Papus – Guldin zu:
4 R π R 2 4π R 3
V = (2π yS ) A = 2π ⋅
⋅
=
3π 2
3
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( bekanntes Ergebnis)
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y
B
yS =
4R
3π
x
R
S
x
O
C
A
Bild 5.26: Kugelobevolumen mit Hilfe des 2. Satzes von Papus - Guldin
Beispiel 5. 14: Gegeben sei ein Dreieck mit den Eckpunkten A(1/0), B(5/2) und C(3/6), Bild
5.27. Die Koordinaten sind in cm angegeben.
Man bestimme:
a) den Umfang L und die Koordinaten des Umfangsschwerpunktes S;
b) den Flächeninhalt A und die Koordinaten des Flächenschwerpunktes G;
c) die Oberfläche des Körpers, der durch die Rotation des Dreiecks um die x – Achse
entsteht;
y
C(3/4)
o
3
o
xG
S2
2
So
o
o
o
G
S1
B(6/2)
1
o
yS
yG
S3
O
x
o
A(1/0)
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Bild 5.27: Oberfläche und Volumen des durch Rotation des Dreiecks generierten
Körpers
d) das Volumen des Körpers, der durch die Rotation des Dreiecks um die x – Achse
entsteht;
e) das Volumen des Körpers, der durch die Rotation des Dreiecks um die y – Achse
entsteht.
Lösung: a ) L1 = 5,3852 cm, S1 ( 3,5 cm /1cm ) ;
L2 = 3, 6056 cm, S 2 ( 4,5 cm / 3 cm ) ;
L3 = 4, 4721 cm, S3 ( 2 cm / 2 cm ) ;
L =13, 4629 cm, S ( 4, 0907 cm / 2, 6890 cm ) .
2
b) A = 8 cm , G ( 3,3333 cm / 2 cm ) . c)
d)
O = 227, 4627 cm 2 .
V = 100,5310 cm3 . e) V1 = 167,5516 cm3 .
Beispiel 5. 15: Durch Rotation des abgebildeten Kreises (Bild 5.27) um die x – Achse
entsteht ein Thorus. Gegeben sind R und r. Man bestimme die Oberfläche und das Volumen
des Thorus.
y
L = 2π r
r
A = π r2
R
S
x
O
Bild 5.27: Oberfläche und Volumen des Thorus
Lösung: Die Schwerpunkte des Umfangs und der Fläche des Kreises sind identisch.
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O = 2π yS L = 2π R ⋅ 2π r = 4π 2 Rr ;
V = 2π yS A = 2π R ⋅ π r 2 = 2π 2 Rr 2 .
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