Forel Klinik_2011.indd

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act-info | Patientenmonitoring Forel Klinik
Autoren summary
Sonja Stutz, Susanne Rösner, Katrin Schläfli
und Harald Klingemann (2012)
Act-info Patientenmonitoring 2011
Executive-Summary – Forel Klinik
Ellikon a.d. Thur, Forel Klinik & atf Schweiz
Executive Summary 2011
Basismodul
Executive Summary | Teil 1
Eckdaten im Überblick
2011 Eintritte:
Austritte:
358 Patient/innen
364 Patient/innen
2010 Eintritte:
Austritte:
366 Patient/innen
364 Patient/innen
2009 Eintritte:
Austritte:
2008 Eintritte:
Austritte:
2007 Eintritte:
Austritte:
2006 Eintritte:
Austritte:
2005 Eintritte:
Austritte:
2004 Eintritte:
Austritte:
398 Patient/innen
412 Patient/innen
348 Patient/innen
368 Patient/innen
332 Patient/innen
341 Patient/innen
306 Patient/innen
307 Patient/innen
303 Patient/innen
291 Patient/innen
283 Patient/innen
292 Patient/innen
Soziodemographische Merkmale
bei Eintritt
(Eintritte 2011)
Geschlecht
74% Männer (n=263)
N=358
26% Frauen (n=95)
Durchschnittsalter
46 Jahre
N=358
(Männer: 45,6 Jahre, Frauen: 47,6 Jahre)
Staatsangehörigkeit
77% Schweizer/innen
N=350
15% EU
  8% andere
Zivilstand
35% ledig
N=352
27% geschieden
30% verheiratet
  7% getrennt (gerichtlich)
  1% verwitwet
Forel Klinik
Sozioökonomischer Status bei Eintritt
(Eintritte 2011)
Höchste Ausbildung
14% obligatorische oder weiterN=342
führende Schule
54% Berufsschule
  8% Matura oder DMS
11% höhere Fach-/Berufsschule
9% Fachhochschule oder Universität
  4% keine Ausbildung
Erwerbsstatus
43% Vollzeitarbeit (ab 70%)
N=340   9% Teilzeitarbeit
19% auf Stellensuche
21% nicht auf dem Arbeitsmarkt aktiv
8% anderes
Lebensunterhalt
49% Erwerbseinkommen
N=338
20% Sozialhilfe/Fürsorge
13% Rente (AHV, IV, etc.)
  7% Arbeitslosenversicherung
  7% Ersparnisse/Partner/in
  2% Eltern/Familie/Freunde
Berufliche Stellung
40% nicht erwerbstätig
N=343
18% Arbeiter/in
2% Vorarbeiter/in
29% Angestellte/r
  9% selbständig
2% Kader
Schulden
56% keine
N=316
24% bis CHF 25‘000.–
20% mehr als CHF 25‘000.–
Soziales Umfeld bei Eintritt
(Eintritte 2011)
Partnerschaft
N=344 (N=148)
N=353
Zufriedenheit
N=313, 317, 327
55% haben eine feste Beziehung
(davon vermuten 26% Suchtprobleme
beim Partner/bei der Partnerin)
45% sind alleinstehend
58% haben Kinder
49% sind zufrieden mit ihrer Beziehungssituation
56% sind zufrieden mit ihrem Freundeskreis
21% sind zufrieden mit ihrer Freizeit
1
Basismodul
Executive Summary | Teil 1
Umstände bei Behandlungsbeginn
Allgemeiner Gesundheitszustand
(Eintritte 2011)
Hauptzuweiser
62% Eigeninitiative
N=338 Weitere Zuweiser(Mehrfachangaben)
N=358
21% Arztpraxis
16% Partner/in
18% Familie
12% Suchtinstitutionen
8% Spitäler
9% Freunde
  4% Arbeitgeber
  1% Verurteilung/Massnahme
Therapieerfahrung
91% haben bereits vorherige
N=347 Behandlungserfahrungen
Hauptproblemsubstanz 96% Alkohol
N=358  2% Benzodiazepine
2% illegale Drogen
(0,6% Opiate, 0,3% Kokain)
N=339
79% Raucher/innen (Tabak)
Therapieziel Eintritt
65% definitive Abstinenz
N=335
17% zeitlich begrenzte Abstinenz
8% kontrollierter Konsum
10% noch nicht festgelegt
(Eintritte 2011)
Physische Gesundheit 42% körperliche Suchtfolgeerkrankungen
N=358, 312
22% nicht suchtbezogene körperliche
Erkrankung
Psychische Gesundheit30-Tage-Prävalenz
N=358
45% psychische Probleme, nämlich:
(Mehrfachangaben)
19% medikamentös behandelte Probleme
20% Depression
15% Angstzustände
11% kognitive Probleme
  2% Probleme mit Gewaltkontrolle
  5% Suizidgedanken, 2% Suizidversuche
N=358
Psychische Probleme, Lebenszeitprävalenz
57% psychische Probleme, nämlich:
(Mehrfachangaben)
24% medikamentös behandelte Probleme
30% Depression
24% Angstzustände
15% kognitive Probleme
  2% Halluzinationen
  4% Probleme mit Gewaltkontrolle
18% Suizidgedanken, 11% Suizidversuche
Forel Klinik
2
Basismodul
Executive Summary | Teil 1
Behandlungsverlauf
Umstände des Behandlungsabschlusses
(Austritte 2011)
TherapiedauerGesamt:  11,2 Wochen
N=364, 271
(Männer: 12 Wochen; Frauen: 10 Wochen)
planmässige Beendigung
Gesamt:  13 Wochen
(Männer: 14 Wochen; Frauen: 11 Wochen)
(Austritte 2011)
Behandlungsabschluss 51% planmässig mit Übertritt, davon
N=362
78% ambulant
4% stationär
24% planmässig ohne Übertritt
22% expliziter Abbruch
  2% Hospitalisierung
  1% Kontaktabbruch, Tod
Nachsorge
Bei 99% der Patient/innen ist die
N=361
Nachsorge geregelt:
35% in Alkohol- und Drogenberatungs
stelle
10% institutseigene Nachsorge
  9% fremde Nachsorge
  4% in Selbsthilfegruppe
16% andere
Therapeutenprognose  5% sehr gut
N=350
43% gut
27% eher ungünstig
25% ungünstig
Stationen
N=364, 271
Flexible Abteilung (41% der PatientInnen)
 12 Wochen Behandlungsdauer
planmässige Beendigung
 15 Wochen Behandlungsdauer
Rückfälle
N=343
Kurzzeitabteilung (59% der Patienten)
 11 Wochen Behandlungsdauer
planmässige Beendigung
 12 Wochen Behandlungsdauer
Forel Klinik
61% abstinent
13% einen Rückfall
26% Rückfälle  2
3
Basismodul
Executive Summary | Teil 1
Ausgewählte Trends bei den Eintrittsmerkmalen
ALKOHOLWERTE «AUDIT»1
(Eintritte 2004 bis 2011)
Die Gesamtwerte des AUDIT verzeichnen zwischen 2004 und 2011
­keine wesentliche Veränderung. Nach einem leichten Rückgang im
Jahre 2009 erreichte der durchschnittliche AUDIT-Wert 2011 einen
relativen Höchstwert von 28.1 Punkte (n=290). Nach Leitlinien der
WHO besteht bei einem Punktwert ab 8 ein Gesundheitsrisiko, bei
einem Wert zwischen 16 und 19 ist ein hohes Niveau des problematischen Alkoholkonsums erreicht, welches zumindest eine Beratung
des Betroffenen und evtl. eine Kurzintervention erfodert. Ab einem
AUDIT-Score von 20 gilt die höchste Risikostufe mit der Empfehlung
einer ausführlichen Diagnostik und Therapie (in Abhängigkeit vom
Ergebnis der Alkoholdiagnostik). Bei 95% der eingetretenen Personen
liegt der AUDIT-Score über dem Schwellenwert eines problematischen
Konsums, bei 90% der im Berichtsjahr 2011 in die Forel Klinik eingetretenen Personen ist die höchgste Risikostufe nach AUDIT erreicht.
Leichte Schwankungen zeigen sich über die Aufzeichnungsjahre als
auch zwischen den Geschlechtern. Auch im Aufzeichnungsjahr gehen
die durchschnittlich leicht höheren AUDIT-Werte der Frauen 28.5
(n=75), im Vergleich dazu 28 Punkte bei den Männern (n=215), nicht
auf höhere Trinkmengen oder häufigeren Alkoholkonsum zurück – im
Gegenteil weisen Männer bei diesen Items höhere Werte auf – sondern auf Schuld- und Reuegefühle der Betroffenen.
35
30
25
20
15
2004
2005
2006
Gesamt
2007
2008
Männer
2009
2010
2011
Frauen
RAUCHERWERTE «FAGERSTRÖM»2
(Eintritte 2004 bis 2011)
Der Anteil der Nikotinkonsumenten unter den Patientinnen und Patienten betrug 2011 79% (n=211), wobei der durchschnittliche Fagerström-Wert der Rauchenden bei 5.4 lag. Insgesamt zeigt sich, nach
der leichten Zunahme im Vorjahr (5.5), erneut ein leichter Rückgang
der Fagerström-Werte, wie dies in den Jahren zuvor gesamthaft zu
beobachten war. Auch 2011 liegt der durchschnittliche Abhängigkeitsgrad bei den Frauen (n=50) mit 5.2 etwas tiefer als bei den Männern
(5.4, n=161). Wobei ein Fagerström-Wert > 4 und < 6 als mittlere
Abhängigkeit definiert ist.
2011 gelang es 13 Personen während ihres Aufenthaltes in der Forel
Klinik mit dem Rauchen aufzuhören. Rund 35% der Raucherinnen und
Raucher konnten ihren Nikotinkonsum während der Behandlungszeit
reduzieren. Dies spiegelt sich auch in den Fagerström-Werten bei Austritt der rauchenden Patient/innen durch eine signifikante Abnahme
des durchschnittlichen Abhängigkeitsgrades von 5.4 bei Eintritt auf 4.8
bei Austritt.
1
2
7
6.5
6
5.5
5
4.5
4
2004
2005
2006
Gesamt
2007
2008
Männer
2009
2010
2011
Frauen
The Alcohol Use Disorders Identification Test AUDIT: Maximale Punktzahl 40, wobei ab 8 Punkten ein Gesundheitsrisiko besteht.
FAGERSTRÖM: Skala von 1 bis 10 (0–5: geringe bis mittlere Abhängigkeit / 6–10: starke bis sehr starke Abhängigkeit)
Forel Klinik
4
Zusatzmodul Psychische Komorbidität
Executive Summary | Teil 2
Psychische Komorbidität: Die Bedeutung von Entstehungsmodellen
für Diagnostik und Therapie
Susanne Rösner
Jeder zweite alkoholabhängige Patient entwickelt im Laufe seines
Lebens neben der Abhängigkeitserkrankung eine weitere psychische
Störung, in der Allgemeinbevölkerung ist „nur“ jeder Fünfte von einer
psychischen Störung betroffen (Lieb 2007). Damit verdoppelt eine
Alkoholabhängigkeit das Risiko weiterer psychischer Erkrankungen.
Die aus statistischer Sicht überzufällig häufige Koinzidenz substanzbezogener und anderer psychischer Störungen ist unter anderem aus
der pharmakologischen Wirkung des Alkohols ableitbar. So beeinflusst
Alkohol eine Vielzahl unterschiedlicher Neurotransmitter-Systeme, unter anderem auch diejenigen Systeme, die an der Vermittlung von Entspannung, Belohnung und Euphorie sowie Stimmung und Impulskontrolle beteiligt sind. Welche dieser Wirkkomponenten des Alkohols im
Vordergrund steht, hängt von vielfältigen Faktoren wie biologischen
Dispositionen, aber auch Wirkungserwartungen sowie gesellschaft­
lichen und sozialen Rahmenbedingungen des Trinkens ab. Besonders
seine Eigenschaft, aversive Befindlichkeiten wie Spannungszustände
und Ängste abzuschwächen sowie seine einfache und praktisch immer
gegebene Verfügbarkeit, erklären die hohe Attraktivität des Alkohols
als Mittel der Selbstmedikation. Auf längere Sicht jedoch nimmt die
alko­holinduzierte Spannungsreduktion dem Betroffenen die Möglichkeit, effektive Strategien der Problembewältigung zu entwickeln.
Darüber hinaus tragen neurobiologische und enzymatische Anpassungsprozesse zur Entwicklung von Alkoholtoleranz und zu Symptomen der psychischen und physischen Abhängigkeit bei. So mündet der
anfangs als hilfreich erlebte Alkoholkonsum oftmals unweigerlich in
einen Kreislauf verstärkter Probleme und gesteigerten Konsums.
Neben der alkoholinduzierten Verstärkung psychischer Symptome und
Problembereiche kann der chronische Konsum von Alkohol aber auch
dazu führen, dass diese erst entstehen (Hypothese der sekundären
Abhängigkeit). So führen Prozesse der Gegenregulierung auf neurobiologischer Ebene dazu, dass durch Alkohol unmittelbar gehemmte Systeme langfristig hochreguliert und umgekehrt durch Alkohol verstärkte
Systeme im Laufe des chronischen Konsums abgeschwächt werden. So
kann die kontinuierliche Aktivierung des Systems, welches beruhigende Alkoholwirkungen vermittelt dazu führen, dass dieses nach
Dow-Regulierung Angst und Reizbarkeit auslöst. Neben einer unidirektionalen Kausalbeziehung zwischen Alkoholkonsum und Komorbidität
dürfte in vielen Fällen eine interaktive Beeinflussung wirksam werden,
bei der sich psychische Störungen und Alkoholwirkungen in einer
Art „Teufelskreis“ gegenseitig aufschaukeln (Moggi 2005). Weitere
Erklärungsmodelle gehen davon aus, dass die gemeinsam auftretende
Substanzabhängigkeit und Komorbidität durch gemeinsame Faktoren
wie genetische Prädispositionen oder Umweltfaktoren bedingt sind.
So gibt es Hinweise, wonach die Komorbidität von Alkoholabhängigkeit und ADHS auf einen bestimmten Phänotyp hinweist, der mit
einer besonders schweren Form der Alkoholabhängigkeit assoziiert ist
(Johann 2003).
Forel Klinik
Die psychische Komorbidität der Alkoholabhängigkeit bestimmt nicht
nur deren Ätiologie, sondern prägt auch deren Verlauf. Wie eine Reihe
klinischer Studien zeigen, wirkt sich psychiatrische Komorbidität
negativ auf den Verlauf alkoholbezogener Probleme aus. Dies betrifft
sowohl die Schwere der Abhängigkeit im unbehandelten Verlauf als
auch das Rückfallrisiko nach Therapie (Übersicht bei Shivani 2002).
Eine an der Forel Klinik durchgeführte Untersuchung im Rahmen einer
Dissertationsarbeit findet Hinweise, wonach die Progression der alkoholbezogenen Symptomatik bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen schneller verläuft als in der Vergleichsgruppe (Schwemmer 2011).
Sowohl die eingangs dargestellten Hypothesen zur Krankheitsentwicklung und die Ergebnisse zum Krankheitsverlauf verdeutlichen die
Notwendigkeit, therapeutische Angebote für Patienten mit Doppeldiagnosen integrativ zu gestalten und einerseits die Funktionalität des
Alkoholkonsums in Hinblick auf die komorbide Symptomatik in die
Behandlung der Abhängigkeitserkrankung einzubeziehen, andererseits
der Behandlung der komorbiden Symptomatik einen adäquaten Stellenwert in der Therapie einzuräumen. Die Berücksichtigung psychischer Komorbidität als Zuteilungskriterien individualisierter Ansätze
der Alkoholbehandlung wird dadurch unumgänglich.
Wesentliche Voraussetzung integrativer und individualisierter Behandlungskonzepte ist eine umfassende Diagnostik von Abhängigkeit und
Komorbidität sowie die Klärung der Kausalität der Beziehung. Die Anamnese des Verlaufs von Substanzkonsum und psychischer Symptombelastung sowie die Veränderung der Komorbidität in konsumfreien
Phasen sind dabei von erheblicher Bedeutung. Die Weiterentwicklung
von Screeing-Instrumenten, welche eine differentielle Diagnostik
der Komorbidität leisten, aber auch die Entwicklung therapeutischer
Ansätze, die Abhängigkeit und psychische Komorbidität integrativ
berücksichtigen, werden wesentliche Herausforderungen zukünftiger
Entwicklungen in Diagnostik und Therapie der Alkoholabhängigkeit
sein.
Literatur:
Lieb R, Isensee B (2002). Häufigkeit und zeitliche Muster von Komorbidität. In:
Moggi F (Hrsg.): Doppeldiagnosen. Komorbidität psychischer Störungen und
Sucht (S. 31-62). Bern: Huber 2002.
Moggi F. (2005). Etiological theories on the relationship of mental disorders
and substance use disorders. In R. Stohler & W. Rössler (Eds.), Dual diagnosis.
(pp. 1-14). Basel: Karger.
Johann M., Bobbe G., Putzhammer A., Wodarz N. (2003): Comorbidity of
alcohol dependence with attention-deficit hyperactivity disorder: differences
in phenotype with increased severity of the substance disorder, but not in
genotype (serotonin transporter and 5-hydroxytryptamine-2c receptor). Alcohol.
Clin. Exp. Res. 27, 1527-1534.
Shivani R, Goldsmith R, Anthenelli R. (2002). Alcoholism and psychiatric disorders: Diagnostic challenges. Alcohol Research and Health, 26(2), 90–98.
Schwemmer H. (2011). Doppeldiagnosen in stationärer suchtspezifischer
Behandlung: Prävalenz und Zusammenhang mit behandlungsrelevanten Patientenmerkmalen. Medizinischen Fakultät der der Universität Zürich. Unveröffentlichte Dissertation.
5
Zusatzmodul Psychische Komorbidität
Executive Summary | Teil 2
HAUPT- UND NEBENDIAGNOSEN
(Austritte 2007 bis 2011)
Seit Einführung der act-info Statistik werden bei Austritt neben den
Hauptdiagnosen auch Nebendiagnosen erfasst. Wie für die Forel Klinik
zu erwarten ist, lagen bei Austritt der Patient/innen über all die Aufzeichnungsjahre zu 99% Störungen durch psychotrope Substanzen (F1)
als Hauptdiagnosen vor. Dies ist auch die am häufigsten gestellte erste
Nebendiagnose bei Austritt, zwischen 46% (2008) und über 70% (2006).
Wie aus der Grafik ersichtlich wurden bei den Patient/innen der Forel
Klinik zwischen 8 % (2011) und 50% (2008) komorbide Störungsbilder
diagnostiziert oder bestätigt. Der höchste Anteil ist im Jahre 2008 zu
verzeichnen. Bei 17% der Patient/innen wurde eine affektive Störung
(F3), bei 13% eine Persönlichkeits- oder Verhaltensstörung (F6) und
bei weiteren 12% eine neurotische, Belastungs- oder somatoforme
Störung (F4) als erste Nebendiagnose gestellt. Trotz grosser Varianz
hinsichtlich des prozentualen Anteils komorbider Störungen, waren
die drei erwähnten Störungsbilder in allen Aufzeichnungsjahren am
häufigsten vertreten. Der prozentuale Anteil dieser liegt für die Jahre
2004 bis 2011 zwischen knapp 5% (2006) und 17% (2008). Selten
wurden Störungsbilder aus dem schizophrenen Formenkreis (F2) sowie
hyperkinetische Störungen diagnostiziert oder bestätigt. Eine detaillierte Ansicht der ersten Nebendiagnose zeigt die folgende Grafik.
2011 (n=364)
2010 (n=364)
2009 (n=412)
2008 (n=368)
2007 (n=341)
2006 (n=307)
2005 (n=291)
2004 (n=292)
0%
10%
20%
F9 30%
F7 40%
F6 F5 50%
F4 60%
F3 70%
F2 80%
F1 KOMORBIDE DIAGNOSEN
(Austritte 2011)
Exemplarisch für alle Aufzeichnungsjahre zeigt die Grafik die Verteilung der diagnostizierten oder bestätigten ersten Nebendiagnosen im
Berichtsjahr 2011. Wie bereits erwähnt weisen die PatientInnen mit
komorbidem Krankheitsbild, neben der Störung durch psychotrope
Substanzen, am häufigsten zusätzlich eine affektive Störung auf.
Bei Austritt war die am häufigsten diagnostizierte oder bestätigte
Diagnose (n=14, 4%) eine rezidivierende depressive Störung (F33.xx).
Weitere Diagnosen dieses Krankheitsbilds waren depressive Episoden
(n=9). Jeweils 12 Personen erfüllten die Kriterien einer Persönlichkeitsoder Verhaltensstörung (F6) bzw. einer neurotischen, Belastungs- oder
somatoformen Störung (F4).
Reaktionen auf schwere Belastungen oder eine Anpassungsstörung
(F43) wurden bei sechs Patient/innen diagnostiziert und vier weitere
erfüllen die Kriterien einer phobischen Störung (F40). Bei den F6
Diagnosen handelt es sich mit einer Ausnahme ausschliesslich um
spezifische Persönlichkeitsstörungen. Innerhalb dieses Krankheitsbildes sind die ängstlichen (vermeidenden) (F60.6) gefolgt von den
emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen (F60.31 Borderline-Typ)
am häufigsten vertreten.
Mit Ausnahme der F6 Diagnosen zeigt der Geschlechtervergleich
nur geringfügige Unterschiede in der prozentualen Verteilung dieser
Krankheitsbilder. 75% der Persönlichkeitsstörungen wurden bei Patientinnen diagnostiziert oder bestätigt. Demgegenüber war dies für die
hyperkinetischen Störungen (F90) ausschliesslich bei Männern der Fall.
Forel Klinik
F34.x
F33.xx
F32.xx
F31.xxx
F43.xx
F42.x
F41.x
F40.xx
F61.0
F60.8
F60.6
F60.5
F60.4
F60.31
F60.30
F60.xx insgesamt
F90.0
0
2
4
6
8
in % aller Austri-e (n=364) 10
12
14
16
n 6
Zusatzmodul Psychische Komorbidität
Executive Summary | Teil 2
Forel Klinik
Eintritt 2011
(Eintritte 2011 und Austritt 2011)
Sowohl bei Ein- als auch bei Austritt werden die Patient/innen nach
schweren psychischen Problemen in den vergangenen 30 Tagen
befragt. Des Weiteren interessiert, ob es bis zu ihrem Eintritt eine
bedeutende Zeitspanne gab, in der sie an solchen Symptomen litten.
Erfasst werden dabei schwere Depressionen, Angst- und Spannungszustände, kognitive Probleme, Halluzinationen, Probleme mit der
Gewaltkontrolle, medikamentös behandelte psychische Probleme
sowie Suizidgedanken und -versuche. Zu beachten ist, dass im act-info
Fragebogen bei der Frage nach psychischen Problemen mehrfach
Antworten möglich sind.
Wie die Grafik zeigt, berichteten 45% der Patient/innen an keinem
dieser Probleme zu leiden. Bei Austritt waren dies insgesamt 53% der
Patient/innen.
Befragt nach der 30-Tage-Prävalenz berichteten 20% der Patient/innen
an depressiven Symptomen zu leiden und/oder von medikamentös
behandelten psychischen Problemen (17%). In etwa gleich ist der
prozentuale Anteil erfasster kognitiver Probleme und/oder Angst- und
Spannungszuständen (12% bzw. 13%).
Insgesamt ist für alle erfragten psychischen Probleme bei Austritt der
Patient/innen aus der Forel Klinik ein Rückgang zu verzeichnen. Dies
trifft insbesondere für die depressiven Symptome (6%), die Angst- und
Spannungszustände (9%) sowie die kognitiven Probleme (9%) zu.
Demgegenüber zeigt sich bei Austritt ein leichter Anstieg der medikamentös behandelten Symptome (19%). Dieser stieg insbesondere bei
den Frauen von 19% bei Eintritt auf 23% bei Austritt.
Im Geschlechtervergleich findet sich bei allen erfassten psychischen
Problemen ein höherer prozentualer Anteil bei den Frauen als bei den
Männern. Diese bewegen sich aber im Zentelbereich. Augenscheinlich
ist der Unterschied für die Angst- und Spannungszustände, 17% der
Frauen und 11% der Männer berichteten bei Eintritt daran zu leiden.
Vor Austritt wird dieser Unterschied noch gösser, wie für die kognitiven
Probleme zeigt sich kaum eine Veränderung der Anzahl Frauen, die
bei Austritt von diesen Symptomen berichten. Rund die Hälfte dieser
Patientinnen litt sowohl bei Eintritt als auch in den Tagen vor Austritt
an Angst- und Spannungszuständen und/oder kognitiven Problemen.
Austritt 2011
PSYCHISCHE PROBLEME
andere psychische Probleme
Suizidversuche
Suizidgedanken
medi. Behandelte psychische
Probleme
Gewaltkontrolle
Halluzinationen
kognitive Probleme
Angst-, Spannungszustände
Depressionen
keine
andere psychische Probleme
Suizidversuche
Suizidgedanken
medi. Behandelte psychische
Probleme
Gewaltkontrolle
Halluzinationen
kognitive Probleme
Angst-, Spannungszustände
Depressionen
keine
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%
Insgesamt (n=291)
Männer (n=209)
Frauen (n=82)
7
Zusatzmodul Psychische Komorbidität
Executive Summary | Teil 2
Frauen (n=82)
(Eintritte 2011 und Austritt 2011)
Die Patient/innen, die in die Forel Klinik ein- und ausgetreten sind,
wurden in drei Gruppen zusammengefasst: (1) Personen, die an keinen
der oben erwähnten psychischen Problemen litten, (2) Personen,
die ein bis zwei und (3) diejenigen, die drei oder mehr Symptome
berichteten. Vergleicht man diese Patientengruppen basierend auf der
Anzahl vorhandener Symptome pro Person, zeigt sich im Verlauf der
Aufzeichnungsjahre, wie für das Berichtjahr 2011 (vgl. Grafik), ein
relativ ausgeglichenes Bild.
Über die gesamte Lebensspanne nie eine bedeutende Zeitspanne
durchlebt zu haben, während der sie an einem der genannten psychischen Probleme gelitten haben, wird durchschnittlich von 39% der
Patient/innen berichtet. Im Monat vor Eintritt trifft dies jeweils noch
auf gut 50% der Patient/innen zu. Bei Behandlungsende sind dies
über 60%. Der Vergleich zwischen der 30-Tage-Prävalenz bei Ein- und
Austritt zeigt sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern eine
signifikante Veränderung bezüglich Anzahl psychischen Symptomen
bei Behandlungsende (Männer: Z = -4.3; p = .000, Frauen: Z = -2.1; p
= .036). Eine positive Veränderung hin zu weniger psychischen Problemen trifft auf 27% der Männer und 25% der Frauen zu.
Männer (n=209)
ANZAHL PSYCHISCHER PROBLEME
3 und mehr Symptome
1-2 Symptome
keine
3 und mehr Symptome
1-2 Symptome
keine
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%
Austritt
Eintritt
Lebensspanne
DURCHSCHNITTLICHER ALKOHOLKONSUM
UND ANZAHL PSYCHISCHER SYMPTOME
Forel Klinik
Eintritt
3 und mehr Symptome
1-2 Symptome
keine Symptome
Lebensspanne
(Eintritte 2011)
Die act-info Daten erlauben keine Aussage über komorbide Störungen
der Patient/innen zum Zeitpunkt ihres Eintritts in die Entwöhnungs­
behandlung. Die Annahme, dass Patient/innen mit komplexer
Symptomatik einen schwierigeren Behandlungsverlauf bzw. höherem
Alkoholkonsum im Vorfeld aufweisen, wurde deshalb anhand der
Anzahl zusätzlicher psychischer Probleme (s. Seite 7) untersucht.
Setzt man die Zahl der psychischen Prbleme in Beziehung zur durchschnittlich konsumierten Menge Alkohol pro Tag, zeigt sich tendenziell
ein positiver Zusammenhang (vgl. Grafik), insgesamt trifft dies für
die 30-Tage-Prävalenz vor Eintritt in die Forel Klinik als auch für die
Lebenszeitprävalenz zu.
Vergleicht man die Gruppen nach Geschlecht, finden sich Unterschiede
bezüglich durchschnittlich konsumierter Ethanol-Menge aber kaum bezüglich der Verteilung. Sowohl für die Frauen als auch für die Männer
steigt der durchschnittliche Alkoholkonsum mit der Anzahl psychischer
Symptome 30 Tage vor Eintritt. Die Mittelwerte der Patientinnen liegen
bei 118 g, 131 g, 171 g Ethanol pro Tag, die der Männer bei 174 g,
197 g, 214 g.
Betrachtet man die Lebenszeitprävalenz verschwindet dieser positive
Zusammenhang. Unabhängig der Anzahl psychischer Symptome konsumierten die Frauen durchschnittlich 127 g bis 131 g Ethanol pro Tag,
wobei die Höchstmenge von 399 g in der Gruppe der Patientinnen zu
finden ist, die ein bis zwei Symptome über die gesamte Lebensspanne
berichteten. Der höchste durchschnittliche Konsum (198 g Ethanol/
Tag) findet sich bei den Männern in der Gruppe derer, mit drei und
mehr psychischen Problemen. Die Höchstmenge von 651 g Ethanol pro
Tag konsumierte ein Patient, der keine psychischen Probleme berichtete, weder über die Lebensspanne noch vor Eintritt.
3 und mehr Symptome
1-2 Symptome
keine Symptome
0
50
100
Männer (n=226)
150
200
250
Frauen (n=84)
8
Zusatzmodul Psychische Komorbidität
Executive Summary | Teil 2
ANZAHL PSYCHISCHER SYMPTOME
UND ENTZÜGE
(Eintritte 2011)
Die Annahme des Zusammenhangs zwischen komplexer Symptomatik
und der Schwere des Krankheitsverlaufs wurde anhand der Zahl und
Art vorausgegangener Entzüge überprüft.
Für die Grafik wurde die Zahl der Entzüge in Beziehung gesetzt mit
der Anzahl psychischer Probleme über die Lebensspanne.
Wie aus der Grafik ersichtlich steigt der prozentuale Anteil der Patient/
innen, die zwei und mehr vorausgegangene Entzüge berichten mit der
Zahl der psychischen Probleme.
24% Der Patient/innen, die von keinen Symptomen berichten, hatten
vor Eintritt in die Forel Klinik zwei oder drei Entzugsbehandlungen
hinter sich und 13% vier und mehr. Demgegenüber erhöht sich der
Anteil derer mit mehreren Entzugsbehandlungen in der Gruppe der
Patient/innen mit ein bis zwei Symptomen auf 26% (2-3 Entzüge) bzw.
auf 18% (3 und mehr Entzüge). 38% der Patient/innen mit drei und
mehr psychischen Symptomen unterzogen sich zwei oder drei Mal
einer Entzugsbehandlung und 24% gar vier und mehr.
Bezüglich Art der Entzüge fand sich kein Unterschied zwischen den
Gruppen. Bei rund 80% der Patient/innen war der Entzug medikamentös unterstützt.
3 und mehr Symptome (n=74)
1-2 Symptome (n=128)
keine Symptome (n=155)
0%
4 und mehr Entzüge
10%
20%
30%
2-3 Entzüge
ein Entzug
20%
40%
40%
50%
kein Entzug
MEDIKAMENTE
(Austritte 2011)
Der Anteil Patient/innen, die während der Behandlung verordnete
Medikamente einnahmen, stieg während der Aufzeichnungsjahre 2004
bis 2011 kaum an. Berücksichtigt wurden für die Auswertung diejenigen Arzneimittel, die mindestens einmal täglich eingenommen wurden
und verordnet waren. Zu beachten gilt, das der act-info Fragebogen
bezüglich Medikamente Mehrfachantworten zulässt. Der prozentuale
Anteil der Patient/innen, die medikamentös behandelt wurden, änderte sich in den letzten fünf Aufzeichnungsjahren nur wenig. Waren es
2004 und 2005 noch rund 70% der Patient/innen, stieg der Anteil in
den folgenden Jahren auf durchschnittlich 83%.
Einen geringen Anteil nahmen über die Aufzeichnungsjahre bis 2009
die Tranquilizer sowie die Psychostimulantien ein (0.5-2.5%). Leichte
Schwankungen finden sich über die Jahre für die Verordnung der
Analgetika und der nicht näher spezifizierten Arzneimittel. Durchschnittlich nahmen an 38% der Patient/innen nicht näher spezifizierte
Medikamente ein und/oder weitere 8% nahmen täglich Analgetika
ein.
Auffallend ist der kontinuierliche Rückgang verordneter Antidepres­
siva. 2004 nahmen diese noch 59% der Patient/innen ein, 2011 waren
dies noch 49%. Demgegenüber stieg der prozentuale Anteil verordneter Neuroleptika von 5% (2004) bis 17% (2011).
Kaum einen Unterschied findet sich zwischen den Geschlechtern.
Mit Ausnahme der nicht näher spezifizierten Medikamente, war der
prozentuale Anteil bei den Frauen für alle anderen Arzneimittel leicht
höher, einzig die Antidepressiva wurden den Patientinnen zwischen
10% und 20% öfters verordnet.
Forel Klinik
2011 (n=301)
2010 (n=309)
2009 (n=350)
2008 (n=314)
2007 (n=276)
2006 (n=250)
2005 (n=198)
2004 (n=204)
0%
10%
andere
Neuroleptika
Tranquilizer (nicht Benzo)
Analgetika
30%
50%
60%
70%
Psychostimulantien
Antidepressiva
Tranquilizer (Typ Benzo)
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Basismodul
Executive Summary | Teil 1
Eine Initiative der Forel Klinik
und der Klinik Südhang
Kontakt:
atf schweiz, Forel Klinik, Islikonerstrasse 5, 8548 Ellikon an der Thur, [email protected]
atf schweiz, Klinik Südhang, Südhang 1, 3038 Kirchlindach, [email protected]
[email protected]
www.atf-schweiz.ch
Forel Klinik
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