„Sorgt als Hirten für die euch anvertraute Herde Gottes“ (1 Petr 5,2) „Hirte sein“ – warum braucht die Kirche überhaupt Hirten oder Bischöfe? Was macht einen Bischof aus? God for you(th), Benediktbeuern Katechese am 1.6.2014, P. Reinhard Gesing Hirt und Herde Eure Ältesten ermahne ich, da ich ein Ältester bin wie sie und ein Zeuge der Leiden Christi und auch an der Herrlichkeit teilhaben soll, die sich offenbaren wird: Sorgt als Hirten für die euch anvertraute Herde Gottes, nicht aus Zwang, sondern freiwillig, wie Gott es will; auch nicht aus Gewinnsucht, sondern aus Neigung; seid nicht Beherrscher eurer Gemeinden, sondern Vorbilder für die Herde! Wenn dann der oberste Hirt erscheint, werdet ihr den nie verwelkenden Kranz der Herrlichkeit empfangen. Sodann, ihr Jüngeren: ordnet euch den Ältesten unter! Alle aber begegnet einander in Demut! Denn Gott tritt den Stolzen entgegen, den Demütigen aber schenkt er seine Gnade. (1 Petr 5,1-5) 1 Petr = Brief vom Ende des 1. Jh. an Christengemeinden in Kleinasien, die von Verfolgung bedroht waren 1. Die Kirche ist die Gemeinschaft der Jüngerinnen und Jünger Jesu • Vor Gott sind alle Menschen gleich! Das gilt erst recht für das VOLK GOTTES, die Gemeinschaft der vom Herrn selbst in seine Nachfolge gerufenen Jüngerinnen und Jünger! • Vor aller Unterscheidung gibt es in der Kirche durch die TAUFE eine wahre Gleichheit der Würde aller Gläubigen (LG 32). • Alle Gläubigen haben Anteil am „allgemeinen Priestertum“ (LG 10). • „LAIE“ = Würdebezeichnung: Mitglied des „laos theou“ = des Volk Gottes • Alle Gläubige zusammen sind Kirche, nicht nur sog. „Amtskirche“. • Damit das „pilgernde Gottesvolk“ nicht aufhört, dem Herrn entgegen zu gehen und das Evangelium zu verkünden, gibt es die ÄMTER, die dem Aufbau des „Leibes Christi“ zu dienen haben. 2. Jesus gibt seine Sendung weiter • Jesus Christus = der Gesandte des Vaters, der gekommen ist, das Reich Gottes zu bringen. • Der Auferstandene gibt seine Sendung weiter an die, die er auserwählt hat (Joh 20,21), und verspricht ihnen seinen Beistand (Mt 28,19). – „APOSTEL“ = Gesandte, Bevollmächtigte • Die Apostel wissen sich vom Auferstandenen selbst dazu bevollmächtigt, durch Handauflegung und Gebet ihre Vollmacht an ihre Nachfolger zu übertragen (2 Tim 2,6; 1 Tim 4,14; 5,22 u.a.). Gott Vater Jesus Christus Apostel Nachfolger der Apostel (Episkopen, Presbyter) Das kirchliche Amt ist nicht einfach eine menschliche Erfindung, sondern über alle soziologischen Aspekte hinaus eine göttliche Einrichtung. Durch Handauflegung und Gebet werden gemäß Schrift und Tradition von Alters her Einzelne aus dem Volk ausgewählt und zum Dienst am Volk Gottes bevollmächtigt. Sie stehen im Dienst Christi, des Hauptes, und im Dienst seines Leibes, der Kirche. Die Kirche ist daher auch keine Demokratie. 3. Vielfalt der Ämter • Das Neue Testament kennt eine Vielfalt von Ämtern: – – – – – – Apostel Propheten Lehrer Diakone Presbyteroi (=Älteste, eher in judenchristl. Gemeinden) Episkopen (= Vorsteher, Aufseher) (eher in heidenchristl. Gem.) • Aufgaben: – Leitung der Gemeinde (Dienst der Leitung) – Verkündigung des Evangeliums (Dienst der Verkündigung) – Spendung der Taufe, Leitung des Herrenmahles, Sündenvergebung (Dienst der Heiligung) – Bestellung von Nachfolgern als Vorsteher – stellvertretendes Gebet – Vorbildfunktion 4. Bischof: Garant der Einheit • • Ende des 1. Jahrhunderts: Christenverfolgung, aufkommende Irrlehren u. Konflikte Ignatius von Antiochien (+ um 115 n. Chr. in Rom): – – – – – – • • • gilt als Schüler des Apostels Johannes Bischof von Antiochien Märtyrer Verfasser der „sieben heiligen Briefe“ seine zentrale Sorge: Einheit der Kirche und des Glaubens, Treue zur Überlieferung Einer der wichtigsten Wegbereiter des heutigen Verständnisses des Bischofsamtes Seine Überzeugung: Um Einheit zu wahren, sei die hierarchische Organisation der Kirche mit den drei Ämtern Bischof, Priester und Diakon nötig. Bischof = einheitsstiftendes Zentrum der Gemeinde („Monepiskopat“) Bischof kommt alle Autorität in Lehr- und Ordnungsfragen zu: – „Es ist klar, dass man den Bischof wie den Herrn selbst ansehen muss.“ (Brief an Epheser, 6). – „.Alle sollt ihr dem Bischof gehorchen wie Jesus Christus dem Vater, und auch dem Presbyterium wie den Aposteln; die Diakonen aber ehret wie Gottes Anordnung. Keiner tue ohne den Bischof etwas, das die Kirche angeht. Nur jene Eucharistie gelte als die gesetzmäßige, die unter dem Bischof vollzogen wird oder durch den von ihm Beauftragten. (…) Wer den Bischof ehrt, wird von Gott geehrt; wer ohne den Bischof etwas tut, dient dem Teufel“. (Brief an die Smyrnäer, 8f). 5. Welche Aufgaben haben Bischöfe? • BISCHÖFE haben die Verantwortung für die ihnen anvertraute Teilkirche und Mitverantwortung für die ganze KIRCHE. Sie üben ihre Autorität aus in der Gemeinschaft miteinander und für die ganze Kirche unter der Leitung des PAPSTES. • Bischöfe müssen in erster Linie APOSTEL sein – treue Zeugen Jesu, der sie persönlich in seine Nähe gerufen und gesandt hat. So bringen sie Christus zu den Menschen und die Menschen zu Christus. Dies geschieht durch ihre VERKÜNDIGUNG, die Feier der SAKRAMENTE und die LEITUNG der Kirche. • Als Nachfolger der Apostel übt der Bischof sein Amt kraft eigener apostolischer Vollmacht aus; er ist nicht ein Beauftragter oder eine Art Assistent des Papstes. Doch handelt er mit und unter dem Papst. (Youcat Nr. 144) Dienst des Bischofs (m. seinen Mitarbeitern, den Priestern u. Diakonen) Dienst der Heiligung Jesus Christus, das Haupt der Kirche, vergegenwärtigen; Handeln im Namen Jesu Christi als Gegenüber der Gemeinde Dienst des Wortes Dienst der Leitung Dieser dreifaltige Dienst (des Wortes, der Heiligung, der Leitung) soll den Glauben der apostolischen Zeit sichern und der Einheit und Entfaltung der missionarischen Kirche dienen. Sie dürfen deshalb in der Kirche nie fehlen. Das dreigestufte Amt (Bischof, Priester, Diakone) ist aus katholischer, orthodoxer und angklikanischer Sicht für die Kirche grundlegend. Die Fülle des Amtes hat der Bischof inne. 6. Amtsausübung im Geist des Evangeliums Krummstab = seit 9. Jh. äußeres Zeichen des bischöflichen Hirtenamtes. Erinnert an ursprüngliche Hirtenstäbe, die Gehhilfe waren, aber auch Geräte, um wilde Tiere zu verscheuchen bzw. Schafe einzufangen. Hier Hirtenstab von Bischof Stefan Oster aus Domschatz: betender Bruder Konrad v. Madonna von Altötting. • Bild des Hirten für Amtsträger: „Weide meine Schafe!“ (Joh 21,15.16.17) • Oberster Hirte und Vorbild = Jesus Christus, das Haupt der Kirche (vgl. z.B. Lk 15, Joh 10) • Amt = Dienst: „Wer der Erste sein will, soll der Sklave aller sein“ (Lk 22,26) • Hohe Anforderungen an die Person (vgl. 1 Tim 3,1-7) • „Kollegial“: in Einheit mit Bischofskollegium und Papst • Dialogisch: hinhören auf den Geist Gottes in Brüdern und Schwestern – Partizipation, Mitverantwortung • Denn: „Mit euch bin ich Christ, für euch bin ich Bischof. Ich will nicht in den Himmel kommen ohne euch.“ (Augustinus, Predigt 17,2) 7. Was „nutzt“ mir/uns der Bischof? • Bischof verweist auf „Hirten und Bischof unserer Seelen“: Jesus Christus (1 Petr 2,25) • Zeichen der Einheit mit Ursprung und mit Weltkirche: Einheit des apostolischen Glaubens durch alle Zeiten und über alle Grenzen hinweg • Verantwortung dafür, – – – – dass auch hier und heute allen das Evangelium verkündet wird dass der Glaube in den Sakramenten gefeiert werden kann dass den Bedürftigen geholfen wird (z.B. Ausbildung u. Beauftragung von Seelsorgern u. Seelsorgerinnen; Sorge um zeitgemäße pastorale u. caritative Strukturen u. Einrichtungen, Sorge um Finanzen etc.) • Bischof = ordentlicher Spender des Firmsakramentes: – volle Aufnahme in die Kirche, – Sendung als mit dem Geist be-stärkte Zeugen des Evangeliums; – Firmung = Sakrament der Mündigkeit • Bischof erinnert uns: Seid auch ihr in der Nachfolge des Guten Hirten einander Hirten und seid Hirten den Ausgegrenzten und Armen! 8. Jesus, der Gute Hirte – Vorbild für die Hirten aller Zeiten Alle Zöllner und Sünder kamen zu Jesus, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen. Da erzählte er ihnen ein Gleichnis und sagte: Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Steppe zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern, und wenn er nach Hause kommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir; ich habe mein Schaf wiedergefunden, das verloren war. Ich sage euch: Ebenso wird auch im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren. Priscilla-Katakombe, (Lk 15,1-7; vgl. auch Joh 10) Rom 3. Jh. „Seid Hirten mit dem ‚‘Geruch der Schafe‘! Das soll man riechen. Hirten inmitten ihrer Herde und Menschenfischer.“ (Papst Franziskus in seiner Predigt für die Priester in der Chrisam-Messe am Gründonnerstag, 28.3.2013) Oben: Professkreuz der Salesianer Don Boscos mit Gutem Hirten der PriscillaKatakomben. Rechts: Bischofskreuz (Pectorale) von Papst Franziskus, das er auch schon als Erzbischof von Buenos Aires trug. Oben: Bischofskreuz von Bischof Stefan Oster SDB mit großer Ähnlichkeit zum Professkreuz der SDB Du kennst die Deinen: die in der ersten und die in der letzten Reihe, die Hinkenden und die Lahmen, die Gehorsamen und die Verweigerer, die Lauten und die Leisen, die Begeisterten und die Zweifler, die Stöhnenden und die Singenden, die am Rand und die in der Mitte, die schwarzen Schafe und die gescheckten. Du kennst die Deinen und die Deinen kennen dich. (Eleonore Beck)