Dokument_1 - OPUS Würzburg

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Aus dem Institut für Pathologie
der Universität Würzburg
Vorstand: Professor Dr. med. Hans Konrad Müller-Hermelink
Kombinierte zytogenetische und morphologische Analyse
follikulärer Non-Hodgkin Lymphome. Eine neue rekurrente
chromosomale Aberration bei prädominant diffusen follikulären
Lymphomen.
Inaugural - Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde der
Medizinischen Fakultät
der
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
vorgelegt von
Antje Laufer
aus Pforzheim
Würzburg, März 2008
Referent: Prof. Dr. med. German Ott
Koreferent: Prof. Dr. med. Holger Höhn
Dekan: Prof. Dr. med. M. Frosch
Tag der mündlichen Prüfung: 15.09.2008
Die Promovendin ist Ärztin
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung
1
1.1.
Maligne Lymphome: Definition und historische Aspekte
1
1.2.
Lymphomklassifikationen
1
1.3.
Die WHO-Klassifikation maligner Lymphome
3
1.4.
Das follikuläre Non-Hodgkin Lymphom (FL)
4
1.5.
Grading follikulärer Lymphome
5
1.6.
Zytogenetik der follikulären Lymphome
6
1.7.
Zielsetzung der vorliegenden Arbeit
7
2.
Material und Methoden
8
2.1.
Untersuchungsmaterial
8
2.2.
Klassifikation der follikulären Lymphome
8
2.3.
Immunhistochemische Untersuchungen
9
2.4.
Die Ermittlung des Mitoseindex
10
2.5.
Die Bestimmung des Proliferationsindex
10
2.6.
Zytogenetische Untersuchungen
10
2.7.
Statistische Analysen
11
3.
Ergebnisse
12
3.1.
Follikuläre Lymphome mit überwiegend oder partiell follikulärem
Wachstumsmuster
12
3.1.1. Klassifikation und Histopathologie
12
3.1.2. Mitoseindex
14
3.1.3. Proliferationsindex
15
3.1.4. CD10 Expression
15
3.1.5. BCL-2 Expression
15
3.1.6. Expression von p53
15
3.1.7. Sekretorische Differenzierung (CIg)
16
3.1.8. Zytogenetische Analysen
16
3.2.
Follikuläre Non-Hodgkin Lymphome mit überwiegend
diffusem Wuchstyp
19
4.
Diskussion
23
4.1.
Follikuläre Lymphome Grad 1-3 mit follikulärem Wachstumsmuster 23
4.1.1. Morphologie und Grading follikulärer Lymphome
23
4.1.2. Immunphänotyp und Relation zu anderen Parametern
24
4.1.3. Chromosomale Aberrationen und Bedeutung für Verlauf
und Prognose
26
4.2.
Follikuläre Lymphome mit überwiegend diffusem Wachstumsmuster 27
5.
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
31
33
1.
Einleitung
1.1.
Maligne Lymphome: Definition und historische Aspekte
Maligne Lymphome sind primäre Neoplasien der Zellen des lymphatischen
Gewebes (der Lymphknoten, der Milz, der Tonsillen und des Knochenmarks)
und können auch primär extranodal (extralymphatisch) entstehen. Der Begriff
des malignen Lymphoms wurde erstmals von Rudolf Virchow (1821-1902)
erwähnt. Die Einteilung der malignen Lymphome erfolgt in die malignen
Lymphome vom Hodgkin-Typ und in die Non-Hodgkin Lymphome (NHL).
Als mögliche Risikofaktoren in der Entstehung eines Non-Hodgkin Lymphoms
wurden
der
soziale
Immundefizienzen,
Medikamente,
und
wirtschaftliche
bakterielle
Bestrahlungen,
und
virale
berufliche
Status,
familiäre
Infektionen,
Exposition,
Faktoren,
Impfungen
und
Tierkontakte,
Ernährungsgewohnheiten und Lebensstil erwähnt (Jaffe et al., 2001). Die
Ursache für die Entstehung der meisten Non-Hodgkin Lymphome ist
unbekannt. Die bedeutendsten Risikofaktoren sind eine angeborene oder
erworbene Immundefizienz, virale (humanes T-Zell-Leukämie-Virus Typ I,
Epstein-Barr-Virus, HI-Virus) und bakterielle (Helicobacter pylori) Infektionen,
die Therapie mit Diphenylhydantoin-haltigen antineoplastischen Medikamenten
und der Kontakt mit Pestiziden und organischen Lösungsmitteln
(Ferris
Tortajada et al., 2001).
1.2.
Lymphomklassifikationen
Im Jahre 1956 wurde von Rappaport (Rappaport et al., 1956) eine histologische
Klassifikation der malignen Lymphome vorgeschlagen, die 1966 in den AFIPBand: „Tumors of the Hematopoietic System“ integriert wurde. 1976 wurde
diese einer Revision unterzogen (Nathwani et al., 1976). Man unterschied einen
lymphozytischen, einen histiozytischen und einen gemischtzelligen Typ. Diese
1
Einteilung verbreitete sich unter dem Eindruck der klinischen Relevanz
zunehmend in den englischsprachigen Ländern, während in Deutschland bis
zur Einführung der Kiel-Klassifikation die sog. „einfache“ Lymphomeinteilung
(Lennert, 1967 und Lennert, 1969) Anwendung fand. Ursprünglich wurde die
Kiel-Klassifikation
für die
nodalen
Lymphome
definiert,
die
sich
von
verschiedenen Differenzierungsstadien der B-Lymphozyten ableiten (GerardMarchant et al., 1974). 1988 erschien die sog. Aktualisierte Kiel-Klassifikation,
in der auch die T-Zell Lymphome mitberücksichtigt wurden (Stansfeld et al.,
1988). Das Grundprinzip der Kiel-Klassifikation ist die zytomorphologische
Charakterisierung
der
neoplastischen
Zelle
mit
morphologischen,
immunologischen und molekularbiologischen Verfahren und ihr Bezug zu der
jeweiligen Ursprungszelle.
Lukes und Collins verwendeten zur zytologischen Charakterisierung zunächst
die Kernform (Lukes und Collins, 1974 und 1975). Sie unterschieden
Keimzentrumszellen mit gekerbten oder nicht gekerbten Kernen, sowie
lymphoide Zellen mit gyriformen Kernen. Diagnostisch berücksichtigten sie
bereits die Ableitung von der B- und T-Zell Reihe und von einer undefinierbaren
Zellreihe.
Die Working Formulation erschien 1982 und klassifizierte die Non-Hodgkin
Lymphome nach ihrer Prognose, dem Verlauf und der therapeutischen
Beeinflussbarkeit und enthält so Begriffe und Prinzipien der Klassifikationen von
Lukes und Collins und Rappaport. In der Working Formulation erfolgt die
Unterteilung in drei „prognostisch unterschiedliche“Gruppen. Sie basiert auf der
relativen Anzahl von großen und kleinen Zellen. Sind die kleinen Zellen in der
Überzahl, so handelt es sich um einen Tumor vom kleinzelligen Typ. Bei
Vorherrschen
von
großen
Zellen
ist
das
Lymphom
großzellig.
Ein
gemischtzelliger („mixed“) Tumor liegt dementsprechend vor, wenn weder
kleine, noch große Zellen in der Überzahl sind.
2
In jüngerer Zeit versuchte man, die Klassifikationen der malignen Lymphome zu
vereinheitlichen. Das Ziel war es, verlässliche epidemiologische und klinischtherapeutische Daten zu erhalten und einheitliche neue Behandlungsstrategien
auch und insbesondere für Lymphome, die auf die bisherige Therapie nicht
ansprachen,
zu
entwickeln.
Die
REAL-(Revised-European-American-
Lymphoma-) Klassifikation (Harris et al., 1994) basiert auf den Prinzipien der
Kiel-Klassifikation.
Sie
Lymphomentitäten
ein.
schließt
Das
aber
weitere
Grundprinzip
ist
definierte
die
extranodale
Definition
von
Krankheitsentitäten, die sich pathologisch-anatomisch, klinisch, immunologisch,
genetisch und möglichst auch pathogenetisch erkennen bzw. definieren lassen.
1.3.
Im
Die WHO-Klassifikation maligner Lymphome
Jahre
1995
wurde
ein
Projekt
der
European
Association
for
Hematopathology und der Society of Hematology gestartet - die Schaffung
einer WHO-Klassifikation des hämatopoetischen und lymphoiden Gewebes.
Nach ihrer Vervollständigung (WHO Classification of the Tumors of the
Hematopoietic and Lymphoid Tissues 2001) ist sie weltweit als erste allgemein
akzeptierte Klassifikation der hämatologischen Erkrankungen anerkannt und
basiert auf den Prinzipien, welche schon in der REAL-Klassifikation definiert
wurden. In der WHO-Klassifikation werden die Neoplasien primär nach ihrer
zellulären
Herkunft
definiert
(myeloisch,
lymphatisch
und
histiozytisch/dentritisch). Innerhalb solcher Gruppen werden die verschiedenen
Krankheiten nach ihrer Morphologie, dem Immunphänotyp, den genetischen
Eigenschaften und klinischen Syndromen definiert. Die WHO-Klassifikation
unterscheidet drei große Gruppen von lymphoiden Tumoren: B-Zell Lymphome,
T- und NK-Zell Neoplasien und Hodgkin Lymphome. Sowohl Lymphome als
auch Leukämien sind in diese Klassifikation eingeschlossen.
3
1.4.
Das follikuläre Non-Hodgkin Lymphom (FL)
Das follikuläre Lymphom ist eine überwiegend beim Erwachsenen auftretende
Erkrankung. Nur das follikuläre Lymphom vom großzelligen Typ kommt bei
einem geringen Prozentsatz der Bevölkerung unter 20 Jahren vor. Die
Häufigkeit des Auftretens der Erkrankung ist bei Männern und Frauen fast
gleich. In den USA und in Europa sind ungefähr 30-40% aller Non-Hodgkin
Lymphome follikuläre Lymphome (Jones et al., 1973).
Das follikuläre Lymphom ist eine Neoplasie von Keimzentrums-B-Zellen
(Zentrozyten/gekerbte Follikelzentrumszellen und Zentroblasten/nichtgekerbte
Follikelzentrumszellen). Brill (Brill et al., 1925) und Symmers (Symmers, 1927)
beschrieben follikuläre Lymphome erstmals als Krankheit und benannten die
dargestellten abnormen Proliferate lymphoider Follikel als „giant follicular
hyperplasia“oder „giant follicular lymphoma“(Gall et al., 1941).
In
der WHO-Klassifikation ist
der Begriff des follikulären Lymphoms
ausschließlich für Lymphome der Keimzentrumszellen definiert, die prinzipiell
follikulär oder diffus wachsen können. Zytogenetisch weisen die follikulären
Lymphome
oft
eine
charakteristische
chromosomale
Translokation
t(14;18)(q32;q21) auf. Molekularbiologisch liegt dieser Translokation ein
Rearrangement des BCL-2 Gens zugrunde, das unter den Einfluss des
Schwerketten-Promotors in 14q32 gerät. Hierdurch wird in den neoplastischen
Zellen/Follikeln das normalerweise im reaktiven Keimzentrum herunterregulierte
BCL-2 Protein überexprimiert, das sich auch immunhistochemisch nachweisen
lässt
und
diagnostische
Verwendung
findet.
Das
Resultat
dieser
Überexpression ist die Vermeidung des programmierten Zelltodes, der
Apoptose (Hockenberry et al., 1990; Reed, 1995; Tsujimoto et al., 1984).
Die
WHO-Klassifikation
empfiehlt
die
Subklassifikation
der
follikulären
Lymphome in 3 Kategorien entsprechend der Zentroblastenanzahl. Auch die
4
„diffusen“follikulären Lymphome sind als Variante eines follikulären Lymphoms
in die WHO-Klassifikation eingeschlossen.
1.5.
Grading follikulärer Lymphome
Berard und Kollegen (Berard et al., 1982) beschrieben eine auch heute noch
verwendete Methode, um follikuläre Lymphome in Subtypen einzuteilen (zu
„gradieren“). Diese basiert auf dem Auszählen der großen (noncleaved) Zellen
(Zentroblasten) pro zehn Gesichtsfelder in starker Vergrößerung (high power
field, Vergrößerung x40). Bei 0 bis 5 Blasten/HPF handelt es sich um ein
überwiegend kleinzelliges Lymphom (small cell follicular lymphoma), bei 6 bis
15/HPF um einen gemischtzelligen Tumor (mixed cell follicular lymphoma) und
bei mehr als 15 Zentroblasten/HPF um ein überwiegend großzelliges
follikuläres Lymphom (large cell follicular lymphoma).
Lennert (Lennert, 1978 und Lennert et al., 1983) berücksichtigte zwei
Parameter beim Grading follikulärer Lymphome - die Größe der Zentrozyten
und die Anzahl der Zentroblasten. Klinische Vergleichsuntersuchungen zeigten
eine Relevanz eines solchen Gradingsystems. Patienten mit einem Tumor, der
überwiegend aus großen Zentrozyten bestand, hatten eine geringere 5-JahresÜberlebensrate (17%) als Patienten mit einem FL mit überwiegend kleinen
Zentrozyten (42%). Eine statistische Signifikanz bestand jedoch nicht.
Die WHO-Klassifikation empfiehlt die Unterscheidung von drei Graden zur
Subklassifikation follikulärer Lymphome. Es werden dafür die Zentroblasten in
zehn „high power fields“von 0,159 mm² (1 Okular mit einem 18 mm-Blickfeld in
1-facher Vergrößerung und einem 40-er Objektiv) ausgezählt. Beim Grad 1
überwiegen Zentrozyten deutlich, und es sind nur bis zu 50 Zentroblasten pro
10 HPF vorhanden. Beim Grad 2 liegen 51 bis 150 Zentroblasten pro 10 HPF
vor. Bei mehr als 150 Zentroblasten pro 10 HPF handelt es sich um den Grad 3.
Sind in einem FL Grad 3 neben mehr als 15 Zentroblasten per HPF auch
5
Zentrozyten vorhanden, so handelt es sich um den Grad 3A. Beim Grad 3B
liegen ausschließlich Zentroblasten vor (Nathwani et al., 2001). Die follikulären
Lymphome der Grade 1 und 2 entsprechen weitgehend den niedrigmalignen
zentroblastisch-zentrozytischen Lymphomen der Kiel-Klassifikation. Follikuläre
Lymphome Grad 3 stimmen weitgehend mit den „hochmalignen“ follikulären
zentroblastischen Lymphomen überein (Lennert und Feller, 1992; Stansfeld et
al., 1988).
Zusätzlich zum Grad des follikulären Lymphoms unterscheidet man anhand des
Wachstumsmusters follikuläre und diffuse Typen. Bei einem follikulären Anteil
von über 75% handelt es sich um ein rein follikuläres Lymphom, bei einem
follikulären Anteil zwischen 25% und 75% um ein follikuläres und diffuses FL
und bei einem follikulären Anteil unter 25% um ein überwiegend diffus
wachsendes follikuläres Lymphom (Nathwani et al., 2001).
1.6.
Zytogenetik der follikulären Lymphome
Die Analyse chromosomaler Aberrationen in follikulären Lymphomen legt nahe,
dass praktisch alle Fälle zytogenetische Auffälligkeiten aufweisen (Mitelman,
1994). Hervorzuheben ist die Häufung von Translokationen (75-90%) zwischen
den langen Armen der Chromosomen 14 und 18, die t(14;18)(q32;q21). Auf
eine bessere oder schlechtere Prognose hat die Translokation t(14;18) jedoch
keinen Einfluss. In einigen Fällen findet man die variante Translokation
t(2;18)(p12;q21). Nur etwa 10% der Fälle weisen die t(14;18) als alleinige
chromosomale Aberration auf. Bei den übrigen Fällen treten neben der t(14;18)
zusätzliche strukturelle Aberrationen (vor allem in den Chromosomen 1, 2, 4, 5,
13 und 17) oder zusätzliche Chromosomen (X, 7, 12 oder 18) auf. In 20-40%
der B-Zell Lymphome treten Deletionen in 6q23-36 auf, die häufigste
Sekundäraberration bei t(14;18) positiven Fällen (Tilly et al., 1994). Diese
Deletionen werden in 6q21, 6q23 und 6q25-27 beschrieben und weisen auf das
6
mögliche Vorhandensein von drei verschiedenen Tumor-Suppressorgenen hin
(Offit et al., 1993).
1.7.
Zielsetzung der vorliegenden Arbeit
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, das zytomorphologische Spektrum und
das Antigenexpressionsprofil follikulärer Lymphome der Grade 1, 2 und 3A zu
charakterisieren und diese Merkmale in Korrelation zur mitotischen und
proliferativen Aktivität sowie zum Spektrum der zytogenetischen Aberrationen
zu setzen; der jeweilige Wert dieser individuellen Merkmale sollte für die
Bestimmung biologischer Entitäten definiert werden.
7
2.
Material und Methoden
2.1.
Untersuchungsmaterial
Von April 1990 bis Dezember 2001 wurden ca. 700 Fälle maligner Lymphome
im zytogenetischen Labor
des
Pathologischen
Institutes in Würzburg
untersucht. In die vorliegende Arbeit gingen Daten von 95 Lymphomen ein, bei
denen die histopathologische Diagnose eines follikulären Lymphoms bzw. eines
Lymphoms
mit
follikulärem Wachstumsanteil
gestellt
wurde
und
eine
zytogenetische Analyse durchgeführt worden war. In allen Fällen lag ein klonal
aberranter Karyotyp vor.
Diese 95 Fälle
waren das Ausgangsmaterial
für alle durchgeführten
Untersuchungen. Zur Zellgewinnung für die angestrebte Zytogenetik wurde ein
Teil des nativen Tumormaterials durch ein feines Kunststoffnetz gepresst und
unstimulierte
Kulturen
für
die
zytogenetischen
Untersuchungen
sofort
angesetzt. Weiteres Material wurde für die histopathologischen Analysen
formalinfixiert bzw. in flüssigem Stickstoff eingefroren und bei -80°C aufbewahrt.
Von allen untersuchten Tumoren lag mindestens ein Paraffinblock vor. Zur
Erstuntersuchung wurden die etwa 2-3 µm dicken Schnittpräparate mit
Hämatoxylin-Eosin (HE), Giemsa und PAS angefärbt.
2.2.
Klassifikation der follikulären Lymphome
Nach der Diagnosestellung bzw. -verifizierung wurden die untersuchten
Lymphome nach der WHO-Klassifikation (Nathwani et al., 2001) klassifiziert.
Follikuläre Lymphome wurden als Grad 1 bezeichnet, wenn die Anzahl der
Zentroblasten in 10 zufällig ausgewählten „high power fields“ (HPF, x40) 50
oder weniger betrug. Bei einer Anzahl von 51 bis 150 Zentroblasten wurde der
8
Grad 2, bei Zentroblastenzahlen über 150 der Grad 3 diagnostiziert (Mann und
Berard, 1982).
Bei einem follikulären Wachstumsanteil von mehr als 75% des gesamten
Infiltratquerschnittes handelte es sich um einen rein follikulären Wachstumstyp.
Ein follikulärer und diffuser Wachstumstyp wurde diagnostiziert, wenn der Anteil
der Follikelstrukturen zwischen 25-75% lag. Ein (überwiegend) diffuser
Wachstumstyp wurde angenommen, wenn ein follikuläres Wachstumsmuster in
weniger als 25% des gesamten Lymphknotenquerschnittes vorlag.
Zur Gruppe der follikulären Lymphome Grad 3 wurden auch maligne
Lymphome hinzugerechnet, die ausschließlich aus blastären Zellen bestanden,
wenn ein follikulärer Wuchstyp in mindestens 25% des gesamten Infiltrates
nachzuweisen war (follikuläre und diffuse zentroblastische Lymphome der KielKlassifikation). Nach den Kriterien der WHO-Klassifikation wurden follikuläre
Lymphome Grad 3 mit noch nachweisbaren Zentrozyten (FL3A) von solchen
ohne Zentrozyten unterschieden (FL3B) (Ott et al., 2002; Katzenberger et al.,
2004).
2.3.
Immunhistochemische Untersuchungen
Am Paraffinschnitt wurden in der primären Diagnostik Antikörper gegen die BZell-assoziierten Antigene CD20, CD10 und CD23, die T-Zell-Marker CD3
und/oder CD5, sowie gegen das BCL-2 Antigen verwendet. In vielen Fällen
wurden Antikörper für den Nachweis follikulärer dendritischer Retikulum-Zellen
(Ki-M4p oder CD23), sowie nicht-paraffingängige Antikörper gegen CD3, CD5,
CD10, CD22, CD23 am Gefriermaterial eingesetzt.
Die Expression von p53 wurde im Paraffinschnitt mit dem DO-7 Antikörper
(DAKO, Dänemark) untersucht. Wie für das Ki67 Antigen (MIB-1, DAKO) wurde
die Zahl positiver Kerne in 10%-Schritten ermittelt.
9
Alle immunhistochemischen Untersuchungen am Paraffingewebe wurden unter
Verwendung der Peroxidase-Anti-Peroxidase (PAP)-Methode nach AntigenRetrieval durchgeführt (Rüdiger et al., 1998).
2.4.
Die Ermittlung des Mitoseindex
Die Ermittlung des Mitoseindex (MI) erfolgte durch Auszählen der Mitosen
(Kernteilungsfiguren)
in
10
HPF
(x40)
im
mit
Giemsa
angefärbten
Schnittpräparat von Tumoranteilen mit der höchsten mitotischen Aktivität.
2.5.
Die Bestimmung des Proliferationsindex
Der Proliferationsindex (PI) wurde durch die Ermittlung des Prozentsatzes von
Zellen mit nukleärer Reaktivität für MIB-1 (DAKO, Dänemark) gegen das Ki67
Antigen am Paraffinschnitt bestimmt. Dazu wurden die Objektträger im Sinne
einer „Antigen-Retrieval“Reaktion in einem Dampf-Druckkochtopf vorbehandelt.
Zur semiquantitativen Erfassung des Proliferationsindex wurde die Zahl der
angefärbten Kerne im Schnittpräparat von Tumoranteilen mit der höchsten
Reaktivität abgeschätzt, da sich diese Bestimmung im wesentlichen nicht von
der quantitativen Erfassung des Proliferationsindex durch Auszählen der Zellen
und Bestimmung der positiven Kerne in einem Gitter-Raster unterschied. Es
wurde hier jeweils die obere Grenze angegeben. Somit entsprach ein PI von
80% einer Reaktivität von bis zu 80% der Kerne.
2.6.
Zytogenetische Untersuchungen
Die klassischen zytogenetischen Analysen erfolgten nach Direktpräparation
oder in unstimulierten Kurzzeitkulturen (über Nacht) nach Separation nativer
Zellen mit Hilfe eines sterilen Nylonsiebes (Ott et al., 1997). Dabei wurde RPMI
10
1640 (GIBCO) unter Zusatz von 10% fötalem Kälberserum und Antibiotika als
Kulturmedium verwendet. Zur Hemmung des Spindelapparates wurden die
Zellkulturen
nach
etwa
17-20
Stunden
Kulturdauer
mit
30µl
einer
Kolchizinlösung (0,1µg/ml) (ein Mitosegift) behandelt und danach für 30 Minuten
im Brutschrank bei 37°C inkubiert. Danach erfolgte die Präparation der
Metaphasen durch Inkubation der Zellen in einer hypotonen 0,075 molaren
Kaliumchlorid-Lösung in einem 37°C Wasserbad und Fixation mit einer
eisgekühlten Methanol/Eisessig-Mischung im Verhältnis 3:1. Zur Darstellung
der
Metaphasenchromosomen
wurden
die
Objektträger
in
der
Methanol/Eisessiglösung gewaschen und (ggf.) bei –20°C aufbewahrt.
Das
Pellet wurde resuspendiert und auf die gefrorenen Objektträger aus etwa 50cm
Höhe vorsichtig aufgetropft. Die Schnittpräparate wurden dann anschließend
bei Raumtemperatur für eine Woche aufbewahrt („Alterung“). Durch Inkubation
mit
einer
Trypsinlösung
(400mg/100ml
0,9%-iger
NaCl-Lösung)
und
Gegenfärbung in Giemsa wurde nach 7-10 Tagen die Bänderung durchgeführt.
Die
Karyotypanalyse
Analysesystems
konnte
(IKAROS,
mit
Hilfe
Metasystems)
eines
am
computergestützten
Bildschirm
oder
durch
Photodokumentation am Mikroskop (AXIPHOT, Zeiss) und Anfertigung von
Abzügen durchgeführt werden. Nach den Regeln des ISCN (Mitelman, 1995)
wurden die Karyotypen charakterisiert. Wenn bei mindestens 2 Metaphasen
identische
strukturelle
Aberrationen
oder
ein
identisches
zusätzliches
Chromosom vorlag oder bei mindestens 3 Metaphasen ein identischer
Chromosomenverlust festgestellt wurde, handelte es sich um eine klonale
chromosomale Aberration.
2.7.
Statistische Analysen
Der Chi Square-Test, der T-Test für unabhängige Variablen und andere
geeignete Tests wurden verwendet, um die Häufigkeiten der verschiedenen
Parameter vergleichen und analysieren zu können.
11
3.
Ergebnisse
3.1.
Follikuläre Lymphome
mit
überwiegend oder partiell follikulärem
Wachstumsmuster
3.1.1. Klassifikation und Histopathologie
Von über 700 malignen Lymphomen mit klonalen Karyotypalterationen wurden
in Übereinstimmung mit den Kriterien der WHO-Klassifikation insgesamt 95
Lymphome als follikuläre Lymphome (FL) oder Lymphome mit einem follikulär
wachsenden Tumoranteil klassifiziert. In der überwiegenden Zahl der Tumoren
lag ein follikuläres Wachstumsmuster in mindestens 25% des infiltrierten
Gewebes vor.
27 follikuläre Lymphome wurden dem Grad 1 (FL1) und 37 follikuläre
Lymphome dem Grad 2 (FL2) zugeordnet. 16 überwiegend follikulär wachsende
Non-Hodgkin Lymphome wiesen einen hohen Blastengehalt (>150/10HPF) auf
und wurden als Grad 3 (FL3) klassifiziert. In 15 Lymphomen mit hohem
Blastengehalt lag eine Komponente rasenartig sich ausbreitender basophiler
Blasten vor; diese wurden als follikuläre Lymphome Grad 3 mit simultanem
Anteil eines großzelligen diffusen B-Zell Lymphoms (DLBL) diagnostiziert.
In der Kiel-Klassifikation entsprachen die follikulären Lymphome Grad 1 und 2
den Kriterien der zentroblastisch-zentrozytischen Lymphome (CB-CC) mit
geringem (FL1) oder mäßigem (FL2) Blastengehalt, die follikulären Lymphome
Grad 3 dem zentroblastischen Lymphom mit follikulärem Wachstumstyp und die
follikulären Lymphome mit follikulärem und diffusem Wachstumsmuster einem
zentroblastischen Lymphom mit follikulärem und diffusem Wachstumstyp.
Die überwiegende Anzahl der follikulären Lymphome Grad 1 und Grad 2
zeigten ein überwiegend follikuläres Wachstumsmuster (follikulärer Anteil von
12
mehr als 75%). In 15 Tumoren war ein follikulärer und diffuser Wachstumstyp
(follikulärer Anteil von 25-75%) nachweisbar. Nur in 5 Fällen lag ein
überwiegend diffuses Wachstum (<25% follikulär) vor. 10 follikuläre Lymphome
Grad 3 bestanden sowohl aus Zentroblasten als auch aus Zentrozyten. Sie
wurden nach den Kriterien der WHO als follikuläre Lymphome Grad 3A
klassifiziert (Abbildung 1a).
In 6 follikulären Lymphomen Grad 3 wurden ausschließlich kleine und große
Zentroblasten gefunden, keine Zentrozyten. Diese Tumoren wurden dem Grad
3B zugeordnet (Abbildung 1b). Die 15 FL Grad 3 mit simultanem Anteil eines
großzelligen diffusen B-Zell Lymphoms (DLBL) enthielten ausschließlich große
und/oder kleine Blasten. Sie wurden als follikuläre Lymphome Grad 3B+DLBL
klassifiziert.
Abb. 1 (a und b):
Follkuläres Non-Hodgkin Lymphom Grad 3.
Follikuläres Lymphom Grad 3A (Abb.1a): Blasten und Zentrozyten.
Follikuläres Lymphom Grad 3B (Abb.1b): nur Blasten. (Giemsa x1000).
13
Die Tabelle 2 gibt einen Überblick über die beschriebenen histopathologischen
Diagnosen nach der WHO-Klassifikation und den Blastengehalt der Tumoren
Tabelle 2: Zusammensetzung der follikulären Lymphome
Zytologie
Diagnose
Blasten und Zentrozyten
Ausschließlich Blasten
FL1
27/27
0/27
FL2
37/37
0/37
FL3A und 3B
10/16
6/16
FL3B+DLBL
0/15
15/15
Aufgrund
der
zytologischen,
immunhistochemischen
und
genetischen
Unterschiede follikulärer Lymphome Grad 1, 2 und 3A gegenüber FL Grad 3B
(Ott et al., 2002; Katzenberger et al., 2004) wurden im Folgenden nur follikuläre
Lymphome mit einer zytologischen Zusammensetzung aus Zentroblasten und
Zentrozyten (FL1, FL2 und FL3A) berücksichtigt (74 Tumoren).
3.1.2. Mitoseindex
Der Mitoseindex lag bei follikulären Lymphomen Grad 1 (Range 3-48/10 HPF)
im Mittel bei 18/10 HPF. Bei follikulären Lymphomen Grad 2 (Range 10-80/10
HPF) lag der Mittelwert bei 33/10 HPF und bei follikulären Lymphomen Grad 3A
(Range 22-80/10 HPF) bei 58/10 HPF. Bezogen auf die mitotische Aktivität
waren die Unterschiede bei follikulären Lymphomen Grad 1-3A statistisch
signifikant (p<0,0001) und die mitotische Aktivität stieg parallel zum Grad an.
14
3.1.3. Proliferationsindex
Hinsichtlich des Proliferationsindex wurden ähnliche Ergebnisse erhalten.
Wiederum war der Unterschied im Ki67-Index zwischen follikulären Lymphomen
Grad 1, 2 und 3A statistisch signifikant (p<0,0001). Der Proliferationsindex
erreichte bei follikulären Lymphomen Grad 1 einen Mittelwert von 20% (Range
10-50%) und bei follikulären Lymphomen Grad 2 von 40% (Range 20-70%). Bei
FL Grad 3A lag der mittlere Ki67-Index bei 70% (Range 40-80%). Er nahm also
in den Gradierungsgruppen 1-3A kontinuierlich zu und war bei FL Grad 3A mit
70% am höchsten.
3.1.4. CD10 Expression
Follikuläre Lymphome Grad 1, 2 und 3A wiesen in der Regel eine Reaktivität für
CD10 auf. In 24/24 follikulären Lymphomen Grad 1 und in 10/10 FL3A war
CD10 exprimiert. Lediglich in der Gruppe der follikulären Lymphome Grad 2
(31/33 positiv) lagen einzelne CD10 negative Tumoren vor.
3.1.5. BCL-2 Expression
Eine
deutliche
BCL-2
Protein-Überexpression
in
den
neoplastischen
Keimzentren zeigte sich in allen follikulären Lymphomen Grad 1 (27/27), sowie
in nahezu allen follikulären Lymphomen Grad 2 (36/37) und Grad 3A (9/10).
Eine BCL-2 Negativität lag also insgesamt nur in 2/74 FL vor.
3.1.6. Expression von p53
Bei follikulären Lymphomen Grad 1 und Grad 3A lag eine signifikante p53
Überexpression (in mehr als 20% der Kerne) in keinem Fall vor. Lediglich in 2
15
von 37 Fällen follikulärer Lymphome Grad 2 war eine Überexpression von p53
nachweisbar. Ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen follikulären
Lymphomen Grad 1/2 und 3A bestand also nicht.
3.1.7. Sekretorische Differenzierung (CIg)
Eine monotypische zytoplasmatische Immunglobulin-Expression wurde in den
Gradierungsgruppen 1-3A mit zunehmender Fallzahl nachgewiesen: in 1 von 11
Fällen mit FL Grad 1, in 2 von 13 Fällen mit FL Grad 2 und in 3 von 10 Fällen
mit
FL Grad 3A. Der Unterschied im Ausmaß einer sekretorischen
Differenzierung war statistisch nicht signifikant.
Tabelle 3: Überblick über biologische Parameter in der Subklassifikation
follikulärer Non-Hodgkin Lymphome Grad 1, 2 und 3A
Morpho-
CD10
BCL-2
p53
CIg
Ki67
Mitosen
logie
n (%)
n (%)
n (%)
n (%)
(%)
(10 HPF)
24/24
27/27
0/27
1/11
20%
18
(100%)
(100%)
(0%)
(9%)
(10-50%)
(3-48)
31/33
36/37
2/37
2/13
40%
33
(97%)
(94%)
(5%)
(15%)
(20-70%)
(10-80)
10/10
9/10
0/10
3/10
70%
58
(100%)
(90%)
(0%)
(30%)
(40-80%)
(22-80)
FL1
FL2
FL3A
3.1.8. Zytogenetische Analysen
Daten aus der klassischen Zytogenetik lagen in allen untersuchten Fällen vor.
Der Unterschied in der Gesamtzahl der Aberrationen zwischen follikulären
Lymphomen Grad 1 und 2 und follikulären Lymphomen Grad 3A war statistisch
nicht signifikant (vgl. Tabelle 4).
16
Tabelle 4: Mittelwerte numerischer und struktureller Aberrationen sowie der
Gesamtaberrationen in follikulären Lymphomen unterschiedlicher Grade
Diagnosen
Numerisch
Strukturell
Gesamt
(Mittelwerte)
(Mittelwerte)
(Mittelwerte)
FL1
2,5
1,8
4,6
FL2
2,4
2,5
5,1
FL3A
1,7
2,9
4,6
Unter den rekurrenten chromosomalen Aberrationen trat die Translokation
t(14;18)(q32;q21) am häufigsten auf. Dieses Rearrangement wurde in 24 von
27 follikulären Lymphomen Grad 1, in 30 von 37 follikulären Lymphomen Grad
2 und in allen 10 follikulären Lymphomen Grad 3A gefunden. In 2 Fällen eines
FL Grad 2 und in einem Fall eines FL Grad 3A konnten Aberrationen unter
Mitbeteiligung der Bande 3q27 nachgewiesen werden.
Zugewinne in den chromosomalen Regionen 1q, 6q und 11/11q waren nur in
den Gradierungsgruppen 1 und 2 nachweisbar. Zugewinne in 3/3q traten nur
bei follikulären Lymphomen Grad 2 auf. Zugewinne in 5/5q, 18/der(18)t(14;18)
und in X/Xp zeigten sich häufiger bei FL Grad 3A als bei FL Grad 1 und 2.
Verluste genetischen Materials waren bei FL Grad 3A verglichen mit FL Grad 1
und 2 signifikant häufiger in 1/1p nachweisbar (p<0,05). Verluste genetischen
Materials in 6q, 10q und 17q waren in den Gradierungsgruppen 1-3A quantitativ
etwa gleich nachweisbar.
17
Die
Tabelle
5
gibt
einen
Überblick
über
die
Frequenz
derjenigen
chromosomalen Alterationen in FL Grad 1, Grad 2 und Grad 3A, die insgesamt
in mehr als 10% der Fälle gefunden wurden.
Tabelle 5: Die häufigsten rekurrenten Aberrationen und ihre Verteilung in FL
unterschiedlicher Grade
Morphologie
Alteration
t(14;18)
BP 3q27
+1q
-1/1p
+3/3q
+5/5q
-6q
+6p
+7/7q
-10q
+11/11q
+12/12q
FL1
FL2
FL3A
24/27
30/37
10/10
(89%)
(81%)
(100%)
0/27
2/37
1/10
(0%)
(5%)
(10%)
1/27
6/37
0/10
(4%)
(15%)
2/27
5/37
(0%)
4/10
(7%)
(14%)
(40%)
0/27
5/37
0/10
(0%)
(14%)
(0%)
3/27
3/37
2/10
(11%)
(8%)
(20%)
3/27
9/37
2/10
(11%)
(24%)
(20%)
3/27
5/37
0/10
(11%)
(14%)
(0%)
5/27
13/37
2/10
(19%)
(35%)
(20%)
2/27
4/37
1/10
(7%)
(11%)
(10%)
1/27
4/37
0/10
(4%)
(11%)
(0%)
3/27
9/37
2/10
(11%)
(24%)
(20%)
18
-17p
+18/+der(18)
t(14 ;18)
+X/Xp
2/27
3/37
1/10
(7%)
(8%)
(10%)
7/27
5/37
4/10
(26%)
(14%)
(40%)
6/27
5/37
3/10
(22%)
(14%)
(30%)
Insgesamt war festzustellen, dass die hier in Tabelle 5 aufgeführten
Aberrationen in ähnlicher Häufigkeit in den FL der drei Grade 1, 2 und 3A
auftraten. Die Translokation t(14;18) war in den untersuchten Tumorgruppen in
81-100% der Fälle nachweisbar.
3.2.
Follikuläre Non-Hodgkin Lymphome mit überwiegend diffusem Wuchstyp
In 5 der in der vorliegenden Serie untersuchten Lymphome lag ein überwiegend
diffuses Wachstumsmuster der Infiltrate vor. Im Gegensatz zu den oben
beschriebenen Lymphomen zeigte sich hier also keine überwiegende oder
zumindest typische follikuläre Infiltratstruktur. In den Tumoren war eine
überwiegend diffuse, herdförmig gering knotig akzentuierte Infiltration des
Gewebes nachweisbar, mit nur kleinherdig, in etwa 5-20% der Fläche der
Lymphknoten
vorliegenden,
atypischen
Follikeln
(Abb.2).
Zytologisch
dominierten kleine und mittelgroße Zentrozyten mit schmalem Zytoplasma und
häufig eher runden, teilweise unregelmäßig gebuchteten Kernen. Eingestreut
fanden sich vorwiegend mittelgroße Blasten. Auffällig war ebenso ein hoher
Gehalt an schmalzytoplasmatischen T-Zellen (Abb. 3).
19
Abb. 2: Follikuläres Non-Hodgkin Lymphom mit überwiegend diffusem
Infiltrationsmuster (HE x100)
Abb. 3: Zytologie eines überwiegend diffusen, follikulären Non-Hodgkin
Lymphoms (Giemsa x400).
20
Die vorliegenden follikulären Infiltratanteile (vgl. Abb. 2 und 3) bestanden aus
atypischen
follikulären
Proliferationsindex
als
Strukturen
reaktive
mit
einem
Keimzentren.
deutlich
Diese
niedrigeren
Infiltratabschnitte
entsprachen sicher neoplastischen Follikelstrukturen. Immunhistochemisch
waren diese Tumoren, verglichen mit den follikulär bzw. follikulär und diffus
wachsenden Lymphomen, auffällig. Eine CD10 Expression lag regelmäßig in
den follikulären Infiltratanteilen vor, in den diffusen Infiltratabschnitten hingegen
nur sehr selten. Die diffus wachsenden Tumoranteile waren hingegen kräftig
CD23 positiv. Eine Reaktivität für BCL-2 lag insbesondere in den diffusen
Abschnitten des Infiltrates vor, während die Follikel nur eine schwache
Reaktivität
oder
keine
Expression
von
BCL-2
aufwiesen.
Eine
p53
Überexpression oder eine sekretorische Differenzierung ließen sich nicht
nachweisen. Der Mitoseindex und der mittlere Proliferationsindex lagen
zwischen denen der follikulären Lymphome Grad 1 und 2.
Bemerkenswert
Untersuchungen.
war
Die
insbesondere
für
das
Ergebnis
Keimzentrumslymphome
der
der
zytogenetischen
Grade
1-3A
hochcharakteristische Translokation t(14;18)(q32;q21) war in diesen follikulären
Lymphomen mit überwiegend diffusem Wachstumsmuster in keinem einzigen
Fall anzutreffen. Im Gegensatz hierzu lag als rekurrente Aberration in 4 von 5
Fällen eine Deletion/Rearrangement im kurzen Arm des Chromosoms 1 vor
(Tabelle 6). In einer in-situ Hybridisierung mit einer für 1ptel spezifischen DNASonde konnte dieser Befund bestätigt werden und insbesondere auch in dem
Fall Nr. 4 (zytogenetisch negativ) eine Deletion in dieser Region bestätigt
werden (Daten nicht gezeigt).
21
Tabelle 6: Klassische zytogenetische Analysen in 5 FL mit überwiegend
diffusem Wachstumsmuster
Fall-Nr.
Karyotyp
1.
45-49, XY,add(1)(p36),t(7;11)(q11;q21)[3],+8[2],+11[2],
der(18)t(9;18)(q13;q23)[cp8]
2.
50/51,XX,+X,der(1)t(1;?4)(p36;?q21),+5,+7,+8,+11,-18[5]
3.
50-56,XY,+X,del(1)(p35),-2,+add(3)(p22),+7,+22,+mar1-3[4]
4.
46/47,XY,?t(1;3)(q44;q21)[2],del(7)(q22),+8[7],+mar[2] [cp9]
5.
47/48,XY,t(1;2)(?p32;?p14)+del(7)(q22q32),+12,-14,
add(21)(p22)[2]
22
4.
Diskussion
4.1.
Follikuläre Lymphome Grad 1-3 mit follikulärem Wachstumsmuster
4.1.1. Morphologie und Grading follikulärer Lymphome
Das typische, überwiegend follikuläre Wachstumsmuster follikulärer NonHodgkin Lymphome (FL) der Grade 1, 2, und 3A, ihre konsistente
Zusammensetzung aus Zentroblasten und Zentrozyten (Keimzentrumszellen),
ihr einheitlicher Immunphänotyp (CD10 Positivität und BCL-2 Reaktivität) und
der Nachweis der Translokation t(14;18)(q32;q21) in der Mehrheit der
untersuchten Fälle belegt, dass diese Tumoren Entitäten im Sinne der WHOKlassifikation darstellen (Harris et al., 1994, Nathwani et al., 2001).
In der vorliegenden Arbeit wurden morphologische, immunhistochemische und
zytogenetische Daten von 95 follikulären Lymphomen bzw. Lymphomen mit
einem eindeutig follikulären Tumoranteil verglichen. Nach den Kriterien der
WHO-Klassifikation handelte es sich um 27 follikuläre Lymphome Grad 1, 37 FL
Grad 2, 10 FL Grad 3A, 6 FL Grad 3B und 15 Tumoren Grad 3B mit simultanen
Anteilen eines großzelligen diffusen B-Zell Lymphoms (DLBL). Konventionellmorphologisch entsprachen die FL der Grade 1 und 2 nach den Kriterien der
Kiel-Klassifikation niedrigmalignen Non-Hodgkin Lymphomen vom Typ des
zentroblastisch-zentrozytischen Lymphoms. Bei 10 der 16 („rein“) follikulären
Lymphome Grad 3 bildeten die Zentrozyten einen Teil des neoplastischen
Infiltrates (FL3A). Im Unterschied zu diesen bestanden 6 follikuläre Lymphome
Grad 3B und alle 15 FL Grad 3B+DLBL ausschließlich aus basophilen Blasten.
Somit waren die Kriterien für follikuläre zentroblastische Lymphome nach der
Kiel-Klassifikation erfüllt (Lennert et al., 1992). Diese Diagnose entspricht nach
der Kiel-Klassifikation einer hochmalignen Neoplasie. Verglichen mit den
klassischen follikulären Lymphomen (1, 2 und 3A) wird die Prognose dieser
23
Lymphome mit aggressiverem Verlauf als signifikant schlechter angesehen
(Brittinger et al., 1984).
4.1.2. Immunphänotyp und Relation zu anderen Parametern
Es konnte mittlerweile gezeigt werden, dass sich follikuläre Lymphome Grad 3
von follikulären Lymphomen der Grade 1 und 2 unterscheiden. Während in der
Serie von Eshoa und Kollegen (Eshoa et al., 2001) nur 20% der follikulären
Lymphome Grad 3 CD10 positiv waren, wurde das CD10 Membranglykoprotein
bei 70-100% der follikulären Lymphome Grad 1 und 2 exprimiert gefunden. Die
Translokation t(14;18) konnte bei 73-93% der FL Grad 1 und 2 nachgewiesen
werden und trat bei FL Grad 3 seltener auf (59-67%) (Offit et al., 1991 und
Yunis et al., 1987). Nur bei 50% der follikulären Lymphome Grad 3 lag eine
positive BCL-2 Expression vor (Eshoa et al., 2001 und Nguyen et al., 1996).
Diesen heterogenen Befunden in der Kategorie der FL Grad 3 liegt eine
unterschiedliche
biologische
Derivation
bzw.
liegen
unterschiedliche
Transformationswege in diesen Tumoren zugrunde. Ott und Kollegen (Ott et al.,
2002) und Katzenberger und Mitarbeiter (Katzenberger et al., 2004) konnten
zeigen, dass FL Grad 3A (mit Zentrozyten) in der Regel (60-70% der Fälle) mit
der t(14;18) assoziiert sind, während diese Translokation in FL Grad 3B nicht
und in FL Grad 3B+DLBL nur in 10-20% nachweisbar ist. FL Grad 3B in
Kombination mit einem DLBL hingegen zeigen in knapp 60% der Fälle ein
Rearrangement von BCL-6 (Katzenberger et al., 2004).
Im Vergleich vollständig bzw. teilweise follikulär wachsender FL gegenüber
überwiegend diffusen FL wurden daher in der vorliegenden Arbeit nur FL der
Grade 1, 2 und 3A berücksichtigt.
Die
FL
Grad
1-3A
mit
follikulärem
bzw.
follikulärem
und
diffusem
Wachstumsmuster zeigten in der vorliegenden Serie eine bemerkenswerte
24
Homogenität bezüglich der immunhistochemischen Daten. Unabhängig vom
Grad waren nahezu alle Fälle CD10 und BCL-2 positiv. Im Gegensatz zu
publizierten Daten in der Literatur (Eshoa et al., 2001 und Nguyen et al., 1996)
zeigten also auch die FL Grad 3A ein den FL1 und 2 vergleichbares
Expressionsspektrum dieser Proteine. Auch für die t(14;18) ließ sich kein
signifikanter Unterschied in den Gradierungsgruppen nachweisen; im Gegenteil
waren sogar alle FL Grad 3A positiv für ein BCL-2 Rearrangement. Pezzella
und Mitarbeiter (Pezzella et al., 1990) berichteten, dass in ihrer Serie
interessanterweise die t(14;18) negativen FL Grad 1 und 2 ebenfalls häufig
BCL-2 positiv waren. Bei diesen Lymphomen wurden bemerkenswerterweise in
einem hohen
Prozentsatz
andere
Aberrationen
des
Chromosoms
18
(insbesondere eine Trisomie 18) gefunden. Demgegenüber lag bei den t(14;18)
negativen FL3 in der vorliegenden Serie kaum eine BCL-2 Expression vor. Es
konnten aber 3 t(14;18) negative FL Grad 1 ermittelt werden, die ebenso wie
die t(14;18) positiven FL eine BCL-2 Expression nachweisen ließen. Unter den
FL Grad 3A hingegen lag in allen Fällen eine Translokation t(14;18) vor. Einer
dieser Fälle zeigte eine BCL-2 Negativität, ein Befund der von Schraders und
Kollegen (Schraders et al., 2005) mit einer Mutation des translozierten BCL-2
Gens im Bereich der Antikörper-Bindungsstelle erklärt werden konnte.
Follikuläre
Lymphome
charakteristischen
Grad
3A
lassen
Zytomorphologie,
ihres
sich
also
aufgrund
Immunphänotyps
und
ihrer
des
Nachweises der t(14;18) typischen Keimzentrumslymphomen der Grade 1 und
2 zuordnen.
25
4.1.3. Chromosomale Aberrationen und ihre Bedeutung für Klassifikation,
Verlauf und Prognose
Yunis und Kollegen (Yunis et al., 1987) korrelierten erstmals rekurrente
chromosomale Aberrationen in follikulären Lymphomen mit histopathologischen
Befunden. Seitdem sind zahlreiche Arbeiten zu diesem Thema veröffentlicht
worden. In diesen Arbeiten wurden ähnliche sekundäre Karyotypalterationen
beschrieben, wie sie auch in der vorliegenden Arbeit charakterisiert wurden.
„Sekundäre“ chromosomale Aberrationen geben einen Hinweis auf das
Fortschreiten der Erkrankung (Johansson et al., 1995). Die An- oder
Abwesenheit der primären Chromosomenänderungen, wie der Translokation
t(14;18), weisen hingegen auf die verschiedenen Tumorentitäten hin. Die
t(14;18) Negativität der meisten follikulären Lymphome Grad 3B (mit oder ohne
Anteil eines DLBL) zeigt eindrucksvoll, dass diese Keimzentrumslymphome
einen unterschiedlichen Transformationsweg aufweisen (Ott et al., 2002 und
Katzenberger et al., 2004, Müller-Hermelink et al., 2001 und Matolcsy et al.,
1999). Der im Vergleich zu der vorgelegten Serie auffallend niedrige Nachweis
einer t(14;18) (Offit et al., 1991 und Yunis et al., 1987), bzw. einer Expression
von BCL-2 und CD10 (Eshoa et al., 2001, Nguyen et al., 1996, Pezzella et al.,
1992 und Gaulard et al., 1992) unter follikulären Lymphomen Grad 3 stellt also
kein eigenes Merkmal dieser Subgruppe der follikulären Lymphome dar. Es
resultiert vielmehr aus der Heterogenität der Fälle, mit einem offensichtlich
hohen Anteil follikulärer Lymphome Grad 3B in den älteren Serien.
Beim Vergleich sekundärer chromosomaler Aberrationen follikulärer Lymphome
Grad 1 und 2 versus 3A konnte als einziger signifikanter Unterschied ein
häufigeres Auftreten einer Deletion in Chromosom 1p bei FL Grad 3A
beobachtet werden (p<0,05). Weitere statistisch signifikante Unterschiede lagen
nicht vor, bei allerdings insgesamt nicht allzu großer Fallzahl. Das Spektrum der
beobachteten sekundären Karyotypalterationen war mit Daten aus der Literatur
vergleichbar. Yunis und Kollegen (Yunis et al., 1987) untersuchten 71 follikuläre
Lymphome, die nach der Working Formulation subklassifiziert worden waren
26
und
konnten
zeigen,
dass
follikuläre
Lymphome
mit
der
alleinigen
Karyotypalteration der Translokation t(14;18) einen eher indolenten klinischen
Verlauf nahmen und blastenarme Tumoren waren. Bei zusätzlichem Auftreten
einer Deletion in 13q32 oder bei Zugewinn von 8p zeigte sich ein progredienter
aggressiver klinischer Verlauf. Bei „mixed type“ Tumoren wurden häufig
Deletionen in 6q assoziiert mit einer Trisomie 7 (komplett/partiell) und/oder
Trisomie 12 beschrieben. In blastenreichen („large cell type“) follikulären
Lymphomen waren oft die Trisomien 3, 18 oder 21 (komplett/partiell)
nachweisbar. Bei Vorliegen einer Trisomie 2 oder 2p zeigte sich unabhängig
von der zellulären Morphologie eine eher aggressive klinische Progression. Offit
und Kollegen (Offit et al., 1991) untersuchten 29 „low grade“ und 19
„intermediate/high grade“t(14;18) positive Lymphome. Dabei waren Trisomien
von 7 und 12 deutlich häufiger bei höhergradigen Lymphomen nachweisbar. In
einer Studie von Patienten mit Zeichen der Transformation in einer Rebiopsie
zeigte sich ein erhöhtes Auftreten einer Deletion in 6 oder 6q und von
Zugewinnen für 7 oder 7q (Richardson et al., 1987). Tilly und Mitarbeiter (Tilly et
al., 1994) erbrachten in ihren Studien den Nachweis, dass das Vorhandensein
von
Bruchereignissen
in
6q,
17p
und
die
absolute
Anzahl
von
Chromosomenbrüchen signifikant negative prognostische Indikatoren waren.
4.2.
Follikuläre Lymphome mit überwiegend diffusem Wachstumsmuster
Follikuläre Lymphome mit überwiegend diffusem Wachstumsmuster sind sehr
selten, rein diffus wachsende (nodale) FL sind offenbar Raritäten (Nathwani et
al., 2001). Lediglich 5 der in der vorliegenden Serie untersuchten follikulären
Lymphome (5%) zeigten ein überwiegend diffuses (mehr als 75% diffus)
Wachstumsmuster. Diese Frequenz entspricht etwa der von Lennert (Lennert et
al., 1978) angegebenen Häufigkeit. Die Prognose des diffus wachsenden
follikulären Lymphoms wird im Vergleich zu follikulären oder follikulär und diffus
wachsenden Keimzentrumslymphomen als signifikant schlechter angegeben
(Brittinger et al., 1984); die Diagnose ist allerdings schwierig. In einer Serie
27
betrug die Richtigkeit der Diagnose lediglich 20% der Fälle (Lennert und Feller,
1990). Die Schwierigkeiten in der Diagnostik dieser Lymphome werden auch in
den in der Literatur angegebenen Daten zur zytogenetischen Analyse deutlich:
von den spärlichen im “Catalog of Chromosome Aberrations in Cancer“
(Mitelman,
1994)
angeführten
„diffusen
zentroblastisch-zentrozytischen“
Lymphomen wiesen über die Hälfte eine t(11;14)(q13;q32) auf, entsprachen
also Mantelzell-Lymphomen. Es ist also davon auszugehen, dass ein Teil der
diffusen FL in älteren Publikationen wahrscheinlich Mantelzell-Lymphome
darstellen, mit einem dieser Diagnose entsprechend ungünstigen klinischen
Verlauf.
Die in der vorliegenden Serie untersuchten 5 Tumoren wiesen ein überwiegend
(>75%) diffuses Infiltrat auf, das zytologisch überwiegend aus kleinen bis
mittelgroßen Zentrozyten-ähnlichen Zellen sowie eingestreuten Zentroblasten
bestand. In allen Fällen lagen zusätzlich atypische follikulär strukturierte
Infiltratanteile in 5-20% der Fläche vor. Im Vergleich zu follikulären bzw.
follikulären und diffusen FL1 und FL2 war der Immunphänotyp dieser Tumoren
auffällig. In den follikulären Infiltratabschnitten lag eine Expression von CD10
(und teilweise auch schwach von CD23) vor, während die diffusen
Infiltratabschnitte in 4/5 Fällen eine kräftige Reaktivität für CD23 aufwiesen und
nur in einem Fall eine CD10 Positivität nachzuweisen war.
In der REAL-Klassifikation wird für die Diagnose (der provisorischen Entität)
eines follikulären B-Zell Lymphoms, diffus, eine Reaktivität der Tumorzellen
gefordert, die dem eines klassischen follikulären Lymphoms entspricht. Obwohl
die Mehrzahl der untersuchten follikulären Lymphome Grad 1-3A eine
überwiegende CD10 Expression aufwiesen, ist eine zusätzliche Expression von
CD23 bei Keimzentrumslymphomen durchaus keine Seltenheit. In 2 von 8
untersuchten Fällen diffuser zentroblastisch-zentrozytischer Lymphome (von
denen lediglich 4 eine CD10 Expression aufwiesen) fanden Zukerberg und
Mitarbeiter (Zukerberg et al., 1993) eine Expression von CD23. Altfeld (1990)
konnte zeigen, dass zentroblastisch-zentrozytische Lymphome mit einem
28
typischen follikulären Wachstumsmuster überwiegend CD23 negativ waren,
dass CD23 aber bei einem follikulären und diffusen Wachstumsmuster in 38%
(in z.T. mehr als 90% der Tumorzellen) nachweisbar war. Bemerkenswert war,
dass von 2 diffusen zentroblastisch-zentrozytischen Lymphomen in seiner Serie
ein Fall eine gleichzeitige Expression von CD10 und CD23 zeigte, ein weiterer
Fall war ausschließlich CD23 positiv. Er schlussfolgerte aus diesem Befund,
dass es im Übergang von einem follikulären in einen diffusen Wuchstyp bei
identischem Immunglobulin-Isotyp zu einem Wandel des Immunphänotyps mit
einem Verlust von CD10 und erhöhter CD23 Expression kommen könnte.
Dieses Konzept wäre mit dem hier vorliegenden Befund einer CD10 Reaktivität
aller Lymphome in den follikulären Abschnitten und einer CD23 Expression in
den (überwiegend) diffusen Arealen gut vereinbar.
In den klassischen zytogenetischen Untersuchungen der 5 FL diffus konnte in
keinem einzigen Fall eine t(14;18)(q32;q21) nachgewiesen werden. Hingegen
lagen in 4 von 5 Fällen strukturelle Aberrationen im kurzen Arm des
Chromosoms 1 in den Banden 1p32-36 vor. 3 dieser Rearrangements führten
zu Deletionen genetischen Materials in dieser Region. In einer ergänzenden
Fluoreszenz in-situ Hybridisierung mit einer für terminale repetitive Sequenzen
von
1p36
spezifischen Sonde
konnte in
allen
Fällen
eine
Deletion
nachgewiesen werden. Zusätzlich vorliegende rekurrente Aberrationen waren
Deletionen im langen Arm des Chromosoms 7 in zwei Fällen und eine Trisomie
7 in zwei weiteren Fällen.
Der
Nachweis
einer
identischen
Morphologie,
eines
vergleichbaren
Immunphänotyps und identischer Veränderungen auch auf der genetischen
Ebene legt nahe, dass es sich bei follikulären Lymphomen mit überwiegend
diffusem Wachstumsmuster um eine den typischen Keimzentrumslymphomen
wahrscheinlich
verwandte,
jedoch
eigenständige
Identität
handelt.
Lymphatische Neoplasien dieses Typs entsprächen dann differenzierten
Keimzentrumslymphomen, die wahrscheinlich aufgrund des Fehlens einer
t(14;18)(q32;q21) ein primär und ausgeprägt diffuses Wachstumsmuster
29
aufweisen. Die add(1)(p36) ist eine rekurrente Aberration in follikulären und
diffusen großzelligen B-Zell Lymphomen, die häufig mit einer t(14;18)(q32;q21)
assoziiert ist. Bajalica und Mitarbeiter (Bajalica et al., 1995) fanden in 3 als
niedrigmaligne follikuläre Lymphome klassifizierten t(14;18) negativen Fällen
bei Untersuchungen mittels FISH heraus, dass das auf 1p36 translozierte
Material vom langen Arm des Chromosoms 2 (2q31-ter) stammte. In einem von
diesen 3 hinsichtlich einer Deletion in 1p36 untersuchten Fällen lag diese
tatsächlich vor. Zu dem gegenüber klassischen follikulären Lymphomen in der
Literatur beschriebenen, etwas aggressiveren Verlauf würde auch der Befund
der deutlich gesteigerten Gesamtaberrationsrate bei follikulären Lymphomen
prädominant diffus passen.
30
5.
Zusammenfassung
Das follikuläre Lymphom ist eines der häufigsten Non-Hodgkin Lymphome und
überwiegend eine Erkrankung des erwachsenen Menschen. In der WHOKlassifikation ist es als ein Lymphom von Keimzentrumszellen definiert, das
follikulär und/oder diffus wachsen kann. Zur Subklassifikation follikulärer
Lymphome empfiehlt die WHO-Klassifikation eine Unterscheidung der Grade 1,
2 und 3 durch Auszählen der Zentroblasten pro zehn Gesichtsfelder in starker
Vergrößerung. Beim Grad 3A liegen neben Zentroblasten auch Zentrozyten vor.
FL Grad 3B bestehen ausschließlich aus Zentroblasten. Hinsichtlich der
Zytomorphologie,
Immunhistologie
und
Genetik
bestehen
deutliche
Unterschiede zwischen FL Grad 1, 2 und 3A gegenüber FL Grad 3B.
In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass die weit überwiegende
Zahl der follikulären Lymphome Grad 1, 2 und 3A ein prädominant follikuläres
Wachstumsmuster aufwies. Ein follikulärer und diffuser Wuchstyp lag seltener
vor. Noch seltener war ein überwiegend bzw. „rein“diffuses Wachstumsmuster.
Die mitotische und proliferative Aktivität stieg mit dem Tumorgrad linear an.
Hinsichtlich der CD10 Reaktivität, der BCL-2 und p53 Expression sowie des
Nachweises einer sekretorischen Differenzierung ergaben sich beim Vergleich
der FL Grad 1 bis 3A keine statistisch signifikanten Unterschiede. Die BCL-2
Expression nahm allerdings bei den FL1-3A mit zunehmendem Grad ab.
In zytogenetischen Untersuchungen wurden in allen follikulären Lymphomen
Grad 1 bis 3A primäre bzw. sekundäre Chromosomenaberrationen gefunden.
Unter den rekurrenten chromosomalen Alterationen trat die Translokation
t(14;18)(q32;q21) am häufigsten auf und war insbesondere bei follikulären
Lymphomen Grad 1 und 2, in etwas geringerem Maße auch bei FL Grad 3A
anzutreffen. Diese Translokation scheint also in einem frühen Stadium der BZell-Entwicklung aufzutreten und führt primär zu einem höher differenzierten
(zentrozytenreichen)
Lymphom.
Die
31
t(14;18)
bedingt
zumeist
eine
Überexpression des BCL-2 Gens, die sich auch immunhistochemisch
nachweisen lässt und diagnostische Verwendung findet. Das BCL-2 Protein ist
daher von Nutzen für die Unterscheidung neoplastischer von reaktiven Follikeln,
nicht aber, um follikuläre von anderen „low grade“ B-Zell Lymphomen zu
unterscheiden.
Die
sekundären
Alterationen
charakterisieren
bestimmte
undifferenzierte Stadien mit hohem Blastenanteil und einer hohen mitotischen
und proliferativen Aktivität.
In zytogenetischen Untersuchungen von überwiegend diffus wachsenden FL
konnte keine Translokation t(14;18)(q32;q21) nachgewiesen werden. Die
identische Morphologie dieser Lymphome und die identischen Veränderungen
auch auf genetischer Ebene deuten auf die nahe Verwandtschaft der
überwiegend diffus wachsenden FL mit den typischen Keimzentrumslymphomen hin. Es handelt sich jedoch um eine eigenständige Identität, die
differenzierten Keimzentrumslymphome, die wahrscheinlich aufgrund des
Fehlens
einer
t(14;18)(q32;q21)
ein
Wachstumsmuster aufweisen.
32
primär
und
ausgeprägt
diffuses
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Ich danke
Herrn Prof. Dr. med. German Ott für die freundliche Überlassung des Themas
und seine Unterstützung bei der Erstellung der Dissertation.
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