Aus dem Institut für Pathologie der Universität Würzburg Vorstand: Professor Dr. med. Hans Konrad Müller-Hermelink Kombinierte zytogenetische und morphologische Analyse follikulärer Non-Hodgkin Lymphome. Eine neue rekurrente chromosomale Aberration bei prädominant diffusen follikulären Lymphomen. Inaugural - Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg vorgelegt von Antje Laufer aus Pforzheim Würzburg, März 2008 Referent: Prof. Dr. med. German Ott Koreferent: Prof. Dr. med. Holger Höhn Dekan: Prof. Dr. med. M. Frosch Tag der mündlichen Prüfung: 15.09.2008 Die Promovendin ist Ärztin Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1 1.1. Maligne Lymphome: Definition und historische Aspekte 1 1.2. Lymphomklassifikationen 1 1.3. Die WHO-Klassifikation maligner Lymphome 3 1.4. Das follikuläre Non-Hodgkin Lymphom (FL) 4 1.5. Grading follikulärer Lymphome 5 1.6. Zytogenetik der follikulären Lymphome 6 1.7. Zielsetzung der vorliegenden Arbeit 7 2. Material und Methoden 8 2.1. Untersuchungsmaterial 8 2.2. Klassifikation der follikulären Lymphome 8 2.3. Immunhistochemische Untersuchungen 9 2.4. Die Ermittlung des Mitoseindex 10 2.5. Die Bestimmung des Proliferationsindex 10 2.6. Zytogenetische Untersuchungen 10 2.7. Statistische Analysen 11 3. Ergebnisse 12 3.1. Follikuläre Lymphome mit überwiegend oder partiell follikulärem Wachstumsmuster 12 3.1.1. Klassifikation und Histopathologie 12 3.1.2. Mitoseindex 14 3.1.3. Proliferationsindex 15 3.1.4. CD10 Expression 15 3.1.5. BCL-2 Expression 15 3.1.6. Expression von p53 15 3.1.7. Sekretorische Differenzierung (CIg) 16 3.1.8. Zytogenetische Analysen 16 3.2. Follikuläre Non-Hodgkin Lymphome mit überwiegend diffusem Wuchstyp 19 4. Diskussion 23 4.1. Follikuläre Lymphome Grad 1-3 mit follikulärem Wachstumsmuster 23 4.1.1. Morphologie und Grading follikulärer Lymphome 23 4.1.2. Immunphänotyp und Relation zu anderen Parametern 24 4.1.3. Chromosomale Aberrationen und Bedeutung für Verlauf und Prognose 26 4.2. Follikuläre Lymphome mit überwiegend diffusem Wachstumsmuster 27 5. Zusammenfassung Literaturverzeichnis 31 33 1. Einleitung 1.1. Maligne Lymphome: Definition und historische Aspekte Maligne Lymphome sind primäre Neoplasien der Zellen des lymphatischen Gewebes (der Lymphknoten, der Milz, der Tonsillen und des Knochenmarks) und können auch primär extranodal (extralymphatisch) entstehen. Der Begriff des malignen Lymphoms wurde erstmals von Rudolf Virchow (1821-1902) erwähnt. Die Einteilung der malignen Lymphome erfolgt in die malignen Lymphome vom Hodgkin-Typ und in die Non-Hodgkin Lymphome (NHL). Als mögliche Risikofaktoren in der Entstehung eines Non-Hodgkin Lymphoms wurden der soziale Immundefizienzen, Medikamente, und wirtschaftliche bakterielle Bestrahlungen, und virale berufliche Status, familiäre Infektionen, Exposition, Faktoren, Impfungen und Tierkontakte, Ernährungsgewohnheiten und Lebensstil erwähnt (Jaffe et al., 2001). Die Ursache für die Entstehung der meisten Non-Hodgkin Lymphome ist unbekannt. Die bedeutendsten Risikofaktoren sind eine angeborene oder erworbene Immundefizienz, virale (humanes T-Zell-Leukämie-Virus Typ I, Epstein-Barr-Virus, HI-Virus) und bakterielle (Helicobacter pylori) Infektionen, die Therapie mit Diphenylhydantoin-haltigen antineoplastischen Medikamenten und der Kontakt mit Pestiziden und organischen Lösungsmitteln (Ferris Tortajada et al., 2001). 1.2. Lymphomklassifikationen Im Jahre 1956 wurde von Rappaport (Rappaport et al., 1956) eine histologische Klassifikation der malignen Lymphome vorgeschlagen, die 1966 in den AFIPBand: „Tumors of the Hematopoietic System“ integriert wurde. 1976 wurde diese einer Revision unterzogen (Nathwani et al., 1976). Man unterschied einen lymphozytischen, einen histiozytischen und einen gemischtzelligen Typ. Diese 1 Einteilung verbreitete sich unter dem Eindruck der klinischen Relevanz zunehmend in den englischsprachigen Ländern, während in Deutschland bis zur Einführung der Kiel-Klassifikation die sog. „einfache“ Lymphomeinteilung (Lennert, 1967 und Lennert, 1969) Anwendung fand. Ursprünglich wurde die Kiel-Klassifikation für die nodalen Lymphome definiert, die sich von verschiedenen Differenzierungsstadien der B-Lymphozyten ableiten (GerardMarchant et al., 1974). 1988 erschien die sog. Aktualisierte Kiel-Klassifikation, in der auch die T-Zell Lymphome mitberücksichtigt wurden (Stansfeld et al., 1988). Das Grundprinzip der Kiel-Klassifikation ist die zytomorphologische Charakterisierung der neoplastischen Zelle mit morphologischen, immunologischen und molekularbiologischen Verfahren und ihr Bezug zu der jeweiligen Ursprungszelle. Lukes und Collins verwendeten zur zytologischen Charakterisierung zunächst die Kernform (Lukes und Collins, 1974 und 1975). Sie unterschieden Keimzentrumszellen mit gekerbten oder nicht gekerbten Kernen, sowie lymphoide Zellen mit gyriformen Kernen. Diagnostisch berücksichtigten sie bereits die Ableitung von der B- und T-Zell Reihe und von einer undefinierbaren Zellreihe. Die Working Formulation erschien 1982 und klassifizierte die Non-Hodgkin Lymphome nach ihrer Prognose, dem Verlauf und der therapeutischen Beeinflussbarkeit und enthält so Begriffe und Prinzipien der Klassifikationen von Lukes und Collins und Rappaport. In der Working Formulation erfolgt die Unterteilung in drei „prognostisch unterschiedliche“Gruppen. Sie basiert auf der relativen Anzahl von großen und kleinen Zellen. Sind die kleinen Zellen in der Überzahl, so handelt es sich um einen Tumor vom kleinzelligen Typ. Bei Vorherrschen von großen Zellen ist das Lymphom großzellig. Ein gemischtzelliger („mixed“) Tumor liegt dementsprechend vor, wenn weder kleine, noch große Zellen in der Überzahl sind. 2 In jüngerer Zeit versuchte man, die Klassifikationen der malignen Lymphome zu vereinheitlichen. Das Ziel war es, verlässliche epidemiologische und klinischtherapeutische Daten zu erhalten und einheitliche neue Behandlungsstrategien auch und insbesondere für Lymphome, die auf die bisherige Therapie nicht ansprachen, zu entwickeln. Die REAL-(Revised-European-American- Lymphoma-) Klassifikation (Harris et al., 1994) basiert auf den Prinzipien der Kiel-Klassifikation. Sie Lymphomentitäten ein. schließt Das aber weitere Grundprinzip ist definierte die extranodale Definition von Krankheitsentitäten, die sich pathologisch-anatomisch, klinisch, immunologisch, genetisch und möglichst auch pathogenetisch erkennen bzw. definieren lassen. 1.3. Im Die WHO-Klassifikation maligner Lymphome Jahre 1995 wurde ein Projekt der European Association for Hematopathology und der Society of Hematology gestartet - die Schaffung einer WHO-Klassifikation des hämatopoetischen und lymphoiden Gewebes. Nach ihrer Vervollständigung (WHO Classification of the Tumors of the Hematopoietic and Lymphoid Tissues 2001) ist sie weltweit als erste allgemein akzeptierte Klassifikation der hämatologischen Erkrankungen anerkannt und basiert auf den Prinzipien, welche schon in der REAL-Klassifikation definiert wurden. In der WHO-Klassifikation werden die Neoplasien primär nach ihrer zellulären Herkunft definiert (myeloisch, lymphatisch und histiozytisch/dentritisch). Innerhalb solcher Gruppen werden die verschiedenen Krankheiten nach ihrer Morphologie, dem Immunphänotyp, den genetischen Eigenschaften und klinischen Syndromen definiert. Die WHO-Klassifikation unterscheidet drei große Gruppen von lymphoiden Tumoren: B-Zell Lymphome, T- und NK-Zell Neoplasien und Hodgkin Lymphome. Sowohl Lymphome als auch Leukämien sind in diese Klassifikation eingeschlossen. 3 1.4. Das follikuläre Non-Hodgkin Lymphom (FL) Das follikuläre Lymphom ist eine überwiegend beim Erwachsenen auftretende Erkrankung. Nur das follikuläre Lymphom vom großzelligen Typ kommt bei einem geringen Prozentsatz der Bevölkerung unter 20 Jahren vor. Die Häufigkeit des Auftretens der Erkrankung ist bei Männern und Frauen fast gleich. In den USA und in Europa sind ungefähr 30-40% aller Non-Hodgkin Lymphome follikuläre Lymphome (Jones et al., 1973). Das follikuläre Lymphom ist eine Neoplasie von Keimzentrums-B-Zellen (Zentrozyten/gekerbte Follikelzentrumszellen und Zentroblasten/nichtgekerbte Follikelzentrumszellen). Brill (Brill et al., 1925) und Symmers (Symmers, 1927) beschrieben follikuläre Lymphome erstmals als Krankheit und benannten die dargestellten abnormen Proliferate lymphoider Follikel als „giant follicular hyperplasia“oder „giant follicular lymphoma“(Gall et al., 1941). In der WHO-Klassifikation ist der Begriff des follikulären Lymphoms ausschließlich für Lymphome der Keimzentrumszellen definiert, die prinzipiell follikulär oder diffus wachsen können. Zytogenetisch weisen die follikulären Lymphome oft eine charakteristische chromosomale Translokation t(14;18)(q32;q21) auf. Molekularbiologisch liegt dieser Translokation ein Rearrangement des BCL-2 Gens zugrunde, das unter den Einfluss des Schwerketten-Promotors in 14q32 gerät. Hierdurch wird in den neoplastischen Zellen/Follikeln das normalerweise im reaktiven Keimzentrum herunterregulierte BCL-2 Protein überexprimiert, das sich auch immunhistochemisch nachweisen lässt und diagnostische Verwendung findet. Das Resultat dieser Überexpression ist die Vermeidung des programmierten Zelltodes, der Apoptose (Hockenberry et al., 1990; Reed, 1995; Tsujimoto et al., 1984). Die WHO-Klassifikation empfiehlt die Subklassifikation der follikulären Lymphome in 3 Kategorien entsprechend der Zentroblastenanzahl. Auch die 4 „diffusen“follikulären Lymphome sind als Variante eines follikulären Lymphoms in die WHO-Klassifikation eingeschlossen. 1.5. Grading follikulärer Lymphome Berard und Kollegen (Berard et al., 1982) beschrieben eine auch heute noch verwendete Methode, um follikuläre Lymphome in Subtypen einzuteilen (zu „gradieren“). Diese basiert auf dem Auszählen der großen (noncleaved) Zellen (Zentroblasten) pro zehn Gesichtsfelder in starker Vergrößerung (high power field, Vergrößerung x40). Bei 0 bis 5 Blasten/HPF handelt es sich um ein überwiegend kleinzelliges Lymphom (small cell follicular lymphoma), bei 6 bis 15/HPF um einen gemischtzelligen Tumor (mixed cell follicular lymphoma) und bei mehr als 15 Zentroblasten/HPF um ein überwiegend großzelliges follikuläres Lymphom (large cell follicular lymphoma). Lennert (Lennert, 1978 und Lennert et al., 1983) berücksichtigte zwei Parameter beim Grading follikulärer Lymphome - die Größe der Zentrozyten und die Anzahl der Zentroblasten. Klinische Vergleichsuntersuchungen zeigten eine Relevanz eines solchen Gradingsystems. Patienten mit einem Tumor, der überwiegend aus großen Zentrozyten bestand, hatten eine geringere 5-JahresÜberlebensrate (17%) als Patienten mit einem FL mit überwiegend kleinen Zentrozyten (42%). Eine statistische Signifikanz bestand jedoch nicht. Die WHO-Klassifikation empfiehlt die Unterscheidung von drei Graden zur Subklassifikation follikulärer Lymphome. Es werden dafür die Zentroblasten in zehn „high power fields“von 0,159 mm² (1 Okular mit einem 18 mm-Blickfeld in 1-facher Vergrößerung und einem 40-er Objektiv) ausgezählt. Beim Grad 1 überwiegen Zentrozyten deutlich, und es sind nur bis zu 50 Zentroblasten pro 10 HPF vorhanden. Beim Grad 2 liegen 51 bis 150 Zentroblasten pro 10 HPF vor. Bei mehr als 150 Zentroblasten pro 10 HPF handelt es sich um den Grad 3. Sind in einem FL Grad 3 neben mehr als 15 Zentroblasten per HPF auch 5 Zentrozyten vorhanden, so handelt es sich um den Grad 3A. Beim Grad 3B liegen ausschließlich Zentroblasten vor (Nathwani et al., 2001). Die follikulären Lymphome der Grade 1 und 2 entsprechen weitgehend den niedrigmalignen zentroblastisch-zentrozytischen Lymphomen der Kiel-Klassifikation. Follikuläre Lymphome Grad 3 stimmen weitgehend mit den „hochmalignen“ follikulären zentroblastischen Lymphomen überein (Lennert und Feller, 1992; Stansfeld et al., 1988). Zusätzlich zum Grad des follikulären Lymphoms unterscheidet man anhand des Wachstumsmusters follikuläre und diffuse Typen. Bei einem follikulären Anteil von über 75% handelt es sich um ein rein follikuläres Lymphom, bei einem follikulären Anteil zwischen 25% und 75% um ein follikuläres und diffuses FL und bei einem follikulären Anteil unter 25% um ein überwiegend diffus wachsendes follikuläres Lymphom (Nathwani et al., 2001). 1.6. Zytogenetik der follikulären Lymphome Die Analyse chromosomaler Aberrationen in follikulären Lymphomen legt nahe, dass praktisch alle Fälle zytogenetische Auffälligkeiten aufweisen (Mitelman, 1994). Hervorzuheben ist die Häufung von Translokationen (75-90%) zwischen den langen Armen der Chromosomen 14 und 18, die t(14;18)(q32;q21). Auf eine bessere oder schlechtere Prognose hat die Translokation t(14;18) jedoch keinen Einfluss. In einigen Fällen findet man die variante Translokation t(2;18)(p12;q21). Nur etwa 10% der Fälle weisen die t(14;18) als alleinige chromosomale Aberration auf. Bei den übrigen Fällen treten neben der t(14;18) zusätzliche strukturelle Aberrationen (vor allem in den Chromosomen 1, 2, 4, 5, 13 und 17) oder zusätzliche Chromosomen (X, 7, 12 oder 18) auf. In 20-40% der B-Zell Lymphome treten Deletionen in 6q23-36 auf, die häufigste Sekundäraberration bei t(14;18) positiven Fällen (Tilly et al., 1994). Diese Deletionen werden in 6q21, 6q23 und 6q25-27 beschrieben und weisen auf das 6 mögliche Vorhandensein von drei verschiedenen Tumor-Suppressorgenen hin (Offit et al., 1993). 1.7. Zielsetzung der vorliegenden Arbeit Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, das zytomorphologische Spektrum und das Antigenexpressionsprofil follikulärer Lymphome der Grade 1, 2 und 3A zu charakterisieren und diese Merkmale in Korrelation zur mitotischen und proliferativen Aktivität sowie zum Spektrum der zytogenetischen Aberrationen zu setzen; der jeweilige Wert dieser individuellen Merkmale sollte für die Bestimmung biologischer Entitäten definiert werden. 7 2. Material und Methoden 2.1. Untersuchungsmaterial Von April 1990 bis Dezember 2001 wurden ca. 700 Fälle maligner Lymphome im zytogenetischen Labor des Pathologischen Institutes in Würzburg untersucht. In die vorliegende Arbeit gingen Daten von 95 Lymphomen ein, bei denen die histopathologische Diagnose eines follikulären Lymphoms bzw. eines Lymphoms mit follikulärem Wachstumsanteil gestellt wurde und eine zytogenetische Analyse durchgeführt worden war. In allen Fällen lag ein klonal aberranter Karyotyp vor. Diese 95 Fälle waren das Ausgangsmaterial für alle durchgeführten Untersuchungen. Zur Zellgewinnung für die angestrebte Zytogenetik wurde ein Teil des nativen Tumormaterials durch ein feines Kunststoffnetz gepresst und unstimulierte Kulturen für die zytogenetischen Untersuchungen sofort angesetzt. Weiteres Material wurde für die histopathologischen Analysen formalinfixiert bzw. in flüssigem Stickstoff eingefroren und bei -80°C aufbewahrt. Von allen untersuchten Tumoren lag mindestens ein Paraffinblock vor. Zur Erstuntersuchung wurden die etwa 2-3 µm dicken Schnittpräparate mit Hämatoxylin-Eosin (HE), Giemsa und PAS angefärbt. 2.2. Klassifikation der follikulären Lymphome Nach der Diagnosestellung bzw. -verifizierung wurden die untersuchten Lymphome nach der WHO-Klassifikation (Nathwani et al., 2001) klassifiziert. Follikuläre Lymphome wurden als Grad 1 bezeichnet, wenn die Anzahl der Zentroblasten in 10 zufällig ausgewählten „high power fields“ (HPF, x40) 50 oder weniger betrug. Bei einer Anzahl von 51 bis 150 Zentroblasten wurde der 8 Grad 2, bei Zentroblastenzahlen über 150 der Grad 3 diagnostiziert (Mann und Berard, 1982). Bei einem follikulären Wachstumsanteil von mehr als 75% des gesamten Infiltratquerschnittes handelte es sich um einen rein follikulären Wachstumstyp. Ein follikulärer und diffuser Wachstumstyp wurde diagnostiziert, wenn der Anteil der Follikelstrukturen zwischen 25-75% lag. Ein (überwiegend) diffuser Wachstumstyp wurde angenommen, wenn ein follikuläres Wachstumsmuster in weniger als 25% des gesamten Lymphknotenquerschnittes vorlag. Zur Gruppe der follikulären Lymphome Grad 3 wurden auch maligne Lymphome hinzugerechnet, die ausschließlich aus blastären Zellen bestanden, wenn ein follikulärer Wuchstyp in mindestens 25% des gesamten Infiltrates nachzuweisen war (follikuläre und diffuse zentroblastische Lymphome der KielKlassifikation). Nach den Kriterien der WHO-Klassifikation wurden follikuläre Lymphome Grad 3 mit noch nachweisbaren Zentrozyten (FL3A) von solchen ohne Zentrozyten unterschieden (FL3B) (Ott et al., 2002; Katzenberger et al., 2004). 2.3. Immunhistochemische Untersuchungen Am Paraffinschnitt wurden in der primären Diagnostik Antikörper gegen die BZell-assoziierten Antigene CD20, CD10 und CD23, die T-Zell-Marker CD3 und/oder CD5, sowie gegen das BCL-2 Antigen verwendet. In vielen Fällen wurden Antikörper für den Nachweis follikulärer dendritischer Retikulum-Zellen (Ki-M4p oder CD23), sowie nicht-paraffingängige Antikörper gegen CD3, CD5, CD10, CD22, CD23 am Gefriermaterial eingesetzt. Die Expression von p53 wurde im Paraffinschnitt mit dem DO-7 Antikörper (DAKO, Dänemark) untersucht. Wie für das Ki67 Antigen (MIB-1, DAKO) wurde die Zahl positiver Kerne in 10%-Schritten ermittelt. 9 Alle immunhistochemischen Untersuchungen am Paraffingewebe wurden unter Verwendung der Peroxidase-Anti-Peroxidase (PAP)-Methode nach AntigenRetrieval durchgeführt (Rüdiger et al., 1998). 2.4. Die Ermittlung des Mitoseindex Die Ermittlung des Mitoseindex (MI) erfolgte durch Auszählen der Mitosen (Kernteilungsfiguren) in 10 HPF (x40) im mit Giemsa angefärbten Schnittpräparat von Tumoranteilen mit der höchsten mitotischen Aktivität. 2.5. Die Bestimmung des Proliferationsindex Der Proliferationsindex (PI) wurde durch die Ermittlung des Prozentsatzes von Zellen mit nukleärer Reaktivität für MIB-1 (DAKO, Dänemark) gegen das Ki67 Antigen am Paraffinschnitt bestimmt. Dazu wurden die Objektträger im Sinne einer „Antigen-Retrieval“Reaktion in einem Dampf-Druckkochtopf vorbehandelt. Zur semiquantitativen Erfassung des Proliferationsindex wurde die Zahl der angefärbten Kerne im Schnittpräparat von Tumoranteilen mit der höchsten Reaktivität abgeschätzt, da sich diese Bestimmung im wesentlichen nicht von der quantitativen Erfassung des Proliferationsindex durch Auszählen der Zellen und Bestimmung der positiven Kerne in einem Gitter-Raster unterschied. Es wurde hier jeweils die obere Grenze angegeben. Somit entsprach ein PI von 80% einer Reaktivität von bis zu 80% der Kerne. 2.6. Zytogenetische Untersuchungen Die klassischen zytogenetischen Analysen erfolgten nach Direktpräparation oder in unstimulierten Kurzzeitkulturen (über Nacht) nach Separation nativer Zellen mit Hilfe eines sterilen Nylonsiebes (Ott et al., 1997). Dabei wurde RPMI 10 1640 (GIBCO) unter Zusatz von 10% fötalem Kälberserum und Antibiotika als Kulturmedium verwendet. Zur Hemmung des Spindelapparates wurden die Zellkulturen nach etwa 17-20 Stunden Kulturdauer mit 30µl einer Kolchizinlösung (0,1µg/ml) (ein Mitosegift) behandelt und danach für 30 Minuten im Brutschrank bei 37°C inkubiert. Danach erfolgte die Präparation der Metaphasen durch Inkubation der Zellen in einer hypotonen 0,075 molaren Kaliumchlorid-Lösung in einem 37°C Wasserbad und Fixation mit einer eisgekühlten Methanol/Eisessig-Mischung im Verhältnis 3:1. Zur Darstellung der Metaphasenchromosomen wurden die Objektträger in der Methanol/Eisessiglösung gewaschen und (ggf.) bei –20°C aufbewahrt. Das Pellet wurde resuspendiert und auf die gefrorenen Objektträger aus etwa 50cm Höhe vorsichtig aufgetropft. Die Schnittpräparate wurden dann anschließend bei Raumtemperatur für eine Woche aufbewahrt („Alterung“). Durch Inkubation mit einer Trypsinlösung (400mg/100ml 0,9%-iger NaCl-Lösung) und Gegenfärbung in Giemsa wurde nach 7-10 Tagen die Bänderung durchgeführt. Die Karyotypanalyse Analysesystems konnte (IKAROS, mit Hilfe Metasystems) eines am computergestützten Bildschirm oder durch Photodokumentation am Mikroskop (AXIPHOT, Zeiss) und Anfertigung von Abzügen durchgeführt werden. Nach den Regeln des ISCN (Mitelman, 1995) wurden die Karyotypen charakterisiert. Wenn bei mindestens 2 Metaphasen identische strukturelle Aberrationen oder ein identisches zusätzliches Chromosom vorlag oder bei mindestens 3 Metaphasen ein identischer Chromosomenverlust festgestellt wurde, handelte es sich um eine klonale chromosomale Aberration. 2.7. Statistische Analysen Der Chi Square-Test, der T-Test für unabhängige Variablen und andere geeignete Tests wurden verwendet, um die Häufigkeiten der verschiedenen Parameter vergleichen und analysieren zu können. 11 3. Ergebnisse 3.1. Follikuläre Lymphome mit überwiegend oder partiell follikulärem Wachstumsmuster 3.1.1. Klassifikation und Histopathologie Von über 700 malignen Lymphomen mit klonalen Karyotypalterationen wurden in Übereinstimmung mit den Kriterien der WHO-Klassifikation insgesamt 95 Lymphome als follikuläre Lymphome (FL) oder Lymphome mit einem follikulär wachsenden Tumoranteil klassifiziert. In der überwiegenden Zahl der Tumoren lag ein follikuläres Wachstumsmuster in mindestens 25% des infiltrierten Gewebes vor. 27 follikuläre Lymphome wurden dem Grad 1 (FL1) und 37 follikuläre Lymphome dem Grad 2 (FL2) zugeordnet. 16 überwiegend follikulär wachsende Non-Hodgkin Lymphome wiesen einen hohen Blastengehalt (>150/10HPF) auf und wurden als Grad 3 (FL3) klassifiziert. In 15 Lymphomen mit hohem Blastengehalt lag eine Komponente rasenartig sich ausbreitender basophiler Blasten vor; diese wurden als follikuläre Lymphome Grad 3 mit simultanem Anteil eines großzelligen diffusen B-Zell Lymphoms (DLBL) diagnostiziert. In der Kiel-Klassifikation entsprachen die follikulären Lymphome Grad 1 und 2 den Kriterien der zentroblastisch-zentrozytischen Lymphome (CB-CC) mit geringem (FL1) oder mäßigem (FL2) Blastengehalt, die follikulären Lymphome Grad 3 dem zentroblastischen Lymphom mit follikulärem Wachstumstyp und die follikulären Lymphome mit follikulärem und diffusem Wachstumsmuster einem zentroblastischen Lymphom mit follikulärem und diffusem Wachstumstyp. Die überwiegende Anzahl der follikulären Lymphome Grad 1 und Grad 2 zeigten ein überwiegend follikuläres Wachstumsmuster (follikulärer Anteil von 12 mehr als 75%). In 15 Tumoren war ein follikulärer und diffuser Wachstumstyp (follikulärer Anteil von 25-75%) nachweisbar. Nur in 5 Fällen lag ein überwiegend diffuses Wachstum (<25% follikulär) vor. 10 follikuläre Lymphome Grad 3 bestanden sowohl aus Zentroblasten als auch aus Zentrozyten. Sie wurden nach den Kriterien der WHO als follikuläre Lymphome Grad 3A klassifiziert (Abbildung 1a). In 6 follikulären Lymphomen Grad 3 wurden ausschließlich kleine und große Zentroblasten gefunden, keine Zentrozyten. Diese Tumoren wurden dem Grad 3B zugeordnet (Abbildung 1b). Die 15 FL Grad 3 mit simultanem Anteil eines großzelligen diffusen B-Zell Lymphoms (DLBL) enthielten ausschließlich große und/oder kleine Blasten. Sie wurden als follikuläre Lymphome Grad 3B+DLBL klassifiziert. Abb. 1 (a und b): Follkuläres Non-Hodgkin Lymphom Grad 3. Follikuläres Lymphom Grad 3A (Abb.1a): Blasten und Zentrozyten. Follikuläres Lymphom Grad 3B (Abb.1b): nur Blasten. (Giemsa x1000). 13 Die Tabelle 2 gibt einen Überblick über die beschriebenen histopathologischen Diagnosen nach der WHO-Klassifikation und den Blastengehalt der Tumoren Tabelle 2: Zusammensetzung der follikulären Lymphome Zytologie Diagnose Blasten und Zentrozyten Ausschließlich Blasten FL1 27/27 0/27 FL2 37/37 0/37 FL3A und 3B 10/16 6/16 FL3B+DLBL 0/15 15/15 Aufgrund der zytologischen, immunhistochemischen und genetischen Unterschiede follikulärer Lymphome Grad 1, 2 und 3A gegenüber FL Grad 3B (Ott et al., 2002; Katzenberger et al., 2004) wurden im Folgenden nur follikuläre Lymphome mit einer zytologischen Zusammensetzung aus Zentroblasten und Zentrozyten (FL1, FL2 und FL3A) berücksichtigt (74 Tumoren). 3.1.2. Mitoseindex Der Mitoseindex lag bei follikulären Lymphomen Grad 1 (Range 3-48/10 HPF) im Mittel bei 18/10 HPF. Bei follikulären Lymphomen Grad 2 (Range 10-80/10 HPF) lag der Mittelwert bei 33/10 HPF und bei follikulären Lymphomen Grad 3A (Range 22-80/10 HPF) bei 58/10 HPF. Bezogen auf die mitotische Aktivität waren die Unterschiede bei follikulären Lymphomen Grad 1-3A statistisch signifikant (p<0,0001) und die mitotische Aktivität stieg parallel zum Grad an. 14 3.1.3. Proliferationsindex Hinsichtlich des Proliferationsindex wurden ähnliche Ergebnisse erhalten. Wiederum war der Unterschied im Ki67-Index zwischen follikulären Lymphomen Grad 1, 2 und 3A statistisch signifikant (p<0,0001). Der Proliferationsindex erreichte bei follikulären Lymphomen Grad 1 einen Mittelwert von 20% (Range 10-50%) und bei follikulären Lymphomen Grad 2 von 40% (Range 20-70%). Bei FL Grad 3A lag der mittlere Ki67-Index bei 70% (Range 40-80%). Er nahm also in den Gradierungsgruppen 1-3A kontinuierlich zu und war bei FL Grad 3A mit 70% am höchsten. 3.1.4. CD10 Expression Follikuläre Lymphome Grad 1, 2 und 3A wiesen in der Regel eine Reaktivität für CD10 auf. In 24/24 follikulären Lymphomen Grad 1 und in 10/10 FL3A war CD10 exprimiert. Lediglich in der Gruppe der follikulären Lymphome Grad 2 (31/33 positiv) lagen einzelne CD10 negative Tumoren vor. 3.1.5. BCL-2 Expression Eine deutliche BCL-2 Protein-Überexpression in den neoplastischen Keimzentren zeigte sich in allen follikulären Lymphomen Grad 1 (27/27), sowie in nahezu allen follikulären Lymphomen Grad 2 (36/37) und Grad 3A (9/10). Eine BCL-2 Negativität lag also insgesamt nur in 2/74 FL vor. 3.1.6. Expression von p53 Bei follikulären Lymphomen Grad 1 und Grad 3A lag eine signifikante p53 Überexpression (in mehr als 20% der Kerne) in keinem Fall vor. Lediglich in 2 15 von 37 Fällen follikulärer Lymphome Grad 2 war eine Überexpression von p53 nachweisbar. Ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen follikulären Lymphomen Grad 1/2 und 3A bestand also nicht. 3.1.7. Sekretorische Differenzierung (CIg) Eine monotypische zytoplasmatische Immunglobulin-Expression wurde in den Gradierungsgruppen 1-3A mit zunehmender Fallzahl nachgewiesen: in 1 von 11 Fällen mit FL Grad 1, in 2 von 13 Fällen mit FL Grad 2 und in 3 von 10 Fällen mit FL Grad 3A. Der Unterschied im Ausmaß einer sekretorischen Differenzierung war statistisch nicht signifikant. Tabelle 3: Überblick über biologische Parameter in der Subklassifikation follikulärer Non-Hodgkin Lymphome Grad 1, 2 und 3A Morpho- CD10 BCL-2 p53 CIg Ki67 Mitosen logie n (%) n (%) n (%) n (%) (%) (10 HPF) 24/24 27/27 0/27 1/11 20% 18 (100%) (100%) (0%) (9%) (10-50%) (3-48) 31/33 36/37 2/37 2/13 40% 33 (97%) (94%) (5%) (15%) (20-70%) (10-80) 10/10 9/10 0/10 3/10 70% 58 (100%) (90%) (0%) (30%) (40-80%) (22-80) FL1 FL2 FL3A 3.1.8. Zytogenetische Analysen Daten aus der klassischen Zytogenetik lagen in allen untersuchten Fällen vor. Der Unterschied in der Gesamtzahl der Aberrationen zwischen follikulären Lymphomen Grad 1 und 2 und follikulären Lymphomen Grad 3A war statistisch nicht signifikant (vgl. Tabelle 4). 16 Tabelle 4: Mittelwerte numerischer und struktureller Aberrationen sowie der Gesamtaberrationen in follikulären Lymphomen unterschiedlicher Grade Diagnosen Numerisch Strukturell Gesamt (Mittelwerte) (Mittelwerte) (Mittelwerte) FL1 2,5 1,8 4,6 FL2 2,4 2,5 5,1 FL3A 1,7 2,9 4,6 Unter den rekurrenten chromosomalen Aberrationen trat die Translokation t(14;18)(q32;q21) am häufigsten auf. Dieses Rearrangement wurde in 24 von 27 follikulären Lymphomen Grad 1, in 30 von 37 follikulären Lymphomen Grad 2 und in allen 10 follikulären Lymphomen Grad 3A gefunden. In 2 Fällen eines FL Grad 2 und in einem Fall eines FL Grad 3A konnten Aberrationen unter Mitbeteiligung der Bande 3q27 nachgewiesen werden. Zugewinne in den chromosomalen Regionen 1q, 6q und 11/11q waren nur in den Gradierungsgruppen 1 und 2 nachweisbar. Zugewinne in 3/3q traten nur bei follikulären Lymphomen Grad 2 auf. Zugewinne in 5/5q, 18/der(18)t(14;18) und in X/Xp zeigten sich häufiger bei FL Grad 3A als bei FL Grad 1 und 2. Verluste genetischen Materials waren bei FL Grad 3A verglichen mit FL Grad 1 und 2 signifikant häufiger in 1/1p nachweisbar (p<0,05). Verluste genetischen Materials in 6q, 10q und 17q waren in den Gradierungsgruppen 1-3A quantitativ etwa gleich nachweisbar. 17 Die Tabelle 5 gibt einen Überblick über die Frequenz derjenigen chromosomalen Alterationen in FL Grad 1, Grad 2 und Grad 3A, die insgesamt in mehr als 10% der Fälle gefunden wurden. Tabelle 5: Die häufigsten rekurrenten Aberrationen und ihre Verteilung in FL unterschiedlicher Grade Morphologie Alteration t(14;18) BP 3q27 +1q -1/1p +3/3q +5/5q -6q +6p +7/7q -10q +11/11q +12/12q FL1 FL2 FL3A 24/27 30/37 10/10 (89%) (81%) (100%) 0/27 2/37 1/10 (0%) (5%) (10%) 1/27 6/37 0/10 (4%) (15%) 2/27 5/37 (0%) 4/10 (7%) (14%) (40%) 0/27 5/37 0/10 (0%) (14%) (0%) 3/27 3/37 2/10 (11%) (8%) (20%) 3/27 9/37 2/10 (11%) (24%) (20%) 3/27 5/37 0/10 (11%) (14%) (0%) 5/27 13/37 2/10 (19%) (35%) (20%) 2/27 4/37 1/10 (7%) (11%) (10%) 1/27 4/37 0/10 (4%) (11%) (0%) 3/27 9/37 2/10 (11%) (24%) (20%) 18 -17p +18/+der(18) t(14 ;18) +X/Xp 2/27 3/37 1/10 (7%) (8%) (10%) 7/27 5/37 4/10 (26%) (14%) (40%) 6/27 5/37 3/10 (22%) (14%) (30%) Insgesamt war festzustellen, dass die hier in Tabelle 5 aufgeführten Aberrationen in ähnlicher Häufigkeit in den FL der drei Grade 1, 2 und 3A auftraten. Die Translokation t(14;18) war in den untersuchten Tumorgruppen in 81-100% der Fälle nachweisbar. 3.2. Follikuläre Non-Hodgkin Lymphome mit überwiegend diffusem Wuchstyp In 5 der in der vorliegenden Serie untersuchten Lymphome lag ein überwiegend diffuses Wachstumsmuster der Infiltrate vor. Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Lymphomen zeigte sich hier also keine überwiegende oder zumindest typische follikuläre Infiltratstruktur. In den Tumoren war eine überwiegend diffuse, herdförmig gering knotig akzentuierte Infiltration des Gewebes nachweisbar, mit nur kleinherdig, in etwa 5-20% der Fläche der Lymphknoten vorliegenden, atypischen Follikeln (Abb.2). Zytologisch dominierten kleine und mittelgroße Zentrozyten mit schmalem Zytoplasma und häufig eher runden, teilweise unregelmäßig gebuchteten Kernen. Eingestreut fanden sich vorwiegend mittelgroße Blasten. Auffällig war ebenso ein hoher Gehalt an schmalzytoplasmatischen T-Zellen (Abb. 3). 19 Abb. 2: Follikuläres Non-Hodgkin Lymphom mit überwiegend diffusem Infiltrationsmuster (HE x100) Abb. 3: Zytologie eines überwiegend diffusen, follikulären Non-Hodgkin Lymphoms (Giemsa x400). 20 Die vorliegenden follikulären Infiltratanteile (vgl. Abb. 2 und 3) bestanden aus atypischen follikulären Proliferationsindex als Strukturen reaktive mit einem Keimzentren. deutlich Diese niedrigeren Infiltratabschnitte entsprachen sicher neoplastischen Follikelstrukturen. Immunhistochemisch waren diese Tumoren, verglichen mit den follikulär bzw. follikulär und diffus wachsenden Lymphomen, auffällig. Eine CD10 Expression lag regelmäßig in den follikulären Infiltratanteilen vor, in den diffusen Infiltratabschnitten hingegen nur sehr selten. Die diffus wachsenden Tumoranteile waren hingegen kräftig CD23 positiv. Eine Reaktivität für BCL-2 lag insbesondere in den diffusen Abschnitten des Infiltrates vor, während die Follikel nur eine schwache Reaktivität oder keine Expression von BCL-2 aufwiesen. Eine p53 Überexpression oder eine sekretorische Differenzierung ließen sich nicht nachweisen. Der Mitoseindex und der mittlere Proliferationsindex lagen zwischen denen der follikulären Lymphome Grad 1 und 2. Bemerkenswert Untersuchungen. war Die insbesondere für das Ergebnis Keimzentrumslymphome der der zytogenetischen Grade 1-3A hochcharakteristische Translokation t(14;18)(q32;q21) war in diesen follikulären Lymphomen mit überwiegend diffusem Wachstumsmuster in keinem einzigen Fall anzutreffen. Im Gegensatz hierzu lag als rekurrente Aberration in 4 von 5 Fällen eine Deletion/Rearrangement im kurzen Arm des Chromosoms 1 vor (Tabelle 6). In einer in-situ Hybridisierung mit einer für 1ptel spezifischen DNASonde konnte dieser Befund bestätigt werden und insbesondere auch in dem Fall Nr. 4 (zytogenetisch negativ) eine Deletion in dieser Region bestätigt werden (Daten nicht gezeigt). 21 Tabelle 6: Klassische zytogenetische Analysen in 5 FL mit überwiegend diffusem Wachstumsmuster Fall-Nr. Karyotyp 1. 45-49, XY,add(1)(p36),t(7;11)(q11;q21)[3],+8[2],+11[2], der(18)t(9;18)(q13;q23)[cp8] 2. 50/51,XX,+X,der(1)t(1;?4)(p36;?q21),+5,+7,+8,+11,-18[5] 3. 50-56,XY,+X,del(1)(p35),-2,+add(3)(p22),+7,+22,+mar1-3[4] 4. 46/47,XY,?t(1;3)(q44;q21)[2],del(7)(q22),+8[7],+mar[2] [cp9] 5. 47/48,XY,t(1;2)(?p32;?p14)+del(7)(q22q32),+12,-14, add(21)(p22)[2] 22 4. Diskussion 4.1. Follikuläre Lymphome Grad 1-3 mit follikulärem Wachstumsmuster 4.1.1. Morphologie und Grading follikulärer Lymphome Das typische, überwiegend follikuläre Wachstumsmuster follikulärer NonHodgkin Lymphome (FL) der Grade 1, 2, und 3A, ihre konsistente Zusammensetzung aus Zentroblasten und Zentrozyten (Keimzentrumszellen), ihr einheitlicher Immunphänotyp (CD10 Positivität und BCL-2 Reaktivität) und der Nachweis der Translokation t(14;18)(q32;q21) in der Mehrheit der untersuchten Fälle belegt, dass diese Tumoren Entitäten im Sinne der WHOKlassifikation darstellen (Harris et al., 1994, Nathwani et al., 2001). In der vorliegenden Arbeit wurden morphologische, immunhistochemische und zytogenetische Daten von 95 follikulären Lymphomen bzw. Lymphomen mit einem eindeutig follikulären Tumoranteil verglichen. Nach den Kriterien der WHO-Klassifikation handelte es sich um 27 follikuläre Lymphome Grad 1, 37 FL Grad 2, 10 FL Grad 3A, 6 FL Grad 3B und 15 Tumoren Grad 3B mit simultanen Anteilen eines großzelligen diffusen B-Zell Lymphoms (DLBL). Konventionellmorphologisch entsprachen die FL der Grade 1 und 2 nach den Kriterien der Kiel-Klassifikation niedrigmalignen Non-Hodgkin Lymphomen vom Typ des zentroblastisch-zentrozytischen Lymphoms. Bei 10 der 16 („rein“) follikulären Lymphome Grad 3 bildeten die Zentrozyten einen Teil des neoplastischen Infiltrates (FL3A). Im Unterschied zu diesen bestanden 6 follikuläre Lymphome Grad 3B und alle 15 FL Grad 3B+DLBL ausschließlich aus basophilen Blasten. Somit waren die Kriterien für follikuläre zentroblastische Lymphome nach der Kiel-Klassifikation erfüllt (Lennert et al., 1992). Diese Diagnose entspricht nach der Kiel-Klassifikation einer hochmalignen Neoplasie. Verglichen mit den klassischen follikulären Lymphomen (1, 2 und 3A) wird die Prognose dieser 23 Lymphome mit aggressiverem Verlauf als signifikant schlechter angesehen (Brittinger et al., 1984). 4.1.2. Immunphänotyp und Relation zu anderen Parametern Es konnte mittlerweile gezeigt werden, dass sich follikuläre Lymphome Grad 3 von follikulären Lymphomen der Grade 1 und 2 unterscheiden. Während in der Serie von Eshoa und Kollegen (Eshoa et al., 2001) nur 20% der follikulären Lymphome Grad 3 CD10 positiv waren, wurde das CD10 Membranglykoprotein bei 70-100% der follikulären Lymphome Grad 1 und 2 exprimiert gefunden. Die Translokation t(14;18) konnte bei 73-93% der FL Grad 1 und 2 nachgewiesen werden und trat bei FL Grad 3 seltener auf (59-67%) (Offit et al., 1991 und Yunis et al., 1987). Nur bei 50% der follikulären Lymphome Grad 3 lag eine positive BCL-2 Expression vor (Eshoa et al., 2001 und Nguyen et al., 1996). Diesen heterogenen Befunden in der Kategorie der FL Grad 3 liegt eine unterschiedliche biologische Derivation bzw. liegen unterschiedliche Transformationswege in diesen Tumoren zugrunde. Ott und Kollegen (Ott et al., 2002) und Katzenberger und Mitarbeiter (Katzenberger et al., 2004) konnten zeigen, dass FL Grad 3A (mit Zentrozyten) in der Regel (60-70% der Fälle) mit der t(14;18) assoziiert sind, während diese Translokation in FL Grad 3B nicht und in FL Grad 3B+DLBL nur in 10-20% nachweisbar ist. FL Grad 3B in Kombination mit einem DLBL hingegen zeigen in knapp 60% der Fälle ein Rearrangement von BCL-6 (Katzenberger et al., 2004). Im Vergleich vollständig bzw. teilweise follikulär wachsender FL gegenüber überwiegend diffusen FL wurden daher in der vorliegenden Arbeit nur FL der Grade 1, 2 und 3A berücksichtigt. Die FL Grad 1-3A mit follikulärem bzw. follikulärem und diffusem Wachstumsmuster zeigten in der vorliegenden Serie eine bemerkenswerte 24 Homogenität bezüglich der immunhistochemischen Daten. Unabhängig vom Grad waren nahezu alle Fälle CD10 und BCL-2 positiv. Im Gegensatz zu publizierten Daten in der Literatur (Eshoa et al., 2001 und Nguyen et al., 1996) zeigten also auch die FL Grad 3A ein den FL1 und 2 vergleichbares Expressionsspektrum dieser Proteine. Auch für die t(14;18) ließ sich kein signifikanter Unterschied in den Gradierungsgruppen nachweisen; im Gegenteil waren sogar alle FL Grad 3A positiv für ein BCL-2 Rearrangement. Pezzella und Mitarbeiter (Pezzella et al., 1990) berichteten, dass in ihrer Serie interessanterweise die t(14;18) negativen FL Grad 1 und 2 ebenfalls häufig BCL-2 positiv waren. Bei diesen Lymphomen wurden bemerkenswerterweise in einem hohen Prozentsatz andere Aberrationen des Chromosoms 18 (insbesondere eine Trisomie 18) gefunden. Demgegenüber lag bei den t(14;18) negativen FL3 in der vorliegenden Serie kaum eine BCL-2 Expression vor. Es konnten aber 3 t(14;18) negative FL Grad 1 ermittelt werden, die ebenso wie die t(14;18) positiven FL eine BCL-2 Expression nachweisen ließen. Unter den FL Grad 3A hingegen lag in allen Fällen eine Translokation t(14;18) vor. Einer dieser Fälle zeigte eine BCL-2 Negativität, ein Befund der von Schraders und Kollegen (Schraders et al., 2005) mit einer Mutation des translozierten BCL-2 Gens im Bereich der Antikörper-Bindungsstelle erklärt werden konnte. Follikuläre Lymphome charakteristischen Grad 3A lassen Zytomorphologie, ihres sich also aufgrund Immunphänotyps und ihrer des Nachweises der t(14;18) typischen Keimzentrumslymphomen der Grade 1 und 2 zuordnen. 25 4.1.3. Chromosomale Aberrationen und ihre Bedeutung für Klassifikation, Verlauf und Prognose Yunis und Kollegen (Yunis et al., 1987) korrelierten erstmals rekurrente chromosomale Aberrationen in follikulären Lymphomen mit histopathologischen Befunden. Seitdem sind zahlreiche Arbeiten zu diesem Thema veröffentlicht worden. In diesen Arbeiten wurden ähnliche sekundäre Karyotypalterationen beschrieben, wie sie auch in der vorliegenden Arbeit charakterisiert wurden. „Sekundäre“ chromosomale Aberrationen geben einen Hinweis auf das Fortschreiten der Erkrankung (Johansson et al., 1995). Die An- oder Abwesenheit der primären Chromosomenänderungen, wie der Translokation t(14;18), weisen hingegen auf die verschiedenen Tumorentitäten hin. Die t(14;18) Negativität der meisten follikulären Lymphome Grad 3B (mit oder ohne Anteil eines DLBL) zeigt eindrucksvoll, dass diese Keimzentrumslymphome einen unterschiedlichen Transformationsweg aufweisen (Ott et al., 2002 und Katzenberger et al., 2004, Müller-Hermelink et al., 2001 und Matolcsy et al., 1999). Der im Vergleich zu der vorgelegten Serie auffallend niedrige Nachweis einer t(14;18) (Offit et al., 1991 und Yunis et al., 1987), bzw. einer Expression von BCL-2 und CD10 (Eshoa et al., 2001, Nguyen et al., 1996, Pezzella et al., 1992 und Gaulard et al., 1992) unter follikulären Lymphomen Grad 3 stellt also kein eigenes Merkmal dieser Subgruppe der follikulären Lymphome dar. Es resultiert vielmehr aus der Heterogenität der Fälle, mit einem offensichtlich hohen Anteil follikulärer Lymphome Grad 3B in den älteren Serien. Beim Vergleich sekundärer chromosomaler Aberrationen follikulärer Lymphome Grad 1 und 2 versus 3A konnte als einziger signifikanter Unterschied ein häufigeres Auftreten einer Deletion in Chromosom 1p bei FL Grad 3A beobachtet werden (p<0,05). Weitere statistisch signifikante Unterschiede lagen nicht vor, bei allerdings insgesamt nicht allzu großer Fallzahl. Das Spektrum der beobachteten sekundären Karyotypalterationen war mit Daten aus der Literatur vergleichbar. Yunis und Kollegen (Yunis et al., 1987) untersuchten 71 follikuläre Lymphome, die nach der Working Formulation subklassifiziert worden waren 26 und konnten zeigen, dass follikuläre Lymphome mit der alleinigen Karyotypalteration der Translokation t(14;18) einen eher indolenten klinischen Verlauf nahmen und blastenarme Tumoren waren. Bei zusätzlichem Auftreten einer Deletion in 13q32 oder bei Zugewinn von 8p zeigte sich ein progredienter aggressiver klinischer Verlauf. Bei „mixed type“ Tumoren wurden häufig Deletionen in 6q assoziiert mit einer Trisomie 7 (komplett/partiell) und/oder Trisomie 12 beschrieben. In blastenreichen („large cell type“) follikulären Lymphomen waren oft die Trisomien 3, 18 oder 21 (komplett/partiell) nachweisbar. Bei Vorliegen einer Trisomie 2 oder 2p zeigte sich unabhängig von der zellulären Morphologie eine eher aggressive klinische Progression. Offit und Kollegen (Offit et al., 1991) untersuchten 29 „low grade“ und 19 „intermediate/high grade“t(14;18) positive Lymphome. Dabei waren Trisomien von 7 und 12 deutlich häufiger bei höhergradigen Lymphomen nachweisbar. In einer Studie von Patienten mit Zeichen der Transformation in einer Rebiopsie zeigte sich ein erhöhtes Auftreten einer Deletion in 6 oder 6q und von Zugewinnen für 7 oder 7q (Richardson et al., 1987). Tilly und Mitarbeiter (Tilly et al., 1994) erbrachten in ihren Studien den Nachweis, dass das Vorhandensein von Bruchereignissen in 6q, 17p und die absolute Anzahl von Chromosomenbrüchen signifikant negative prognostische Indikatoren waren. 4.2. Follikuläre Lymphome mit überwiegend diffusem Wachstumsmuster Follikuläre Lymphome mit überwiegend diffusem Wachstumsmuster sind sehr selten, rein diffus wachsende (nodale) FL sind offenbar Raritäten (Nathwani et al., 2001). Lediglich 5 der in der vorliegenden Serie untersuchten follikulären Lymphome (5%) zeigten ein überwiegend diffuses (mehr als 75% diffus) Wachstumsmuster. Diese Frequenz entspricht etwa der von Lennert (Lennert et al., 1978) angegebenen Häufigkeit. Die Prognose des diffus wachsenden follikulären Lymphoms wird im Vergleich zu follikulären oder follikulär und diffus wachsenden Keimzentrumslymphomen als signifikant schlechter angegeben (Brittinger et al., 1984); die Diagnose ist allerdings schwierig. In einer Serie 27 betrug die Richtigkeit der Diagnose lediglich 20% der Fälle (Lennert und Feller, 1990). Die Schwierigkeiten in der Diagnostik dieser Lymphome werden auch in den in der Literatur angegebenen Daten zur zytogenetischen Analyse deutlich: von den spärlichen im “Catalog of Chromosome Aberrations in Cancer“ (Mitelman, 1994) angeführten „diffusen zentroblastisch-zentrozytischen“ Lymphomen wiesen über die Hälfte eine t(11;14)(q13;q32) auf, entsprachen also Mantelzell-Lymphomen. Es ist also davon auszugehen, dass ein Teil der diffusen FL in älteren Publikationen wahrscheinlich Mantelzell-Lymphome darstellen, mit einem dieser Diagnose entsprechend ungünstigen klinischen Verlauf. Die in der vorliegenden Serie untersuchten 5 Tumoren wiesen ein überwiegend (>75%) diffuses Infiltrat auf, das zytologisch überwiegend aus kleinen bis mittelgroßen Zentrozyten-ähnlichen Zellen sowie eingestreuten Zentroblasten bestand. In allen Fällen lagen zusätzlich atypische follikulär strukturierte Infiltratanteile in 5-20% der Fläche vor. Im Vergleich zu follikulären bzw. follikulären und diffusen FL1 und FL2 war der Immunphänotyp dieser Tumoren auffällig. In den follikulären Infiltratabschnitten lag eine Expression von CD10 (und teilweise auch schwach von CD23) vor, während die diffusen Infiltratabschnitte in 4/5 Fällen eine kräftige Reaktivität für CD23 aufwiesen und nur in einem Fall eine CD10 Positivität nachzuweisen war. In der REAL-Klassifikation wird für die Diagnose (der provisorischen Entität) eines follikulären B-Zell Lymphoms, diffus, eine Reaktivität der Tumorzellen gefordert, die dem eines klassischen follikulären Lymphoms entspricht. Obwohl die Mehrzahl der untersuchten follikulären Lymphome Grad 1-3A eine überwiegende CD10 Expression aufwiesen, ist eine zusätzliche Expression von CD23 bei Keimzentrumslymphomen durchaus keine Seltenheit. In 2 von 8 untersuchten Fällen diffuser zentroblastisch-zentrozytischer Lymphome (von denen lediglich 4 eine CD10 Expression aufwiesen) fanden Zukerberg und Mitarbeiter (Zukerberg et al., 1993) eine Expression von CD23. Altfeld (1990) konnte zeigen, dass zentroblastisch-zentrozytische Lymphome mit einem 28 typischen follikulären Wachstumsmuster überwiegend CD23 negativ waren, dass CD23 aber bei einem follikulären und diffusen Wachstumsmuster in 38% (in z.T. mehr als 90% der Tumorzellen) nachweisbar war. Bemerkenswert war, dass von 2 diffusen zentroblastisch-zentrozytischen Lymphomen in seiner Serie ein Fall eine gleichzeitige Expression von CD10 und CD23 zeigte, ein weiterer Fall war ausschließlich CD23 positiv. Er schlussfolgerte aus diesem Befund, dass es im Übergang von einem follikulären in einen diffusen Wuchstyp bei identischem Immunglobulin-Isotyp zu einem Wandel des Immunphänotyps mit einem Verlust von CD10 und erhöhter CD23 Expression kommen könnte. Dieses Konzept wäre mit dem hier vorliegenden Befund einer CD10 Reaktivität aller Lymphome in den follikulären Abschnitten und einer CD23 Expression in den (überwiegend) diffusen Arealen gut vereinbar. In den klassischen zytogenetischen Untersuchungen der 5 FL diffus konnte in keinem einzigen Fall eine t(14;18)(q32;q21) nachgewiesen werden. Hingegen lagen in 4 von 5 Fällen strukturelle Aberrationen im kurzen Arm des Chromosoms 1 in den Banden 1p32-36 vor. 3 dieser Rearrangements führten zu Deletionen genetischen Materials in dieser Region. In einer ergänzenden Fluoreszenz in-situ Hybridisierung mit einer für terminale repetitive Sequenzen von 1p36 spezifischen Sonde konnte in allen Fällen eine Deletion nachgewiesen werden. Zusätzlich vorliegende rekurrente Aberrationen waren Deletionen im langen Arm des Chromosoms 7 in zwei Fällen und eine Trisomie 7 in zwei weiteren Fällen. Der Nachweis einer identischen Morphologie, eines vergleichbaren Immunphänotyps und identischer Veränderungen auch auf der genetischen Ebene legt nahe, dass es sich bei follikulären Lymphomen mit überwiegend diffusem Wachstumsmuster um eine den typischen Keimzentrumslymphomen wahrscheinlich verwandte, jedoch eigenständige Identität handelt. Lymphatische Neoplasien dieses Typs entsprächen dann differenzierten Keimzentrumslymphomen, die wahrscheinlich aufgrund des Fehlens einer t(14;18)(q32;q21) ein primär und ausgeprägt diffuses Wachstumsmuster 29 aufweisen. Die add(1)(p36) ist eine rekurrente Aberration in follikulären und diffusen großzelligen B-Zell Lymphomen, die häufig mit einer t(14;18)(q32;q21) assoziiert ist. Bajalica und Mitarbeiter (Bajalica et al., 1995) fanden in 3 als niedrigmaligne follikuläre Lymphome klassifizierten t(14;18) negativen Fällen bei Untersuchungen mittels FISH heraus, dass das auf 1p36 translozierte Material vom langen Arm des Chromosoms 2 (2q31-ter) stammte. In einem von diesen 3 hinsichtlich einer Deletion in 1p36 untersuchten Fällen lag diese tatsächlich vor. Zu dem gegenüber klassischen follikulären Lymphomen in der Literatur beschriebenen, etwas aggressiveren Verlauf würde auch der Befund der deutlich gesteigerten Gesamtaberrationsrate bei follikulären Lymphomen prädominant diffus passen. 30 5. Zusammenfassung Das follikuläre Lymphom ist eines der häufigsten Non-Hodgkin Lymphome und überwiegend eine Erkrankung des erwachsenen Menschen. In der WHOKlassifikation ist es als ein Lymphom von Keimzentrumszellen definiert, das follikulär und/oder diffus wachsen kann. Zur Subklassifikation follikulärer Lymphome empfiehlt die WHO-Klassifikation eine Unterscheidung der Grade 1, 2 und 3 durch Auszählen der Zentroblasten pro zehn Gesichtsfelder in starker Vergrößerung. Beim Grad 3A liegen neben Zentroblasten auch Zentrozyten vor. FL Grad 3B bestehen ausschließlich aus Zentroblasten. Hinsichtlich der Zytomorphologie, Immunhistologie und Genetik bestehen deutliche Unterschiede zwischen FL Grad 1, 2 und 3A gegenüber FL Grad 3B. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass die weit überwiegende Zahl der follikulären Lymphome Grad 1, 2 und 3A ein prädominant follikuläres Wachstumsmuster aufwies. Ein follikulärer und diffuser Wuchstyp lag seltener vor. Noch seltener war ein überwiegend bzw. „rein“diffuses Wachstumsmuster. Die mitotische und proliferative Aktivität stieg mit dem Tumorgrad linear an. Hinsichtlich der CD10 Reaktivität, der BCL-2 und p53 Expression sowie des Nachweises einer sekretorischen Differenzierung ergaben sich beim Vergleich der FL Grad 1 bis 3A keine statistisch signifikanten Unterschiede. Die BCL-2 Expression nahm allerdings bei den FL1-3A mit zunehmendem Grad ab. In zytogenetischen Untersuchungen wurden in allen follikulären Lymphomen Grad 1 bis 3A primäre bzw. sekundäre Chromosomenaberrationen gefunden. Unter den rekurrenten chromosomalen Alterationen trat die Translokation t(14;18)(q32;q21) am häufigsten auf und war insbesondere bei follikulären Lymphomen Grad 1 und 2, in etwas geringerem Maße auch bei FL Grad 3A anzutreffen. Diese Translokation scheint also in einem frühen Stadium der BZell-Entwicklung aufzutreten und führt primär zu einem höher differenzierten (zentrozytenreichen) Lymphom. Die 31 t(14;18) bedingt zumeist eine Überexpression des BCL-2 Gens, die sich auch immunhistochemisch nachweisen lässt und diagnostische Verwendung findet. Das BCL-2 Protein ist daher von Nutzen für die Unterscheidung neoplastischer von reaktiven Follikeln, nicht aber, um follikuläre von anderen „low grade“ B-Zell Lymphomen zu unterscheiden. Die sekundären Alterationen charakterisieren bestimmte undifferenzierte Stadien mit hohem Blastenanteil und einer hohen mitotischen und proliferativen Aktivität. In zytogenetischen Untersuchungen von überwiegend diffus wachsenden FL konnte keine Translokation t(14;18)(q32;q21) nachgewiesen werden. Die identische Morphologie dieser Lymphome und die identischen Veränderungen auch auf genetischer Ebene deuten auf die nahe Verwandtschaft der überwiegend diffus wachsenden FL mit den typischen Keimzentrumslymphomen hin. Es handelt sich jedoch um eine eigenständige Identität, die differenzierten Keimzentrumslymphome, die wahrscheinlich aufgrund des Fehlens einer t(14;18)(q32;q21) ein Wachstumsmuster aufweisen. 32 primär und ausgeprägt diffuses Literaturverzeichnis Altfeld Peter. Zentroblastisch-zentrozytische Lymphome, 1990. Bajalica S., Brondum-Nielsen K., Sorensen A.G., Pedersen N.T., Kristoffersson U., Akerman M., Anderson M., Pisa P., Nordenskjold M.. Characterization of add(1)(p36) in non-Hodgkin lymphomas by fluorescence in situ hybridization. Genes Chromosomes Cancer. 1995 May; 13(1): 34-9. Berard C.W., Mann R.B.. 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