Druckversion Mehr Wissen: Was kann den Alltag erleichtern? Wenn ihr Kind nicht trocken durch die Nacht kommt, fragen sich manche Eltern, was sie vielleicht falsch gemacht haben. Doch an Bettnässen ist gewöhnlich niemand „schuld“ – und irgendwann hört es von selbst auf. Das zu wissen, ist auch für das Kind tröstlich. Etwas Gelassenheit und praktische Maßnahmen können helfen, mit den nächtlichen Störungen umzugehen. Wenn das Bettnässen den Familienalltag empfindlich stört oder zu einer emotionalen Belastung wird, ist eine Behandlung sinnvoll. Wichtig sind aber auch praktische Maßnahmen, die allen Beteiligten den Umgang mit dem Bettnässen erleichtern. Zum Beispiel können ein Nachtlicht und / oder leicht zugängliche Lichtschalter im Flur, Bad oder WC dem Kind helfen, rasch die Toilette zu erreichen. Ist der Weg dorthin zu lang oder die Eile groß, ist vielleicht auch ein Nachttöpfchen in Bettnähe eine Möglichkeit. Wenn das Zimmer des Kindes eher weit vom WC entfernt ist, könnte – falls möglich – ein Zimmertausch eine Überlegung wert sein. Was tun, wenn das Bett nass wird? Die Nachtruhe wird umso weniger gestört, je rascher das Bett nach einem kleinen Missgeschick wieder trocken und frisch bezogen ist. Dann können sich alle schnell wieder schlafen legen. Das Kind kann je nach Alter mithelfen oder lernen, sein Bett selbst zu beziehen. Bei häufigem Bettnässen ist eine gute Vorbereitung und Routine hilfreich: Die Matratze des Kindes mit wasserdichten Auflagen oder Betttüchern vor Nässe schützen. Auch für Bettdecke und Kissen sind spezielle waschbare Schutzbezüge erhältlich. Sauberen Schlafanzug, frische Bettwäsche und Laken bereitlegen – oder eine zweite, schon fertig bezogene Bettgarnitur. Morgens genügend Zeit einplanen, damit das Kind duschen und man sich um die Wäsche kümmern kann. Manchmal riechen Schutzbezüge, Bettwäsche oder Kleidungsstücke nach dem Waschen noch immer. Dann lässt sich der Uringeruch durch Spülen mit warmem Wasser vertreiben, das vorher mit Soda oder einigen Tropfen Eukalyptusöl versetzt wurde. Handelsübliches Soda (Natron) gibt es in Drogerien oder Apotheken. Körperpflege und Hygiene Wenn es nachts schief gegangen ist, ist gründliches Duschen gegen den Uringeruch sehr wichtig. Ausgiebiges Lüften hilft, den Geruch im Kinderzimmer zu vertreiben – zusätzlich vielleicht auch Duftöle oder -sprays. Denn auch Eltern und Geschwister fühlen sich durch Uringeruch schnell belästigt. Im Kindergarten, in der Schule oder im Freundeskreis kann ein Kind ausgegrenzt werden, wenn es nach Urin riecht. Die morgendliche Körperpflege – duschen und eincremen – nach einem nächtlichen Missgeschick kann auch das Risiko verringern, dass sich ein Ausschlag entwickelt, wenn die Haut über Stunden Kontakt mit Urin hatte. Falls es zu einem Hautausschlag kommt, kann eine Ärztin oder ein Arzt eine medizinische Hautcreme verschreiben. Ein Ausschlag entwickelt sich vermutlich häufiger bei Kindern, die nachts eine Windel oder ein wasserdichtes Höschen tragen, weil die Haut dem Urin dann längere Zeit ausgesetzt ist. Das Bettnässen verstehen Weil auch die Gene beeinflussen, wie schnell sich die Kontrolle über die Blase entwickelt, kann Bettnässen in verschiedenen Generationen einer Familie immer wieder vorkommen. Für ein Kind kann es tröstlich sein zu erfahren, dass auch andere Angehörige früher dieses Problem hatten. Es weiß dann, dass Bettnässen nichts Ungewöhnliches ist und früher oder später von selbst aufhört. Dem Kind zu erklären, dass andere Kinder in der Schule dasselbe Problem haben, auch wenn sie nie darüber sprechen, kann ebenfalls helfen. Wichtig ist, dass ein Kind versteht, dass es keineswegs ein „Nachzügler“ ist, nur weil es etwas länger braucht, bis es nachts trocken ist. Vielleicht gibt es Gebiete, auf denen es genauso gut ist wie andere Kinder oder ihnen sogar etwas voraus ist? Darauf hinzuweisen, kann das Selbstbewusstsein des Kindes stärken und ihm den Umgang mit dem Bettnässen erleichtern. Wie kann sich Bettnässen emotional auswirken? Schon lange wird darüber diskutiert, welche Rolle psychische Auslöser für das Bettnässen spielen könnten. Allerdings sind Kummer und emotionale Probleme vermutlich eher die Folge oder Begleiterscheinung des Bettnässens und nicht deren Ursache: So haben betroffene Kinder oft mit Schamgefühlen und geringem Selbstbewusstsein zu kämpfen. Den meisten Kindern ist die fehlende Kontrolle über ihre Blase sehr peinlich. Falls im Freundeskreis oder in der Klasse jemand davon erfährt, gerät ein Kind weiter unter Druck. Emotionale Probleme als Ursache für Bettnässen spielen eher eine Rolle, wenn ein zuvor bereits trockenes Kind wieder anfängt, ins Bett zu machen (sogenannte sekundäre Enuresis). Viele Eltern und Familien versuchen, geduldig mit Bettnässen umzugehen. Sie helfen dem Kind so gut es ihnen möglich ist und warten ab, bis es „da herauswächst“. Natürlich ist Bettnässen nicht angenehm, und nicht immer fällt es Eltern leicht, sich mitten in der Nacht gelassen oder gar aufmunternd zu zeigen. Vor allem wenn ein Kind nur wenig motiviert scheint, trocken zu werden, kann es passieren, dass Eltern auch ungeduldig und ärgerlich reagieren. Den Ärger oder die Erschöpfung seiner Eltern zu spüren oder von seinen Geschwistern gehänselt zu werden, ist für ein Kind aber oft nur schwer zu verkraften. Es kann sich dann allein gelassen fühlen oder schuldig, wenn es in der Familie Streit gibt. Häufiges Bettnässen ist für Eltern oft sehr zeitraubend und arbeitsaufwendig, und die Unterbrechungen des Schlafs machen müde. Allein schon die anfallenden Wäscheberge können für Stress sorgen und manchmal auch zu Spannungen zwischen den Eltern führen. Wenn ein betroffenes Kind spürt, dass sein Bettnässen Ärger und Unfrieden in der Familie auslöst, kann dies seine Scham- und Schuldgefühle verstärken. Auch wenn Behandlungen wiederholt fehlschlagen, kann das Selbstwertgefühl eines Kindes leiden. Wichtig ist, dem Kind in der Familie Halt zu geben und dafür zu sorgen, dass es nicht von seinen Geschwistern gehänselt wird. Normalerweise wird sein Selbstbewusstsein wieder stärker, wenn das Bettnässen aufhört. Wie lässt sich die Scham überwinden? Manchmal empfinden auch Eltern das Bettnässen ihres Kindes als peinlich, oder sie schämen sich für ihr Kind. Sie sorgen sich, was andere von ihm denken oder dass sie über ihr Kind reden. Vielen Kindern geht es wahrscheinlich ähnlich: Sie vergleichen sich mit Gleichaltrigen und haben Angst davor, dass andere etwas herausbekommen und sich dann über sie lustig machen. Deshalb trinken viele Kinder weniger oder meiden nach Möglichkeit Situationen, in denen sie sich nicht sicher fühlen, wie Klassenfahrten oder Übernachtungen bei Freunden. Manche Kinder weigern sich auch, eine Freundin oder einen Freund nach Hause einzuladen, aus Sorge, dass sie Anzeichen für ihr Problem entdecken könnten wie die Plastikplane im Bett, das Urintagebuch oder einen Uringeruch. Wenn das Kind es möchte, kann es aber einen Versuch wert sein, es eine Nacht bei verständnisvollen Freundinnen oder Freunden schlafen zu lassen. Manche Kinder bleiben in einer anderen Schlafumgebung leichter trocken. Vielleicht liegt es daran, dass sie in einem fremden Bett weniger tief schlafen als im eigenen. Kleidungsstücke zum Wechseln oder ein unauffälliges Schutzhöschen verringern die Unannehmlichkeiten, wenn es doch zu einem Missgeschick kommen sollte. Manche Eltern trauen sich nicht, das Bettnässen außerhalb der Familie anzusprechen, also zum Beispiel mit befreundeten Müttern und Vätern. Die Sorgen mit anderen Menschen zu teilen, kann aber durchaus hilfreich sein. Quellen Caldwell PH, Deshpande AV, Von Gontard A. Management of nocturnal enuresis. BMJ 2013; 347: f6259. Cederblad M, Neveus T, Ahman A, Osterlund Efraimsson E, Sarkadi A. "Nobody Asked Us if We Needed Help": Swedish parents experiences of enuresis. J Pediatr Urol 2013; 11: pii: S1477-5131(13)00163-0. Glazener CM, Evans JH, Peto RE. Complex behavioural and educational interventions for nocturnal enuresis in children. Cochrane Database Sys Rev 2004; (1): CD004668. McKillop A, MacKay B, Scobie N. A programme for children with nocturnal enuresis. Nurs Stand 2003; 17(43): 33-38. Sanders C. Choosing continence products for children. Nurs Stand 2002; 16(32): 39-43. IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vorund Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen. Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Wir bieten keine individuelle Beratung. Unsere Informationen beruhen auf den Ergebnissen hochwertiger Studien. Sie sind von einem Team aus Medizin, Wissenschaft und Redaktion erstellt und von Expertinnen und Experten außerhalb des IQWiG begutachtet. Wie wir unsere Texte erarbeiten und aktuell halten, beschreiben wir ausführlich in unseren Methoden. BIG direkt gesund 2017 - 0800 54565456 Kostenloser 24h-Direktservice