OA Dr. Elisabeth Frigo Leiterin der Kinderurologischen Spezialambulanz, Kinderchirurgische Abteilung SMZ-Ost Donauspital, Wien Tabuthema Bettnässen: Nasses Erwachen braucht Behandlung Desmopressin gleicht häufige Ursache ADH-Mangel aus Wien, 9. März 2010 – Bettnässen ist ein mit Vorurteilen belastetes Thema. Scham und Angst vor Spott sowie die Hoffnung, dass sich das Problem „auswächst“ hindert viele Familien daran, nach Hilfe zu suchen. Bleibt das Einnässen jedoch unbehandelt, kann aus einem ursprünglich kleinen Problem leicht ein viele Jahre andauerndes Martyrium werden. Mögliche Folgen von unbehandeltem Einnässen sind vermindertes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle, Versagensängste bis hin zu psycho-sozialen Entwicklungsstörungen. 1-2% aller Erwachsenen bleiben schließlich Bettnässer. Bettnässen (medizinisch Enuresis) – definiert als Einnässen im Schlaf an mindestens zwei Nächten pro Monat nach dem 5. Lebensjahr – ist das zweithäufigste chronische Leiden im Kindesalter. Jedes fünfte bis sechste Kind im Vorschulalter wacht morgens in einem nassen Bett auf. 10 bis 15% aller Kinder zwischen sechs und zehn und immerhin noch 2% aller 15-Jährigen nässen nachts regelmäßig ein. Anders gesagt bedeutet das: Rund 60.000 Kinder (2 bis 3 pro Volksschulklasse!) und 1 bis 2% aller Erwachsenen (ca. 160.000) sind in Österreich von diesem Problem betroffen. Kurz vor Schuleintritt oder sogar im Schul- bzw. Erwachsenenalter noch immer nicht trocken zu sein und Windeln tragen zu müssen, bedeutet eine enorme Belastung. Dennoch wird nicht einmal ein Drittel der betroffenen Kinder und Erwachsenen adäquat behandelt. Scham und die Angst verspottet zu werden, die Sorge von Eltern in der Erziehungsarbeit etwas falsch gemacht zu haben bzw. die Hoffnung, dass sich Bettnässen auswächst, hindert viele Familien daran, Rat beim Spezialisten zu suchen. Doch an Bettnässen hat niemand Schuld und nur 15% der Kinder werden pro Jahr von alleine trocken. Bei Erwachsenen stehen die Chancen noch schlechter, dass sich das Problem von alleine löst. Handeln, nicht abwarten! Schweigen, Abwarten und Experimente machen das Problem nur noch größer, denn der Leidensdruck nimmt immer weiter zu. Die Kinder wagen nicht mehr, bei Freunden zu übernachten, das Ferienlager oder die Schullandwoche wird zur Qual oder überhaupt vermieden. Auch Strafen sind kein Weg zum trockenen Bett. Erschreckende Ergebnisse einer aktuellen Studie aus Brasilien zeigen, dass sogar Aggression verbunden mit verbaler und auch körperlicher Gewalt Versuche sind, Kindern das Einnässen abzugewöhnen [1]. Fast alle befragten Kinder (88,6%) mussten Erfahrung mit verbaler, die Hälfte (50,8%) mit körperlicher Bestrafung machen. Die Ergebnisse sind zwar nicht 1:1 in unseren Kulturkreis extrapolierbar, sollten aber dennoch nachdenklich stimmen. Seelische Störungen sind meist Folge - nicht Ursache Fälschlicherweise werden immer noch psychische Probleme oder Trotz als Ursache vermutet. Mit dieser Fehlmeinung stehen Eltern einer gezielten medizinischen Behandlung ihrer Kinder im Weg, denn seelische Störungen sind in den selteneren Fällen für die Entstehung einer Enuresis verantwortlich. Die Psyche spielt fast ausschließlich nur als Folge von unbehandeltem Bettnässen eine Rolle. Gestörte Sozialkontakte, Verhaltensauffälligkeiten, Versagensängste, vermindertes Selbstwertgefühl, Bindungs- und sexuelle Probleme im Erwachsenenalter bis hin zu einer massiven Persönlichkeitsstörung sind möglich Folgen von unbehandeltem Bettnässen. Deshalb ist es so wichtig, dass frühzeitig etwas gegen das Einnässen unternommen wird – bevor der Leidensdruck groß wird. In 75 bis 80% der Fälle ist ein körperliches Problem die Ursache. Bettnässen ist meist die Folge einer verzögerten Reifung der Blasenfunktion bzw. der Blasen-Hirn-Steuerung, ein beeinträchtigter Aufwachmechanismus und/oder die nicht ausreichende nächtliche Produktion des Botenstoffs Vasopressin (antidiuretisches Hormon ADH). ADH bewirkt beim gesunden Kind, dass nachts weniger Harn gebildet wird als tagsüber. Beim Großteil der bettnässenden Kinder schüttet der Körper nachts noch zu wenig von diesem Botenstoff aus. Die Niere produziert somit weiter und die Blase kann die große Harnmenge nicht halten und „geht über“. Zusätzlich spielen abnorme Trinkgewohnheiten sowie genetische Faktoren eine Rolle. Häufige Ursache: Hormone aus dem Takt Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert Bettnässen als Krankheit mit Anspruch auf Behandlung. Wesentlich für die richtige Therapie-Entscheidung ist die ausführliche Diagnose beim Facharzt für Urologie oder Pädiatrie bzw. in einer Spezial-Ambulanz für Kinderurologie, die es in vielen Krankenhäusern Österreichs gibt. Die Behandlungsmethoden sind so vielfältig wie die Ursachen. Oft ist eine Kombinationstherapie bestehend aus Medikamenten und Verhaltenstherapie sinnvoll und notwendig. Einem Großteil der Bettnässer kann mit der seit vielen Jahren bewährten Wirksubstanz Desmopressin [2] rasch und einfach geholfen werden. Die Erfolgsrate des synthetisch hergestellten ADH liegt bei 80 bis 85%. Meist kann schon innerhalb weniger Tage nach der täglichen Einnahme vor dem Schlafengehen eine deutliche Verbesserung erreicht werden. Durch das schnelle Ansprechen der kinderfreundlichen Schmelztablette gewinnen die Kinder rasch wieder an Selbstbewusstsein und sind motiviert, die mindestens dreimonatige Therapie durchzuhalten. Danach wird die Dosis langsam reduziert. Bei sachgemäßer Anwendung sind keine Nebenwirkungen zu erwarten. Ferring ist Partner von Club Mondkind Der Verein Club Mondkind ist Anlaufstelle für betroffene Familien. Eltern erfahren hier den kürzesten Weg zum Spezialisten und somit rasche Hilfe, sehr persönliche Betreuung und werden umfassend über das Problem Bettnässen informiert. Seit über zehn Jahren unterstützt der Verein ein spezielles Ferienangebot der JUFA - Jugend & Familiengästehäuser: die Bettnässer-Ferien. Information & Experten-Adressen unter www.clubmondkind.at Kontakt für Journalisten-Rückfragen: OA Dr. Elisabeth Frigo Kinderurologische Spezialambulanz Kinderchirurgische Abteilung SMZ-Ost Donauspital, Wien T: 01/28802-4350 E: [email protected] -------------------------------1 Sapi MC et al. Assessment of domestic violence against children and adolescents with enuresis; J Pediatr 2009;85:433-437 2 Hinweis für medizinische Fachmedien: Minirin® Text und Bildmaterial in Printqualität gibt’s unter www.ferring.at sowie bei Elisabeth Leeb, ikp, T: 01/524 77 90-14, E: [email protected]