11.1 Fallvignette 9: „Ich bin nutzlos“, bzw. „ Kränkung macht krank

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11 Persönliche Lebensthemen
11.1 Fallvignette 9: „Ich bin nutzlos“, bzw.
„­Kränkung macht krank“ – Gratifikationskrise
Diese Fallvignette zeichnet eine pathologische Entwicklung nach und zeigt, wie
sich aus fehlender Anerkennung im Lauf des Lebens somatische Beschwerden
bis hin zu medizinisch bedrohlichen Organschäden manifestieren können. Der
Wunsch, gesehen und anerkannt zu werden, ist ein sehr wichtiges Bedürfnis von
Menschen. Nur dadurch können Selbstwert und die narzisstische Balance aufrechterhalten werden. Wird die Anerkennung entzogen, so wirkt die erlebte
Frustration und Kränkung als psychischer Stressfaktor, der auf längere Sicht
somatische Auswirkungen zeigt. Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass
Gratifikationskrisen, hoher Ehrgeiz, chronische Ärgerbereitschaft, starke Emotionen wie Hass und Ärger und negative Mentalisierungsmuster zu schweren
kardialen Ereignissen führen können (vgl. Alexander 1950; Siegrist 1996). Neben
der medizinisch-organischen Versorgung sollten diese Krisen psychotherapeutisch bearbeitet werden, um eine pathologische Abwärtsspirale aufzuhalten.
Blickwinkel Patient
Szene und Symptome
Im Gruppensetting zeigt sich ein 55-jähriger Patient, vom äußeren Eindruck fast
prototypisch wie ein Handwerker wirkend, in der Sprachwahl für die anwesenden Teilnehmer überraschend differenziert. Er nimmt gut Kontakt auf und überspielt die anfängliche Unsicherheit mit Humor, sodass der Therapeut und der
Patient durch ein Lachen verbunden sind. Dieses zeigt sich wiederholt, jedoch
im raschen Wechsel mit Weinen. Der Patient suchte die Psychosomatische Klinik deshalb auf, da er große Ängste habe, der Familie – nach einem schweren
Herzinfarkt (mit starker Einschränkung der Pumpleistung und einem Defibrillator) zweieinhalb Jahre zuvor – nur noch eine Belastung zu sein, obwohl diese
ihm etwas anderes vermittele. Häufig sei er „nah am Wasser gebaut“ und er
könne deutlich weniger leisten als zuvor („Nach drei Stunden Hausarbeit brauche ich eine Pause, vorher konnte ich zwölf Stunden durcharbeiten.“). Er sei nach
dem Herzinfarkt gut eineinhalb Jahre arbeitsunfähig geschrieben gewesen, ein
Arbeitsversuch habe nach dieser Zeit nicht geklappt und er sei daraufhin gekündigt worden.
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11.1 Fallvignette 9: „Ich bin nutzlos“, bzw. „­Kränkung macht krank“
Biografie
Der Patient wuchs mit einer Schwester bei liebevollen Eltern („Die Mutter ist die
Beste der Welt, der Vater war ein wenig anwesender, aber toller Vater!“) im Haus
der Großeltern in einem kleinen Dorf in der DDR auf. Neben der Beschreibung
einer behüteten Kindheit schildert er die Oma (von der Mutter gepflegt) als
„Hausdrache“. Diese habe ihn im frühen Schulalter, als er erkrankt war, mit der
Bemerkung „Jeder bekommt das, was er verdient!“ so gekränkt, dass sie für ihn
daraufhin „nicht mehr existent“ gewesen sei. Die Mutter sei mit Ende 40 (im
20. Lebensjahr des Patienten) und der Vater mit Ende 60 an Krebs verstorben.
Der Patient habe nach dem Abitur und einer Lehre noch studiert und nach
der Wehrzeit bei der Staatsbank gearbeitet. Nach dem Mauerfall habe ihn eine
große Bank übernommen und auch in Spezialschulungen investiert, ihm dann
aber für einen avisierten Hausbau keinen Kredit gewährt. Gekränkt habe er als
Konsequenz bei einer anderen Bank angefangen. Kurz darauf erlitt er einen
Herzinfarkt mit langer Krankschreibung. Nach einem Arbeitsversuch sei er entlassen worden. Er wolle gern wieder Arbeiten, sei aber dem Arbeitgeber dann zu
150 %-iger Leistung verpflichtet, was er nicht könne. Deshalb fühle er sich „nutzlos“. Er sei das zweite Mal verheiratet und habe von jeder Frau eine jetzt erwachsene Tochter mit Enkelkindern. Die Familie unterstütze ihn sehr. Vor dem Herzinfarkt habe er Sport machen können, nun züchte er Vogelspinnen und organisiere den Haushalt.
Analyse
Der Patient hat als eindrückliches einschneidendes Erlebnis die abwertende
Bemer­kung seiner Großmutter so selbstkränkend verarbeitet, dass er mit „Auslöschung“ („Sie war nicht mehr existent für mich.“) reagieren musste. In seinem
Leben konnte der Patient seinen Selbstwert durch einen hohen Leistungs­
anspruch stärken und somit Stabilität erreichen. Auch den politischen Systemwechsel hat er gut meistern und sich integrieren können. Erneut taucht dann
in seinem Leben eine schwere Gratifikationskrise durch die Bank auf, die dem
eigenen Mitarbeiter den Kredit für den geplanten Hauskauf verwehrt, und es
kommt ein zweites Mal zu einem rigorosen Abbruch. Danach ereignet sich
der schwere Herzinfarkt mit den beschriebenen körperlichen und psychischen
Folgen.
Es könnte vermutet werden, dass der Patient in seinem neuen Hobby, der
Vogelspinnenzucht, seine eigenen „giftigen“ und bedrohlichen Anteile exter­
nalisiert. Seine eigene Wut ist in der Gegenübertragung kaum zu spüren, auch
wenig Selbstreflexion hinsichtlich seiner eigenen Anteile im biografischen Geschehen. Mit dem eigenen Wunsch „Am besten wäre ich weg, denn ich falle sonst
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allen zur Last“ wiederholt er sein verinnerlichtes Muster der Auslöschung bei
erlebten Konflikten und Anerkennungskrisen.
Auf einen Blick
„Ich bin nutzlos!“
Patient, Mitte 50
Szene
Was passiert in den ersten
Begegnungen?
Was macht der/die Patient/in
mit mir als Therapeuten?
Es erscheint ein körperlich stark wirkender Patient zur
Psychotherapie mit eigenen Auslöschungswünschen,
um seiner Familie nicht zur Last zu fallen. Voraus­
gegangen sind eine heftige Kränkung durch den
Arbeitgeber und ein schwerer Herzinfarkt einige Zeit
später, der das übliche Lebensmuster des Patienten
(Leistung) vollständig verändert hat.
Symptome
Diagnose nach ICD-10
Akut Länger anhaltend Rezidivierend Chronisch
F 32.1 Mittelgradig depressive Episode mit Merkmalen
einer narzisstischen und pseudoautonomen Neurosendisposition
Biografie
Wichtige Daten und Themen
Gemeinsam mit der Schwester aufgewachsen bei
sehr liebevollen Eltern im Haus der Großeltern
mütterlicher­seits. Die Großmutter wird von ihm nach
einer erlebten schweren Kränkung emotional aus­
gelöscht; ein Verhaltensmuster, welches er im Leben
mehrfach wiederholt. – Auf eine Gratifikationskrise
folgt die Auslöschung des Aggressors bis hin zu Gedanken der eigenen Auslöschung, da der Körper nach
einem schweren Herzinfarkt nicht mehr funktioniert.
Mikrotraumen/Traumata
Nein
Ja – aber integriert
Ja – noch wirksam
Nichts wert sein, fehlende Förderung, Vernachlässigung, Missbrauch (emotional, körperlich, sexuell),
Sucht der Eltern, Erkrankungen eines Familien­
mitgliedes, destruktive Bindungsmuster Verlust,
Unfälle, Flucht, Folter, Katastrophen, Kriminalität,
Heim, Krieg
Existentielles Grundthema
„Ich bin jetzt nutzlos, da ich nicht mehr funktioniere.“
Aktualkonflikt
Herzinfarkt und dessen Folgen in allen Lebensbereichen
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Lebensbalance
Ist-Wert/Soll-Wert
Körper/Leiblichkeit
Leistung/Arbeit
Soziale Einbindung
Werte/Vision
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Ist
Der Patient hat einen schweren Herzinfarkt erlitten
mit einer deutlichen Einschränkung seines Leistungsvermögens.
Beruflich erfolgreiche Bankkarriere bis zum Zeitpunkt
des Herzinfarktes
Gute soziale Einbindung in der Familie
Hobbys und Humor vorhanden, weitere Werte
­bleiben offen
Soll
Bessere Aufmerksamkeit dem Körper und den eigenen
Bedürfnissen gegenüber, gute Kontrolle des Herzens
Akzeptanz des neuen Leistungslevels
Ausbau der sozialen Beziehungen auch außerhalb der
Familie
Ausbau und Entwicklung des Wertebereiches
Systemische Position
Wo sieht sich der/die Patient/in
im sozialen Gefüge?
Welche Rolle hat er/sie
­übernommen?
Der Patient hat höchstwahrscheinlich durch die erlebte
Kränkung die Rolle des Rächers („Euch zeige ich es!“)
übernommen und konnte sich bis zum Herzinfarkt gut
durchsetzen. Nun rückt der Patient in eine schwache
Position und seine alte Rolle des „Rächers“ wird
– möglicherweise – auf die Vogelspinnen übertragen.
(Lebens-)Modus
Aktiv Gemischt Passiv
Wiederkehrende Lebens­
themen
Der Patient hat für sich eine sehr autarke Rolle im
Leben übernommen und seine eigenen Kleinheits­
gefühle durch Aggression (Auslöschung) überspielt.
Durch seine eigene Stärke erhielt er auch eine
narzissti­sche Gratifikation und eine gewisse Kontrolle
über das Leben, welche nun erschüttert ist.
Charakter/Temperament
Neurotische Grund­
disposition
Depressiv aktiv – Ich bin verantwortlich
Depressiv passiv – Ich bin das „Opfer“
Pseudoautonom – Ich mache alles allein
Altruistisch – Ich versorge andere
Narzisstisch – Ich bin toll, die anderen weniger
Ängstlich-abhängig – Ich tue alles, um nicht ­verlassen
zu werden
Schizoid – Ich bin lieber für mich
Zwanghaft – Ich muss alles kontrollieren
Histrionisch – Ich brauche die Bühne
Instabil – Ich bin für andere verwirrend, impulsiv
Resilienzfaktoren
Intelligenz, materielle Absicherung, Stabilisierung
durch die Arbeit, Familie, Hobbys, Humor
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Regulationsmechanismen
(Abwehr)
Stabilisierung durch Leistung, Affektisolierung,
­Rationalisierung, Ich-Einschränkung
Strukturelle Stabilität
Gut integriert – rasche Erkenntnisse, Motivation zur
eigenen Veränderung vorhanden, gute Reflexion
Mittel integriert – Nachreifung notwendig,
Verände­rungen möglich, Reflexion möglich
Mäßig integriert – kleine therapeutische Schritte,
Arbeit im Hier und Jetzt, wenig biografische Arbeit
möglich
Desintegriert – Psychiatrische Indikation
Psychischer Befund
(Besonderheiten)
Stimmung depressiv, ein reifer Umgang mit
­aggressiven Impulsen fehlt
Suizidalität
Nein anamnestisch Gedanken Absicht
Hindernisse der
­Gesundung
Wichtig für den Patienten wird die Integration einer
neuen Lebensidee sein und die Verarbeitung der alten
verinnerlichten Wut, die bis hin zum Hass geht.
Blickwinkel therapeutisches Vorgehen
Vision
Als Wunsch entsteht für diesen Patienten das Bild eines Mannes, der zunächst
seine bisherige Lebensleistung anerkennt nach dem Motto „Ich habe tatsächlich
aus meinem Leben viel gemacht und eine gute berufliche Positionen innegehabt.“
Wichtig wird sein, dass er den Wunsch nach „Auslöschung“ konfiktbehafteter
Begegnungen relativieren kann und mit den Ereignissen Frieden schließt. Denn
ätiologisch bekannt ist, dass bestehender Hass und der verbissene Wunsch nach
Gerechtigkeit einen wesentlichen Einfluss auf die kardiale Gesundheit haben
können. Als Therapeut wünsche ich mir für den Patienten einen Lebensentwurf,
der seinem Leistungsniveau entspricht, den Ausbau seines sozialen Netzwerkes
fördert und auch eine gute Auseinandersetzung mit den Themen „Sinn im Leben“, eigene Wertpositionen und Akzeptanz von Begrenzung beinhaltet.
Innere Stabilität
Zunächst scheint es bei diesem Patienten wichtig zu sein, seine Lebensleistung
anzuerkennen und ihn narzisstisch aufzuwerten. Zeitgleich ist es auch notwendig, ihn zum Ausdruck von traurigen Gefühlen zu ermuntern (man denke an
dessen Scham über die im Erstgespräch gezeigten Tränen). Eine Allianzerfah-
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11.1 Fallvignette 9: „Ich bin nutzlos“, bzw. „­Kränkung macht krank“
rung kann bei diesem Patienten zu einer guten Vertrauensbasis führen („Ich
kann nachempfinden, in welchem Dilemma sie stecken …“). Wichtig wird auch
die Hervorhebung der Ressourcen sein (Humor, Familie, Intelligenz), bevor die
schwierigeren Themen anzusprechen sind. Im Mittelpunkt stehen dabei die
­erlebten Kränkungen, welche jeweils zum Abbruch von Beziehungen geführt
haben. Durch biografische Deutungen und Klärung psychosomatischer Zusammenhänge sollte Verbindung zwischen der Wut auf das eigene körperliche Versagen und den begleitenden Fantasien bezüglich der eigenen Auslöschung hergestellt werden. Trauer um den Verlust der körperlichen Unversehrtheit braucht
Raum und Mitteilungsmöglichkeit, damit das aktuelle, eingeschränkte körperliche Leistungsniveau nach und nach angenommen und integriert werden kann.
Auch ist mit dem Patienten zu reflektieren, dass seine eigene Gratifikation bisher
vorrangig vom „Funktionieren seiner selbst“ anhängig war. Neue Gratifika­tions­
quellen sollten daher aufgebaut werden.
Äußere Stabilität
Da das Herz des Patienten vom medizinischen Standpunkt aus eine geringe
Leistungsfähigkeit zeigt, ist eine volle Arbeitsfähigkeit voraussichtlich nicht
mehr zu erwarten. Der Patient beschreibt auch selbst, dass er nach drei Stunden
Hausarbeit bereits eine Pause brauche und hohen Belastungen nicht mehr gerecht werden kann. Erschwerend kommt seine innere Kontrollüberzeugung
dazu, dass er einem Arbeitgeber 150 %ige Verfügbarkeit schulde. Realistisch wird
daher wahrscheinlich eine Frühberentung die Folge sein. Es wäre sinnvoll, die
stützende Familie (Ehefrau und zwei Töchter) mit einzubinden, damit ein ­neues
gemeinsames und wertschätzendes Lebenskonzept aufgebaut werden kann. Das
Gefühl der Nutzlosigkeit sollte dabei Berücksichtigung finden und Veränderung
erfahren. Der soziale Bereich ist auf alle Fälle zu erweitern, eventuell können
auch ehrenamtliche Tätigkeiten eine neue Perspektive bieten. Hobbys sind weiter auszubauen und eventuell die innerpsychische Bedeutung der Vogelspinnen
gemeinsam zu deuten.
Realistische Ziele
Es wird zunächst darum gehen, den Patienten zu bestärken, indem man seine
Bereitschaft, in die Psychotherapie zu kommen, anerkennt und ihn für seine
bisherigen Erfolge lobt. Die jetzige körperliche Leistungsdimension ist realistisch einzuschätzen und daraufhin ein neues Lebenskonzept abzustimmen. Die
Familie kann als stützender Faktor in die Therapie mit eingebunden werden.
Wichtig ist inhaltlich die Auflösung der ungeheuren Wut, wenn der Patient sich
gekränkt fühlt, damit diese Energie nicht weiter in Agieren oder Auslöschen
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umgewandelt werden muss, sondern integriert werden kann. Dies dürfte auch
einen protektiven Faktor auf die derzeitige kardiale Situation darstellen.
Sinnvolle Interventionen
Neurotisch, strukturell, interpersonell, institutionell
Akute Entlastung durch die Bestätigung in der Psychotherapie auch als „starker
Mann“ am richtigen Ort zu sein; Förderung der Wahrnehmung und Verbalisierung eigener Emotionen und Bedürfnisse; Konfrontation und Deutung; Bezüge
zur eigenen Biografie herstellen; Erarbeitung eines neuen Lebenskonzeptes;
Achtsamkeitsübungen; Umgang mit Kränkungen und Enttäuschungen „neu“
erlernen.
Therapeutische Fallen
Es besteht die Gefahr auf der einen Seite, den Patienten aufgrund seines Erscheinungsbildes stärker einzuschätzen, als er es von seiner körperlichen Belastbarkeit
tatsächlich zu sein vermag. Und er bietet zusätzlich aktiv an, sich mit seiner
Leistungsseite zu identifizieren. Auf der anderen Seite wäre es ein Fehler, ihn zu
sehr zu schonen und damit die Regression zu fördern. Auch könnte das Hobby
„Vogelspinnen“ verbunden mit seiner Tendenz zur Polarisierung zu einer Gesamtablehnung des Patienten führen. Seine hohen Ansprüche an sich könnten
auch übertragen dazu führen, dass der Therapeut spürt, viel leisten zu müssen,
um den eigenen Selbstwert zu stabilisieren.
Blickwinkel Therapeut
Persönliche Voraussetzungen
Im empathischen Miteinander braucht der Therapeut ein ruhiges Standing und
Kompetenz bezüglich der geforderten psychosomatischen Übersetzungsleistung.
Neben der Achtung der Lebensleistung des Patienten ist die Vermeidung von
Konkurrenz nach dem Motto „Ich kann auch etwas“ wichtig. Schwierig, aber
für die Behandlung notwendig, wird es sein, eine Idee zu entwickeln, was der
schwere Herzinfarkt mit in der Folge implantiertem Defibrillator für diesen Patienten bedeutet.
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