Zeitschrift der Sternfreunde Münster E.V. 21. Jahrgang V 2008 V Nr. 3 Aus dem Inhalt: Wohin geht die Reise? SoFi in Novosibirsk Herschels Spiralhaufen 3.- Euro 3/08 Andromeda Inhalt Editorial ....................................................................................................... 4 Jahr der Astronomie 2009 ............................................................................ 5 Reken oder Regen oder was? .......................................................................7 Wohin geht die Reise? ................................................................................11 Rotverschiebung einmal anders ..................................................................18 Partielle Mondfinsternis am 16.8.2008 .......................................................23 Sternfreunde intern .....................................................................................24 Die partielle Sonnenfinsternis in Münster ..................................................26 Die Nacht am Aasee ...................................................................................28 Lustiges Silbenrätsel ..................................................................................29 Bildnachweise ............................................................................................29 SoFi in Novosibirsk ....................................................................................30 Sternbild Einhorn .......................................................................................39 1998 - 2008 10-jähriges Jubiläum der Firma Gerd Neumann jr. ..............44 Herschels Spiralhaufen .............................................................................. 46 Was? Wann? Wo?........................................................................................50 Für namentlich gekennzeichnete Artikel sind die Autoren verantwortlich. Impressum Herausgeber: Redaktion: Kontakt: Sternfreunde Münster e. V. Sentruper Straße 285, 48161 Münster Benno Balsfulland, Wolfgang Domberger, Michael Dütting, Ewald Segna (V.i.S.d.P.), Hermann Soester, Wolf Steinle, Philipp Stratmann Jürgen Stockel, Haus Angelmodde 6 a, 48167 Münster Titelbild: 2. U-Seite o.: 2. U-Seite u.: 3. U-Seite Rückseite Flammen- und Pferdekopfnebel - Gerd Neumann Partielle Mondfinsternis vom 16.8.2008 - Jo Hilpert Halbschattenfinsternisphase vom 16.8.2008 - Dr. Siegfried Peterseim Maximale Phase der SoFi: Novosibirsk, Estland, Münster - GN, JS, JH Kollage Sonnenfinsternisablauf - Gerd Neumann Tel.: 02506/2131 Auflage: 350 / Dezember 2008 3 3/08 Andromeda Editorial ...und hallo... Ich möchte hier von einem Phänomen, berichten, das mir bis vor kurzem gar nicht bekannt war, und auch in dieser Form bisher nicht auftrat, somit auch nicht störte. Anlässlich der partiellen Mondfinsternis baten die Sternfreunde Münster am 16. / 17. August zu einer öffentlichen Beobachtung vor dem LWL Museum für Naturkunde. Da der Eintritt des Kernschattens schon gegen 21:36 MESZ Uhr zu erwarten war, rechneten wir auch mit einer entsprechend großen Anzahl von Besuchern - bedingt durch den Samstag - auch mit vielen Familien mit Kindern. In der Dämmerungsphase bauten wir unsere Teleskope und Ferngläser auf, unter den interessierten Blicken der ersten Neugierigen. Soweit so gut. Es wurde später und somit auch dunkler. Der Mond schien gegen 21:42 Uhr das erste mal deutlich angeknabbert. Plötzlich... ein gleißend heller Blitz. Ich zuckte zusammen. Ein aufziehendes Gewitter? Weit gefehlt. Die ersten Besucher schossen sich mit ihren Digitalkameras auf den Mond ein - mit Blitzlicht. Ungläubiges Staunen, nicht nur bei mir. Blitzlicht in der Astrofotografie?, das geht doch gar nicht! 4 Leider sahen das viele Besucher anders und an diesem Abend erlebten wir ein Blitzlichtgewitter bei dieser öffentlichen Beobachtung, wie wir es nie zuvor erlebt hatten. Viele Besucher hielten ihre Kameras an die Okulare und machten so ein schnelles Bild vom sich mehr und mehr verfinsternden Mond. Mit der Dunkeladaption sowie der Beschaulichkeit und der Ästhetik der Mondfinsternis war es somit vorbei. Und ich befürchte, dass das auch in Zukunft ein Problem sein wird, wenn wir nicht ausdrücklich ein Fotografierverbot mit Blitzlicht erlassen. Ich habe ja nichts gegen das Fotografieren durch die Teleskope und Ferngläser, aber bitte nicht mit Blitzlicht! Ein tolles Ereignis (und wohl auch Erlebnis) war sicher auch die Einladung von Prof. Hiesinger vom Institut für Planetologie an den jungen Sternfreund Philipp. In einer Diskussionsrunde mit so bekannten Wissenschaftlern, wie Prof. Spohn, Dr. Schwehm, Prof. Hiesinger und dem Astronauten T. Reiter vertrat Philipp sehr bestimmt seine Ansichten über die Ziele der künftigen europäischen wie internationalen Raumfahrt. Kompliment! Alles weitere können Sie ab Seite 11 nachlesen. Zu guter Letzt wünsche ich allen Sternfreundinnen und Sternfreunden ein friedvolles und besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2009. Ewald Segna 3/08 Andromeda Jahr der Astronomie 2009 dort unter der Leitung von Andreas Hänel (Leiter des Planetariums Osnabrück) die gemeinsamen Aktionen in Westdeutschland und der Euregio abzustimmen. Was kommt denn nun auf die Sternfreunde Münster zu? Wir haben uns zunächst darauf verständigt, dass alle unsere Standardaktionen (Vorträge, Ausstellung, etc.) unter diesem Titel „Jahr der Astronomie 2009“ laufen und damit zusätzlich Medienpräsenz bekommen werden. Jürgen Stockel Unsere öffentlichen Beobachtungen bekommen dabei einen völlig neuen Stellenwert. Wir werden in 2009 zusammen mit dem Naturkundemuseum Münster (Dr. Björn Voss) jeden Mittwoch Abend (!! Januar bis April, September bis Dezember) eine öffentliche Beobachtung durchführen (bei gutem Wetter versteht sich!!). Dazu wird zur Zeit das C14 vom LWL Museum für Naturkunde reaktiviert, das dann in 2009 zu allen Veranstaltungen eingesetzt werden soll. Um dabei die Aktiven unseres Vereins nicht über alle Maße zu belasten, haben wir uns im Vorstand darauf verständigt, dass immer ein Vereinsmitglied sich für einen Monat verpflichtet, die öffentlichen Beobachtungen zusammen mit Dr. Voss zu realisieren. Dazu ist es ja nicht notwendig, dass wir an jedem Mittwoch mit zig Teleskopen auftauchen. Es müsste reichen, wenn zumindest zwei Sternfreunde an einem Mittwoch die Beobachtung durchführen. Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat es im Dezember 2007 ausgerufen: 2009 wird weltweit das Jahr der Astronomie werden. Global laufen zur Zeit viele unterschiedliche Aktionen an, die möglichst alle Teile der Bevölkerung ansprechen sollen. So wird es Events in der Öffentlichkeit und in Schulen geben. Natürlich werden auch in Deutschland unterschiedlichste Aktionen geplant und mit großer Medienpräsenz ausgestattet. Wer mehr zu diesem Jahr erfahren möchte, der sollte einfach mit „Jahr der Astronomie 2009“ googeln oder direkt www. astronomy2009.de ansteuern. Ich selbst bin jetzt schon auf drei Meetings in Osnabrück gewesen, um 5 3/08 Andromeda Im Januar übernimmt Hermann Soester diese Funktion, im Februar Michael Dütting und im März bin ich dann dran. Wäre schön, wenn auch andere Mitglieder sich einen Monat auf die Fahne schreiben könnten. Wir suchen also noch Verantwortliche für April und September bis Dezember!! Traut Euch! Darüber hinaus hatte ich vorgeschlagen, eine „Planeten-Radtour“ vom Osnabrücker zum Münsteraner Planetarium durchzuführen. Diese Idee ist auf sehr fruchtbaren Boden gefallen. Wichtiger Logistik-Partner wird der ADFC sein, der im Durchführen solcher Radtouren große Routine hat. Wann genau welche Route gefahren wird und wie wir die einzelnen Planetenstationen ausgestalten wollen, das muss noch in einer gesonderten Projektgruppe aus Münsteranern, Osnabrückern und dem ADFC (eventuell noch Vertreter der Stadtmarketings) besprochen werden. Besonders spannend finde ich die angedachte Zusammenarbeit in der Euregio. Vielleicht besteht die Möglichkeit, Euregio-Gelder zu bekommen für eine erste gemeinsame Aktion. Das könnte z. B. eine gemeinsame, buchähnliche Zusammenstellung aller astronomischer Angebote in der Euregio sein. Da könnten auch wir Sternfreunde einen gut platzierten Medienauftritt bekommen. 6 Merken sollte man sich schon jetzt Samstag, den 4.4.2009, der vom VdS als Astronomietag 2009 durchgeführt wird und ebenfalls Teil des Astrojahres 2009 sein wird. Dieser Tag soll eingebettet werden in „100 Stunden Astronomie“. Dazu überlegen wir im Augenblick, mit verschiedenen Angeboten herauszugehen, etwa mit Ständen in der Fußgängerzone (Osnabrück) oder mit Live-Mond-Beobachtungen an Stellen, wo immer sehr viele Menschen sind, die man ganz spontan mit einer Livebeobachtung „beglücken“ könnte. Wir denken an eine öffentliche Beobachtung mitten auf dem Domplatz von Münster am 2. oder 3. April 2009. Wie Ihr seht, kommt da ein ganz starkes astronomisches Jahr auf uns zu! Ohne breite Unterstützung von Euch Sternfreunden werden wir viele dieser Aktionen nicht realisieren können. Ich möchte Euch daher heute schon bitten, engagiert dieses Astrojahr 2009 in Angriff zu nehmen. Wer von Euch Spaß daran hat, bei der Gesamtkonzeption unserer Sternfreundebeteiligung mitzuarbeiten, soll sich einfach bei mir melden. Über jede Entlastung Eurerseits würden wir uns sehr freuen! Auch weitere Ideen, das Astronomiejahr mit Leben zu füllen, sind herzlichst erwünscht. (Siehe auch das Editorial der Andromeda 2/2008). 3/08 Andromeda und Kometen. Dann wurde es richtig anspruchsvoll: Michael hat der Gruppe sein Lieblingsmodell gezeigt, seine Armillarsphäre. Damit konnte er demonstrieren, wie man sich das Koordina- Reken oder Regen oder was? Jürgen Stockel Schon zum vierten Mal waren wir nun in Reken in der Jugendherberge. Ich bin zwar immer wieder ein unverbesserlicher Optimist, aber auch in diesem Jahr war Petrus nicht gut gelaunt und hat uns wieder einmal einen Beobachtungsabend vermasselt. Aber der guten Stimmung hat das nicht geschadet. Unter der Mithilfe von Michael und Andreas haben wir einige interessante Themen besprochen. Begonnen haben wir aber erst einmal mit einer Vorstellungsrunde, denn neben unserem langjährigen Vereinsmitglied Andreas Bügler konnten wir auch zwei neue Mitglieder unserer Jugendgruppe begrüßen: Miklas Gröne und Maximilian Exner. Ich fand es richtig klasse, wie die Gruppe die beiden Neuen ganz locker in unsere Astro-Gemeinschaft aufgenommen hat. Am Samstag begannen wir mit einem lustigen Quiz zum Sonnensystem und haben dabei unsere wichtigsten Begleiter kennengelernt: Planeten tensystem am Himmel vorstellen kann und warum man mit den Teilkreisen am Teleskop in der Lage ist, bestimmte Sterne oder Objekte mit Hilfe von Koordinaten zu finden. Dazu hat er noch die drehbare Sternkarte erläutert und erklärt, wie sich diese Koordinaten in der Karte finden lassen. Wir müssen dieses Thema unbedingt mal unter echten Beobachtungsbedingungen testen und üben, damit auch die Jugendlichen mit diesem wichtigen astronomischen Hilfsmittel arbeiten können. 7 In einer Themenabstimmung mit der ganzen Gruppe haben wir uns dann den Asteroiden- bzw. Kometeneinschlägen gewidmet. Eingestimmt auf dieses Thema haben wir uns mit einigen Szenen aus bekannten Astrothrillern. Nach einer gemeinsamen Besprechung „Wo kommen diese Bomben aus dem All eigentlich her?“, haben wir uns in einem 3/08 Andromeda Film angeschaut, wie die NASA in einer mehrjährigen Aktion eine Raumsonde auf den Weg zum Kometen Temple 1 geschickt hat und es tatsächlich gelungen ist, nach zig Millionen Kilometern Flug durchs Sonnensystem nicht nur in die Nähe dieses Kometen zu gelangen, sondern auch ein Geschoss auf diesen Kometen zu jagen und diesen zu treffen. Irre diese Präzision!! Nach dem Abendessen der besorgte Blick zum Himmel: Alles dicht, es regnet in Strömen. Ersatz ist dann schon fast traditionell unser gemeinsamer Kinoabend mit Filmen, die sich die Jugendgruppe selbst ausgesucht hat. Erst spät am Abend hörte dann der Regen auf, sodass wir dann zumindest noch durch die tiefdunkle Landschaft gewandert sind und dank vieler Taschenlampen den Weg durch den unheimlich dunklen Wald wieder zurückgefunden haben zu unserer Jugendherberge. Am Sonntag wurde das Wetter dann wieder besser. Begonnen haben wir mit einer Diskussion über mögliche DeepSky-Objekte für eine astronomische Beobachtung: Zum Beispiel Galaxien, offene Sternhaufen, Kugelsternhaufen und Gasnebel. Viele Fotos dazu haben gezeigt, wie sich solche Objekte auf Fotos darstellen. Die Teilnehmer wussten natürlich, dass im Teleskop keines dieser Objekte so bunt und so hoch aufgelöst erscheinen. Dennoch 8 sind viele der gezeigten Objekte im Teleskop ein echter Hingucker (z. B. der große Kugelsternhaufen M13). Dann hielt uns nichts mehr in den Mauern der Jugendherberge. Raus, ab in die Sonne! Unter dem wichtigen Warnhinweis „Nie ungeschützt und ohne Sonnenschutzfilter in die Sonne schauen!“ bauten wir alle unsere Teleskope auf. Dabei brachten auch unsere Neuen Miklas und Maximilian ihre Teleskope mit. Unsere Teleskop- Sammlung der Jugendgruppe wurde dabei um 2 wunderschöne Teleskope bereichert: Miklas brachte einen kleinen 4,5-Zoll-Einarm-Dobson mit, den man ganz einfach bedienen kann! Ich 3/08 Andromeda Andreas hat uns dann in die Geschichte der Raumfahrt eingeführt. Ein Film hat uns dann gezeigt, wie man sich ganz vage eine zukünftige Besiedlung von Mond und Mars vorstellen könnte und wie darüberhinaus eine weitere Besiedlung anderer Sonnensysteme an riesige Zeit- und Entfernungsgrenzen stößt. Insgesamt hat es uns wieder sehr viel Spaß gemacht. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir alle Teilnehmer beim nächsten Beobachten in Kattenvenne oder Alverskirchen mal einladen werden. Denn in einem Punkt sind wir uns alle einig: Die Theorie ist sicherlich spannend, aber richtig heiß sind wir mittlerweile auf Live-Beobachtungen am Himmel. Ich hoffe, dass wir da in der Zukunft mehr Möglichkeiten zum gemeinsamen Beobachten finden werden. Ich bin schon gespannt, welches Teleskop sich der Jan in Zukunft zulegen wird. Wäre doch toll, wenn viele von uns beim First-Light dabei sein könnten. war richtig begeistert von diesem superschnellen Einsteigerteleskop! Ein echter Geheimtip!! Ganz anders sieht das Teleskop von Maximilian aus: Ohne Leiter läuft für Maximilian im Zenit nichts. Ein richtig ausgewachsenes 8-Zoll-Newton-Teleskop mit einer ansprechenden Montierung mit Motor- und Computersteuerung. Ich bin mir sicher, dass Maximilian damit in den nächsten Jahren noch viel Spaß haben wird. 9 3/08 Andromeda Wohin geht die Reise? Eine Podiumsdiskussion mit Astronaut Thomas Reiter Philipp Stratmann Wir schreiben den 27.05.2008. Während sich in der Halle Münsterland knapp über 6000 Besucher der Musik der deutschen Kultband „Die Ärzte“ hingeben, ereignet sich nur einige Kilometer davon entfernt ein Treffen, welches (zumindest kurzfristig) das Leben einer der Besucher ändern wird. Denn zur gleichen Zeit findet im hiesigen Planetarium ein Vortrag über Methoden der Fernerkundung unseres planetaren Nachbarn, des Mars statt, wie üblich gefolgt von verschiedenen Diskussionen. Einer der Diskussionsteilnehmer, genauer gesagt der Referent selbst, hat allerdings noch einen weiteren Hintergedanken. Dr. Harald Hiesinger, Professor des Institutes für Planetologie in Münster, erkundigt sich bei den anwesenden Sternfreunden nach einer jungen Hilfskraft für ein von langer Hand geplantes Event. Zwei Tage später, an einem Donnerstagnachmittag, klingelt bei uns das Telefon. Da gerade außer mir keiner im Haus ist, nehme ich persönlich das Telefonat an und erkenne Christianes Stimme am anderen Ende der Leitung. Nach wenigen Minuten ist das Gespräch schon vorüber, die Botschaft trifft mich dennoch wie ein Schock: Anscheinend wurde ich dafür ausgewählt, im Herbst dieses Jahres an einer Podiumsdiskussion mit Deutschlands wohl populärstem Astronaut Thomas Reiter (!) teilzunehmen! Während ich selber noch zwischen Freude und Dankbarkeit für die Empfehlung, ein wenig Unglaube und Zweifel daran, ob es nicht ein wenig zu groß für mich sein könnte, und dem Ärger schwanke, dass ich zwei Tage vorher das Konzert dem Vortrag vorzog, setze ich schon mal eine E-Mail auf, um mich bei Herrn Dr. Hiesinger zu melden. Die Antwort kommt schnell zurück, und auch ein Termin für die benötigten Absprachen ist rasch gefunden. Und so kam es, dass ich mich am 16.06. kurz vor 16:00 Uhr im Institut für Planetologie wiederfand. Nachdem mir mit Frau Klemme und Herrn Dr. Kai Multhaup zwei weitere, äußerst freundliche Organisatoren der Veranstaltung vorgestellt wurden und einige Fragen betreffend meiner Person geklärt sind, werden mir weitere, detailliertere Informationen gegeben bzw. bestätigt, soweit Christiane sie mir am Telefon schon mitteilen konnte. So handelt es sich bei der Veranstaltung um eine Podiumsdiskussion, die eingebettet ist in den dritten European Planetary Science Congress, welcher dieses Jahr erstmalig in Münster stattfinden wird. Da die übrigen Veranstaltungen relativ öffentlichkeitsfern für das anwe11 3/08 Andromeda sende Fachpublikum ausgerichtet sind, soll sich die Diskussion zum Thema „Wohin geht die Reise?“ sowie ein vorhergehender Vortrag Herrn Reiters an alle Interessierten richten. Weitere Teilnehmer neben Herrn Reiter werden Dr. Tilman Spohn vom DLR sowie Dr. Gerhard Schwehm von der ESA sein. Zugegeben: Obwohl mir diese Namen (Schande über mein Haupt) anfänglich noch nichts sagten, so fühlte ich mich doch wie der berühmte David gegen Goliath. Nur, dass dieses Mal beide Charaktere an einem Strang ziehen sollten. Eine kleine Erleichterung jedoch bot sich mir, als sich das kurzzeitig bei mir aufgekommene Missverständnis klärte, dass die Diskussion, wie der Rest des Kongresses, auf Englisch stattfände. Nicht, dass ich der englischen Sprache nicht auch (teilweise) mächtig wäre, aber ein wenig mehr Vertrautes kann nie schaden. Und wenngleich die Hauptthemen für die Podiumsdiskussion noch nicht feststanden, so wurde ich amüsanterweise dennoch speziell noch einmal darauf hingewiesen, dass eventuell im Publikum das Thema vom Vortäuschen der amerikanischen Mondlandung 1969 aufkommen könnte. Hierbei sei besonders darauf zu achten, den Punkt möglichst schnell abzuwürgen. Es gibt schon noch lustige Leute auf der Welt... Aber damit begann dann auch der Ernst des Lebens. Natürlich wollte ich keineswegs uninformiert dastehen, also mussten Informationen her. Also nichts wie auf in die Unibücherei! Doch damit begannen meine Probleme auch schon: Wer einmal die überragende Ordnung und Suchhilfen dieser Einrichtung kennen gelernt hat, dem wird auch Hempels Sofa gleich viel bequemer vorkommen. Ich persönlich stehe seitdem meinem eigenen Zimmer viel positiver gegenüber. Aber bei weit über einer Millionen Buchbänden sollte einen das auch nicht verwundern. Und so verstrich langsam, aber unaufhaltbar der Sommer mit allerlei verschiedenen Beschäftigungen sowie meinem Selbststudium. Bis eines Tages eine neue Nachricht in meinem Postfach im StudiVZ einging. Eine Praktikantin von der WN meldete sich, deren Chef, ausgehend von einer Pressemeldung des Instituts für Planetologie, ein Interesse an einem Jugendlichen mit astronomischer Begeisterung äußerte. Wenngleich mich diese Formulierung schon ein wenig störte – schließlich sollte ich ja wohl als solcher auch in Münster kein Exot sein – so nahm ich die Gelegenheit zu einem Zeitungsinterview dennoch gerne wahr. So ungewohnt ein Zeitungsinterview für mich auch war, so wenig ungewöhnlich entwickelte es sich. Meine Gastgeberin, die schon benannte Praktikantin, wirkte sehr freundlich und so entwickelte es sich beinahe schon zu einem angenehmen Kaffeekränzchen. Desto ungewöhnlicher jedoch wurde anschließend 12 3/08 Andromeda die Aufnahme des Fotos für den Artikel. Die Aufnahme sollte nicht nur mich als Hobbyastronomen quasi in Action zeigen, sondern auch meine Verbundenheit zu Münster. Und so wurde ein Motiv gewählt, auf dem ich bei helllichtem Tag und wolkenverhangenem Himmel mitten auf dem Domplatz mit meinem persönlichen Teleskop posieren sollte, als ob ich gerade am Beobachten wäre. Auf eine kleine Peinlichkeit wies uns glücklicherweise mein Vater hin, als er empfahl, wenigstens die Kappe meines Spiegelteleskops abzunehmen. Wer genau hinsah, konnte aber dennoch auf dem endgültigen Bild noch die Kappe auf dem Sucherfernrohr feststellen… Und so schmolzen in der Hoffnung, nicht allzu viele geübte Astronomen mögen das Foto in der WN betrachten, auch die letzten Tage bis zur Diskussion dahin. Verblüffenderweise war es nicht das Lampenfieber, was zu wachsen begann, sondern vielmehr die Neugier auf das Treffen mit den Größen der deutschen Raumfahrt. Ich denke, einen nicht ganz geringen Teil dabei habe ich meinem sozialen Umfeld und nicht zuletzt einigen Sternfreunden zu verdanken, die mir mit guten Zusprüchen und Tipps Mut machten. Unvergessen hierbei bleibt die Frage einer Stufenkameradin, die sich einen Tag vor dem besagten Termin erkundigte, wie denn am Vortag die Podiumsdiskussion gewesen sei. Und plötzlich war es der 24. September. Morgens schnell die Schulstunden ab- solvieren, die sich dank Lehrerausfällen auf zwei verkürzt hatten, anschließend noch einen kurzen Kontrollblick über die Internetseiten der NASA, ESA etc., um etwaige Fehler im Wissen doch noch schnell auszumerzen, und dann schnell in den Anzug geschlüpft. Kein nicht-Krawattenträger wird meine Erleichterung darüber nachempfinden können, dass das besagte Kleidungsstück noch gebunden war und ich mich nicht auch noch daran versuchen musste. Und so ging es dann los in Richtung Münstersches Schloss. Kaum gegen 18:15 Uhr dort angekommen, erwartete mich auch schon Herr Dr. Multhaup sowie Herr Prof. Dr. Hiesinger, der mir sogleich aus einem knapp 300 Blätter dicken Stapel eine handsi- 13 3/08 Andromeda gnierte Autogrammkarte Reiters anbot. Es tat mir fast schon leid, als ich mir die augenscheinlich vorhergegangene Autogrammstunde vorstellte. Bis mir auffiel, dass die Unterschriften merkwürdigerweise auf allen Karten nicht nur gleich aussahen, sondern sogar gleich platziert waren. Ich weiß nicht, ob das etwas zu sagen hatte… Obwohl meine Unterschrift zugegebenermaßen auch immer gleich aussieht. Nachdem zumindest Herr Dr. Spohn eingetroffen war, setzte sich der kleine Trupp zu einer Vorbesprechung in Richtung eines kleinen Vorzimmers der Aula im ersten Stock in Bewegung. In diesem hielt sich, entgegen der vertretenen – oder zumindest meiner – Meinung nach der eigentlich etwas später angekündigte Herr Reiter auf. Es ist eine Sache, eine Berühmtheit in den Medien zu sehen. Eine komplett andere ist es, wenn diese Person plötzlich auf einen zukommt und einem lächelnd die Hand zur Begrüßung schüttelt. Und obgleich ich eigentlich Personenkult eher ablehnend gegenüber stehe, so war dieser Moment doch ein vollkommen neues Erlebnis für mich. Und glücklicherweise merkte es auch keiner, dass ich im ersten Moment nicht genau erkannte, wer da plötzlich vor mir stand. Allerdings erwiesen sich die gestellten Fragen doch beinahe schon als rhetorisch, sodass das Gespräch schnell in Richtung Smalltalk abglitt. Und so konnte dieser Raum auch rasch wieder gen Aula verlassen werden, wo es sich schon um diese recht frühe Zeit als äußerst hilfreich herausstellte, dass Plätze reserviert waren. Nach einigen kleineren Gesprächen – bei denen es sich beinahe schon klischeehaft nur um die Raumfahrt drehte – fing Herr Reiter erstaunlich pünktlich mit seinem Vortrag über seine Flüge als Astronaut an. Nach nur einer Stunde und noch mehr als genug unbeantworteten Zuschauerfragen musste dieser Vortrag dann aber zeitbedingt schon beendet werden, und die Teilnehmer der Podiumsdiskussion wurden auf die Bühne gebeteten. Erst beim Hinaufsteigen fiel mir auf, dass die Aula wohl doch kleiner war, als ich es mir zuerst vorgestellt hatte. Eigentlich ganz gut, wenn man bedenkt, dass diese Feststellung zumindest einen kleinen Einfluss auf meine inzwischen aufgekommene Nervosität hatte. Auch fiel mir auf, dass die ersten zu diesem Zeitpunkt die Aula verließen. Hoffen wir mal, dass dies mehr der fortgeschrittenen Zeit als mangelndem Interesse an objektiveren Fragen der Raumfahrt zu verdanken war. Aber gut, Herrn Reiters Vortrag war das Nonplusultra des Abends. Was mich schon eher störte, war die Tatsache, dass äußerst wenige Jugendliche und Kinder anwesend waren. Werbung wurde an den Schulen wohl genug gemacht, aber dennoch kann ich mich vielleicht noch an sechs 14 3/08 Andromeda Leute aus meiner Generation erinnern, wobei ironischerweise zwei den Anschein von Jugendreportern machten und ihr Interesse an dem Thema selber fragwürdig ist. Schade, dass dieses Ergebnis meinen oft gemachten Eindruck bestätigte, dass heutzutage viel zu viele Jugendliche sich nicht mehr für die Raumfahrt interessieren. Umso froher jedoch war ich um die Jugendlichen und Kinder, die anwesend waren. Immerhin darf man nicht vergessen, dass es mittwochabends war. Und auch der Anblick von bekannten Sternfreunden hob meine Stimmung weiterhin. Und damit begann die Stunde. Es war nicht verwunderlich, dass ein Großteil der Fragen des Publikums an Herrn Reiter gerichtet war. Über diese Tatsache war ich auch zugegebenermaßen recht froh, lenkte seine Berühmtheit die Aufmerksamkeit doch von mir als altersbedingtem Unikum ab. Und auch die Atmosphäre auf dem Podium war eine ganz andere, als ich erwartet hatte. Nicht zuletzt dank Gesten wie die von Herrn Dr. Spohn, der, als Herr Reiter gerade eine Frage beantwortete, seelenruhig mir und Herrn Dr. Schwehm Wasser anbot. Und ich bin mir ganz sicher, was mir auch erst während der Diskussion auffiel, dass das Hemd von Herrn Dr. Spohn, welcher zwei Plätze neben mir saß, das gleiche Muster aufwies wie meines. Es ist schon erstaunlich amüsant, was einem bei solch einer Veranstaltung für Gedanken durch den Kopf gehen. Aber weichen wir nicht vom Thema ab. Mein Hauptthema war, wie nicht anders zu erwarten, die Ausbildung und das Interessewecken meiner Generation. Und so kamen mir in erster Linie auch Fragen zu, wie die, inwiefern das nationale Mondprogramm („Lunar Exploration Orbiter“ = „Leo“) der Deutschen das Interesse der Schüler wecken würde. Also noch einmal schnell die früher einmal gelernten rhetorischen Tricks ins Gedächtnis rufen und auf ins Getümmel. Während des kurzen Monologs den Blick hin und wieder von der einer zur anderen Seite wandern lassen, um auch ja keinem das Gefühl zu vermitteln, übersehen worden zu sein, das Gesagte nonverbal mit den Händen unterstützen und, natürlich, den Inhalt nicht zu kurz kommen lassen. Als es darum geht, dass die Medien auch für die Interessen der Öffentlichkeit in die Pflicht genommen werden müssen, einen kurzen Blick speziell auf die anwesenden, offensichtlich erkennbaren Reporter werfen, und erfreut feststellen, dass der Beitrag gut im Publikum angekommen ist. Wobei es sich geplanter anhört, als es war. Man mag es sich gar nicht vorstellen, aber auch bei solch einer Diskussion fällt einem nur der Anfang schwer, danach sprudeln die Worte nur so von den Lippen. Aber schon nach etwa einer halben Stunde war eine deutliche Tendenz festzustellen: Das Publikum schien 15 3/08 Andromeda weniger daran interessiert zu sein, wohin die Reise wirklich geht, sondern vielmehr daran, wie die ersten kleinen Schritte auszusehen haben, wie sie finanziert werden sollen und welche Rolle Deutschland an der Eroberung des Weltalls spielen soll. Meiner Meinung nach spielte hierbei besonders die geringe Anwesenheitsrate der jüngeren Leute aus meiner Generation eine Rolle. Es ist nicht so, dass ich nicht froh darüber war, dass die Diskussion nie die Tendenz Richtung Science-Fiction aufzeigte, aber ein wenig weitergeführtes Denken hätte auch nicht schaden können. Es scheint zu stimmen, was mir an mir selber auch immer wieder auffällt: Mit dem Älterwerden verliert man nicht nur Übermut, sondern manchmal auch einen Teil seiner Fantasie. Und waren es nicht Querdenker wie Da Vinci, Newton und Jules Verne, die im Endeffekt Recht behielten? Schließlich hat selbst die ESA unter der Bezeichnung Aurora inzwischen Pläne bekannt gegeben, die bis zu einer Marsmission im Jahre 2033 reichen. Da wäre es nicht nur entschuldbar, sondern sogar wünschenswert, wenn gerade bei dem Veranstaltungstitel ein wenig weiter und größer als bis zum nationalen Leo-Projekt um das Jahr 2012 herum gedacht worden wäre. Wobei natürlich auch solche Fragen nicht unbeantwortet bleiben durften. Und so verstrich die Stunde bedeutend rasanter als gedacht, bis ich schließ- lich feststellte, dass sich auch Ewald zu Wort meldete. Da ich bei einem vorhergehenden Gespräch mit ihm schon erfahren hatte, dass auch Ewald die Internationalität der Raumfahrt als eines seiner Lieblingsthemen empfand, stieg schon meine Hoffnung, dass die Diskussion nun doch einen leicht anderen Verlauf nehmen könnte. Doch diese Hoffnung wurde im Keim erstickt, als kurz vor dem Eintreffen des Mikrofonträgers bei Ewald Herr Dr. Hiesinger die Diskussion mit Verweis auf die fortgeschrittene Zeit beendete und stattdessen alle Teilnehmer zu einem letzten Abschlussstatement aufforderte. Wenigstens noch eine Gelegenheit, nicht nur die schon stark angesprochenen Themengebiete, sondern auch die Chancen von Internationalität kurz zusammenzufassen, um den Zuschauern auf dem Nachhauseweg die Möglichkeit zu geben, auch hierüber noch einmal nachzudenken. Und natürlich durfte auch, gerade von meiner Seite her, eine kleine Ermunterung nicht fehlen, sowohl in Bezug auf die zukünftige Generation, als auch die Zukunft an sich, meinen Optimismus zu teilen. Ich war schon froh darüber, zumindest am Ende noch einmal besonders diese Aspekte akzentuieren zu können. Und schließlich endete es, genauso schnell, wie es begonnen hatte, auch schon mit einer knappen Übergabe von Präsenten - Weinflaschen, aber nicht so etwas Spezielles wie „Sternfreunde- 16 3/08 Andromeda Wein“ - an die Diskussionspartner. Ich war schon überrascht, als mir der gut gemeinte, wenn auch wohl nur versicherungstechnische Rat erteilt wurde, dass der Wein wohl eher was für meine Eltern sei. Ich meine ja nur, Alkoholkonsum ist in Deutschland ab 16 Jahren erlaubt, und auch ansonsten werde ich eigentlich für älter geschätzt. Als letzter Punkt auf der Tagesordnung stand jetzt noch ein kurzes Interview mit Antenne Münster an. Und auch dieses Gespräch wirkte wieder komplett anders, als ich mir Interviews immer vorgestellt habe. Viel persönlicher, bedeutend unspektakulärer. Und auch wesentlich kürzer. So geschah es, dass ich eine gewisse Zeit lang auf die übrige Gemeinschaft warten musste, die sich wiederum in dem schon bekannten Nebenzimmer eingefunden hatte, in welchem Herr Reiter ebenfalls ein etwas längeres Interview gab. Dadurch fand sich noch etwas Muße, um eine Person anzusprechen, die mir den ganzen Abend schon ein wenig Kopfzerbrechen bereitet hatte. Sie begleitete die Truppe schon die ganze Zeit über, wirkte gekleidet wie ein wissenschaftlicher Berater eines der Mitglieder, erinnerte einen vom Aussehen aber eher ein wenig an einen Türsteher. Bodyguard von Herrn Reiter! So langsam fühlte ich mich doch ein wenig wie in Hollywood. Und ich verspürte ein wenig den Drang, mich einmal zu kneifen. Doch bevor ich diesen Trieb in die Tat umsetzen konnte, öffnete sich auch wieder die Tür, und die Gemeinschaft, ich hintendran, begab sich nun in etwas eiligeren Schritten Richtung Ausgang. Mit mir ein paar Meter zurück war dieses Mal eine mir bisher unbekannte Organisatorin geblieben, die nun auf Englisch ein Gespräch anfing. Das erste an diesem Abend, welches nicht die Raumfahrt, sondern vielmehr ein wenig Smalltalk als Inhalt hatte. Ein wenig verwundert war ich schon, als ich feststellte, dass ich mich doch ziemlich fließend auf Englisch unterhalten konnte. Es war knapp 22:00 Uhr, als ich schlussendlich das Gebäude verließ, zwar mehr als zufrieden, aber wohlwissend, dass die kommende Nacht meine Bedürfnisse als Langschläfer wohl eher nicht erfüllen würde. 17 3/08 Andromeda Rotverschiebung einmal anders Olaf Schneider Außenseiter unter den Wissenschaftlern haben oftmals den Erkenntnisstand ihres Wissenschaftsbereiches ganz wesentlich vorangebracht. Ob Halton Arp auch dazugehören wird, kann heute nicht mit Bestimmtheit gesagt werden. Sicher ist, dass er seit vielen Jahren von der Astronomischen Community ausgegrenzt wird. Halton Arp, geb. 1927 in New York, arbeitete 29 Jahre als Staff Astronom am Mt. Wilson und Mt. Palomar-Institut. 1963 veröffentlichte er seinen „Atlas of peculiar Galaxies“. Es war die Zeit zu der er zu den 20 besten Astronomen seiner Zeit gerechnet wurde. Bei der Untersuchung seiner Aufnahmen machte er unerwartete Entdeckungen: Objekte unterschiedlicher Rotverschiebungen schienen miteinander verbunden zu sein. Dies war ein Phänomen, welches nach dem Hubble-Gesetz nicht sein durfte; die Entfernung eines Objektes ist bestimmt durch seine Rotverschiebung. Diese Beobachtungen beschäftigten ihn immer stärker, stießen bei dem „Telescope-allocation commitee“ auf keinerlei Verständnis mit der Folge, dass er keine Beobachtungszeit mehr erhielt. Dieses Verhalten stellte eine direkte Zensur dar. Arp zog 1986 die Konsequenzen, indem er sich vorzeitig pensionieren ließ und nach Deutschland zog, wo er am Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching bei München ein neues Wirkungsfeld fand.1 Hierzu ein Zitat aus einem Leserbrief der Nachrichten der Olbers-Gesellschaft: „…Tatsächlich halten 99% der Kosmologen die Ideen von Arp für absurd. Die von Arp aufgrund seiner Beobachtungen angenommene enge räumliche Nachbarschaft von Galaxien unterschiedlicher Rotverschiebung halten sie für ein zufälliges Zusammentreffen. Die Frage ist nur, warum dennoch 1% der Fachleute Arps Beobachtungen samt seiner Interpretation sehr ernst nehmen.“2 Als Antwort auf die weitgehende Nichtbeachtung in der Fachwelt veröffentlichte er drei Bücher, in denen er seine Ideen darlegte. 18 3/08 Andromeda - Quasars, Redshifts and Controversis (1987 bei Interstellar Media) - Seeing Red: Redshifts, Cosmology and Academic Science (1998 bei Apeiron, Montreal) - Catalogue of Discordant Redshift Associations ( 2003 bei Apeiron, Quebec ) Ausgehend von seinen Beobachtungen an Assoziationen zwischen Quasaren und Galaxien bei Makarion 205 (Abb. 3) oder NGC 7603 (Abb. 4) findet er unterschiedliche Rotverschiebungen bei gleichzeitiger Brücke zwischen Galaxie und Quasar. Bei den gefundenen Objekten ist es statistisch äußerst unwahrscheinlich, dass es sich um Zufälle von Konstellationen handelt. Hieraus folgt die Annahme, dass mindestens ein Teil der gemessenen Rotverschiebung nicht kosmologisch erklärt werden kann. Sie wird in diesen Fällen als eine Eigenschaft der Objekte betrachtet und als „anomal“ bzw. „intrinsisch“ bezeichnet.3 Trägt man die Anzahl der hellsten nahen Galaxien und die der Quasare mit einer Rotverschiebung zwischen 0,5<z<1,0 über ihre scheinbare Helligkeit auf, so findet man gleiche Kurvenverläufe; 19 3/08 Andromeda sie unterscheiden sich lediglich um einen konstanten Helligkeitsbetrag.4 Diese Übereinstimmung ist ein starkes Argument für die Assoziation der Objekte. Ein weiteres Argument hierfür ist die Tatsache, dass statistische Untersuchungen gezeigt haben, dass der Winkelabstand zwischen Quasaren und Galaxien mit zunehmender Rotverschiebung abnimmt. Ein Kriterium der Erkenntnisfindung stellen die statistischen Berechnungsmethoden dar. So kann ein modifiziertes dynamisches Verhalten des Systems bereits zu völlig anderen Ergebnissen führen. Dies ist ein Grund für die Gilde der Fachastronomen, sich nicht weiter mit Arp beschäftigen zu müssen. Eine andere Anomalie der Rotverschiebung ist ihre Quantisierbarkeit. Dieser Effekt ist vom experimentellen Standpunkt her wesentlich besser abgesichert, obgleich er noch viel weniger erklärbar ist. Bekannt ist der Effekt bereits seit rund 30 Jahren; ein Entdecker ist William Tifft. Der Quantisierungseffekt zeigt folgendes: Rotverschiebungswerte von Galaxien des Virgo- und Coma-Haufens sind periodisch gehäuft mit einer Periode von rund 72 km/s. Rotverschiebungswerte von Spiralgalaxien unseres Superhaufens weisen eine Periodizität von rund 36,2 km/s auf. Rotverschiebungswerte von Quasaren sind gehäuft um bestimmte Rotverschiebungswerte z, so dass log10 (1+z) die Periode 0,089 hat. Die Periodizitäten werden allerdings nur sichtbar, wenn man die Milchstraße als Referenz wählt; d. h. bei der Berechnung der Rotverschiebung die Eigenbewegung der Milchstraße abzieht. Würde man die Rotverschiebungen kosmologisch deuten, würde dies bedeuten, dass unsere Galaxie von konzentrischen Schalen aus Quasaren und Galaxien umgeben wäre. Arp lehnt diese Erklärungsmöglichkeit ab und versucht, sie mit seinem neuen Modell zu erklären. Es gibt heute keine Möglichkeit die anomale Rotverschiebung mit der konventionellen Physik zu erklären. Um die Beobachtungsbefunde zu erklären, ist ein neues Modell erforderlich. Arp ist kein Theoretiker, sondern ein exzellenter Beobachter. Für die Erarbeitung eines neuen Modells suchte er die Mitarbeit des Theoretikers Jayant Narlikar. Bereits 1977 entwickelte Narlikar aus der Allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins (ART) die Lösungsgleichung m = at2. Diese Gleichung besagt, dass die Masse mit der Zeit zunimmt. In seinem Buch „Seeing Red“ gibt Arp noch eine Begründung für die quadratische Potenz in dieser Formel: Dieses Modell entspricht dem „Machschen Prinzip“, wonach jedes Teilchen durch Wechselwirkung mit anderen Teilchen seine Masse erhält. Arp geht davon aus, dass Materie, die „neu entsteht“, keine Masse hat, sondern mit der Zeit stets schwerer 20 3/08 Andromeda wird. Die Masse beeinflusst aber die Absorptionslinien der Galaxien und somit die Rotverschiebung derselben. Arp postuliert die Entstehung neuer Galaxien aus älteren Galaxien heraus ( Minibang). Das emittierte Material bewegt sich anfangs mit nahezu Lichtgeschwindigkeit, um bei Zunahme seiner Masse abgebremst zu werden (Impulserhaltung). Warum lässt sich dieser Effekt in unserer Umgebung nicht nachweisen? Weil der Effekt innerhalb eines Systems gleicher Entstehungszeit nicht auftritt. Hier gelten die Gesetze der ART. Was passiert nun bei der Beobachtung unterschiedlich alter Systeme? Betrachtet man vom älteren System aus ein jüngeres System, so scheint das jüngere gegenüber dem älteren rotverschoben. Wie ist dies zu verstehen? Um eine Absorptionslinie zu erzeugen, müssen Elektronen durch Lichtwellen bestimmter Wellenlängen angeregt werden. Ist das Elektron nun leichter, weil jünger als bei uns, wird weniger Energie benötigt um dieses Elektron anzuregen. Da weniger Energie aber einer größeren Wellenlänge entspricht, sehen wir eine rotverschobene Absorptionslinie. Zwischen dieser Art der Rotverschiebung sowie der kosmologischen Rotverschiebung kann kein Unterschied beobachtet werden. t 2 Arp weist darauf hin, dass τ = 2 sein Modell durch eine 3t0 konforme Transformation in das Standardmodell übergeht. Wendet man diese Modellbetrachtungen auf das Universum an, kommt man zu einem statischen Universum (Quasi-steady state cosmology [QSSC]). Die Rotverschiebung weist auf das Alter einer bestimmten Galaxie hin und nimmt mit der Distanz ebenso zu wie im Standardmodell, denn je weiter der Blick, desto weiter sieht man auch in die Vergangenheit und damit auf jüngere Galaxien. Auf der Erde lässt sich kein Nachweis für eines der Modelle führen. Entsteht aus einem Photon ein Elektron-Positron Paar sind sie nach Arps Modell nicht „neu“ da sie zu unserer Galaxie gehören und damit die gleiche Masse besitzen wie alle anderen Materiebausteine auch. In seinem neuesten Buch „Catalogue of Discordant Associations“ stellt Arp nochmals eine Fülle von Beobachtungsdaten zusammen. Insbesondere geht er auf die Quasare mit hoher Rotverschiebung ein, die seinen Beobachtungen nach häufig mit Galaxien hoher Energie-Zentren (Seyfert-Galaxien) und geringerer Rotverschiebung assoziiert sind. Dies interpretiert er damit, dass diese Quasare aus dem Zentrum der „Wirtsgalaxie“ ausgeworfen wurden. Es konnten hier nur einige Aspekte des Arpschen Modells angedeutet werden. Zur tieferen Beschäftigung fehlen noch unter anderem die Aspekte der „schwarzen Löcher“, die Lichtabweichung bei massiven Galaxien. 21 3/08 Andromeda Es ist nicht leicht, der Argumentation Arps durchgängig zu folgen, da sie in Einzelaspekten nicht eindeutig ist – es gibt z. B. Quasare und Galaxien, deren Rotverschiebung erheblich kosmologisch bestimmt sind (was Arp auch bestätigt); eine befriedigende Erklärung zur Hintergrundstrahlung fehlt (hier verweist Arp auf Narlikar). Die von Arp angeführte Transformation erscheint mir persönlich als ziemlich gewollt (konstruiert). Insgesamt erscheinen mir die Gedanken Arps aber diskussionswürdig. Er wird sicherlich nicht in Allem Recht haben, aber zahlreiche Beobachtungsdaten lassen sich mit der Standardtheorie nicht erklären. Hier wäre also ein Diskussionsansatz gegeben. Die Bücher Arps sind nur auf Englisch zu erhalten. 1 Nachrichten der Olbers-Gesellschaft 220, S. 19, Januar 2008 2 Dr. Juri Baryschew, Universität St. Petersburg, in Nachrichten der OlbersGesellschaft 221, S. 27, April 2008 3 s. Burbidge 1996 und Napier 2003 4 s. Arp 1987, S. 170 Abb. 2: Röntgen-Filamente, die von Markarian 205 (Mitte) ausgehen und bei zwei Quasaren mit z = 0,46 und z = 0,63 enden. Der dritte Quasar befindet sich ebenfalls auf dem Filament und ist durch den Rotverschiebungswert z = 1,259 angegeben (Aus Arp 1998, Fig. 1-7). Abb. 3: Markarian 205 ist unterhalb der zerrütteten Galaxie NGC 4319. Die Lichtbrücke ist schwach erkennbar. Abb. 4: NGC 7603 mit drei weiteren Objekten mit verschiedener Rotverschiebung, die durch ein Filament verbunden sind. Die vier Objekte sowie die Rotverschiebungen sind angeschrieben. Abb. 5: Vergrößerung von 4. Es wird ersichtlich, dass die beiden kleinen Objekte auf dem Filament sich je genau dort befinden, wo das Filament die beiden größeren Galaxien berührt. (Aus Lopez-Corredoira & Gutiérrez 2002, Fig. 1) Weiterführende Quellen: Halton Arp: www.genesisnet.info/artikel/interessierte/halton Buchbesprechung Seeing Red: http://www.genesisnet.info/pdfs/Buchbesprechung_Seeing_Red_von_Hal ton_Arp.pdf Anomale Rotverschiebung: http://www.wort-und-wissen.de/publikationen.html (Zeitschrift SIJ , Jahrgang 11, Heft 1) Besprechung Catalogue of Discordant Redshift Associations: http://www.skepticalinvestigations.org/ controversies/Arp_controversy.htm 22 3/08 Andromeda Partielle Mondfinsternis am 16.8.2008 Peter Stratmann, Ewald Segna Die MoFi hatte sich mit dem 16. August den richtigen Tag ausgesucht! Wenn die Urzeitmenschen Opfer darbrachten, um die Götter zu besänftigen, und die Chinesen glaubten, ein Drache würde den Mond verschlingen, wissen wir heute, dass sich bloß die Erde zwischen Sonne und Mond schiebt und wir beruhigt dieses Schauspiel genießen können. Zuerst waren wir noch besorgt wegen des Wetters, es waren Wolken angesagt, doch diese verzogen sich im Laufe des Abends und wir bekamen eine tolle partielle Mondfinsternis zu sehen. So lief die MoFi ab: Um 20:23 Uhr war der 1. Kontakt, also der Eintritt des Mondes in den Halbschatten. Sehen konnte man aber noch nichts. Eine gute Stunde später, um 21:36 Uhr, war der 2. Kontakt, der Eintritt in den Kernschatten. Um 21:41 Uhr, mit knapp 5 Minuten Verspätung, konnte ich das erste Mal den Schatten der Erde auf dem Mond sehen. Die maximale Verfinsterung mit einem Bedeckungsgrad von 81,24% fand um 23:10 Uhr statt. Danach sind wir nach Hause gefahren, sodass ich vom 3. Kontakt (Austritt aus dem Kernschatten, 0:45 Uhr) und dem 4. Kontakt (Austritt aus dem Halbschatten, 1:57 Uhr) keine Fotos machen konnte. Da kann ich, Ewald, nun einspringen. Ich habe den Austritt des Mondes aus dem Kernschatten um 0:45 Uhr noch verfolgt. Das Bild unten ist gut fünf Minuten vor dem 3. Kontakt aufgenommen worden. Danach war aber auch für mich Schluss. Müde, aber zufrieden packte ich meine Sachen zusammen und fuhr heimwärts. 23 3/08 Andromeda Sternfreunde intern Dazu ist es erforderlich, sich telefonisch oder per Mail mit dem Vorstand in Verbindung zu setzen. Die Hefte können dann nach Absprache bei mir zu den öffentlichen Treffen der Sternfreunde Münster am 2. Dienstag des Monats im LWL Museum für Naturkunde abgeholt werden. ES ☛ Eintritt: Miklas Gröne ☛ Austritt: Marc Schlüter ☛ Ausgefallen: Die geplanten Aktionen wie der Astronomietag der VdS am 6. September, die Persidenbeobachtung in der Nacht vom 11. auf den 12. August und die Pättkestour der Sternfreunde Münster am 13. September sind leider dem Wetter zum Opfer gefallen. Gerade die Perseidenbeobachtung sollte trotz des störenden Mondes ein besonderer Höhepunkt werden, war es doch Dank Patricks Semesteraufenthaltes in Kalifornien möglich, den Hineinflug der Erde in den Staubgürtel bis zum prognostizierten Maximum, am 12. August, 12:00 Uhr UT, zu beobachten. Murphy lies aber auch in Amerika grüßen; Patrick stand unter einer geschlossenen Nebeldecke. ☛ Coronado PST Das Sonnenteleskop kann von den Vereinsmitgliedern ausgeliehen werden. ☛ Okularkoffer Auch der Okularkoffer steht den Vereinsmitgliedern zwecks Ausleihe zur Verfügung. ☛ Homepage der Sternfreude Es tut sich immer etwas auf der Internetseite www.sternfreundemuenster.de. Schauen Sie doch mal wieder rein! ☛ Zu verkaufen ☛ Alte Ausgaben Andromeda Dank der Hilfe von Andreas Bügler können wir unseren Mitgliedern das Angebot machen, alte Ausgaben unserer Vereinszeitung „Andromeda“ kostenfrei zu erhalten. 24 Schwere Stahlsäule, 8 Eck-Profil, Höhe 120cm, 300kg, sandbefüllt, als solides Fundament für stationäre Montierung zu verkaufen. Inkl. Aufsatz für SP-DX (Gesamthöhe dann ca. 200cm). VB: 480,- Euro Nähere Infos unter 0251-326723 oder 015206859400 Stephan Plaßmann 3/08 Die partielle Sonnenfinsternis in Münster Ewald Segna Am 1. August 2008 sollte sie also stattfinden, die letzte Sonnenfinsternis in diesem Jahrzehnt, die von Deutschland aus zu beobachten sein wird. Erst am 4. Januar 2011 werden wir wieder in den Genuss einer partiellen Sonnenfinsternis kommen. War es diese Tatsache oder auch das schöne Wetter: das Fern- Andromeda sehen, Radio Antenne Münster und die hiesigen Tageszeitungen hatten sich angesagt. Der Beginn der Finsternis berechnete sich zu 10:38 Uhr MESZ: 1. Kontakt, d. h. der Mond schiebt sich zum ersten Mal sichtbar zwischen Sonne und Erde, die maximale Phase von 15% Bedeckung war gegen 11:28 Uhr zu erwarten und der 4. Kontakt, der Mond verlässt die Sonnenscheibe, gegen 12:19 Uhr. Um 10:00 Uhr veranstaltete das Planetarium des LWL Museum für Naturkunde eine Sonderveranstaltung zur aktuellen Sonnenfinsternis. Gegen 10:20 Uhr kamen dann die Besucher nach draußen zu den Teleskopen, die die Sternfreunde Münster in der Zwischenzeit aufgebaut hatten. Der große Unitron-Refraktor, mit der ungefährlichen Projektionsmethode bestückt, wurde von da ab an ständig umlagert. Es ist nun einmal die eleganteste Methode, gleichzeitig mehreren Personen einen Blick auf die Sonne, per Projektionsschirm zu ermöglichen. Auch die mit Sonnenschutzfolie beklebten Holzrahmen des Naturkunde- 26 3/08 Andromeda museums fanden ungeahnten Zuspruch. Einige Besucher hatten sogar noch die Finsternisbrillen aus den Vorjahren herausgekramt. Gegen 10:38 Uhr waren die ersten Rufe zu vernehmen. Der Mond hatte die Sonnenscheibe angefressen, zwei Minuten später war es für jedermann ersichtlich. Das Himmelsereignis nahm seinen Lauf. Die Redakteurin des WDR suchte sich unter den Besuchern Interviewpartner, um sie nach ihren ersten Eindrücken zu fragen. Auch ich durfte Rede und Antwort stehen. „Was ist denn für Sie das besondere an dieser Finsternis?“ „Nun ja, ich habe schon viele SoFis gesehen, allerdings nur partielle, die totale hatte sich bisher (im Chiemgau am 11.8.1999 durch Wolken bedingt), meinen Blicken entzogen. Für mich ist das Faszinierendste, dass sich diese Auswirkungen der Himmelsmechanik (von umlaufenden Körpern) berechnen lassen, also der Mensch, der die Mathematik, die dahinter steckt beherrscht und diese präzisen Vorhersagen erst ermöglicht.“ Puh - das ist dann auch aus dem Beitrag herausgeschnitten worden (was hatte mich denn da geritten). Zurück zum Beobachtungsplatz. Um das Unitron-Teleskop hatte sich mittlerweile eine immer größere Menschen- menge versammelt, auch viele Kinder verfolgten das Schauspiel. Geduldig wurden alle Fragen beantwortet und das waren noch eine Menge bis zum Ende der SoFi. Aber die wirklich spektakulären Momente, die sah Gerd Neumann in Novosibirsk. Sozusagen total! (Bericht auf Seite 30 -- Anm. der Redaktion) 27 3/08 Andromeda Die Nacht am Aasee Das heißt in der Regel, dass die Bewölkung regelmäßig erst gegen 22:40 Uhr aufreißt. Dann werden aber alle Tele- Ewald Segna „The same procedure as last year? The same procedure as every year!“ Alljährlich zur Sommerzeit putzen sich der Zoo, das Pferdemuseum, der Mühlenhof und das LWL Museum für Naturkunde zu einer besonderen Schau heraus. Von 20:00 Uhr bis um 24:00 Uhr wird den Besuchern die Möglichkeit geboten, für 10.- Euro Eintritt pro Person (ab 14 Jahren), einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Seit Jahren unterstützen diese Aktionen auch die Sternfreunde mit einer öffentlichen Beobachtung vor dem Naturkundemuseum, Büchertischen und einer Teleskopausstellung. Auch die Führung über den Planetenweg, allerdings nur von der „Sonne“ bis zum „Mars“, bei einen Maßstab von 1:1 Mrd., erfreut sich großer Beliebtheit. Seit Jahren aber beschert uns das Wetter nur suboptimale Bedingungen, um den Gästen der „Vier vom Aasee“ den Mond und die z. Z. sichtbaren Planeten zu zeigen. skope aus dem Eingangsbereich des Museums schnellstens nach draußen getragen. Der Stand der Sternfreunde Münster ist dann ziemlich verwaist, alle wollen nur noch beobachten. Nun, die (Stamm-) Besucher warten quasi schon gegen 22:30 Uhr darauf, dass die Wolken sich endlich verziehen (ein paar kommen sowieso erst gegen 23:00 Uhr - die wissen eben Bescheid :)). Und in diesem Jahr hat uns das Wetter wieder den Gefallen getan. Jupiter mit seinen Wolkenbändern, sowie den normalerweise zu sehenden vier Galileischen Monden - gegen 23:02 Uhr verschwand Io hinter dem Jupiter- waren die Objekte der Stunde. Der Mond gesellte sich auch noch dazu. Es ist schon spektakulär, über die Mondoberfläche mit einem 15“ Dobson zu wandern (schweben). Kurzum, es hat wieder Spaß gemacht, „tausenden“ potentiellen Besuchern die „Wunder“ des Himmels zu zeigen. 28 3/08 Andromeda Lustiges Silbenrätsel. Stephan Plaßmann Aus den Silben: auf – bal – boo – feld – feld – gang – ge – gür – ken – klas – koh – kreis – le – len – licht – lin - mond – ne – ner – ra – sack – schei – sel – se – se – sichts – spek – spi – spur – ster – strich – tel – tes – tier – tral - wech sind astronomische Begriffe zu bilden, die nachstehend beschrieben sind. Folgende Umschreibungen für die gesuchten Begriffe: 1. Die Fährte zu den leichten Mädels 2. Persönliches Fürwort an einem Wasserfahrzeug 3. Einer, der etwas beleuchtet 4. Einige Himmelskörper an einem Hosengurt 5. Ackerfläche in Form eines Ant litzes 6. Zahlungsmittel mit Beleuchtung 7. Leinenbehältnis für einen fossilen Brennstoff 8. Schülergruppe, die über Farbzer legung lernt 9. Verhütungsmittel mit Holzbohlen 10. Einzelne Hülsenfrucht auf Acker fläche 11. In einer Runde versammelte Vertre ter der Fauna 12. Treppe zum Erdtrabanten Die jeweils dritten Buchstaben der Begriffe ergeben das Lösungswort. Das Lösungswort bezeichnet ein Klingeln an oder mit einer hohlen Leitung. Bildnachweise: S. 7 S. 8 S. 9 S. 13 S. 17 S. 18 S. 19 S. 23 S. 26 S. 28 S. 29 S. 30 38 S. 39 S. 40 S. 41 S. 42 S. 43 S. 44 S. 45 S. 46 S. 47 S. 48 S. 49 Preis: Ein Exemplar des „Himmelsjahr 2009.“ Einsendeschluss ist der 9.1.2009. Per Email oder Postkarte an Sternfreunde Münster, Sentruper Str. 285, 48161 Münster. Bei mehreren richtigen Antworten entschei29 det das Los. l.o. Reken, alle Teilnehmer JS r.o. Michaels Amilarsphäre JS r.o. Michael b. Sonnenbeobachtung JS r.u. Patricia JS l.o. Miklas JS l.u. Maximilian JS Autogrammkarte T. Ritter DLR T. Ritter, Philipp Stratmann MS Halton Arp WP l.o. Röntgenaufnahme NGC 4319 HA u.l. NGC 4319 und Mark 205 POSS r.o. NGC 7603 CG r.u. Vergrößerung von NGC 7603 CG l.u. Mond in der Halbschattenphase PS r.o. Mond, 5 Min. nach 1. Kontakt PS r.m. Partielle Mondfinsternis, Max. SP r.u. Mofi, kurz vor dem 3. Kontakt SP. l. Eingangsbereich Museum KK r. Bei der Beobachtung KK l.o. Unitronref. und Besucher BF m. Sonnenschutzfolie im Rahmen JH u. WDR III Fernsehen JH r.o. Antenne Münster, Interview BF r.u. SoFi, maximale Bedeckung JH l. Lars und Besucher WS r.o. Besuchertraube vor Unitron JH r.m. Besucher mit Folienrahmen BF r.u. SoFi-Projektion WS SoFi-Impressionen GN Petrus Plancius WP l.u. Sternbild Einhorn (Monoceros) WP r.o. M50 WP l.o. NGC 2264 WP l. u. Konusnebel WP l. NGC 2261 WP r. Rosettennebel PHS r.o. V 838 Mon WP l. Gerd Neumann ES r.o. Michael und die Sternfreunde ES r.u. Spektroskop ES l.o. Drehbank ES l.u. Sternbild Cassiopeia WP r.o. C. Herschel WP NGC 7789 MD Dichte-, b-v-, FH-Diagramm FK HR-Diagramm von NGC 7789 KR weiter auf Seite 49 3/08 Andromeda SoFi in Novosibirsk Im Moment gucken wir Wetterdaten und warten noch auf die 0 Uhr-GFS Gerd Neumann Vorhersage. Dann werden wir wohl mit dem Sammeltaxi zum Flughafen Vor der Finsternis: fahren, um dort von Rainer abgeholt Die Nacht war lustig: Wir hatten bis um zu werden. 3 Uhr über Gott und die Welt geredet, nach Schlafen war keinem von uns. Um es kurz zu machen: Gegen 4 Uhr habe ich geschlafen, um Wir haben die komplette Finsternis un6 Uhr war ich eigentlich wieder wach, ter perfekten Bedingungen gesehen! weil die Sonne ins Zimmer knallt. Der Rolladen beschert uns Schlaf bis 8:30 Hartwig hat ein Gespräch mit J. AnderUhr. son, einem international anerkannten SoFi-Wetter-Guru. Hartwig kommt etwas verwirrt und deprimiert von diesem Gespräch zurück, denn Andersons Einschätzung der Wetterlage war eine vollkommen andere als unsere Interpretation der Wettermodelle. Er war jedenfalls sehr zurückhaltend und meinte etwas von 70% Niederschlagswahrscheinlichkeit und geringen Aussichten (Er lag daneben... :-)). Beim Frühstück ist mein Magen zugeschnürt, wie früher vor einem wichtigen In der Zwischenzeit ist der Himmel fast Rennen. Das Kamelfrühstück von ge- vollkommen aufgeklart, nur Richtung stern funktioniert heute nicht. Hartwig Süden sieht es noch trübe aus. Wir meint, das flaue Gefühl im Magen packen unsere Sachen, damit wir abwäre auch bei der sechsten SoFi nicht fahrtbereit sind und gucken nochmals auf die Satellitenbilder. Wir haben beide anders. das Gefühl, dass wir die Finsternis seDer Himmel ist nahezu vollständig mit hen werden. Wir wollen bei dem Wetter Zirren bedeckt, das entspricht genau nur geringen Aufwand treiben und zu der Vorhersage. Und durch die Zirren der Stelle am Ob fahren, die wir gestern würden wir alles sehen können, nur die ausgekundschaftet haben. Als wir wieder aus dem Fenster gucken, Fotos wären beeinträchtigt. ist der Zenit voller Cumuluswolken, die 30 3/08 Andromeda immer mehr werden. Der Blick aus den Fenstern im 21. Stockwerk verschafft uns eine Rundumsicht: Schleim im Süden und Osten, mit Norden Cumulus und Zirren, aus Richtung Westen Cumulusbewölkung, die schnell herbei zieht. Brrrr, genau der gleiche Ablauf wie gestern! Allerdings meinen wir Richtung Westen auch eine ganz schwache Kante zu sehen, unterhalb derer es keine Wolken gibt. Mittlerweile ist es 12:30 Uhr Ortszeit, viel Zeit bleibt nicht mehr! Wir beobachten die Wolken eine ganze Zeit und man kann klar erkennen, dass sich die Wolken im Westen erst über Novosibirsk bilden und dann nach Südosten weggeweht werden. Wird sich das Wetter an die Vorhersage halten, dann wird sich die Bewölkung über der Stadt zur Finsternis auch wieder fast aufgelöst haben. Wenn wir nach Westen fahren, kommen wir zwar unter klaren Himmel, aber aus Westen zieht auch ein großer neuer Wolkenstreifen heran. Wenn er nur minimal schneller ist, als es die Modelle vorhersagen, können wir einen schönen ersten Kontakt beobachten und sitzen dann unter dicken Wolken. Es ist jetzt 13 Uhr und wir haben noch maximal eine halbe Stunde, bis wir aufbrechen müssen! Wenn die Stadt die Wolken produziert, sollten wir aus der Stadt raus! Wir beschließen nach einigen Telefonaten zu Rainer & Co nach Kochenovo zu fahren. Wir schnappen uns den Koffer und die Rucksäcke mit den Instrumenten und gehen zum Bahnhofsvorplatz. Der nächste Bus zum Flughafen fährt erst um 14h, aber zum Glück ist ein Sammeltaxi fast voll und fährt kurz darauf mit uns ab. Die Fahrt zum Flughafen ist nichts für schwache Nerven: Die Straßen sind hoffnungslos überfüllt. Vermutlich der ganz normale Freitags-FeierabendWahnsinn, ergänzt um alle, die von außerhalb die SoFi gucken wollen. Häufig geht es nur im Schritttempo voran, manchmal tut sich minutenlang auch gar nichts. Dazu kommt, dass die Wolken am Himmel immer mehr werden. Und nicht nur dünne Zirren oder nette Cumuli, sondern solche dicken grauen, von der Sorte, durch die man die Sonne nicht mehr sehen kann. Auf halber Strecke gucke ich aus dem Fenster und sage zu Hartwig: „8/8“. Er macht ein Gesicht, als wenn er in eine Zitrone gebissen hätte. Irgendwann wird der Verkehr weniger und wir fahren die spektakuläre Schlaglochpiste zum Flughafen. Dort angekommen sieht der Himmel zum Glück schon etwas besser als: „6/8“. Nach einigen Minuten kommt der Taxifahrer aus Kochenovo und wir fahren ab. Unsere Laune bessert sich von Kilometer zu Kilometer, denn der Himmel wird immer besser. Die Cumuli werden immer weniger und lösen sich zunehmend auf! Im Norden hängt zwar noch 31 3/08 Andromeda ein riesiges Wolkengebilde, aber das soll uns nicht stören, der Wind bläst exakt aus Westen. Zwei Kilometer vor Kochenovo werden wir an einem Kontrollposten der Polizei angehalten. Der Fahrer und der Polizist debattieren über einen ca. 3cm dicken Stapel Papier, mangels Russischkenntnissen bleibt uns der Inhalt verborgen. Nach einigen Minuten fährt unser Fahrer ein paar Meter weiter, parkt das Taxi und verschwindet mit seinen Papieren und einer Hand voll Rubelscheine in der Wache. Nach einer viertel Stunde werden wir langsam etwas nervös. Spätestens zum ersten Kontakt würden wir unseren Krempel zur Tankstelle gegenüber schleppen, aufbauen und eben von dort gucken. Sich von einem anderen Auto abholen zu lassen, ist sicher kein guter Plan, wenn wir die Totalität nicht im Gewahrsam der russischen Polizei verbringen wollen... Nach einer knappen halben Stunde kommt unser Fahrer aber tatsächlich wieder aus der Wache heraus, und ein paar Minuten später werden wir schon herzlich in Kochenovo empfangen. Am Himmel sind mittlerweile nur noch ein paar einzelne Wolken, vermutlich ungefähr 30% Bedeckung. Auf dem Gelände sind nicht nur wir vier Deutschen und ein Engländer, sondern auch noch eine Jugendgruppe einer Sternwarte aus Moskau, die die Sonnenfinsternis beobachten will. Sie sind vor einigen Tagen mit der Transsib angereist (Moskau-Novosibirsk 50 Stunden!) und die Finsternis wird nicht nur mit den mitgebrachten Teleskopen beobachtet, sondern jeder hat eine Aufgabe, um Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit, Himmelhelligkeit und die Abkühlung von Steinen und Flüssigkeiten zu messen. Nach einer kurzen Begrüßung erkunden wir das Gelände. Der Wind weht kräftig aus Westen und wir brauchen einen windgeschützten Platz, von dem aus wir auch die Sonne sehen können. Meine New-Polaris würde das zwar noch aushalten, aber Hartwigs QuelleMontierung ist deutlich windanfälliger. Nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns für einen Platz unmittelbar bei der Jugendgruppe. Wir stehen jetzt ca. 10m hinter einer Reihe großer Büsche, ca. 15m vom Ufer eines Badesees entfernt. Alles sehr hübsch hier, vor allen Dingen der Himmel! Der Aufbau der Instrumente geht problemlos, alles passt, nichts im Hotel vergessen. Mc Murphy muss heute woanders sein Unwesen treiben. Mei- 32 3/08 Andromeda wird 2m17,3s dauern, auf der Zentrallinie wären es 2m19,2s. Ich wähle das Skript „optimal_Tgr2min.csv“, dass ich für optimale Bedingungen erstellt hatte. Ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass ich dieses Skript würde nutzen können... First contact 5 Minuten vor dem ersten Kontakt sind beide Kameras fokussiert und sauber ausgerichtet. Die Nachführung stimmt so gut, dass die Sonne in 10 Minuten ca. 1/4 ihres Durchmessers wandert, der Timer und das Skript laufen: Perfekt! Am Himmel sind nur noch vereinzelte Wolken. Wenn davon keine im entscheidenden Moment vor die Sonne zieht, kann eigentlich nichts mehr passieren. Die partielle Phase ist relativ wenig aufregend - der fehlende Teil vom Keks wird halt immer größer. Wir gucken mit Feldstechern und SoFiBrillen. Einmal zieht eine Wolke über die Sonne und man kann die Sichel kurzfristig mit dem bloßen Auge sehen. Schon beeindruckend! Alle paar Minuten kontrolliere ich die Fokussierung und die Position der Sonne im Sucher. Die Sichel wird immer schmaler und ich gehe im Kopf immer wieder durch, was ich in der letzten Minute vor dem zweiten Kontakt in welcher Reihenfolge tun muss. ne umgebaute 350D kommt in den Fokus meines Refraktors, die zweite Kamera mit einem Weitwinkelobjektiv auf einen Kugelkopf ein paar Meter weiter hinten. Die Montierung so gut es geht nach Norden ausrichten, die Nachführung aktivieren und alles so verpacken, dass niemand aus Versehen ein Kabel abreißen kann. 30 Minuten vor dem ersten Kontakt fokussiere ich beide Kameras und schließe den Timer an die Weitwinkelkamera an. 20 Minuten vor dem ersten Kontakt fahre ich den Rechner hoch: Das Auslesen der GPS-Maus klappt im ersten Versuch, die Anbindung der Canon funktioniert ebenfalls. Das Programm „Eclipse-Orchestrator“ wird die Canon im Fokus der Pentax steuern. Unser Beobachtungsplatz liegt nur 22km von der 20 Minuten nach dem ersten Kontakt Zentrallinie entfernt, die totale Phase sieht man ohne Blick zum Himmel 33 3/08 Andromeda eigentlich keinen Unterschied. Es ist warm, der Wind bläst noch mit unverminderter Stärke, die Farben sind normal, ein Trupp Spatzen fliegt herum und badet im Sand. Das durch ein Loch projizierte Sonnenbild sieht aber schon deutlich anders aus als sonst. Der Wind ist schon seit einiger Zeit schwächer geworden, aber jetzt herrscht völlige Windstille. Die Mücken steigen aus dem Gras und die Spatzen fliegen eilig in Ihren Schlafbaum, noch ein kurzes Gezwitscher, dann ist Ruhe. Kurz darauf sind auch die Mücken 20 Minuten später werden die Farben wieder verschwunden. War heute eine langsam fahler und blauer, und unse- wirklich kurze Dämmerung :-). re Schatten werden komisch: In der einen Richtung so weich wie immer, Noch 1m10s: Eine letzte Kontrolle der rechtwinklig, dazu immer schärfer. Die Fokussierung an den Sichelspitzen. Bläue nimmt immer mehr zu, aber es ist Noch 50s: Filter von der Weitwinkelkein kaltes Blau wie im Winter, sondern kamera den Timer auf ein Intervall von irgendwie ein ganz warmes, weiches 2 Sekunden stellen und die Kamera Blau. Mein Schatten sieht jetzt wirklich auf Automatik + 3/3 Blenden. Noch komisch aus, ich habe das Gefühl, dass 30s; den Filter vom Pentax runter. Die ich den Schatten jedes Härchens auf der hauchdünne Sichel kann man schon Haut erkennen kann. seit einigen Sekunden auch ohne Filter sehen, ich bekomme eine leichte Ungefähr 4 Minuten vor der Totalität Gänsehaut. Im Westen steht ein grosnoch ein paar bange Momente: Eine ser dunkler Bogen am Himmel, der Wolke zieht Richtung Sonne- und schnell größer wird. Während dieser würde zur Totalität wohl genau vor der Zeit habe ich den Timer meiner WeitSonne stehen. Nach 2 Minuten ist klar, winkelkamera in der Hand und habe dass sie ein paar Grad rechts neben der den Auslöseknopf gedrückt. Vielleicht Sonne vorbei ziehen wird. Jetzt ist es ist der wachsende Schatten ja auf den klar: Da kommt nichts mehr, wir wer- Bildern zu sehen! den die Totalität sehen! Aus dem Gasthaus am anderen Ende Rainer ruft: „Guckt auf den Boden, des Grundstücks kommt eine Hoch- watch the ground!“ Aber ich kann keine zeitsgesellschaft zu uns auf die Wiese: fliegenden Schatten sehen. Ich gucke Eine Hochzeit mit einer totalen SoFi wieder nach oben zur Sonne und bin ist auch nicht übel... Für das Brautpaar wie vom Donner gerührt: Ein zarter gibt es einen großen Sonnenfilter mit Ring mit einigen gleißend hellen PunkSchleier drum herum - sehr hübsch! ten. Auf der anderen Seite der Scheibe 34 3/08 Andromeda kann man schon die innere Korona erkennen, die Diamanten verlöschen einer nach dem anderen. Ich kann mein Gefühl nicht wirklich beschreiben, es gibt wenige Momente in meinem Leben, die mich bisher so getroffen haben. Ich muss mich wirklich zusammenreissen, nicht einfach los zu heulen. Der letzte Diamant verschwindet und gleichzeitig wird es noch einmal viel dunkler, die Strahlen der Korona stehen in voller Schönheit am Himmel. Ich gucke bestimmt eine halbe Minute nur andächtig nach oben, was für ein majestätischer Anblick! Der Blick durch meinen Feldstecher ist unfassbar beeindruckend. Am Ostrand der Sonne steht eine heckenförmige Protuberanz, über den Westrand ragt auch schon eine blassrosa Zunge. Phantastisch schön! Ich gehe zur Weitwinkelkamera, drehe den Belichtungsregler hoch um ein paar Belichtungen mit langen Zeiten zu machen (die Bilder sind leider ziemlich überbelichtet, aber ich konnte mich nicht vom Anblick der Sonne losreißen). Mit dem Feldstecher erkunde ich die Details in der Korona. Hatte nicht jemand gesagt, Minimums-Koronen seien langweilig? Ich war schon so von den vielen Details überfordert. Auf der Ostseite der Sonne ragen zwei schmale Streamer in den Himmel, auf der Westseite ein breiter. Ich habe das Gefühl, dass die Streamer 6 bis 8 Sonnendurchmesser weit über den Himmel ragen, aber das ist sicher übertrieben. Ich erinnere mich daran, dass Hartwig auf dem Flug vom Mondgesicht erzählt hat - und tatsächlich: Im Feldstecher kann man schwach aber deutlich den Mann im Mond ganz klar erkennen! Ich rufe „Hartwig, das Mondgesicht“ und höre ein paar Sekunden später einen kleinen Freudenschrei. Überhaupt: In den Sekunden rund um den zweiten Kontakt waren alle völlig still, kurze Zeit später jubeln und schreien alle wild durcheinander. Es wird wieder ruhiger - und an mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich gucke ein paar Mal durch die Sucherlupe: Das Bild auf der Mattscheibe ist wunderschön und 35 3/08 Andromeda voller Details. Einen kurzen Moment denke ich über die Fotos nach: Wie gut, dass ich mich um nichts kümmern muss, aber hoffentlich klappt alles! Ich gucke auf den Schirm meines Laptops, sehe C3 +1:02 und rufe laut „Noch eine Minute, one minute left!“ Toll, ich hatte befürchtet, dass nur noch 10 bis 20 Sekunden übrig sind, aber wir haben noch eine ganz Minute! Am Himmel stehen Merkur, Saturn und Mars, die Präsepe kann ich nicht erkennen. Der Himmel ist auch nicht so tiefdunkel, wie ich es aus Erzählungen erwartet hätte, man kann sich ohne Probleme bewegen. Wieder mit dem Feldstecher: Nochmal die Details in der Korona, die Protuberanz auf der Westseite der Sonne ist jetzt vollständig sichtbar, die rosa Zungen kann ich auch mit dem bloßen Auge sehen. Die Korona hat keine eigene Farbe, sie ist weißlich grau, mit einem leichten Blaustich, da der ganze Himmel tief dunkelblau erscheint. Am Westrand der Sonne sieht man für einige Sekunden kurz den rötlichen Kranz der Chromosphäre, dann bricht der erste gleißend helle Lichtstrahl aus der Photosphäre durch ein Mondtal. Wieder dieser zarte Ring der inneren Korona und diese schnell wachsenden „Diamanten“ auf der Westseite der Sonne. Mich überkommt das gleiche Gefühl wie beim zweiten Kontakt. Auf die Totalität und den Anblick der Korona war ich durch viele Bilder irgendwie innerlich vorbereitet, aber die Sekunden um den zweiten und dritten Kontakt haben mich wirklich kalt erwischt. Darauf war ich nicht gefasst, und ich kann den Eindruck und meine Gefühle auch nicht wirklich in Worte fassen. Sie gehören definitiv zu den beeindruckendsten Momenten in meinem Leben. 36 3/08 Andromeda Die Sichel wird erstaunlich schnell wieder breiter, auch die innere Korona verblasst schnell. Mit dem bloßen Auge tut der Anblick schon nach einer knappen Minuten wieder weh: Die Totalität ist endgültig vorbei. Rainer ruft: „Guckt nach oben, der Erdschatten!“ Tatsächlich sieht man den großen dunkeln Bogen noch fast im Zenit, er schrumpft schnell Richtung Osten zusammen. Die Filter auf die Instrumente zu stecken schaffe ich nur, weil ich es mir mehrfach vorher vorgenommen habe. Eigentlich fühle ich mich von den Eindrücken noch viel zu überlaufen. Wir jubeln, schreien und fallen uns in die Arme. Es hat geklappt! Abspann Die partielle Phase interessiert uns eigentlich nicht mehr. Ab und zu guckt mal jemand mit dem Feldstecher oder der SoFi-Brille. Hartwig nimmt sogar die Kamera vom Tele, um einen Blick auf seine Bilder zu werfen. Ich widerstehe der Versuchung, denn bei den Bedingungen würde ich mich später wirklich ärgern, wenn die Daten für eine kleine Animation des Ganzen fehlen. Die Jugendlichen nehmen weiter Ihre Messwerte, der Pfiff mit der Trillerpfeife klingt in unseren Ohren zwar etwas skurril, aber wenn man schöne Kurven haben möchte, muss man das halt auch bis zum Ende durchziehen. Nach der Totalität beginnt wieder das Spiel mit den Mücken: Sie kommen kurz aus dem Gras, schwirren umher, kurz darauf ist die Sonne schon so stark, dass sie wieder im Gras verschwinden. Die Spatzen kommen aus Ihrem Schlafbaum und fliegen umher. 20 Minuten nach dem dritten Kontakt erhebt sich auch wieder ein leichter Wind. Er wird allerdings nicht mehr so stark, wie vor der Totalität. Kurz nach der Totalität bekomme ich ein Bier in die Hand gedrückt. Obwohl ich es nicht mag, kann ich nicht nein sagen: „Sibirska Corona“ trifft es einfach zu gut! Da es während der partiellen Phase nicht wirklich etwas zu tun gibt, versuche ich eine ganze Zeit lang mit geschlossenen Augen das Gesehen zu verarbeiten und zu speichern. Es waren viel zu viele Eindrücke, um wirklich alles erfassen zu können. Irgendwann leihe ich mir Hartwigs Handy und rufe Katharina in Münster an, um Ihr zu erzählen, dass es geklappt hat und was wir gesehen haben. Danach brauche ich noch mal eine Auszeit, weil ich wirklich etwas wackelige Knie habe. Ich hätte wirklich niemals gedacht, dass mich ein Naturschauspiel derartig nachhaltig aus der Ruhe bringen könnte! Im Feldstecher kann ich bis 10 Sekunden vor dem vierten Kontakt noch eine winzige Delle im Rand der Sonne sehen, dann haben wir auch den Halbschatten des Mondes wieder verlassen. Hartwig holt die Becher und die Kiste 128 hervor, und alle Anwesenden be- 37 3/08 Andromeda kommen einen kleinen Schluck. Eine sehr nette Tradition! Der Rest des Tages ist in kurzen Worten erzählt: Darks und Flats aufnehmen, die Daten von den Speicherkarten der Kameras auf die Festlatte des Laptops sichern, Abbau der Instrumente. Die Einladung, doch noch zum Abendessen zu bleiben, nehmen wir gerne an. Im Garten wird eine lange Tafel aufgebaut, es gibt russische Spezialitäten: Rohen Wir feiern noch fast bis Mitternacht mit der Jugendgruppe am Lagerfeuer. Gitarre und russische Lieder sind genau das Richtige, es ist eine tolle Stimmung und ich kann in Ruhe meinen Gedanken nachhängen und ab und zu etwas mit den Russen „reden“. Das Taxi bringt uns diesmal ohne Zwischenfälle bis zum Hotel. Wir sind zwar beide vollkommen fertig, aber erstmal müssen die Bilder kurz gesichtet und ein paar E-Mails in die Heimat geschickt werden. Bis 4 Uhr unterhalten wir uns noch über das Gesehene. Ein Blick aus dem Fenster: Schöne leuchtende Nachtwolken am Nordhorizont! Einige Fotos davon bilden den freundlichen Abschluss „dieses Tages“. Fisch mit Zwiebeln, verschiedene Salate und das usbekische Nationalgericht: Irgendein Fleisch mit einem orangen Gemüse und ganz viel Reis: - sehr lecker. Zum Essen gibt es zwar Saft und Wasser, aber auch Wodka. Nach dem ersten steige ich aus, das ist zu hart für mich. Zwischendurch regnet es noch einmal kurz und kräftig, denn ungefähr eine halbe Stunde nach dem vierten Kontakt zogen aus Westen große Wolken herauf: Da war die Front, die wir auf den Satellitenbildern gesehen, und die uns Sorge gemacht hatte. Zum Glück nur pünktlich - und nicht etwas schneller.... 38 3/08 Andromeda Sternbild Einhorn Hermann Soester Von unseren 88 Sternbildern haben 36 (das sind immerhin 41 %) Tiernamen. Das ist wohl nicht sehr verwunderlich, spielten doch Tiere seit Urzeiten im Leben der Menschen eine wichtige Rolle. So wurden auf den berühmten Wandmalereien in der südfranzösischen Höhle von Lascaux vor ca. 25.000 Jahren bis auf eine menschliche Gestalt ausschließlich wildlebende Tiere dargestellt. Unter den heute bekannten „tierischen“ Sternbildern gibt es ebenfalls nur drei Haustiere, ausschließlich Hunde. Doch damit nicht genug: Zu diesen real existierenden Tieren gesellen sich noch fünf Fantasietiere: Drache, Einhorn, Pegasus, Walfisch und Zentaur, allesamt Figuren aus der griechischen Mythologie, wobei der „Walfisch“ eigentlich das Seeungeheuer „Cetus“ darstellt, dem unsere geliebte Andromeda zum Opfer fallen sollte, wäre nicht im letzten Augenblick Perseus…, aber das ist eine andere Geschichte. Auch wenn man das Einhorn spontan nicht mit der griechischen Mythologie in Verbindung bringt, soll es dort seinen Ursprung haben: Zeus hat der Ziege Almathea (die ihn gesäugt hatte) ein Horn abgeschlagen (das Füllhorn). Dann gab man ihr den Körper eines Pferdes, um den Stolz und das Edle des so entstandenen Einhorns zu verdeutli- chen. So sind die gespaltenen Hufe und der Ziegenbart, mit denen das Einhorn häufig dargestellt wird, ebenfalls auf die griechische Mythologie zurückzuführen. Das Einhorn findet sich aber auch im indischen Mythos, ebenso wie in der persischen Schöpfungsgeschichte, in der Edda (eine Sammlung nordischer Dichtungen unbekannter Autoren) und an mehreren Stellen im Alten Testament. Das himmlische Einhorn (lat. Monoceros, Abk. Mon.) geht auf einen Mann zurück, der ins Deutsche übersetzt den schönen Namen „Peter Plattfuß“ trägt, der es aber vorzog, obwohl es noch rund vierhundert Jahre dauern würde, bis ein gewisser Bud Spencer alias Kommissar Rizzo im Kino herumpoltern sollte, wie viele seiner vornehmeren Zeitgenossen, sich einen lateinischen Namen zuzulegen. So wurde aus dem 1552 in Dranouter (Flandern) geborenen und 1622 verstorbenen Pieter Platevoet halt Petrus Plancius. Unter diesem Namen machte er sich als Astronom, Theologe und Kartograph auch über Holland hinaus einen Namen, indem er vor Allem zahlreiche Landkarten, Sternkarten und Himmelsgloben anfertigte und einige neue Sternbilder einführte, von denen heute allerdings nur noch die Taube, 39 3/08 Andromeda die Giraffe und eben das Einhorn gebräuchlich sind. Allerdings verewigte er auch das berühmte Kreuz des Südens erstmals auf einem Globus, das aber schon früher erwähnt worden war. In der astronomischen Literatur wird mehrfach erwähnt, Plancius habe versucht, Sternbilder mit christlicher Symbolik einzuführen (u.a. das „biblische“ Einhorn), doch Quellen, die sich mit Plancius selbst befassen, machen dafür die Tatsache verantwortlich, dass einige seiner Sternbilder fälschlicherweise dem schlesischen Kartografen Jakob Bartsch zugesprochen werden, der sie 1624 in einer Sternkarte aufnahm und mit religiösen Bedeutungen versah. Plancius selbst erwähnte an keiner Stelle, aus welchen Motiven heraus er seine Sternbilder einführte. Das Fabelwesen Einhorn lebt zumeist zurückgezogen in den Wäldern und zeigt sich Menschen gegenüber sehr scheu. Das himmlische Einhorn scheut vor allem die künstliche Lichtemission des Menschen und ist am Stadthimmel praktisch unsichtbar, weil seine hellsten Sterne kaum heller sind als die 4. Größenklasse. Man kann es aber trotzdem selbst dort einwandfrei lokalisieren, weil es genau in dem Dreieck liegt, das von den Leuchtfeuern Beteigeuze im Orion, Sirius im Großen- und Prokyon im Kleinen Hund gebildet wird. Durch das Einhorn zieht sich das zarte Band der Wintermilchstraße, sodass es auf Sternhaufen und Nebel wahrlich nicht verzichten muss. Charles Messier würdigte allerdings nur einem Objekt eine seiner berühmten Katalognummern: M50. Schon ein 10x50 Feldstecher zeigt einen schönen Haufen, aus dem rund zehn hellere Sterne hervorblitzen. Aber schon ein 6-8zöller macht über 100 blauweiße Sterne mit Helligkeiten ab 8 mag und einen orangenfarbenen Außenseiter in Form eines Roten Riesen südlich seines Zentrums sichtbar. Manche Beobachter sprechen beim Anblick des Haufens von einer „herzförmigen Figur“. M 50 ist ungefähr 3000 Lichtjahre von uns entfernt. Sein Winkeldurchmesser 40 3/08 Andromeda von 15x20 Bogenminuten entspricht einer wahren Ausdehnung von etwa 18 Lichtjahren, wobei der zentrale, dichte Teil nur um die 10 Bogenminuten, bzw. 9 Lichtjahre, im Durchmesser einnimmt. Als echtes Wintersternbild hat Monoceros etwas wirklich Winterliches zu bieten. Was wäre der Winter ohne Weihnachten, und was wäre Weihnachten ohne Weihnachtsbaum? Damit kann das Einhorn dienen und zwar mit einem passenden Sternhaufen: NGC 2264, auch als Weihnachtsbaumhaufen bekannt. Allerdings sollte man, wenn man mit etwas anderem als einem Newton unterwegs ist, auf das Zenitprisma verzichten, denn dieser Baum steht auf dem Kopf. Daher muss ich jetzt wohl auch meine Behauptung revidieren, der Kleiderbügel (Collinder 399) sei das einzige Objekt, das im astronomischen Fernrohr „richtig herum“ erscheint (Andromeda 1 / 2, 2005, S. 39). Der 5 m helle Stern 15 Monocerotis (ein Mehrfachstern mit einem Begleiter in nur 3” Distanz, 8,m5 hell, einem Begleiter 9. Größe in 74” Entfernung und 2 Begleitern 11. Größe in 16,6” und 41,1” Distanz) bildet den unteren Teil des Stammes, von dem aus sich 7-10m helle Sterne emporranken und Krone und Spitze bilden. Unter einem dunklen Himmel kann man einen schwachen Reflexionsnebel erkennen, der einen helleren Stern ca. 7‘ südwestlich von 15 Monocerotis umgibt. Dieser hat vor allem durch eine sensationelle Hubbleteleskopaufnahme als Konusnebel eine gewisse Berühmtheit erlangt. Der etwa 2600 Lichtjahre entfernte Reflexionsnebel NGC 2261 erinnert auf den ersten Blick an einen Kometen. 41 3/08 Andromeda lassen sich nur die hellsten Teile, die mit den Katalognummern NGC 2237, 2238 und 2239 bezeichnet werden; erst auf lang belichteten Fotografien erscheint der komplexe Nebel in voller Pracht. Allerdings soll der Einsatz eines Schmalbandfilters visuell wahre Wunder wirken. Mit einem Durchmesser von 1° erscheint der Rosettennebel doppelt so groß wie der Vollmond. Dem Fernrohrbeobachter zugänglich Unter guten Bedingungen kann man ist allerdings der zentrale Sternhaufen, ihn bereits mit einem l00mm-Teleskop bei l00facher Vergrößerung erkennen. Seine fächerförmige Gestalt zeigt sich ab etwa 150mm Öffnung, am besten bei 120-150facher Vergrößerung. Im 8zöller zeigt sich die leicht fleckige Struktur und die relativ scharf begrenzten Ränder des Nebels. An der Südspitze steht ein Stern 11. Größe, der Veränderliche R Mon. Er scheint den Kern des „Kometen“ auszumachen und sorgt auch noch dafür, dass der Nebel die Bezeichnung „Hubbles Veränderlicher Nebel“ um den sich der Nebel ringt. Schon im erhielt, da Edwin Hubble der erste war, 10 x 50 Feldstecher sind mindestens der Variationen in seiner Helligkeit und 10 Sterne verteilt auf ein ca. 20‘ großes Gestalt feststellte. Dies liegt aber nicht Feld zu sehen. Der hellste von ihnen nur an der Helligkeitsvariation von R scheint der gelbe Stern 12 Monocerotis, Mon, sondern vermutlich auch an den ein Objekt 6. Größenklasse, zu sein, ständig sich wandelnden Schattenwür- doch dieser steht als „Vordergrundfen, die dichte Staubwolken in der Nähe stern“ nur zu­fällig in derselben Richdieses Sterns hervorrufen. tung. Haufen samt Nebel sind ungefähr Beim Einhorn denkt wahrscheinlich 4000 Lichtjahre entfernt. Der offene jeder Sternfreund als erstes an den auf Sternhaufen ist vermutlich vor einer zahllosen Fotos so schön erscheinenden halben Mil­lion Jahre entstanden. Die Rosettennebel. Visuell beobachten extrem jungen Sterne darin emittieren 42 3/08 Andromeda ein sehr energiereiches Licht, das nicht nur die Gas­massen des Nebels zum Leuchten anregt, sondern auch mit einem enormen Strahlungsdruck die Materie aus dem zentralen Bereich des Nebels heraus­getrieben und so für die namensgebende Form des Objekts gesorgt hat. Die deutlich sichtbare Aushöhlung im mittleren Bereich erreicht zurzeit einen Durchmesser von etwa 12 Lichtjahren. In nur wenigen Millionen Jahren werden die Nebelmassen völlig weggeblasen sein, sodass nur noch der Sternhaufen sichtbar sein wird. Beta Monocerotis ist ein Dreifachstern in 691 Lichtjahren Entfernung, den schon Herschel, der ihn 1781 entdeckte, als „einen der schönsten Anblicke am Himmel“ pries. Dabei umkreisen drei Sterne der Spektralklassen B3 sehr langsam ein gemeinsames Zentrum; sie zeigen kaum eine Bewegung zueinander. Da die Sterne in relativ weitem Abstand auseinander stehen, kann man sie bereits mit einem kleinen Teleskop beobachten. Sie erscheinen bei etwa gleicher Helligkeit bläulich-weiß und bilden ein sehr spitzes Dreieck. Als ein „Kunstwerk der Natur“ bezeichnete die Welt am 6.3.2004 den Ausbruch des Sterns V838 Monocerotis, bei dem allerdings kein Material ins All geschleudert wurde. Der Stern hatte sich nur aufgebläht, wodurch sich seine äußere Hüllentemperatur dramatisch abgekühlt hat. Dieses Aufblähen - ohne seine äußere Hülle ins All abzustoßen - ist recht selten und widerspricht vollkommen dem normalen Szenario einer Nova. Das Licht des kurzzeitigen Ausbruchs erhellte nach und nach die ihn umgebenden Staubschwaden, die vermutlich von einem früheren Ausbruch stammen. Dadurch änderte sich der Anblick des Objektes monatlich. Es wuchs deutlich. Bereits in der Andromeda 1 / 2004 lieferte Klaus Kumbrink einen Artikel nach dem Bericht der Welt. Wenn Sie dem scheuen Einhorn mal etwas richtig Gutes tun wollen, gönnen Sie ihm einfach ein wenig Schutz in der Dunkelheit und machen Sie mit im Rahmen des Internationalen Jahrs der Astronomie 2009 bei der „Licht aus!“Aktion am 28. März 2009. Das sympathische Fabeltier hätte es verdient! 43 3/08 Andromeda 1998 - 2008 10-jähriges Jubiläum der Firma Gerd Neumann jr. Angenehm überrascht, wurde ich doch im Eingangsbereich von einem Stand der Sternfreunde Münster empfangen, den Michael aufgebaut hatte und auch Ewald Segna „Was vor zehn Jahren mit einer kleinen Notiz über den Filterfassungsschlüssel in der Zeitschrift „Sterne und Weltraum“ begann, hat sich mittlerweile zu einer etablierten Adresse für Feinmechanik und Optik im wissenschaftlichen Instrumentenbau entwickelt.“* *http://gerdneumann.net/v2/deutsch/jubilaeum.html den ganzen Tag über betreute. Eine nette Idee, konnten wir Sternfreunde auf diesem Wege auch noch Werbung für unser Hobby machen. Auf 160 m2 Firmenfläche waren unter anderem eine große Drehbank, ein Optikmessplatz und, als Clou der Ausstellung, ein Spektrometer untergebracht. Im Spektrometer konnten verschiedene Astronomik Filter auf ihre „Durchlässigkeit“ hin untersucht werden. Das Hb (H-Beta) Filter von Astronomik konnte hier seine besondere Qualität unter Beweis stellen. Von der Lichtquelle auf Aus Anlass seines 10 jährigen Betriebsjubiläums lud Gerd Neumann alle Astronomieinteressierten am 7. September 2008 in seine Räumlichkeiten am Nottulner Landweg 104 in Roxel zu einem Tag der offenen Tür ein. Ich machte mich dann auch am frühen Samstag morgen auf den Weg, um einmal einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. 44 3/08 Andromeda Ge r euman dN r. nj der einen Seite des Spektrografen waren keine Emissionslinien zu sehen (was mich auch nicht verwundert hat)! Zu einem weiteren Standbein für Gerd hat sich mittlerweile auch seine optische Bank entwi- d un er In str um ente ng cklu Entwi He w w e t ch rs w. tel ger n . n tis lun d n e u m a n d op g fe n u inmechanischer ckelt. Hier kann er gezielt die Werbeaussagen der Firmen mit der tatsächlichen Qualität der Spiegel vergleichen. Für den Sternfreund, der die Optik seines Teleskopes testen und mit Messwerten untermauern will, eine willkommene, zusätzliche Dienstleistung. Natürlich muss ich zum Ende auch auf die Drehbank zu sprechen kommen - hat doch gerade damals vor 10 Jahres alles damit angefangen. Neben seinem Maschinenbaustudium drehte Gerd schon für Freunde und Bekannte auf Anforderung spezielle Zubehörteile für Teleskope. Das war ja quasi der Startschuss in seine Selbstständigkeit. Leider war das Wetter an diesem Tag schlecht, sodass die Sonnenbeobachtung mit dem HaFilter ausfallen musste. Bleibt als Zusammenfassung: Der Tag der offenen Tür war eine gelungene Demonstration der Leistungsstärke der Firma Gerd Neumann jr. Ich wünsche dem Jubilar alles Gute für die Zukunft, damit wir uns in 10 Jahren wiedersehen, zum nächsten Jubiläum! 45 Für die Astrofotografie: - Flatfield-Leuchtfolien - große Auswahl an Adaptern - motorisches Filterrad FR-03 - robotischer ATLAS-Fokussiermotor - Astronomik Filter - ELEPHANT Schwerlast-Stativ - Nachführexzenter - DMK Fire Wire Kameras - Filterschubladen System - Clip-Filter für Canon EOS Für den Fernrohrbau: - Gittertubus-Bausätze - Fernrohrtuben aus Hartpapier, genau nach Maß - Ebony Star und Teflon - Okularauszüge Für die Beobachtung: - Astronomik Filter - Sternkarten, Literatur, Software Ihr Partner mit langjähriger Erfahrung und Kompetenz in Feinmechanik und Optik. Hersteller hochwertiger Zubehörteile für astronomische Instrumente. über 2500 zufriedene Kunden weltweit! Dipl.-Ing. Gerd Neumann; Nottulner Landweg 104, D-48161 Münster-Roxel, Tel.: 02534/ 977 445, Fax: 02534/ 977 446, eMail: [email protected] www.gerdneumann.net 3/08 Andromeda Herschels Spiralhaufen Michael Dütting Sterngucker sind bekanntlich lichtscheue Zeitgenossen und die dunkle Jahreszeit ist geradezu prädestiniert für ausgiebige Spaziergänge am Himmel. Tja, wenn da nur nicht der Novembernebel wäre, der sich in diesem Jahr als besonders hartnäckig erweist. Schieben sich die Wolkenwände dann doch gelegentlich beiseite, wird einem gleich eine ganze Sammlung attraktiver Ziele für Fernglas und Teleskop präsentiert. Apropos attraktiv: Auch auf die Gefahr hin, eine Genickstarre zu riskieren, lohnt gegen Mitternacht ein Blick in den Zenit auf eine der wenigen Frauengestalten am Firmament. Das W- oder M-förmige Sternbild der „Königin der Nacht“ (Cassiopeia) gewährt in dieser Position einen tiefen Blick in die Milchstraße. Wie es sich für eine adelige Sagengestalt gehört, prangt hier eine ganze JuwelenKollektion offener Sternhaufen. Das mit Abstand reichste Geschmeide ist hingegen nicht allzu bekannt und wurde, wie könnte es anders sein, von einer Frau entdeckt. Auf der Suche nach Kometen und Sternennebeln richtete Caroline, Schwester des bekannten Astronomen Friedrich Wilhelm Herschel, am 30. Oktober 1783 ihr selbstgebautes und im selben Jahr fertiggestelltes NewtonTeleskop etwa 3 Grad südwestlich des Sterns Caph (Beta Cassiopeiae) in den Himmel. Sie stieß auf ein zunächst unscheinbares Fleckchen von etwa 16 Bogenminuten Durchmesser. Tut man es Caroline gleich und nutzt ein Fernglas oder Teleskop bis etwa 10 Zentimeter Objektivöffnung, wähnt man sich als glücklicher Entdecker eines Kometen und liegt damit voll daneben. Der Blick durch ein Fernrohr ab 6 Zoll Öffnung (150 mm) offenbart seine wahre Natur: Ein ungewöhnlich reicher Sternhaufen, der in mehrfacher Hinsicht interessant ist. Seine auffälligsten Sterne erreichen nur eine Helligkeit von etwa 11m, womit sich die geringe Flächenhelligkeit erklärt, die dieses Objekt 46 3/08 Andromeda zunächst so unscheinbar wirken lassen. Enthält die Mehrheit der offenen Sternhaufen allenfalls einige Dutzend bis wenige 100 Mitglieder, bringt es dieses Exemplar auf über 1000, die sich relativ stark in einem Zentrum zu konzentrieren scheinen. Manche Beobachter erkennen in der Anordnung der Sterne ein Spiralmuster, was zum Teil auch durch Fotografien bestätigt wird. In Carolines Nebelkatalog erhielt unser Cassiopeia-Juwel die Nummer CH14, ihr großer Bruder nahm es als Nummer H VI.30 in seine Listen auf und im New General Catalog ist er als NGC 7789 zu finden. Weitere Bezeichnungen sind Collinder (Cr) 460 oder OCL 269 (Open Cluster List). Nach dem Klassifikationsschema des Astronomen Robert Julius Trümpler (18861956) wird Carolines Sternhaufen dem Typ II2r zugeordnet: Das heißt „frei stehend, mit geringer Konzentration und mehr als 100 Sternen“. Dem widerspricht freilich der Anblick im Teleskop und die mittlerweile zahlreichen Aufnahmen, was die Aufmerksamkeit einer ganzen Reihe von Astronomen auf sich zog. Es kam sogar zu einem regelrechten Disput, denn einige betrachteten NGC 7789 als Zwischending zwischen einem offenen galaktischen Sternhaufen und einem Kugelsternhaufen mit geringer Konzentration. Kugelsternhaufen sind mit wenigen Ausnahmen in den Randbereichen unserer Galaxis zu finden und bis zu 50000 Lichtjahre entfernt, dieser Sternhaufen befindet sich nahe der galaktischen Ebene in „nur“ 6500 Lichtjahren Abstand. Die Bestätigung, dass es sich um einen „echten“ offenen Sternhaufen handelt lieferten der amerikanische Astronom Allan Rex Sandage und die britische Astronomin Eleanor Margaret Peachey mit einer Studie im Jahre 1958, aber auch andere Forscherkollegen machten sich daran, NGC 7789 genauer unter die Lupe bzw. das Spektroskop zu nehmen. Aufnahme des Autors, fotografiert in Kattenvenne mit einem 200mm- Newton Teleskop auf Kodak Diafilm, Belichtungszeit 60 Minuten. Der Astronom Friedrich Küstner nahm sich an der Universitätssternwarte Bonn Carolines Juwelen genauer vor 47 3/08 Andromeda und nutzte für seine Forschung ein Teleskop der Sternwarte mit 274mm Öffnung und 3850mm Brennweite. Für die Vermessung des Sternhaufens entstanden in den Jahren ab 1902 eine Vielzahl fotografischer Platten, die für eine Bestimmung der räumlichen und der Flächendichte der Sterne herangezogen wurden [1]. Eine umfassende Arbeit aus den 60er Jahren von Kristen Rohlfs [2] widmete sich der spektroskopischen und photometrischen Untersuchung mit bemerkenswerten Ergebnissen: Demnach handelt es sich bei fast allen Sternen um Riesen oder Unterriesen, die hellsten vom Typ K4 III (orange) mit einer absoluten Helligkeit von -2,3m; alle anderen von mehr als +2m scheinen sich aus der Hauptreihe des HertzsprungRussel Diagramms herausentwickelt zu haben. Die Leuchtkraft aller Sterne in NGC 7789 übertrifft die der Sonne um das 3000fache! Es stellte sich heraus, dass die Sterne in NGC 7789 in ihrer Evolution sehr weit fortgeschritten sind und heute schätzt man sein Alter auf etwa 1,5 Millarden Jahre. Nach neusten Forschungen ist das sehr ungewöhnlich, weil die Mitglieder eines offenen Sternhaufens während ihrer Rotation um das Milchstraßenzentrum nach wenigen Millionen Jahren auseinanderdriften. Eine neuere Untersuchung zweier chinesischer Astronomen der Universität Peking [3] zeigt, dass sich auch sogenannte „Blue Stragglers“ in diesem Winkel des Universums aufhalten. Dabei handelt es sich um im Vergleich zu ihrer Leuchtkraft sehr heiße blaue Sterne, die einen starken Sternenwind von sich geben und so beständig Masse verlieren. Ihre Entstehung kann derzeit nur durch die Kollision zweier kleinerer Sterne erklärt werden. Und: 48 3/08 Andromeda sie sind häufig in Kugelsternhaufen zu geschätzte Entfernung: 6200-8000 finden... . Lichtjahre; wahrer Durchmesser: 50 Lichtjahre; scheinbarer Durchmesser: 16 Bogenminuten; Alter: 1,5 Mrd. Jahre; neueste Klassifikation: II1r; Koordinaten (2000,0): RA 23h 57m 24s DKL +56 42‘ 30“. [1] Friedrich Küstner: Ausmessungen der vier offenen Sternhaufen NGC 7789, Messier 11 und 35, NGC 6939 in Veröffentlichungen der UniversitätsSternwarte zu Bonn, No. 19, 1923 [2] Kristen Rohlfs: Der Bau des Sternhaufens NGC 7789 und die Masse seiner roten Riesensterne. In: Zeitschrift für Astrophysik 53, 155-185, Jg.1961 [3] Y. Xin und L.Deng: Blue Stragglers in Galactic Open Clusters And Integrated Spectral Energy Distributions in The Astrophysical Journal, 619;824Es lohnt sich also, gelegentlich einen 838, Februar 2005 Blick auf Carolines Juwelen zu werfen, von denen einige Amateurastronomen behaupten, es handele sich um den schönsten Sternhaufen des HerbsthimFortsetzung von Seite 27 mels. Bildunterschriften Daten zu Herschels Spiralhaufen: Katalogbezeichnungen: NGC 7789, Cr460, OCL 269, Herschel VI.30, CH14; Helligkeiten von 11m bis 18m, hellster Stern: 10m,7; scheinbare Gesamthelligkeit: 6m,7; BF - Bianca Fialla; LWL, HA - Halton Arp, DLR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, MD - Michael Dütting, CG - Lopez-Corredoira & Gutierrez, JH - Jo Hilpert, FK - Friedrich Küstner, KK - Klaus Kumbrink, GN - Gerd Neumann, POSS Palomar Observatory Sky Survey, SP - Dr. Siegfried Peterseim, KR - Kristen Rohlfs, PHS - Philipp Salzgeber, ES - Ewald Segna, WS - Wolf Steinle, JS - Jürgen Stockel, WaS - Michael Stratmann, WP - - Wikipedia 49 3/08 Was? Wann? Wo? Andromeda Astronomie - Unser Hobby: Gemeinsame Beobachtung • Astrofotografie • Startergruppe • Mond & Sonnenbeobachtung • Beratung beim Fernrohrkauf • öffentliche Vorträge über astronomische Themen • Vereinszeitung Wer sich mit dem faszinierenden Gebiet der Astronomie näher beschäftigen möchte, ist herzlich eingeladen, zu einem unserer öffentlichen Treffen zu kommen. Unsere Mitglieder beantworten gerne Ihre Fragen. Öffentliche Veranstaltungen Wir veranstalten Vorträge über aktuelle astronomische Themen an jedem 2. Dienstag des Monats. Öffentliche Beobachtung vor dem Museum für Naturkunde. Aktuelle Infos über unsere „Homepage“. www.sternfreunde-muenster.de. Alle Veranstaltungen sind kostenlos! Vortragsthemen (A): Anfänger 13. Jan.: Astronomie alter Kulturen (A) Andreas Bügler Bereits die alten Völker verfügten über erstaunliche astronomische Kenntnisse. Mit Beginn der systematischen Landwirtschaft entstanden dann Bauwerke mit astronomischer Ausrichtung. Aus diesen kann man schließen, welche Himmelsereignisse den jeweiligen Völkern besonders wichtig waren und wie das astronomische Wissen in ihr Weltbild eingefügt war. Der Vortrag vergleicht Kulturen aus verschiedenen Zeiten und Regionen. 10. Febr.: Neue Fotos der Sternfreunde Münster (A) div. Sternfreunde Wieder ist ein Jahr vergangen. Viele neue Bilder haben sich bei den Sternfreunden (F): Fortgeschrittene angesammelt. Der Abend vermittelt einen Querschnitt über die verschiedenartigen Bildmotive, von Planeten bis hin zur Deep Sky Fotografie. 10. März: Hochauflösende Mond- und Planetenaufnahmen aus Münster (A) Gerd Neumann In seinem Vortrag stellt Gerd Neumann dar, wie man auch vom Balkon eines Mietshauses aus hochauflösende Aufnahmen erstellen kann. Aufnahmen vom Mond und den großen Gasplaneten werden mit vielen Bildern aus der Marsopposition des letzten Winters ergänzt. Neben den Bildern wird auch die Technik der Instrumente und der Bildverarbeitung nicht zu kurz kommen. Ort und Zeit: Seminarraum des Westfälischen Museums für Naturkunde / 19.30 Uhr 50