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Nachtrag zu 2. Thermodynamik der Polymerlösungen
Das chemische Potential
Zusammenstellung der wichtigsten Eigenschaften:
Die chemischen Potentiale sind definiert als die partiellen molaren Freien
Enthalpien in einer Mischung aus verschiedenen Stoffen.
µi = ∂G ∂ni
Für die Freie Enthalpie einer Mischung gilt dann
G = ∑ ni µi
i
Die chemischen Potentiale einer Mischung können sich nicht unabhängig
voneinander ändern (Gibbs-Duhem-Gleichung):
∑n dµ
i
i
=0
i
Die Konzentrationsabhängigkeit der chemischen Potentiale in einer idealen Lösung
ist gegeben durch
µi = µi0 + RT ln xi
(x i Molenbruch)
Entwickelt man in einer binären Mischung das chemische Potential
Lösungsmittels nach der Konzentration des gelösten Stoffes, erhält man:

 V0
1
µ1 = µ − RTV 
c2 +  1 2
M2
 2M 2

0
1
0
1
2
0
 2  (V1 )
 c2 +
3M 23


des


 c23 +...




In einer realen Lösung gilt
µi = µi0 + RT ln xi + RT ln fi
(f i Aktivitätskoeffizient)
Es läßt sich eine ähnliche Reihenentwicklung wie im Fall der idealen Lösung
durchführen, mit den entsprechenden Virialkoeffizienten
 1

µ1 = µ10 − RTV10 
c2 + A2 c22 + A3 c23 + ...
M2

Die Druckabhängigkeit der chemischen Potentiale in einer Lösung ist gegeben durch
µi ( p) ≈ µ i ( p0 ) +Vi ,m (p − p0 )
(Vi,m molares Volumen)
In einem Phasengleichgewicht müssen die chemischen Potentiale der Komponenten
in den einzelnen Phasen jeweils gleich sein.
µi (1) = µi (2)
Exkurs: Phasendiagramm einer binären Mischung (z.B. Polymer – Lösungsmittel)
Wenn man die Freie Enthalpie einer Lösung für verschiedene Temperaturen gegen
den Volumenbruch einer Komponente aufträgt, ergeben sich Minima. Bei einer
Mischung mit einem Volumenbruch zwischen zwei Minima tritt Phasenseparation auf,
da sich so die Freie Enthalpie erniedrigen kann. Die Zusammensetzungen der
Phasen ergeben sich aus der Tangente an die Minima (die chemischen Potentiale
d.h. die 1. Ableitungen, müssen gleich sein).
Trägt man die Temperatur gegen die Zusammensetzungen auf, ergibt sich das
Phasendiagramm als Binodalkurve. Ab einer gewissen Temperatur (oberer
Entmischungspunkt) verschwindet die Mischungslücke.
Es existiert noch eine weitere Kurve innerhalb des Bereichs der Binodalen: die
Spinodalkurve. Ein Gemisch im Gebiet zwischen beiden Kurven ist metastabil, d.h.
die Entmischung ist kinetisch gehemmt.
3. Statische Lichtstreuung
Mit Hilfe der statischen Lichtstreuung lassen sich Molmasse, 2. Virialkoeffizient und
Trägheitsradius eines kolloiden Teilchens in einem Lösungsmittel ermitteln.
Ein Kolloid ist ein Teilchen in der Größenordnung von ca. 1 – 500 nm. Man
unterscheidet
Dispersionkolloide
(fein
verteiltes
Mehrphasensystem),
Molekülkolloide (Makromoleküle) und Assoziationskolloide (z.B. Mizellen).
Bei der Beschreibung der Lichtstreuung gehen wir in drei Schritten vor:
a) die Grundprinzipien folgen der Theorie von Rayleigh zur Streuung an kleinen
Teichen (< λ /20).
b) die Konzentrationsabhängigkeit der Lichtstreuung bringt die Beziehung zur
Thermodynamik ins Spiel. Basis ist die Theorie von Einstein und Smoluchowski.
c) die Mie-Theorie erklärt das Verhalten großer Teilchen (> λ /20) und damit den
Unsymmetriefaktor in der Winkelabhängigkeit.
a) Rayleigh-Streuung
Ein elektrischer Dipol wird durch das elektrische Wechselfeld des Lichtes angeregt
und strahlt beim Schwingen seinerseits ein Feld aus. Für die Streuintensität gilt
I s ( r ,θ ) 16π 4α 2 sin 2 θ
=
I0
λ04 r 2
(α Polarisierbarkeit, θ Winkel zur Dipolachse, λ0 Vakuumwellenlänge, r Abstand). Die
Streuung ist in der Ebene senkrecht zum Dipol (φ) isotrop.
Verwendet man unpolarisiertes Licht, so addieren sich die Streufelder der horizontal
und vertikal polarisierten Anregung und es ergibt sich
I s ( r ,θ ) 8π 4 α 2 (1 + cos 2 θ )
=
I0
λ04 r 2
θ ist hier der Winkel zwischen Strahlrichtung und Beobachtungsrichtung. Ein
winkelunabhängiger Ausdruck ist das Rayleigh-Verhältnis
Is r2
8π 4α 2
=
I 0 (1 + cos2 θ )
λ04
b) Fluktuationstheorie von Einstein und Smoluchowski
Ein homogenes Medium kann keine Lichtstreuung zeigen, da die Streuungen an
einzelnen Teilvolumina destruktiv interferieren und sich auslöschen würden. Die
Polarisierbarkeit in einem Teilvolumen dV muß also fluktuieren nach
α = α + δα
α 2 = α 2 + 2 αδα + (δα ) 2
(Balken bezeichnen hier zeitliche, eckige Klammern räumliche Mittelwerte.) Die
ersten beiden Terme entfallen, da der zeitliche Mittelwert konstant ist und positive
und negative Abweichungen gleich wahrscheinlich sind.
Fluktuationen in der Polarisierbarkeit können durch Fluktuationen in der Temperatur,
im Druck oder in der Konzentration hervorgerufen werden. Die ersten beiden sind für
Lösungsmittel und Lösung gleich. Wenn man also immer die Streuintensität des
reinen Lösungsmittels abzieht, bleibt
2
(δα )
2
 ∂α 
≈
(δ c2 ) 2

 ∂c2  p ,T
Statt der Polarisierbarkeit kann man auch den Brechungsindex einsetzen. Es gilt
näherungsweise
n 2 − 1 = 4π
N
4πα
α=
V
dV
Differenzieren beider Seiten nach c2 liefert
 ∂n 
4π  ∂ α 
2n
 =

 .
 ∂c2  p ,T dV  ∂c2  p , T
Setzt man dies ein, so ergibt sich insgesamt für die Lichtstreuintensität
I S − I S , Lm 1 + cos 2 θ VdV 2π 2 n2  ∂ n 
=
(δ c2 ) 2


2
4
I0
r
λo
 ∂c2  p ,T
Chemisches Potential und Konzentrationsfluktuationen
Nach der Fluktuationstheorie von Einstein und Smoluchoswki ist die Intensität der
Lichtstreuung proprtional zum mittleren Schwankungsquadrat der Konzentration der
gelösten Teilchen δ c22
Aufgrund der Fluktuationen in der Konzentration fluktuiert auch die Freie Enthalpie.
Der Momentanwert der Freien Enthalpie ist
G = G +δ G
Die Abweichung kann nach der Konzentration entwickelt werden:
 ∂G 
1  ∂ 2G 
2
δG = 
δ
c
+

2
 2  (δ c2 )
2  ∂c2 T , p
 ∂c2 T , p
Der erste Term verschwindet im Gleichgewicht. Der Mittelwert der quadratischen
Abweichung läßt sich nach dem Boltzmannschen e-Satz berechnen zu
∞
∫(δ c )
2
(δ c2 )
2
=
0
2
exp ( −δ G(δ c2 ) / k B T ) d(δ c2 )
∞
∫ exp ( −δ G(δ c ) / k T ) d(δ c )
2
B
2
0
=
k BT
∂ G
 ∂c 2 
 2  p ,T
2
Die zweite Ableitung des Freien Enthalpie nach der Konzentration entspricht der
ersten Ableitung nach dem chemischen Potential. Berücksichtigt man die Beiträge
der chemischen Potentiale des Lösungsmittels und des gelösten Stoffes, und deren
Zusammenhang nach der Gibbs-Duhem-Gleichung, ergibt sich im Volumenelement
dV:
 ∂ 2G 
dV  ∂µ1 
 2  =−


c2Vm ,1  ∂c2  p , T
 ∂c2  p ,T
=−

dV 
0  1
+ 2 A2 c2 + 3 A3c22 + ...  
 − RTVm ,1 
c2Vm ,1 
 M2

Das Molvolumen des Lösungsmittels in der Lösung Vm ,1 entspricht dem des freien
Lösungsmittels Vm,1 0 , und damit wird
(δ c2 ) 2 =
c2
 1

dV N A 
+ 2 A2 c2 + 3 A3c22 + ... 
 M2

Damit ergibt sich die Fundamentalgleichung der Lichtstreuung:
 ∂n 
2π 2 n 2 
 c2
I S − I S , Lm 1 + cos 2 θ
 ∂c2  p ,T
R(θ ) =
=
=
I0
Vr 2


1
λo4 N A 
+ 2 A2 c2 + 3 A3c22 + ... 
M
 2

K c2
 1

2
 M + 2 A2 c2 + 3 A3c2 + ...
 2

Kc2
1
=
+ 2 A2 c2 + 3 A3c22 + ...
R(θ ) M 2
In der Konstanten K sind der Brechungsinxdex des Lösungsmittels sowie das
Brechungsinkrement enthalten. Aus der Auftragung der obigen Gleichung läßt sich
das Molekulargewicht aus dem Achsenabschnitt, der 2. Virialkoeffizient aus der
Steigung berechnen. Höhere Virialkoeffizienten sind meistens vernachlässigbar.
Die Gleichung gilt für große Moleküle nur im Grenzfall kleiner Winkel. Da diese
experimentell nicht zugänglich sind, muß man auf θ = 0 extrapolieren.
c) Interferenztheorie (Mie-Streuung)
Bei großen Molekülen überlagern sich die gestreuten Wellen von verschiedenen
Segmenten eines Teilchens kohärent. Das Licht wird stärker nach vorne als nach
hinten gestreut, der Unsymmetriefaktor
Z=
R(45°)
R(135°)
ist positiv.
Man führt als Korrektur den Streufaktor P(θ) ein, der für θ = 0 gleich 1 wird und für
größere Winkel kleiner wird.

Kc2
1  1
=
+ 2 A2 c2 + 3 A3c22 + ... 

R(θ ) P(θ )  M 2

Anm. Oft wird der Streufaktor als Funktion des Streuvektors q =
4π
θ
sin dargestellt.
λ0
2
Die Winkelabhängigkeit des Streufaktors ergibt sich zu
2
 4π
θ
P(θ ) = 1 −  sin 
2
 λ0
R2
3
+ ...
Diese von Guinier abgeleitete Beziehung gilt für beliebig geformte Moleküle und
erlaubt es, mit Hilfe der Lichtstreuung den mittleren Trägheitsradius <R2> zu
bestimmen.
Für kleine Konzentrationen gilt mit 1/(1-x) (1+x)
2
2
K c2
1   4π
θ R
1 +  sin 
=
R(θ ) M 2   λ0
2 3


.


Der Zimm-Plot
Die doppelte Extrapolation auf θ = 0 (zur Bestimmung des Molekulargewichts und
des 2. Virialkoeffizienten) und c = 0 (zur Bestimmung des mittleren Trägheitsradius)
kann man mit dem Zimm-Plot durchführen. Dazu trägt man Kc/R gegen sin2(θ/2) + b c
auf, wobei b eine beliebige Konstante sein kann.
Wenn θ konstant ist, hängt Kc/R linear von c ab, wenn c konstant ist, linear von
sin2(θ/2). Extrapoliert man die Gerade der Werte mit konstantem θ auf den
Abszissenwert sin2(θ/2), erhält man die Gerade für c = 0. Extrapoliert man die
Gerade der Werte für konstante Konzentration auf den Abszissenwert bc, erhält man
die Gerade für θ = 0. Beide Geraden schneiden die Ordinatenachse bei 1/M 2.
Molekulargewichtsverteilung
Da die Meßgröße (Intensität) proportional zum Molekulargewicht ist, ergibt sich bei
einer Mittelung von Streuintensitäten eines Gemisches auch das durch die Massen
gewichtete Mittel des Molekulargewichtes, also Mw.
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