Komplettes Heft Onkologische Welt 5/2012

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E 45120
ISSN 1869-0874
Onkologische
Welt
5/2012
Pneumo-Onkologie
ESMO-Highlight NSCLC
Tumorbiologie
Adipositas, Diabetes und
Krebs
Radio-Onkologie
Partialbrustbestrahlung
Komplementäre
Onkologie
Kinderwunsch
bei Krebspatienten
Uro-Onkologie
Therapie des
hormonsensitiven P-Ca
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Onkologische Welt 2012; 3: 201–248
Oktober
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Seltene Tumoren
Zu diesem Heft
© Schattauer 2012
Show Business
Wie wirbt man für sein Engagement gegen
Krebs in der Öffentlichkeit? Die Bayerische
Krebsgesellschaft hat sich für ihre Kampagne „Für besseres Leben mit Krebs“ für
die Werbung mit Prominenten entschieden. Derzeit leihen der bayerische Finanzminister Dr. Markus Söder, die Moderatorin Verena Kerth und der Schauspieler Manou Lubowski der Kampagne ihr Gesicht.
Keiner von ihnen hat (hoffentlich) Krebs.
Aber sie sind auf den Plakaten aber erst auf
den zweiten Blick zu erkennen, weil sie so
geschminkt wurden, als würden sie gerade
eine Chemotherapie durchlaufen.
Peinlich oder positiv?
Das kann ein Hingucker sein, nicht nur für
CSU-Anhänger. Aber nicht immer passt
das Image des Promis zum Werbeprodukt.
Das merkt man oft erst, wenn die Verbraucher die Prominenten in der Werbung zwar
wahrnehmen, aber sich danach nicht mehr
erinnern können, um welche Marke es dabei ging.
Oder Promis wecken falsche Assoziationen. Mir fielen bei Verena Kerth zuerst die
Stichworte „Ex-Freundin von Olli Kahn“
und dann die Berichterstattung in den Publikumsmedien über ihr wechselvolles Privatleben ein. Damit würde sie für mich eine
glaubwürdige Kompetenz bei der nächsten
Anti-HIV-Kampagne ausstrahlen.
Aber Krebs?“
Zufällig hat sich das in Geschmacksfragen unverdächtigte „British Medical Journal“ (BMJ) gerade erst Ende September
2012 mit der Frage auseinandergesetzt, ob
die Beteiligung von Prominenten bei öffentlichen Gesundheitskampagnen nützt?
Oder ob die Kampagne vor allem dem Promi nützt, insbesondere, wenn er eher zur Boder C-Klasse gehört. Letzterer Ansicht ist
Geof Rayner, Honorary Research Fellow an
der City University London, Ex-Präsident
der UK Public Health Association und Mitorganisator beim „No Smoking Day” und
anderer Gesundheitskampagnen.
Er sieht in seiner Stellungnahme (BMJ
2012;345:e6362 doi: 10.1136/bmj.e6362)
die Gefahr, dass bei der Berichterstattung
vor allem der Promi im Mittelpunkt steht
und nicht das Gesundheitsanliegen. Dies
gelte umso mehr, je stärker der Promi vor
allem mit einem aufwändigen und exzentrischen Luxusleben in Verbindung gebracht wird. Das kann dann ziemlich
schiefgehen, wenn man beispielsweise für
einen vernünftigen Lebensstil ohne Alkoholexzesse, Junk-Food, aber mit höherem
Gesundheitsbewusstsein, wirbt.
Eine deutlich bessere Meinung als Rayner hat sein australischer Opponent Simon
Chapman, Professor of Public Health an
der Universität von Sydney. Er sieht durchaus die Möglichkeit, durch Prominente
persönliche Betroffenheit und Authentizität zu vermitteln (BMJ 2012;345:e6364 doi:
10.1136/bmj.e6364). Trotzdem müsse man
sich genau überlegen, wann man welchen
Promi für welche Kampagane einsetzt.
Dr. Alexander Kretzschmar
Der „Kylie-Effekt“
Aber es ist nicht alles planbar – und hinterher ist man immer klüger. Als sich die mit
36 Jahren an Brustkrebs erkrankte PopSängerin Kylie Minogue öffentlich für eine
Beteiligung am Brustkrebsscreening engagierte, sank in Australien der Anteil von
Frauen in der Altersklasse, die mit dem
Brustkrebsscreening angesprochen werden
sollten. Gleichzeitig nahm die Beteiligung
junger Frauen mit einem sehr niedrigen Erkrankungsrisiko an der Vorsorgeuntersuchung zu. Damit stieg, so Chapman, vor
allem die unnötige Strahlenbelastung mit
dem Risiko falsch-positiver Ergebnisse.
Die positive Seite des „Kylie-Effektes“
hat man dagegen in Großbritannien beobachtet. Dort wurde mithilfe eines Promis
aus dem „Big-Brother“-Container erfolgreich die Aufmerksamkeit für die Früherkennung von Zervixkarzinomen erhöht.
Dr. Alexander Kretzschmar, München
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201
Inhalt
Contents
202
Zu diesem Heft
201
A. Kretzschmar
Show Business
Pneumo-Onkologie
203
206
ESMO 2012: Neue Erkenntnisse zum NSCLC
NSCLC – Dacomitinib vs. Erlotinib, prädiktive Biomarker und molekulare
Diagnostik, Icotinib
Tumorbiologie
209
S. Herzig; A. Vegiopoulos
214
217
179
Adipositas, Diabetes und Krebs
Buchbesprechung: Das Blaue Buch, Chemotherapie-Manual – Hämatologie
und Onkologie
Biomarker, zirkulierende Tumorzellen als Prognosemarker, multiples Myelom
Gastro-Onkologie: EGFR-Blockade bei mCRC, Perspektiven bei GI-Tumoren
Chemotherapie des metastasierten Mamma-Karzinoms
219
U. Köppen
213
Radio-Gyn-Onkologie
224
Partialbrustbestrahlung nach Mammakarzinom – Intra- und perioperative
Bestrahlungsmöglichkeiten unter besonderer Berücksichtigung des INTRABEAM-Systems
DEGRO 2012: Update adjuvante Radiotherapie beim Mammakarzinom,
Everolimus beim fortgeschrittenen Mamma-Ca
Komplementäre Onkologie
226
231
233
236
237
K. Geue; R. Schmidt; D. Richter; J. Dorst; E. Brähler; M.E. Beutel; Y. Stöbel-Richter
Identifikation spezifischer Kinderwunschmotive von jungen Krebspatienten
aus Sicht der Betroffenen und Professionellen
Kongress für Psychosomatik: Neue Perspektiven durch die Psychoonkologie
Senologie-Kongress 2012: Mind-Body-Medizin, Optionen in der Komplementärmedizin
Palliativmedizin: mehr als nur Medizin am Sterbebett
Supportivtherapie: Knochen und Tumorzellen, venöse Thromboembolien,
Lebensqualität beim Mamma-CA in der metastasierten Situation,
Schmerzassessment, Patientengespräche, Adelmidrol bei Nebenwirkungen
auf Haut und Schleimhäute
Uro-Onkologie
241
246
198
J. Schröder; J. Scheerer; E. Altwein
GnRH-Agonisten in der Therapie des hormonsensitiven Prostatakarzinoms –
neue Erkenntnisse zum Routineeinsatz eines altbekannten Standards
Sunitinib in der Erstlinientherapie des mRCC
Hepatozelluläres Karzinom – Hirnmetastasen, PIVKA-II, Ösophaguskarzinom
– Bestrahlung + Chemotherapie, GIST – Regorafenib als Drittlinie
Seltene Tumoren
247
Interview mit Priv.-Doz. Dr. Lars Lindner: Fortgeschrittenes rezidivierendes
Weichteilsarkom
Titelbild
Amadeo Modigliani 1884-1920, Paul Guillaume, Novo Pilota, ©www.visipix.com
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PneumoOnkologie
203
Neue Erkenntnisse zum NSCLC als Highlight vom
ESMO 2012
Wie groß ist der klinische Fortschritt?
Neben den Ergebnissen großer kontrollierter klinischer Studien wurden auf dem
ESMO 2012 auch neue Erkenntnisse aus der Versorgungsforschung vorgestellt. Die so
genannte Versorgungsforschung bei Routinepatienten gewinnt zunehmend an Bedeutung, ist nützlich und von Interesse. Dies berücksichtigt auch den Wunsch nach Reproduzierbarkeit in der klinischen Routine sowie Pharmako-Ökonomie.
Eine Innsbrucker Arbeitsgruppe um Univ.-Doz.
Dr. Michael Fiegl konnte bei einer Auswertung
der Verläufe von 484 Patienten (67% Männer,
Ø 62,1 Jahre, 80,9 Stadium IIIB-IV) in der Routineversorgung (TYROL Study SCLC Project)
zeigen, dass 56% der Patienten auf eine palliative medikamentöse Therapie ansprachen.
Nach Beginn der Therapie dauerte es im Durchschnitt 6,9, bis die eine Progression festgestellt
wurde. Das 5-Jahre-Überleben betrug 9,3%.
Hier schnitten Frauen insgesamt etwas besser
ab, Patienten mit Entzündungszeichen (erhöh-
tes C-reaktives Protein) schlechter. Ein weiterer
negativer Prädiktor waren eine erhöhte LaktatDehydrogenase als Zeichen von Gewebeumbau sowie ein schlechterer Allgemeinzustand.
Im Durchschnitt überlebten die Patienten
11,3 Monate unter der medikamentösen Therapie. Eine Subgruppe von Patienten überlebte jedoch fünf Jahre (9,3%). Dies waren zum größten Teil Patienten mit begrenzter Tumorlast bei
der Erstdiagnose, die in der Folge eine kombinierte Chemo- und Strahlenbehandlung erhielten. In diesen Fällen wurde ein medianes
Gesamtüberleben unter Pemetrexed-Erhaltungstherapie
Auch NSCLC-Patienten über
70 Jahre profitieren
Die Verbesserung des Gesamtüberlebens unter einer Erhaltungstherapie mit Pemetrexed (Alimta®) beschränkt sich nicht nur äuf jüngere Patienten. Eine auf dem ESMO
2012 vorgestellte Subgruppenanalyse der prospektiven japanischen JACAL-Studie
zeigt für Patienten ≥70 Jahre eine vergleichbar gutes progressionsfreies Überleben
sowie ein Gesamtüberleben, das in beiden Gruppen über dem in der PARAMOUNT-Studie lag.
Die Daten aus der PARAMOUNT-Studie zeigen
für die Gesamtgruppe von Patienten mit fortgeschrittenem nicht-plattenepithelialen nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC, Adenound großzelliges Karzinom) einen signifikanten
Überlebensvorteil unter einer „Continuation
Maintenance-Therapie“ mit Pemetrexed 500
mg/m2 d1/q3w (13,9 Monate unter Pemetrexed-Erhaltung vs. 11,0 Monate unter Placebo,
gerechnet ab Beginn der Erhaltungstherapie;
HR = 0,78; p = 0,0195) (1).
Eine auf dem ESMO 2012 vorgestellte Subgruppenauswertung der prospektiven japanischen JACAL-Studie (n = 109) bestätigt die
Ergebnisse der Paramount-Studie, dass auch ältere NSCLC-Patienten davon profitieren (2).
Das mediane progressionsfreie Überleben nach
4 Zyklen Pemetrexed unterschied sich bei den
Gesamtüberleben von 20,5 Monaten erreicht,
das 5-Jahres-Überleben betrug 22%.
Die weitere Auswertung der Daten soll dazu
beitragen, um Algorithmen insbesondere zum
klinischen Management von Patienten mit negativen Prädiktoren zu entwickeln, so die Autoren.
Dr. Alexander Kretzschmar, München
Quelle: Jahrestagung der European Society for Medical Oncology (ESMO) vom 28. September bis 2. Oktober 2012, Wien.
Mit mehr als 16 000 Teilnehmern aus über 120
Ländern stellt der ESMO 2012 in Wien einen neuen Besucherrekord auf.
Patienten <70 Jahre und der Gruppe ≥70 Jahre
nur marginal (<70 Jahre: 5,8 Monate (95% KI
4,3–7,4; ≥70 Jahre: 5,2 Monate (95% KI
3,5–8,2). Die Best Tumor Response betrug 74%
(<70 Jahre) bzw. 69% (≥70 Jahre). Das Gesamtüberleben lag in beiden Gruppen über den
Ergebnisse der PARAMOUNT-Studie (<70 Jahre: 20,5 Monate; ≥70 Jahre: 16,8 Monate).
Insgesamt 73% der Patienten <70 Jahre
und 56% der Patienten ≥70 Jahre absolvierten
alle geplanten 4 Zyklen. Die Toxizitäten unter
Pemetrexed wurden als akzeptabel und beherrschbar eingestuft. Die älteren Patienten benötigten öfter eine Nebenwirkungs-bedingte
Dosisreduktion (25% vs. 15%). Allerdings war
der Anteil jüngerer Patienten, bei denen der Abstand zwischen den Zyklen aufgrund von Nebenwirkungen vergrößert wurde mit 58% vs.
50% größer.
Dr. Alexander Kretzschmar, München
Literatur
1. Paz-Ares L et al. J Clin Oncol 2012; 30(suppl.): Abstract LBA7507.
2. Nogami N et al. ESMO 2012; Abstract 1206P.
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PneumoOnkologie
204
Die individualisierte Therapie beim NSCLC
Fortschritte und Rückschläge
Der diesjährige Europäische Krebskongress (ESMO) zeigte, dass die Einführung zielgerichteter Medikamente beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) Fortschritte
macht. So überzeugte Crizotinib in einer Phase-III-Studie. Allerdings machte andererseits die MISSION-Studie mit Sorafenib deutlich, dass noch längst nicht alle Strategien beim NSCLC so greifen, wie gewünscht. Angesichts von immer noch jährlich
40 000 Todesfälle in Deutschland durch Lungenkrebs bleibt die Therapie eine deutliche
Herausforderung.
Testen – das scheint das Gebot der Stunde
beim NSCLC zu sein. Denn die Voraussetzung
für den Einsatz der neuen zielgerichteten Therapien wird es sein, die richtigen Patientengruppen heraus zu finden, die von der jeweiligen Substanz profitieren. So steht vor dem therapeutischen Einsatz von Crizotinib, einem oralen Hemmer der Anaplastischen Lymphomkinase (ALK), der Test, ob der Tumor ALK-positiv ist.
Die EML4-ALK Mutation findet sich laut Prof.
Alice Shaw, Boston/USA, allerdings nur bei 3
bis 7% aller Patienten mit einem NSCLC. Bei
Adenokarzinomen der Lunge ist sie in 10 bis
20% der Tumoren nachweisbar.
Signifikant längeres
Überleben als durch die
Standardtherapie
Die nun aktuell präsentierte Studie verglich die
Wirksamkeit und Sicherheit von Crizotinib gegenüber der Standard-Chemotherapie mit Pemetrexed oder Docetaxel bei 347 Patienten mit
ALK-positiven Lungenkarzinom, die bereits mit
Chemotherapie vorbehandelt worden waren
(1). Crizotinib erhöhte danach das progressionsfreie Überleben um durchschnittlich 7,7
Monate gegenüber 3 Monaten mit der herkömmlichen Chemotherapie (Hazard Ratio
0.49; 95% KI 0,37–0,64; p<0,0001). Die gesamte Ansprechrate war bei den mit Crizotinib
behandelten Patienten ebenso signifikant höher (65% vs. 20%; p<0,0001).
Das Gesamtüberleben ist zum momentanen
Zeitpunkt noch nicht aussagekräftig, da aus
der Crizotinib-Gruppe bisher wesentlich weniger Patienten als aus dem Kontrollarm gestorben sind (47 vs. 27). Zudem war ein Cross-over
erlaubt. Obwohl die Crizotinib-Therapie mehr
unerwünschte Wirkungen wie Sehstörungen,
Übelkeit und Diarrhö verursachte, schätzten die
Patienten in der ALK-Hemmer-Gruppe ihre Lebensqualität als höher ein. Dies mag laut Shaw
damit zusammenhängen, dass die mediane
Zeit bis zur Rückkehr der Symptome des NSCLC
unter Crizotinib 5,6 Monate im Vergleich zu nur
1,4 Monatne dauerte (p<0,0001).
Weiterhin untersucht werden sollte auch
nach Meinung der Expertin, warum das Ansprechen im Chemotherapie-Arm so unterschiedlich war – 6,9% für Docetaxel und 29%
unter Pemetrexed. „Ich gehe davon aus, dass
Crizotinib der neue Standard für Patienten mit
einem fortgeschrittenen und vorbehandelten
ALK-positiven Lungenkarzinom wird.“
KRAS – kein prädiktiver
Marker für Sorafenib?
Gleich die nächste große Studie zum NSCLC
machte deutlich, welche Schwierigkeiten noch
im Detail beim NSCLC stecken. In der MISSIONStudie waren immerhin 703 Patienten auf-
genommen worden, die entweder Sorafenib
400 mg/bid oder Placebo als Dritt- oder Viertlinien-Therapie erhielten (2). Das mediane
Überleben war in beiden Armen ähnlich (248
Tage vs. 253 Tage; p = 0,4687), obwohl beim
medianen progressionsfreien Überleben Sorafenib signifikant überlegen war (p<0,0001).
Eine separate Post-hoc-Analyse machte
klar, dass es jedoch Patienten gab, die deutlich
von der TKI-Therapie profitierten (3). Prof. Tony
Mok, Hongkong, erklärte, dass Patienten mit
EGFR-Mutationen unter Sorafenib doppelt so
lang lebten als unter Placebo. „Andererseits
fanden wir heraus“, so Mok weiter „KRAS
scheint im Fall von Sorafenib kein prädiktiver
Marker zu sein“.
Neue Substanz mit
Potenzial
Vielleicht spielen auch erworbene Resistenzen
bei diesen vielfach vorbehandelten Patienten
eine Rolle. Die Resistenzentwicklung gegenüber EGFR-Inhibitoren wie Erlotinib wurde in
Wien ausführlich diskutiert. Dagegen könnte
vielleicht der Wechsel des Wirkprinzips helfen.
Eine Phase-II-Studie Untersuchung mit Dacomitinib, einem neuen, irreversiblen pan-HERInhibitor, zeigte, dass diese Substanzen in
EGFR- und HER2-mutierten NSCLC-Patienten
ein Ansprechen bei 34 von 45 Patienten erzeugen konnte (4). Weitere 10 Patienten erlebten
eine Krankheitsstabilisierung. Prof. Pais Jänne
vom Dana-Farber-Institute in Boston/USA,
meinte abschließend: „Voraussetzung für einen effektiven Einsatz ist jedoch die genaue
Charakterisierung des Tumors einschließlich
der speziellen Mutationen.“
Bettina Reich, Hamburg
Literatur
1.
2.
3.
4.
Shaw AT, et al. ESMO 2012; Abstract LBA1.
Paz-Ares L et al. ESMO 2012, Abstract LBA9.
Mok T. et al ESMO 2012, Abstract LBA33.
Jänne P et al. ESMO 2012, Abstract 228O.
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PneumoOnkologie
206
Dacomitinib versus Erlotinib
Phase-III-Studie angelaufen
Breiteres TKI-Wirkprofil vorteilhafter beim NSCLC?
Therapie-assoziierte unerwünschte Ereignisse
waren unter Dacomitinib häufiger als unter Erlotinib. Dabei handelte es sich vorwiegend um
dermatologische und gastrointestinale Nebenwirkungen Grad 1/2. Die erhöhte Toxizität von
Dacomitinib wird von den Studienautoren auch
als Folge des breiteren Rezeptorprofils und seiner höheren Affinität erklärt.
Angesichts der guten Wirksamkeit bei
NSCLC-Patienten mit KRAS wt wurde die Phase-III-Vergleichsstudie ARCHER 1009 (Advanced Research for Cancer targeted pan-HER therapy) zur Zweit-/Drittlinientheerapie mit Dacomitinib 45 mg vs. Erlotinib 150 mg initiiert. Die
Auswertung soll auf der Basis zwei ko-primärer
Studienpopulationen (alle NSCLC-Patienten
und NSCLC-Patienten mit KRAS wt) erfolgen.
Erstmals wurde bei Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC)
mit Dacomitinib ein irreversibler Inhibitor der EGF-Rezeptor-Tyrosinkinasen HER1,
HER2 und HER4 mit dem reversiblen EGFR-HER1-Inhibitor Erlotinib verglichen. Die
breitere inhibitorische Aktivität von Dacomitinib resultierte in einer signifikanten Verlängerung des medianen progressionsfreien Überlebens (PFS).
Dacomitinib erwies sich in früheren Phase-I/IIPilotstudien als wirksam beim NSCLC. Die Substanz wurde jetzt mit einer Fixdosis von 45
mg/d erstmals in einer offenen, randomisierten, multizentrischen Vergleichsstudie mit dem
reversiblen EGFR-Inhibitor Erlotinib 150 mg/d
verglichen. Teilnehmer waren 188 Patienten
mit einem fortgeschrittenen NSCLC (Performancestatus 0–2), die unter 1–2 vorangegangenen Chemotherapien einen Progress erlitten,
aber noch keine HER-gerichtete Behandlung
bekommen hatten.
Das mediane PFS in der Gesamtgruppe (primärer Studienendpunkt) war unter Dacomiti-
nib mit 2,86 Monaten signifikant länger als unter Erlotinib (1,91 Monate; HR 0,66, p = 0,012).
Subgruppenanalysen in Abhängigkeit von molekularen Markern ergaben eine Überlegenheit
von Dacomitinib auch bei Patienten mit KRAS
Wildtyp (wt) unabhängig vom EGF-Status (3,71
vs. 1,91 Monate; HR, 0,55; p = 0,006) sowie mit
KRAS wt und EGFR wt (2,21 vs. 1,84 Monate;
HR, 0,61; p = 0,043). Bei Patienten mit EGFRMutationen war das mediane PFS in beiden
Gruppe gleich (7,44 Monate). Das mediane Gesamtüberleben (OS) war unter Dacomitinib mit
9,53 Monaten tendenziell, aber nicht-signifikant länger als unter Erlotinib (7,44 Monate).
Molekulare Testung auf prädiktive Biomarker
NSCLC-Diagnostik funktioniert auch
außerhalb von Zentren
Die Therapie des NSCLC erfordert häufig eine molekulare Testung auf prädiktive Biomarker – eine vom Universitätsklinikum Köln durchgeführte Studie zeigt, dass durch
Etablierung eines entsprechenden Netzwerkes eine Vielzahl von Gewebeproben gescreent werden können.
Dr. Alexander Kretzschmar, München
Literatur
1. Ramalingam SS et al. Randomized Phase II Study of
Dacomitinib (PF-00299804), an Irreversible
Pan–Human Epidermal Growth Factor Receptor
Inhibitor, Versus Erlotinib in Patients With Advanced Non–Small-Cell Lung Cancer J Clin Oncol
2012; 30(27): 3337–3344.
Translokationen sowie jeweils 2% BRAF-,
PIK3CA- und ERBB2-Mutationen bzw. –Amplifikationen. 15% der SQ hatten eine FGFR1-Amplifikation.
Bei 40% der Patienten wurde eine personalisierte NSCLC-Therapie entsprechend dem
Mutationsstatus eingeleitet. Die Kosten für den
Testsatz betragen nach Angaben der Autoren
etwa 500–1000 Euro. Das ist nicht viel im Hinblick darauf, dass den Patienten mit Hilfe der
Testung eine maßgeschneiderte Therapie angeboten werden kann, so ihr Fazit.
Dr. Beate Grübler, Hannover
Die Kölner Pathologen untersuchten im Rahmen eines solchen überregionalen ScreeningNetzwerkes insgesamt 2 032 NSCLC-Biopsien
und erreichten damit fast 70% der NSCLC-Patienten im Raum Köln-Bonn (1). 77% der Pro-
ben waren auswertbar, bei 63% handelte es
sich um Adenokarzinome (AC), bei 27% um
Plattenepithelkarzinome (SQ). Die AC wiesen
folgendes Mutationsmuster auf: 32% KRASMutationen, 13% EGFR-Mutationen, 3% ALK-
Literatur
1. Zander Z et al. J Clin Oncol 2012; 30(suppl): Abstract CRA10529.
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207
Molekulare Marker beim NSCLC
Vorreiter bei der personalisierten
Therapie
Die Zahl der bekannten genomischen Aberrationen nimmt beim nicht-kleinzelligen
Lungenkarzinom (NSCLC) mit rasanter Geschwindigkeit zu. Auch beim Plattenepithelkarzinom der Lunge gibt es inzwischen Hinweise auf definierte genetische Veränderungen bei einem Teil der Patienten. Sind solche Veränderungen auf molekularer Ebene bekannt, so kann oftmals eine zielgerichtete Therapie erfolgen oder, sofern sie
noch nicht möglich ist, entwickelt werden. „Damit ist dann auch das Konzept der personalisierten Therapie in der Onkologie zu realisieren“, so Prof. Jürgen Wolf, Köln. Es
setzt nach seiner Darstellung voraus, dass ein molekularer Defekt identifiziert wird
und Therapeutika angewandt werden, die sich genau gegen diese Veränderung richten. „Das wird in der öffentlichen Diskussion oft noch missverständlich dargestellt“,
monierte der Onkologe auf einem Pressegespräch in Köln.
Vor allem dem Lungenkarzinom kommt hinsichtlich der molekularen Diagnostik und damit
auch der personalisierten Medizin laut Prof.
Reinhard Büttner, Köln eine Art Vorreiterrolle
zu. „Die Biologie des Tumors wird zunehmend
besser verstanden“, erklärte der Pathologe. Es
gelingt dadurch immer besser, mit Medikamenten der „Targeted Therapy“ den Patienten
Überlebensvorteile zu sichern.
Das zeigt das Beispiel des EGFR-Inhibitors
Erlotinib. Dieser wurde anfangs bei einem un-
selektierten Patientenkollektiv eingesetzt, was
das Gesamtüberleben im Mittel um rund zwei
Monate verlängerte. Die mediane Überlebenszeit lag dennoch weiter unter 12 Monaten und
konnte laut Wolf erst durch den gezielten Einsatz des Wirkstoffs bei Patienten mit dokumentierter EGFR-Mutation auf median 27 bis 33
Monate gesteigert werden.
Inzwischen sind laut Wolf zahlreiche Veränderungen beim Lungenkrebs als „driver mutations“ identifiziert worden und es gelingt
„Continuation Maintenance“ beim NSCLC
Die Überlebenszeit-Analyse einer Phase-IIIStudie mit Pemetrexed als Erhaltungstherapie
beim fortgeschrittenen NSCLC weist für die
durchgehend mit Pemetrexed behandelten
Patienten (erst Induktion mit Cisplatin/Pemetrexed, dann Erhaltungstherapie mit Pemetrexed) einen Überlebensvorteil nach.
Die so behandelten Patienten lebten median 16,9 Monaten (ab Beginn der Induktion) im
Vergleich zu median 14 Monaten in der Kontrollgruppe ohne Erhaltungstherapie. Der Unterschied war signifikant (HR 0,78; p = 0,0195)
und belegt nach Angabe der Autoren den Nutzen einer „continuation maintenance“, bei der
vergleichsweise rasch, gezielt Medikamente
gegen solche Mutationen entwickeln. Nicht
selten kommen diese aber nur bei einem kleinen Prozentsatz der Patienten zur Anwendung
wie etwa der Wirkstoff Crizotinib bei Patienten
mit ALK-Genmutation. Diese Mutation findet
sich laut Büttner bei rund drei Prozent der Patienten mit nicht kleinzelligem Lungenkarzinom, bei denen somit dank Crizotinib eine personalisierte Therapie möglich wird.
Die Beispiele verdeutlichen auch, dass es
zunehmend auf eine enge Zusammenarbeit der
beteiligten Fachdisziplinen ankommt, um die
erzielten Fortschritte und die neuen Erkenntnisse rasch von „Bench to Bedside“ zu bringen.
Die betroffenen Patienten müssen unmittelbar
entsprechenden Studien zugeführt werden.
Das aber erfordert nach Wolf „ein zunehmend
vernetztes Arbeiten der beteiligten Fachdisziplinen und insgesamt neue, interdisziplinäre und
sektorübergreifende Versorgungsstrukturen“.
Christine Vetter, Köln
Quelle: Fachmedienveranstaltung „Unverzichtbar:
Molekulare Diagnostik als Basis für eine personalisierte Therapie beim Lungenkrebs“ am 30. August 2012,
Köln, Veranstalter: Pfizer Oncology Deutschland.
eine aktive (und verträgliche) Komponente
der Erstlinientherapie möglichst lange beibehalten wird (1).
Dr. Beate Grübler, Hannover
Literatur
1. Paz-Ares L et al. J Clin Oncol 2012; 30(suppl): Abstract LBA7507.
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208
Icotinib bei NSCLC-Patienten mit EGFR-Mutationen
Chinesische Eigenentwicklung will
auf den Weltmarkt
Mit Icotinib schickt sich eine weitere, gegen Mutationen des EGF-Rezeptors (EGFRm+)
gerichtete Therapie des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) an, nach China
auch die Zulassung in Europa und USA zu erreichen. Dies berichtete Dr. Sun Yan, Beijing, kürzlich auf der 15. Jahrestagung der Chinese Society of Clinical Oncology
(CSCO). Dafür sind allerdings noch einige Verbesserungen am Studiendesign, vor allem bei der molekularen Charakterisierung der Patienten, notwendig, kritisierte Prof.
Tony Mok, Honkong.
Icotinib ist in China seit August 2011 zur Therapie des NSCLC bei Patienten mit EGFR-Mutationen verfügbar. Inzwischen liegen Daten zur Behandlung von mehr als 9000 Patienten vor. In der
ersten Phase-III-Studie ICOGEN mit 399 Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC erreichte Icotinib in der Gesamtgruppe mit 13, Monaten ein
ebenso gutes Gesamtüberleben wie Gefitinib
(13,9 Monate) (1). Die Mutationsrate betrug
43% in der Icotinib-Gruppe und 59% in der Gefitinib-Gruppe. Im Vergleich zum EGFR-Wildtyp
(wt) war das progressionsfreie Überleben von
Patienten mit EGFRm+ signifikant länger (median 6,2 Monate vs. 2,3 Monate; p = 0,00001),
ebenso das Gesamtüberleben (median 20,5 Monate vs. 7,7 Monate; p=0,00001). Zwischen beiden Behandlungsarmen bestand weder bei Patienten mit EGFRm+ noch mit EGFRwt ein statistisch signifikanter Unterschied.
Ausgefeilteres Studiendesign verlangt
Auf dem CSCO-Kongress stellte Yan die Ergebnisse einer neuen einarmigen Phase-III-Studie
(1) vor, in der Icotinib als Zweit- oder Drittlinientherapie bei 128 NSCLC-Patienten mit einem
Progress unter einer Chemotherapie, vor allem
Cisplatin-basiert, gegeben wurde. In der Studie
betrug der Zeitraum bis zur Progression unter
Icotinib median 5,4 Monate und das Gesamtansprechrate 25,8%. Die Krankheitskontrollrate wurde mit 67,7% errechnet. Das Gesamtüberleben konnte noch nicht endgültig bestimmt werden, da der statistische Endpunkt
noch nicht erreicht wurde. Interimsanalysen
zufolge könnte das zensierte Gesamtüberleben
um 17,6 Monate betragen.
Orales Vinorelbin beim NSCLC zugelassen
Seit kurzem steht für die Behandlung von Patienten mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) im Stadium 3 oder 4 auch orales Vinorelbin (Navelbine® Oral) zur Verfügung. Dies bedeutet, dass Vinorelbin so-
wohl in jeder Kombination mit anderen antineoplastischen Therapeutika als auch mit
Strahlentherapie zum Einsatz kommen kann,
soweit sich diese Kombinationen als wirksam
und verträglich erweisen haben. Darüber hi-
Insgesamt 47,7% der Patienten berichteten
über unerwünschte Effekte, vor allem Hautausschlag (25%), Diarrhoe (11,9%) und Erhöhungen der Leberenzyme (14,1%).
Sein chinesischer Kollege Mok forderte in
seiner Diskussion der Ergebnisse die Durchführung von Phase-III-Studien mit einer Kontrollbzw. aktiven Vergleichsgruppe, um validere
Aussagen zu bekommen und eine Zulassung
außerhalb von China zu erhalten. Darüber hinaus müssten die Teilnehmer bereits vor Studienbeginn im Hinblick auf molekulare Mutationen untersucht und entsprechend selektiert
werden, um den wahren klinischen Stellenwert
der Substanz kennen zu lernen. Nicht selektierte Patientengruppen entsprechen nach seiner
Ansicht nicht mehr dem aktuellen Erkenntnisstand beim NSCLC. Um international erfolgreich zu sein, sind nach seiner Ansicht 2 PhaseII-Studien mit 120–150 Patienten mit EGFRm+
sowie Phase-III-Studien mit jeweils mindestens
300–500 Patienten nötig.
Dr. Alexander Kretzschmar, München
Literatur
1. Yan S et al. Final overall survival and updated biomarker analysis results from the randomized phase
III ICOGEN trial. J Clin Oncol 2012; 30 (suppl.);
abstr 7559.
Quelle: 15. Jahrestagung der Chinese Society of Clinical Oncology (CSCO vom 19. bis 23. September. 2012,
Beijing; Abstract BIO19.
naus lässt diese Zulassung auch die adjuvante
Therapie mit Navelbine® Oral von NSCLC-Patienten im Stadium III zu. Damit handelt es
sich um die erste Substanz, die zumindest für
Stadium III-Patienten zulassungskonform in
der Adjuvanz verabreicht werden kann.
Onkologische Welt 5/2012
Red.
© Schattauer 2012
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Tumorbiologie
© Schattauer 2012
Adipositas, Diabetes und Krebs
S. Herzig; A. Vegiopoulos
Molekulare Stoffwechselkontrolle (A170), Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Zentrum für Molekularbiologie
Heidelberg (ZMBH) Universität Heidelberg, Universitätsklinikum Heidelberg
Schlüsselwörter
Keywords
Adipositas-Folgeerkrankungen, Typ-2-Diabetes, Krebs, molekulare Mechanismen
Obesity-associated disorders, type 2 diabetes,
cancer, molecular mechanisms
Zusammenfassung
Summary
Die Beziehung zwischen Adipositas und Krebs ist
im letzten Jahrzehnt in den Fokus der klinischen
und biomedizinischen Forschung geraten. Eingehende epidemiologische Studien und Metaanalysen kamen zu der Schlussfolgerung, dass
Adipositas mit einer erhöhten Inzidenz und ungünstigeren Prognose einer Reihe von Krebserkrankungen assoziiert ist. Obwohl Typ-2-Diabetes laut epidemiologischen Befunden auch
mit einer erhöhten Inzidenz und Mortalität bestimmter Krebsarten assoziiert ist, kann er an
sich nicht als unabhängiger Risikofaktor gelten.
Die prinzipielle Rolle der Hyperglykämie, Hyperinsulinämie und der Aktivierung des Insulin/
IGF-1-Signalweges kann jedoch durch epidemiologische Daten, Tiermodelle und in vitro
Befunde belegt werden. Zusätzlich werden unter anderem die subakute Inflammation, der
ektopische Überschuss an Triglyzeriden und
freien Fettsäuren und das veränderte Adipokinprofil als plausible molekulare Mechanismen
bei der Adipositas-bedingten Krebsentstehung
und Progression derzeit erforscht. Die immense
Bedeutung der Beziehung zwischen Adipositas
und Krebs wird klar im Hinblick auf die steigende Inzidenz von Übergewicht und Adipositas,
insbesondere im Kindes- und Jugendalter.
The link between obesity and cancer has come
into the focus of clinical and biomedical research during the last decade. A plethora of epidemiological studies and metanalyses have
reached the conclusion that obesity is associated with increased incidence and worse prognosis of a series of cancer entities. Although
type 2 diabetes was found to be associated
with increased incidence and mortality of certain cancer types based on epidemiological
findings, it cannot as such be considered an independent risk factor. However, evidence from
epidemiological studies, animal models, and in
vitro experiments clearly implicates the involvement of hyperglycemia, hyperinsulinemia, and the activation of the insulin/IGF-1
pathway. In addition, the sub-clinical inflammation, the ectopic access of triglycerides and
free fatty acids and the altered adipokine profile are under investigation as plausible molecular mechanisms underlying obesity-related
carcinogenesis. The impact of the association
between obesity and cancer becomes clear in
light of the increasing incidence of obesity, in
particular childhood and adolescence obesity.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Stephan Herzig
Molekulare Stoffwechselkontrolle (A170), Deutsches
Krebsforschungszentrum (DKFZ), Zentrum für Molekularbiologie Heidelberg (ZMBH), Universität Heidelberg
Universitätsklinikum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 280, 69120 Heidelberg
E-Mail: [email protected]
Obesity, Diabetes and Cancer
Onkologische Welt 2012; 3: 209–212
Nachdruck aus:
Adipositas 2012; 6: 48–51
Übergewicht und Adipositas gelten seit
langem als wichtige Risikofaktoren für
Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen. Demnach gehört Gewichtsreduktion zu der ersten Linie der entsprechenden Behandlungsmaßnahmen. Die
zentrale Bedeutung von Adipositas als be-
einflussbarer Risikofaktor für eine Reihe
von Krebserkrankungen wurde erst im
letzten Jahrzehnt erkannt und intensiver
erforscht. Mittlerweile wurden mehrere
plausible molekulare Mechanismen zur pathogenetischen Beziehung von Adipositas
und Krebs vorgeschlagen. Die eindeutigen
Beweise für die Rolle einzelner Signalwege
stehen aber noch weitgehend aus.
In diesem Artikel werden epidemiologische Daten zur Beziehung von Adipositas,
Diabetes und Krebs zusammengefasst, und
der aktuelle Status der Forschung an pathogenetischen Mechanismen diskutiert.
Adipositas als Risikofaktor
für Krebserkrankungen
Eine Fülle von epidemiologischen Studien
hat die Beziehung zwischen Übergewicht/
Adipositas und der Inzidenz diverser Krebserkrankungen untersucht. Zwei wichtige internationale Berichte generierten Übersichten der bestehenden Befunde und formulierten entsprechende Empfehlungen (International Agency for Research on Cancer in 2002
(11), World Cancer Research Fund (WCRF)/
American Institute for Cancer Research
(AICR) in 2007 (25)). Laut dem Bericht von
WCRF/AICR bestehen überzeugende Assoziationen zwischen Adipositas und einer Reihe von Krebserkrankungen (씰Tab. 1). Einige
Übersichtsarbeiten und Metaanalysen bestätigten diese Berichte und umfassten weitere
Krebsarten (3, 21). Zum Beispiel differenzierten Renehan et al. in einer ausführlichen Arbeit zusätzlich nach Geschlecht und ethnischen Gruppen (씰Tab. 1).
Insgesamt scheint die Beweislage eindeutig, dass Adipositas ein signifikanter Risikofaktor für die Erkrankung an Ösophaguskarzinom, postmenopausalem Brustkrebs, Kolonkarzinom, Rektalkarzinom, Nierenzellkrebs, Endometriumkarzinom, und Pankreaskarzinom darstellt.
Es muss dabei bemerkt werden, dass das am
häufigsten angewendete Maß für Adipositas
der Body-Mass-Index (BMI) war und nur z.T.
Waist-to-Hip-Ratio bzw. Taillenumfang. Da
die Bedeutung von abdominaler Adipositas
als Risikofaktor für verschiedene AdipositasFolgeerkrankungen zunimmt, ist zu erwarten, dass in zukünftigen Studien stärkere bzw.
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209
210
S. Herzig; A. Vegiopoulos: Adipositas, Diabetes und Krebs
Tab. 1
Adipositas und Inzidenz von Krebserkrankungen. Zusammenfassung des WCRF/AICR Berichtes und Vergleich zur Metaanalyse von Renehan et al. (21).
WCRF/AICR (25)
Renehan et al. (21)
Erhöhtes Risiko
bei Adipositas*
Relatives Risiko pro Erhöhung des
BMI um jeweils 5 kg/m2**
Evidenzstärke
Männer
Frauen
Ösophaguskarzinom
überzeugend
1,52
1,51
Brustkrebs (postmenopausal)
überzeugend
-
1,12
Kolonkarzinom
überzeugend
1,24
1,09
Rektalkarzinom
überzeugend
1,09
ns
Nierenzellkrebs
überzeugend
1,24
1,34
Endometriumkarzinom
überzeugend
-
1,59
Pankreaskarzinom
überzeugend
ns
1,12
Gallenblasenkarzinom
wahrscheinlich
ns
1,59
Leberkrebs
möglich
ns
ns
*: Meist angewendetes Maß für Adipositas war BMI. **: Die aufgelisteten Werte waren statistisch signifikant (p<0,05). Hier wurden nicht alle in der Studie untersuchten Krebsarten aufgelistet. ns: nicht signifikant.
neue Assoziationen zwischen Adipositas und
Krebserkrankungen gezeigt werden.
Forschungsarbeiten an verschiedenen Tumormodellen zeigen, dass auch im Tiermodell genetisch- oder fütterungsbedingte Adipositas krebsfördernd wirkt. Besonders interessant ist aber die Erkenntnis, dass kalorische
Restriktion in Tumormodellen die Krebsentstehung und Progression hemmt (10).
progression als die Initiation fördern können
(siehe unten). Trotz allem sind eingehendere
epidemiologische Studien nötig, die den Einfluss von Adipositas auf den Verlauf von
Krebserkrankungen untersuchen, um geeignete Empfehlungen bezüglich Körpergewichtsmanagement und Lebensstil für
Krebspatienten formulieren zu können.
Ist Diabetes ein unabhängiger Risikofaktor?
Adipositas und Prognose
bei Krebserkrankungen
In einer Meilensteinstudie kamen Calle et
al. zu der Schlussfolgerung, dass 14 bis 20 %
aller krebsbedingten Todesfälle in den Vereinigten Staaten von Amerika auf Übergewicht und Adipositas zurückgeführt werden können (2). Bei sowohl prä- als auch
postmenopausalem Brustkrebs belegen
mehrere Studien, dass Adipositas mit einer
ungünstigeren Prognose assoziiert ist (4).
Ähnliches gilt für Prostatakrebs bzw. Kolonkarzinom (16). Die Prognose bei der
letzteren Erkrankung ist durch das Bestehen von Insulinresistenz beeinflusst, die ihrerseits häufig mit Adipositas assoziiert ist.
Eine schlechtere Prognose bei bestehender
Adipositas ist nicht überraschend, wenn man
bedenkt, dass bestimmte pathobiochemische
Merkmale von Adipositas eher die Tumor-
Die American Diabetes Association hat im
Jahr 2010 einen Konsensus-Bericht zu Diabetes und Krebs publiziert (6).
Basierend auf verschiedenen epidemiologischen Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Inzidenz von Krebserkrankungen bei Diabetespatienten (vorwiegend Typ
2) erhöht ist, insbesondere für Leberkrebs,
Pankreaskarzinom, und Endometriumkarzinom (relatives Risiko ≥2).
Für Kolon- und Rektalkarzinom, Brustkrebs und Harnblasenkrebs betrug das relative Risiko 1,2 bis 1,5 und überraschenderweise war das Risiko für Prostatakrebs
reduziert. Einige weitere Studien weisen
ebenfalls auf eine erhöhte Mortalität bei
Krebspatienten mit Diabetes hin (1).
Nach aktuellem Stand der Forschung ist
weiterhin unklar, ob die Assoziation zwischen Diabetes und Krebs direkt besteht,
also ob Hyperglykämie bzw. Hyperinsulinämie die Pathogenese und Verlauf von
Krebserkrankungen beeinflussen. Alternativ könnten Diabetes und Krebs durch gemeinsame Risikofaktoren, insbesondere
Adipositas, bedingt sein.
Eine Übersichtsstudie, die sich mit dieser Frage näher beschäftigt hat, kam zu dem
Schluss, dass nicht Diabetes an sich, wohl
aber Hyperglykämie und/oder Hyperinsulinämie unabhängige Risikofaktoren für
verschiedene Krebserkrankungen darstellen (8). Interessanterweise betrafen die beschriebenen Assoziationen großteils einen
Konzentrationsbereich von Blutzucker und
Insulin, der als normal bzw. nicht-diabetisch klassifiziert wird.
Ein direkter krebsfördernder Effekt von
Hyperglykämie und Hyperinsulinämie ist
wie unten beschrieben biologisch plausibel.
Die Evidenz aus epidemiologischen Studien
und in vivo-Tiermodellen ist derzeit aber
noch nicht vollständig überzeugend.
Wirkt Hyperglykämie direkt
krebsfördernd?
Die „Wiederbelebung“ der Forschung zu
dem Warburg-Effekt hat die Beobachtung
erneut in den Vordergrund gebracht, dass
Tumorzellen stark Glukose-abhängig sind
(24). In diesem Sinne kann angenommen
werden, dass Hyperglykämie einen Wachstumsvorteil für Tumore darstellt. Bis jetzt
konnte aber diese Hypothese weder bewiesen, noch experimentell eindeutig widerlegt werden. Dagegen ist die Beweislage für
die Rolle von Hyperinsulinämie und der
Aktivierung des Insulin/Insulin-like
Growth Factor-1(IGF-1)-Signalweges bei
der Krebsenstehung und -progression
weitaus eindeutiger.
Die Rolle der Hyperinsulinämie und des Insulin/
IGF-1-Signalweges
Erhöhte Insulinwerte sind stark mit Glukoseintoleranz, Hyperglykämie und Insu-
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S. Herzig; A. Vegiopoulos: Adipositas, Diabetes und Krebs
linresistenz assoziiert und daher charakteristisch für Patienten mit Adipositas, Typ2-Diabetes (im frühen Stadium) oder dem
Metabolischen Syndrom. Die Konzentration von IGF-1 in der Zirkulation ist zwar
nicht linear von Körpergewicht und Adipositas abhängig, die Verfügbarkeit und
die lokalen Gewebekonzentrationen
können jedoch unter bestimmten pathologischen Bedingungen der Hyperinsulinämie erhöht sein (3).
Abgesehen von seinen endokrinen Funktionen kann Insulin die Zellproliferation
und das Zellüberleben fördern (19). IGF-1
hat seinerseits stärkere wachstumsfördernde
Eigenschaften im Vergleich zu Insulin. Beide
Peptide aktivieren den Insulinrezeptor bzw.
den IGF1-Rezeptor und somit multiple regulatorische Signalwege. Die PI3K-AKT-,
AKT-mTOR- und RAS-MAPK-Signalachsen werden aktiviert und vermitteln die
wachstumsfördernde Wirkung der Hormone. Die Expression sowohl des Insulinrezeptors als auch des IGF1-Rezeptors wurde auf Tumorzellen verschiedener Krebsarten nachgewiesen (19).
Experimente an genetischen Mausmodellen lieferten wichtige Beweise für die
Rolle dieser Signalwege in der Karzinogenese. So wurde z.B. gezeigt, dass die Überexpression des IGF1-Rezeptors in transgenen Mäusen für die spontane Entwicklung von Tumoren der Brustdrüsen ausreichend ist (12). In einer weiteren Studie
führte die Inaktivierung des IGF-1-Gens in
der Leber von fettleibigen Mäusen zu reduziertem Wachstum und Metastasierung
von implantierten Tumorzellen (26).
Von Interesse sind auch Beobachtungen, die darauf hinweisen, dass bestimmte
Diabetes-Behandlungen, die Veränderungen der systemischen Insulinkonzentration
bewirken, mit verändertem Krebsrisiko
und/oder Prognose assoziiert sind. Dies
kann als ein weiteres wichtiges Indiz für die
Rolle des Insulinsignalweges in der Karzinogenese angesehen werden.
Diabetes-Therapie
und Krebs
Metformin ist ein weit verbreitetes Antidiabetikum und oft die erste Wahl bei der pri-
mären Behandlung von Patienten mit der
Diagnose Typ-2-Diabetes.
Eine Reihe epidemiologischer Studien weist
darauf hin, dass die Metformin-Behandlung
das Risiko für die Erkrankung an verschiedenen Krebsarten senken kann (6, 19).
Ferner führt eine Metformin-Behandlung
bei Patienten mit Brustkrebs im Frühstadium zu einer verbesserten Prognose.
Die antidiabetische Wirkung von Metformin basiert auf der Inhibition der Glukoneogenese in der Leber und somit auf
der Senkung der Blutzucker- und Insulinkonzentration. Diese Veränderungen
könnten an sich die antitumorigenen Effekte von Metformin erklären (19). Obwohl der molekulare Mechanismus der
Wirkung von Metformin noch nicht im
Ganzen aufgeklärt ist, ist es unumstritten,
dass Metformin die AMP-activated Proteinkinase (AMPK) aktiviert. Da AMPK als
Tumorsuppressor agieren kann, könnte
Metformin damit neben seinen indirekten
Effekten auf die Insulinspiegel auch direkt
in den Tumorzellen wachstumshemmend
wirken. Diese Hypothese wird zunehmend
von in vitro-Befunden gestützt.
Die Behandlung von Typ-2-Diabetes
mit Insulin oder Insulin-Analoga ist bei
fortschreitender Krankheit bei einem großen Anteil der Patienten notwendig. Eine
Reihe epidemiologischer Studien hat den
Einfluss solcher Behandlungen auf das Risiko, an Krebs zu erkranken, untersucht.
Die Befunde weisen darauf hin, dass die Behandlung mit bestimmten Insulinanaloga
(insulin glargine) ein Risikofaktor für verschiedene Krebserkrankungen darstellt
(20).
Diese Schlussfolgerung ist im Einklang
mit dem zellwachstumsfördernden Potenzial von Insulin und der Aktivierung des Insulin/IGF-1-Signalweges. Die obigen Befunde lösten eine breite Debatte bezüglich
der Sicherheit der untersuchten Behandlungen aus, und obwohl die zugrundeliegenden Studien aufgrund methodologischer Schwachstellen kritisiert wurden,
sind weitere Untersuchungen angezeigt,
um das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei Insulintherapie in der Zukunft besser abschätzen zu können.
Wirkt Adipositas-assoziierte
subakute Inflammation
krebsfördernd?
Adipositas ist mit einer chronischen subakuten systemischen Entzündung assoziiert (23). Diese manifestiert sich gemeinsam mit einem Überschuss von Triglyzeriden und Fettsäuren in Fettgewebe, Leber
und anderen Organen, ist aber systemisch
durch zirkulierende Entzündungsmarker
nachweisbar. So konnte gezeigt werden,
dass z.B. die inflammatorischen Mediatoren Tumor Necrosis Factor α (TNFα)
und Interleukin-6 (IL-6) im Fettgewebe
von Adipositaspatienten und entsprechenden Tiermodellen erhöht exprimiert werden, was mit höheren Plasmakonzentrationen korrelierte (9, 14). Ob lokale Leukozyten, Makrophagen oder Adipozyten hauptsächlich für die Synthese dieser Zytokine
verantwortlich sind, wurde noch nicht abschließend geklärt.
Bestimmte Krebsarten sind durch chronisch-inflammatorische Vorerkrankungen
bedingt, während bei mehreren anderen ein
lokales pro-inflammatorisches Milieu die
Tumorprogression fördert (7). In diesem
Sinne erscheint der inflammatorische Zustand bei Adipositas als plausibler krebsfördernder Mechanismus. Tatsächlich wurde
durch genetische Manipulation der TNFα−
und IL-6-Signalwege bei Mäusen gezeigt,
dass die Adipositas-assoziierte Entstehung
und Progression von hepatozellulären Karzinomen von diesen Zytokinen abhängig ist
(18). Die Wirkweise von inflammatorischen
Mediatoren basiert auf der Steuerung diverser krebsfördernder Prozesse, z.B. Zellproliferation und Überleben, Invasion und Metastasierung und Tumor-Angiogenese. Ob
entzündungshemmende Behandlungen gegen Adipositas-Folgeerkrankungen präventiv wirken können, ist daher Gegenstand aktueller Forschung.
Adipokine und ektopischer
Lipidüberschuss möglicher
pro-tumorigener Faktoren
Leptin und Adiponektin werden im Fettgewebe synthetisiert und gelten als wichti-
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211
212
S. Herzig; A. Vegiopoulos: Adipositas, Diabetes und Krebs
höheres Risiko für bestimmte Krebserkrankungen aufweisen und entsprechend eingestuft werden sollten.
Basierend auf epidemiologischen Befunden und in vivo-Tiermodellen scheint
sich folgendes biologisches Prinzip zu etablieren:
Während eine positive Energiebilanz Adipositas, die Krebsentstehung und Krebsprogression begünstigt, wirkt eine negative
Energiebilanz, wie z.B. bei kalorischer Restriktion, protektiv.
Abb. 1 Krebsfördernde molekulare Mechanismen bei Adipositas und Typ-2-Diabetes.
ge Regulatoren der systemischen Stoffwechselhomöostase. Adipositas ist mit erhöhten systemischen Leptin- und reduzierten Adiponektinkonzentrationen assoziiert. Obwohl epidemiologische Studien
veränderte Konzentrationen dieser Adipokine nicht eindeutig als Risikofaktoren definieren konnten, gibt es vermehrt Indizien
aus Mausmodellen und in vitro-Versuchen, die darauf hinweisen, dass Leptin
pro- und Adiponektin anti-karzinogen
wirken können (22).
Die erhöhte systemische Lipidkonzentration und die ektopische Fetteinlagerung sind
charakteristisch für Adipositas. Dieser Lipidüberschuss, insbesondere in der Form freier
Fettsäuren, wird zunehmend als potenziell
krebsfördernder Mechanismus diskutiert.
Ein Beispiel für die Beziehung von ektopischer Fetteinlagerung und Karzinogenese ist
beim hepatozellulären Karzinom gegeben.
Obwohl Adipositas nicht als eindeutiger Risikofaktor für diese Krebsart eingestuft werden
konnte, sind Lebersteatose und non-alcoholic
fatty liver disease (NAFLD) häufige Nebenerscheinungen bei adipösen bzw. diabetischen Patienten. Diese Diagnosen gelten wiederum als Risikofaktoren für die Erkrankung
an hepatozellulärem Karzinom (5, 6, 17).
Geschlechtshormone und
bestimmte Krebsarten
Adipositas ist ein Risikofaktor für postmenopausalen Brustkrebs und das Endometriumkarzinom. In beiden Fällen ist eine
erhöhte Estradiol-Plasmakonzentration
mit einer höheren Inzidenz der Krebserkrankung assoziiert (13, 15). Bei postmenopausalen Frauen besteht eine Korrelation zwischen BMI und Estradiolkonzentration, da Fettgewebe nach Beginn der
Menopause für den Großteil der Estradiolproduktion verantwortlich ist.
Der relative Beitrag vom BMI zur Risikoerhöhung beim postmenopausalen Brustkrebs konnte sogar vollständig durch die
höheren Estradiolwerte erklärt werden.
Die krebsfördernde Wirkung von Estradiol
basiert auf dessen Eigenschaft, die Proliferation und das Überleben von normalen
und neoplastischen Zellen des Brustgewebes und des Endometriums zu stimulieren (3). Zusätzlich scheint ein komplexes
Zusammenspiel zwischen Insulin, der Synthese bzw. Verfügbarkeit von Geschlechtshormonen und der lokalen IGF-1-Konzentration die krebsfördernde Wirkung der
Geschlechtshormone zu verstärken.
Schlussfolgerung
Es besteht kein Zweifel, dass die Vermeidung von Übergewicht und Adipositas das
Risiko für mehrere Krebserkrankungen reduziert. Höchstwahrscheinlich wirkt Gewichtsreduktion bei bestehender Adipositas auch protektiv. Eine weitere wichtige
Schlussfolgerung ist, dass Patienten mit
Typ-2-Diabetes bzw. Insulinresistenz ein
Die damit verbundenen molekularen Mechanismen sind noch weitgehend unbekannt. Das Zusammenspiel der Insulin/
IGF-1-, mTOR- und AMPK-Signalwege
rückt in diesem Kontext aber in den Mittelpunkt aktueller Forschungsarbeiten.
Weitere relevante Mechanismen stehen
im Zusammenhang mit Adipositas-assoziierten pathologischen Erscheinungen, wie
der chronisch-systemischen, subakuten Inflammation, dem veränderten Adipokinprofil und dem ektopischen Lipidüberschuss (씰Abb. 1).
Es ist im Moment unklar, auf welcher
Ebene der Karzinogenese Adipositas-relevante pathogenetische Faktoren wirken,
d.h. Tumorinitiation, Progression bzw. Invasion und Metastasierung. In dieser Richtung sind adäquate Tiermodelle notwendig, um relevante und krebsart-spezifische
Mechanismen aufzuklären.
Die oben genannten Signalwege und
Moleküle können auch unabhängig von
Adipositas in der Krebsentstehung mitwirken und werden entsprechend in präklinischen und klinischen Studien als Ansatzpunkte eingesetzt. Das Ziel aktueller Forschung sollte somit die zukünftige Anpassung und Optimierung von Krebsbehandlungen bei Adipositas sein, basierend auf
dem Verständnis der involvierten Signalwege.
Die umfangreiche Literatur zu diesem Artikel finden Sie online unter
www.adipositas-journal.de
Verantwortlich für Beiträge zur Serie
Diabetes: Prof. Alfred Wirth, Bad Rothenfelde
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Buchbesprechungen
213
Engelhardt, Berger, Mertelsmann (Hrsg.)
Das Blaue Buch
Chemotherapie-Manual – Hämatologie
und Onkologie
Mit CD-ROM
Springer, Berlin, 4. Aufl. 2012, XXIV, 216 S. 3 Abb.
Mit CD-ROM. Brosch
ISBN 978–3–642–20625–2
In der Hämatologie und Onkologie finden jährlich zunehmend neue komplexe Chemotherapieprotokolle bestehend aus klassischen Zytostatika, monoklonalen Antikörpern und Small
molecules in der Praxis Verwendung. Eine Standardisierung von Chemotherapien im Rahmen
von SOPs ist heute in den Organkrebszentren
und Onkologischen Zentren Standard und erfordert einen hohen logistischen Aufwand. Profitieren tun hier insbesondere die Patienten mit
Krebserkrankungen, da durch eine solche Standardisierung inklusive der Anfertigung von individuellen Chemotherapieprotokollen eine
deutliche Reduzierung von Fehlern bei der Applikation von Chemotherapien erreicht werden
kann.
Das Blaue Buch von den Autoren Engelhardt, Berger und Mertelsmann ist eine sehr
wertvolle standardisierte Sammlung von Chemotherapieprotokollen inklusive Supportivtherapien und allgemeinen onkologischen Qualitätsindikatoren. Es kommt somit einem opti-
malen standardisierten Tool für onkologisch tätige Ärzte sehr nahe. In der elektronischen Version sind darüber hinaus wertvolle Algorithmen und Clincal Pathways zu den meisten Tumorentitäten vorhanden. Eine Implementierung über die elektronische Version in einer
Praxis oder in einem Krankenhaus als standardisierte SOP für die Durchführung von Chemotherapien ist problemlos möglich und sicher
von hoher Attraktivität für neu zu zertifizierende oder auch bereits bestehende Organkrebszentren und Onkologische Zentren.
Kleinere Kritikpunkte, die in der nächsten
Auflage berücksichtigt werden können sind
das Fehlen von Erlotinib und Gefitinib beim
EGFR-mutierten NSCLC sowie Bevacizumabhaltige platinhaltige Triplets beim NSCLC, Chemotherapieprotokolle bzw. Radiochemotherapieprotokolle für das Rektum-Karzinom. Die
neuen Targeted-Therapien für das NierenzellKarzinom sind wahrscheinlich aufgrund der
Drucklegung noch nicht inkludiert. Von der Nomenklatur wäre auch eine schärfere Trennung
der Ösophagus-Karzinome in Plattenepithelund Adeno-Karzinome bei den Protokollen
sinnvoll und in Analogie die Verwendung von
Chemotherapieprotokollen bei Magen-Karzinomen auch bei AEG-Tumoren des Ösophagus.
Während das im Blauen Buch vorgestellte
sogenannte Naunheim-Radiochemotherapieprotokoll für Plattenepithel-Karzinome des
Ösophagus sicherlich heute weiterhin einen
Standard darstellt, wäre für die AEG-Tumoren
das sequenzielle Chemotherapie /Radiochemotherapieprotokoll von Stahl et al. eine sinnvolle Ergänzung. Für ältere Patienten mit metastasiertem Magen-Karzinom empfiehlt sich das
von der AIO entwickelte FLO-Protokoll mit aufzunehmen. Das Capiri- bzw. Capiri/Bevacizumab-Protokoll beim CRC entspricht von der
Nomenklatur her dem von der AIO entwickelten dosisreduzierten XELIRI-Protokoll.
Zusammenfassend halte ich das Blaue Buch
für eine extrem wertvolle standardisierte SOP
für alle onkologisch tätigen Ärzte, der modulare Aufbau hilft für die regelmäßig notwendigen
Aktualisierungen. Ich selbst benutze das Blaue
Buch regelmäßig zum Nachschlagen. Insbesondere für Praxen, Onkologische Schwerpunkte,
Onkologische Zentren oder Organkrebszentren, die noch keine strukturierte Chemotherapieprotokollverwaltung im Rahmen von SOPs
implementiert haben, ist die Papier- und insbesondere die elektronische Version des Blauen Buchs von hohem Interesse. Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung und Aktualisierung wird das Blaue Buch meines Erachtens
auch in Zukunft ein sehr wichtiges Qualitätssicherungsinstrument für alle onkologisch tätigen Ärzte darstellen.
Den Autoren kann man zur akribischen und
detaillierten Arbeit gratulieren.
© Schattauer 2012
Prof. Dr. Michael Geißler, Esslingen
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Tumorbiologie
214
Diagnostik, Prognoseabschätzung und Therapieauswahl
Biomarker – vom Labor zur Routine
Auf aussagekräftige Biomarker werden in der Onkologie viele Hoffnungen gesetzt.
Sie sollen zur frühzeitigen Diagnose eingesetzt werden können, zur Verlaufsbeobachtung geeignet sein und vor allem auch bei der Prognoseabschätzung und der Wahl geeigneter Therapeutika helfen. Zahlreiche mögliche Kandidaten sind inzwischen bekannt. Ein Symposium beschäftigte sich auf dem Deutschen Krebskongress mit dem
derzeitigen Stand.
Einer der möglichen zukünftigen Biomarker
sind die so genanten microRNAs (miRNAs), erläuterte Dr. Stephan Hahn, Bochum. Hierbei
handelt es sich um nicht-kodierende RNAs mit
17–22 Nukleotiden, die an der Modulation
praktisch aller zellulären Prozesse beteiligt
sind. Auch bei der Unterdrückung von Onkogenen scheinen sie eine wichtige Rolle zu spielen,
was sie als Biomarker für Krebserkrankungen
interessant macht. Tatsächlich lassen sich bei
Krebspatienten gehäuft Fehl-Expressionen der
miRNAs nachweisen, so Hahn.
Die formellen Voraussetzungen für die Biomarker-Entwicklung erfüllen die miRNAs sehr
gut. Zum einen ist eine hohe Stabilität in Gewebe und verschiedenen Körperflüssigkeiten wie
Blut, Stuhl, Urin etc. nachgewiesen worden.
Zum anderen existieren bereits spezifische,
sensitive und einfache Nachweismethoden
mittels Array Plattformen, mit denen sich mehr
als 800 humane miRNAs nachweisen lassen.
MicroRNA als Biomarker
zur Gewebeklassifikation
Auch erste Daten zur Gewebeklassifikation
mittels miRNAs liegen vor. So konnte gezeigt
werden, dass sich mittels miRNA die sporadische Mikrosatelliten-Instabilität von der bei
HNPCC (hereditary nonpolyposis colorectal
cancer) vorhandenen Form abgrenzen lässt.
Ebenfalls hilfreich könnten miRNAs in Zukunft
bei der Abgrenzung eines Pankreas-Karzinoms
von einer chronischen Pankreatitis sein. Auch
der Östrogen, Progesteron- und HER2/neu-Rezeptorstatus scheint sich durch einen miRNASignatur voraussagen zu lassen.
Als Biomarker im Plasma gibt es erste Daten
zur Abgrenzung eines Leberzell-Karzinom von
gesunden oder Patienten mit Leberzirrhose oder
chronischer Hepatitis. Der Nachweis von miRNA
in Stuhlproben könnte zukünftig als Screeningtest für Kolonkarzinome Anwendung finden.
Und auch als Prognosemarker könnten miRNAs
zur Anwendung kommen, wie erste Daten bei
Magenkarzinom-Patienten gezeigt haben. Für
alle Anwendungen aber gilt, dass sie erst noch
durch gut konzipierte klinische Studien mit großen Fallzahl bewiesen werden müssen.
„Molekularer Fingerprint“
als Zukunftsvision
Ein „molekularer Fingerprint“ mit Abbildung
zahlreicher molekularer Zielstrukturen könnte
zukünftig unabhängig von der Tumorentität
Standard bei allen Krebspatienten werden,
sagte Dr. Joachim Drews, Witten-Herdecke.
Die Ergebnisse könnten dann beispielsweisebei der molekularen Bildgebung mittels Positronenemissionstomographie (PET) oder bei
der Wahl einer maßgeschneiderten selektiv
wirksamen Therapie genutzt werden.
Auch die Studienlandschaft wird sich verändern, meinte Drews. Zunehmend wird es Studien geben, die nicht eine bestimmte Tumorentität, sondern Patienten mit einem bestimmten
genetischen Profil einschließen. Als Beispiel
nannte der Onkologe die onkogene BRAF-Mutation, die sich sowohl bei Melanomen, Schilddrüsenkarzinomen, Ovarialkarzinomen, Kolorektalkarzinomen und anderen soliden Tumoren nachweisen lassen.
Maria Weiß,
NSCLC als Vorbild
Dr. Jan Stöhlmacher-Williams, Dresden erklärte die Rolle der Biomarker am Beispiel
des Therapieansprechens beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC). Gut etabliert ist hier das bessere Ansprechen auf Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) bei Nachweis einer EGFR-Mutation, die sich deutlich häufiger bei Adenokarzinomen als bei Plattenepithelkarzinomen findet. Allerdings gibt es hier
Unterschiede. Bis zu ein Drittel der Therapienaiven Patienten weisen die EGFR-Mutation
T790M auf. Diese Patienten sprechen zwar
initial auch gut auf TKI an, sie werden aber
schneller resistent. Trotzdem ist die Überlebenszeit der T790M-postiven Patienten
länger, was durch eine spätere Metastasierung und ein weniger aggressives Wachstum
bedingt sein könnte.
Grundsätzlich sollte die EGFR-Analyse
heute bei allen Patienten mit NSCLC durchgeführt werden, sagte der Onkologe. Würde
man nur klinische Faktoren für das Ansprechen auf TKI heranziehen wie weibliches Geschlecht und Nicht-Raucherstatus, würde
man einen Großteil der EGFR-Mutation und
damit mögliche Kandidaten für eine TKI-Therapie verpassen. Problematisch ist zur Zeit
noch die hohe Fehlerquote bei der EGFR-Testung, die bis zu 20% beträgt, sagte Stöhlmacher-Williams.
Ein weiterer Marker bei NSCLC sind Varianten des ALK-EML4-Fusionsroteins, die eine kontinuierliche Proliferationsaktivität vermitteln. Hier ist gezeigt worden, dass positive Patienten besonders gut auf Crizotinib
ansprechen. Daher sollten alle Pateinten mit
Adenokarzinom ohne KRAS- und EGFR-Mutation getestet werden. Die Relevanz der
KRAS-Mutation ist noch nicht abschließend
geklärt – gezeigt wurde aber , dass Erlotinib
bei positiven Pateinten keinen Vorteil bringt.
Nach der Zulassung von Cetuximab sollten
alle Patienten mittels eines EGFR-Scores
(EGFR-IHC) getestet werden, da eine hohe
Intensität der EGFR-Expression hier mit einem besseren Ansprechen auf Cetuximab
einherging, berichtete der Onkologe.
Quelle: DKK-Kongress 2012; Session „Biomarker in
der Therapie solider Tumoren II“ am 23. Februar 2012,
Berlin.
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Tumorbiologie
215
Zirkulierende Tumorzellen als Prognosemarker
Erweiterte Basis für die Therapieentscheidung
Disseminierte zirkulierende Tumorzellen sind der Ausgangspunkt für Rezidive und Metastasen. Sie besitzen sowohl beim metastasierten Mammakarzinom als auch beim
primären Brustkrebs prognostische Bedeutung. Deshalb besteht ein großes wissenschaftliches Interesse daran, solche Zellen mit immunzytochemischen und molekularen Methoden zu detektieren und zu charakterisieren.
Goldstandard für die Detektion von zirkulierenden Tumorzellen (CTC) im Blut ist der immunzytochemische Nachweis mit epithelialen Markern wie Cytokeratinen, Muc-1 und EpCAM. Tumorzell-spezifische Marker stehen kaum zur
Verfügung, berichtete Dr. Sabine Riethdorf,
Hamburg.
Für die immunzytochemische Analyse von
Blutproben ist als einziges standardisiertes und
automatisches Verfahren das CellSearch®-System kommerziell erhältlich. Das System, das
mit Anti-EpCAM-Antikörpern und Anti-Zytokeratin-Antikörpern sowie zum Ausschluss von
Leukozyten mit anti-CD45-Antikörpern arbeitet, ist gut validiert, bringt reproduzierbare Ergebnisse und weist eine hohe Sensitivität und
Spezifität in der CTC-Detektion auf. Der Nachweis von 5 oder mehr CTC in 7,5 ml Blut ist
prognostisch relevant für das progressionsfreie
und Gesamtüberleben beim metastasierten
Mammakarzinom – nicht nur vor der Therapie
sondern zu jedem Zeitpunkt im weiteren Verlauf (2).
Evaluationsstudie läuft
Um die CTC auch in der Therapie des metastasierten Mammakarzinoms „leitlinienfähig“ zu
machen, wird derzeit die Studie SWOG SO500
durchgeführt. Sie prüft, ob Patientinnen, die
drei Wochen nach Beginn einer Firstline-Chemotherapie eine erhöhte CTC-Zahl im Blut aufweisen, Überlebensvorteile haben, wenn man
sie auf eine andere Chemotherapie umstellt
anstatt auf die Progression zu warten.
Beim nicht-metastasierten Mammakarzinom gibt es zur Bedeutung der CTC erheblich
weniger Daten. In der SUCCESS-Studie fand
man CTC vor Beginn der systemischen Therapie
bei 21,5% von 2026 nodal positiven Patientinnen sowie nodal negativen Hochrisikopatientinnen (3). Der Nachweis von CTC korrelierte
mit dem Lymphknoten-Status und erwies sich
auch in der multivariaten Analyse als signifikanter Prädiktor für ein geringeres krankheitsfreies und Gesamtüberleben.
Insgesamt sind beim metastasierten Mammakarzinom nur in 50% der Fälle CTC nach-
weisbar, beim primären nur in 10–20% (4).
„Wir glauben, dass es viel mehr zirkulierende
Tumorzellen gibt, als wir gegenwärtig detektieren können“, so Riethdorf. Mit epithelialen
Markern findet man wahrscheinlich gerade besonders aggressive CTC im Körper nicht. Denn
viele Tumorzellen durchlaufen im Rahmen der
Metastasierung eine epithelial-mesenchymale
Transition und exprimieren danach keine epithelialen Marker mehr.
Deshalb ist eine weitere molekulare und
phänotypische Charakterisierung der CTC notwendig. Als Beispiel berichtete Riethdorf, dass
sich mit dem CellSearch®-System auch der
HER-2-Status der CTC bestimmen lässt. Er
stimmt oft nicht mit dem des Primärtumors
überein. Ob eine Anti-HER-2-Therapie bei Patientinnen mit HER-2-negativem Primärtumor,
aber HER-2-positiven CTC effektiv ist, wird derzeit in einer Studie untersucht.
Dr. Angelika Bischoff, Planegg
Literatur
1. Bednarz-Knoll N et al. Clinical relevance and biology of circulating tumor cells. Breast Cancer Res
2011; 13(6): 228.
2. Hayes DF et al. Circulating tumor cells at each follow-up time point during therapy of metastatic
breast cancer patients predict progression-free and
overall survival. Clin Cancer Res 2006; 12:
4218–4224.
3. Rack B et al. Prognostic relevance of circulating tumor cells in the peripheral blood of primary breast
cancer patients. Cancer Res 2010; 70 (24 Suppl.);
Abstract S6–S5.
4. Wicha MS et al. Circulating tumor cells: Not all detected cells are bad and not all bad cells are detected.
J Clin Oncol 2011; 29(12): 1508–1511.
Quelle: Symposium „Biomarker in der Therapie solider
Tumoren I“ im Rahmen des 30. Deutschen Krebskongresses 2012, 23. Februar 2012, Berlin.
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Tumorbiologie
216
Multiples Myelom
Längeres Überleben
auch für ältere Patienten
Dank der zahlreichen verfügbaren Therapieoptionen lässt sich die Therapie des multiplen Myeloms heute sehr viel besser an die individuellen Patientenbedürfnisse anpassen. Gerade ältere und multimorbide Patienten profitieren davon. Zahlreiche Studien
untersuchen inzwischen, welcher Patient von welcher Therapiesequenz am besten profitiert, meinte Priv.-Doz. Dr. Christof Scheid, Köln.
Trotzdem bleibt es eine Herausforderung, einen
definiten Überlebensvorteil für innovative Firstline-Therapien zu belegen, da mittlerweile
zahlreiche hoch aktive Folgetherapien im Falle
eines Rezidivs oder Rückfalls vorhanden sind.
Mit dem finalen 5-Jahres-Update der VISTAStudie ist es jetzt jedoch gelungen, den langfristigen Benefit des Proteasom-Inhibitors Bortezomib zu belegen. Dr. Hans Salwender,
Hamburg, kommentierte in einem Hintergrundgespräch unter diesem Aspekt die dem finalen
5-Jahres-Update der VISTA-Studie.
In der Phase-III-Studie wurden 682 nicht
vorbehandelte und nicht für eine Transplantation geeignete MM-Patienten (medianes Alter
71 Jahre, davon 30% ≥75 Jahre) mit Melphalan/Prednison (MP) oder MP plus Bortezomib
(Velcade) behandelt. Schon die erste Auswertung nach einem Follow-up von median 16,3
Monaten hatte die Überlegenheit des Tripelregimes für die Endpunkte einschließlich Ansprechen, Zeit bis zum Progress und Überleben
gezeigt. Ein signifikanter Überlebensvorteil
zeigte sich jetzt nach 60,1-monatiger Beobachtungszeit, so Salwender.
Dabei führte das VMP-Regime gegenüber
MP zu einer signifikanten Reduktion des Sterberisikos um fast ein Drittel und einer Überlebensverlängerung um 13,3 Monate: Patienten im Kontrollarm überlebten median 43,1
Monate, mit VMP behandelte Teilnehmer dagegen 56,4 Monate (HR 0,695; p = 0,0004). Subgruppenanalysen zeigten einen Überlebensvorteil für mit VMP behandelte Patienten in al-
len untersuchten Subgruppen. Besonders stark
profitierten Patienten ≥75 Jahre (median 50,7
vs. 32,9 Monate; HR 0,71), ISS-Stadium III (median 42,1 vs. 30,5 Monate; HR 0,67) und Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
(Kreatininclearance <60 ml/min) (median 56,8
vs. 36,7 Monate; HR 0,70).
Der Anteil von Patienten mit einem 5-Jahres-Überleben stieg von 34,4% unter MP auf
46% mit dem VMP-Regime. Auch die Zeit bis
zur Folgetherapie und das therapiefreie Intervall wurden durch Bortezomib signifikant verlängert (27 vs. 19,2 Monate; p<0,0001 bzw.
16,6 vs. 8,3 Monate; p<0,001). Die Überlebenszeit ab Beginn der Zweitlinientherapie unterschied sich zwischen beiden Regimen mit rund
27 Monaten nicht signifikant.
Ein wichtiger Aspekt für die Therapiewahl
ist die Nierenfunktion, unterstrich Salwender.
Etwa jeder 7. MM-Patient eine eingeschränkte
Nierenfunktion bis hin zur terminalen Niereninsuffizienz, in rund 10% ist eine Dialyse erforderlich. Die VISTA-Ergebnisse zeigen hierzu für
immerhin rund 31% der Teilnehmer mit Nierenfunktionsstörungen eine Kreatinin-Clearance
über 50 ml/Min und eine Komplettremission.
Dr. Alexander Kretzschmar, München
Quelle: Satellitensymposium „Zeitgemäße Therapie
des multiplen Myeloms“ im Rahmen des Deutschen
Krebskongresses 2012 am 23. Februar 2012, Berlin.
Veranstalter: Janssen-Cilag Deutschland, Neuss.
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GastroOkologie
217
Metastasiertes kolorektales Karzinom
Was leisten neue zielgerichtete
Therapieoptionen?
Die EGFR-Blockade ist bisher die einzige etablierte zielgerichtete Therapie beim metastasierten kolorektalen Karzinom. Auf dem 20. Münchener Fachpresse-Workshop
„Neues und Wissenswertes aus der Onkologie“ beschäftigten sich die Referenten mit
dem Stellenwert neuer Substanzen.
FOLFIRI einen signifikanten Überlebensvorteil
gezeigt.
Immer mehr Patienten sind auch nach mehreren Linien Chemotherapie noch in gutem Allgemeinzustand und könnten von einer weiteren Therapie profitieren. Bei mehrfach vorbehandelten Patienten hat Regorafenib als erster Multikinaseinhibitor signifikante Wirksamkeit gezeigt. Stintzing erwartet, dass Regorafenib zunächst in der „last line“ verbleiben wird.
Dr. med. Angelika Bischoff, Planegg
Literatur
Im November 2011 wurde mit Panitumumab
ein zweiter EGFR-Antikörper für die Erstlinientherapie von Patienten mit KRAS-WildtypTumoren (ohne EGFR-Mutation) zugelassen.
Wie Priv.-Doz. Dr. Sebastian Stintzing, München, ausführte, basierte die Zulassung von Panitumumab (Vectibix®) auf den Ergebnissen
der Phase-III-Studie PRIME. Patienten, die Panitumumab plus FOLFOX4 erhielten, erzielten eine signifikant höhere Responserate als Patienten, die mit FOLFOX4 alleine behandelt wurden: 57% versus 48% (p = 0,02). Auch das progressionsfreie Überleben war mit 10,0 versus
8,6 Monate signifikant länger (p = 0,01). Beim
Gesamtüberleben zeigte sich ein positiver
Trend.
In der Zweitlinientherapie verlängerte Panitumumab plus FOLFIRI das mediane progressionsfreie Überleben von Oxaliplatin-vorbehandelten Patienten im Vergleich zu FOLFIRI alleine
signifikant von 4,9 auf 6,7 Monate (p = 0,023).
Auch hier wurde ein positiver Trend beim Gesamtüberleben beobachtet. Diese Daten führten zur Zulassung des EGFR-Antikörpers bei
Oxaliplatin-vorbehandelten Patienten in Kombination mit FOLFIRI.
Eine Fortsetzung der Therapie mit Bevacizumab in der second-line nach Progression hat in
einer Phase-III-Studie einen Überlebensvorteil
von 1,4 Monaten gebracht. Auch ein zweiter
Angiogenesehemmer, Aflibercept, hat sich in
der Zweitlinientherapie in Kombination mit
Neue Impulse für die orale 5-FU-Therapie
Mit Teysuno® wird in Deutschland ein neuartiges, oral zu verabreichendes Medikament zur
Behandlung von erwachsenen Patienten mit
fortgeschrittenem Magenkarzinom eingeführt, das seit 2011 in Europa in Kombination
mit Cisplatin zugelassen ist. Das Medikament
enthält das Zytostatikum Tegafur sowie Gimeracil und Oteracil. Tegafur ist ein Prodrug von
5-FU mit guter oraler Bioverfügbarkeit. Gimeracil und Oteracil sollen dazu beitragen, dass
Tegafur bereits bei niedrigerer Dosierung
wirksam ist und eine geringere Toxizität besitzt als Tegafur allein.
Die empfohlene Standarddosis bei Gabe in
Kombination mit Cisplatin ist 25 mg/m2 (angegeben als Tegafurgehalt) zweimal täglich (morgens und abends) über 21 aufeinander folgende Tage gefolgt von einer siebentägigen Pause.
Dieser Zyklus wird alle vier Wochen wiederholt.
Die EU-Zulassung beruht auf den Ergebnissen der FLAGS-Studie (First-Line Advanced
Gastric Cancer Study), der bislang größten internationalen Phase-III-Studie an Patienten mit
fortgeschrittenem Magenkrebs (1). In der Studie war eine Kombinationstherapie mit Teysuno und Cisplatin genauso wirksam wie die
1. Douillard JY et al. Final Results from PRIME: Randomized phase III study of panitumumab (pmab)
with FOLFOX4 for first line metastatic colorectal
cancer (mCRC). ASCO Meeting Abstracts; J Clin
Oncol 2011; 29(Suppl): 3510.
2. Peeters M et al. Randomized phase III study of panitumumab with fluorouracil, leucovorin, and irinitecan (FOLFIRI) compared with FOLFIRI alone as
second-line treatment in patients with metastatic
colorectal cancer. J Clin Oncol 2010; 28: 4706–4713.
3. Arnold D et al. Bevacizumab (BEV) plus chemotherapy (CT) continued beyond first progression in
patients with metastatic colorectal cancer (mCRC)
previously treated with BEV plus CT: Results of a
randomized phase III intergroup study (TML study). ASCO Meeting Abstracts 30: CRA3503.
Quelle: 20. Münchener Fachpresse-Workshop „Neues
und Wissenswertes aus der Onkologie“, unterstützt von
Amgen und Mundipharma am 26. Juli 2012, München.
Kombination 5-Fluorouracil (5-FU)/Cisplatin i.
v., zeigte aber ein deutlich besseres Sicherheitsprofil bei hämatologischen und nicht-hämatologischen Nebenwirkungen. Auffällig
war, dass kein Hand-Fuß-Syndrom Grad 3/4
berichtet wurde.
Das Medikament ist seit 1999 in Japan zugelassen und wurde bei über 870 000 Patienten in Japan und Asien angewendet.
Red
Literatur
1. Ajani JA et al. Multicenter phase III comparison of
cisplatin/S-1 with cisplatin/infusional fluorouracil
in advanced gastric or gastroesophageal adenocarcinoma study: the FLAGS trial. J Clin Oncol
2010; 28: 1547–1553.
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GastroOnkologie
218
Gastrointestinale Tumore
Neues für den Versorgungsalltag
Auf einer Post-ASCO-Veranstaltung der Gesellschaft für gynäkologische Onkologie
(NOGGO) wurden auch dem Gebiet der gastrointestinalen Tumoren vom diesjährigen
ASCO einige Studien vorgestellt, die für die Versorgungsrealität in Deutschland wichtig werden könnten.
Bei den kolorektalen Karzinome sind zwei
Aspekte vom diesjährigen ASCO-Meeting klinisch relevant, sagte Prof. Hanno Riess, Berlin.
Zum einen verdichten sich die Daten, dass auch
ältere Patienten (> 70 Jahre), bzw. solche mit
einer klinisch relevanten Co-Morbidität im Stadium III des Kolonkarzinoms von einer oxaliplatinhaltigen adjuvanten Therapie profitieren.
Zum anderen wurde in mehreren Beiträgen
deutlich, dass die Hemmung der Tumorangiogenese ein wichtiges Therapieprinzip zusätzlich zur zytostatischen Chemotherapie darstellt, welches nicht nur in einer Therapielinie,
sondern auch nach Krankheitsprogress unter
Angiogenese-Hemmstoff-haltiger Vortherapie
die Fortführung der Angiogenesehemmung in
der Folgetherapie rechtfertigt.
Zudem wird deutlich, dass intensitätsreduzierte Erhaltungstherapien mit zielgerichteten
Therapeutika wirksam und sinnvoll sein können. In der Zweitlinien-Therapie des Magenkarzinoms hat sich der in Deutschland entwickelte
und eingeführte Standard der Zweitlinien-Therapie mit dem Zytostatikum Irinotecan als wirksam bestätigt, bei Irinotecan-Unverträglichkeit
kann wöchentliches Paclitaxel mit vergleichbarer Wirksamkeit angewendet werden
(WJOG4007-Studie).
c-MET-Inhibitoren beim
Magenkarzinom
Als neues Therapieprinzip entwickelt sich der
Einsatz von c-MET-Inhibitoren beim Magenkarzinom, insbesondere aber in der klinisch dringend erwarteten Zweitlinientherapie bei Patienten mit hepatozellulären Karzinomen
(HCC).
Dabei zeigt sich, dass eine hohe c-MET-Expression ein prognostisch ungünstiges Zeichen
ist, dass aber andererseits insbesondere diese
Patienten von der Therapie mit einem c-MET-Inhibitor (Tivantinib) stark profitieren (Muro et
al.). Es steht zu erwarten, dass dieses Therapieprinzip rasch Eingang in die klinische Praxis finden wird.
Rainer Bubenzer, Berlin
Quelle: Pressegespräch der Nordostdeutschen Gesellschaft für gynäkologische Onkologie e. V. (NOGGO):
Personalisierte Krebstherapie – Heilung in Sicht?“ am
13. Juni 2012, Berlin.
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Radio-Onkologie
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Partialbrustbestrahlung nach
Mammakarzinom
Intra- und perioperative Bestrahlungsmöglichkeiten unter
besonderer Berücksichtigung des INTRABEAM-Systems
U. Köppen1
1Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Katharinenhospital - Klinikum Stuttgart (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr.
Marc Münter)
Schlüsselwörter
Keywords
Brusterhaltende Therapie, Akzelerierte Teilbrustbestrahlung, Intraoperative Strahlentherapie, Ganzbrustbestrahlung
Breast conserving surgery, accelerated partial
breast irradiation, intraoperative radiotherapy, whole breast irradiation
Zusammenfassung
Summary
Radioonkologischer Standard im Rahmen der
Brusterhaltenden Therapie ist nach wie vor
die postoperative Ganzbrustbestrahlung mit
zusätzlicher Aufsättigung der ehemaligen Tumorregion. Zahlreiche Bestrahlungstechniken
wurden mittlerweile entwickelt, um den
strahlentherapeutischen Boost der ursprünglichen Tumorlokalisation in den operativen
Eingriff zu integrieren oder ihn ihm unmittelbar anzuschließen. Neben dem INTRABEAMSystem werden weitere Modalitäten zur alleinigen Radiatio des Tumorbetts bzw. in Kombination mit Ganzbrustbestrahlung dargestellt.
Standard breast conserving surgery routinely
entails adjuvant whole breast irradiation plus
a boost to the original tumour site. A wide variety of techniques has been developed to integrate the boost into the operation or add it as
a short radiation procedure to the initial therapy. This survey focuses on the INTRABEAM
system and other modalities aimed at sterilizing the tumour cavity with and without additional irradiation of the whole breast.
Korrespondenzadresse
Dr. Dr. med. Ulrich Köppen
Oberarzt der Klinik für
Strahlentherapie und Radioonkologie
Katharinenhospital – Klinikum Stuttgart
Kriegsbergstr. 60, 70174 Stuttgart
Tel.: ++49 7 11 / 27 83 42 01, Fax: -27 83 42 98
Email: [email protected]
Accelerated partial breast irradiation in breast
conserving therapy. Intra- and perioperative brachytherapy with focus on the INTRABEAM system
Onkologische Welt 2012; 3: 219–223
In zahlreichen randomisierten klinischen
Studien konnte wiederholt gezeigt werden,
dass beim frühen Mammakarzinom radikale Mastektomie und Brusterhaltende
Operation vergleichbare Therapieergebnissen zeitigen (z.B. 1, 2). Entscheidenden
Anteil am Erfolg der in bis zu 80% der entsprechenden Fälle heute eingesetzten Brusterhaltenden Therapie hat die perkutane
Nachbestrahlung der betroffenen Mamma.
Diese adjuvante Radiatio ist in der Lage,
mikroskopische Tumorzellnester zu sterili-
kann, in dem der Boost-Anteil bereits intra- bzw. perioperativ appliziert wird oder
aber indem auf die Ganzbrustbestrahlung
zugunsten einer partiellen Radiatio der
operierten Brust – mit Erfassung nämlich
nur der ehemaligen Tumorregion – verzichtet wird. Grundüberlegung ist dabei
die Tatsache, dass die überwiegende Mehrzahl der Mammakarzinom-Rezidive im
Bereich des ursprünglichen Tumorgeschehens oder in dessen unmittelbarer Nachbarschaft zu beobachten ist. Mit der nachfolgenden Übersicht soll auch eine Abgrenzung der sich inhaltlich zum Teil überlappenden Begrifflichkeiten der akzelerierten
Partialbrust- und der Boost-Bestrahlung
versucht werden.
Akzelerierte Partialbrustbetrahlung
sieren und damit die Lokalrezidivrate und
die Mortalität deutlich zu senken. Durch
eine zusätzliche, heute standardmäßig
durchgeführte Aufsättigung des Tumorbetts (sog. Boost-Bestrahlung) lässt sich in
allen Alters- und Risikogruppen die Lokalrezidivrate weiter reduzieren, wobei dieser
Effekt bei jüngeren Patientinnen mit höherem Lokalrezidivrisiko nachweislich ausgeprägter ist (3, 4). Seit Jahren wird intensiv
der Frage nachgegangen, ob die mehrwöchige Nachbestrahlung verkürzt werden
Die Teilbrustbestrahlung bzw. akzelerierte
Partialbrustbestrahlung (accelerated partial
breast irradiation, in der Fachliteratur meist
APBI abgekürzt) unterscheidet sich methodisch und hinsichtlich ihrer Dosierung von
der ca. fünfwöchigen sog. Ganzbrustbestrahlung (whole breast irradiation, abgekürzt: WBI), die eine homogene Nachbestrahlung der gesamten Brust einschließlich angrenzender Thoraxwand mit Dosen
von 45–50 Gy in arbeitstäglichen Einzelfraktionen von 1,8–2,0 Gy beinhaltet und
in aller Regel durch eine fünf- bis achttägige Boost-Bestrahlung des Tumorbetts um
weitere 10–16 Gy komplettiert wird. Dabei
kann die APBI als vorgezogener Boost in
Form einer intraoperativen Aufsättigung
des Tumorbetts (intraoperative radiation
therapy, abgekürzt: IORT) vor nachfolgender, heutzutage praktisch ausnahmslos
mittels Linearbeschleuniger (씰Abb. 1)
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219
220
U. Köppen: Partialbrustbestrahlung nach Mammakarzinom
ration in einem separaten und bezüglich
Strahlenschutz entsprechend ausgestatteten Operationssaal voraussetzt. Die intraoperative Elektronen-Bestrahlung dauert
aufgrund der vergleichsweise hohen Dosisrate nur wenige Minuten, während die
IORT mit Röntgenstrahlen einschließlich
Vor- und Nachbereitung die OP-Dauer um
30–50 Minuten verlängert (5). Gleichzeitig
wird allerdings die Gesamtbestrahlungszeit
(bei Anwendung als Boost) um 5–8 Tage
verringert.
APBI mit anderen strahlentherapeutischen Verfahren
Abb. 1
Linearbeschleuniger
der Fa. VARIAN Medical Systems GmbH
(Foto: Fa. VARIAN
Medical Systems
GmbH, Darmstadt)
durchgeführter WBI erfolgen oder aber auf
unterschiedlichste Art und Weise als alleinige Therapiemodalität zum Einsatz kommen. Die IORT als Boost ist zwischenzeitlich fest etabliert, als alleinige Therapiemodalität, bleibt sie, von Ausnahmen abgesehen, zunächst dem Einsatz in Studien
vorbehalten.
APBI als IORT im Sinne
eines vorgezogenen Boosts
des Tumorbetts
Nach operativer Entfernung des Primärtumors mit histopathologischer Sicherung
einer R0-Situation stehen im wesentlichen
zwei unterschiedliche strahlentherapeutische Modalitäten zur Verfügung: Radiatio
des Tumorbetts mit niederenergetischen
Röntgenstrahlen (INTRABEAM-System,
Carl Zeiss Meditec AG, Oberkochen,
씰Abb. 2) oder aber mit schnellen Elektronen eines Linearbeschleunigers (z.B. Mobetron, IntraOp Medical Corp., Sunnyvale/
USA). Beim brachytherapeutischen Vorgehen mit dem INTRABEAM-System kommen sphärische Applikatoren bis max. 5 cm
Durchmesser zum Einsatz, während bei der
Teletherapie mit schnellen Elektronen aufgrund der nach vorwärts gerichteten Strahlung ein nahezu zylindrisches Volumen bestrahlt wird. Der Einsatz der 50 KV-Röntgenquelle des INTRABEAM-Systems
macht im Operationssaal vergleichbar mit
dem Einsatz eines Durchleuchtungsgeräts
keinen speziellen Strahlenschutz erforderlich, während die Anwendung schneller
Elektronen aus Strahlenschutzgründen eine Abschirmung z.B. mit mobilen Bleiplatten oder aber die Durchführung der Ope-
Neben den beiden zuvor genannten Verfahren stehen noch eine ganze Reihe weiterer
Methoden zur Verfügung, mit denen sich
die Gesamtbestrahlungszeit nach Brusterhaltender Operation verkürzen lässt (6).
Von einer Beschleunigung des Bestrahlungsprozesses z.B. durch hypofraktionierte und möglicherweise auch intensitätsmodulierte Techniken (7) abgesehen, sind
hinsichtlich der Häufigkeit ihres Einsatzes
vor allem zwei intra- bzw. peri-/postoperative
Brachytherapie-Formen
im
HDR-Afterloading-Verfahren (NachladeKontakttherapie mit hoher Dosisleistung)
zu nennen. Bei der intrakavitären Ballonkatheter-Brachytherapie (z.B. mit dem
MammoSite-System der Hologic Inc., Bedford/USA oder dem Contura-System der
SenoRx Inc., Aliso Viejo/USA) wird in das
Tumorbett intra- oder postoperativ ein die
ehemalige Wundhöhle ausfüllender Ballon
eingebracht, in dessen Zentrum sich ein
einzel- oder mehrlumiger Katheter befindet. In den bzw. die Katheter wird im Nachladeverfahren die HDR-Iridiumquelle über
einen in aller Regel mehrtägigen Zeitraum
wiederholt eingeführt wird, um eine vorher
festgelegte Gesamtdosis im Zielgebiet einzustrahlen. Dabei scheint sogar eine deutliche Verkürzung der Ballonkatheter-Liegezeit ohne verstärkte Nebenwirkungen, insbesondere auch ohne vermehrte Fibrosebildung und ohne wesentliche Beeinträchtigung des kosmetischen Ergebnisses möglich (8). Wesentlich häufiger noch wird in
Europa jedoch die perioperative/postoperative Brachytherapie mittels interstitieller
Multikatheter-Technik realisiert (씰Abb. 3).
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U. Köppen: Partialbrustbestrahlung nach Mammakarzinom
a
b
c
d
Abb. 2 Schematische Darstellung des INTRABEAM-Einsatzes (Foto: Fa. Carl Zeiss Meditec AG, Oberkochen); a) Mammatumor in
situ, b) Mammatumor reseziert, c) In der Tumorhöhle platzierter INTRABEAM-Applikator, d) Zustand nach Bestrahlung und Wundverschluss
Interstitielle Multikatheter-Brachytherapie
Die Durchführung der interstitiellen Multikatheter-Brachytherapie setzt erhebliche
strahlentherapeutische Expertise voraus,
trägt doch der interventionelle Radioonkologe die Verantwortung für die Planung der
Implantation und für die Festlegung des
sogenannten Planungszielvolumens (9).
Amerikanische und europäische Expertengruppen (ASTRO bzw. GEC-ESTRO) haben umfangreiche Empfehlungen zu Selektionskriterien für den alleinigen Einsatz der
interstitiellen Multikatheter Brachytherapie erarbeitet (10, 11), auch wenn die eben
aktualisierte interdisziplinäre S3-Leitlinie
die APBI im Sinne einer alleinigen intraoder postoperativen Bestrahlungsbehandlung unter Verzicht auf eine anschließende
Homogenbestrahlung der gesamten Brust
bisher als experimentelles Vorgehen gewertet hat (4, Text 2008). Der europäische bzw.
US-amerikanische
Expertenkonsensus
hinsichtlich geeigneter Patientinnen für eine alleinige APBI ist in 씰Tab. 1 aufgelistet.
Bei der alleinigen interstitiellen Brachytherapie werden im HDR-Verfahren 32–34
Gy in 8–10 Fraktionen a 3,4 bis 4 Gy zweimal täglich eingestrahlt, als Boost vor
Ganzbrustbestrahlung reduziert sich die
Dosis auf 8–10 Gy in 1–2 Fraktionen. Die
zitierten ASTRO- und GEC-ESTRO-Empfehlungen lassen sich durchaus auf laufende, größer angelegte Studien zur alleinigen
IORT anwenden (12), weshalb im Nachfolgenden auf die beiden in diesem Zusammenhang am häufigsten zitierten Protokolle eingegangen werden soll.
Die ELIOT-Studie
Veronesi et al. berichteten 2010 (13) über
1822 Patientinnen, die mittels mit 5–10
MeV Elektronen eines mobilen Linearbeschleunigers intraoperativ eine einzeitige
Bestrahlung des Tumorbetts mit einer Dosis von 21 Gy erhalten hatten. Aufgenommen in die Studie wurden vor allem Brustkrebspatientinnen mit relativ günstigem
prognostischen Profil bezogen auf Grading, Tumorgröße und fehlendem Lymphknotenbefall. Bei einem damals mittleren
Follow-up von 36 Monaten war eine Lokalrezidivrate von 3,6% beobachtet worden.
Unerwünschte Nebenwirkungen im Sinne
ausgeprägter Fibrosen waren nur bei zwei
Studienteilnehmerinnen beobachtet worden, gering bis mäßig ausgeprägte bindegewebige Verhärtungen (“mild fibrosis“) im
Bereich des intraoperativ bestrahlten Brus-
Tab. 1
Empfehlungen der
ASTRO bzw. GECESTRO für den Einsatz der alleinigen
APBI (“good candidates“, Abkürzungen: v.a. vor allem,
DCIS duktales in situKarzinom, EIC extensive intraduktale Tumorkomponente,
LCIS lobuläres in situ-Karzinom)
Abb. 3 Interstitielle Multikathether-Brachytherapie (Foto: Fa. VARIAN Medical Systems GmbH,
Darmstadt)
Kriterien/Parameter
ASTRO
GEC-ESTRO
Alter
≥60 Jahre
>50 Jahre
Histologie
v.a. invasiv-ductales Ca
dito
Tumorgröße
≤20 mm
≤30 mm
tumorfreier Präparatesaum
mind. 2 mm
dito
Grading
jegliches
dito
DCIS vorhanden
nicht zulässig
dito
EIC vorhanden
nicht zulässig
dito
LCIS vorhanden
zulässig
dito
Multizentrizität
nicht zulässig
dito
Multifokalität
nicht zulässig
dito
Rezeptorstatus
ER positiv
jeglicher
Nodalstatus
pN0
dito
Neoadjuvante Chemotherapie
nicht zulässig
dito
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221
222
U. Köppen: Partialbrustbestrahlung nach Mammakarzinom
tareale immerhin bei 32%. Bei einer Niedrigrisiko-Kohorte von 226 Patientinnen
war nach einem mittleren Follow-up von
knapp 4 Jahren sogar nur ein Lokalrezidiv
diagnostiziert worden (14). Die insgesamt
relativ kurze Nachbeobachtungszeit lässt
jedoch noch nicht die Annahme einer
Gleichwertigkeit gegenüber der konventionellen Ganzbrustbestrahlung zu (15). Weitere die gesamte Studienpopulation umfassende Ereignisse stehen derzeit aus.
dem Lebensalter der Patientin die Lokalrezidivrate abnimmt, soll im Rahmen einer
zwischenzeitlich angelaufenen Studie mit
hochselektioniertem Patientenkollektiv die
Wirkung der alleinigen IORT weiter überprüft werden. Dieses TARGIT E(lderly)Protokoll sieht die Aufnahme von maximal
265 Patientinnen über einen Rekrutierungszeitraum von fünf Jahren vor (18).
Die TARGIT E-Studie
Die TARGIT A-Studie
Erhebliches Interesse an der APBI wurde
vor allem durch ebenfalls 2010 hochrangig
publizierte Ergebnisse der sogenannten
TARGIT A-Studie geweckt (16). In der zwischenzeitlich geschlossenen Studie wurden
1113 Patientinnen in einen Arm mit IORT
randomisiert, 1119 in einen Arm mit Ganzbrustbestrahlung. Die IORT erfolgte mit
dem INTRABEAM-System (Fa. Carl Zeiss
Meditec AG, Oberkochen) unter Anwendung von niederenergetischer (50 kV)
Röntgenstrahlung bei einmaliger Applikation von 20 Gy im Tumorbett. Bei 15% der
IORT-Patientinnen kam wegen ungünstiger histomorphologischer Kriterien (z.B.
invasiv-lobulärem Karzinom oder extensiver intraduktaler Komponente – EIC) die
zusätzliche Ganzbrustbestrahlung zur Anwendung. Bei mit der ELIOT-Studie vergleichbaren, ausgezeichneten kosmetischen Ergebnissen wurden in der TARGIT
A-Studie eine Lokalrezidivrate nach vier
Jahren von nur 1,2% beobachtet, nach
Ganzbrustbestrahlung 0,95%. Vermehrte
radiogene Toxizität bzw. unerwünschte
strahlentherapeutische Späteffekte wurden
bei 3,3% der TARGIT-Patientinnen und
bei 3,9% der mittels Ganzbrustbestrahlung
behandelten Patientinnen registriert. Als
eine mögliche Ursache der im Vergleich mit
der ELIOT-Studie geringeren Lokalrezidivrate wurde im Sinne einer differenten Patientenselektion die bei TARGIT A kleinere
Anzahl eingeschlossener G3-Tumoren und
geringe Zahl eventuell befallener axillärer
Lymphknoten diskutiert (17). Die Aktualisierung der TARGIT A-Studienergebnisse
wird im Herbst d.J. mit Spannung erwartet.
Da bei kleinen Tumoren mit zunehmen-
Vorgesehen ist die alleinige IORT mit dem
INTRABEAM-System bei Frauen ≥70 Jahren mit sehr günstigem Ausgangsstadium
(cT1 cN0 M0) und invasiv-duktalem
Mammakarzinom, welches sich mammographisch, sonographisch oder stanzbioptisch mit einem Durchmesser ≤2 cm präsentiert. Risikofaktoren wie Multifokalität/
Multizentrizität oder EIC bzw. Lympangiosis im Stanzbiopsat stellen Ausschlusskriterien dar. Nach brusterhaltender Operation
mit Sentinel-Lymphonodektomie und
IORT erfolgt dann keine Nachbestrahlung
der Ganzbrust. Sollte die endgültige pathologische Befundung der Operationspräparats allerdings eine andere Morphologie,
einen größeren Tumordurchmesser oder
genannte Risikofaktoren zeigen, ist eine
postoperative Nachbestrahlung der betroffenen Brust vorzusehen. Endpunkte der
TARGIT E-Studie sind Lokalrezidivrate,
ipsilaterales
Mammakarzinomrezidiv,
Mammakarzinom-spezifisches Überleben,
Gesamtüberleben, Auftreten kontralateraler Mammakarzinome sowie kosmetische
Ergebnisse und Lebensqualität.
Kritik an ELIOT- und TARGIT-Studienergebnissen
Die Zwischenergebnisse der zitierten
IORT-Studien haben in der Fachpresse zu
einem teilweise heftig geführten Schlagabtausch von Befürwortern und Kritikern
der Methoden geführt, wobei vor allem auf
die unterschiedliche Radiobiologie der Verfahren, die insgesamt (noch) kurze Nachbeobachtungszeit und die sich bisher vornehmlich auf Akuttoxizität konzentrierenden Berichte zum Nebenwirkungsprofil bei
naturgemäß fehlender Angabe zu möglichen Spätkomplikationen abgehoben wird
(17, 19, 20, 21, 22). Eine vorläufig abschließende Beurteilung ist sicher erst in zehn
Jahren oder noch später zu erwarten, also
nach einem Zeitraum, in dem die Wahrscheinlichkeit des Auftretens später Lokalrezidive, anderer Inbrustrezidive oder von
Komplikationen durchaus nennenswert ist
und für den weiteren Einsatz solch innovativer Behandlungsmethoden ausschlaggebend sein kann.
Interessenkonflikt
Der Verfasser hat Vortrags- und Autorenhonorare der Fa. Carl Zeiss Meditec AG,
Oberkochen erhalten.
Fazit für die Praxis
Mit enormem Interesse verfolgen in den vergangenen Monaten und Jahren Gynäkologen, Strahlentherapeuten und andere senologisch interessierte Fachgruppen die Partialbrustbestrahlung in unterschiedlichster
Technik bei oder nach brusterhaltend operiertem Mammakarzinom, dies bei einem
entsprechend selektionierten Patientengut
und gleichzeitigem Verzicht auf eine adjuvante Nachbestrahlung der Restbrust (23,
24, 25, 26). Längere Nachbeobachtungszeiten sind erforderlich, um zu demonstrieren,
ob die vielversprechenden Ergebnisse laufender Studien zur alleinigen APBI sich mit
den ausgezeichneten Resultaten nach postoperativer Ganzbrustbestrahlung messen
können, oder aber sich eine Überlegenheit
anderer Therapieansätze (z.B. Hypofraktionierung [27]) herauskristallisiert. Einstweilen jedoch stellt „die Teilbrustbestrahlung
als alleinige intra- oder postoperative Bestrahlungsbehandlung keinen Therapiestandard dar“, so die aktuelle S3-Leitlinie (4). Sie
ist jedoch jetzt schon eine Option bei Patientinnen, bei denen eine Homogenbestrahlung
der gesamten Brust aus unterschiedlichsten
Gründen (z.B. bei radiogener Vorbelastung
oder bei entsprechender Komorbidität) nicht
möglich ist (28, 29), wobei in jüngster Zeit
auch die interstitielle Multikatheter-Brachytherapie an Bedeutung zu gewinnen scheint
(30, 31).
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U. Köppen: Partialbrustbestrahlung nach Mammakarzinom
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223
DEGRO
Kongress
224
18. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für
Radioonkologie
Adjuvante Radiotherapie beim
Mammakarzinom – ein Update
Neue Ergebnisse zur periklavikulären Bestrahlung, zur intraoparativen Radiotherapie
im Vergleich zur externen Ganzbrust-Bestrahlung bzw. einer Kombination aus beidem
in der adjuvanten Brustkrebsbehandlung sowie Daten zu der äußerst seltenen Entität
des Mammakarzinoms bei Männern gehörten zu den interessanten Themen, die auf
dem diesjährigen Radioonkologen-Kongress in Wiesbaden zur Sprache kamen.
Bei Mammakarzinom-Patientinnen mit mehr als
vier positiven Lymphknoten ist die periklavikulare Bestrahlung im Rahmen der adjuvanten Therapie etabliert. An der Medizinischen Hochschule Hannover wurde geprüft, ob diese Therapie
auch etwas bringt, wenn weniger Lymphknoten
befallen sind. Eingeschlossen wurden 235 Patientinnen mit T1– oder T2-Tumoren und ein bis
drei positiven Lymphknoten, die nach brusterhaltender Therapie radiotherapiert wurden. Bei
etwa 30% der Lymphknotenmetastasen lag ein
Kapseldurchbruch vor. Neben der Ganzbrustbestrahlung erhielten 67 Patientinnen eine Radiotherapie des ipsilateralen periklavikulären
Lymphabflussgebiets, die übrigen nicht.
Everolimus jetzt auch beim fortgeschrittenen
Mammakarzinom zugelassen
Beim fortgeschrittenen Mammakarzinoms ist
jetzt mit dem mTOR-Inhibitor Everolimus
(Afinitor®) ein neues Wirkprinzip verfügbar.
Zugelassen ist Everolimus bei postmenopausalen Frauen in Kombination mit Exemestan
beim Hormonrezeptor-positiven (HR+),
HER2B/neu-negativen,
fortgeschrittenen
Mammakarzinom ohne symptomatische viszerale Metastasierung nach Rezidiv oder Progression unter einem nicht-steroidalen Aromataseinhibitor.
In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie BOLERO 2
(n = 724) betrug das mediane progressionsfreie Überleben im 18-Monats-Follow-up 11,0
Monate im Vergleich zu 4,1 Monaten unter
Placebo und Exemestan (HR 0,38; 95 % KI:
0,31–0,48; p<0,0001). Die Verlaufskurven der
beiden Therapiearme teilten sich schon nach
etwa nach 6 Wochen, so Dr. Friedrich Overkamp, Recklinghausen, dass die Patientinnen
früh von der mTOR-Inhibition profitieren. Insgesamt wurde in BOLERO 2 für 51,3 % unter
Everolimus/ Exemestan ein klinischer Nutzen
(CR, PR, SD) beobachtet. Unter Placebo und
Exemestan waren es 26,4% (p<0,0001).
Sicherheitsprofil im erwarteten
Rahmen
Mit Everolimus konnte man bereits Therapieerfahrungen in zwei anderen onkologischen
Indikationen – neuroendokrine Tumore pankreatischen Ursprungs und fortgeschrittenes
Nierenzellkarzinom – sammeln. Das erleichtert die Einschätzung des Sicherheitsprofils
bei Patientinnen mit einem Mammakarzinom,
so Prof. Nadia Harbeck, München. Hier
tauchten in der Zulassungsstudie BOLERO 2
keine neuen Signale auf.
Häufigste Nebenwirkungen aller Grade
waren Stomatitis (59%), Hautausschlag
(39%), Fatigue (37%) sowie Diarrhö (34%),
Übelkeit und Appetitverlust (je 31%).
Dr. Alexander Kretzschmar, München
Quelle: Pressekonferenz „Zulassung des mTOR-Inhibitors Affinitor®: Durchbruch in der Therapie des fortgeschrittenen Mammakarzinoms“ am 6. September
2012, Köln. Veranstalter: Novartis Oncology, Nürnberg.
Acht Jahre lokoregional rezidivfrei überlebten insgesamt 72% der zusätzlich periklavikulär bestrahlten Frauen versus 89% der Kontrollgruppe. Das Gesamtüberleben betrug 86% versus 70%. Fazit: Die periklavikuläre Bestrahlung
brachte keinen signifikanten zusätzlichen Gewinn bei ein bis drei positiven Lymphknoten,
verursachte aber auch keine erhöhte Rate an
späten radiogenen Nebenwirkungen.
Die ersten Ergebnisse der randomisierten
Phase-III-Studie TARGIT A hatten in einem Kollektiv von 2 232 Brustkrebspatientinnen mit relativ günstiger Prognose gezeigt, dass die intraoperative Radiotherapie (IORT) nach brusterhaltender Chirurgie ebenso effektiv ist wie
die Ganzbrustbestrahlung (WBRT). In Wiesbaden wurden nun Daten zur Langzeittoxizität
vorgestellt. Sie basieren auf der Auswertung
von 109 Patientinnen. Davon erhielten 34 im
Arm A eine IORT (20 Gy) und 20 eine IORT plus
WBRT (46–50 Gy). Die 55 Patientinnen im Arm
B wurden mit WBRT (56 Gy) behandelt. Auch eine nicht-randomisierte Kontrollgruppe von 196
Frauen, die nach einem IORT-Boost eine WBRT
erhielten, wurde analysiert.
Die kumulative Fibrose-Rate nach 3 Jahren
betrug im Arm A 5,9% für die IORT 37,5% für
IORT plus WBRT und im Arm B 18,4%. In der
nicht randomisierten Kontrollgruppe entwickelten 38,2% der Patientinnen eine Fibrose.
Patientinnen, die IORT plus WBRT bzw. nur eine
WBRT (Arm B) erhalten hatten, entwickelten zu
17,5% bzw. 17,7% eine chronische Hauttoxizität, was nach ausschließlicher IORT überhaupt
nicht zu beobachten war. In Arm A (nur IORT)
traten im Vergleich zu Arm B signifikant weniger Teleangiektasien (p = 0,049) auf.
Von allen höhergradigen Toxizitäten zusammen (Fibrose, Teleangiektasien, Ödeme, Retraktion, Ulzeration, Lymphödeme, Hyperpigmentation, Schmerzen) waren im Arm A (nur IORT)
versus Arm B um 54% weniger Patientinnen
betroffen (p = 0,010). Im medianen Follow-up
von 40–42 Monaten kam es in keiner Gruppe
zu Rezidiven. Fazit: Die IORT alleine sowie bei
Patientinnen mit Risikofaktoren die IORT plus
WBRT hat sich als wenig toxisch erwiesen bei
exzellenter lokaler Kontrolle.
Angelika Bischoff, Planegg
Quelle: 18. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft
für Radioonkologie von 7. bis 10. Juni 2012, Wiesbaden.
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ASCO
NOGGO
225
Pressegespräch der Gesellschaft für gynäkologische
Onkologie (NOGGO)
Wegweiser durch den Datendschungel
Beim diesjährigen Treffen der amerikanischen Krebsgesellschaft (ASCO) in Chicago
wurden etwa 4 700 Vorträge gehalten bzw. Poster gezeigt. Diese gigantische Informationsfülle großer Kongresse erschwert zunehmend, genau wie die alleine bei Medline
erfassten über 300 000 neuen Publikationen pro Jahr aus der Krebsmedizin, die Übersicht über versorgungsrelevante Forschungs-Erkenntnisse. Post-ASCO-Veranstaltungen
wie der Gesellschaft für gynäkologische Onkologie (NOGGO) erfreuen sichdeshalb immer größerer Beliebtheit.
Prof. Jalid Sehouli, Berlin, berichtete unter anderem über eine große retrospektive deutsche
Studie mit neuen Erkenntnissen zu BorderlineTumoren des Ovars. BOD-Patientinnen haben –
so konnte dabei erstmals gezeigt werden – eine deutlich bessere Prognose, wenn sie leitliniengerecht operiert werden.
Andere Studien zeigten, dass Patientinnenmit einem Endometriumkarzinom mit nied-
rigem Risiko keine Strahlentherapie und keine
Lymphadenektomie erhalten sollten und auf
das Zweitmalignomrisko nach Strahlentherapie geachtet werden muss.
Die Ergebnisse der mit Spannung erwarteten Studien zum Einsatz des Angiogenesehemmers Bevacizumab beim platinresistenten Ovarialkarzinom wurden in Chicago erstmals vorgestellt. Die große Phase-III-Studie AURELIA
konnte dabei zeigen, dass das progressionsfreie Überleben von Patientinnen mit platinresistentem Rezidiv durch die Hinzunahme von
Bevacizumab zu den etablierten Mono-Chemotherapien Topotecan, Caelyx oder Paclitaxel um
rund 50% erstmalig verlängert werden konnte.
In der erstmals vorgestellten NOGGO-GCIG
Intergroup Phase-III-Studie HeCTOR zum Einsatz
der Kombination Topotecan/Carboplatin im Vergleich zu etablierten Standardtherapien konnte
keine weitere Verbesserung der bereits sehr effektiven Chemotherapiekombinationen erreicht
werden. Erstmals wurde auch die Patientinnenpräferenz sowie die Präferenz des behandelnden
Arztes untersucht, hier zeigte sich die Kombination Carboplatin/Gemcitabin als klarer Favorit.
Rainer Bubenzer, Berlin
Quelle: Pressegespräch der Nordostdeutschen Gesellschaft für gynäkologische Onkologie e. V. (NOGGO):
Personalisierte Krebstherapie – Heilung in Sicht? am
13. Juni 2012, Berlin.
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226
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Komplementäre Onkologie
Identifikation spezifischer Kinderwunschmotive von jungen Krebspatienten aus Sicht der Betroffenen
und Professionellen
K. Geue1; R. Schmidt1; D. Richter1; J. Dorst2; E. Brähler1; M.E. Beutel3; Y. Stöbel-Richter1
1Universität Leipzig, Department für psychische Gesundheit,
Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie;
2Abt. Hämatologie/Onkologie/Hämostaseologie, Universitätsklinikum Leipzig AöR ;
3Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz,
Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Schlüsselwörter
Keywords
Familienplanung, Onkologie, Kinderwunschmotive
Family planning, oncology, motives to have a
child
Zusammenfassung
Summary
Für junge Menschen, die an Krebs erkranken,
ist die Familienplanung oftmals noch nicht abgeschlossen. Die Entscheidung für oder gegen
ein Kind wird individuell von verschiedenen
Motiven bestimmt. Diese können sich durch
die Krebserkrankung verändern bzw. neu entstehen. Zu spezifischen Kinderwunschmotiven wurden Krebspatienten (N=15) und Experten (N=9) befragt. 80% der Patienten hatten zum Diagnosezeitpunkt einen Kinderwunsch. Positive Motive nannten die Patienten selten. Die Gesundungsmotivation, eigene Hinterlassenschaft, Verbesserung der Partnerschaft und der gestiegene Familienwert
sprachen aus Expertensicht für ein Kind. Negative gesundheitliche Folgen für das Kind,
gesundheitliche Risiken für die Patienten wurden u.a. als negative Motive angeführt. Trotz
eines starken vorhandenen Kinderwunschs
überwiegen bei den Patienten Ängste. Kinderwunschmotive sollten daher in die psychosoziale Betreuung junger Krebspatienten einbezogen werden.
Young adults affected by cancer often have
not yet completed family planning at diagnosis. The decision for or against a child is determined individually by various motives. A
cancer diagnosis may cause a modification or
emergence of new motives for having a child.
Cancer patients (N=15) and experts (N=9)
were surveyed. 80% of patients had a wish for
children at diagnosis. Motives associated with
the realization of the childbearing wish were
only rarely mentioned by patients. Experts
specified recovery motivation and future prospects, symbolic immortality, the improvement
of the couple relationship and an increased
importance of family life as motives pro child.
As anxiety-provoking motives patients
quoted negative health outcomes for the child
and health risks for the patients amongst
other aspects. In spite of a strong wish for
children, patients express predominantly fear.
The psycho-social treatment of young cancer
patients should therefore comprise motives
for having a child.
Korrespondenzadresse:
Dr. rer. med. Kristina Geue
Universität Leipzig
Abteilung Medizinische Psychologie und Medizinische
Soziologie
Philipp-Rosenthal-Str. 55 in 04103 Leipzig
E-Mail: [email protected]
Tel.: 03 41/ 9 71 54 38 Fax: 03 41 / 9 71 88 09
Identification of motives for having a child of
cancer patients: a qualitative survey of patients
and health professionals
Onkologische Welt 2012; 3: 226–230
Einführung
5% der jährlichen Krebsneuerkrankungen
betreffen Menschen im jungen Erwachsenenalter (1). Dank der verbesserten Früherkennung und der Optimierung der medizinischen Behandlungen in den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Heilungschancen der Betroffenen deutlich verbessert. Der Kinderwunsch junger onkologischer Patienten gewinnt damit zunehmend an Bedeutung. So wollten in einer
Studie mehr als 70% aller jungen kinderlosen Krebspatienten eigene Kinder haben
(2). Während in der akuten Krankheitsphase der Kinderwunsch weit in den Hintergrund rückt, gewinnt nach Abschluss
der medizinischen Behandlungen und einem Heilungserfolg die Familienplanung
wieder an Relevanz. Die Betroffenen stellen
sich Fragen wie: Kann ich ein eigenes Kind
bekommen? Welche Risiken gibt es für
mich und das Kind? Ab wann darf der Kinderwunsch realisiert werden?
Bisherige Studien zur Thematik Kinderwunsch und Krebs beschäftigen sich überwiegend mit den medizinischen Aspekten
z. B. dem Einfluss der Behandlung auf die
Fruchtbarkeit (3, 4), der Häufigkeit der Elternschaft nach einer Krebserkrankung
(5–7), Schwangerschaftskomplikationen
(8, 9) oder den reproduktionsmedizinischen Möglichkeiten des Fertilitätserhalts (10–12). Andere Forschungsarbeiten widmen sich der Untersuchung psychosozialer Aspekte wie z. B. Einstellungen
zum Fertilitätserhalt (2) oder Thematisierung des Kinderwunschs in der Arzt-Patienten-Beziehung (13–15).
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K. Geue et al.: Kinderwunschmotive von jungen Krebspatienten
Einen weiteren psychosozialen Aspekt
bilden die Kinderwunschmotive junger onkologischer Patienten. Der Kinderwunsch
bzw. die Entscheidung für oder gegen ein
Kind wird bei jedem Menschen stark von
emotionalen Motiven determiniert (16).
Bislang wurden Kinderwunschmotive von
Krebspatienten nur in wenigen Studien untersucht. Schover (17) fand in ihrer Studie
zur Motivation einer Elternschaft nach
Krebs, dass die große Mehrheit der Patienten
sich gesund genug fühlt, ein eigenes Kind zu
bekommen und glaubt, die Krankheitserfahrungen befähige sie persönlich zu einer
besseren Elternschaft. Jedoch hat ein Drittel
der Patienten Angst davor, dass ihre Nachkommen gesundheitliche Probleme haben
werden bzw. im Erwachsenenalter selbst einmal an Krebs erkranken. Siegel et al. (18) befragten 50 Brustkrebspatientinnen hinsichtlich des Für und Wider von eigenen Kindern. Die Patientinnen gaben als negative
Motive Rezidivangst, Sorge um die Gesundheit des Kindes und Überlastung durch die
Erziehung und Versorgung des Kindes an.
Als positive Kinderwunschmotive wurden
das Gefühl der Normalität, Glück für den
Partner und eine höhere Lebensqualität genannt. In der Untersuchung von Braun et al.
(19) sollten Brustkrebspatientinnen und deren Ehepartner die wichtigsten Beweggründe für und gegen ein eigenes Kind anführen.
Sowohl die Patientinnen als auch die Ehemänner verbanden mit einem eigenen Kind
Unsterblichkeit und Glück. Als negative Motive wurden die Gesundheit der Mutter und
des Kindes genannt. Die bislang einzige
deutsche Studie zu dieser Thematik wurde
an der Berliner Charitè durchgeführt. In ihr
wurden junge Erwachsene befragt, die in ihrer Kindheit an Krebs erkrankt waren (20).
Drei Viertel der Befragten wünschten sich
Kinder. Gründe, die gegen ein Kind sprachen, waren u. a.: noch zu früh für ein Kind
(67%); Angst, dass das Kind auch an Krebs
erkrankt (9%) und Angst vor einem erneutem Krankheitsausbruch (6%). Anhand der
bisherigen Forschungsbefunde wird deutlich, dass onkologische Patienten, bedingt
durch die Krebserkrankung, spezifische
Kinderwunschmotive aufweisen.
Ziel dieser Arbeit ist es, das Für und Wider des Kinderwunsches onkologischer Patienten in Deutschland, die im jungen Erwachsenenalter erkrankt sind, darzustel-
Tab. 1
Soziodemographie
und medizinische Daten der befragten Patienten
Patienten
(N = 15)
Soziodemographie
Alter
Geschlecht
Familienstand
18-25 Jahre
2 (13%)
26-34 Jahre
8 (43%)
35-Jahre
5 (33%)
weiblich
7 (47%)
männlich
8 (53%)
ledig
7 (47%)
verheiratet
8 (53%)
Partnerschaft
ja
12 (80%)
eigene Kinder
ja
9 (60%)
Erwerbstätigkeit
berufstätig
8 (53%)
arbeitslos
2 (13%)
sonstiges
5 (33%)
Medizinische Charakteristika
Diagnose
Behandlungen
Non-Hodgkin-Lymphom
4 (27%)
Akute Leukämie
3 (20%)
Chronische Leukämie
3 (20%)
Lymphom
2 (13%)
Sonstiges
3 (20%)
Chemotherapie
14 (93%)
Strahlentherapie
7 (47%)
Operation
5 (33%)
Transplantation
(Knochemark und Stammzellen)
8 (53%)
Diagnosezeitpunkt
0-2 Jahre
(Spanne Erstdiagnose
2-4 Jahre
bis zur Befragung)
5 (33%)
2 (13%)
über 4 Jahre
len. Hierbei wird sowohl die Sichtweise der
Betroffenen als auch verschiedener Experten auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin, der Onkologie und der Psychoonkologie erfasst. Die Ergebnisse der beiden Gruppen werden gegenübergestellt
und Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede
herausgearbeitet.
Methode
In einem aktuellen Forschungsprojekt, gefördert durch das Nachwuchswissenschaftlerprogramm der Universität Leipzig, sol-
8 (53%)
len die Kinderwunschmotive onkologischer Patienten ermittelt werden und als
Grundlage für die Entwicklung eines Fragenbogens dienen. In einem ersten Schritt
wurden hierzu Patienten im jungen Erwachsenenalter und Experten verschiedener Fachrichtungen befragt. Die einmalige
Erhebung wurde postalisch im Zeitraum
März – April 2011 durchgeführt.
Befragung/Instrument
Die schriftliche Befragung enthielt vorrangig offene Fragen. Die Patientenbefragung
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K. Geue et al.: Kinderwunschmotive von jungen Krebspatienten
enthielt neben soziodemographischen und
krankheitsbezogenen Merkmalen Fragen
zum Kinderwunsch und zu Kinderwunschmotiven. Beispielhaft seien an dieser Stelle folgende Fragen genannt:
● Welchen Einfluss hat/hatte Ihre Krebserkrankung auf Ihren Kinderwunsch?
● Welche Befürchtungen hatten/haben Sie
bezüglich Ihres Kinderwunsches?
Den Experten wurden zunächst einige Fragen zur Berufsausbildung und der beruflichen Tätigkeit gestellt. Die weiteren Fragen
beschäftigten sich alle mit der Kinderwunschmotivation von Krebspatienten.
Nachfolgend sind Fragen aus der Erhebung
angeführt:
● Welche Befürchtungen treten bei jungen
onkologischen Patienten im Zusammenhang mit dem Kinderwunsch auf?
● Welche Motive haben onkologische Patienten, die für ein Kind sprechen?
● Von welchen Faktoren ist der Kinderwunsch junger Krebspatienten hauptsächlich abhängig?
Abb. 1 Stärke des momentanen Kinderwunsches (N = 13)
Zuordnung der Aussagen zu den Kategorien, wobei zwei unabhängige Rater die
Einordnung vornahmen. Die Anzahl der
Nennungen innerhalb der Kategorien wurde ausgezählt.
Die geschlossenen Fragen wurden deskriptiv mit Hilfe der Statistiksoftware
PASW 18.0 ausgewertet.
Ergebnisse
Patientenbefragung
Auswertung
Für die Auswertung der offenen Fragen
wurden anhand der Antworten induktiv
Kategorien gebildet. Danach erfolgte die
Insgesamt wurden 15 Patienten (7 Frauen,
8 Männer) befragt. Die Patienten meldeten
sich freiwillig auf Pressemitteilungen zum
Forschungsprojekt und willigten in die
Experten (N = 9)
Alter
Geschlecht
berufliche Tätigkeit
MW 39,22 (SD 4,94)
weiblich
6 (67%)
männlich
3 (33%)
Gynäkologe –
Reproduktionsmedizin
4 (44%)
Gynäkologe –
Onkologie
3 (33%)
Psychoonkologen
2 (23%)
Berufserfahrung
MW 12,72 (SD 4,72)
Thematik Kinder- gar nicht
wunsch und Krebs
sehr selten
im beruflichen Allselten
tag
2 (22%)
1 (11%)
manchmal
2 (22%)
oft
1 (11%)
sehr oft
3 (33%)
MW = Mittelwert, SD = Standardabweichung
Tab. 2
Allgemeine und berufliche Angaben der
Experten
Studienteilnahme eine. Zum Zeitpunkt der
Erhebung waren die Patienten zwischen 20
und 50 Jahre alt (Mittelwert 33,84 Jahre,
Standardabweichung 8,93). Die Mehrzahl
der Patienten lebte in einer festen Partnerschaft (12/15, 80%). Eine hämato-onkologische Diagnose erhielten 80% (12/15) der
Befragten (씰Tab. 1).
Für die meisten Patienten (12/15, 80%)
war die Familienplanung zum Zeitpunkt der
Diagnosestellung noch nicht abgeschlossen.
Neun der 15 Patienten hatten bereits ein eigenes Kind bzw. zwei Kinder, wobei in sechs
Fällen bereits vor der Krebsdiagnose eine Elternschaft bestand. Nach der Krebserkrankung waren drei Patienten erstmals Eltern
geworden. Jeder vierte Patient (4/15; 27%)
gab an, dass der Wunsch nach einem eigenen
Kind durch die Krebserkrankung stärker geworden sei. Die Stärke des momentanen
Kinderwunsches (Zeitpunkt der Befragung)
wird aus 씰Abbildung 1 ersichtlich. Etwa die
Hälfte der Patienten (6/13) gab einen starken bzw. sehr starken Kinderwunsch an. Ein
starker Kinderwunsch war auch bei zwei Patienten vorhanden, die bereits vor der Erkrankung Eltern waren.
Bezüglich der Kinderwunschmotive gaben die Patienten vor allem Ängste und Befürchtungen an (씰Tab. 3). So hat jeder
zweite Patient (7/15; 47%) Angst davor,
dass sich die Erkrankung bzw. deren Behandlung negativ auf die Gesundheit des
eigenen Kindes auswirken könnte (z.B.
„befürchtet …. dass eine Schädigung des
Erbgutes eintreten könnte“; „Dass mein
Kind behindert wird.“).
Diese gesundheitlichen Folgen schließen die Angst vor Fehlbildungen, die Angst
vor der Krebsvererbung und allgemeine gesundheitliche Risiken ein. Ein weiteres Motiv gegen die Realisierung des Kinderwunsches ist die Gefährdung der eigenen Gesundheit, welches ein Drittel der Patienten
(5/15; 33%) anführte (z.B. „ganz klar, das
hohe Risiko eines Rückfalls.“; „was passiert,
wenn Krankheit wieder ausbricht …“,
„Schwangerschaft für mich gut?“).
Die Frage „Gibt es Gründe, die für ein
Kind sprechen, die im Zusammenhang mit
Ihrer Krebserkrankung stehen?“ beantworteten nur drei Patienten. Hierbei wurden
die neue Lebensaufgabe und das Recht auf
ein „normales“ Leben, zu dem auch ein
Kind gehört, genannt.
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K. Geue et al.: Kinderwunschmotive von jungen Krebspatienten
Tab. 3
Expertenbefragung
In die Expertenbefragung (N = 9) wurden
Gynäkologen aus dem Bereich der Reproduktionsmedizin (N = 4) und der Onkologie (N = 3) eingeschlossen. Ebenso wurden
zwei Psychoonkologen befragt. Die Berufserfahrung der Experten lag zwischen 5 und
19 Jahren. Zwei Dritteln der Experten (N =
6) begegnet die Thematik Kinderwunsch
onkologischer Patienten manchmal, oft
bzw. sehr oft in ihrem beruflichen Alltag
(씰Tab. 2).
Die Experten nannten eine Reihe von
Befürchtungen und Ängsten hinsichtlich
der Kinderwunschmotive junger Krebspatienten. Die Angst der Patienten, dass der
eigene Kinderwunsch unerfüllt bleiben
könnte, gaben 7 der 9 Experten (78%) an.
Die Experten formulierten diese Befürchtung meist in Frageform (z.B. „Werde ich
überhaupt ein Kind bekommen können?“
oder „Ist das Kinderkriegen überhaupt
möglich?“). Ebenso wie die Patienten führten die Experten die negativen gesundheitlichen Folgen für das Kind (8/9; 89%) und
die gesundheitlichen Risiken für die Betroffenen selbst (6/9; 67%) als Befürchtungen an. Mögliche Schwierigkeiten bei der
Kinderbetreuung bzw. -versorgung gaben
fast die Hälfte der Experten (4/9; 44%) als
mögliches Motiv gegen den Kinderwunsch
an. Schwierigkeiten in Bezug auf die Partnerschaft (3/9; 33%) war ein weiteres aufgezähltes Contra-Motiv (z.B. „keinen Partner mehr zu finden“).
Als Ressource wurde von allen befragten
Experten die Gesundungsmotivation genannt (z.B. „Hoffnung den Krebs zu bezwingen“; „… Zeichen ihrer Gesundung“).
Die Bedeutung der eigenen Hinterlassenschaft für die onkologischen Patienten sah
ein Drittel (3/9; 33%) als Kinderwunsch
stärkendes Motiv an. Jeweils einmal wurden die Verbesserung der Partnerschaft
und der gestiegene Familienwert angegeben (씰Tab. 4).
Die Hälfte der Experten (5/9; 56%)
glaubt, dass sich die Stärke des Kinderwunsches durch die Krebserkrankung nicht
verändert. Auf die Frage nach Geschlechtsunterschieden hinsichtlich der Kinderwunschmotive äußerten vier Experten
(4/9; 44%), dass bei den betroffenen Frauen der Kinderwunsch stärker ausgeprägt sei
Kinderwunschmotive
– Patientenangaben
(N = 15)
Kinderwunschmotive
Mehrfachnennungen
möglich
Kontra – Befürchtungen, Ängste
Negative gesundheitliche Folgen für das Kind
7 (47%)
Eigene gesundheitliche Risiken (Krankheitsausbruch)
5 (33%)
Eigenes frühzeitigen Versterben – Kind bleibt zurück
2 (13%)
Kinderbetreuung bzw. –versorgung nicht möglich
1 (7%)
Psychische Belastung für das Kind
1 (7%)
Pro – Ressourcen
Tab. 4
Kinderwunschmotive
– Experteneinschätzungen (N = 9)
Neue Lebensaufgabe – Leben zu schätzen wissen
2 (13%)
Ein „normales“ Leben führen
1 (7%)
Kinderwunschmotive
Mehrfachnennungen
möglich
Kontra – Befürchtungen, Ängste
Eigener Kinderwunsch bleibt unerfüllt
7 (78%)
Negative gesundheitliche Folgen für das Kind
8 (89%)
Eigene gesundheitliche Risiken (Rezidiv, Tod)
6 (67%)
Kinderbetreuung bzw. –versorgung nicht möglich
4 (44%)
Partnerschaftsproblematik
3 (33%)
Pro – Ressourcen
Gesundungsmotivation und Zukunftsaussichten
9 (100%)
eigene Hinterlassenschaft
3 (33%)
Verbesserung der Partnerschaft
1 (11%)
Wert der Familie steigt
1 (11%)
im Vergleich zu männlichen Patienten. So
bedeute die Krebserkrankung „eine zusätzliche Gefährdung des Kinderwunsches und
eine Verkürzung der (reproduktiven) Phase“.
Unterschiede in den Kinderwunschmotiven zwischen kinderlosen und bereits
Eltern gewordener Krebspatienten sahen
sieben der neun Experten (7/9; 78%) darin,
dass der Kinderwunsch für Patienten, die
bereits eigene Kinder haben, mit der Erkrankung in den Hintergrund rückt und
die Versorgung bzw. Zuwendung der vorhandenen Kinder im Vordergrund stehen
(z.B. „wenn schon eigene Kinder vorhanden sind, rutscht weiterer Kinderwunsch
sofort in den Hintergrund …“; „Elterliche
Krebspatienten berichten häufig davon,
froh über das Vorhandensein von Kindern
zu sein …“).
Dass Krebspatienten ohne eigene Kinder stärkere Kinderwunschmotive als elterliche Patienten aufwiesen, beschrieben
sechs Experten (6/9; 67%). So schrieb ein
Experte: „Kinderlose wollen Neustart, Elterliche das alte Leben zurück“.
Diskussion
Gegenstand dieser Arbeit war es, spezifische Kinderwunschmotive junger onkologischer Patienten zu bestimmen. Zur Ermittlung der Kinderwunschmotive wurden
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230
K. Geue et al.: Kinderwunschmotive von jungen Krebspatienten
sowohl Betroffene als auch Experten befragt.
Die meisten der jungen Patienten gaben
an, ein eigenes bzw. ein weiteres Kind haben zu wollen. Hinsichtlich der Kinderwunschmotive äußerten die Patienten eine
Reihe von Befürchtungen. Im Vordergrund
stehen hierbei die Ängste vor negativen gesundheitlichen Folgen für das Kind und die
Sorge um die eigene Gesundheit. Obwohl
die Patienten nur vereinzelt Motive angaben, die für ein Kind sprechen, war der momentane Kinderwunsch der Betroffenen
stark ausgeprägt.
In vorangegangenen Forschungsarbeiten wurden meist positive und negative
Motivationen dargestellt. Die in unserer
Befragung häufig genannten Ängste um die
Gesundheit des Kindes und die eigene Gesundheit bestätigten auch andere Studien
(17, 18, 22, 23). Wie die aktuelle Übersichtsarbeit von Richter et al. (21) zeigte,
sind die Befunde zur gesundheitlichen Gefährdung der Kinder bzw. der betroffenen
Frauen bislang inkonsistent. Jedoch zeigten
diese Studien auch Kinderwunschmotive
bei den onkologischen Patienten auf, die
für ein Kind sprechen.
Als positive Motive wurde in den Untersuchungen genannt: Krebserkrankung befähige sie zu einer „besseren“ Elternschaft,
Elternschaft bedeute für sie „Normalität“
(17), gestiegener Wert der Familie (22),
Glück für den Partner, erhöhte Lebensqualität (18). Karian (24) und Zebrack et al.
(25) befragten in der Kindheit an Krebs erkrankte Menschen und stellten fest, dass eine Elternschaft für die Betroffenen Optimismus in das eigene Überleben, eine neue
Wertschätzung des Lebens und ein Gefühl
der Normalität darstellte.
Fazit für die Praxis
Eine Krebserkrankung kann den Kinderwunsch bzw. die Familiengründung akut gefährden. Die Erkrankung selbst und die gesammelten Erfahrungen im Behandlungsverlauf führen dazu, dass sich neue spezifische
Kinderwunschmotive bei den Betroffenen
ausbilden. Die Ambivalenz des Kinderwunsches bei onkologischen Patienten sollte in
der psychosozialen Betreuung der Betroffenen nicht unberücksichtigt bleiben. Ziel, die
Thematik entsprechend zu integrieren,
könnte der Abbau von Ängsten und Zweifeln
sowie die Stärkung der vorhandenen Ressourcen sein.
Die Ergebnisse der erwähnten Studien
sind meist anhand von persönlich durchgeführten Leitfadeninterviews gewonnen
worden. Interessant ist, dass Patienten auf
die offenen schriftlichen Fragen unserer Erhebung vor allem Motive gegen den Kinderwunsch anführten und nur wenige positive Kinderwunschmotive nannten. Möglicherweise werden kinderwunschstützende Motive in einem persönlichen Interview
eher geäußert. Auch kulturelle Unterschiede (z.B. bezüglich der Kinderwunschmotive allgemein oder der sozialen Einstellung
gegenüber an Krebs erkrankten Menschen)
könnten hierfür in Betracht kommen. Dies
müsste in weiterführenden Studien untersucht werden.
Ebenso wie die Betroffenen äußerten die
Experten als häufigste Contra-Motive die
Angst vor gesundheitlichen Folgen für das
Kind und das gesundheitliche Risiko für die
Patienten. Die Experten verbanden mit dem
Kinderwunsch ein Gesundungszeichen und
den Wert der eigenen Hinterlassenschaft –
Motive, die von den Patienten unerwähnt
blieben. Bezüglich der Contra-Motive war
eine hohe Übereinstimmung zwischen den
Experten und Patienten zu finden.
Es ist somit davon auszugehen, dass die
behandelnden Ärzte und Psychoonkologen
die Ängste im Zusammenhang mit dem
Kinderwunsch auf Seiten der Patienten
kennen. Ressourcen wurden sehr viel häufiger von den Experten benannt als auf Seiten der Patienten. Psychosoziale Betreuungsangebote könnten die Patienten und
ihre Partner während der Zeit der Familienplanung und -gründung unterstützen,
um vorhandene Befürchtungen abzubauen
und Ressourcen zu stärken. Weitere Expertenuntersuchungen zu Kinderwunschmotiven onkologischer Patienten sind bis
dato nicht bekannt.
Die Befragung hat gezeigt, dass sich
auch Patienten, die bereits Eltern sind, ein
weiteres Kind wünschen. Oftmals glauben
die Experten jedoch, dass bei elterlichen
Krebspatienten ein weiterer Kinderwunsch
mit der Erkrankung in den Hintergrund
rückt. Dies trifft sicherlich für einen Teil der
Patienten zu, jedoch längst nicht für alle. In
der klinischen Praxis sollte ebenso daran
gedacht werden, dass es Patienten gibt, bei
denen der Wunsch nach einem zweiten
oder dritten Kind sehr stark ausgeprägt ist.
Danksagung
Diese Studie wurde durch das Nachwuchswissenschaftlerprogramm der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig gefördert.
Literatur unter
www.onkologische-welt.de
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Psychoonkologie
231
Fortgeschrittene Krebserkrankung
Neue Perspektiven
durch die Psychoonkologie
Die psychoonkologische Betreuung beschränkt sich nicht auf das finale Stadium einer
Tumorerkrankung, obgleich dort die Notwendigkeit am größten ist. Auch unmittelbar
nach der Diagnose besteht ein höherer Bedarf, der dann in der chronischen Phase
wieder abnimmt. Im Fokus stehen psychische, soziale und spirituelle Bedürfnisse des
Patienten. Deren Befriedigung muss Hand in Hand gehen mit einer effektiven Symptomkontrolle.
Die Diagnose, das Wiederauftreten und das
Fortschreiten einer Krebserkrankung können
bei Betroffenen akute und auch andauernde
psychische Belastungsreaktionen hervorrufen:
Schock, Traurigkeit, Ängste, das Gefühl der Hilflosigkeit und Einsamkeit sowie Zweifel am Sinn
des Lebens. Belastend sind auch die zunehmende Schwäche, der Verlust an Körperfunktionen,
die abnehmende Mobilität, die wachsende Abhängigkeit von Anderen sowie der Zeitdruck für
noch anstehende Lebensentscheidungen im
Bewusstsein des nicht mehr fernen Ablebens.
Insgesamt entwickeln sich bei rund 10% aller Krebspatienten affektive Störungen und
Angststörungen, wie Priv.-Doz. Dr. med. Anja
Mehnert, Hamburg, ausführte. In der Palliativversorgung liegen die Zahlen etwas höher. Etwa 15% aller Patienten mit fortgeschrittenen
Tumorerkrankungen geben an, Suizidgedanken
zu haben oder schon gehabt zu haben. Ebenso
hoch liegt der Anteil derer, die sich einen frühzeitigen Tod wünschen, ohne diesen aktiv herbeiführen zu wollen.
Kongresslogo
palliative Intervention bleiben darf. Die Psychoonkologie zielt darauf ab, psychische Belastungen zu vermindern, neue Lebensperspektiven
zu eröffnen, positive Emotionen zu fördern, das
Selbstwertgefühl zu stärken, das Gefühl der
Einsamkeit zu verringern und die Akzeptanz
der zunehmenden körperlichen Veränderung
zu fördern. Je mehr der Kranke selbst die Kontrolle über seine Körperfunktionen verliert, desto wichtiger werden Wertschätzung des Patienten und Wahrung der Menschenwürde vonseiten der Betreuenden.
Die Hoffnung an neue Ziele
knüpfen
Wie Mehnert erläuterte, ist Hoffnungslosigkeit
nicht das Fehlen von Hoffnung, sondern drückt
die Bindung an eine bestimmte Form von Hoffnung aus, die verloren gegangen ist. In der Klinik werden viele Entscheidungen aus Hilflosigkeit getroffen, weil man irgendwie die verlorene Hoffnung auf Heilung wieder beleben will.
Wichtiger wäre es, die Hoffnung auf neue Ziele
zu richten, z.B. einen schmerzfreien Tod, Begegnung oder Aussöhnung mit Anderen und Symptomkontrolle.
Die Wirksamkeit einer psychoonkologischen Betreuung wurde in einer Studie an 151
Patienten mit metastasiertem NSCLC (1) untersucht. Diese bekamen entweder nur eine onkologische Therapie oder zusätzlich innerhalb von
drei Wochen nach der Diagnose Kontakt zum
Palliativteam. Dabei erhielten sie im Rahmen
der psychoonkologischen Betreuung auch detaillierte Informationen zur Erkrankung. Patienten mit psychoonkologischer Betreuung wiesen deutlich weniger psychische Komorbidität,
Symptomkontrolle steht
ganz oben
Am wichtigsten ist für Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung eine gute
Symptomkontrolle. Wird dies erreicht, nimmt
auch der Wunsch, nicht mehr weiterzuleben,
deutlich ab. Wie Mehnert ausführte, wollen die
Patienten aber auch darin unterstützt werden,
mit ihrer Angst und ihren Sorgen besser fertig
zu werden, Hoffnung und einen Sinn im Leben
zu finden, und inneren Frieden zu gewinnen.
Daraus folgt, dass Symptomkontrolle zwar
oberste Priorität besitzt, aber nicht die einzige
Vor der Tagungsstätte (Foto: Thomas Ecke)
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Psychoonkologie
232
insbesondere Depressionen auf, und überlebten sogar länger als die rein onkologisch behandelten Patienten.
Aber die Studie zeigte auch, dass auch Patienten, die gut aufgeklärt wurden, ihre eigene
Prognose oft wesentlich besser einschätzen,
als es der Realität entspricht. Nach dem ersten
umfassenden Gespräch glaubten 32%, dass ihre Erkrankung heilbar ist und 69%, dass die
Therapie den Krebs komplett eliminiert. Die
Realität beim NSCLC ist, dass im Stadium I/II
nur jeder zweite Patient 5 Jahre überlebt, im
Stadium III nur 15%, und Patienten im Stadium
IV überleben median 10 Monate. Die positiv
verzerrte Wahrnehmung der eigenen Prognose
scheint ein Selbstschutzmechanismus zu sein,
der zumindest am Anfang trotz Aufklärung bestehen bleibt.
Strukturdefizite beseitigen
und Evidenzbasis ausbauen
Hat ein Krebspatient psychische Probleme, bedeutet dies nicht automatisch, dass er psychoonkologische Unterstützung braucht. In
40–70% ist ein einfühlsames ärztliches Gespräch ausreichend, um die Probleme zu lösen,
wie Dr. med. Andreas Dinkel, München, ausführte. Hat der Arzt den Eindruck, dass es sinnvoll wäre, den Psychoonkologen hinzuzuziehen, sollte er dies behutsam ansprechen. Ein
Teil der Patienten wird dies ablehnen. Insgesamt nimmt etwa ein Viertel der ambulanten
oder stationären Krebspatienten psychoonkologische Angebote wahr.
Die psychoonkologische Versorgung ist vielerorts gut etabliert, so Dinkel. Oft aber sind die
Angebote schlechte koordiniert und die einzelnen Interventionen zu wenig evidenzbasiert.
Die Struktur der psychoonkologischen Betreuung zu verbessern und ihre Evidenzbasis zu
stärken, sieht Dinkel als wichtige Anliegen für
die Zukunft.
Dr. Angelika Bischoff, Planegg
Literatur
1. Temel JS et al.: Early palliative care for patients with
metastatic non-small-cell lung cancer. New Engl J
Med 2010; 363(8): 733–742.
Quelle: Symposium „Zukunftsthemen der Psychoonkologie“, Kongress für Psychosomatik, München,
29. März 2012.
Fachtagung
Komplementäre Onkologie
Bis zu 90% der Patienten mit einer Tumorerkrankung nutzen im Verlauf ihrer Erkrankung Methoden der sogenannten komplementären und alternativen Medizin (KAM).
Informationen suchen sie bei Ärzten, Heilpraktikern, in der Literatur und im Internet.
KAM helfen Patienten, selber aktiv zu werden, und stellen deshalb ein wichtiges Instrument zur Stärkung der Patientenautonomie dar.
Im Januar 2013 führt eine Expertengruppe der
PRIO zum dritten Mal im Rahmen des
deutschsprachigen eso-Programmes eine
Fachtagung KAM in der Onkologie durch. Die
Tagung richtet sich an Hausärzte, Fachärzte
und andere beruflich Interessierte, die Patienten mit Tumorerkrankungen betreuen und in
Zukunft auf die Frage ihrer Patienten: „Was
kann ich selber tun?“ kompetent Auskunft geben möchten. Das aus den Vorjahren bewährte Programm wird dieses Jahr für Pharmazeuten, Krankenpflegekräfte und Studenten in
klinischen Semestern geöffnet und in Kooperation mit der der KOK und der DEGRO durchgeführt.
Die Teilnehmer sollen in die Lage versetzt
werden, die häufigsten Methoden aus dem
Bereich der komplementären und alternativen
Verfahren speziell in der Onkologie kritisch zu
hinterfragen und ihren Einsatz in der Therapie
bewerten. Insbesondere das komplexe Thema
der komplementären also begleitenden Nutzung und der damit verbundenen Gefahr von
Interaktionen aber auch der Chance einer unterstützenden Wirkung wird ausführlich an-
hand der publizierten wissenschaftlichen Daten behandelt.
Die Tagung bietet einen umfassenden
Überblick über die wesentlichen in den
deutschsprachigen Ländern von Patienten genutzten Methoden in Form von Vorträgen und
vertiefenden Workshops. Ein Schwerpunkt ist
die Einführung in Kommunikation zu KAM mit
dem suchenden wie mit dem umfassend vorinformierten Patienten. Weitere Infos im Internet unter: www.prio-fachtagung.de
Veranstalter
Arbeitsgemeinschaft PRIO (Prävention
und Integrative Onkologie) der DKG
25.-26.1.2013
Hamburg, www.prio-fachtagung.de
red.
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SenologieKongress
233
Mind-Body-Medizin beim Mammakarzinom
Die Therapie für eine
„dickere Haut“
Die Mind-Body-Medizin im Brustkrebsmanagement ist nicht nur ein „Wohlfühlthema“,
sondern in einigen Bereichen eine wissenschaftlich gesicherte Möglichkeit der Risikoreduktion, die auch Eingang in die S3-Leitlinie gefunden haben. Darauf wies Prof.
Gustav Dobos, Essen, auf dem Symposium „Life-Style-Beratung in der Onkologie: Sinn
oder Unsinn?“ im Rahmen des diesjährigen Senologiekongresses hin. Einen Überlebensvorteil bringt vor allem regelmäßige körperliche Aktivität, besonders in Kombination mit obst- und gemüsereicher Ernährung.
Die Mind-body-Medizin gehört als wichtiger
Bestandteil zusammen mit der „mainstream
Medizin“ und der wissenschaftlich geprüften
Naturheilkunde zur integrativen onkologischen
Behandlung. Sie beinhaltet körperliche Aktivität, gesunde Ernährung, Entspannung, Achtsamkeitstraining, Stressmanagement, kognitive Umstrukturierung (Lösen selbstschädigender Gedanken) und soziale Unterstützung
durch Gruppenarbeit, wie Dobos ausführte.
Adipositas als
Brustkrebs-Risikofaktor
Auf die Rolle der Adipositas als Risikofaktor
und den Nutzen körperlicher Aktivität ging Dr.
Brigitte Rack, München, näher ein. Etwa 30%
der Frauen In Deutschland sind übergewichtig
und 20% adipös (1). Das Übergewicht ist nicht
nur mit kardiovaskulären und Stoffwechselkrankheiten assoziiert, sondern auch mit einigen Krebsleiden. Dazu gehört das Mammakarzinom.
Im Kollektiv der ADEBAR-Studie waren nur
40% der Patientinnen mit primärem Mammakarzinom normalgewichtig (2). Das Übergewicht zeigte als unabhängiger Risikofaktor eine Assoziation mit einem schlechteren krankheitsfreien und Gesamtüberleben. Insgesamt
verdoppelt eine Adipositas das Rezidivrisiko
und steigert das Risiko, an der Erkrankung zu
versterben, um 60%. Eine Adipositas ist assoziiert mit fortgeschritteneren Stadien, höherem
Grading und Hormonrezeptor-Negativität.
Mögliche Zusammenhänge zwischen Adipositas und Krebs auf molekularer Ebene sind
die Hochregulation von Zytokinen, angiogene-
tischen Faktoren, vermehrte Östrogenausschüttung und Insulinresistenz. Auch die WHIStudie hat erhöhte Spiegel von Insulin und Östrogenen als Faktoren identifiziert, die das Risiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken,
mehr als verdoppeln.
Mit sportlicher Aktivität
länger überleben
Sportliche Aktivität zählt zu den wichtigsten
Maßnahmen, das Körpergewicht zu senken.
Tatsächlich hat eine große kalifornische Studie
gezeigt, dass körperliche Aktivität das Risiko,
an Brustkrebs zu erkranken, um 20% vermindert (3). In der Nurses Health Study (4) konnten
Frauen, die bereits an Brustkrebs erkrankt waren, ihre Überlebenschancen durch drei bis fünf
Stunden körperliche Aktivität pro Woche absolut um 6% verbessern. Der größte Vorteil wurde
bei Hormonrezeptor-positiven und adipösen
Patientinnen beobachtet.
Eine neuere Meta-Analyse von sechs Studien (5) fand, dass Frauen, die nach der Brustkrebsdiagnose körperlich aktiv wurden, ihr
brustkrebsspezifisches Mortalitätsrisiko um
34% (Rezeptorpositive um 50%), ihre Gesamtmortalität um 41% (Rezeptorpositive um 64%)
und ihr Rezidivrisiko um 24% vermindert haben. Mögliche Wirkmechanismen für diesen Effekt sind
● Sinken des Östrogenspiegels
● Veränderungen im Insulinmetabolismus
● Modulation der Wirkung von Hormonen
und Wachstumsfaktoren (IGF-1, IGFBP-3)
● Immunmodulation (Anstieg von IL-6 und
NK-Zellen, gesteigerte T-Zell-Aktivität)
●
Gesteigerte Apoptose durch oxidativen
Stress
Sport verringert das Rezidivrisiko in etwa demselben Ausmaß wie eine adjuvante zytostatische oder endokrine Therapie, so Rack. Aber er
hat auch positive Effekte auf die Lebensqualität. Aus einer Cochrane-Analyse von 28 randomisierten Studien geht hervor, dass körperlich
aktive krebskranke Frauen (überwiegend
Mammakarzinom-Patientinnen) weniger an
Fatigue litten als eine inaktive Kontrollgruppe
(6).
Dass die körperliche Aktivität unter einer
Chemo- oder Radiotherapie abnimmt, ist
selbstverständlich. „Aber wir müssen die Patientinnen motivieren, danach wieder aktiv zu
werden“, so Rack. Die S3-Leitlinie (7) empfiehlt
3 bis 5 Stunden mittelgradige sportliche Aktivität pro Woche (2a B ++), vor allem weil sie das
Überleben verbessert. Im Hinblick auf die Verbesserung der Lebensqualität und Reduktion
der therapiebedingten Fatigue lautet der Empfehlungsgrad 1a A ++.
Die Kombination von Ernährung und Bewegung bringt einen zusätzlichen Überlebensvorteil, wie die WHEL-Studie (Women’s Health Eating and Living) gezeigt hat (8). Das Programm
umfasste ein Walking von 30 Minuten an sechs
Tagen pro Woche und/oder eine betont pflanzliche Ernährung mit mindestens fünf Portionen
Obst oder Gemüse pro Tag. Patienten, die beide
Interventionen mitmachten erfuhren sogar unabhängig davon, ob eine Adipositas vorlag, eine Reduktion der 10-Jahresmortalität um 50%.
„Das ist durchaus vergleichbar mit dem Effekt
einer wirksamen Chemotherapie“, sagte Dobos. Allerdings wurde der Effekt nur beobachtet bei Hormonrezeptor-positiven Tumoren.
Wenig Fett, viel Obst und
Gemüse
Eine fettreduzierte Kost mit einem hohen Anteil
von Obst und Gemüse hilft auf jeden Fall bei
der Gewichtsreduktion. Die Datenlage zur Risikosenkung beim Mammakarzinom ist für die
gesunde Ernährung allein deutlich schlechter
als für die körperliche Aktivität, betonte Dipl.
ökotroph. Sabine Conrad, Essen.
In der Studie WINS (Women‘s Intervention
Nutrition Study) (9) konnte das Mammakarzinom-Rezidivrisiko durch Reduktion von Nahrungsfetten (Ziel 20% der Gesamtenergiemen-
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ge) in fünf Jahren um 24% vermindert werden.
In der WHEL-Studie hat unter einer fettreduzierten und gemüsereichen Ernährung allein innerhalb von sieben Jahren zwar nicht die Rezidivrate abgenommen, aber es kam ein Überlebensvorteil heraus.
Die Patientinnen sind an Ernährungsthemen in der Regel sehr interessiert, weil sie denken, dass sie vor allem damit etwas gegen den
Krebs tun können. Von den Vorteilen einer gesunden Kost müssen die Frauen deshalb auch
nur selten überzeugt werden. Sie wissen nur oft
nicht, auf was sie in der Ernährung achten müssen. Deshalb sollten Krebsbetroffene von ausgebildeten Ernährungsfachkräften betreut
werden, meinte Conrad.
Generell sollten pflanzliche Nahrungsmittel
bevorzugt werden und der Fettanteil gering gehalten werden. Die Frauen sollten aber genügend Eiweiß konsumieren und wenig Auszugsmehlprodukte, dafür mehr Vollkornprodukte.
Der Bedarf an Vitaminen sollte wenn möglich
mit Lebensmitteln gedeckt werden. Im Fokus
steht aber nicht nur das Übergewicht, das abgebaut werden soll, sondern auch ein zu starkes Abmagern muss vermieden werden. Generell sollte in der Brustkrebstherapie der Gewichtsverlauf dokumentiert werden. „Um dies
tun zu können, muss man das Ausgangsgewicht kennen, das in den Krankenakten leider immer wieder fehlt“, so Conrad.
Keine sicheren Daten zu
Vitamin-Supplementen
„Jede Patientin fragt, was sie noch zusätzlich
gegen ihre Erkrankung tun kann“, sagte Priv.Doz.-Dr. Nikos Fersis, Chemnitz. Gemeint sind
damit meist nicht die gesunde Ernährung und
schon gar nicht die Bewegung, sondern vor allem ergänzende Mittel aus der Apotheke. In
den vergangenen Jahren hat der Umsatz mit Vitaminpräparaten stetig zugenommen. Was die
Behandlung des Mammakarzinoms betrifft,
gibt es aber kaum prospektiv randomisierte
Studien, die klären könnten, ob Vitamine hilfreich oder schädlich sind. Auch die S3-Leitlinie
äußert zu den Antioxidantien Vitamin C, Vitamin E und Betakarotinen lediglich, dass es keine sicheren Daten gibt.
Klinisch bedeutsam ist jedoch Vitamin D.
Zellbiologische und tierexperimentelle Studien
weisen auf eine antikanzerogene Wirkung von
Vitamin D bzw. der aktiven Form 1,25(OH)2-Vitamin D hin. Gesehen wurde Einflüsse auf Zelldifferenzierung, Proliferation, Apoptose und
Angiogenese. Es gibt auch klinische Hinweise
auf eine dosisabhängige Reduktion des Krebsrisikos durch Calcium /Vitamin D, so Fersis.
Abbau von Stress, Angst
und Depression
Wie Dobos abschließend berichtete, wird in Essen ein Tageklinik-Programm Mind-body-Medizin für Brustkrebspatientinnen abgeboten. Es
dauert zehn Wochen und wird an einen Tag pro
Woche über sechs Stunden durchgeführt. An
den Gruppen nehmen 12–16 Personen teil. Neben regelmäßiger Bewegung und Anleitung zu
obst- und gemüsereicher Ernährung sind weitere wichtige Elemente des Programms eine
Senkung des Stress-Niveaus, der Umgang mit
negativen Gedanken und die Unterstützung
durch die Gruppe.
„Patientinnen mit Brustkrebs, die ständig
untergründig Angst haben, dass sie ein Rezidiv
oder Metastasen bekommen, befinden sich
permanent auf einem hohen Stressniveau. Sie
können lernen, sich nicht über alle Kleinigkeiten aufzuregen, sondern entspannt zu reagieren“, so Dobos. Ein weiteres wichtiges Target
der MBM ist die Depression. Obwohl es sich um
eine nachvollziehbare Begleiterscheinung einer Krebsdiagnose handelt, muss man sich darum kümmern, da die Depression die Prognose
beeinflusst: Die Sterblichkeitsrate von Krebspatienten steigt durch eine Depression um bis
zu 40% (10). Aber die Gabe von Antidepressiva
ist kontraproduktiv, da einige Antidepressiva
mit Chemotherapeutika interferieren.
Lebensqualität und psychisches Wohlbefinden (Angst und Depression) können durch ein
brustkrebsspezifisches Yoga gesteigert werden
kann, wie Dobos betonte. Ein Stress-Redukti-
Alles Wesentliche über
Phytotherapeutika
Gute und ausführliche Informationen zu
Phytotherapeutika, darunter auch Interaktionsrisiken findet man auf der Website des
Memorial Sloan Kettering Cancer Centers
„www.mskcc.org“ (Search „herbs“)
onsprogramm, Yoga und Qui-Gong haben inzwischen Eingang in die S3-Leitlinie gefunden
mit der Begründung, dass sie die Lebensqualität verbessern, Stress, Angst und Depression
vermindern und den Schlaf verbessern.
Dass ein solches Programm bis hinab auf
das molekulare Niveau Effekte hat, führte Dobos anhand einer Studie an 30 Patienten mit
Prostatakarzinom vor Augen (11). Die Patienten, die nicht operiert werden konnten, haben
über drei Monate eine Mind-Body-Therapie erfahren mit fettarmer Ernährung, regelmäßiger
Bewegung, Yoga, Meditation und Gruppenstunden. Das Programm führte zu einer deutlichen Veränderung der Expression von Genen,
die mit der Tumorgenese in Zusammenhang
stehen.
Dr. Angelika Bischoff, Planegg
Literatur
1. International Association for the Study of Obesity
2012. www.iaso.org.
2. Janni W et al. Final multivariate analysis of obesity
and disease free survival in patients with nodal positive primary breast cancer. Annual Meeting ASCO
2011 vom 3. bis 7. Juni 2011, Chicago/USA.
3. Dallal CM et al. Long-term recreational physical
activity and risk of invasive and in situ breast cancer: the California teachers study. Arch Int Med
2007; 167(4): 408–415.
4. Holmes MD et al. Physical activity and survival after breast cancer diagnosis. JAMA 2005; 293:
2479–2486.
5. Ibrahim EM et al. Physical activity and survival after
breast cancer diagnosis: Meta-analysis of published
studies. Med Oncol 2011; 28(3): 753–765.
6. Cramp F et al. The effect of exercise on fatigue associated with cancer (CD006145). Published online
10. Nov. 2010. http://summaries.cochrane.org.
7. www.ago-online.de/de/fuer-mediziner/leitlinien/
mamma
8. Pierce P et al. Greater survival after breast cancer in
physically active women with high vegetable-fruit
intake regardless of obesity. J Clin Oncol 2007;
25(17): 2345–2351.
9. Chlebowski R et al. Dietary fat reduction and breast
cancer outcome: interim efficacy results from the
Women's Intervention Nutrition Study. J Natl Cancer Inst 2006; 98: 1767–1776.
10. Satin JR et al. Depression as a predictor of disease
progression and mortality in cancer patients: A meta-analysis. Cancer 2009; 115: 5349–5361.
11. Ornish D et al.: Changes in prostate gene expression
in men undergoing an intensive nutrition and lifestyle intervention. Proc Nat Acad Sci USA 2008;
105: 8369–8374.
Quelle: Symposium „Life-Style-Beratung in der Onkologie: Sinn oder Unsinn?“ 32. Jahrestagung der
Deutschen Gesellschaft für Senologie am 6. Juli 2012,
Stuttgart.
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235
Optionen in der Komplementärmedizin
Hilfe gegen Nebenwirkungen von
Chemo- und Hormontherapie
Mindestens jede zweite Brustkrebspatientin wendet komplementäre Therapien an wie
Mistel, Spurenelemente oder Enzyme. Ausgegeben wird dafür fast so viel wie für die
schulmedizinische Behandlung. Motivation dafür ist meist, selbst etwas gegen die
Krankheit tun zu wollen. Diesen Wunsch sollte der Onkologe dafür nutzen, sinnvolle
Maßnahmen zu empfehlen. Auf dem diesjährigen Senologenkongress beschäftigte
sich das Symposium „Komplementäre Medizin beim Mammakarzinom“ mit den verschiedenen Behandlungsangeboten. Gute Daten gibt es für die Akupunktur gegen
Chemotherapie-induziertes Erbrechen. Weniger effektiv sind verschiedene Phytotherapeutika gegen Östrogenmangelbeschwerden unter endokriner Therapie.
Die Hälfte aller Krebspatienten wünscht sich
begleitende zusätzliche Therapien, vor allem,
um Nebenwirkungen der konventionellen Therapie zu lindern oder zu verhindern. In diesem
Bereich bietet auch die Komplementärmedizin
einige Möglichkeiten, wie Dr. Petra Voiß, Essen, ausführte. Sie dienen zusammen mit der
Standard-Supportivtherapie nicht zuletzt dazu,
zu vermeiden, dass die Patientinnen die Chemo- oder Hormontherapie abbrechen.
Komplementärmedizin kommt bei den Patienten gut an. Man darf sich aber nicht dazu
verleiten lassen, alle möglichen Dinge anzubieten, nur weil es den Patienten gefällt, sagte Dr.
Jutta Hübner, Frankfurt. Eine gewisse Evidenzbasis sollte vorhanden sein.
Gute Evidenz für die
Akupunktur
Gut belegt durch vier randomisierte kontrollierte Studien ist die Wirksamkeit der Akupunktur
oder Elektroakupunktur gegen akutes Chemotherapie-assoziiertes Erbrechen oder Übelkeit
in Ergänzung der medikamentösen Antiemese.
Ein Cochrane-Review (1) kam zu dem Ergebnis,
dass die Inzidenz dieser Nebenwirkung in der
Akupunktur-Gruppe 37%, in der Kontrollgruppe 60% betrug. Daraus errechnet sich eine
number needed to treat (NNT) von 4,4.
Auch die Akupressur hat sich bei vielen Patientinnen als wirksam erwiesen. Um eine einfache und kontinuierliche Stimulation von Akupressur-Punkten zu ermöglichen, gibt es im
Handel spezielle Armbänder käuflich zu erwer-
ben, die auf der Innenseite mit einer knopfartigen Vorwölbung versehen sind. Sie werden am
Handgelenk getragen, sodass der P6-Punkt stimuliert wird. Auch in der AGO-Leitlinie (2) wird
die Akupunktur zur Linderung von Übelkeit und
Erbrechen positiv bewertet (1b B +).
Überraschend gut beurteilten Patientinnen
die symptomorientierte Akupunktur zur Linderung zahlreicher Beschwerden, nicht nur von
Übelkeit und Erbrechen, in einem Essener Pilotprojekt. Über 60% der Teilnehmerinnen gaben
an, dass ihre Beschwerden durch die Akupunktur deutlich gelindert geworden seien, bei 30%
waren sie etwas gebessert. Wie Voiß berichtete,
vermerkte eine Patientin im Fragebogen: „Habe die ersten drei Chemo-Gaben in einer anderen Klinik bekommen und unter extremer, langanhaltender Übelkeit gelitten, auch Medikamente halfen nicht. Durch die Akupunktur ist
die Übelkeit nun beinahe komplett verschwunden.“
Teilweise lässt sich dieser Effekt sicher auch
damit erklären, dass die Patientinnen durch die
Akupunktur Aufmerksamkeit und Zuwendung
erfahren und die Beschwerden ernst genommen werden. Wenn man eine kritische Phase
durch ein paar Akupunktur-Sitzungen überbrücken kann, ist schon viel gewonnen.
östrogenen (Isoflavonen) empfohlen, die in Sojaprodukten enthalten sind. Wie Prof.
Eva-Maria Grischke, Tübingen, erklärte, binden die Isoflavone Genistein und Daidzein an
Östrogenrezeptoren. Im Tierversuch stimulieren sie das Wachstum von hormonrezeptorpositiven Mammakarzinomen. Nachteilig ist
auch, dass beide Isoflavone auch den antiproliferativen Effekt von Tamoxifen hemmen.
Auf Östrogenmangelsymptome wie Hitzewallungen zeigten Isoflavone in einigen Studien aber keine Wirkung (3). Auch die Knochendichte nahm unter der Therapie mit isoflavonhaltigen Sojaprodukten nicht zu. Langzeitdaten zu Isoflavonen fehlen. Deshalb sollten
Isoflavone zurückhaltend eingesetzt werden.
Die AGO-Leitlinie rät von Phytoöstrogenen mit
der Begründung ab, dass eine Stimulation von
hormonrezeptorpositiven Mammakarzinomzellen nicht ausgeschlossen ist.
Auch die Wirkung von TraubensilberkerzenExtrakten gegen Hitzewallungen ist nicht erwiesen, da verschiedene klinische Studien sehr
unterschiedliche Resultate brachten. Die Präparate haben zentralnervöse serotonerge und
dopaminerge Effekte, so Grischke. Im Mausmodell wurde eine erhöhte Mestastasierungsrisiko festgestellt. Eine Therapie mit solchen Präparaten sollte nach Angaben der EMA maximal
für sechs Monate und unter ärztlicher Kontrolle. Zu berücksichtigen ist auch die Hepatotoxizität.
Abgeraten wird unter laufender onkologischer Standardtherapie auch von Kombinationen, die Johanniskraut enthalten, weil pharmakologische Interaktionen mit der endokrinen
und zytostatischen Therapie sowie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren zu befürchten sind.
Dr. med. Angelika Bischoff, Planegg
Literatur
Phytoöstrogene helfen
nicht bei Hitzewallungen
1. Ezzo J et al.: Acupuncture point stimulation for chemotherapy-induced nausea or vomiting (review).
The Cochrane Library 2010; issue 1.
2. www.ago-online.de/de/fuer-mediziner/leitlinien/
mamma
3. Van Patten CL et al.: Effect of soy phytoestrogens on
hot flashes in postmenopausal women with breast
cancer: a randomized, controlled clinical trial. J
Clin Oncol 2002; 20(6): 1449–1455
Eine häufige Nebenwirkung der endokrinen
Therapie sind Hitzewallungen. Um sie zu lindern, wird nicht selten die Gabe von Phyto-
Quelle: Symposium „Komplementäre Medizin beim
Mammakarzinom“, 32. Jahrestagung der Deutschen
Gesellschaft für Senologie, Stuttgart 5. Juli 2012.
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Palliativmedizin
236
Schnittstellen zwischen Palliativmedizin und
onkologischer Tumortherapie
Mehr als nur Medizin am Sterbebett
Die Palliativmedizin sollte nicht der Teil der Versorgung eines Krebspatienten, der
dann folgt, wenn die Möglichkeiten der onkologischen tumorspezifischen Therapie
ausgeschöpft sind. Vielmehr müssen Strukturen geschaffen werden, dass Onkologie
und Palliativmedizin bei unheilbaren Tumoren frühzeitig kooperieren und über den
Dialog Therapiekonzepte erarbeiten, die der individuellen Situation des Patienten am
besten gerecht werden. Schnittstellen zwischen Onkologie und Palliativmedizin ergeben sich somit während des ganzen Behandlungsverlaufs.
Ein fließender Übergang erspart auch dem Patienten, zu verkraften, dass er von einem Tag
auf den anderen einfach „eine Tür weiter“ geschickt wird, hinter der es für ihn „keine Hoffnung“ mehr gibt. Kooperieren Onkologie und
Palliativmedizin frühzeitig, kann die Expertise
beider Disziplinen den Therapieplan zum Wohle des Patienten optimieren, machte Dr. BerndOliver Maier, Wiesbaden, auf dem Deutschen
Krebskongress deutlich.
In der Behandlungsalltag wird die Palliativmedizin oft erst sehr spät in den letzten Lebenstagen eingeschaltet, und viele Patienten quälen sich vorher unnötig lange mit Schmerzen
oder Luftnot, wie Dr. Matthias Thöns, Witten,
am Beispiel eines Patienten mit Zungenrandkarzinom aufzeigte. Gegen die Schmerzen bekam er Metamizol, gegen die Luftnot empfahl
man ihm als einzige Option den Luftröhrenschnitt. Erst in den letzten Lebenstagen kam er
in palliativmedizinische Betreuung und konnte
schließlich unter guter Symptomkontrolle im
Arm seiner Ehefrau friedvoll sterben. Dass dies
kein Ausnahmefall ist, zeigen Zahlen aus Bochum, wo die durchschnittliche Verweildauer in
Hospizen 16 Tage und in ambulanter palliativer
Betreuung nur 9 Tage beträgt.
Kooperation wirkt
lebensverlängernd
Natürlich braucht nicht jeder Krebspatient von
Beginn an den Palliativmediziner. Aber bei Tumoren mit schlechter Prognose, die mit komplexen Beschwerden, zunehmender körperlicher Einschränkung, Kachexie und verlorenem Lebensmut einhergehen, sollte frühzeitig
daran gedacht werden.
Wie Dr. Karsten Schulman, Bochum, ausführte, wurde in einer prospektiven, kontrollierten, randomisierten offenen Studie an 151 Patienten mit neu diagnostiziertem metastasierten NSCLC untersucht, was eine frühe Integration der palliativmedizinischen Symptomkontrolle in das onkologische Therapiekonzept innerhalb der ersten drei Wochen nach der Diagnose bringt. Es zeigte sich, dass in der Therapiegruppe nach 12 Wochen die Lebensqualität
besser und die depressiven Symptome weniger
waren als in der Kontrollgruppe. Sogar ein
Überlebensvorteil kam heraus, obwohl es in
der Häufigkeit von Chemotherapien zwischen
beiden Gruppen insgesamt keinen Unterschied
gab (1).
Die frühzeitig zusätzlich palliativ versorgten
Patienten erhielten jedoch in den letzten 60 Tagen vor ihrem Tod signifikant weniger intravenöse Chemotherapien als die Patienten der
Kontrollgruppe. Sie hatten eine realistischere
Einschätzung ihrer Krankheit und des Therapieziels entwickelt und wurden länger im Hospiz
behandelt.
Dr. Angelika Bischoff, Planegg
Literatur
1. Temel JS et al. Early palliative care for patients with
metastatic Non-Small-Cell Lung Cancer. N Engl J
Med 2010; 363: 733–742.
Quelle: Symposium „Supportiv-/Palliativmedizin“ im
Rahmen des Deutschen Krebskongresses, 23. Februar
2012, Berlin.
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Supportivtherapie
237
Wechselbeziehung zwischen Knochen und Tumorzellen
Metastasenprävention mit
Bisphosphonaten
In der Therapie von Knochenmetastasen spielen Bisphosphonate eine zentrale Rolle.
Sie beugen durch Hemmung der Osteoklasten nicht nur Skelett-Komplikationen vor,
sondern verhindern auch die Abgabe von Wachstumssignalen durch die Osteoklasten
und damit die Tumorproliferation. Möglicherweise kann eine präventive Gabe von
Bisphosphonaten auch die Ansiedelung von Tumorzellen im Knochen verhindern.
In der Onkologie werden Clodronat, Pamidronat,
Ibandronat und Zoledronat angewendet. Dabei
stehen die älteren Substanzen den neueren nicht
nach. In einer placebokontrollierten Studie hat
Clodronat in einer Dosis von 1000 mg pro Tag
bereits 1993 eine Reduktion skelettaler Komplikationen um etwa 30% gezeigt (1). Orale Substanzen haben sich als als ebenso wirksam erwiesen wie intravenöse Bisphosphonate, betonte Prof. Ingo Diel, Mannheim.
Das Haupteinsatzgebiet von Bisphosphonaten ist die palliative Tumortherapie. In dieser Situation wird die Verträglichkeit zu einem wichtigen Auswahlkriterium. Bei intravenösen
Bisphosphonaten, vor allem bei Aminobisphosphonaten, treten anfangs nicht selten
Akute-Phase-Reaktionen auf. Auch die Nierentoxizität muss im Blick behalten werden. Bei
oralen Substanzen fallen insbesondere die gastrointestinalen Nebeneffekte ins Gewicht.
Sowohl bei intravenösen als auch bei oralen
Substanzen können bei einer Langzeittherapie
Osteonekrosen im Kieferknochen auftreten.
Dies gilt wiederum nur für Aminobisphosphonate. Bei Nicht-Aminobisphosphonaten wie
Clodronat (Ostac®) besteht dieses Risiko nicht,
wie Diel versicherte. Unter Clodronat treten
auch Oberbauchbeschwerden kaum häufiger
als unter Placebo auf. Signifikant häufiger werden lediglich Diarrhöen beobachtet.
Leitlinien-geprüfte Evidenz
Die AGO-Leitlinie empfiehlt eine adjuvante
Clodronattherapie mit 1600 mg/d über 2 Jahre
(1b B +). Infrage kommen postmenopausale
Patientinnen, die eine endokrine Therapie erhalten und ein hohes Rezidivrisiko aufweisen.
Venöse Thromboembolien
S3-Leitlinie konsequent umsetzen
Venöse Thromboembolien (VTE) sind eine der häufigsten Todesursachen bei Tumorpatienten. Neben einem erhöhten Thromboserisiko beobachtet man zudem eine hohe
Rezidivrate und stärkere Blutungskomplikationen als bei Nicht-Tumorpatienten. Die
aktuellen Leitlinien fordern für diese Gruppe von Risikopatienten eine Thromboseprophylaxe, unterstrich Prof. Hanno Riess, Charité Berlin, auf der 6. International Conference on Thrombosis and Hemostasis Issues in Cancer (ICTHIC).
Neben allgemeinen Risikofaktoren wie Alter
und Immobilität stellt die Therapie der Tumorerkrankung selbst ein hohes Risiko dar: Chemo-
therapie, operative Eingriffe, der Einsatz von
Hormonen oder anti-angiogenetische Wirkstoffen fördern die Koagulation. Risikopatien-
Weltweit die erste publizierte prospektive
Studie, die eine Abnahme des Risikos für Knochenmetastasen unter Bisphosphonat-Therapie fand, wurde mit Clodronat durchgeführt
(2). Im Anschluss an die Primärtherapie erhielten 157 Patientinnen für zwei Jahre 1600 mg
Clodronat pro Tag und 145 nahmen am Standard-Follow-up ohne Bisphosphonat teil. Nicht
nur Knochenmetastasen, sondern auch andere
Metastasen traten in der Clodronat-Gruppe
signifikant seltener auf (p = 0,003), und das
Gesamtüberleben war signifikant länger (p =
0,001).
Eine größere Studie mit 1069 Patientinnen
hat dies nochmals bestätigt (3). Das Risiko, innerhalb von 5 Jahren Knochenmetastasen zu
entwickeln, war in der Clodronat-Gruppe um
31% vermindert (p = 0,043). Auch die Mortalität war geringer (p = 0,047).
Dr. med. Angelika Bischoff, Planegg
Literatur
1. Petersen AH et al. Double-blind controlled trial of
oral clodronate in patients with bone metastases
from breast cancer. J Clin Oncol 1993; 11: 59–65.
2. Diel IJ et al. Reduction in new metastases in breast
cancer with adjuvant clodronate treatment. N Engl
J Med 1998; 339(6): 357–363.
3. Powles TJ et al. Randomized placebo-controlled trial of clodronate in patients with primary operable
breast cancer. J Clin Oncol 2002; 20: 3219–3224.
Quelle: 19. Münchener Fachpresse-Workshop „Supportive Onkologie und Immunthrombozytopenie“, unterstützt von Mundipharma, Amgen und Riemser,
München, 12. Juli 2012.
ten, die eine Chemotherapie erhalten, können
mit Score-Systemen identifiziert werden (1), in
die neben Tumorlokalisation auch Werte von
Thrombozyten, Leukozyten, Hämoglobin und
der BMI einfließen.
Riess wies darauf hin, dass in der aktuellen
S3-Leitlinie zur Thromboseprophylaxe (2) neben
chirurgischen Patienten inzwischen auch stationäre Tumorpatienten als Risikopatienten gelten,
die eine medikamentöse Thromboseprophylaxe
erhalten sollten, etwa mit niedermolekularen
Heparinen (NMH). Riess: „Jetzt heißt es für einen
Patienten in der Inneren Medizin: Tumorpatient
– Krankenhausaufenthalt – Thromboseprophylaxe, es sei denn er hat Risikofaktoren.“
In aktuellen Studien wird zurzeit untersucht,
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Supportivtherapie
238
ob die bei chirurgischen Patienten etablierte Dosen und Therapiedauer auch in der Onkologie ausreichend seien. So wird auch der Einsatz des NMH
Tinzaparin (Innohep®) bei Tumorpatienten, vor allem auch die Langzeittherapie von Thrombosen,
momentan in der CATCH-Studie untersucht.
Bei der Therapie von Thrombosen sei laut
Riess ein Vorteil der NMH, dass Patienten mit
einer täglichen Spritze tatsächlich täglich antikoaguliert seien, wohingegen bei VitaminK-Antagonisten die Zeit innerhalb des therapeutischen Bereiches nur zwischen 40-60% der
Therapie betrage. Riess: „Bei einem niedermolekularen Heparin, in der richtigen Dosis gegeben und gespritzt – ist der Patient 100% der
therapeutischen Zeit geschützt.“ Dennoch beobachte man hier kein erhöhtes Blutungsrisiko.
Ries hob die wichtigste Erkenntnis zum Einsatz von NMH wie Tinzaparin bei Tumorpatienten besonders hervor: „Es hat ganz ganz sicher
keinen negativen Einfluss auf das Überleben
der Patienten. Es ist gut anwendbar, es ist sicher – es blutet nicht, es ist deutlich besser, was
die Rezidivrate von thromboembolischen
Aspekten angeht.“ Hier ist nicht so sehr relevant, ob sich der Effekt gegen den Tumor richtet, oder ob der Effekt vor allem darin liegt,
dass die Patienten keine Thromboembolien erleiden, sei es auf venöser oder arterieller Seite.
Martina Freyer, München
Anthracyclin-Therapie mit weniger
Kardiotoxizität
Das Auftreten von Metastasen bringt Mammakarzinom-Patientinnen in eine neue
Situation. In der Therapie geht es jetzt vorrangig darum, tumor- und therapiebedingte
Nebenwirkungen und Komplikationen zu vermeiden und die Lebensqualität zu verbessern, während die Lebensverlängerung in den Hintergrund tritt. Wenn eine Chemotherapie mit einem Anthracyclin indiziert ist, sollte eine nebenwirkungsarme Substanz
wie liposomales Doxorubicin gegeben werden.
„Die Lebensqualität wird in der metastasierten
Situation viel zu wenig gemessen“, sagte Prof.
Ingo Diel, Mannheim. Nur wer die Lebensqualität mit den dafür angebotenen Fragebögen
misst, kann beispielsweise feststellen, ob es
wirklich die Schmerzen sind, unter denen ein
Patient besonders stark leidet oder vielleicht
die Erschöpfung und Kraftlosigkeit, hervorgerufen durch eine Anämie.
Lebensqualitätsaspekte besitzen auch beim
Einsatz von Bisphosphonate große Bedeutung.
Bisphosphonate hemmen nicht nur die weitere
Progression ossärer Metastasen, sondern verbessern auch die Lebensqualität und das allgemeine Wohlbefinden. Daran hat großen Anteil, dass diese Substanzen Knochenschmerzen
lindern.
In der Chemotherapie des metastasierten
Mammakarzinoms gelten Anthracycline nach
wie vor als Standardtherapie, obwohl neue
Substanzen wie Capecitabine und Vinorelbin
verfügbar geworden sind. Aus Gründen der
Kardiotoxizität darf die kumulative Dosis von
Doxorubicin 450–500 mg/m2 und die von Epirubicin 800–1000 mg/m2 nicht überschreiten.
Da Anthracycline aber meist schon in der adjuvanten Situation zum Einsatz gekommen sind,
bleibt oft nicht genügend Restdosis, die noch
ausgeschöpft werden kann.
Kardiotoxische Risiken
gezielt minimieren
Mit der Wahl eines Anthracyclins, das weniger
kardiotoxisch ist, lässt sich dieses Problem umgehen. Für liposomales Doxorubicin (Myocet®)
konnte sowohl tierexperimentell-histologisch
(1) als auch in klinischen Studien, (2, 3) eine im
Vergleich zu freiem Doxorubicin geringere Kardiotoxizität belegt werden. Eine kumulative
Maximaldosis ist für liposomales Doxorubicin
Literatur
1. Woller SC et al. Am J Med 2011; 124: 947–954.e2.
2. AWMF-Leitlinien (Registernummer 003–001):
S3-Leitlinie, Prophylaxe der Venösen Thromboembolie
(VTE).
Im
Internet
unter
„http://www.awmf.org/leitlinien/detail/
ll/003–001.html“.
Quelle: Symposium „Cancer and thrombosis: the
quest for optimal care” im Rahmen der 6th International Conference on Thrombosis and Hemostasis Issues
in Cancer (ICTHIC), am 20. April 2012, Bergamo/Italien. (Veranstalter: Leo Pharma GmbH, Neu-Isenburg)
nicht festgelegt. In der Kombination mit Cyclophosphamid, für die das liposomale Doxorubicin zugelassen ist, kann die kumulative Dosis
über 1260 mg/m2 hinaus gehen.
Die Verpackung in Liposomen bewirkt zum
einen, dass die Verweildauer der Substanz im
Organismus verlängert wird und ungünstige
Spitzenkonzentrationen vermieden werden.
Zum anderen reichert sich der Wirkstoff verstärkt im Tumorgewebe an und vermindert in
gesunden Geweben.
Dr. Angelika Bischoff, Planegg
Literatur
1. Kanter PM et al. Comparison of the cardiotoxic effects of liposomal doxorubicin (TLC D-99) versus
free doxorubicin. In Vivo 1993; 7(1): 17–26.
2. Batist G et al. Reduced cardiotoxicity and preserved
antitumor efficacy of liposome-encapsulated doxorubicin and cyclophosphamide compared with
conventional doxorubicin and cyclophosphamide
in a randomized multicenter trial of metastatic breast cancer. J Clin Oncol 2001; 19: 1444–1454.
3. Harris L et al. Liposome-encapsulated doxorubicin
compared with conventional doxorubicin in a randomized multicenter trial as first-line therapy of
metastatic breast carcinoma. Cancer 2002; 94 (1):
25–36.
Quelle: Satellitensymposium „First-line Therapie des
metastasierenden Mammakarzinoms“, im Rahmen
der 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für
Senologie, veranstaltet von Teva ratiopharm Stuttgart,
6. Juli 2012.
Onkologische Welt 5/2012
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Supportivtherapie
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Schmerzassessment bei Tumorpatienten
Gezielt erfragen und behandeln
Bei einem Drittel der Tumorpatienten sind Schmerzen das Symptom, das schließlich
zur Diagnose des Malignoms führt. Daher sollte die Schmerz- und Tumortherapie Hand
in Hand verlaufen, betonte Dr. Heinrich E. Fiechtner, Stuttgart, auf einem FachpresseWoirkshop. Doch hier gibt es noch Optimierungsbedarf.
Für ein adäquates Schmerzmonitoring sollte
der Arzt seine Krebspatienten routinemäßig
nicht nur nach Schmerzen fragen, sondern diese auch qualitativ beschreiben und quantitativ
messen, beispielsweise mit einer Schmerzskala. Denn über Schmerzen berichten viele Patienten im Arztgespräch nicht von selbst, sei es,
weil sie es vergessen, oder weil sie es gar nicht
erwähnen wollen. Denn sie fürchten, dass der
Arzt, wenn er erst einmal beginnt, sich um die
Schmerzen zu kümmern, die Tumortherapie
selbst vernachlässigen könnte. Es ist ihnen deshalb häufig lieber, wenn sich der Arzt primär
auf die Tumortherapie fokussiert.
Die Tumortherapie selbst (Operation, Radiound Chemotherapie) kann schon einiges zur
Schmerzlinderung beitragen. Die medikamentöse Schmerztherapie basiert auf retardierten
Medikamenten, in vielen Fällen, aber nicht immer auf hochpotenten Opioid-Analgetika. Als
Leitsubstanzen gelten Morphin, Hydromorphon und Oxycodon.
Enorme Erleichterung für
die Patienten
Von Anfang an muss eine konsequente Prophylaxe und Therapie opioidtypischer Nebenwirkungen wie Obstipation betrieben werden. Es
hat sich bewährt, dem Patienten und seinen
Angehörigen einen schriftlichen Schmerzthera-
Prostatakarzinom
Im Patientengespräch die richtigen
Worte finden
Die Diagnose „Krebs“ stellt für die betroffenen Patienten einen dramatischen Einschnitt in ihrem Leben dar. Im Rahmen eine Ärzte-Fortbildung der Sanofi AG in Potsdam, diskutierte eine Arbeitsgruppe unter anderem die Bedeutung des Patientengesprächs.
Wie Dr. Ursula Gruber, Internistin und Psychotherapeutin, München Großhadern, erläuterte,
sind die Patienten im ersten Gespräch „wie
vom Doner gerührt“, emotionale Zusammenbrüche sind dann eher selten zu erwarten. Zu
Bedenken ist, dass eine depressive Verstimmung bzw. eine depressive Erkrankung im Hintergrund die Beschwerdesymptomatik verstärken kann, die durch das Prostata-KarzinomManagement verursacht wird. Der behandeln-
de Arzt sollte hellhörig werden und nachfragen, sodass der Patient einer psychoonkologischen Betreuung zugeführt werden kann, riet
die Expertin. Wichtig sei es, diejenigen Patienten herauszufiltern, die eine psychoonkologische Betreuung für die Krankheitsbewältigung
benötigen. Etwa 70% der Patienten gelingt
dies auch allein. Männer sind jedoch einer Psychotherapie weniger zugänglich als Frauen und
wollen nicht über Probleme sprechen. Statt
pie-Plan an die Hand zu geben. Wie Fiechtner
berichtete, fordert er alle Patienten, die er neu
auf eine analgetische Medikation einstellt, dazu auf, nach zwei Tagen in der Praxis anzurufen,
um zu besprechen, ob die Therapie hilft und ob
Nebenwirkungen auftreten. „Das ist gerade
am Anfang eminent wichtig“, so Fiechtner.
Andernfalls bekommt man als Arzt eventuelle Probleme gar nicht mit, die etwa durch eine Umstellung der Medikation hätten gelöst
werden können. Dazu führte Fiechtner das Beispiel einer Patienten mit multiplem Myelom an,
die unter retardiertem Morphin trotz prophylaktischer Einnahme von Laxantien eine chronische Verstopfung entwickelte.
Nach Umstellung auf das Kombinationspräparat Oxycodon/Naloxon (Targin®) erhielt
er von der Patientin eine fast euphorische Rückmeldung zum Ergebnis. Sie war schmerzfrei bei
funktionierendem Stuhlgang. Die Patientin gab
zu, sie habe insgeheim schon fast die Hoffnung
verloren, diesen Zustand noch einmal erleben
zu können.
Dr. med. Angelika Bischoff, Planegg
Quelle: 19. Münchener Fachpresse-Workshop „Supportive Onkologie und Immunthrombozytopenie“, unterstützt von Mundipharma, Amgen und Riemser am
12. Juli 2012, München.
dem Patienten daher anzubieten über „Probleme“ zu sprechen, beispielsweise zur Sexualität, formulieren Sie besser „Wenn Sie über das
‚Thema‘ reden wollen..“
„Wie ist meine Prognose?“
Dies ist sicher eine der Fragen, die von den Patienten am häufigsten gestellt wird. Die Frage,
die sich dahinter verbirgt lautet jedoch „Wie ist
meine Chance?“. Hier rät Gruber, dem Patienten mit einer Gegenfrage zu antworten: „Was
denken Sie denn?“ – das gibt dem Arzt Zeit und
dem Patienten die Möglichkeit, sich zu erklären.
Positive Wertschätzung und
Empathie
Auch als Arzt muss man seine Gefühle vor dem
Patienten nicht verbergen. Es ist nicht unpro-
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SupportivTherapie
240
fessionell mit einem Patienten mitzufühlen. Bei
Patienten, die in ihren Entscheidung ambivalent sind, sollten Sie dem Patienten Zeit, so nehmen Sie den Druck heraus, den der Patient
empfindet. Bieten Sie von sich aus an, dass sich
der Patient eine Zweitmeinung einholt. Weisen
Sie ihn auf die Patientenselbsthilfe hin. Versuchen Sie, den Patienten zu überreden, so
empfindet er dies als Druck oder sogar Drohung und das erzeugt Gegenwehr beim Patienten. Wenn Sie ihn überzeugen, so erreichen Sie
eine Therapie-Compliance beim Patienten.
Ende der Schockphase
Umgang mit Angehörigen
Meist endet die Schockphase des Patienten mit
Beginn der Therapie. In dieser zweiten Phase
wird der Arzt häufig vom Patienten attackiert,
gab die Expertin zu bedenken. Hier ist es für
den Arzt wichtig zu erkennen, dass die Wut des
Patienten nicht gegen ihn persönlich gerichtet
ist. Hier sollte der Arzt dem Patienten das entsprechend signalisieren und ihn nicht „raus
werfen“.
Setzen Sie sich nicht über die Angehörigen des
Patienten hinweg. Ideal ist es, wenn es Ihnen gelingt, diese zu gewinnen und gegebenenfalls im
Familiensetting eine Lösung zu finden. Jedoch
sollte man berücksichtigen, so Gruber, dass nicht
nur die Angehörigen für den Patienten sprechen.
Dr. Peter Henning, Stuttgart
Adelmidrol in der Supportivtherapie
Entzündungen der Haut schonend
behandeln
Viele Tumorpatienten leiden still, weil sie denken, dass sie belastende Nebenwirkungen angesichts der Krebsdiagnose hinnehmen müssen. In dieser Situation ist vermehrte Aufklärung für Ärzte und Patienten wichtig, wie sich beispielsweise Nebenwirkungen durch eine Chemo-, Strahlen- oder Immuntherapie lindern oder beseitigen lassen.
Darauf wies Dr. Raffaele Migliaccio, Thiene/Italien, auf dem 9. ASORS-Meeting der
Deutschen Krebsgesellschaft hin. So gibt es beispielsweise für Entzündungsprozesse
in der Haut Behandlungsoptionen mit einem günstigeren Nutzen-Risiko-Profil als Kortison, meinte der Onkologe.
Migliaccio forderte seine Kollegen auf, ihre Patienten verstärkt auf mögliche Nebenwirkungen einer Chemo-, Strahlen- oder Immuntherapie aufmerksam zu machen. Umgekehrt müssen die Patienten dafür sensibilisiert werden,
auf Beschwerden hinzuweisen.
Die bisherige Praxis, Nebenwirkungen auf
Haut und Schleimhäute mit topischem Kortison
zu blockieren, ist wegen der dadurch häufig
ausgelösten Nebenwirkungen oft nicht Mittel
der Wahl, so Migliaccio. Vorzuziehen seien Präparate mit Adelmidrol – ein körpereigener
Wirkstoff, der keine eigenen Nebenwirkungen
verursacht. Hier beruht die Wirksamkeit auf einer Hemmung der Mastzellgranulation durch
Bindung am CB2-Rezeptor (Cannabinoid Rezeptor 2). Zusätzlich bewirkt Adelmidrol eine
Schmerzdesensibilisierung an den TRPV1-Rezeptoren der Nervenendplatten.
Mastzellen sind laut Migliaccio die „Tausendsassa unter den Immunzellen“. Wird die
Aktivität der Mastzellen durch Bestrahlung
oder durch Chemotherapeutika gesteigert und
somit die Botenstoffausschüttung vermehrt,
gerät das gesamte Abwehrsystem in Haut und
Schleimhäuten ins Ungleichgewicht. Dies bedeutet vermehrte Entzündung in der Haut und
bei Hautverletzungen – auch Strahlungsschäden wie bei Sonnenbrand – eine verzögerte
Wundheilung.
Folgenreiche Chemo- und
Strahlentherapie
Für Adelmidrol liegen inzwischen laut Migliaccio Studien mit rund 4000 Krebspatienten vor.
Der Wirkstoff hemmt die Entzündungsreaktionen, wie in einer dieser Studien mit einer Adelmidrol-haltigen Hautcreme belegt wurde: 101
Brustkrebs-Patientinnen wurden nach der Operation mit einer Radiotherapie nachbehandelt.
Die Hälfte der Patientinnen erhielt begleitend
Quelle: sanofi Ärzte-Fortbildung „Expertise Prostata“, 23.-24. Märt 2012, Potsdam
eine Creme mit 2% Adelmidrol, die andere
Hälfte eine Panthenol-haltige Hautpflege.
Unter der Adelmidrol-haltigen Formulierung kam es signifikant seltener zu Hautschäden. In Woche 5 der Radiotherapie zeigte sich
eine G2-Toxizität nur bei 9,8% der Adelmidrolbehandelten Patienten (52% in der Kontrollgruppe). 23,5% der Patientinnen der Adelmidrol-Gruppe zeigten bei Bestrahlungsende keine Hautreaktionen (2% in der Kontrollgruppe).
G3-Toxizitäten kamen im Verlauf nur in 2% der
Fälle unter Adelmidrolbehandlung vor (28% in
der Kontrollgruppe).
Wirksam auch bei
Mukositis
Eine besonders Herausforderung ist die orale
Mukositis. Migliaccio plädierte dafür, dass
Adelmidrol in die Leitlinien aufgenommen
wird, weil sich die biologischen Mechanismen,
die diese Erkrankung auslösen, mit Adelmidrol
kontrollieren lassen.
Für die Patienten sehr belastend sind auch
ästhetisch gravierende Nebenwirkungen wie
Haarausfall, Nägelverlust und Entzündungen
an Haut und Schleimhäuten. Adelmidrol gibt es
in der Produktlinie „againlife“ in speziellen Zubereitungen für die Haut und die verschiedenen Schleimhautbereiche wie Mund oder
Scheide.
Red.
Quelle: Satellitensymposium „Supportive Therapie –
Einsatz von Endocannabinoiden bei Haut- und
Schleimhautschäden aufgrund von Strahlenbelastung,
Hormon-, Immun- und Chemotherapie“ im Rahmen
des 9. ASORS-Expertenworkshops am 21. Juni 2012,
Mainz. Veranstalter: Bendalis GmbH, Oberhaching.
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Uro-Onkologie
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GnRH-Agonisten in der Therapie
des hormonsensitiven Prostatakarzinoms
Neue Erkenntnisse zum Routineeinsatz eines altbekannten Standards
J. Schröder1; J. Scheerer2; E. Altwein3
1Urologische
Praxis Dr. Schröder Berlin; 2AstraZeneca GmbH Wedel; 3Chirurgische Klinik München-Bogenhausen
GmbH, Abteilung Urologie
Schlüsselwörter
Prostatakarzinom, GnRH-Analoga, Goserelin,
Zoladex Safe System®
Zusammenfassung
Einleitung: GnRH-Analoga stellen den Therapiestandard für Patienten mit einem hormonsensitiven fortgeschrittenen Prostatakarzinom dar. Kombi-Injektionsbestecke für subkutan zu applizierende Depot-Implementate wie
das Zoladex Safe System® (AstraZeneca) erleichtern die Applikation bei bestmöglichem
Schutz des verabreichenden medizinischen
Personals.
Methoden: Anwendungserfahrungen bezüglich der erreichten Therapiequalität und -sicherheit wurden im Rahmen eines Qualitätssicherungsprojekts gesammelt, bei dem die
Langzeitverabreichung eines 10,8 mg Goserelin 3-Monatsimplantats über einen Zeitraum
von 18 Monaten bei mehr als 2000 Patienten
dokumentiert und mittels epidemiologischer
Methoden ausgewertet wurde.
Ergebnisse: Die sehr gute Verträglichkeit und
Wirksamkeit der GnRH-Analoga über das volle
Indikationsspektrum beim hormonsensitiven
Prostatakarzinom bestätigte sich in dieser Anwendungsbeobachtung. Über den gesamten
Beobachtungszeitraum lagen die fachliche Beurteilung der Therapiewirksamkeit und Verträglichkeit konstant bei mehr als 93% bzw. 98%.
Bei mehr als 10000 Verabreichungen wurde
kein einziger Fall einer Stechnadel-induzierten
Verletzung des Fachpersonals berichtet.
Schlussfolgerungen: Diese Ergebnisse bestätigen den Stellenwert der GnRH-Blockade als
gut verträglicher, effektiver und von Ärzten wie
Patienten geschätzten Therapieoption beim
hormonsensitiven Prostatakarzinom.
Keywords
Prostatic neoplasms, GnRH agonists, gosereline, Zoladex Safe System®
GnRH-agonists in the treatment of hormone-sensitive prostate cancer – learning more on the routine
use of a well-known treatment standard
Onkologische Welt 2012; 3: 241–245
Korrespondenzadresse
Dr. Joachim Scheerer
AstraZeneca GmbH
Tinsdaler Weg 183
22880 Wedel
Tel.: 0 41 03 / 7 08 39 24
Fax: 0 41 03 / 70 87 39 24
E-Mail: [email protected]
Das Prostatakarzinom trägt bei Männern
über 50 Jahren in erheblichem Umfang zu
Morbidität und Mortalität bei. Bei mit dem
Alter zunehmender Inzidenz ist die Prognose wesentlich vom TNM-Stadium der
Erkrankung und der jeweiligen Malignität
des Tumors abhängig, für dessen Grading
die histologische Beurteilung mittels des
Gleason-Scores anerkannter Standard ist.
Die starre Einteilung der TNM-klassifizierten Tumoren in Hauptstadien ist beim
Prostatakarzinom in den vergangenen 10
Summary
Introduction: GnRH analoga represent the
acknowledged therapy standard in patients
with prostate cancer suited for antihormonal
treatment. Ready-to-use injection systems
optimise the application for the patient in line
with the best-possible protection of the medical personal.
Methods: The use and acceptance of the goserelin application Zoladex 10.8 Safe
System™ (AstraZeneca) was studied in more
than 2000 patients treated for an interval of
18 months with the 3-months depot. Safety,
tolerability and quality of life were assessed at
three monthly intervals.
Results: The non-interventional study, using
standard epidemiological methods for data
analysis, demonstrated a high degree of user
satisfaction in terms of the therapeutic efficacy and tolerability (93% and 98%, respectively) over the whole observation period. After
18 months of treatment, the median PSA was
lowered from baseline in at least 95% of patients across all strata. More than 10,000 applications of the Safe system were documented without any case of a needle-stick injury of the medical personnel.
Conclusion: These results confirm the relevance of the GnRH ablation therapy as an efficient, safe and highly estimated therapeutic
option in the treatment of hormone sensitive
prostate cancer.
Jahren einer zunehmend differenzierten Betrachtung gewichen (1). In diesem Modell
wird die langsame aber stete Progression der
Erkrankung als ein „Kontinuum“ angesehen, in dem der PSA-Verlauf nach der Erstbehandlung (i.d.R. Radikale Prostatektomie
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J. Schröder, J. Scheerer, E. Altwein: GnRH-Agonisten in der Therapie des hormonsensitiven Prostatakarzinoms – eine Anwendungsbeobachtung
und/oder Radiotherapie) als wesentlicher
Prognoseparameter anzusehen ist. Die
Mehrzahl aller Patienten besitzt bei Diagnosestellung ein hormonsensitives Prostatakarzinom, zu dessen medikamentöser Behandlung vorrangig in den Regelkreis der
Hypothalamus-Hypophysen-GonadenAchse eingegriffen wird, um den proliferativen Einfluss vom Testosteron, Dehydroepiandrosteron (DHEA) und Androstendion
zu unterbinden. Dies gilt insbesondere für
die Patienten, die entweder zum Erstdiagnosezeitpunkt oder nach erfolgter operativer
oder strahlentherapeutischer Erstbehandlung das Stadium einer fortgeschrittenen,
d.h. durch ein hohes Metastasierungsrisiko
gekennzeichneten Erkrankung erreichen
oder Metastasen bei gleichzeitiger Hormonsensitivität aufweisen.
Der medikamentösen Hormonablation
kommt somit eine zentrale Bedeutung bei
der Behandlung des hormonsensitiven
fortgeschrittenen Prostatakarzinoms zu.
Die seit nunmehr 30 Jahren klinisch eingesetzten GnRH-Agonisten (Gonadotropin
Relasing Hormone) führen durch Hyperstimulation zu einem kurzzeitig erhöhten
Ausstoß an luteinisierendem Hormon
(LH) und nachfolgender Downregulierung
des hormonellen Regelkreises durch Rückbildung der LHRH-Rezeptoren. Wie auch
bei der chirurgischen Kastration wird die
Bildung prostatarelevanter Androgene, die
zu zirka 95% in den Hoden stattfindet,
durch die GnRH-Analoga, häufig auch als
LHRH-Analoga bezeichnet, umfassend
blockiert (2). Um den Einfluss der verbleibenden, in der Nebennierenrinde produzierten Androgene zu vermindern und
den nach Einsatz charakteristischen Flare
up, ein wenige Tage dauernder stark beschleunigter Krankheitsverlauf, zu unterbinden, werden begleitend Antiandrogene
eingesetzt, um im Sinne einer maximalen
Androgenblockade die hormonell gesteuerte Tumorprogression zu unterbinden.
Der Einsatz von GnRH-Agonisten hat sich
im Vergleich zur Orchiektomie als gleichwertig effizient erwiesen und wird heute
von nationalen wie internationalen Therapierichtlinien als „der Therapiestandard“
angesehen, da die physiologisch wie psychosozial belastenden Effekte der chirurgischen Kastration so vermieden werden
können (3–7).
Von den verschiedenen, bei der Behandlung des fortgeschrittenen, hormonsensitiven Prostatakarzinoms eingesetzten
GnRH-Analoga – Buserelin, Goserelin,
Leuprorelin und Triptorelin – liegen für
Goserelin (Zoladex®) umfangreichste Daten aus klinischen Studien vor. Diese umfassen beim Prostatakarzinom mehr als
5800 Patienten in Phase III-Studien , in denen der Nutzen von Goserelin in verschiedenen klinischen Situationen dokumentiert wurde (8). In einer Metaanalyse aller
hormonellen Monotherapie-Studien beim
Prostatakarzinom wurde aufgezeigt, dass
bei vergleichbarer Effektivität der verschiedenen GnRH-Analoga gegenüber der Orchiektomie zwar keine der Substanzen im
direkten Vergleich untereinander herausstechen konnte, bei Goserelin jedoch das
Konfidenzinterval der ermittelten Hazard
Ratio aufgrund der breiten Datenlage deutlich kleiner ausfiel als bei den übrigen Substanzen (9).
Vor dem Hintergrund übereinstimmender Empfehlungen nationaler bzw. internationaler Konsensusrichtlinien stellt sich
heute einzig die Frage, wie und bei welchen
Patienten die Urologen und Onkologen
diese Therapien bevorzugt einsetzen und
wie die Behandelnden wie auch Patienten
die Therapiequalität einschätzen.
Subkutan zu applizierende Depotformulierungen wurden für alle genannten
Präparate entwickelt, um eine belastende
tägliche intravenöse Gabe zu vermeiden
und einen gleichbleibenden Wirkstoffspiegel zu erreichen. Neben monatlich und
zweimonatlich zu applizierenden Implantaten wurde auch ein 3-Monatsimplantat
mit sehr kleinem Volumen (0,03 ml) auf
Basis eines biodegradablen Lactid-Glycolid
Co-Polymers entwickelt. Dieses ist seit
2004 in Form eines speziell zum Schutz des
medizinischen Fachpersonals entwickelten
Sicherheitssystems erhältlich, das unbeabsichtigte Verletzungen insbesondere an
benutzten Injektionsbestecken sicher vermeiden hilft. Dieses System, das Zoladex
Safe System® (AstraZeneca), wurde in
Deutschland im Rahmen eines breit angelegten Qualitätssicherungsprojekts seit
2005 weiter untersucht, um zum einen umfassende Daten zur Verträglichkeit zu erhalten sowie, darüber hinaus, Angaben dazu, inwieweit die knapp 750 behandelnden
Urologen den Therapieempfehlungen zur
Behandlung des Prostatakarzinoms mit
GnRH-Agonisten folgen. Die Daten dieses
Projekts, das die Behandlung von 2162 Patienten dokumentierte, liefern zugleich
umfassende Ergebnisse bezüglich der Bewertung der Lebensqualität im Beobachtungszeitraum und der Akzeptanz des vor
Beginn der Untersuchung neu eingeführten Zoladex Safe Systems.
Behandlungsalgorithmus
In Übereinstimmung mit den geltenden
Therapieempfehlungen für GnRH-Analoga ist der Einsatz des Zoladex Safe Systems
bei Patienten mit hormonsensitivem, fortgeschrittenem Prostatakarzinom indiziert.
Dies umfasst Patienten mit lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Karzinomen sowie Patienten, die nach radikaler
Prostatektomie oder Bestrahlung in kurativer Intention einen PSA-Anstieg aufweisen. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit
von Goserelin wurde in jeder Teilindikationen durch randomisierte Phase-III-Studien untersucht (10–17).
Von den 2162 behandelten Patienten
konnten 77% gemäß den Fragestellungen
der Untersuchung ausgewertet werden –
d.h. es lagen im Beobachtungszeitraum bei
1681 Patienten Daten für zumindest eine
Verlaufskontrolle nach 3 Monaten vor.
Über 4% dieser Patienten konnten keiner
der zuvor geschilderten Indikationsstellungen zugeordnet werden, bei weiteren 12 %
war die TNM-Klassifikation unvollständig
bzw. fehlend. 1411 Patienten wurden nachweislich in Übereinstimmung mit den Therapieempfehlungen behandelt – und zwar
im Verhältnis 1:2:1 Patienten mit PSA-Anstieg nach kurativer Behandlung versus Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen
Karzinom versus M+-Patienten (씰Tab. 1),
wobei die Strata gemäß der Einteilung von
Altwein und Mohandessi gewählt wurden
(18).
Verträglichkeit
Die medikamentöse Hormonablation mittels Goserelin zeichnet sich durch eine insgesamt gute bis sehr gute Verträglichkeit
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J. Schröder, J. Scheerer, E. Altwein: GnRH-Agonisten in der Therapie des hormonsensitiven Prostatakarzinoms – eine Anwendungsbeobachtung
und ein gut beherrschbares Nebenwirkungsspektrum aus. In Übereinstimmung
mit den bekannten therapiebedingten Nebenwirkungen stehen die bekannten Störungen wie Schwitzen, Hitzewallungen,
Reduzierung der Glukosetoleranz, Knochenschmerzen, Brustschwellung und Verlust von Potenz/Libido im Vordergrund.
Aufgrund vorangegangener Primärtherapien litten bereits zu Behandlungsbeginn
mehr als 92% der evaluierbaren Patienten
unter Impotenz verschiedener Schweregrade. Dieser Wert stieg nach Therapiebeginn
auf 94% an. Als vorrangige Nebenwirkungen bestätigt werden konnten – bei nur geringen Verschiebungen hinsichtlich des berichteten Schweregrades – Hitzewallungen
(Zunahme von 39% auf 66%), Gynäkomastien (von 21% auf 27%) sowie
Schmerzsymptome in der Brust (von 17%
auf 22%).
Während des Beobachtungszeitraumes
wurde, im Zusammenhang mit berichteten
unerwünschten und schweren unerwünschten Ereignissen (UE/SUE), der Tod
von insgesamt 28 (1,3%) Patienten berichtet. Komorbiditäten und bestehende Begleiterkrankungen waren die zumeist genannten Todesgründe neben einigen Fällen
eines krebsbedingten Versterbens. Bei einem medianen Alter von 73,4 Jahren bei
Beginn der Behandlung brachen 250 der
insgesamt 2162 behandelten Patienten die
Therapie vorzeitig ab, zumeist auf eigenen
Wunsch ohne Angabe von Gründen. 55
mal (2,5%) wurde Versterben als Grund für
die vorzeitige Therapiebeendigung genannt, sodass die Gesamtrate an Todesfällen im 18-monatigen Beobachtungszeitraum bei 3,8% lag. Insgesamt 75% der evaluierbaren Patienten führten die Therapie
wie geplant über 18 Monate fort.
Wirksamkeit
Für die Indikation zur Therapieeinleitung
wie auch die Verlaufskontrolle spielt das
prostata-spezifische Antigen (PSA) bei den
hormonsensitiven Patienten eine zentrale
Rolle. Zwei Drittel aller evaluierbaren Patienten wiesen zu Behandlungsbeginn einen PSA-Wert von >2,5 ng/ml auf, der
PSA-Median aller Patienten lag bei 6,9 ng/
ml bei einer mittleren Zeit von 7,6 Mona-
Tab. 1
Tumorstadien der
auswertbaren Patienten (N = 1681)
Tumor Stadium/Tumorsituation*
N
%
Metastasen (M1)
305
18,1
Lokal fortgeschr.
(T3–4, jedes N, M0; oder jedes T, N+, M0)
767
45,6
PSA-Anstieg nach kurativer Therapie
339
20,2
422
14,4
nach RP PSA Anstieg ≤2 Jahre oder
PSA-Verdopplungszeit <10 Monate oder
GleasonScore 8–10
nach EBRT mit/ohne RP
36
2,1
nach jeder Androgen-Monotherapie
61
3,6
Alle klassifizierten Patienten
1411
83,9
Nicht nach TNM klassifiziert
199
11,8
71
4,2
Behandlung nicht in der Indikation
RP: Radikale Postatektomie, EBRT: External Beam Radiation Therapy
*Strata gemäß der Einteilung von Altwein und Mohandessi (18).
ten, unter der sich der PSA-Wert vor Therapiebeginn verdoppelt hatte. Wie unter der
Therapie mit einem GnRH-Analogon erwartet, waren nach 18 Monaten Behandlung noch mehr als 85% der Patienten progressionsfrei. Noch aussagekräftiger sind
die beobachteten PSA-Verläufe bei den verschiedenen Indikationsstellungen (씰Abb.
1). Dargestellt sind (a) die medianen PSAVerläufe der Patienten, die nach kurativer
Therapie und folgendem PSA-Anstieg behandelt wurden versus Patienten mit einem
lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom
versus Patienten mit Metastasen; (b) der jeweilige Prozentsatz der Patienten, bei denen das Therapieziel erreicht wurde – ein
Abfall des PSA-Werts unter 2,5 ng/ml – sowie (c) eine differenzierte Darstellung der
beobachteten PSA-Wert-Verschiebungen,
d.h. eine Aufstellung, wie viele Patienten
der jeweiligen Indikationsgruppe unter
Therapie einen deutlichen Abfall bzw. Anstieg des PSA-Wertes zeigten.
Klar erkenntlich fällt der PSA-Median
bei allen Behandlungsgruppen im Therapieverlauf unter den Zielwert von 2,5 ng/ml
ab (씰Abb. 1a). Der stärkste Abfall des Median ist erwartungsgemäß bei den Patienten zu beobachten, die bei Therapiebeginn
bereits ein relativ fortgeschrittenes Tumorstadium erreicht haben bzw. Metastasen
aufweisen. Zu beachten ist zugleich, dass
mit fortlaufender Behandlungsdauer die
Anzahl der behandelten Patienten zurück-
geht, weil die Therapie entweder nicht
langfristig fortgeführt wurde oder die Dokumentation nicht weitergeführt wurde.
Daher ist die Frage von Bedeutung, wie viele Patienten – unabhängig von einer nachträglichen, später beginnenden Progression unter Therapie – das Therapieziel im
Behandlungsverlauf erreicht haben, d.h. einen Abfall (Nadir) unter einen Wert von
(zumindest) 2,5 ng/ml. Erkennbar ist, dass
bei den Patienten mit einem nach PSA rezidivierenden frühen bzw. einem lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom mehr als
80% dieses Ziel erreicht haben (씰Abb. 1b).
Bei den Patienten mit Fernmetastasen
(M+) liegt dieser Anteil unter 50%, da Patienten in diesem Stadium mehr oder minder deutliche Anzeichen beginnender Hormonresistenz aufweisen. Die detaillierte
Betrachtung der PSA-Wert-Veränderungen innerhalb der einzelnen Behandlungsgruppen zeigt jedoch auf, dass das „Zielwertkriterium“ bei der Gruppe der M+-Patienten in Zusammenhang mit der erreichten PSA-Reduktion zu sehen ist (씰Abb.
1c). Es ist gut erkennbar, dass, im Sinne eines Therapiebenefits, der Abfall der PSAWerte unter Therapie bei den M+-Patienten prozentual sogar am ausgeprägtesten
ist.
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J. Schröder, J. Scheerer, E. Altwein: GnRH-Agonisten in der Therapie des hormonsensitiven Prostatakarzinoms – eine Anwendungsbeobachtung
Fazit für die Praxis
Mit den beschriebenen Injektionssystemen
für Depotimplementate zur Behandlung des
hormonsensitiven fortschreitenden Prostatakarzinoms stehen sehr wirksame und für
den Patienten wie Anwender sichere Produkte zur Verfügung. Die Gabe eines GnRH-Analogons wie Goserelin bleibt eine anerkannte
Standardoption zur dauerhaften Verlangsamung der Krankheitsprogression unter Bewahrung der bestmöglichen Lebensqualität.
Abb. 1 Übersicht zur Wirksamkeit der Therapie und den beobachteten PSA-Wert-Veränderungen: a)
Vergleich des erzielten PSA-Abfalls (median) für die unterschiedlichen Behandlungsgruppen, b) Vergleichende Betrachtung bezüglich des Behandlungserfolges pro Behandlungsgruppe (in %) unter Angabe
der Gruppengröße (n) und der Gesamtgruppengröße (N), und c) Zusammenfassende Darstellung der relevanten PSA-Wert-Verschiebungen (Deutlicher Abfall versus Anstieg/Progression) innerhalb der unterschiedlichen Behandlungsgruppen (in %) unter Angabe der Gruppengröße (n) und der Gesamtgruppengröße (N). (Nicht gezeigt sind die Änderungsmuster bezüglich der Patienten, bei denen unter Therapie
keine PSA-Wert-Änderung bzw. ein nur mäßiger Abfall oder Anstieg im Gesamtbehandlungszeitraum
beobachtet werden konnte.) Deutlicher Abfall ist definiert als PSA Abfall von >10ng/ml auf <2,5ng/ml
und von >20ng/ml auf <10ng/ml. Deutlicher Anstieg ist definiert als PSA-Anstieg von <2,5ng/ml auf
>10ng/ml und und von <10ng/ml auf >20ng/ml zum Ende des Beobachtungszeitraums.
Lebensqualität und
Anwenderfreundlichkeit
Schonender hinsichtlich der Nebenwirkungen, reversibel und somit psychologisch weniger belastend – die medikamentöse Hormonablation wird von Patienten wie auch von Urologen der Orchid-
ektomie deutlich vorgezogen. Dies konnte,
sowohl mit Bezug auf die GnRH-Analoga
wie auch auf die nicht-steroidalen Antiandrogene vor 20 Jahren in zwei kleineren
Studien bestätigt werden (19, 20). Eine weitere Studie, in der sich gleichfalls mehr als
80% der befragten Patienten für die medikamentöse Option entschieden, konnte eine statistisch signifikante Verbesserung der
funktionellen Lebensqualität bei medikamentös therapierten Patienten gegenüber
chirurgisch abladierten nachgewiesen werden (21). Abgesehen von dieser Untersuchung sind sonst kaum Daten zur Bewertung von Lebensqualität und Therapiezufriedenheit unter LHRH-Blockade publiziert worden. Aus diesem Grund wurde
bei dem hier dargestellten Qualitätssicherungsprojekt eine fortlaufende Befragung
hinsichtlich Therapiezufriedenheit (Wirksamkeit u. Verträglichkeit) wie auch Lebensqualität über den gesamten Behandlungszeitraum durchgeführt. Sowohl Ärzte
wie Patienten bewerteten die Verträglichkeit der Therapie durchgängig als sehr positiv: Über den gesamten 18-monatigen
Therapiezeitraum wurde die Verträglichkeit von den Ärzten fast durchgängig
(97,5%) als „gut“ bzw. „sehr gut“ bezeichnet. Eine ähnlich hohe Zufriedenheit zeigten auch die Patienten (96,5%). Die Therapiewirksamkeit wurde von 93% der Ärzte
als zumindest „gut“ bezeichnet.
Überzeugende Ergebnisse konnten auch
hinsichtlich der Lebensqualität aufgezeigt
werden. Hier konnte die funktionelle Lebensqualität der Patienten auf einer Skala
von „1“ (gesund ohne Einschränkungen)
über „5“ (gelegentliche Hilfestellung für
Aktivitäten des täglichen Lebens erforderlich) bis „9“ (moribund) dokumentiert
werden. Das ermittelte Skalenmittel von
2,5 zu Therapiebeginn verbesserte sich im
weiteren Therapieverlauf auf einen Wert
von konstant 2,3. Dies belegt den Erhalt der
Lebensqualität bei diesen im Schnitt über
70 Jahre alten Patienten über den gesamten
Therapiezeitraum. Ebenso wurden die behandelnden Ärzte hinsichtlich ihrer Erfahrungen mit dem untersuchten Zoladex Safe
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J. Schröder, J. Scheerer, E. Altwein: GnRH-Agonisten in der Therapie des hormonsensitiven Prostatakarzinoms – eine Anwendungsbeobachtung
System befragt. Erfreulicherweise wurde
von keiner einzigen Verletzung/Kontamination mit dem Injektionssystem berichtet.
96% der Ärzte zeigten sich mit der Bedienfreundlichkeit des Safe Systems zufrieden–
nur in einem Fall wurde das System als unzureichend bewertet.
Interessenkonflikt
Seitens Prof. Dr. Erik Altwein bestehen
keine Interessenskonflikte. Dr. Jörg Schröder hat von AstraZeneca Honorare für
medizinische Beratungsleistungen erhalten. Dr. Joachim Scheerer ist angestellter
Mitarbeiter der AstraZeneca GmbH. Unterstützung Medical Writing durch Dr.
Markus Hartmann, European Consulting
& Contracting in Oncology; Editing
durch Dr. Silke Zaun, AstraZeneca
GmbH. Die Untersuchung wurde von
AstraZeneca GmbH gesponsort.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Literatur
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245
UroOnkologie
246
Sunitinib in der Erstlinientherapie des mRCC
Ansprechen korreliert mit Gesamtüberleben
Beim metastasierten Nierenzellkarzinom (mRCC) steht angesichts des immer breiteren
Portfolio zunehmend die Frage im Vordergrund, wie die „optimale“ Therapiesquenz
aussehen sollte. Nach ansicht von PD Dr. Viktor Gru¨ nwald, Hannover, ist in dieser Situation das Ansprechen ein wichtiger Wirksamkeits- und Entscheidungsparameter. Mit
einer hohen objektiven Ansprechrate (ORR) von 47% und einem medianen Gesamtu¨ berleben (OS) von über zwei Jahren ist Sunitinib (Sutent®) eine gute Wahl in der
mRCC-Erstlinientherapie, meinte der Onkologe auf einem Pressegespräch.
Eine aktuelle Analyse weist darauf hin, dass
das Ansprechen auf Sunitinib signifikant mit
dem Überleben der Patienten korreliert. Nach
den RECIST-Kriterien sprachen insgesamt 398
Patienten mit einer kompletten oder partiellen
Remission auf die Sunitinib-Therapie an. Gegenüber den Non-Respondern erreichten sie
ein signifikant längeres medianes OS (40,1 vs.
14,5 Monate; p<0,001) (1). Dabei nahm die Ansprechrate unter Sunitinib mit der Therapiedauer zu.
Ein adäquates Therapiemanagement ist dabei eine wesentliche Voraussetzung, um die
Wirksamkeit der beim mRCC eingesetzten ziel-
gerichteten Therapien voll ausschöpfen zu können, mahnte Berit Eberhardt von der Patientenorganisation „Das Lebenshaus e.V“.. Dies
beginnt bereits im Vorfeld der Therapie. Grünwald hat hierfür in Zusammenarbeit mit der
Herstellerfirma Pfizer entsprechende Schulungsmaterialien entwickelt.
Dr. Alexander Kretzschmar, München
Literatur
1. Molina AM et al. Sunitinib Objective Response in
Metastatic Renal Cell Carcinoma: Analysis of 1,059
Patients Treated on Clinical Trials. ASCO 2012, Abstract ID 4542.
Quelle: Post-ASCO Pressegespräch „Das metastasierte Nierenzellkarzinom (mRCC) im Spiegel des ASCO
2012: Was wirklich zählt“ am 21. Juni 2012, Berlin. Veranstalter: Pfizer Oncology Deutschland, Berlin.
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Forum
SelteneTumoren
247
Pazopanib – neue Option bei ausgewählten Subtypen
des fortgeschrittenen, rezidivierten Weichteilsarkoms
„Chance auf Krankheitsstabilisierung bei möglichst guter
Lebensqualität“
Weichteilsarkome machen weniger als 1% aller Malignome bei Erwachsenen aus und
gehören damit zu den sehr seltenen Tumoren. Obwohl Weichteilsarkome in frühen Stadien potenziell durch Operation heilbar sind, beträgt die 5-Jahresüberlebesrate nur
etwa 50%. Dies liegt daran, dass die Krankheit keine typischen Symptome verursacht
und viele Weichteilsarkome deshalb erst in lokal fortgeschritten oder bereits metastasierten, nicht mehr operablen Stadien diagnostiziert werden.
In fortgeschritten Stadien ist es möglich,
die Krankheit durch systemische Maßnahmen zu stabilisieren. Als Standard für die
erste systemische Behandlung gilt die Monochemotherapie mit Doxorubicin oder
bei ausgewählten Patienten auch in Kombination mit Ifosfamid. Nach Versagen der
Erstlinientherapie gab es bisher nur wenige
wirksame Optionen. Nun wurde im August
2012 mit Pazopanib erstmals ein Angiogenesehemmer für die Rezidivtherapie zugelassen, der seine Effektivität in einer PhaseIII-Studie bewiesen hat (씰Abb. 1).
Priv.-Doz. Dr. Lars Lindner, Experte für
Diagnostik und Therapie von Knochenund Weichteilsarkomen am interdisziplinären Zentrum für Knochen- und Weichteiltumoren (SarKUM) des Klinikums der
Universität München, Campus Großhadern und Innenstadt, betonte im Gespräch, dass die Krankheitsstabilisierung in
der Situation des fortgeschrittenen, mit Zytostatika vorbehandelten Weichteilsarkoms ein wünschenswertes Behandlungsziel ist und dieses in der Zweitlinie mit dem
neu zugelassenen, oral verfügbaren Pazopanib erreicht werden kann.
?
Welche Rolle spielt die systemische
Therapie bei der Behandlung des fortgeschrittenen Weichteilsarkoms?
Lindner Beim lokal fortgeschrittenen
Weichteilsarkom wird durch eine systemische Therapie versucht, den Tumor zu verkleinern, um dem Patienten doch noch eine
operative Entfernung des Tumors anbieten
zu können. Sobald die Krankheit metastasiert ist, spielt die Operation eine untergeordnete Rolle und die systemische Therapie steht im Vordergrund der Behandlung.
?
In welcher Situation legen Sie bei
nicht-operablen
fortgeschrittenen
Weichteilsarkomen Wert auf die Erzielung einer Remission und wann ist eher
die Krankheitsstabilisierung von Bedeutung?
Lindner Das ist die Herausforderung an
uns Therapeuten: wir müssen eine adäquate Therapie finden, die dem Patienten wirklich mehr qualitativ gute verbleibende Lebenszeit bietet. Solange die Patienten
symptomlos sind, unterscheidet sich im
Prinzip eine Remission für den Patienten
subjektiv nicht wesentlich von einer Krank-
Priv.-Doz. Dr. Lars Lindner, interdisziplinäres Zentrum für Knochenund Weichteiltumoren (SarKUM)
des Klinikums der Universität
München, Campus Großhadern
und Innenstadt
heitsstabilisierung. Beim metastasierten
Sarkom ist für uns daher bereits die Krankheitsstabilisierung ein wünschenswertes
Therapieziel. Für die Patienten heißt
Krankheitsstabilisierung, dass der Tumor
nicht weiter wächst und unter Kontrolle ist.
Das ist für sie ganz wichtig. Eine stabile Erkrankung bedeutet aber auch, dass Komplikationen, die durch zunehmendes Tumorwachstum entstehen, vorerst vermieden werden. Eine Remission ist für uns
dann von Relevanz, wenn dadurch die
Operabilität des Tumors erzielt werden
kann oder bereits bestehende Symptome
gebessert werden.
?
Bekanntlich wirken antiangiogene
Substanzen tumorstatisch und führen
nicht wie zytotoxische Substanzen primär zu einer Verkleinerung des Tumors.
Abb. 1
PALETTE-Studie: Das
mediane PFS unter
Pazopanib war gegenüber Placebo signifikant von 7 auf 20
Wochen verlängert
(modifiziert nach
[2]).
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Seltene Tumoren
248
Müssen für klinische Studien mit diesen
neuen Substanzen statt der „Ansprechrate“ andere Studienendpunkte bei Weichteilsarkomen definiert werden?
Lindner Das ist bei den Sarkomen mittlerweile schon Standard, denn auch die Ansprechraten systemischer Therapien bei
fortgeschrittenen Sarkomen sind im Allgemeinen relativ gering. Als relevanter Parameter für die Effektivität wurde daher
bereits 2002 die progressionsfreie Überlebensrate (PFR) von der EORTC Soft Tissue and Bone Sarcoma Group als prinzipieller Endpunkt für Phase-II-Studien in
diesem fortgeschrittenen Stadium festgelegt (1). Dies ist für uns Ärzte der wichtigste Parameter. Um eine Second-lineTherapie als effektiv bewerten zu können,
muss die PFR nach 3 Monaten mindestens
40% betragen. Die PFR beinhaltet auch die
Krankheitsstabilisierung (SD).
?
Während als Erstlinientherapie noch
eine Doxorubicin-basierte Standardtherapie existiert, gab es in der Zweitlinien-Therapie bis dato keine einheitliche
Therapieoption. Könnte sich das Ihrer
Meinung durch Pazopanib ändern?
Lindner Für die Second-Line Therapie war
mit Trabectedin bereits eine zugelassene
Substanz verfügbar und wir setzen auch einige andere wirksame Zytostatika ein. Doch
mit Pazopanib haben wir zum ersten Mal eine Zweitlinien-Substanz, die basierend auf
den Daten einer Phase-III-Studie zugelassen
wurde. Zudem hat das Medikament noch
den Vorteil, dass es oral verabreicht wird.
Damit können wir Patienten auch ambulant
außerhalb des allgemeinen Klinikbetriebs
behandeln. Das erweitert die Optionen sowohl für uns als auch für die Patienten, denn
in der Erstlinie hat jeder Patient bereits eine
Infusion erhalten und war damit an die Station gebunden.
?
Ihre Klinik ist eines der fünf ausgewiesenen Sarkomzentren Deutschlands.
Haben Sie schon Erfahrungen mit Pazopanib als neuer Therapie-Option sammeln können? Wie beurteilen Sie die
Wirksamkeit?
Lindner Als Sarkomzentrum nehmen wir
an klinischen Studien mit Pazopanib teil.
Daher behandeln wir an unserer Klinik
schon seit knapp einem Jahr Patienten mit
Pazopanib. Wir haben in ausgewählten Situationen mittlerweile schon lange und
sehr vielversprechende Verläufe gesehen.
So erreichte eine intensiv vorbehandelte
Patientin tatsächlich noch eine Krankheitskontrolle über 9 Monate. In der Patientenführung verzeichnen wir eine deutliche Erleichterung durch die orale Gabe von Pazopanib.
?
Können Sie uns Ihre Erfahrungen im
Hinblick auf die Verträglichkeit kurz
schildern?
Lindner Aus meiner Sicht ist dieser Tyrosinkinase-Inhibitor relativ gut verträglich,
gerade im Vergleich zu anderen Multityrosinkinaseinhibitoren. Wir haben bisher –
bei noch begrenzter Erfahrung – keine
schwerwiegenden Nebenwirkung unter Pazopanib erlebt. Es mussten lediglich
manchmal Dosisanpassungen vorgenommen werden.
In der Phase-III-Studie wurde jedoch über
relevante Nebenwirkungen, wie z.B. Abgeschlagenheit, Bluthochdruck, Leberwerterhöhungen und Durchfälle berichtet. Zusammenfassend kann ich feststellen, dass es
sich um eine ambulant gut durchführbare
Therapie mit hoher Akzeptanz von Seiten
der Patienten handelt. Durch die kontinuierliche Gabe haben wir keine zyklische Belastung, wie es unter einer Chemotherapie
üblich ist. Zudem beobachten wir, dass ein
Teil der Nebenwirkungen sich im Therapieverlauf bessert.
pie zu ersparen und ihnen damit eine bessere Lebensqualität zu ermöglichen. Wie
bei anderen Tumorentitäten erhoffen wir
uns auch beim Weichteilsarkom eine möglichst lange Therapiesequenz bei geringer
Belastung durch die Behandlungen, besonders am Anfang.
?
Was wünschen Sie sich für die Zukunft
bei der Behandlung des Weichteilsarkoms?
Lindner Durch die Verfügbarkeit einer zunehmenden Anzahl von wirksamen Substanzen bei der Therapie des Weichteilsarkoms haben sich die Therapieoptionen
deutlich verbessert. Zusätzlich gibt es Fortschritte im Bereich der Strahlentherapie
und der Chirurgie, so dass auch im metastasierten Stadium durch interdisziplinäres
Patientenmanagement ein mehrjähriges
Überleben erreicht werden kann. Ich wünsche mir, dass die niedergelassenen Kollegen die Scheu verlieren, ihre Patienten mit
Weichteilsarkom bei uns im Sarkom-Zentrum vorzustellen. Die Erkrankung ist sehr
selten und der Patient profitiert von einer
interdisziplinären Therapieplanung – also
dem Zusammenspiel zwischen Radiologen, Pathologen, Chirurgen, Strahlentherapeuten und Onkologen. Wir verfügen in
den Sarkomzentren über die volle Breite an
Therapieoptionen, inklusive Studien und
übergeben den Patienten nach der Therapieplanung gerne wieder in die Obhut des
niedergelassenen Kollegen. Dadurch kann
eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen
Sarkom-Zentrum und den niedergelassenen Kollegen zum Wohl des Patienten erzielt werden.
Das Interview führte
Dr. Petra Ortner, München
?
Wann sollte Pazopanib nach Therapieversagen auf die Erstlinientherapie
eingesetzt werden?
Lindner Im Rahmen der Phase III Studie
waren 1 – 4 Vortherapien erlaubt. Bisher ist
nicht bekannt, ob die Wirksamkeit von Pazopanib durch die Anzahl der Vortherapien
beeinflusst wird. Es bietet sich jedoch an
diese Therapieoption bereits zu einem früheren Zeitpunkt einzusetzen um den Patienten möglichst lange eine Chemothera-
Literatur
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2002; 38: 543–549.
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Hinweis: Mit freundl. Unterstützung der GlaxoSmithKline GmbH & Co KG.
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